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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 12. Sitzung Bonn, den 14. Februar 1958 Inhalt: Ergänzung der Tagesordnung 535 A Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft (Drucksachen 200, zu 200) Dr. h. c. Lücke, Bundesminister . . . 535 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfall (FDP) (Drucksache 83) Mischnick (FDP) 543 B, 558 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 546 A Wischnewski (SPD) 548 B Frau Kalinke (DP) 550 A Börner (SPD) 556 B Schüttler (CDU/CSU) 557 A Horn (CDU/CSU) 558 D Entschließungen der 46. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache 124) 559 A Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Dehler; Mündlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (Drucksache 171) Ritzel (SPD), Berichterstatter 559 B Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Jaeger; Mündlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (Drucksache 172) Ritzel (SPD), Berichterstatter 559 D Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Strafverfahren gegen den Abg. Caspers; Mündlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (Drucksache 173) Dewald (SPD), Berichterstatter . . . . 560 B Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Strafvollstreckung gegen den Abg. Wehr; Mündlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (Drucksache 174) Muckermann (CDU/CSU), Berichterstatter 560 C Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Strafverfolgung gegen Gustav Essig in Weiler; Mündlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (Drucksache 175) Dr. Dittrich (CDU/CSU), Berichterstatter 561 A Schreiben der RA Dr. Keßler, Rolf Gyger, München, betr. Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Jaeger; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung (Drucksache 177) Dr. Bucher (FDP), Berichterstatter . 561 C Nächste Sitzung 562 C Anlagen: Liste der beurlaubten Abgeordneten; Schriftlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (Drucksache 177) . . 563 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 12. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Februar 1958 535 12. Sitzung Bonn, den 14. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 14. 2. Frau Albertz 14. 2. Dr. Barzel 24. 2. Bauer (Wasserburg) 22. 2. Bazille 14. 2. Dr. Bechert 14. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 15. 2. Birkelbach 14. 2. Blachstein 14. 2. Frau Brauksiepe 14. 2. Dr. Brecht 14. 2. Conrad 14. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 17. 2. Dopatka 15. 2. Drachsler 14. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 14. 2. Even (Köln) 15. 2. Faller 7. 3. Felder 31. 3. Franke 14. 2. Frau Friese-Korn 28. 2. Dr. Furler 14. 2. Gedat 22. 2. Gerns 14. 2. Dr. Gleissner (München) 14. 2. Günther 14. 2. Hahn 14. 2. Häussler 14. 2. Hellenbrock 14. 2. Dr. Höck 21. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Illerhaus 14. 2. Jacobs 12. 3. Dr. Jordan 14. 2. Jürgensen 28. 2. Kemmer 14. 2. Dr. Kempfler 14. 2. Keuning 14. 2. Kiesinger 14. 2. Köhler 14. 2. Dr. Königswarter 14. 2. Dr. Kopf 15. 2. Kühlthau 14. 2. Kunze 15. 2. Dr. Leiske 22. 2. Lenz (Brühl) 14. 2. Dr. Leverkuehn 14. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31. 3. Dr. Maier (Stuttgart) 14. 2. Maucher 14. 2. Mellies 8. 3. Dr. Mende 14. 2. Mengelkamp 14. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8. 3. Muckermann 14. 2. 011enhauer 14. 2. Paul 28. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Pelster 14. 2. Ramms 14. 2. Frau Dr. Rehling 14. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 14. 2. Scharnberg 14. 2. Frau Schmitt (Fulda) 14. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 14. 2. Schoettle 14. 2. Schütz (Berlin) 14. 2. Dr. Serres 14. 2. Seuffert 14. 2. Dr. Siemer 14. 2. Stahl 14. 2. Dr. Weber (Koblenz) 22. 2. Dr. Wilhelmi 14. 2. Zoglmann 14. 2. Anlage 2 Drucksache 177 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuß) - Immunitätsangelegenheiten - betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Jaeger gemäß Schreiben der Rechtsanwälte Dr. Ernst Keßler, Rolf Gyger, München, vom 31. Januar 1957 (I/3) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Bucher. Die Rechtsanwälte Dr. Ernst Keßler und Gyger, München, haben als Prozeßbevollmächtigte des früheren Abgeordneten Kahn-Ackermann unter Beifügung der Privatklageschrift an das Amtsgericht Fürstenfeldbruck mit Schreiben vom 31. Januar 1957 gebeten, eine Entscheidung des Bundestages über die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Jaeger wegen Beleidigung herbeizuführen. Die Sache wurde bereits vom Ausschuß für Wahlprüfung und Immunität des 2. Deutschen Bundestages behandelt und ein Schriftlicher Bericht unter zu Drucksache 3582 vorgelegt, der jedoch vom Plenum des Bundestages nicht mehr verabschiedet werden konnte. Nunmehr hat dieser Bundestag darüber zu entscheiden. In der Begründung der Privatklage wird dem Abgeordneten Dr. Jaeger vorgeworfen, er habe ausweislich des in verschiedenen Tageszeitungen, u. a. in der „Landsberger Zeitung" vom 1. und 2. November 1956, erschienenen Berichts in einer Kreisversammlung der CSU in Fürstenfeldbruck am 31. Oktober 1956 in bezug auf den Privatkläger u. a. folgende Äußerungen gebraucht: „Wenn Kahn-Ackermann bekanntgebe, wie viele Briefe er beantwortet, wie viele Versammlungen und Sprechstunden er gehalten habe, dann müßte er - Dr. Jaeger - feststellen, daß er 3 Jahre in Bonn gearbeitet habe, während Kahn-Ackermann 3 Jahre lang im Lande herumgereist sei . ..". Ferner äußerte Dr. Jaeger in diesem Zusammenhang: „Der Aktivist Kahn-Ackermann bzw. Hennecke-Ackermann hat sein Soll erfüllt ... . 564 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 12. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Februar 1958 Es handelt sich hier um einen Streit der beiden aus dem gleichen Wahlkreis Fürstenfeldbruck kommenden Abgeordneten Kahn-Ackermann und Dr. Jaeger, wer mehr als Abgeordneter gearbeitet habe. Diese im politischen Raum liegende Auseinandersetzung, deren Schärfe unter dem Zeichen des bereits angelaufenen Wahlkampfes gesehen werden muß, führte auch zu einem Antrag des Abgeordneten Dr. Jaeger, die Immunität des früheren Abgeordneten Kahn-Ackermann wegen ähnlicher Äußerungen aufzuheben. Entsprechend der ständigen Praxis des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, bei Beleidigungen politischen Charakters die Immunität nicht aufzuheben, hat der Ausschuß in seiner Sitzung vom 17. Januar 1958 einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause vorzuschlagen, die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Jaeger nicht zu erteilen. Bonn, den 28. Januar 1958 Dr. Bucher Berichterstatter
Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist die heutige Tagesordnung um den Punkt 3 der gestrigen Tagesordnung — Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle; Drucksache 83 — erweitert worden. Dieser Punkt wird nach Punkt 1 der heutigen Tagesordnung behandelt werden.
Der Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung bittet, Punkt 8 von der heutigen Tagesordnung abzusetzen und die Sache zur erneuten Beratung an den Ausschuß zurückzuverweisen. Ich nehme an, daß Widerspruch hiergegen nicht erfolgt. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 200, zu 200) .
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben seit einigen Tagen die Drucksache 200 vorliegen, in der ein eingehender Bericht über die Ertragslage der Landwirtschaft im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 1956/57 erstattet ist. Wie ich annehmen darf, ist diese Drucksache von Ihnen schon sehr eingehend studiert worden.
    Ich bin nicht in der Lage, die Drucksache hier ganz vorzulesen oder auch nur den wesentlichen Teil daraus bekanntzugeben. Ich kann mich nur mit einzelnen Punkten beschäftigen. Ich darf aber die Drucksache Ihrem eingehenden Studium besonders warm empfehlen.
    Für die Feststellung der Lage der Landwirtschaft liegen uns in diesem Jahr zum erstenmal Unterlagen aus 8000 buchführenden Betrieben vor. Von diesen 8000 Betrieben waren 62 % Betriebe unter 20 ha. Für die Beurteilung der Betriebe unter 10 ha stehen die Ergebnisse von 2000 buchführenden Betrieben zur Verfügung. Da außerdem gleichzeitig eine Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen angestellt worden sind, ist die Transparenz der Situation der Landwirtschaft besser geworden. Wir hoffen, die Durchsichtigkeit auf diese Weise ständig verbessern zu können, um den Schwierigkeiten, die in der Landwirtschaft auftreten, besser entgegenwirken zu können. Wir wollen den Unterlagen eine solche Klarheit geben, daß jeder einzelne, ob er nun im Fach steht oder nicht, sich ein eigenes Urteil bilden kann.
    Die Lage der Landwirtschaft zeigt, wie sich aus der Drucksache 200 ergibt, folgendes Bild. Die Produktionsleistung der Landwirtschaft ist im vergangenen Jahr um eine Milliarde DM auf 19 Milliarden DM gestiegen. Das bedeutet aber nicht einen Verkaufswert von 19 Milliarden DM, sondern eine Gesamtproduktion von 19 Milliarden DM; diese Produktion bleibt zum Teil auf den Höfen bzw. wird für kommende Jahre wieder verwertet. Die Verkaufserlöse betrugen in diesem Jahre 15,7 Milliarden DM. Die Produktionsleistung hat im vergangenen Jahr einen gegenüber der Vorkriegszeit um 25 % höheren Stand erreicht. Der Zuwachs während des letzten Berichtsjahres betrug 3,4 vom Hundert. Dieser Zuwachs liegt über dem Durchschnitt des Zuwachses der letzten fünf Jahre; er liegt auch über dem europäischen Durchschnitt. Das ist besonders hoch anzuschlagen; denn, wie Sie wissen, ist der Bericht auf der Ernte des Jahres 1956 aufgebaut. Denken Sie bitte an die Fröste vom Frühjahr 1956, denken Sie an die Katastrophe im Weinbau und an das außerordentlich schlechte Erntewetter im Jahre 1956; denken Sie daran, daß die Hackfruchtbaubetriebe in Nordwestdeutschland, insbesondere die Zuckerrüben- und Kartoffelbaubetriebe, eine außerordentlich schlechte Ernte hatten. Gerade die Lage der eben erwähnten Betriebe hat sich im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wesentlich verschlechtert.
    Die Erzeugung tierischer Nahrungsmittel ist um 3,8 % gestiegen. Durch vermehrte Einfuhren und Zukäufe von Futtermitteln sind auch sonst in der Veredlungsproduktion mehr Einnahmen entstanden.
    Im laufenden Jahr zeigen sich auch — das ist durchaus folgerichtig — die Ergebnisse der Produktivitätssteigerung in der Viehhaltung. In den Ausführungen zum Grünen Plan wird darauf hingewie-



