Strategie ist ein militärisches Wort. Das Wort „strategisch" hat damit nichts zu tun, sondern es ist eine Frage der Höhe des Kriegspotentials,
der Wirtschaft also und natürlich der Menschen, die dazugehören.
Nun muß ich sagen, alles, was der polnische Außenminister gesagt hat, ist so vage und so andeutungsweise — wir haben es sehr sorgfältig zusammengestellt —, daß wir damit gar nichts anfangen können. Aber Bulganin kommt darauf zurück, und er schließt, wie soeben schon betont worden ist, für uns Deutsche darin ein den Verzicht auf die Wiedervereinigung durch die Anerkennung der DDR als souveränen Staates. Machen Sie sich bitte klar, was das wirklich bedeutet: daß wir auf die Wiedervereinigung für eine unabsehbare Zeit werden verzichten müssen.
Denn sollten wir Deutschen, die wir doch das allererste Recht auf die Wiedervereinigung haben, jemals wieder, wenn wir jetzt für eine unbegrenzte Zeit darauf verzichten, erwarten können, daß eines Tages die Engländer, die Franzosen, die Amerikaner kommen und sagen: So, jetzt wollen wir ein-. mal an die Wiedervereinigung gehen? Meine Damen und Herren, dann ist es damit vorbei.
— Dann ist es damit vorbei! Bulganin verlangt es ja von uns. Ich werfe es ja Ihnen nicht vor, sondern ich sage: Bulganin verlangt das von uns mit der völkerrechtlichen Anerkennung der sogenannten DDR, und das ist eben für uns völlig unmöglich.
Nun bin ich nicht etwa ein restloser Pessimist, obgleich ich mir über die Schwierigkeit der Situation und die große Gefahr sehr klar bin. Aber ich kann mich dem Gedanken nicht verschließen, daß auch Sowjetrußland in seiner Arbeit eine Pause einlegen muß, eine Pause von 10, 20, 30 Jahren. Das müssen wir zu erkunden versuchen, und dann müssen wir sehen, daß wir zu einem Modus vivendi in einer kontrollierten Abrüstung kommen in der Hoffnung, daß dann im Laufe einer Entwicklung, die sich, wie ich soeben schon sagte, über eine Reihe von Jahren erstrecken könnte, auch in Sowjetruß-land der Gedanke, daß der Kommunismus die Welt erobern müsse, abnimmt oder ganz schwindet. Wenn wir das aber erreichen wollen, müssen wir das wertvollste Gut, das der Westen hat, bewahren, und das ist die Einigkeit und Geschlossenheit.
Sowjetrußland schöpft aus jedem Anzeichen, daß wir sowohl innerhalb der NATO wie auch innerhalb der einzelnen NATO-Länder nicht einig und geschlossen sind, Hoffnung.
Darum ist es, glauben Sie mir, unsere vornehmste Pflicht, einig zu sein im Widerstand, einig zu sein im Versuch, zur Abrüstung und zum Frieden zu kommen. Wir werden das Ziel um so eher erreichen, je einiger wir sind.
Zum Schluß möchte ich noch an meinen verehrten Kollegen Maier ein Wort richten.
Er hat zum Schluß so nett etwas von dem „alten Hut" gesagt. Nun, verehrter Kollege Maier, ich meine, es wird Ihnen nicht zu Unrecht die gutwürttembergische Tugend der Sparsamkeit nachgesagt, und darum dürften Sie an dem Alter des Huts keinen Anstoß nehmen.