Rede:
ID0301700400

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 19
    1. die: 2
    2. Herr: 1
    3. Kollege: 1
    4. Neuburger,: 1
    5. wollen: 1
    6. Sie: 1
    7. im: 1
    8. Ernste: 1
    9. ausführen,: 1
    10. daß: 1
    11. Lohnsteuer,: 1
    12. der: 1
    13. Arbeiter: 1
    14. zahlt,: 1
    15. ein: 1
    16. Kostenfaktor: 1
    17. des: 1
    18. Unternehmers: 1
    19. ist?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 17. Sitzung Bonn, den 13. März 1958 Inhalt: Sammelübersicht 3 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Bundestagsausschüssen zu Petitionen (Drucksache 245) 763 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts (Drucksachen 260 zu 260) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung vermögensteuerrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 261. zu 261) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung verkehrsteuerlicher Vorschriften (Drucksachen 262, zu 262) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (SparPrämiengesetz) (Drucksachen 263, zu 263) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Wohnbausparer (WohnungsbauPrämiengesetz) (Drucksachen 264, zu 264) — Erste Beratung —. Etzel, Bundesminister 763 D, 816 A Neuburger (CDU/CSU) 776 C Seuffert (SPD) 781 B Dr. Atzenroth (FDP) 793 D Dr. Preusker (DP) 798 B Dr. Eckhardt (CDU 'CSU 803 D Frau Rösch (CDU/CSU) 807 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 809 A Krammig (CDU/CSU) 812 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 815 A Überweisungen an die Ausschüsse . . . 819 A Nächste Sitzung 819 C Anlagen 821 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 17. ,Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1958 763 17. Sitzung Bonn, den 13. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12. 4. Altmaier 14. 3. Dr. Baade 21. 3. Bading 20. 3. Bazille 18. 3. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Dr. Birrenbach 15. 3. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 14. 3. Conrad 18. 4. Dr. Dittrich 19. 3. Dr. Dollinger 14. 3. Ehren 13. 3. Frau Eilers (Bielefeld) 15. 3. Enk 14. 3. Felder 31. 3. Frau Friese-Korn 31. 5. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 13. 3. Funk 14. 3. Frau Geisendörfer 14. 3. Gottesleben 14. 3. Graaff 14. 3. Dr. von Haniel-Niethammer 14. 3. Dr. Heck (Rottweil) 13. 3. Heiland 31. 3. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 14. 3. Hilbert 14. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 3. Höcker 15. 3. Höfler 14. 3. Frau Dr. Hubert 12. 4. Jürgensen 31. 3. Frau Keilhack 13. 3. Frau Kipp-Kaule 15. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Köhler 14. 3. Kühlthau 14. 3. Kühn (Köln) 13. 3. Kunze 15. 5. Leber 13. 3. Lenz (Trossingen) 29. 3. Dr. Lindenberg 29. 3. Logemann 20. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 4. Mellies 25. 4. Mengelkamp 13. 3. Nellen 14. 3. Neumann 12. 4. Frau Niggemeyer 14. 3. Oetzel 15. 3. Paul 30. 4. Pelster 1. 4. Pietscher 14. 3. Ramms 13. 3. Frau Rudoll 15. 3. Schneider (Hamburg) 31. 3. Dr. Schranz 13. 3. Seidl (Dorfen) 14. 3. Dr. Starke 14. 3. Stenger 15. 3. Storm (Meischenstorf) 20. 3. Sträter 13. 3. Frau Strobel 20. 3. Unertl 20. 