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ID0219202700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2192

  • date_rangeDatum: 8. Februar 1957

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    2. Deutscher Bundestag — 192. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Februar 1957 10927 192. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Februar 1957. Änderungen der Tagesordnung 10928 A Fragestunde (Drucksache 3154): 10. Frage des Abg. Ritzel (SPD) betr. Benutzung des Flugplatzes Babenhausen durch deutsche Segelflieger: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10928 A, C Ritzel (SPD) 10928 B 13. Frage des Abg. Kahn-Ackermann (SPD) betr. Arbeiterrückfahrkarten für kinderlose geschiedene Ehefrauen von ihrem Arbeitsort zu ihrem Wohnsitz: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10928 C, 10929 A, B Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 10929 A, B 14. Frage der Abg. Frau Rudoll (SPD) betr. Gültigkeit der Sonntagsrückfahrkarten ab Freitagabend 18 Uhr: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 10929 B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Körperbehindertengesetz) (Drucksachen 3171, 1594, 2885, 3049) 10928 A, 10929 C Dr. Klein, Senator des Landes Berlin, Berichterstatter 10929 C Könen (Düsseldorf) (SPD) 10930 A Beschlußfassung 10930 B Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes (Drucksache 3039) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Fünften Strafrechtsänderungsgesetzes (Drucksache 3067) 10930 B Haasler (CDU/CSU) 10930 C Dr. von Merkatz, Bundesminister der Justiz 10932 D Platner (DP) 10936 D Dr. Gille (GB/BHE) 10937 C Dr. Arndt (SPD) 10938 C, 10944 C Strauß, Bundesminister für Verteidigung 10938 D, 10945 C Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) 10947 D, 10948 A Überweisung an den Rechtsausschuß . . 10948 A Zweite Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksache 2181); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (Drucksache 3126, Umdrucke 935, 936, 937 [neu], 939 [neu], 944) 10948 A §§ 1-42: Dr. Götz (CDU/CSU) : als Berichterstatter 10948 B Schriftlicher Bericht 10960 C als Abgeordneter 10951 B, 10952 D, 10956 A Lotze (CDU/CSU) . . . . 10950 A, 10958 B, 10959 C Dr. Kliesing (CDU/CSU) . . 10950 C, 10954 C Merten (SPD) . 10951 A, C, 10955 D, 10956 B, 10957 D, 10958 D Dr. Mende (FDP) 10953 D Berendsen (CDU/CSU) 10957 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) 10958 C Dr. Kleindinst (CDU/CSU) . . . 10959 B Abstimmungen . . . . 10950 D, 10951 C, 10953 C, 10955 B, 10956 C Feststellung der Beschlußunfähigkeit . 10959 D Weiterberatung vertagt 10959 D Nächste Sitzung 10959 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 10960 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung über den Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Drucksache 3126) 10960 C Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Umdruck 935, erster Teil) 10967 D Anlage 4: Änderungsantrag des Abg. Lotze zum Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Umdruck 937 [neu], erster Teil) 10968 B Anlage 5: Änderungsantrag der Fraktion der FDP zum Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Umdruck 939 [neu]) 10968 C Anlage 6: Änderungsantrag der Abg. Dr. Kliesing, von Manteuffel (Neuß), Dr. Reichstein, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. zum Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (Umdruck 944) 10968 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 3. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 16. 2. Arnholz 15. 2. Bals 4. 3. Dr. Bärsch 8. 2. Dr. Bartram 8. 2. Bazille 8. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 8. 2. Dr. Blank (Oberhausen) 8. 2. Dr. Bleiß 8. 2. Böhm (Düsseldorf) 9. 2. Frau Brauksiepe 16. 2. Brese 8. 2. Brockmann (Rinkerode) 8. 2. Dr. Brühler 8. 2. Dr. Bucerius 8. 2. Cillien 2. 3. Dr. Conring 8. 2. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Deist 8. 2. Diedrichsen 9. 2. Eberhard 28. 2. Dr. Elbrächter 8. 2. Freidhof 8. 2. Frau Dr. Gantenberg 8. 2. Gedat 8. 2. Gefeller 8. 2. Gibbert 9. 2. Dr. Gleissner (München) 8. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Gülich 9. 2. Held 8. 2. Dr. Hellwig 8. 2. Dr. Hoffmann 8. 2. Höfler 28. 2. Hoogen 8. 2. Dr. Jentzsch 8. 2. Kemmer (Bamberg) 8. 2. Klingelhöfer 8. 2. Dr. Köhler 2. 3. Frau Korspeter 2. 3. Dr. Kreyssig 8. 2. Kühn (Bonn) 11. 2. Leibing 8. 2. Dr. Leiske 8. 2. Lenz (Brühl) 8. 2. Dr. Lenz (Godesberg) 8. 2. Dr. Leverkuehn 8. 2. Dr. Lindenberg 8. 2. von Manteuffel (Neuß) 8. 2. Mauk 8. 2. Menke 8. 2. Mensing 8. 2. Meyer (Oppertshofen) 8. 2. Meyer-Ronnenberg 23. 2. Dr. Miessner 13. 2. Dr. Mommer 8. 2. Neuburger 8. 2. Neumayer 16. 3. Odenthal 15. 2. Dr. Oesterle 8. 2. Paul 8. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 8. 2. Dr. Preller 8. 2. Dr. Reif 8. 2. Reitzner 8. 2. Richter 8. 2. Dr. Rinke 1. 3 Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Röder 8. 2. Dr. Schild (Düsseldorf) 8. 2. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Schmitt (Vockenhausen) 8. 2. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Spörl 8. 2. Dr. Starke 8. 2. Struve 8. 2. Voß 8. 2. Dr. Wahl 8. 2. Walz 8. 2. Dr. Weber (Koblenz) 23. 2. Wedel 8. 2. Dr. Willeke 9. 2. Anlage 2 Drucksache 3126 (Vgl. S. 10948 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (6. Ausschuß) über den Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksache 2181). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Götz Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag in seiner 138. Sitzung vom 23. März 1956 den Entwurf einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) - Drucksache 2181 - mit Begründung vorgelegt, der - federführend - dem Ausschuß für Verteidigung und zur Mitberatung dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und dem Ausschuß für Beamtenrecht überwiesen wurde. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht befaßte sich in fünf Sitzungen vor allem mit den verfassungsrechtlichen und rechtspolitischen Problemen des Gesetzentwurfs und hat seine Stellungnahme mit Schreiben vom 19. November 1956 dem federführenden Ausschuß mitgeteilt. Ein aus Mitgliedern des Ausschusses für Verteidigung und des Ausschusses für Beamtenrecht gebildeter Unterausschuß hat in vier Sitzungen den Entwurf eingehend vorberaten und seine Beratungsergebnisse dem Ausschuß für Verteidigung zur Verhandlung und Beschlußfassung vorgelegt. Der Verlauf und das Ergebnis der Verhandlungen wird den Mitgliedern des Deutschen Bundestages im nachstehenden Bericht zur Kenntnis gebracht. I. Allgemeines Nach dem Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) soll Näheres über die Disziplinargewalt der militärischen Vorgesetzten und über die Bestrafung von Dienstvergehen durch ein besonderes Gesetz geregelt werden (§ 23). Diesem Zweck dient der vorliegende Gesetzentwurf. Das Soldatengesetz bestimmte, daß bis zum Erlaß einer eigenen Wehrdisziplinarordnung die für Beamte geltende Bundesdisziplinarordnung auch für Soldaten Anwendung findet (§ 64). Der Bericht des Unterausschusses Innere Führung vom 12. September 1956 über die Anwendung der