    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    sen, daß eine rationelle Fütterung sowohl für die Rindermast wie für die Schweinemast wie auch für die Milcherzeugung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Auf diesem Gebiet zeigt das vergangene Jahr einen besonderen Fortschritt. Beispielsweise konnte die Fleischleistung durch rationelle Fütterung bei Rindern je Stück um 15 %, bei Schweinen um 22 % über den Vorkriegsstand erhöht werden.
    Die steigende Produktion wurde mit einer ständig abnehmenden Zahl von Arbeitskräften erzielt. Gerade durch die abnehmende Zahl der Arbeitskräfte wurde die Produktivität in der Landwirtschaft verbessert.
    Gegenüber 1953/54 ist die Nahrungsmittelproduktion um 6 % gestiegen. In der gleichen Zeit nahm die Zahl der Arbeitskräfte um 450 000 ab; das stellt eine Abnahme von 13 % seit 1953/54 bis zum Berichtsjahr dar. Daraus erklärt sich praktisch die hohe Steigerung der Produktivität von 3,9 %.
    Der Herr Kollege Erhard hat neulich im Bundestag darauf hingewiesen, daß diese Zahl von 3,9 % besonders interessant sei; diese hohe Produktivität in der Landwirtschaft komme der Produktivität in der gewerblichen Wirtschaft nahe. Er hat das als besonders wichtig angesehen. Ich darf demgegenüber darauf hinweisen, daß bei einem gleichbleibenden Bestand von Arbeitskräften derartige Produktivitätssteigerungen nicht zu erreichen sind. Es handelt sich hier um eine Ausnahmeerscheinung, und sie ist nur darauf zurückzuführen, daß die Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft außerordentlich stark abgenommen hat.
    Im ganzen gesehen hat sich die Lage der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr etwas verbessert. Daß es nicht viel sein konnte, liegt einfach schon daran, daß der Ausgangspunkt — die Ernte 1956 — gebietsweise schlecht war, außerdem daran, daß während dieser Zeit die Vergleichslöhne in der gewerblichen Wirtschaft stark gestiegen sind.
    Die Verkaufserlöse der Landwirtschaft sind, wie schon gesagt, um 700 Millionen DM auf 15,7 Milliarden DM gestiegen. Außerdem hat das Viehkapital um 200 Millionen DM zugenommen. Auf der anderen Seite ist zu sagen, daß die Ausgaben für laufende Betriebsmittel und Löhne um 790 Millionen DM, also um 90 Millionen DM mehr gestiegen sind als die Verkaufserlöse. Ich muß aber die Steigerung des Viehkapitals mitrechnen, wenn ich die Lage der Landwirtschaft insgesamt sehen will.
    Die Aufwendungen für Ersatzbeschaffungen waren um 110 Millionen DM höher. Insgesamt stiegen die Ausgaben gegenüber 1955/56 um 880 Millionen auf 12,4 Milliarden DM.
    Dabei muß man sämtliche Faktoren, welche die Ertragslage der Landwirtschaft im ganzen bestimmt haben, besonders würdigen: 1. die schon erwähnte ungünstige Witterung des Jahres 1956, 2. die stark steigenden Lohnkosten, 3. die günstige Preisentwicklung für tierische Produkte und 4. die Förderungsmaßnahmen der Bundesregierung. Sie haben in den verschiedensten Gebieten und Betriebsgruppen unterschiedlich gewirkt. Die günstige Preisentwicklung für tierische Produkte, insbesondere für Milch, ist vor allem den extensiven Bodennutzungssystemen und den kleineren Betrieben, in denen die Veredelungsproduktion größere Bedeutung hat, zugute gekommen. Demgegenüber hat sich die Ertragslage in den nordwestdeutschen Zuckerrüben- und Kartoffelbauwirtschaften, die in den vergangenen Jahren günstigere Betriebsergebnisse erzielt hatten, durch die Witterungsbedingungen — Ertragsminderung und Arbeitserschwerungen — verschlechtert.
    Es kann jedoch festgestellt werden, daß sich in den meisten Betriebsgruppen die Ertragslage etwas verbessert hat und die Unterschiede innerhalb der Landwirtschaft geringer geworden sind. Mit Ausnahme der kleinen und mittleren süddeutschen Futterbaubetriebe mit schlechten Böden wird in allen Bodennutzungssystemen und Betriebsgrößen der Vergleichsaufwand zu mehr als 80 v. H. durch den Betriebsertrag gedeckt. Wenn Sie das in dem Bericht, der Ihnen hoffentlich vorliegt, auf Seite 113 verfolgen, dann sehen Sie dort diese blaue Zeichnung. Hier ist angegeben, wie weit der Vergleichsaufwand durch den Betriebsertrag gedeckt ist. Da können Sie genau verfolgen, daß 100%ige Deckung nur in einem ganz kleinen Bruchteil der Betriebe möglich ist und daß eine über 90%ige Deckung nur bei einem kleinen Teil der Betriebe, den man vielleicht mit 15 oder 20 % sämtlicher Betriebe ansetzen kann, erfolgt. Aber eine über 80%ige Deckung ist bei mehr als 80 % der Betriebe, also jedenfalls bei der großen Masse der Betriebe, vorhanden gewesen.
    Was das aber besagt, sehen Sie auf der Seite 117, wo Sie die Deckung von Vergleichslohn und Betriebsleiterzuschlag durch das Betriebseinkommen in der ersten Hälfte der gelben Zeichnung angedeutet finden. Auch dort sehen Sie, daß nur ein ganz kleiner Bruchteil der Betriebe die 100%ge Deckung hat. Wenn Sie allerdings das Betriebskapital und seine Verzinsung zugrunde legen, kommen Sie bei Ansatz von Vergleichslohn und Betriebsleiterzuschlag bei ungefähr 75 % der Betriebe nicht zu einer Verzinsung.
    Die Hauptursache dafür ist die Höhe des gewerblichen Vergleichslohns. Er beträgt für 1956/57 für Männer 4848 DM, für Frauen 2859 DM und macht im Bundesdurchschnitt 4168 DM jährlich, monatlich also 347 DM aus. Ich darf besonders darauf hinweisen, daß dieser Vergleichslohn im Bereich der am häufigsten erzielten Bruttoeinkommen aller Arbeitnehmer in der Bundesrepublik liegt. Dieser lag nämlich nach den Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 1956 für Männer zwischen 4200 und 5400 DM, für Frauen zwischen 1800 und 3600 DM.
    Sie werden sich durch die Feststellungen der Forschungsgesellschaft für Agrarpolitik und Agrarsoziologie davon überzeugen können, daß dieser Vergleichslohn richtig angesetzt ist. Er liegt aber nahezu 400 Mark im Jahre über dem Vergleichslohn des Vorjahrs, und damit können Sie — wenn Sie die Zahl unserer Arbeitskräfte auf rund 2,5 Millionen ansetzen — errechnen, daß allein der Ver-