3. Varelmann 13. 3. Vogt 12. 4. Dr. Wahl 13. 3. Wehking 20. 3. Wehr 31. 3. Weinkamm 14. 3. Dr. Wilhelmi 14. 3. Wittrock 13. 3. Frau Wolff (Berlin) 14. 3. Dr. Wolff (Denzlingen) 14. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von August Neuburger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ehe ich zur Sache selbst spreche, möchte ich zwar keine Vorschußlorbeeren erteilen, aber doch namens meiner Parteifreunde Ihnen, Herr Finanzminister, und natürlich all Ihren Mitarbeitern den Dank dafür aussprechen, daß Sie einmal die aus dem Karlsruher Urteil und der sich anschließenden Übergangsregelung entstandenen Probleme angepackt und zum anderen die immer drängender gewordenen wesentlichen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Forderungen an unsere Finanz- und Steuerpolitik so zielbewußt und energisch aufgegriffen und in den nunmehr vorliegenden Entwürfen praktisch zu einem einheitlichen Ganzen verarbeitet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Unsere Aufgabe als Gesetzgeber wird nun darin bestehen, diese Vorlagen ebenso vordringlich wie verantwortungsbewußt zu beraten. Sie alle wissen, wie sehr die Finanzverwaltung mit den Veranlagungen im Rückstand ist, wie schwierig und kompliziert diese Veranlagungen sind und wie dringend es daher erforderlich ist, daß die Steuerfestsetzungen am 1. Januar 1958 nicht mehr mit diesem Gestrüpp — ich möchte den Ausdruck „Wirrwarr" nicht gebrauchen — belastet sind. Wir wissen alle, daß eine rückwirkende Inkraftsetzung der Vorschriften nur dann zu verantworten ist, wenn wir die Steuervorlagen noch vor den Sommerferien verabschieden, — ein Wunsch, den ja der Herr Bundesfinanzminister ebenfalls vorgetragen hat.
    Nun zu den Vorlagen selbst! Namens meiner Fraktion kann ich erklären, daß wir sowohl die finanz- und steuerpolitische Grundhaltung und Zielsetzung dieser Vorlagen als auch die im einzelnen hineingearbeiteten steuerpolitischen Grundsätze im engeren Sinne in allen wesentlichen Zügen gutheißen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aus dieser grundsätzlichen Bejahung der Vorlagen kann selbstverständlich nicht der Schluß gezogen werden, all unsere steuerpolitischen Vorstellungen und Wünsche fänden darin ihre Erfüllung: Vielen — zum Teil sehr berechtigten — Verlangen konnte nur teilweise Rechnung getragen werden, andere konnten keine Berücksichtigung finden. Meine Parteifreunde, die nach mir sprechen, werden auf diese Anliegen noch im einzelnen zurückkommen. Die gemeinsame Verantwortung für den Ausgleich des Haushalts setzt leider auch der Erfüllung dieser Steuerwünsche Grenzen.
    Welches sind nun unsere Gründe für diese unsere grundsätzliche Zustimmung? Da möchte ich den Satz voraussteilen: Steuern und Steuergesetze sind niemals Selbstzweck, sie können sich also in bezug auf ihre Zweckbestimmung niemals an sich selbst orientieren; sie sind und bleiben immer nur Mittel um mitzuhelfen, die großen Zielsetzungen in den verschiedenen politischen Bereichen wie Außenpolitik, Wirtschaftspolitik, Familien- und Sozialpolitik zu verwirklichen. Ein in den Steuergesetzen enthaltener Dirigismus ist also ein Widerspruch in sich selbst und muß sich, wie wir es ja leider zur