Bundesdisziplinarordnung durch die militärischen Vorgesetzten in der ab 1. April 1956 geltenden Fassung (ZDv 10/10) enthält die Bemerkung: ,,. . . Die Anwendung der Bundesdisziplinarordnung auf die Soldaten ist eine ausgesprochene Notlösung und (Dr. Götz) wirklich nur für eine Übergangszeit vertretbar. Die Bundesdisziplinarordnung ist soldatenfremd, d. h. ihre Bestimmungen tragen den eigentümlichen Verhältnissen beim Wehrdienst nicht ausreichend Rechnung. Die vorgesehene Regelung ist nur möglich, solange Soldaten als Freiwillige einberufen werden, die selbst interessiert sein dürften, die Pflichten des Soldaten ohne Beanstandungen zu erfüllen Aus diesem Grunde ist es zwingend erforderlich, daß bis zur Einziehung der ersten wehrpflichtigen Soldaten eine eigene Wehrdisziplinarordnung beschlossen wird." Diesen Erfahrungen und den Besonderheiten des militärischen Dienstes Rechnung tragend hat der Ausschuß für Verteidigung in seiner Sitzung vom 12. Dezember 1956 einstimmig beschlossen, das Disziplinarrecht für Soldaten in einer eigenen Wehrdisziplinarordnung, die dem Wesen des soldatischen Dienstes gerecht wird, die Erfahrungen der Vergangenheit berücksichtigt und die rechtsstaatlichen Forderungen beachtet, zu regeln. Er hat es nicht für zweckmäßig gehalten, einer für Bundesbeamte und Soldaten einheitlichen Regelung in einer novellierten Bundesdisziplinarordnung den Vorzug zu geben. Zwar ist die Rechtsstellung des Soldaten nach dem Soldatengesetz weitgehend beamtenrechtlichen Grundsätzen angenähert, aber Soldatentum und Beamtentum weisen zugleich tiefgehende Wesensverschiedenheiten auf. Insbesondere hat die Disziplin für die Truppe und ihre Schlagkraft eine andere und weitergehende Bedeutung als für das Beamtentum. Diese Tatsachen rechtfertigen nach Auffassung des Verteidigungsausschusses — eine disziplinarrechtliche Sonderregelung für Soldaten. Die von der Bundesregierung im Entwurf vorgelegte Wehrdisziplinarordnung paßt sich in vielen Bestimmungen, vor allem für das disziplinargerichtliche Verfahren, weitgehend an die für Bundesbeamte geltende Bundesdisziplinarordnung an und berücksichtigt sowohl althergebrachte bewährte Grundsätze als auch neue Gedanken, die sich aus dem Bestreben, den Rechtsstaat auch im militärischen Bereich zur verwirklichen, ergeben haben. Über die dem Entwurf zugrunde liegenden neuen Gedanken geben die in der Denkschrift „Vom künftigen deutschen Soldaten" niedergelegten grundsätzlichen Auffassungen und der Bericht der Arbeitsgruppe III für die Disziplinarordnung und Beschwerdeordnung Aufschluß. Die Disziplinarordnung will nicht nur eine Verfahrensordnung für die Bestrafung von Dienstvergehen sein, sondern ein Erziehungsmittel, durch das der Soldat zur gewissenhaften Erfüllung seiner Dienstpflichten angehalten und auf den von ihm im Ernstfall erwarteten harten Einsatz vorbereitet wird. Zu dem Mittel der Strafe soll in der Regel erst dann gegriffen werden, wenn Belehrung, Ermahnung und Zurechtweisung erfolglos geblieben sind. Erziehungsmittel sind nicht nur Tadel und Strafe, sondern auch Lob und Anerkennung. Der Gesetzentwurf bringt als eine der Neuerungen im Disziplinarrecht die förmliche Anerkennung für vorbildliche Pflichterfüllung und hervorragende Einzeltaten. Sie stellt eine besondere Auszeichnung dar und soll nur bei außergewöhnlichen Leistungen ausgesprochen werden. Die förmliche Anerkennung besonderer Leistungen gibt dem Disziplinarvorgesetzten die Möglichkeit, auf seine Untergebenen auch in dieser Weise zur Förderung und Aufrechterhaltung der Disziplin erzieherisch wirken zu können. Der Bundesrat hielt zwar die Anerkennung von hervorragenden Leistungen für notwendig, vertrat aber die Auffassung, daß sie nicht gesetzlich geregelt werden sollte. Der Ausschuß für Verteidigung hat sich einstimmig der Meinung der Bundesregierung angeschlossen, wonach durch die Regelung im Gesetz zum Ausdruck gebracht werden soll, daß die Anerkennungen als gleichwertige Einwirkungsmöglichkeiten neben den Disziplinarstrafen stehen. Der Entwurf beschränkt sich auf wenige grundlegende Bestimmungen, die unbedenklich durch Verwaltungsanordnungen oder Dienstvorschriften ergänzt werden können, da auf diesem Gebiet in bestehende Rechte nicht eingegriffen wird. Da der Entwurf außer der Disziplinarbestrafung auch die Anerkennung regelt, kommt sinnfällig darin zum Ausdruck, daß es sich bei diesem Gesetz nicht wie früher um eine Wehrdisziplinarstrafordnung, sondern um eine Wehrdisziplinarordnung handelt. Den Pflichtenkreis des Soldaten und den Begriff des Dienstvergehens bestimmt das Soldatengesetz. Die Wehrdisziplinarordnung legt nur die Strafen fest, die wegen Dienstvergehen verhängt werden können und regelt das Verfahren bei ihrer Anwendung. Hinsichtlich der Disziplinarstrafen unterscheidet das Gesetz nach Zweck und Bedeutung zwei Gruppen: Einfache Disziplinarstrafen und Laufbahnstrafen. Die einfachen Disziplinarstrafen von dem zuständigen Disziplinarvorgesetzten verhängt werden. Laufbahnstrafen kann nur ein Wehrdienstgericht aussprechen. Beim Verhängen einfacher Disziplinarstrafen durch die militärischen Vorgesetzten (Zweiter Abschnitt des Zweiten Teils) knüpft das Gesetz an die Regelung in der früheren Wehrmacht an. An wichtigen Neuerungen ist jedoch besonders hervorzuheben, daß gegen jede Bestrafung ein unabhängiges Gericht (Wehrdienstgericht) angerufen werden kann, ferner, daß der Disziplinargewalt der Vorgesetzten nur die aktiven Soldaten, also nicht mehr — wie früher — Beamte und Angestellte bei den Streitkräften und ebensowenig Angehörige der Reserve unterworfen sind, und endlich, daß die Strafen gegen alle Dienstgrade gleich sind, also kein Unterschied mehr zwischen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften gemacht wird. Zu erwähnen sind hierbei noch einige weitere Abweichungen vorn früheren Disziplinarrecht, die zwar von weniger grundlegender Bedeutung sind, aber sich in gleicher Weise zum Schutz der Untergebenen auswirken; der Disziplinarvorgesetzte darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr sofort, sondern erst nach Ablauf einer Nacht verhängen. Höhere Vorgesetzte dürfen auch bei Verstößen, die unter ihren Augen oder gegen ihr dienstliches Ansehen begangen sind, nicht mehr ohne weiteres selbst strafen; auch in diesen Fällen steht die Strafbefugnis dem nächsten Disziplinarvorgesetzten zu, der seine Untergebenen am besten kennt und beurteilen kann. Arrest soll nur noch als äußerstes Mittel in der Hand des Disziplinarvorgesetzten angewandt werden; verhängen kann ihn nur der nächsthöhere Vorgesetzte, dem der nächste Disziplinarvorgesetzte den Fall melden muß. Außerdem muß beim Verhängen von Arrest ein Richter mitwirken. Das disziplinargerichtliche Verfahren und die ihm vorbehaltenen Laufbahnstrafen (Dritter Abschnitt des Zweiten Teils) sind im militärischen Bereich ohne Vorgang. Früher konnten auch Berufssoldaten ohne gerichtliches Verfahren im Verwaltungswege entlassen werden. Die Einführung eines geordneten gerichtlichen Verfahrens für den (Dr. Götz) Ausspruch von Laufbahnstrafen bedeutet eine wichtige Erweiterung des Rechtsschutzes der Soldaten. Das Gesetz lehnt sich bei dem System der Laufbahnstrafen und bei der Gestaltung des Verfahrens stark an das geltende Beamtendisziplinarrecht der Bundesdisziplinarordnung an. Laufbahnstrafen können in beschränktem Umfang (Kürzung und Aberkennung des Ruhegehalts sowie Dienstgradherabsetzung) auch gegen Soldaten im Ruhestand, Dienstgradherabsetzung auch gegen Angehörige der Reserve verhängt werden. Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Bestimmungen kam trotz weitgehender inhaltlicher Übereinstimmung mit den Vorschriften der Bundesdisziplinarordnung eine schlichte Verweisung auf jenes Gesetz nicht in Frage. Zunächst weicht die Wehrdisziplinarordnung in einem wesentlichen Punkt von dem Verfahren der Bundesdisziplinarordnung ab: Dort werden die Beweise zum überwiegenden Teil in einem Vorverfahren, nämlich in der Voruntersuchung, erhoben, und das erkennende Gericht stützt sich weitgehend auf die im Vorverfahren protokollarisch festgehaltenen Ergebnisse. Die Wehrdisziplinarordnung geht dagegen von dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme vor dem erkennenden Gericht aus. Daraus ergeben sich Folgerungen u. a. für die Frage, inwieweit der Beschuldigte in der Hauptverhandlung anwesend sein muß und unter welchen Voraussetzungen ohne ihn verhandelt werden kann. Hervorzuheben ist ferner, daß dem Beschuldigten u. U. auch ein Verteidiger von Amts wegen beigeordnet werden kann und in bestimmten Fällen beigeordnet werden muß. Auch die Bestimmungen über die Kostenpflicht weichen bedeutsam von der Regelung der Bundesdisziplinarordnung ab. Kosten werden nur im disziplinargerichtlichen Verfahren erhoben. Im Verfahren gegen Beschuldigte, die nicht Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit oder Soldaten im Ruhestand sind, ist das Gericht ermächtigt, von der Auferlegung von Kosten überhaupt abzusehen. Im übrigen soll das Gesetz auch in diesem Abschnitt soweit wie möglich aus sich heraus verständlich sein und auch dem davon betroffenen Soldaten ein Bild von dem Gang des Verfahrens vermitteln. Besonders eingehend hat der Ausschuß die Organisation der Wehrdienstgerichte erörtert. Die Schaffung von Wehrdienstgerichten hat ihre verfassungsmäßige Grundlage in Artikel 96 Abs. 3 GG in der Fassung vom 19. März 1956. Danach ist der Bund ermächtigt, für Dienststrafverfahren gegen Soldaten und für Verfahren über Beschwerden von Soldaten Bundesdienstgerichte zu errichten. Als Wehrdienstgerichte 1. Instanz sollen nach der einmütigen Auffassung des Ausschusses Truppendienstgerichte errichtet werden, die zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung gehören und in Aufbau und Zuständigkeit der Gliederung der Streitkräfte angepaßt sind. Bezüglich der oberen Instanz hat sich der Verteidigungsausschuß einer Stellungnahme des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht angeschlossen. Danach sollen für Wehrdisziplinar- und Beschwerdesachen bei dem Bundesdisziplinarhof besondere Senate (Wehrdienstsenate) eingerichtet werden. In den Schlußvorschriften sind einige Bestimmungen verschiedenen Inhalts zusammengefaßt, so über eine richterliche Untersuchung bei der Entlassung von Soldaten auf Zeit im Verwaltungswege, über ein gerichtliches Verfahren bei der Entlassung von ehemaligen Angehörigen der früheren Wehrmacht und über den Verlust der Rechte aus dem Gesetz nach Artikel 131 GG im Falle disziplinargerichtlicher Verurteilung, ferner über die Bindung der Gerichte an disziplinare Entscheidungen, über das Gnadenrecht in Wehrdisziplinarsachen, über die Zulassung von Verwaltungsjuristen als Richter bei den Truppendienstgerichten und über die Überleitung anhängiger Verfahren. II. Die einzelnen Bestimmungen Angesichts des Umfanges der Vorlage und mit Rücksicht darauf, daß der Ausschuß in weitem Umfange der Regierungsvorlage gefolgt ist, beschränkt sich der Bericht im folgenden auf die Behandlung derjenigen Bestimmungen, in denen der Ausschuß zu abweichenden Ergebnissen gekommen ist. EINLEITENDE BESTIMMUNG Geltungsbereich Zu §1 § 1 bestimmt den sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes. Die Bezeichnung „Disziplinarverstoß" wurde in Anpassung an das Soldatengesetz durchgehend durch die Bezeichnung „Dienstvergehen" ersetzt. Ein Dienstvergehen ist nach § 23 des Soldatengesetzes jede schuldhafte Verletzung der Pflichten des Soldaten. Als Dienstvergehen gilt nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses die Verletzung bestimmter nachfolgender Pflichten, z. B. die Pflicht zur Verschwiegenheit, bei Offizieren und Unteroffizieren eine Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes sowie unwürdiges Verhalten, das einer Wiederverwendung als Vorgesetzter entgegensteht, bei Soldaten im Ruhestand die Nichtbefolgung einer erneuten Berufung in das Dienstverhältnis. ERSTER TEIL Würdigung besonderer Leistungen durch Anerkennungen Zu §2 § 2 regelt die Voraussetzungen und die Arten der Anerkennung. Der Ausschuß war einmütig der Auffassung, daß etwaige Vorschriften über die Entschädigung für Erfindungen von Arbeitnehmern durch diese Bestimmungen unberührt bleiben. Absatz 2 zählt die Arten der Anerkennung zwar erschöpfend auf, doch schließt er die Erteilung von formlosen Anerkennungen, z. B. Diensterleichterungen, nicht aus. Daher ist der Ausdruck „Anerkennung" durch „förmliche Anerkennung" ersetzt worden. Der Ausschuß hält als Art der Anerkennung die Erwähnung im Kompanie- oder Tagesbefehl bzw. im Verordnungsblatt der Bundeswehr für ausreichend und hat daher die besondere Form der Aushändigung von Anerkennungsurkunden für entbehrlich gehalten. Zu Absatz 3 hält es der Ausschuß für erwünscht, daß bei Erteilung von Sonderurlaub in Verbindung mit einer Anerkennung dem Soldaten gegebenenfalls die für die Urlaubszeit erforderlichen finanziellen Mittel vom Bundesminister für Verteidigung gewährt werden, dem dafür die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden sollten. (Dr. Götz) Zu § 3 Infolge Wegfalls der Anerkennungsurkunden ergab sich eine Vereinfachung in der Abstufung der Befugnisse zum Erteilen von Anerkennungen. Zu § 4 Absatz 1 gibt den Disziplinarvorgesetzten Richtlinien, unter welchen Voraussetzungen eine Anerkennung erteilt werden kann. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen und der Vertrauensmann zu hören. Die Bestimmung ist nach Auffassung des Ausschusses geeignet, einer mißbräuchlichen Handhabung entgegenzuwirken. Zu § 5 § 5 regelt die Voraussetzung für den Widerruf von Anerkennungen. Der Ausschuß hat die Fassung des Bundesrates übernommen. ZWEITER TEIL Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarstrafen ERSTER ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen Zu § 6 Die Bestimmung regelt das Verhältnis des Disziplinarrechts zum Strafrecht. Die Bestimmung stellt den Grundsatz auf, daß einfache Disziplinarstrafen neben gerichtlichen Strafen wegen derselben Tat nicht zulässig sind, wohl aber Laufbahnstrafen. Dies sind diejenigen Disziplinarstrafen, die nur durch ein Gericht verhängt werden können. Die Bezeichnung dieser Gerichte ist in Anpassung an Artikel 96 Abs. 3 GG von „Wehrdisziplinargerichte" in „Wehrdienstgerichte" geändert (Absatz 2). Zu § 7 Absatz 1 enthält den das gesamte Disziplinarrecht beherrschenden Grundsatz der Ermessensfreiheit (Opportunitätsprinzip). In Absatz 2 wurde die Frist, nach deren Ablauf eine einfache Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden darf, von sechs auf drei Monate herabgesetzt, weil im militärischen Bereich die Strafe der Tat möglichst auf dem Fuße folgen soll und eine nach längerer Frist verhängte Strafe ihre Wirkung verfehlen würde. Als Strafverfahren, während dessen Schweben die Frist nicht läuft, ist auch das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren anzusehen. Zu § 8 § 8 enthält den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens und seiner einheitlichen Bestrafung. Absatz 2 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 9 § 9 regelt die vorläufige Festnahme aus disziplinaren Gründen. Absatz 1 enthält die Voraussetzungen der vorläufigen Festnahme. Der Ausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, die Fassung der Regierungsvorlage mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß der letzte Halbsatz lautet: „ .... wenn es die Aufrechterhaltung der Disziplin gebietet." Es wurde nicht für erforderlich gehalten, im Gesetz besonders zu erwähnen, daß der Vorgesetzte zuvor die zur Festnahme führenden Umstände pflichtgemäß prüft. Diese Pflicht ergibt sich bereits aus der jetzt gewählten Fassung. Die Absätze 2 bis 4 wurden in der Fassung des Bundesrates angenommen. Der Absatz 2 bestimmt, welchen Soldaten außer den Disziplinarvorgesetzten die Befugnis zur Festnahme zusteht. Der Ausschuß hat die Befugnis zur Festnahme in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 weiter eingeschränkt; sie soll auch dann nicht gegeben sein, wenn ein Angehöriger des militärischen Ordnungsdienstes sofort erreichbar ist. ZWEITER ABSCHNITT Die Disziplinargewalt der Disziplinarvorgesetzten und ihre Ausübung 1. Einfache Disziplinarstrafen Zu § 10 § 10 zählt die einfachen Disziplinarstrafen erschöpfend auf. Bei der Ausgestaltung des Strafensystems knüpft das Gesetz weitgehend an frühere Regelungen an. Der Ausschuß hat sich besonders eingehend mit den Strafen der Soldverwaltung, der Geldbuße und des Arrestes befaßt. Zu § 12 Der Ausschuß hält die Soldverwaltung in bestimmten Fällen für ein durchaus zweckmäßiges Erziehungsmittel. Absatz 2 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 13 Eine Herabsetzung des Höchstbetrages der Geldbuße erschien dem Ausschuß mit Rücksicht auf die Möglichkeit von Teilzahlungen (§ 37 Abs. 2) nicht erforderlich. Unter Dienstbezügen sind nur Einkünfte des Bestraften in seiner Eigenschaft als Soldat anzusehen. Die nähere Bestimmung der Begriffe „Dienstbezüge" und „Sold" ist nach § 120 einer Rechtsverordnung vorbehalten. Zu § 15 § 15 regelt den disziplinaren Arrest. Ein Antrag, den Arrest wie die Laufbahnstrafen dem disziplinargerichtlichen Verfahren vorzubehalten, wurde mit Mehrheit abgelehnt, da der Arrest sonst zu sehr in die Nähe des strafgerichtlichen Arrestes gerückt würde und außerdem ein Verfahren, das vom Divisionskommandeur eingeleitet werden müßte und eine gerichtliche Hauptverhandlung erforderte, zu schwerfällig und langwierig wäre. 2. Disziplinargewalt Zu § 16 § 16 gibt eine Begriffsbestimmung der Disziplinargewalt und bestimmt, welchen Vorgesetzten die (Dr. Götz) Disziplinargewalt zusteht oder verliehen werden kann. Zu Absatz 3 wurde die Frage, ob die Sonderregelung hinsichtlich der Disziplinargewalt der Sanitätsoffiziere auf andere Fachvorgesetzte ausgedehnt werden soll, geprüft und verneint. Zu § 17 § 17 bestimmt die Stufen der Disziplinargewalt. Ein Antrag, dem Kompaniechef die Disziplinargewait gegen Offiziere in dem gleichen Umfang zu geben wie gegen Unteroffiziere und Mannschaften, wurde mit Mehrheit abgelehnt. Zu § 19 § 19, der die Zuständigkeit des nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten regelt, wurde in der redaktionell veränderten Fassung des Bundesrates und der Stellungnahme der Bundesregierung hierzu angenommen. 3. Ausübung der Disziplinargewalt Zu § 21 § 21 befaßt sich mit der Prüfungspflicht des Disziplinarvorgesetzten beim Verhängen einer Disziplinarstrafe. Die Bestimmung wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. In Absatz 1 wurde durch die Fassung klargestellt, daß die Bestimmung die Befugnis des Disziplinarvorgesetzten zur Anwendung anderer Maßnahmen als Disziplinarstrafen nicht erweitert. Absatz 4: Von einer Umgestaltung der Sollvorschrift über die Anhörung des Vertrauensmannes in eine Mußvorschrift wurde abgesehen, da der Disziplinarvorgesetzte auch bei einer Sollvorschrift gegen seine Dienstpflichten verstößt, wenn er die Anhörung des Vertrauensmannes unterläßt. Zu § 22 § 22 enthält nähere Bestimmungen über das Verhältnis zum Strafverfahren. Dem Absatz 1 stimmt der Ausschuß in der Regierungsvorlage zu mit der Maßgabe, daß der Begriff „Straftat" durch „strafgerichtlich zu verfolgende Handlung" ersetzt wird. Dadurch soll insbesondere klargestellt werden, daß hei Straftaten, die nur auf Antrag verfolgt werden, die Abgabe an die Strafverfolgungsbehörde nicht geboten ist, wenn kein Strafantrag gestellt ist. Zu § 26 war der Ausschuß der Auffassung, daß bei Art und Maß der Strafe auch die Eigenart des Dienstvergehens zu berücksichtigen ist. Zu § 28 § 28 sieht gemäß dem Grundsatz des Artikels 104 Abs. 2 GG die Mitwirkung des Richters beim Verhängen der Arreststrafe vor. Um klarzustellen, daß der Richter nicht nur die formelle Zulässigkeit des Arrestes zu prüfen hat, sondern auch die Frage, ob der Disziplinarvorgesetzte sein Ermessen mißbraucht oder überschreitet, wurde der Ausdruck „zulässig" bzw. „Zulässigkeit" durch „rechtmäßig" bzw. „Rechtmäßigkeit" ersetzt. Absatz 4 wurde in der Fassung des Bundesrates und der Stellungnahme der Bundesregierung hierzu angenommen. 5. Nochmalige Prüfung Zu § 31 Der Ausschuß hat in Übereinstimmung mit einem Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht die Bestimmung des Absatzes 4, wonach Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer nicht mehr anfechtbaren Disziplinarstrafe nur innerhalb eines Jahres zulässig sein sollten, gestrichen. Zu § 32 § 32 regelt die Pflicht der höheren Disziplinarvorgesetzten zur Dienstaufsicht, insbesondere die Pflicht, rechtswidrig verhängte Disziplinarstrafen in den im einzelnen aufgeführten Fällen aufzuheben. Der Ausschuß war der Auffassung, daß eine Änderung gesetzlich unzulässiger Strafen in eine „nächstmildere" nicht in Betracht kommt und hat daher die entsprechende Stelle im Regierungsentwurf gestrichen. Dadurch ergab sich eine Umstellung des verbliebenen Absatzes 3 als Nr. vor 1 des Absatzes 2. Andererseits soll im Gesetz selbst klargestellt werden, daß die Aufhebung einer Bestrafung wegen Verfahrensmängeln eine neue zulässige Bestrafung nicht hindert. Dies ist in dem neu eingefügten Absatzes 4 a zum Ausdruck gebracht. 