    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    gleichslohn im Verhältnis zum Vorjahr um 1 Milliarde DM gestiegen ist.
    Aber auch wenn wir das Landwirtschaftsgesetz gar nicht hätten, wäre es unmöglich, in einem einzigen Sektor, etwa im Sektor der gewerblichen Wirtschaft, ständig steigende Löhne zu haben und in anderen Bereichen der Wirtschaft, z. B. in der Landwirtschaft, auf derselben Ebene stehenbleiben zu müssen. Das wäre auch schon aus rein politischen Gründen nicht zu verantworten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    In der Masse der Betriebsgruppen wurde 1956/57 ein Arbeitseinkommen zwischen 2500 und 3500 Mark erreicht. Wenn ich Ihnen also gesagt habe, die Lage der Landwirtschaft habe sich verbessert, dann war damit nur eine kleine Verbesserung gemeint, die nicht ausgereicht hat, um den Landwirten auch nur entfernt den Arbeitslohn zu vermitteln, der im gewerblichen Sektor gezahlt wird. Die Zahl 3500 Mark liegt immerhin noch 668 Mark unter dem Durchschnitt des gewerblichen Lohns, und 2500 Mark liegt 1168 Mark unter dem gewerblichen Lohn. Dazu kommt, daß die extensiven Bodennutzungssysteme nur ein Arbeitseinkommen von etwas über 2000 Mark erwirtschaftet haben. Das betrifft insbesondere Süddeutschland.
    Dabei ist aber auch zu sagen — davon können Sie sich an Hand der Seiten 123 bis 128 des Berichts überzeugen —, daß das Arbeitseinkommen in den vergangenen Jahren immerhin etwas gestiegen ist, mit Ausnahme wiederum der erwähnten nordwestdeutschen Betriebe auf schweren Böden.
    Für 1957/58 ist eine günstigere Entwicklung zu erwarten. Soweit es sich bisher übersehen läßt, werden die Verkaufserlöse um 1,3 Milliarden DM auf 17 Milliarden DM steigen. Das beruht zum Teil auf der besseren Ernte, zum weitaus größeren Teil jedoch auf den Mehrerlösen aus der Viehwirtschaft, wobei allein aus der Milchwirtschaft 700 Millionen DM fließen und aus dem übrigen Teil der Viehwirtschaft weitere 400, so daß von den Mehreinnahmen von 1,3 Milliarden DM allein 1,1 Milliarden auf die Viehwirtschaft entfallen.
    Insgesamt werden die laufenden Betriebsausgaben des laufenden Wirtschaftsjahres auf 10,9 Milliarden steigen und außerdem durch Investitionen für Neubauten und Maschinen noch um 2,2 Milliarden erhöht werden. Es stehen also den Einnahmen von 17 Milliarden DM Ausgaben in Höhe von 13,1 Milliarden DM gegenüber.
    Die Besserung der Betriebseinkommen verfolgen Sie bitte, meine Damen und Herren, auf den Seiten 123 und folgende des Berichts. Dort werden Sie auch auf die Betriebsergebnisse in den verschiedenen Betriebsformen des Gartenbaus, des Weinbaues und auf den Bericht über die Lage der Pächter und Siedler stoßen. Die Siedler sind in einer anderen Drucksache, die Ihnen ebenfalls schon überreicht worden ist, im einzelnen besonders angesprochen. Man darf mit Befriedigung feststellen, daß es den mittleren und größeren Betrieben des Gartenbaus leidlich geht. Für die kleineren Betriebsgrößen, die auch im Gartenbau in der Mehrheit sind, trifft diese günstige Feststellung nur zum Teil zu. Der Betriebsertrag deckt in den Gartenbaubetrieben im allgemeinen den Vergleichslohn und den Betriebsleiterzuschlag. Bei den mittleren und den größeren Betrieben deckt er den gesamten Vergleichsaufwand. Man kann also sagen, daß auf dem Gebiete des Gartenbaus, und zwar in allen Betriebsformen und Betriebsgrößen mit Ausnahme der kleineren Betriebe, das Gesamtergebnis gut ist.
    Die Lage der Gemüsebaubetriebe wird allerdings im Wirtschaftsjahr 1957/58 schon wieder einen gewissen Rückschlag erfahren. Der Obstbau wurde im vorigen Jahre durch die starken Fröste ganz außerordentlich geschädigt. Das gleiche trifft für den Weinbau zu. Die schwierigste Lage findet sich gerade hier, wo für 1956 eine Mosternte von nur 35 °/o einer Normalernte erreicht wurde. Die Fröste waren im Wirtschaftsjahr 1956/57 für den Weinbau außerordentlich schädigend. Für diese Betriebe haben wir bisher nur die Buchführungsunterlagen für ein einziges Jahr auswerten können. Wir werden die nächsten Jahre abwarten müssen, um zu sehen, wie sich die Ergebnisse weiterhin gestalten werden.
    Die Pächter erreichten im Durchschnitt der untersuchten Betriebe — die natürlich nur einen Bruchteil der gesamten Pachtbetriebe ausmachen konnten — etwa 65 % des Einkommens, das die Eigentümerbetriebe erreichen konnten, was zum Teil auf die Pachtzahlungen zurückzuführen ist.
    Die Lage der Siedler hat sich im allgemeinen gegenüber der ersten Zeit, der Zeit der Ansetzung, wo sehr viele Klagen waren, gebessert. Am letzten Zahlungstermin des Jahres 1957 waren bei den durch die Deutsche Siedlungsbank verwalteten Bundeshaushaltsmitteln nur 4,8 % der Tilgungsbeträge rückständig, und für einen Teil dieser 4,8 % lagen noch begründete Stundungsanträge vor. Das Hauptelend bei den Siedlern ist, daß sie in den vergangenen Jahren kein Kapital bilden konnten, so daß jeder Ernterückschlag oder sonstige Schicksalsschlag in der Familie diese Betriebe sehr hart trifft, weil sie gar keine Reserven haben. Die seit 1949 auf Grund des Flüchtlingssiedlungsgesetzes aus Mitteln des Ausgleichsfonds — Soforthilfe — gewährten und von der Deutschen Landesrentenbank verwalteten Darlehen von insgesamt 234 Millionen DM sind in Höhe von 30 Millionen DM planmäßig und außerplanmäßig getilgt worden. Die Rückstände an Tilgungsraten betrugen am 31. März 1957 6,5 % des Leistungssolls. Man kann sagen, daß diese Zahlen nicht ungünstig sind. Man kann für die gesamte Landwirtschaft feststellen, daß die Schuldnermoral ausgezeichnet ist, daß die Schulden, soweit sie zur Rückzahlung anstehen, im allgemeinen pünktlich abgedeckt werden.
    Die Verpachtung bei der Ansetzung von Flüchtlingssiedlern hat sich in geringerem Umfange bewährt. Die Situation der Leute, die auf diesen manchmal viel zu kleinen Pachtstellen sitzen, die