    Neuburger
    Genüge erlebt haben, über kurz oder lang in negativem oder direkt schädlichem Sinne auswirken.
    Sie werden mir vielleicht entgegenhalten, das sei eine zu billige Wahrheit. Und doch erscheint es mir erforderlich, diesen Gesichtspunkt besonders herauszustellen. Denn auf Grund von über achtjähriger Erfahrung im Bundestag weiß ich, wie schwierig es ist, konsequent dieser sogenannten Binsenwahrheit entsprechend zu handeln. Keine Partei kann sich davon freisprechen, immer wieder nach Steuerdirigismus in der einen oder anderen Richtung gerufen zu haben oder den Steuerdirigismus mittelbar zum Vorspann wirtschaftspolitischer, allgemeinpolitischer oder sozialpolitischer Zielsetzungen gemacht zu haben.
    Da der wirtschaftende Mensch die Steuern aufbringen muß, steht die Steuerpolitik zwangsläufig in engster Tuchfühlung mit unserer Wirtschaftspolitik. Aus dieser Tatsache folgt, daß sich die Steuerpolitik der Wirtschaftspolitik nicht nur anzupassen, sondern einzuordnen, ja unterzuordnen hat, und nicht wie vielfach in der Vergangenheit — umgekehrt. Grundsatz einer guten und — gestatten Sie mir, daß ich den Ausdruck gebrauche — organischen Steuerpolitik muß also sein, den wirtschaftspolitischen Prinzipien nicht entgegenzuwirken, sondern sich diesen anzupassen und sie dynamisch zu ergänzen. Der gleiche Grundsatz muß im Bereich unserer Mittelstandspolitik, der Eigentumspolitik, der Wohnungs- und Familienpolitik als Teilen unserer Wirtschaftspolitik Anwendung finden.
    Nach dieser Gegenüberstellung ein offenes Wort. Gehen die Meinungen von Regierung und Opposition in diesen politischen Bereichen auseinander — was meistens der Fall ist —, so ist es zwangsläufig, daß die steuerlichen Folgerungen in verschiedene Richtungen gehen. Die unterschiedliche Beurteilung steuerlicher Maßnahmen ist daher zwangsläufig das Resultat der unterschiedlichen allgemeinen politischen Auffassung. Das Aufeinander und das Gegeneinander dürfen daher nicht schockieren und nicht erschrecken. Wer die sozialistische Wirtschaft anstrebt, muß sich zwangsläufig zu Steuersätzen bekennen, die Enteignungscharakter haben, um nur ein Beispiel anzuführen. Wer die Sozialisierung der Betriebe — ob der Großbetriebe oder mehr oder weniger aller Betriebe, ist gleich — anstrebt, muß ein Gegner der Förderung breiter Streuung des Eigentums an unseren Produktionsmitteln und damit Gegner der Förderung der Kleinaktie oder Volksaktie sein. Er muß insoweit auch die Abschaffung oder die Beschneidung der Doppelbesteuerung, die Herabsetzung der Doppelbesteuerung, angreifen.
    In der Regierungserklärung wurde die Forderung nach möglichst breiter Streuung des Eigentums erhoben. Der eine oder andere Sprecher wird das nachher wieder tun. Ich möchte daran erinnern, daß diese Forderung nicht erst in den letzten Monaten erhoben wurde. Ich habe bereits im 1. Bundestag von dieser Stelle aus ein Wort für die Aktie eingelegt. Herr Präsident, gestatten Sie, daß ich das nochmals im Wortlaut vortrage:
    Wenn wir die Aktie einerseits als Mittel zur Beschaffung haftenden Kapitals und damit als Mittel individueller Eigentumsbildung an unserer Wirtschaft noch nicht hätten, so müßte die Schaffung der Aktie die sozialpolitische Forderung von heute erster Ordnung sein. Denn außer durch die Schaffung von Wohnungseigentum kann der Forderung: „Schafft individuelles Eigentum!" durch nichts besser gedient werden als durch die Förderung des Aktiengedankens. In einem Zeitalter, in dem wir, und zwar wir alle,
    — gleich, auf welcher Bank wir hier im Hause sitzen —
    zum Kampf gegen den Kollektivismus aufgerufen sind, geht es nicht an, mittels Steuergelder über staatliche Investierungen kollektives Eigentum zu schaffen. Das hieße, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben!
    Es gilt vielmehr, durch das Instrument der Aktie, insbesondere der Kleinaktie, über Privatinvestierungen die individuelle Möglichkeit zu schaffen, jedem einzelnen, der sparen will, zum Erwerb industriellen
    — und individuellen —
    Eigentums zu verhelfen.
    Das habe ich im Jahre 1953 von dieser Stelle aus ausgeführt.
    Die Steuern dürfen also niemals Selbstzweck sein, und die steuerlichen Vorschriften müssen in einer zweckbestimmten Abhängigkeit stehen. Die steuerliche Belastung muß dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit und der steuerlichen Gerechtigkeit entsprechen. Vereinfachung der Steuergesetze, Gleichmäßigkeit der Besteuerung und Vermeidung von Steuerdirigismus sind also die engen und bleibenden Maximen jeder echten steuerlichen Reformbewegung.
    Ein wesentliches Handicap unserer Steuerpolitik sowohl des 1. als auch des 2. Bundestags bestand darin, daß sie zu sehr dirigistisch sein mußte. Die anomalen wirtschaftlichen Verhältnisse, der Zwang, wirtschaftlich sozusagen wieder ganz von unten anzufangen, verlangten auch auf steuerlichem Gebiet außerordentliche Maßnahmen. Niemand konnte sich im Interesse einer raschen Ankurbelung unserer Wirtschaft diesen. Forderungen entziehen.
    Der Versuch — zu Zeiten der sogenannten Großen Steuerreform; es sind jetzt vier Jahre her von diesem Steuerdirigismus wegzukommen, kam über die Anfänge leider nicht hinaus. Der Ruf nach Abschaffung bzw. Einschränkung sowohl gezielter steuerlicher Maßnahmen wie sonstiger Steuervergünstigungen war zwar allgemein, aber die wirtschaftlichen und sozialen Fakten, die weiterhin zu meistern waren — ich erinnere nur an den Wohnungsbau —, waren leider stärker, so daß trotz aller Einsicht und allen Verantwortungsbewußt-seins die notwendigen steuerlichen Konsequenzen nicht gezogen werden konnten. Hinzu kam die ständige Steigerung der Ausgaben. Wohl nur wenige