6. Vollstreckung Zu § 37 § 37 regelt die Vollstreckung von Geldbußen. Dabei wurde in Absatz 4 Satz 2 bestimmt, daß dem Bestraften außer den notwendigen Mitteln zum Unterhalt für ihn und seine Familie auch die Mittel zur Erfüllung sonstiger gesetzlicher Unterhaltspflichten zu belassen sind. Zu § 38 In § 38, der die Vollstreckung von Arreststrafen regelt, wurde als Absatz vor 1 eine Bestimmung eingefügt, die im Hinblick auf § 30 Nr. 1 den Beginn der Arrestvollstreckung zweifelsfrei klarstellt. Absatz 3, wonach die Dienstbezüge und der Sold während des Arrestvollzugs gekürzt werden sollten, wurde gestrichen, weil darin eine unbillige Verschärfung der Strafe erblickt wurde. Zu § 40 § 40 regelt die Vollstreckung von Geldbußen und Arreststrafen im Zusammenhang mit dem Entlassungstag. Absatz 2 erhält auf Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht den Zusatz, daß die sofortige Vollstreckung des Arrestes nur zulässig ist, wenn sie der Richter angeordnet hat. 7. Disziplinarbücher, Tilgung Zu § 42 § 42 enthält Bestimmungen über Disziplinarbücher und über die Tilgung von Strafen und An- (Dr. Götz) erkennungen. Disziplinarbücher sind für Unteroffiziere und Mannschaften, Personalakten für Offiziere und für alle Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit in Aussicht genommen. Soweit gleichzeitig Disziplinarbücher und Personalakten geführt werden, soll die Eintragung an beiden Stellen erfolgen. Um zu vermeiden, daß insbesondere Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses aus der Mitteilung von einfachen Disziplinarstrafen an Stellen außerhalb der Bundeswehr Nachteile entstehen, hat der Ausschuß mit Mehrheit als Absatz 3 a eine Bestimmung eingefügt, wonach solche Mitteilungen nicht erteilt werden dürfen, sofern es sich nicht um Mitteilungen im Strafverfahren an Staatsanwaltschaften und Gerichte handelt. DRITTER ABSCHNITT Das disziplinargerichtliche Verfahren 1. Laufbahnstrafen Zu § 43 § 43 zählt die Laufbahnstrafen auf und enthält weitere Bestimmungen über die Disziplinarstrafen, die von den Wehrdienstgerichten verhängt werden können. Die Überschrift wurde entsprechend der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Vorschlägen des Bundesrates geändert. Zu § 48 § 48 bestimmt die Folgen der Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Entsprechend einem Vorschlag des Bundesrates wurde in Absatz 2 vorgesehen, daß das Gericht auf Dienstgradherabsetzung erkennen kann, wenn ihm der Verlust des Dienstgrades zu hart erscheint. Zu § 50 Der Ausschuß hat diese Bestimmung ersatzlos gestrichen. Nach § 51 Abs. 4 des Soldatengesetzes endet der Ruhestand, wenn ein Berufssoldat wieder eingestellt wird. Damit fallen die früheren Ruhegehaltbezüge automatisch weg. Außerdem haben ehemalige Offiziere und Unteroffiziere nach § 23 des Soldatengesetzes die Pflicht, auch nach der Entlassung kein Verhalten zu zeigen, das ihre Wiederverwendung als Vorgesetzte hindert. Wenn ein wiederverwendeter Offizier oder Unteroffizier sich so schwer vergeht, daß er aus dem Dienstverhältnis entfernt wird, würde dies in der Regel schon auf Grund der für Soldaten im Ruhestand geltenden Bestimmungen den Verlust der Ruhegehaltbezüge zur Folge haben. Der § 50 der Regierungsvorlage, der dem § 10 der Bundesdisziplinarordnung nachgebildet war, ist daher für Soldaten bedeutungslos. 2. Wehrdienstgerichte Zu § 51 § 51 enthält die grundlegenden Bestimmungen über die Wehrdienstgerichte. Absatz 1 wurde in der vom Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vorgeschlagenen Fassung angenommen, die sich an den Wortlaut des Grundgesetzes (Artikel 96 Abs. 3) anschließt. Die Wehrdienstgerichte erster Instanz erhalten, wie bereits in der Wehrbeschwerdeordnung festgelegt, die Bezeichnung „Truppendienstgerichte". Als obere Instanz hatte der Unterausschuß einen eigenen Wehrdienstgerichtshof vorgeschlagen, der wie die Truppendienstgerichte zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung gehören sollte. Der Verteidigungsausschuß ist jedoch einmütig der Auffassung des Rechtsausschusses gefolgt, der gegen diesen Vorschlag mit Mehrheit rechtspolitische, z. T. auch verfassungsrechtliche Bedenken hatte. Als obere Instanz sind daher nunmehr besondere Senate (Wehrdienstsenate) bei dem Bundesdisziplinarhof vorgesehen. Wo in dem Gesetz der Bundesdisziplinarhof genannt wird, sind darunter durchgängig die Wehrdienstsenate des Bundesdisziplinarhofs zu verstehen. Der Ausschuß war der Auffassung, daß es genügt, wenn dies an dieser Stelle gesagt wird. Absatz 2 der Regierungsvorlage wurde als entbehrlich gestrichen. Zu § 52 § 52 behandelt die Errichtung der Truppendienstgerichte. Gemäß einem Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht wurde in Absatz 1 eingefügt, daß die Verordnung über die Errichtung der Truppendienstgerichte von dem Bundesminister für Verteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz erlassen wird. Absatz 2 wurde gemäß dem Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht eingefügt und besagt inhaltlich dasselbe wie die dort vorgeschlagene Fassung, daß die Truppendienstgerichte der Dienstaufsicht des Bundesministers für Verteidigung unterstehen. Zu § 53 In § 53, der die Zuständigkeit der Truppendienstgerichte regelt, wurde Absatz 3 in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 54 In § 54 mußte die Bezeichnung „der Vorsitzende" in „der dienstaufsichtführende Richter" geändert werden, weil es sich nicht um den Vorsitzenden einer Kammer im Sinne eines Spruchkörpers, sondern um den leitenden Richter des Truppendienstgerichts als Gerichtsbehörde handelt. Zu § 55 § 55 regelt die Berufung der militärischen Beisitzer. Bei der Auswahl der Beisitzer sollen nach einem Vorschlag des Bundesrates auch die Fachlaufbahnen berücksichtigt werden. Die Bezeichnung „Abteilungen" eines Truppendienstgerichts wurde in „Kammern" geändert, nachdem abweichend vom Regierungsentwurf die Gerichtsbehörde als Ganzes als Gericht (Truppendienstgericht) bezeichnet ist. Zu § 57 § 57 regelt die große Besetzung. Der Ausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, die Worte „auf Antrag der Einleitungsbehörde" zu streichen. Es soll allein im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzen- (Dr. Götz) den stehen, ob unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen ein zweiter Richter zugezogen wird. Zu § 58 § 58 regelt die Maßnahmen gegen säumige Beisitzer sowie die Voraussetzungen für das Ruhen und das Erlöschen ihres Amtes. Absatz 1 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 59 § 59 enthält die Vorschriften über die Wehrdienstsenate beim Bundesdisziplinarhof. Absatz 1 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. Die im Ausschuß laut gewordenen Zweifel, der in der Mehrzahl gehaltene Wortlaut „ . . . besondere Senate (Wehrdienstsenate) . . . " verlange die Einrichtung mehrerer Senate auch dann, wenn ein einziger ausreichend sein würde, wurden von der Mehrheit des Ausschusses nicht geteilt. Vielmehr wurde ausdrücklich festgestellt, daß im letzteren Falle selbstverständlich die Einrichtung eines Senats durch den Wortlaut des Absatzes 1 gedeckt sein würde. Als Absatz 1 a wurde die Bestimmung aufgenommen, daß der Bundesminister des Innern seine Befugnisse, soweit die Wehrdienstsenate berührt werden, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verteidigung auszuüben hat. Die Vorschrift bezieht sich insbesondere auf Fragen der Organisation und des Haushalts, der personellen Besetzung und der Dienstaufsicht. Absatz 