    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    sie in ihrer Not damals übernommen haben, ist im allgemeinen unbefriedigend.
    Im Rahmen des Berichts über die Landwirtschaft wären natürlich noch eine Reihe von Problemen, insbesondere die sich aus der Steigerung der Produktion und der Produktivität ergebenden Probleme, zu besprechen. Ich werde es mir versagen müssen, in diesem Bericht im einzelnen darauf einzugehen. Wir werden vielleicht in der Diskussion darauf zu sprechen kommen.
    Die vielfach geforderte Steigerung der Produktivität, aus der allein auf die Dauer die Mehreinnahmen für den einzelnen Betriebsinhaber fließen können, hat auch eine schwarze Seite. Bei unseren Kleinbetrieben wird die Steigerung der Produktivität immer mit einer Erhöhung der Produktion verbunden sein. Mit der Steigerung der Produktion macht sich der Landwirt selbst Konkurrenz: Sie kann auf dem Markt derartig hart werden, daß er praktisch durch die Produktionssteigerungen in seinem eigenen Betrieb nachher nicht mehr einen entsprechenden Anteil an seinen Bemühungen erhält. Aber diese Fragen sind alt, und ich brauche sie deshalb in dieser Stunde nicht näher zu erörtern. Ich will nur sagen, daß man sicherlich durch einen rationelleren Einsatz der Produktionsmittel, durch eine Erhöhung der Qualität der Produkte, durch eine marktgerechte Produktion — nur eine marktgerechte Produktion kann uns ja auf die Dauer helfen —, die Lage noch etwas verbessern kann. Ich glaube, daß, wer diesen Forderungen nachkommt,
    sich mindestens in den Stand gesetzt sieht, daß kein anderer im Inland und im Ausland in der Lage sein wird, ihn dabei zu übertrumpfen. Diejenigen, die ihnen nachkommen, werden immer in der Spitzenklasse liegen und schon deshalb wenig Konkurrenz haben.
    Wenn man nun untersucht, wo hauptsächlich der Grund für die Disparität liegt, dann kommt man zu der Feststellung: er liegt in den Arbeitskosten im weitesten Sinne. Ich weiß nicht, ob Ihnen die Vervielfältigung zugegangen ist, in der in einem Schaubild gezeigt wird, daß die Arbeitskosten im weitesten Sinne, also die reinen Arbeitslöhne plus Maschinenkosten, etwa 50 bis 60 % der gesamten Unkosten ausmachen. Diese Arbeitskosten müssen heruntergedrückt werden. Sie verfolgen uns natürlich in der Landwirtschaft in einem ungewöhnlichen Maße, wenn wir gezwungen sind — um überhaupt noch Arbeitskräfte zu behalten —, die gleichen Löhne zu zahlen, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft gezahlt werden.
    In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß die Landarbeitertarife zwar beachtlich gestiegen sind, der tatsächliche Lohn aber noch über diesen Tarifen liegt. Die Mehrzahlung in der Landwirtschaft beträgt bei den Stundenlöhnern etwa 7 bis 10 %, bei den sogenannten Monatslöhnern liegt die Überzahlung teilweise bei über 30 %. Diese Lohnkosten sind nicht aus dem Produktivitätszuwachs der Landwirtschaft, sondern aus dem nackten Zwang entstanden, daß in der gewerblichen Wirtschaft höhere Löhne gezahlt werden; der Landwirt behält keine Mitarbeiter mehr, wenn er diese Löhne nicht auch zahlt. Der Landarbeitertariflohn liegt um 33 % tiefer als der gewerbliche Lohn, der tatsächliche Lohn um etwa 7 bis 10 % höher als der Tariflohn, also um 25 % unterhalb des gewerblichen Lohns; und bei den Monatslöhnern ist die Situation. vom Lohn aus gesehen, noch etwas günstiger.
    Aber ich wollte hier auf ein Problem zu sprechen kommen, das im Grünen Plan — Drucksache 200 — auf Seite 102 behandelt ist. Da sind Betriebe besprochen, die seit sechs Jahren Buchführung haben, also über sechs Jahre in ihrer ganzen Reaktion genau verfolgt werden können. Bei diesen Betrieben, deren Größe zwischen 20 und 100 Hektar liegt und die mit fremden Arbeitskräften wirtschaften, hat die Zahl der Arbeitskräfte in den sechs Jahren um 5,5 Vollarbeitskräfte pro 100 Hektar abgenommen — das ist eine gewaltige Abnahme —, und sie haben sich mit einem Kostensatz von 12 600 DM pro abgewanderte Arbeitskraft mechanisiert. Wenn Sie nun die Gesamtkosten — Anschaffung, Verzinsung, Abzahlung, Pflege sowie Einsatz der Maschinen — dazunehmen und da mit einem sehr hohen Satz rechnen, dann kommen Sie bei diesen Kosten immer noch nicht auf den Lohn eines Landarbeiters. Man könnte sagen: in den mittleren bis größeren Betrieben liegt zweifellos noch die Möglichkeit, durch Anschaffung von arbeitsparenden Maschinen eine Verbesserung der Situation durchzusetzen. Das ist auf den Seiten 102 und 103 im einzelnen nachgewiesen, wo auch auf diejenigen Reserven hingewiesen wird, die sonst noch in den Betrieben ausgeschöpft werden können. Wenn Sie sich nun daran erinnern, daß ich eben sagte: die Arbeitskosten betragen ungefähr 50 bis 60 % des Gesamtaufwandes, und hiermit den Aufwand für Kraftfuttermittel mit 12 % und für Düngemittel mit 8 % vergleichen, dann sehen Sie, wo der Hase im Pfeffer liegt, dann sehen Sie, wo der Hebel angesetzt werden muß, um die Kosten im Rahmen des landwirtschaftlichen Aufwandes zu verringern.
    Innerhalb der Arbeitskosten haben sich in den zurückliegenden Jahren die Preisverhältnisse kräftig verschoben. Die Landarbeiterlöhne sind, gemessen am Stand der Getreidepreise, seit der Vorkriegszeit um 50 % gestiegen. Dabei soll von mir aus gegen die jetzige Höhe der Landarbeiterlöhne nichts gesagt werden, denn ich weiß — ich habe es ja betont —, daß sie im Schnitt noch 33 % unter den gewerblichen Löhnen liegen. Mit dem Erlös aus einem Doppelzentner Weizen konnte man 1911 81 Arbeitsstunden entlohnen, 1938 waren es noch 42, 1957 nur noch 30 Stunden. So ist die Kaufkraft des Weizens — das ist nur ein einziges Beispiel — gegenüber den Arbeitslöhnen gesunken; und der Weizen gehört nicht zu den Produkten der deutschen Wirtschaft, die am schlechtesten bezahlt werden.
    Sie sehen also, wie wichtig es ist, sich mit den Maschinenkosten zu befassen. Wie steht es nun mit den Schlepperkosten? Diese sind im Verhältnis zu den Löhnen zurückgegangen, und zwar kann man mit dem Lohn von 10 Arbeitsstunden heute 6 Schlepperstunden bezahlen gegen 2,6 im Jahre 1938. Daran erkennt man, daß das, was die gewerb-



