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ID0301014600

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    Deutscher Bundestag lo. Sitzung Bonn, den 12. Februar 1958 Inhalt: Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Diehl, Auge und Geritzmann 423 A Abg. Maucher tritt als Nachfolger des Abg. Dr. Brönner in den Bundestag ein . . . 423 A Zur Tagesordnung: Rösing (CDU/CSU) 423 C Fragestunde (Drucksache 187) Frage 1 des Abg. Ritzel: Streifen oder Flächen an Fahrzeugen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 423 D Ritzel (SPD) 424 B Frage 2 des Abg. Gewandt: Bau eines Nord-Süd-Kanals Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 424 D Frage 3 des Abg. Schmidt (Hamburg) : Waffenhandel der Firma Schlüter, Hamburg Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 426 A Schmidt (Hamburg) (SPD) 426 B Frage 4 des Abg. Dewald: Errichtung von Radarstationen und Raketenabschußrampen im Raum Miltenberg Strauß, Bundesminister 426 D Dewald (SPD) 427 B Frage 5 des Abg. Dr. Bucher: Strafverfahren gegen den Ministerialrat a. D. Ziebell Dr. Dr. h. c. Erhard, Vizekanzler . . . 427 D Dr. Bucher (FDP) 428 B Frage 6 des Abg. Schmidt (Hamburg) : Besuch des Generals Dr. Speidel im Hamburger Rathaus Strauß, Bundesminister 428 D Schmidt (Hamburg) (SPD) 429 B Frage 7 des Abg. Schmidt (Hamburg) : Einbau von Fernsehgeräten in Kraftfahrzeuge Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 429 D Frage 8 des Abg. Dewald: Gültigkeit der Arbeiterwochenkarten in Verbindung damit: Frage 15 des Abg. Ritzel: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 430 B Dewald (SPD) 430 C Frage 9 des Abg. Dr. Ratzel: Beschaffenheit eines entwendeten radioaktiven Kupferstabs Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . . . 430 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Februar 1958 Frage 10 des Abg. Dr. Ratzel: Benutzung radioaktiver Strahlenquellen in der gewerblichen Wirtschaft Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . . . . 431 B Frage 11 des Abg. Seither: Wiederaufbau der Rheinbrücke bei Germersheim Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 432 C Frage 12 des Abg. Wittrock: Zulassung von Personen, die nach j 26 StGB aus der Strafhaft entlassen sind, zum Staatsexamen Dr. Schröder, Bundesminister . . . 432 D Wittrock (SPD) 433 A Frage 13 des Abg. Meyer (Wanne-Eickel) : Verbesserung des deutschösterreichischen Abkommens über Sozialversicherung Blank, Bundesminister 433 B Frage 14 des Abg. Meyer (Wanne-Eickel) : Rentenzahlungen an Rentnerwitwen Blank, Bundesminister 433 C Frage 16 des Abg. Riedel: Liederbuch für die Bundeswehr Strauß, Bundesminister 434 A Frage 17 des Abg. Regling: Ausschreibungs- und Lieferfristen bei der Bundeswehr Strauß, Bundesminister 434 C Regling (SPD) 435 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Anhebung der Verkehrstarife (Drucksache 136) In Verbindung damit: Antrag der Fraktion der SPD betr. Erhöhung der Tarife im Berufsverkehr und der Sozialtarife (Drucksache 141 (neu]), Antrag der Fraktionen CDU/CSU, DP betr. Verkehrstarife (Drucksache 185) Ritzel (SPD) (zur Geschäftsordnung) . 435 D Schmidt (Hamburg) (SPD) 435 D, 468 D, 476 B Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 441 D Dr. Bleiß (SPD) 450 A, 473 C Brück (CDU/CSU) 456 A Junghans (SPD) 459 A Müller-Hermann (CDU/CSU) . 