1 b wurde ebenfalls neu eingefügt. Die Vorschrift stellt klar, daß die hauptamtlichen Richter der Wehrdienstsenate nicht einem anderen Senat des Bundesdisziplinarhofs und Mitglieder anderer Senate nicht einem Wehrdienstsenat zugeteilt werden können; ferner, daß die Wehrdienstsenate nicht mit Angelegenheiten befaßt werden können, für die die anderen Senate des Bundesdisziplinarhofs zuständig sind, und umgekehrt. Um Zweifel auszuschließen, wird ausdrücklich bestimmt, daß die Vorschriften des Richterwahlgesetzes auf die Berufung der richterlichen Mitglieder anzuwenden sind. Das Vorschlagsrecht wird vom Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verteidigung ausgeübt. Bei der erstmaligen Errichtung der Wehrdienstsenate soll die Vorschrift der Bundesdisziplinarordnung über die Anhörung des Präsidiums des Bundesdisziplinarhofs (§ 41 Abs. 3 Satz 3) nicht angewendet werden. Nach Absatz 1 c entscheiden die Wehrdienstsenate in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei militärischen Beisitzern, außerhalb der Hauptverhandlung regelmäßig mit drei richterlichen Mitgliedern. Nach §§ 18 Abs. 4, 21 der Wehrbeschwerdeordnung entscheiden die Wehrdienstsenate in Beschwerdesachen unter Zuziehung der militärischen Beisitzer. Nach § 17 Abs. 6 in Verbindung mit § 21 der Wehrbeschwerdeordnung kommt in dringenden Fällen auch eine Entscheidung des Vorsitzenden allein in Betracht. Hinsichtlich der militärischen Beisitzer gilt im übrigen für die Besetzung des Wehrdienstsenats die gleiche Regelung wie beim Truppendienstgericht (§ 56 Abs. 2 bis 4). In Absatz 2 wurde ohne sachliche Änderung die Amtsdauer der militärischen Beisitzer, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, dahin bestimmt, daß sie für die Zeit ihres Grundwehrdienstes berufen werden. 4. Allgemeine Vorschriften für das disziplinargerichtliche Verfahren Die §§ 61 bis 114 folgen weitgehend der Regelung der Bundesdisziplinarordnung. Soweit die Regierungsvorlage davon eine abweichende Regelung enthält, hat ihr der Verteidigungsausschuß in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht grundsätzlich zugestimmt. Zu § 65 § 65 sieht vor, daß einem verhandlungsunfähigen Beschuldigten ein Pfleger zu bestellen ist. Absatz 2 wurde in Anlehnung an den Entwurf eines Beamtenrechtsrahmengesetzes neu gefaßt. Zu § 66 In § 66, der Bestimmungen über Zeugen und Sachverständige enthält, wurde Absatz 2 in der Fassung des Bundesrates angenommen. Außerdem wurde zur Klarstellung, daß die Bestimmungen über die Rechtshilfe im Ausland unberührt bleiben, zum Ausdruck gebracht, daß Absatz 2 sich nur auf die Rechtshilfe im Inland bezieht. Zu § 67 Die Bestimmung bezieht sich in der Neufassung ausschließlich auf die Frage der Verhaftung. Die Frage der vorläufigen Festnahme und der zwangsweisen Vorführung ist nicht mehr angesprochen. Für die erstere gilt § 9, für die letztere gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung. Zu § 70 § 70 regelt die Verteidigung. Absatz 1 wurde in der Fassung des Bundesrates angenommen. In Absatz 2 war der Ausschuß in seiner Mehrheit der Auffassung, daß, abgesehen von den sonst genannten Personen, nur die bei einem Gericht im Geltungsbereich des Grundgesetzes zugelassenen Rechtsanwälte die Verteidigung übernehmen können, weil es sich im disziplinargerichtlichen Verfahren in der Hauptsache um innerdienstliche Angelegenheiten der Bundeswehr handelt. Zu § 83 wurde hinzugefügt, daß der Beschuldigte nicht nur die Akten einsehen und selbst Abschriften daraus nehmen, sondern auch auf seine Kosten Abschriften anfertigen lassen kann. Zu § 85 In § 85, der die Teilnahme des Beschuldigten an der Hauptverhandlung regelt, wurde als Nr. 1 a des Absatzes 1 die Bestimmung eingefügt, daß ohne Anwesenheit des Beschuldigten auch dann verhandelt werden kann, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist, oder wenn er sich außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes aufhält und seine Gestel- (Dr. Götz) lung vor das zuständige Wehrdienstgericht nicht ausführbar oder nicht angemessen erscheint. Die Einfügung dient der Klarstellung. Absatz 3 enthält nur eine redaktionelle Änderung. Zu § 87 § 87 enthält Bestimmungen über die Beweisaufnahme. Abweichend von der Bundesdisziplinarordnung wird in Absatz 2 der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung festgelegt. Absatz 3 wurde in der vom Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vorgeschlagenen Fassung angenommen. Wenn außer dem Vorsitzenden kein weiteres richterliches Mitglied vorhanden ist, soll der Vorsitzende selbst die Berichterstattung übernehmen. Zu § 89 In § 89, der die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags an den Verurteilten zum Gegenstand hat, wurde der letzte Satz des Absatzes 1 ohne sachliche Änderung so gefaßt, daß eine Verweisung auf einzelne Bestimmungen des noch nicht verabschiedeten Soldatenversorgungsgesetzes vermieden wird. Zu § 94 Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hatte empfohlen, daß die Frist für die Begründung der Berufung allgemein auf Antrag um weitere zwei Wochen verlängert werden kann. Der Verteidigungsausschuß ist, um einer Verzögerung des Verfahrens entgegenzuwirken, dieser Empfehlung nicht gefolgt. Der Ausschuß hielt eine Frist von je zwei Wochen, die dem Beschuldigten für die Einlegung und die Begründung der Berufung zur Verfügung steht, für ausreichend. Der Absatz 3 weist in einer gegenüber der Bundesdisziplinarordnung veränderten Fassung deutlicher darauf hin, daß die Zurückweisung verspäteten Vorbringens die Ausnahme bilden soll. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht war der Auffassung, daß es sich bei dem Verschulden, das zur Zurückweisung eines verspäteten Vorbringens führt, um ein schwerwiegendes Verschulden handeln muß. Zu § 102 In § 102, der Bestimmungen über die vorläufige Dienstenthebung enthält, wurde Absatz 6 in der Fassung des Bundesrates angenommen. Zu § 114 Der Ausschuß hat in Absatz 2 Satz 3 die Worte „oder dem Sold" auf Anregung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht gestrichen. Einem Soldaten, der auf den Wehrsold angewiesen ist, sollen davon die Kosten nicht abgezogen werden. Die gesetzliche Pfändungsgrenze gilt auch hier. SCHLUSSVORSCHRIFTEN Zu § 120 a Da dieses Gesetz das Grundrecht der Freiheit der Person einschränkt (vorläufige Festnahme, Arrest), erschien dem Bundesrat im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG die Einfügung dieser Bestimmungen notwendig. Der Ausschuß hat in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht dem Vorschlag des Bundesrates zugestimmt. Zu § 120 b § 120 b regelt die Zulassung von Personen mit Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst als Richter bei den Truppendienstgerichten. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat gegen die Vorschrift keinen Widerspruch erhoben; der Verteidigungsausschuß hat ihr zugestimmt. Zu § 120 c Als § 120 c hat der Ausschuß eine Bestimmung über die Überleitung anhängiger Verfahren auf die nach diesem Gesetz zuständigen Dienststellen oder Gerichte eingefügt. Zu § 121 Der Ausschuß hielt es in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesrates für zweckmäßig, daß das Gesetz erst 14 Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt. Bonn, den 23. Januar 1957 Dr. Götz Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 935 (1. Teil) (Vgl. S. 10951 A, C, 10953 C, 10955 C ff., 10959 C) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksachen 3126, 2181). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 9 Abs. 1 erhält folgende Fassung: (1) Jeder Disziplinarvorgesetzte kann Soldaten, die seiner Disziplinargewalt unterstehen, wegen eines Dienstvergehens vorläufig festnehmen, wenn es die Aufrechterhaltung der Disziplin nach pflichtgemäßer Prüfung der Umstände zwingend gebietet. 2. In § 10 sind Absatz 1 Nr. 3 und 6 und Absatz 2 zu streichen. 3. § 12 ist zu streichen. 4. § 15 ist zu streichen. Im Falle der Ablehnung des Antrags unter Nr. 4: 5. In § 15 sind die Worte „, Kostschmälerung oder eine dieser Maßnahmen" zu streichen. 6. In § 17 Abs. 1 ist in Nr. 1 das Wort „Soldverwaltung," zu streichen; Absatz 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung: 2. der Bataillonskommandeur und ein Offizier in entsprechender Dienststellung gegen Unteroffiziere und Mannschaften die Disziplinarstrafen nach Nummer 1, gegen Offiziere die Disziplinarstrafen wie gegen Unteroffiziere und Mannschaften; Absatz 1 Nr. 3 erhält folgende Fassung: 3. der Bundesminister für Verteidigung sowie die Offiziere vom Regimentskommandeur an aufwärts und die Offiziere in entsprechenden Dienststellungen die Disziplinarstrafen nach Nummer 2. 7. In § 21 ist dem Absatz 4 folgender Satz anzufügen: Ist der Vertrauensmann nicht gehört oder ist ihm der Sachverhalt nicht vorher bekanntgegeben worden, so ist dieser Umstand dem Beschuldigten bei Verhängen der Strafe zu eröffnen. 8. In § 25 ist Absatz 4 zu streichen. 9. In § 26 Abs. 3 sind a) das Wort „Arreststrafen" durch das Wort „Ausgangsbeschränkungen" b) die Worte „eine disziplinare Freiheitsstrafe" durch das Wort „dies" zu ersetzen. 10. § 28 ist zu streichen. 11. In § 30 ist Nr. 3 zu streichen. 12. In § 32 Abs. 2 ist Nr. 8 zu streichen. 13. In § 36 sind in der Überschrift das Wort „ ,Soldverwaltung" und Absatz 3 zu streichen. 14. In § 40 Abs. 2 treten an die Stelle der Worte „der Richter" die Worte „das Gericht". 15. In § 42 Abs. 4 sind die Worte „bei Soldaten, die nicht Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit sind," zu streichen. Bonn, den 5. Februar 1957 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 Umdruck 937 (neu) (1. Teil) (Vgl. S. 10950 A, D) Änderungsantrag des Abgeordneten Lotze zur zweiten Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksachen 3126, 2181) Der Bundestag wolle beschließen: 1. a) In § 1 Abs. 1 werden die Worte „die Würdigung besonderer Leistungen durch Anerkennungen und" gestrichen. b) Die §§ 2 bis 5 (Erster Teil) werden gestrichen. Bonn, den 5. Februar 1957 Lotze Anlage 5 Umdruck 939 (neu) (Vgl. S. 10953 D, 10955 B) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksachen 3126, 2181). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 15 Abs. 1 ist der zweite Satz zu streichen. 2. In § 38 Abs. 2 sind die beiden letzten Sätze zu streichen. Bonn, den 6. Februar 1957 Dr. Mende und Fraktion Anlage 6 Umdruck 944 (Vgl. S. 10954 C, 10955 B, 10956 D, 10957 A) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kliesing, von Manteuffel (Neuß), Dr. Reichstein, Schneider (Bremerhaven) und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (WDO) (Drucksachen 3126, 2181). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 15 Abs. 1 wird Satz 2 gestrichen. 2. In § 28 Abs. 3 und 4 werden jeweils die Worte „mildere oder" gestrichen. 3. In § 38 Abs. 2 werden die Sätze 4 und 5 gestrichen. Bonn, den 7. Februar 1957 Dr. Kliesing Heye Heix Dr. Moerchel Dr. Seffrin von Manteuffel (Neuß) Dr. Reichstein Dr. Keiler Schneider (Bremerhaven)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eduard Platner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich zu den uns mit dem Entwurf eines Fünften Strafrechtsänderungsgesetzes vorgelegten neuen strafrechtlichen Bestimmungen, insbesondere zu den darin formulierten neuen §§ 130 a und 189 Abs. 3 des Strafgesetzbuches, einige kritische Ausführungen machen.
    Wir anerkennen rückhaltlos den Beweggrund, der zu dieser Vorlage geführt hat, nämlich das Ansehen eines aus Überzeugung geleisteten Widerstandes gegen eine Gewalt- und Willkürherrschaft zu schützen. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen doch sehr ernsthaft die Frage stellen, ob derartig formulierte Bestimmungen gut und zweckmäßig sind, ob sie dem Wesen und der Würde des Widerstandes entsprechen, und schließlich, ob es notwendig ist, den Aufstand des Gewissens in einem so gestalteten Tatbestand zu erfassen.
    Wir müssen diese Fragen aus verschiedenen Gründen verneinen. Zunächst einmal sind wir der Auffassung. daß es dem Andenken der Toten dieses


    (Platner)

    Widerstandes nicht dienlich sein kann, wenn die praktische Anwendung derartiger Bestimmungen den Richter zur Analysierung der ganzen Problematik des Widerstandes und des Verhaltens des einzelnen Widerstandskämpfers zwingt. Denn nach den uns vorgelegten Formulierungen müßte der Richter im Einzelfall die näheren Umstände klären. Das kann aber den Widerstand und seine Träger im Ansehen unseres ganzen Volkes unseres Erachtens nur entwerten.
    Ferner haben wir folgendes Bedenken geltend zu machen. Der § 130 a, wie er uns vorgelegt ist, dürfte die rechtsstaatlichen Grenzen des Strafrechts überschreiten. Nach dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung darf der einzelne Staatsbürger seine Auffassung über die Frage des Widerstandes gegen den Staat, über die Frage des soldatischen Gehorsams, über die Frage des Eides und dessen Bindung für den Soldaten äußern. Die Problematik dieser Begriffe muß dem Staatsbürger Raum für Kritik lassen. Der § 130 a mit seinen dehnbaren Begriffen muß aber doch bei Strafanzeigen in der Praxis zu Mißbrauch führen. Was wäre die Folge? Das Bekenntnis der eigenen Meinung zu diesen Problemen würde dem Druck, eine strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen, ausgesetzt. Dies um so mehr, als der juristische Laie bei dieser Fassung des Tatbestandes die Grenze des Strafwürdigen kaum erkennen kann!
    Schließlich ein weiterer Grund. Die vorgelegte Formulierung des § 130 a des Strafgesetzbuches mit ihren normativen Tatbestandsmerkmalen kann die Fundamentalfunktion des strafrechtlichen Tatbestandes, nämlich die klare Absonderung strafbaren Unrechts von nicht strafbarer Meinungsäußerung, überhaupt nicht erfüllen. Hier wird der Richter, wie bereits gestern Herr Kollege Dr. Arndt meines Erachtens zutreffend ausgeführt hat, überfordert. Ihm würden nämlich in der Praxis sehr häufig Meinungsäußerungen zur Aburteilung unterbreitet, welche von vornherein als Verächtlichmachung gedeutet worden sind. Und da soll nun der Richter mit Begriffen, die eine verschiedene und wechselnde richterliche Wertausfüllung nicht ausschließen, die qualitative Grenze zwischen Verächtlichmachung und Meinungsäußerung feststellen. Das ist für den Richter eine geradezu unmögliche Aufgabe.