    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    liche Wirtschaft trotz steigender Löhne auf dem Gebiet der Mechanisierung der Landwirtschaft bietet, durchaus noch beachtlich ist. Die Mechanisierung ist für die kleinen Betriebe aber, die die Masse der Betriebe darstellen, sehr schwierig. Hier liegen die Dinge insofern anders, als der Ausnutzungsgrad einer Maschine viel niedriger ist als in mittleren und größeren Betrieben. Darum sind auch im Grünen Plan 1958 die Unterstützungsbeträge für die gemeinschaftliche Verwendung gebrauchter Maschinen erhöht worden.
    Ich darf zum Abschluß dieser Frage der Arbeitskosten folgende grundsätzliche Feststellungen treffen. Eine dauerhafte Lösung des Disparitätsproblems setzt zweierlei voraus. Erstens sollten die Zweige der gewerblichen Wirtschaft mit günstigen Produktions- und Absatzmöglichkeiten ihre Produktivitätsgewinne in erster Linie in niedrigeren Preisen weitergeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das hätte den doppelten Effekt, daß die Kostenseite der landwirtschaftlichen Betriebe durch niedrigere Produktionsmittelpreise entlastet und die Disparität nicht trotz aller Bemühungen der Landwirtschaft und trotz der Förderungsmittel des Grünen Plans durch die Lohnentwicklung in der gewerblichen Wirtschaft ständig vergrößert würde. Darüber hinaus hätte das den Vorteil einer Entlastung der öffentlichen Hand dadurch, daß die ständige Anpassung der Renten in geringerem Umfang nötig wäre.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Das ist das entscheidende Problem von heute.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Kriedemann: Kritik an der Wirtschaftspolitik, Herr Minister!)

    Diese Forderung ist um so mehr gerechtfertigt, als die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise bisher weit hinter der Erhöhung der Industriearbeiterlöhne zurückgeblieben ist. Die Landwirtschaft muß, unterstützt und gefördert durch die Maßnahmen des Grünen Plans, alle Möglichkeiten ausschöpfen, ihre Produktivität weiter zu steigern. Dabei ist es unausweichlich, daß mehr als bisher der Forderung Rechnung getragen wird, ein nur mäßig, d. h. im Rahmen der Verbrauchsentwicklung zunehmendes Produktionsvolumen mit einer ständig abnehmenden Zahl von Mitarbeitern zu erzeugen. Hieraus ergibt sich der Zwang, in steigendem Maße die menschliche Arbeit durch Maschinen zu ersetzen. Arbeitswirtschaftlich sinnvolle und arbeitssparende Gebäude sind in diesem Sinne ebenso wertvolle und wichtige Arbeitsmittel. Auch arbeitswirtschaftliche Verbesserungen, die die bäuerliche Arbeit erleichtern, der Bäuerin mehr Kraft und Zeit für ihre Familie geben und dem Bauern ermöglichen, sich Gedanken über den Betrieb zu machen, gehören dazu.
    Unter den gegebenen Verhältnissen der Lohnentwicklung auf der einen Seite und der Verbrauchsentwicklung auf der anderen Seite ist dieser Prozeß ein wirksames Mittel, das Arbeitseinkommen je Kopf, vor allen Dingen in den kleinen Betrieben mit ungünstigen Ertragsbedingungen zu erweitern. Der Grüne Bericht 1958 zeigt, daß sich durch die Verminderung des Arbeitskräftebestandes in den meisten Betriebsgruppen das Arbeitseinkommen je Kopf erhöht hat, insbesondere in den kleinen Betrieben mit extensiven Bodennutzungssystemen. In welchem Ausmaß dieser Prozeß unsere Landwirtschaft bereits erfaßt hat, zeigt sich in der Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte. Der Bestand an Vollarbeitskräften in der Landwirtschaft ist bis 1952/53 jährlich um etwa 125 000, seit 1953/54 jährlich um 160 000 zurückgegangen. In den Testbetrieben betrug die Zahl der Vollarbeitskräfte je 100 ha im Wirtschaftsjahr 1955/56 20 AK. Im Wirtschaftsjahr 1956/57 ist die Zahl der Vollarbeitskräfte auf 18 AK je 100 ha zurückgegangen.
    Die Schwierigkeiten und Probleme, die sich aus diesem Umstellungsprozeß ergeben, sind für die Betriebsgruppen verschieden. Das Arbeitspotential in den kleinen Familienwirtschaften unter 10 ha ist immer noch verhältnismäßig hoch. Auf Seite 124 der Drucksache 200 sehen Sie, daß die Betriebe unter 10 ha, die untersucht worden sind, im Durchschnitt noch einen Arbeitskräftebesatz von 26,4 Vollarbeitskräften pro 100 ha haben. Die Betriebe zwischen 10 und 20 ha haben 21, die Betriebe über 20 ha haben 18, 15 und 12 Arbeitskräfte pro 100 ha. Aus diesem Grund ist es für die Betriebe zwischen 5 und 10 ha notwendig, zu mechanisieren, zu intensivieren und die Viehproduktion zu steigern. Die vorhandenen Familienarbeitskräfte können rationeller ausgenutzt und ihr Einkommen kann verbessert werden. Die Aufstockung der Betriebe auf den Umfang vollständiger Familienwirtschaften und andere agrarstrukturelle Maßnahmen, die durch die Grünen Pläne gefördert werden, sollen ergänzt werden durch Maßnahmen zur Rationalisierung und Intensivierung der Produktion. Soweit diese Betriebe nicht in der Lage sind, einer bäuerlichen Familie die wirtschaftliche Existenz zu sichern, weil sie entweder zu klein sind oder unter zu ungünstigen Ertragsbedingungen arbeiten, werden die dort tätigen Menschen, wie schon immer, den Weg in andere Berufe finden. Im Interesse einer gesunden Sozialstruktur kommt dabei der Schaffung von Nebenerwerbsquellen durch Zubringerbetriebe der Industrie besondere Bedeutung zu. Diese Entwicklung ist im Gange. Seit 1949 allein hat die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe unter 2 ha um 46 000, die der Betriebe zwischen 2 und 5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche um 85 000 und die der Betriebe zwischen 5 und 10 ha um 29 000, insgesamt um 160 000 abgenommen. Das sind fast 10 % der gesamten Betriebe dieser Größenklassen. Allein in den beiden Jahren seit 1955 ist die Zahl der Betriebe unter 5 ha um 45 000 und die Zahl der Betriebe zwischen 5 und 10 ha um 11 000 zurückgegangen. Auf der anderen Seite hat sich von 1949 bis 1957 die Zahl der Betriebe zwischen 10 und 20 ha landwirtschaftliche Nutzfläche um 16 000, die der Betriebe von 20 bis 50 ha um 4000 erhöht.
    Meine Damen und Herren, das sind Zahlen, die einen aber auch bange machen können. Es ist eine Umstellung, eine Revolutionierung im ländlichen Bereich, wie wir sie in diesem Umfang vielleicht