462 C, 478 C Dr. Elbrächter (DP) 466 B Drachsler (CDU/CSU) 469 D Dr. Starke (FDP) 471 C Dr. Bucerius (CDU/CSU) 474 C Ritzel (SPD) 477 B Abstimmungen 477 D, 478 C Nächste Sitzung 478 C Anlagen: Liste der beurlaubten Abgeordneten, Umdrucke 10 und 11 . . . 479 A, 479 C Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Februar 1958 423 10. Sitzung Bonn, den 12. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 12. 2. Dr. Barzel 24. 2. Bazille 14. 2. Dr. Bechert 14. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Berlin 12. 2. Frau Beyer (Frankfurt) 15. 2. Blachstein 14. 2. Dr. Brecht 14. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 14. 2. Dopatka 15. 2. Even (Köln) 15. 2. Faller 7. 3. Gerns 14. 2. Freiherr zu Guttenberg 12. 2. Frau Herklotz 12. 2. Kalbitzer 12. 2. Kemmer 14. 2. Keuning 14. 2. Kiesinger 14. 2. Klausner 12. 2. Köhler 14. 2. Dr. Kopf 15. 2. Kühlthau 14. 2. Kunze 15. 2. Lenz (Brühl) 14. 2. Dr. Leverkuehn 14. 2. Dr. Lindenberg 12. 2. Mauk 12. 2. Mengelkamp 14. 2. Metzger 12. 2. Muckermann 14. 2. Paul 28. 2. Pohle 12. 2. Pöhler 12. 2. Dr. Preiß 12. 2. Rademacher 12. 2. Ramms 14. 2. Frau Rudoll 12. 2. Schneider (Bremerhaven) 12. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 14. 2. Seidl (Dorfen) 12. 2. Dr. Steinmetz 12. 2. b) Urlaubsanträge Abgeordnete(r) bis einschließlich Bauer (Wasserburg) 22. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Felder 31. 3. Frau Friese-Korn 28. 2. Gedat 22. 2. Dr. Höck 21. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Jacobs 12. 3. Jürgensen 28. 2. Dr. Leiske 22. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31. 3. Mellies 8. 3. Dr. Meyers (Aachen) 8. 3. Dr. Weber (Koblenz) 22. 2. Anlage 2 Umdruck 10 Antrag der Fraktion der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 136) betr. Anhebung der Verkehrstarife. Der Bundestag wolle beschließen: Die deutsche Öffentlichkeit erwartet von der Erhöhung der Verkehrsentgelte der Deutschen Bundesbahn eine Sanierung des Unternehmens und eine Befreiung des deutschen Steuerzahlers von den seit Jahren gestiegenen Subventionen aus allgemeinen Steuermitteln. Aus der Erkenntnis, daß die Erhöhung der Tarife allein nicht ausreicht, eine ausgeglichene Betriebsrechnung bei der Deutschen Bundesbahn herzustellen, erwartet der Bundestag von der Bundesregierung, daß sie eine unabhängige, dem Bundesfinanzminister und dem Bundesverkehrsminister verantwortliche Prüfungskommission einsetzt, die die Betriebsrechnung der Deutschen Bundesbahn in ihren Einnahmen und Ausgaben überprüft und deren Aufgaben sich insbesondere auf folgende Fragen erstrecken: 1. Inwieweit kann durch eigene Anstrengungen unnötiger Aufwand vermieden und eine Betriebsführung nach kaufmännischen Gesichtspunkten sichergestellt werden? 2. Welche Verkehre weisen Verluste auf, welche Rationalisierungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen müssen ergriffen werden, um - gegebenenfalls unter Lockerung der gemeinwirtschaftlichen Auflagen der Bundesbahn - zu einer ausgeglichenen Ertragslage zu kommen, und inwieweit kann dies Ziel durch Gemeinschaftslösungen mit anderen Verkehrsträgern erreicht werden? 3. Inwieweit bestehen politische Sonderlasten, die zu einer kaufmännischen Betriebsführung in Widerspruch stehen und einen Leistungswettbewerb der Deutschen Bundesbahn auf der Grundlage gleicher Startbedingungen beeinträchtigen? 