Rede von
Dr.
Franz Josef
Strauß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sowohl der Oppositionsführer Kollege Ollenhauer wie auch Kollege Erler haben heute einige Fragen angeschnitten, auf die ich glaube Auskunft geben zu können. Vielleicht ist diese Auskunft nicht so umfangreich, wie erwartet wird; jedenfalls wird sie dem Sachverhalt entsprechen.
Herr Kollege Erler hat drei Thesen aufgestellt. Die erste These lautet, wenn ich sie richtig in Erinnerung habe, die Fortsetzung des Atomwettrüstens bedeute, daß es keine Sicherheit gebe. Man muß ihm recht geben darin, daß es seit der Entwicklung, seit der Produktion und vor allen Dingen seit der zunehmenden, man kann beinahe sagen, Fließbandproduktion nuklearer Waffen, sowohl Kernspaltungswaffen wie Kernverschmelzungswaffen, im technischen Sinne des Wortes überhaupt keine Sicherheit mehr gibt. Sicherheit ist heute nicht mehr allein durch technische Vorkehrungen zu gewinnen, sondern nur mehr im politischen Bereich zu gewinnen, allerdings unter der Voraussetzung, daß bei dieser Politik die oft so sehr geschmähten strategischen Überlegungen, die heute zum Teil von verschiedenen Seiten falsch definiert worden sind, zumindest berücksichtigt werden. Insofern gebe ich dieser ersten These recht. Es gibt im Zeitpunkt der nuklearen Waffen keine technische Sicherheit mehr.
Er hat eine zweite These daran angeschlossen: Solange sich fremde Truppen auf deutschem Boden gegenüberstehen, ist eine Wiedervereinigung praktisch ausgeschlossen. Das brauchte eigentlich nicht der Fall zu sein. Gerade von Ihrer Seite, Herr Kollege Erler, und von der Seite Ihrer Freunde ist ja des öfteren lobend auf Osterreich hingewiesen worden. In Osterreich sind die entscheidenden politischen Schritte zu einem Zeitpunkt getan worden, zu dem sich die Truppen der beiden Blöcke, und zwar beide hochgerüstet und in beträchtlicher Zahl, noch gegenüberstanden. Ich bin mir dabei der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse im österreichischen Fall und im deutschen Fall durchaus bewußt. Man sollte aber auf Ihrer Seite auch anerkennen, daß eine österreichische Lösung, wie auch die verantwortlichen österreichischen Staatsmänner einem jederzeit bestätigen, überhaupt nur möglich gewesen ist, weil auf der andern Seite ein starkes abwehrfähiges Bündnis zur Sicherung der österreichischen Lösung erhalten geblieben ist.