    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    nur in der Zeit der gewaltigen Auswanderung nach Amerika gehabt haben. Wir haben aber schon immer die Tatsache zu verzeichnen gehabt, daß Inhaber von Betrieben bis zu 10 ha in ungünstigen Lagen und mit ungünstigen Produktionsbedingungen ihren Nebenerwerb in der gewerblichen Wirtschaft gesucht haben. Wo diese Inhaber nun dazu übergegangen sind, zu verpachten oder zu verkaufen, da verschwinden diese Betriebe in der Statistik als selbständige landwirtschaftliche Betriebe. Als Nebenerwerbsbetriebe sind sie aber noch vorhanden. Es ist in seltenen Fällen so, daß die Familien vorn Dorfe abwandern. Die Familien bleiben auf dem Lande und fahren im Pendlerverkehr zu den Arbeitsstellen, wo sie sich dann einen leichteren und höheren Verdienst suchen.
    Die Hauptlast der Schwierigkeiten, die in den kleinen und mittleren Betriebsgruppen durch den Mangel an Arbeitskräften entstehen, hat in der Regel die Bäuerin zu tragen. Nicht nur vermehrte Hausarbeit leistet sie, sondern sie wird daneben auch noch zu Feldarbeiten herangezogen. Neben dem technischen, wirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Problem der Mechanisierung der Außenwirtschaft steht hier dazu die Frage im Vordergrund, durch Umbau und Modernisierung der Küche und der Wirtschafts- und Vorratsräume, die ohne Hilfe dastehende Bäuerin von der ständigen schweren körperlichen Arbeit zu entlasten. Die Regierungserklärung vom 29. Oktober 1957 betont bereits, daß in stärkerem Maße als bisher für die Erleichterung der Arbeit der Landfrau Sorge getragen werden muß.
    Das verlangt aber in erster Linie Umdenken in den bäuerlichen Familien selbst. Es ist in sehr vielen Familien selbstverständlich, daß ein Schlepper gekauft wird, und die Bäuerin sagt nichts dagegen. Das ist manchmal aus Gründen der Reputation notwendig. Der Nachbar hat ja auch einen.

    (Abg. Kriedemann: Ein bißchen mehr Konkurrenz bei den Haushaltsmaschinen!)

    — Sehr richtig! Wenn der Bauer nun dazu übergeht, einen höheren Betrag z. B. für die Beschaffung einer modernen Küche oder aber dort, wo der Bauer nicht in geschlossenen Dörfern, sondern in Einzelhöfen wohnt, die Anschaffung einer Kühltruhe und alle derartigen Dinge auszugeben oder aber dafür zu sorgen, daß das Wasser im Haus an denjenigen Stellen läuft, wo es gebraucht wird und nicht von der Bauernfrau oder ihren Mitarbeitern geschleppt werden muß, dann würde er sich auch um die Haus- und Hofarbeit verdient machen. Damit könnte tatsächlich die Bäuerin mehr Zeit für die Familie, insbesondere für die Erziehung der Kinder gewinnen.
    Darüber hinaus könnte auch durch Schaffung von mehr Gemeinschaftsanlagen, z. B. Dorfwaschküchen, Gemeinschaftskühlanlagen usw., noch einiges getan werden. Für die Wasserversorgung und die Elektrifizierung sind ja im Grünen Plan schon seit Jahren Mittel angesetzt. Aber wenn die Bäuerin zum Teil heute noch einen Hausgarten von einem oder einem halben Morgen bewirtschaftet oder wenn sie vielleicht 50 oder 100 Hühner hält, dann ist das völlig zwecklos. Wenn sie so viel Hühner hält, daß es für den eigenen Bedarf ausreicht, dann steht sie sich dabei besser. Oder aber sie macht einen Betriebszweig daraus und kauft sich mehrere hundert erstklassige Legehühner; dabei verdient sie dann etwas. Durch alle diese Dinge kann man natürlich auch der Bäuerin helfen und so günstigere, gesündere Verhältnisse auf dem Bauernhof schaffen.
    Man könnte auch an die Anschaffung von Kühltruhen und Haushaltsgeräten denken in einer Form, wie sie in den Vereinigten Staaten von Amerika üblich ist. Dort werden eine Reihe von leistungsfähigen Firmen aufgefordert, für mehrere Jahre Bleichhohe Lieferungen unter bestimmten Voraussetzungen anzubieten, z. B. Kühlgeräte für die Milch. Das könnte man aber in Deutschland nicht nur für Kühlgeräte für die Milch, sondern auch für Kühltruhen und Waschmaschinen tun. Man könnte sich bei den Fabriken verdient machen durch Erteilung größerer langfristiger Aufträge und könnte sich bei der Bauernfrau und beim Bauern verdient machen dadurch, daß man die Kosten für diese Geräte um mehrere 100 Mark verbilligt.

    (Abg. Kriedemann: Mit einer einfallsreichen und aktiven Wirtschaftspolitik läßt sich überhaupt noch eine ganze Menge machen!)

    — Die Adresse kenne ich wohl.

    (Abg. Kriedemann: Ich richte mich an dieselbe Adresse, an die Sie sich richten, Herr Minister!)

    — Aber es steht auch den Mitgliedern des Ernährungsausschusses in jeder Beziehung Tür und Tor offen!

    (Abg. Kriedemann: Eben, eben! — Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Kriedemann: Da würde ich nicht so laut klatschen, meine Herren, da bleiben wir meistens allein!)

    — Der Heilige Geist waltet über allen!

    (Große Heiterkeit. — Abg. Kriedemann: Nicht über allen! Über den meisten waltet nur die Furcht des Herrn oder die Furcht vor dem Herrn! — Erneute Heiterkeit.)

    Ich darf nun zu dem Wunsch übergehen — der mir sehr häufig vorgetragen wird —, man möge die in der Landwirtschaft entstandene Disparität global berechnen und diese Globalsumme hier angeben. Ich habe auf die Lage der Landwirtschaft, wie ich glaube, dadurch in genügend klarer Weise hingewiesen, daß ich ausgeführt habe, wie hoch das Arbeitseinkommen ist, das in der Landwirtschaft erzielt worden ist, und zwar bei durchschnittlichen Produktionsgrundlagen und ordnungsmäßiger Bewirtschaftung. Wenn dieser Arbeitslohn um 33 % hinter dem Vergleichslohn — der mit 4160 Mark nicht zu hoch angesetzt ist — zurückbleibt, dann ergibt sich für jeden, der rechnen kann, eine Disparität, die groß genug ist, um zu erschrecken.

    (Zurufe rechts.)