4. Inwieweit fördern die im Bundesbahngesetz festgelegte Organisation der Bundesbahnverwaltung sowie die Zusammensetzung und Funktion des Verwaltungsrates eine kaufmännische Betriebsführung, und welche Verbesserungen erscheinen geboten? Bonn, den 12. Februar 1958 Dr. Krone und Fraktion Frau Kalinke und Fraktion 480 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Februar 1958 Umdruck 11 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 136) betr. Anhebung der Verkehrstarife. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, unverzüglich einen Selbstkostenvergleich zwischen der Bundesbahn, dem gewerblichen Güterkraftverkehr und der Binnenschiffahrt zu erstellen und dem Bundestag bis zum 31. März 1959 den Selbstkostenvergleich vorzulegen. Bonn, den 12. Februar 1958 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Dr. Paul Bleiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Darauf möchte ich antworten, Herr Müller-Hermann, daß das nicht ein erster Schritt auf dem Wege zur Entzerrung ist, sondern daß durch diese Tariferhöhung und insbesondere durch die Differenzierung der Wettbewerb weiter verzerrt und die ruinöse Konkurrenz weiter verschärft wird. Ich bin der Meinung, daß diese Tariferhöhung genau das Gegenteil von dem bewirkt, was Sie hier von der Rednertribüne aus als Ziel dargestellt haben. Sie sollten sich einmal unter den Verkehrsträgern und unter den einschlägigen Betrieben umhören. Ich glaube, dort werden Sie meine Ausführungen voll bestätigt finden.
    Herr Kollege Müller-Hermann, man darf nicht immer von einer freien Wirtschaft sprechen und nachher durch eine Billigung der tarifarischen Maßnahmen genau das Gegenteil bewirken. Darin sehe ich eine sehr verhängnisvolle Diskrepanz.
    Nun möchte ich Herrn Kollegen Brück etwas sagen. Herr Kollege Brück, ich hoffe, Sie unterstellen uns nicht, daß wir die Interessen der Bundesbahn nicht genügend berücksichtigen wollen. Ich möchte Sie daran erinnern, daß wir schon sehr frühzeitig begonnen haben, um Mittel für die Bundesbahn zu kämpfen, und daß damals unsere Anträge von der CDU-Fraktion abgelehnt worden sind. Ich darf Sie daran erinnern, daß wir bei der Übernahme der befriebsfremden Lasten von der Bundesbahn auf den Bund auch an dem Widerstand des Finanzministers gescheitert sind und daß später die Übernahme scheibchenweise erfolgt ist. Ich darf Sie daran erinnern, daß der Zehnjahresplan für eine Sanierung der Bundesbahn bisher in der Dotierung an dem Widerstand des Bundesfinanzministers scheiterte.
    Zur Frage der Dikrepanz zwischen Theorie und Praxis darf ich Ihnen vielleicht auch einmal folgendes sagen. In dem neuen Haushalt, Herr Kollege Brück, werden die Ansätze für die Bundesbahn nicht etwa erhöht, um sie zu sanieren, nicht etwa gleichgehalten, um wenigstens die bisherigen Investitionen in gleicher Höhe fortzusetzen, sondern die Haushaltsmittel werden um 450 Millionen DM gekürzt. Sehen Sie, das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerd Bucerius


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Dem Hause liegen vier Anträge vor. Den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 141 bitten wir dem Haushaltsausschuß zu überweisen. Dem Antrag der SPD Umdruck 11 wird meine Fraktion zustimmen. Sie bittet ihrerseits das Haus, den Anträgen Umdruck 10 und Drucksache 185 — beides Anträge der Koalitionsparteien — zuzustimmen.