    Neuburger
    in diesem Hause werden sich davon freisprechen können, dazu nicht beigetragen zu haben. Die steigenden Ausgaben haben es von der Haushaltsseite her unmöglich gemacht, die berechtigten steuerlichen Reformwünsche zu erfüllen.
    So war zwar der Ruf nach Abschaffung oder wenigstens Einschränkung gezielter steuerlicher Maßnahmen und Steuervergünstigungen allgemein vorhanden; aber dabei blieb es auch. Die Wünsche — zum Teil völlig berechtigt, zum Teil weniger berechtigt — waren zu vielseitig.
    Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit dem Zwang zu einer Übergangsregelung müssen wir heute — und das wollen wir auch ganz ehrlich tun — feststellen, daß das Ergebnis der Bemühungen, die unter den Schlagworten Kleine Steuerreform, Große Steuerreform, Permanente Steuerreform erfolgten, in keiner guten Relation zu der aufgewendeten Arbeit und Zeit stand.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir wollen nun vor diesem Hintergrund die heutige Vorlage betrachten. Im Mittelpunkt dieses Reformwerks steht auf dem Gebiet der Einkommensteuer erstens ein zum Teil völlig neuer Tarifaufbau, zweitens der weitere Abbau der Vergünstigungen im Sektor der 7er-Paragraphen, drittens die Zurückführung der Bestimmungen des § 10 auf den Begriff der Sonderausgaben in ihrer klassischen Form; damit haben wir endgültig darauf verzichtet, über § 10 irgendeinen Steuerdirigismus zu treiben. Das ist gut so und ganz besonders zu begrüßen.
    Ein weiterer Hauptfaktor dieser Reform ist die Herbeiführung der Gleichmäßigkeit bei der Ehegattenbesteuerung durch Einführung des Splitting.
    Das immer wieder gestellte Verlangen, die Grundsätze der Steuervereinfachung, der Steuergleichmäßigkeit und der steuerlichen sozialen Gerechtigkeit ausschließlich im Tarif und im Tarifaufbau zu verankern, findet in dem vorgelegten Tarif eine möglichst weitgehende Realisierung. Nicht die Steuervergünstigungen und die sonstigen Ausnahmebestimmungen sind das Kernstück unserer künftigen Einkommensteuerregelung, sondern endlich wieder der Tarif.