    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    Der Grüne Bericht beschränkt sich entsprechend den Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes bewußt darauf, die Ertragslage der Landwirtschaft in einzelnen Betriebsgrößen, Betriebstypen, Betriebssystemen und Wirtschaftsgebieten zu untersuchen. Eine Globalberechnung der Ertragsaufwandsdifferenz der Landwirtschaft ist methodisch problematisch und ihr Aussagewert zu begrenzt, als daß er die Grundlage für wirtschaftspolitische Maßnahmen bilden könnte. Also an eine Globalberechnung und darauf beruhende Aussagen Berechnungen für Hilfsmaßnahmen anzuknüpfen, ist völlig sinnlos. Es liegen bisher keine ausreichenden Unterlagen dafür vor, aus dem Gesamtkomplex der landwirtschaftlich genutzten Fläche die Betriebe im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes auszusondern und sie nach den einzelnen Betriebsgruppen und Ertragswertstufen mit genügender Genauigkeit aufzugliedern. Nur die Unterlagen durchschnittlicher Betriebe, nur die ordnungsmäßige Wirtschaft soll nach dem Landwirtschaftsgesetz untersucht werden. Wir haben bisher 8000 Betriebe dafür herangezogen, und wenn wir die Gesamtdisparität auf dieser Grundlage bekanntgeben wollten, brauchten wir eine ordnungsmäßige Zuordnung der gesamten 14 Millionen Hektar zu den paar hunderttausend Hektar der untersuchten Betriebe. Daß das keinen Zweck hat, liegt doch wohl auf der Hand.
    Meine Damen und Herren, ich darf nun zu dem Grünen Plan 1958 übergehen. Sie haben inzwischen die Unterlagen „Überblick über die finanziellen Aufwendungen des Bundes im Grünen Plan 1958" (Seite 21 zu Drucksache 200) bekommen; ich hoffe, daß diese Aufstellung Ihnen vorliegt. Sie sehen aus dem Punkt I, daß die Mittel für die Verbesserung der Agrarstruktur und der landwirtschaftlichen Arbeits- und Lebensverhältnisse, wofür voriges Jahr 415 Millionen DM zur Verfügung standen, auf 593 Millionen DM heraufgesetzt sind. Die Flurbereinigung hat 45 Millionen DM mehr zugeteilt bekommen, die Aufstockung und Aussiedlung 100 Millionen DM mehr, die Wasserwirtschaft etwa 8 Millionen DM mehr, die Wirtschaftswege haben den gleichen Betrag, die Wasserversorgung, Elektrifizierung desgleichen. Die Förderung der Seßhaftmachung von verheirateten Landarbeitern ist von 10 auf 25 Millionen DM und die Förderung der Forschung, Ausbildung, Beratung, Aufklärung und Werbung von 15 auf 20 Millionen DM heraufgesetzt; insgesamt handelt es sich also um eine Erhöhung von 415 Millionen auf 593 Millionen DM.
    Die Förderung der Einkommensverhältnisse der landwirtschaftlichen Bevölkerung! Handelsdünger voriges Jahr 260, jetzt 316, Obst- und Gartenbau voriges Jahr 2, jetzt 3, technische Anlagen, insbesondere in Futterbaubetrieben, z. B. Silobauten, Gülleanlagen, Unterdachtrocknungsgeräte von 10 auf 25 Millionen, Gemeinschaftsmaschinen von 10 tauf 15 Millionen DM.
    Förderung von Qualität und Absatz, a) Milch. Der Betrag von 400 Millionen DM für die Milch entspricht dem Vorjahr. Ich darf an dieser Stelle folgendes sagen. Wir haben im Vorjahr 4 Pf Prämie unter bestimmten Voraussetzungen festgelegt. Diese
    Prämie war an die Bedingung gebunden, daß die dritte Qualitätsstufe ausgeschaltet wurde und daß sich die Betriebe in das Verfahren zur Bekämpfung von Tbc und Bang eingliederten. Der Zudrang zu diesem Bekämpfungsverfahren und die Beseitigung der dritten Qualitätsstufe sind in einem derartigen Maße eingetreten, daß wir die Summe von 400 Millionen DM um 80 Millionen DM überschreiten werden. Das ist für dieses Mal noch möglich gewesen, für das nächste Mal wird es nicht möglich sein. Wir haben die Auflage, daß die 400 Millionen DM nicht überschritten werden dürfen. Aber wir haben die noch stärkere Auflage, daß wir eine Milchanlieferung, wie sie aus der Reserve gekommen ist, in dem Umfang nicht wieder haben dürfen, weil wir sonst die 4 Pf Prämie durch gegenseitige Konkurrenz der einzelnen Milchprodukte selbst auflösen. Ich will da ganz deutlich sprechen. Wir haben 17 Milliarden Liter Milch Produktion. Wir hatten im vergangenen Wirtschaftsjahr, das hier zur Grundlage für die Berechnung gemacht ist, eine Milchablieferung an die Molkereien von 11,5 Milliarden Litern, das sind 5,5 Milliarden Liter, die früher ständig auf den Höfen bzw. in der Nachbarschaft verbraucht wurden. Unsere Produktionssteigerung beträgt im Schnitt höchstens 2 bis 3 %. Mehr abgeliefert worden sind bis zu 12 %, insbesondere in den Bezirken, wo die kleinsten Betriebe sitzen. Dort sind die größten Reserven vorhanden, weil hier am weitestgehenden die Möglichkeit bestand, durch Einschränkung im Haushalt zu Hause und bei der Auffütterung von Milchvieh, bei der Verfütterung von Vollmilch an Kälber und Schweine sich zusätzliche Einnahmen aus der Milchverwertung zu verschaffen. Jetzt ist durch die vereinfachte Kälber- bzw. Rindviehmast, die auf normale Futtermittel und Kraftfuttermittel abgestellt ist, die Fütterung von Kälbern und Rindvieh so stark eingeschränkt, daß wir praktisch nicht 11,5 Milliarden Liter, sondern wahrscheinlich 13,5 bis 14 Milliarden Liter angeliefert bekommen. Das führte dazu, daß wir im Dezember 25 % mehr Butter, im Januar 7000 Tonnen Butter mehr erzeugt haben als im Vorjahr. Deshalb machen uns natürlich der Butterpreis und die Einlagerung der gelagerten Butter aus dem Sommer Schwierigkeiten.
    Infolgedessen ist zu befürchten, daß bei einer weiteren Entwicklung in dieser Richtung die Verminderung der Preise für Milchprodukte so stark wird, daß wir die 4 Pfennige durch Verlust bei dem Verkauf von Milchprodukten wieder einbüßen. Für Milch und Milchprodukte nehmen wir eine Summe von über 4 Milliarden DM ein. Im Verhältnis dazu ist die Summe von 80 Millionen DM, die bei den Förderungsmaßnahmen in diesem Jahr eingespart werden muß, nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Wir wollen zunächst die weitere Entwicklung abwarten und sehen, ob wir nicht durch eine gewisse Verschärfung der Bedingungen die Mehranlieferung etwas eindämmen können. — Ich sehe verschiedentlich Kopfnicken. Derjenige, der mir nein sagt, muß mir gleichzeitig auch den Rat geben, wie ich aus diesem Überfluß herauskomme.

    (Abg. Kriedemann: Sehr richtig, Herr Minister!)




    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    Ich hoffe, daß diese Ratschläge in der Diskussion nicht ausbleiben werden.

    (Abg. Kriedemann: Seien Sie sicher, sie bleiben aus!)