    Der Herr Kollege Schmidt hat heute gegen Schluß dieser Sitzung eine persönliche Kontrahage mit dem Kollegen Brück gehabt. Der Herr Kollege Brück ist Beamter der Bundesbahn. Er ist gleichzeitig Abgeordneter und deshalb als Beamter im vorläufigen Ruhestand. Seine Behörde hat ihn jetzt befördert: sie hat ihm den Posten gegeben, der ihm nach Meinung der Behörde, nach seiner Laufbahn und seinen Fähigkeiten zusteht.
    Man kann nun darüber streiten, ob es richtig ist, daß Beamte parteipolitisch tätig werden können, und ob es richtig ist, daß Beamte Abgeordnete werden können. Ich habe immer den Standpunkt vertreten, daß der Beamte dem Staate dient, der Abgeordnete ihn kontrolliert — ein Interessenkonflikt! Nicht zuletzt aber sind es die Wünsche der Sozialdemokratie gewesen, die die allgemeine Meinung gebildet haben, daß man einen Kompromiß suchen müsse und auch dem Beamten Gelegenheit geben solle, die allgemeinen Rechte des Staatsbürgers auszuüben, politisch tätig zu sein und auch Abgeordneter zu werden.
    Daß das zu Konflikten führen kann, wird man zugeben müssen, und wenn man in dieser Frage einen Kompromiß gesucht hat, dann muß man auch hinsichtlich der Laufbahn des Beamten-Abgeordneten bereit sein, einen Kompromiß zu suchen. Der Konflikt ist hier nicht von dem Beamten Brück entschieden worden, sondern, wie es die Bedeutung des Falles gebot, vom Vorstand der Deutschen Bundesbahn, der aus vier sehr maßgeblichen Herren besteht. Diese haben, wie wir hören, einstimmig, den Kollegen Brück befördert. Zu dem Kreis dieser Vier gehört selbstverständlich auch ein Herr aus dem Kreis der Sozialdemokratie. So reduziert sich diese Frage auf eine Frage allgemeinen Charakters, über die wir aber vor Jahren eine Entscheidung getroffen haben. Die Folge dürfen wir heute unter keinen Umständen dem Kollegen Brück persönlich zur Last legen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Schön und gut, eine sachliche Streitfrage. Aber dann kommt das, was die Arbeit in diesem Hause manchmal wirklich fast unerträglich werden läßt. Aus den Worten des Herrn Kollegen Schmidt mußte man den Eindruck gewinnen, er halte es für möglich, daß der Kollege Brück das, was er heute zum Thema Bundesbahn gesagt hat, gesagt haben könne,



    Dr. Bucerius
    weil er vor geraumer Zeit von der Deutschen Bundesbahn befördert worden ist. Meine Damen und Herren, dieses ewige Unterstellen niedriger Motive ist auf die Dauer wirklich nicht mehr zu ertragen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Das nennt Schmidt [Hamburg] doch den „neuen Stil" des Parlaments!)

    Es ist heute im Laufe des Tages vielfach geklagt worden, daß der Deutschen Bundesbahn von ihrem Eigentümer, dem Bund, nicht die Kapitalausstattung gegeben worden sei, auf die sie Anspruch habe. Ich glaube, dem liegt ein Irrtum im Grundsatz zugrunde. Wir haben in der Bundesrepublik tausend und aber tausend Betriebe, deren Eigentümer natürlicherweise den Wunsch gehabt hätten, ihren Betrieben zusätzliches und neues Kapital zuzuführen. Keiner hat es gekonnt, und keiner hat Anspruch darauf. So hat auch die Deutsche Bundesbahn keinen Anspruch gegen irgend jemanden, daß ihr Kapital zugeführt werde. Die Deutsche Bundesbahn ist aus diesem Kriege mit einem Restvermögen hervorgegangen, das sich wahrlich sehen lassen konnte. Wir haben ihr nach dem Kriege ein Verkehrsmonopol gegeben, das sich ebenfalls sehen lassen konnte. Die Startbedingungen der Bundesbahn waren also wahrlich über jeden Zweifel erhaben und gaben ihr alle Möglichkeiten vorwärtszukommen, Möglichkeiten, die kein anderer Bürger je gehabt hat. Deshalb sollte man sich hier nicht über mangelnde Kapitalausstattung beklagen. Wenn wir die Mittel gehabt hätten, hätten wir sie gern in das bundeseigene Vermögen hineingesteckt. Aber Kapital muß von der Volkswirtschaft erarbeitet werden, und wo es nicht erarbeitet werden kann und erarbeitet worden ist, dort kann eben auch kein Vermögen zur Verfügung gestellt werden.