    Der § 130 a, der uns in diesem Entwurf vorgelegt wird, strebt den Schutz des Rechtsgutes der Ehre der Widerstandskämpfer an. Es handelt sich also bei ihm um einen abgewandelten Tatbestand der Beleidigung. Aber wir müssen die Frage stellen: Ist denn nicht der mit dieser geplanten Bestimmung angestrebte Ehrenschutz bereits durch die Bestimmungen der §§ 185 ff. des Strafgesetzbuchs hinreichend gewährleistet? Das müssen wir bejahen. Angesichts dessen besteht in unserer Sicht der Problematik keine Notwendigkeit für die Schaffung weiterer diesbezüglicher abgewandelter Tatbestände. Die Strafbestimmungen der §§ 185 ff. des Strafgesetzbuchs geben dem Richter auch Strafrahmen an die Hand, mit denen er ein den in dem § 189 Abs. 3 genannten straferschwerenden Umständen entsprechendes konkretes Strafmaß im einzelnen Falle finden kann. Hier sollten wir nicht eine relative Freiheit des Richters in der Findung des gerechten Strafmaßes durch perfektionistische Bestimmungen einengen.
    Aber, meine Damen und Herren, wir sehen auch keine äußere Notwendigkeit für die Schaffung dieser strafrechtlichen Tatbestände. Denn es sind in der Öffentlichkeit unseres Volkes nicht etwa zahlreiche Fälle grober Verunglimpfung der Widerstandskämpfer hervorgetreten. Die Schaffung derartiger Bestimmungen würde auch, so fürchten wir, in unserem Volke längst verblaßte, ja fast schon vergessene Gegensätze erneut bewußt machen und aktualisieren. Damit aber wäre dem inneren Frieden unseres Volkes nicht gedient. Wenn wir diese uns vorgeschlagenen Strafbestimmungen nicht schaffen, dann, glaube ich, dienen wir dem inneren Frieden unseres Volkes mehr. Wir würden damit zugleich auch der Aufgabe dienen, zu deren Erfüllung wir alle in diesem Hause berufen sind: der Erhöhung unseres Volkes und seines Staates durch Recht und Gerechtigkeit.

    (Beifall bei der DP.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gille.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Gille


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die tiefschürfenden Ausführungen, die wir gestern aus dem Munde des SPD-Sprechers, des Herrn Kollegen Dr. A r n d t, zu der ganzen Problematik, die in dieser Strafrechtsnovelle angeschnitten wird, gehört haben, war nicht nur eine Angelegenheit für juristische Feinschmecker, sondern ich glaube, daß wir alle ohne Unterschied, wie immer wir zu den Problemen im einzelnen stehen und zu welchen endgültigen Beschlüssen wir kommen werden, dankbar sein sollten, daß die unerhörte Problematik, die mit diesem Thema zusammenhängt, derart klar aufgerissen und umrissen worden ist.

    (Abg. Dr. Strosche: Sehr richtig!)

    Eigentlich war das eine Aufgabe, Herr Bundesjustizminister, die der schriftlichen Begründung des Entwurfs seitens des Bundesjustizministeriums obgelegen hätte!
    Lassen Sie mich nur ganz wenige Bemerkungen machen. Ich glaube, daß die Ausführungen der ersten Lesung uns ein ausgezeichnetes Fundament für eine sehr sorgfältige, sehr verantwortungsbewußte Erörterung im Rechtsausschuß bieten werden.
    Zu den Ausführungen von Herrn Dr. Arndt möchte ich auch für meine politischen Freunde hier gleich einen Vorbehalt oder einen Einwand geltend machen. Auch ich habe den Eindruck, daß die Begrenzung des rechtsstaatlichen Strafrechts, die Herr Dr. Arndt gefordert hat, nicht überzeugend ist und wahrscheinlich auch der rauhen, harten Wirklichkeit nicht gerecht wird. Ich glaube, es geht unter allen Umständen zu weit, an das rechtstaatliche Strafrecht die Forderung zu stellen, sämtliche inneren Tatsachen zu eliminieren. Es kann sein, daß ich Sie nicht recht verstanden habe, Herr Dr. Arndt. Sie haben doch Ihr formales Mittel, mit dem Sie die Grenzziehung vornehmen, nämlich daß es beweisbar sein muß durch Zeugen oder Urkunden, immer exemplifiziert auf die Schwierigkeit, bei der Feststellung des strafrechtlichen Tatbestandes innere Tatsachen zu erfassen. Ich jedenfalls habe Sie so verstanden, daß Sie unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit glauben, solche inneren Tatbestände in weitgehendem Umfang eliminieren zu müssen.

    (Abg. Dr. Arndt: Das ist ein völliges Mißverständnis!)



    (Dr. Gille)

    — Habe ich Sie falsch verstanden? Wir werden uns darüber ja noch unterhalten können. Ich habe aber auch vom Bundesjustizminister den Eindruck, daß er Sie in etwa so verstanden hat.
    Wenn es so wäre, dann gingen wir vielleicht einem Idealbild nach, würden damit aber kaum der harten, rauhen Wirklichkeit, die wir rechtlich ordnen sollen, beikommen können.
    Die Kritik zu § 109 b wird auch in den Reihen meiner politischen Freunde sehr deutlich erhoben. Aber, meine Damen und Herren, auch hier werden wir nicht mit einer Schwarzweißmalerei den Dingen gerecht werden. Herr Dr. Arndt hat sehr viel Gewicht darauf gelegt, daß die freie Meinungsäußerung und Meinungsbildung durch derartige Staatsschutzbestimmungen nicht gefährdet werden dürften. Dazu gehört auch die Pressefreiheit, eines der Grundrechte unserer Verfassung. Aber es hieße doch die Augen vor dem verschließen, was sich in der Wirklichkeit zuträgt, wenn man nicht das Bedürfnis empfindet, sich auch mit dem Tatbestand des Mißbrauchs der öffentlichen Meinungsbildung und der Pressefreiheit sehr, sehr verantwortungsbewußt zu beschäftigen. Es sind hier Wertbegriffe, die in eine richtige Relation zueinander gebracht werden müssen.
    Meine politischen Freunde bejahen die Notwendigkeit eines Ehrenschutzes für die Bundeswehr auch als Institution. Ob dieser Ehrenschutz richtig formuliert und richtig untergebracht ist in § 96, wo nur der Ehrenschutz der eigentlichen verfassungsrechtlichen Organe formuliert und niedergelegt ist, ist eine zweite Frage. Deshalb sollte man aber doch der Forderung nach einem besonderen Ehrenschutz für die Bundeswehr, die in der Novelle zum Ausdruck kommt, mit großer Sorgfalt nachgehen und einmal prüfen, ob hier nicht wirklich eine Notwendigkeit besteht. Wir kennen alle die sehr harte politische Auseinandersetzung nicht nur in diesem Hause, sondern auch in der Öffentlichkeit über alles, was mit Aufrüstung, Bundeswehr und Verteidigungsbeitrag verbunden ist. Die wenigen Dinge, die sich in den letzten Monaten oder im letzten Jahr zugetragen haben, sollten uns doch aufhorchen lassen. Wir können doch eine Institution, genannt Bundeswehr, die hier im Parlament mit Gesetzeskraft beschlossen worden ist und der freiwillig junge Menschen folgen und sich zur Erfüllung ihrer Pflicht zur Verfügung stellen, nicht weiter in dieser Weise Angriffen ausgesetzt sein lassen, die doch wirklich auf böswilligen Motiven beruhen. Auch hier wird nach meiner Auffassung genau abzuwägen sein, wie weit wir gehen dürfen, aber auch wie weit wir gehen müssen;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Müssen!)

    denn daß die Verteidigungsbereitschaft, die sich heute für uns in der Institution der Bundeswehr darbietet, nicht schutzlos gelassen werden kann, ist auch die Meinung meiner politischen Freunde.
    Wir sollten mit genügend Zeit, mit genügend Sorgfalt und Verantwortungsbewußtsein an die Beratung im Rechtsausschuß herantreten. Wir sind zu dieser Aufgabe bereit.

    (Beifall beim GB/BHE und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)