    Auf dem Gebiete der Qualitätsverbesserung der Milch sind im vergangenen Jahr geradezu Wunder bewirkt werden. Der Anteil der Tbc-freien Viehbestände betrug im Jahre 1952 noch etwa 15 %, im Jahre 1956 48 %; im laufenden Jahr beträgt er 65 %. Die Anstrengungen der Landwirtschaft sind so gewaltig und sie hat sich das so viel Geld kosten lassen, daß dieser Elan des Mitgehens geradezu beispielhaft genannt werden kann. Niemand beklagt es mehr als ich, daß wir diese Entwicklung nicht einfach ohne Bruch fortsetzen können. Aber es muß doch möglich sein, unseren Bauern draußen die Gründe für eine Veränderung klarzumachen.

    (Abg. Kriedemann: Bei einigem guten Willen, ja!)

    Wie wir es im einzelnen machen, können wir noch festsetzen. Die Richtlinien dafür werden erst im Laufe der nächsten zwei bis drei Wochen erstellt, so daß wir noch in den verschiedensten Gremien darüber beraten können, und da wird sich dann wohl der Heilige Geist bei den entscheidenden Stellen bemerkbar machen, ich hoffe auch bei mir.

    (Heiterkeit. — Abg. Kriedemann: Bei Ihnen hat es schon einen Anfang gegeben!)

    Für die Tierseuchenbekämpfung haben wir wieder denselben Betrag wie im Vorjahr — 20 Millionen DM — eingesetzt; für Kühl- und Melkeinrichtungen stehen 10 Millionen DM zur Verfügung. Ich muß sagen, daß bei uns in Deutschland von diesen wirklich wichtigen Melkeinrichtungen bedauerlicherweise nicht genügend Gebrauch gemacht wird. Sie sind offenbar noch nicht genügend bekannt. Der Betrag für Milchleistungsprüfungen mußte um 1 Million DM erhöht werden. Das Geld, das für die Stützung der Kontrollvereine ausgegeben worden ist, hat sich gerade bei Betrieben mit wenigen Milchkühen großartig rentiert. In dem einen Jahre, in dem die Stützung der Kontrollvereine durchgeführt wurde, sind wir mit einem Ruck auf 3000 1 Milch pro Kuh gekommen.
    Die Ausgaben für die Verbesserung der Molkereiwirtschaft wurden von 10 auf 15 Millionen DM erhöht; für die Schulmilchspeisung wird derselbe Betrag ausgegeben. Dazu wird für andere Erzeugnisse ein Betrag von 72 Millionen DM aufgewendet. Dabei sind die Ausgaben für diese anderen Aufgaben — Lager- und Sortierungseinrichtungen, Qualitätskontrollen usw. — meist unverändert geblieben.
    Einen Betrag von 35 Millionen DM geben wir für Anbauprämien aus. Die Hälfte dieses Betrages soll dazu dienen, um den Abbau der Roggenlieferprämie in zwei Jahren zu gestatten; die andere Hälfte wird für Ausgleichszahlungen für die Böden verwendet, die einen bestimmten Anbau besonders notwendig haben. Hier sind auch noch andere Prämien eingebaut worden. Die Anbauprämien werden gerade in den schwierigeren Gebieten nicht in vollem Umfange abgebaut werden können. Wir werden uns im nächsten Jahr überlegen müssen, was geschehen kann, um die hier auftretenden Schwierigkeiten zu beheben.
    Auf Wunsch der Schafzüchter sind für zwei Jahre Prämien von je 5 Millionen DM eingesetzt worden. Sie sollen zu einer Umstellung unserer Schafzucht dienen.
    Desgleichen sind für je zwei Jahre 2 Millionen DM für Schweinemastleistungsprüfungen eingesetzt worden. Auf diesem Gebiete hinken wir nämlich hinter dem Ausland her.
    Meine Damen und Herren, ich schöpfe aus vielen Erfahrungen der heutigen Zeit. Ich hoffe, daß all das Neue, insbesondere die ständig auftretenden neuen Schwierigkeiten unser Bauerntum zu äußerster Wachsamkeit und zu energischem Einsatz aller Selbsthilfemaßnahmen anreizen. Ich kann sagen, daß das Mitgehen bei all den Maßnahmen, die der Verbesserung der Produktivität und der Rationalisierung dienen, geradezu großartig genannt werden kann. In der Landwirtschaft müssen aber nicht nur die Auswirkungen der technischen Umwälzung berücksichtigt werden; es muß von der Landwirtschaft auch eine völlig veränderte geistige Einstellung verlangt werden. Diese hat sich in einem großen Teil des Bauerntums, insbesondere bei unserer Jugend, heute schon durchgesetzt. Das sage ich nicht nur auf Grund meines viel beschrienen Optimismus, sondern das zeigt sich mir auch in der Praxis, wenn ich draußen im Lande herumreise, in den Versammlungen bin und meine Einzelgespräche habe. Hier wird offenbar, daß die größte Hoffnung für unser Bauerntum in der Jugend liegt.
    Um so mehr stört es das ganze Bild, wenn unseren Bauern aus der Presse oder aus der Öffentlichkeit vielfach das Wort entgegenklingt: Ihr müßt von Subventionen leben. Ich mache nochmals darauf aufmerksam, daß z. B. die Handelsdüngerprämie, die wir gegeben haben, gerade bei den kleinen Betrieben mit ihren schwierigen Produktionsverhältnissen zu erheblichen Steigerungen geführt hat. In den schwierigen Betrieben des bayerischen Landes hat der Stickstoffverbrauch um 18 % und der Phosphorverbrauch um 20 % zugenommen. Während der Stickstoffverbrauch in der Bundesrepublik gegenüber dem Vorvorjahr um 11 % zugenommen hat, hat er in diesem Jahr um 13 % zugenommen. Die Linie steigt also absolut an. Ich darf darauf hinweisen, daß trotz der Stickstoffpreiserhöhung — wir haben damit Arger gehabt — der Einsatz von Stickstoff bei uns durchaus noch lohnend ist. Man soll sich deshalb nicht davon abhalten lassen, diesen Einsatz weiterhin zu erhöhen.
    Das Ziel, wie sich ganz klar gezeigt hat, ist in der Landwirtschaft 1956/57 nicht erreicht worden Der dritte Grüne Bericht stellt hierzu folgendes fest: Nachdem sich die Lage der Landwirtschaft zwar etwas gebessert hat, im allgemeinen aber eine Heranführung des Einkommens an das Einkommen vergleichbarer Berufsgruppen nicht erreicht werden konnte, sieht sich die Bundesregierung gezwungen, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten ihre Bemühungen verstärkt fortzusetzen, die immer noch



    Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke
    schwierige Lage der Landwirtschaft zu verbessern und ihr zu helfen, die Aufgaben zu meistern, die im Zuge der Errichtung des Gemeinsamen Europäischen Marktes auf sie zukommen.
    Der bäuerliche Berufsstand setzt sich selber in stärkstem Maße für seine wirtschaftliche Besserstellung ein. Die Besserstellung kommt aber nicht nur ihm zugute, sondern auch weiten Kreisen in der gewerblichen Wirtschaft, in unserem Mittelstand, in Handel und Gewerbe und insbesondere den Hausfrauen. Dadurch wird nicht nur die Sicherheit der Ernährung gewährleistet, sondern gleichzeitig eine ganz gewaltige Qualitätsverbesserung erzielt.
    Sie ersehen daraus, daß das, was ich in dem Grünen Plan vortrage, nicht nur ein Anliegen der Landwirtschaft ist, sondern ein Anliegen der gesamten deutschen Nation.

    (Beifall.)