    (Abg. Dr. Dresbach: Sehr gut!)

    Dieser Gesichtspunkt kann hier nicht stark genug herausgestellt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zu diesem Thema wird daher auch noch einer meiner Fraktionskollegen eingehend sprechen.
    Inwieweit finden nun die Grundsätze der von uns vertretenen Wirtschaftspolitik im allgemeinen — unserer Mittelstandspolitik, unserer Wohnungsbaupolitik, unserer Familienpolitik, unserer Sozialpolitik — in diesen Entwürfen nicht ihre dirigistische, sondern ihre organische Verwirklichung und inwieweit erscheinen angesichts dieser politischen Zielsetzung die noch verbleibenden Steuervergünstigungen — siehe § 7 c des Einkommensteuergesetzes und die Vergünstigungen für Flüchtlinge — begründet und berechtigt?
    Lassen Sie mich ein Wort vorausschicken. Unsere Wirtschaft und damit auch unsere Wirtschaftspolitik — steht unter dem Zwang, exportieren zu müssen, da wir im eigenen Wirtschaftsraum nicht autark sind. Diese Tatsache wird bei den wirtschaftspolitischen und damit auch bei den steuerpolitischen Überlegungen und Maßnahmen leider oft übersehen. Auch das ist — und diesmal muß ich „leider" sagen — eine Binsenwahrheit. Dieser Zwang zum Export bedeutet, ob wir wollen oder nicht, zugleich den Zwang zum Wettbewerb auf den internationalen Märkten. Das bedeutet den Zwang, sowohl im Preis wie in der Qualität wettbewerbsfähig zu sein. Auf die Dauer wettbewerbsfähig sind wir aber nur dann, wenn wir abgesehen von ausreichendem Arbeitseinsatz und ausreichendem Leistungswillen die betrieblichen und technischen Einrichtungen unseres Wirtschaftsapparates auf dem jeweils modernsten und rationellsten Stande halten. Das erfordert infolge der in der Wirtschaftsentwicklung liegenden Dynamik, die wiederum allein die Erhaltung und die Steigerung unseres Lebensstandards garantieren kann, im Klein-, Mittel- wie im Großbetrieb heute und morgen Kapital, Kapital und nochmals Kapital. Sie wissen alle, die kommunistischen Staaten machen sich diese Sache einfach. Sie drosseln gewaltsam den Konsum zugunsten staatlicher Kapitalbildung.
    Unsere wirtschaftspolitischen Ziele sind Erhaltung und Steigerung des Leistungswillens sowie technische Rationalisierung und Modernisierung. Ihnen gilt erstens die durch den Tarif vorgenommene generelle Senkung der Steuern einschließlich der Herabsetzung des Plafonds von 55 auf 53. Wir wollen also keine billigen Steuergeschenke machen, sondern die Plafondherabsetzung und die Steuersenkungen haben einen ganz entscheidenden wirtschaftspolitischen Zweck.
    Zweitens gilt diesem wirtschaftspolitischen Ziele die Legalisierung der degressiven Abschreibungen und ihre Ausdehnung auf alle beweglichen Anlagegüter,
    drittens die weitere Senkung der Körperschaftsteuer für ausgeschüttete Gewinne — u. a. zur Erleichterung der Eigenfinanzierung auf dem Wege über verantwortliches, d. h. über haftendes Kapital, und
    viertens die steuerrechtlichen Erleichterungen im Bereich der Vermögensteuer und der Verkehrsteuer.
    Wenn die Einkommen- und Körperschaftsteuern immer noch als direkte Steuern bezeichnet werden und damit die Vorstellung geweckt und genährt wird, als ob die Steuersätze in der Progression und in ihrer Spitze beliebig hoch sein könnten, ohne wirtschaftsschädliche Auswirkungen zu verursachen, so muß ich auch heute wieder, wie schon mehrmals von diesem Platze aus, darauf hinweisen, daß diese sogenannten direkten Steuern im Preis unseres Sozialprodukts echte Kosten- und Preiselemente darstellen.

    (Zustimmung in der Mitte.)




    Neuburger
    Sie sind im Preis enthalten, 01) Sie das wahrhaben wollen oder nicht.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Lohnsteuer als Bestandteil des Bruttolohnes

    (Abg. Seuffert: Ist doch kein Kostenfaktor des Unternehmers!)

    ist ein Faktor, der im Preis enthalten ist.

    (Abg. Seuffert: Es ist doch keine Steuer des Unternehmers!)

    - Ob sie im Preis enthalten ist, darum geht es.
    Die auf den Gewinn entfallenden Steuern als Erlösbestandteile sind ebenfalls im Preis enthalten. Niemand kann das im Ernst bestreiten.


Rede von Walter Seuffert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Neuburger, wollen Sie im Ernste ausführen, daß die Lohnsteuer, die der Arbeiter zahlt, ein Kostenfaktor des Unternehmers ist?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von August Neuburger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Woher bekommt er die Steuer? Woher nimmt er die Steuer, damit er sie bezahlen kann?

    (Abg. Seuffert: Vom Verbraucher, der ihm den Preis zahlt!)

    — Aus seinem Lohn. Und wer bezahlt ihm diesen Lohn?

    (Zurufe und Lachen bei der SPD.)

    — Einen Augenblick! So einfach, Herr Kollege Seuffert, können wir es nicht machen. Wenn wir diskutieren, dann wollen wir auch zu Ende diskutieren. Wer bezahlt ihn? Der Unternehmer. Und woher nimmt der Unternehmer das Geld, um ihn zu bezahlen?