    Freilich kommt eines dazu, und da treffen wir uns mit vielem, was heute auch von unseren sozialdemokratischen Kollegen gesagt worden ist: In der Tat, es fehlt uns die Möglichkeit, heute überhaupt festzustellen, ob die Bundesbahn sich das, was ihr vielleicht vom Bund nicht hat gegeben werden können, zum Teil genommen hat, indem sie über den Preis, nämlich den Tarif, und, was nach 1945 noch wichtiger war, durch die ihr reichlich gegebenen Kontingente ein beträchtliches Vermögen aufgebaut hat. Es ist uns berichtet worden, daß Herr Präsident Oeftering neulich gesagt hat, er könne das eigentlich nicht mehr lange mit ansehen, daß das Defizit der Bundesbahn immer größer, gleichzeitig aber auch ihr Vermögen immer größer werde. In der Tat, eine genaue Abrechnung über das Vermögen der Bundesbahn muß uns beschleunigt gegeben werden. Die Post ist hier mit gutem Beispiel vorangegangen. Die Verpflichtung der Post, Rechnung zu legen, ist nicht geringer, aber auch nicht größer als die der Bundesbahn. Das Bundesbahngesetz befreit die Bundesbahn zwar von manchen formellen Vorschriften, nicht aber von der Beachtung des Grundsatzes, dem deutschen Volk und diesem Haus genau Rechenschaft über ihr Vermögen zu legen.
    An der Spitze der Bundesbahn steht heute ein Mann, der in anderen bundeseigenen Unternehmen an maßgebender Stelle tätig gewesen ist. Wir hoffen sehr, daß dem jahrelangen Aufschub — der, wie ich zugebe, nicht immer verschuldet war — endlich ein Ende gemacht wird und wir recht bald die echte Abrechnung über Einnahmen und Ausgaben und über den Vermögensstand der Bundesbahn erhalten. Das ist der Wunsch, den wir auch heute noch einmal dem Herrn Bundesverkehrsminister vortragen, dem Bundesverkehrsminister, dem wir bei dieser Gelegenheit gern sagen wollen, daß er in dieser Sache wahrlich das Seine getan hat.
    Herr Kollege Schmidt hat zu einer Bemerkung, die aus dem Hause, aus der CDU-Fraktion ihm gegenüber gemacht wurde — nämlich zu der Bemerkung, daß zu den Tarifsteigerungen auch die erhöhten Löhne Anlaß gegeben hätten —, seinerseits erklärt, daß sich daraus ja die Stellung der CDU-Fraktion zur Arbeitnehmerschaft ergebe. Meine Damen und Herren, nichts ist falscher als das.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Schließlich sind ja die Lohnerhöhungen der letzten zehn Jahre unter einer Regierung zustande gekommen, an der die Sozialdemokratie nicht beteiligt gewesen ist.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es wäre also sehr sonderbar, zu behaupten, daß diese Lohnerhöhungen, ja diese allgemeinen Erhöhungen des Lebensstandards in Deutschland ausgerechnet gegen den Willen unserer Fraktion zustande gekommen seien. Wenn wir sie hätten verhindern wollen, hätte es Mittel und Wege genug gegeben. Aber ganz im Gegenteil! Das Ziel der sozialen Marktwirtschaft ist die Steigerung des allgemeinen Lebensniveaus, und kaum je ist in einem Land in einer so kurzen Zeit das Lohnniveau der Allgemeinheit und ihre Fähigkeit zum Verbrauch so angestiegen, wie das bei uns geschehen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es wäre aber falsch, bei den Lohnerhöhungen die notwendige und von uns gewollte Konsequenz — wenn die Ursache gewollt ist, ist auch die Konsequenz gewollt — zu übersehen, nämlich die Konsequenz, daß, wenn wir die Löhne auf breiter Ebene erhöhen, dann auch die Tarife erhöht werden müssen, die auf diesen Dienstleistungen beruhen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, es ist immer wieder dasselbe: aus einer einfachen, nüchternen Herausstellung eines unbestreitbaren volkswirtschaftlichen Zusammenhangs wird uns der Vorwurf der Feindseligkeit gegen breite Massen unseres Volkes unterstellt. Diese Methode der persönlichen Unterstellung ist es, gegen die wir uns immer und zu jeder Stunde zur Wehr setzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist denkbar, daß bestimmte Auswirkungen der Tarifneugestaltung jetzt und in den späteren Jahren in gewissen Gebieten zu weiteren Verkehrszusammenballungen führen werden. Wenn wir kostenecht werden wollen — Herr Müller-Hermann hat schon darauf hingewiesen, daß die Gesetzgebung im Gemeinsamen Markt alle Länder zwingt,



    Dr. Bucerius
    kostenecht zu werden —, wird es auf die Dauer mit der Begünstigung sogenannter revierfern oder verkehrsungünstig gelegener Gebiete schwieriger werden. Daß wir uns auf diesem Gebiete der nationalen Interessen und der Interessen der in Deutschland hinter der allgemeinen Entwicklung aus tausend Gründen zurückgebliebenen Gebiete immer mit äußerster Kraft annehmen werden, ist selbstverständlich. Aber wir werden das auf die Dauer nicht mehr mit einer Gesetzgebung und einer Tarifgestaltung tun, die nicht die echten Kosten berücksichtigt. Dann muß eben mit direkten Maßnahmen geholfen werden. Die deutsche Volkswirtschaft lebt nun einmal nicht in einem abgeschlossenen Paradies. Wir sind einem gnadenlosen Wettbewerb der anderen europäischen Länder, der anderen westlichen Welt, ja einem Wettbewerb der gesamten Welt ausgesetzt. Gehen Sie heute einmal über die Hauptstraßen der deutschen Städte, gehen Sie in Hamburg einmal über die Mönckebergstraße und stellen Sie einmal fest, welche Fertigprodukte aus allen Ländern der Welt, selbst aus Ostasien, hergestellt mit einer Arbeitskraft, die einen Bruchteil von dem kostet, was unsere Arbeitskraft kostet, dort heute schon in allen Läden angeboten werden! Sehen Sie sich einmal an, welch einem Wettbewerb wir dort ausgesetzt sind! Da werden wir noch etwas erleben, daß uns Hören und Sehen vergehen wird!

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Die arbeitsteilige, hochwirksame deutsche Volkswirtschaft wird auch mit dem Problem des Wettbewerbs mit den Entwicklungsländern und deren billiger Arbeitskraft fertig werden; aber unter einer Bedingung: daß wir hier keine Verhältnisse schaffen, wie sie in einem Treibhause herrschen, daß wir hier die frische Luft jedenfalls in dem Maße zulassen, als der Volkskörper es gegenwärtig verträgt. Wenn wir uns zu sehr einhüllen, dann werden wir früher oder später erleben, daß wir vom internationalen Wettbewerb ausgeschaltet werden, und all die Segnungen, die wir heute dem deutschen Volk und seiner Arbeiterschaft geben können, werden dann eines Tages überrannt werden im internationalen Wettbewerb. Wir werden gar nichts mehr behalten, geschweige denn das Paradies, von dem viele glauben, daß wir es uns heute schaffen könnten.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)