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ID0216904400

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2169

  • date_rangeDatum: 8. November 1956

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    2. Deutscher Bundestag — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. November 1956 9285 169. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. November 1956. Änderungen der Tagesordnung . . 9287 A, 9335 C, 9337 B, D Geschäftliche Mitteilungen 9290 A Bekanntgabe des Schreibens des Bundeskanzlers über die Entbindung der Bundesminister Blank, Kraft, Neumayer und Dr. Schäfer durch den Bundespräsidenten von ihren Ämtern und die Ernennung des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrats Dr. von Merkatz zusätzlich zum Bundesminister der Justiz, des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Dr. Balke zusätzlich zum Bundesminister für Atomfragen und des bisherigen Bundesministers für Atomfragen Strauß zum Bundesminister für Verteidigung 9287 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 276, 283, 284 (Drucksachen 2621, 2824; 2747, 2809; 2765, 2825) 9287 C Vorlage des Berichts des Bundesministers für Wohnungsbau über Bereitstellung von Mitteln zur Förderung des Wohnungsbaus für Facharbeiter in den Zonenrandgebieten (Drucksache 2826) . . . 9287 C Zurückziehung des Entwurfs einer Neunundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksachen 1183, 2822) 9287 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Dauer des Grundwehrdienstes und die Gesamtdauer der Wehrübungen (Drucksache 2807) . . . 9287 C, 9289 D, 9290 A Zur Geschäftsordnung: Rasner (CDU/CSU) 9287 C Schmidt (Hamburg) (SPD) . 9287 D, 9289 B Mellies (SPD) 9289 D Zur Sache: Strauß, Bundesminister für Verteidigung 9290 A, 9310 C Majonica (CDU/CSU) . . 9293 C, D, 9295 D, 9296 A, B Schmidt (Hamburg) (SPD) 9293 C, 9297 A, C, 9298 B, C, 9302 A, C Mellies (SPD) . . . . 9295 D, 9296 A, 9314 C Vizepräsident Dr. Schneider . . . . 9297 B von Manteuffel (Neuß) (FVP) . . 9298 B, C, 9307 D Dr. Seffrin (CDU/CSU) 9302 A Dr. Kliesing (CDU/CSU) 9302 C Dr. Mende (FDP) 9304 A Dr. Reichstein (GB/BHE) 9306 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 9309 B Dr. Dr. Wenzel (SPD) 9314 B Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung 9315 B Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, FVP, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Gewährung von Zulagen zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (2. Unterhaltshilfezulagen -Gesetz — 2. UZG —) (Drucksache 2836) . . 9287 A, 9315 B Kunze (Bethel) (CDU/CSU) 9315 B Dr. Kather (GB/BHE) 9315 D Beschlußfassung 9315 C, 9316 A Zweite Beratung des von den Abgeordneten Meyer-Ronnenberg, Schneider (Hamburg), Odenthal, Lange (Essen), Eberhard, Frau Finselberger, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksache 1461); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 2810, Umdrucke 795, 804, 810, 812) . . . 9316 A Zur Geschäftsordnung: Dr. Hellwig (CDU/CSU) 9316 A, D Vizepräsident Dr. Becker . . 9316 D, 9318 C, 9319 B, C Sabel (CDU/CSU) 9317 A, 9319 C Ritzel (SPD) 9318 D Stücklen (CDU/CSU) 9335 C Zur Sache: Franzen (CDU/CSU): als Berichterstatter 9317 A Schriftlicher Bericht 9338 C Illerhaus (CDU/CSU) : als Berichterstatter 9317 B als Abgeordneter 9324 D, 9327 D Dr. Atzenroth (FDP) . . . . 9320 C, 9321 B, 9322 A, D, 9323 C, 9324 A, 9333 B, 9335 A Sabel (CDU/CSU) . 9321 B, C, 9328 C, 9334 B Meyer-Ronnenberg (CDU/CSU) . 9321 C, 9329 A Fassbender (DP) 9321 D Lange (Essen) (SPD) . . . . 9322 B, 9334 B Schmücker (CDU/CSU) 9322 C Bock (CDU/CSU) 9324 A Dr. Hellwig (CDU/CSU) . . . 9324 B, 9333 A Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 9325 C, 9327 D Frau Dr. Ilk (FDP) 9329 D, 9334 C Stücklen (CDU/CSU) . . . 9331 A, 9334 C Frau Welter (Aachen) (CDU/CSU) . . 9332 B Bausch (CDU/CSU) 9334 A Abstimmungen . . . 9323 A, 9332 C, 9333 A, C, 9334 D, 9335 B Dritte Beratung vertagt 9335 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Dritten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 (Drittes Nachtragshaushaltsgesetz 1956) (Drucksache 2774) 9335 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 9335 C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 2746) 9335 D Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich 9335 D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 2763) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abgeordneten Krammig, Höcherl, Dr. Bärsch, Dr. Miessner, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 2803) 9335 C Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 9336 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Protokoll vom 10. Mai 1948 zur Änderung des Abkommens vom 22. November 1928 über Internationale Ausstellungen (Drucksache 2755) 9336 A Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 9336 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Protokoll vom 7. Juni 1955 über die Bedingungen für den Beitritt Japans zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache 2756) 9336 A Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 9336 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das deutsch-österreichische Protokoll vom 1. Dezember 1955 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 2757) . . . 9336 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 9336 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. April 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Filmfragen (Drucksache 2758) 9336 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films 9336 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung von Zuzugsbeschränkungen im Land Baden-Württemberg (Drucksache 2759) 9336 C Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung 9336 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 22. November 1950 über die Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters (Drucksache 2769) 9336 C Überweisung an den Ausschuß für Kulturpolitik 9336 C Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Weizen-Übereinkommen 1956 (Drucksache 2788) 9336 D Beschlußfassung 9336 D Beratung der Übersicht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 2754) 9337 A Beschlußfassung 9337 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensus) (Drucksache 2695) 9337 A Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung . 9337 A Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Drucksache 2793) 9337 B Überweisung an den Rechtsausschuß . 9337 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 2546); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 2821) . . 9337 C Dewald (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9344 C Beschlußfassung 9337 D Nächste Sitzung 9337 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9338 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit über den von den Abg. Meyer-Ronnenberg u. Gen. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksache 2810) . . . 9338 C Anlage 3: Änderungsantrag der Abg. Dr. Kopf, Hilbert, Dr. Furler u. Gen. zum Entwurf eines Gesetzes über den Ladenschluß (Umdruck 795) 9343 A Anlage 4: Änderungsantrag der Abg. Dr Hellwig, Illerhaus, Dr. Blank (Oberhausen) u. Gen. zum Entwurf eines Gesetzes über den Ladenschluß (Umdruck 804) . . 9343 B Anlage 5: Änderungsantrag der Fraktion der FDP zum Entwurf eines Gesetzes über den Ladenschluß (Umdruck 810) . . 9343 C Anlage 6: Änderungsantrag der Abg. Dr. Hellwig, Dr. Blank (Oberhausen) u. Gen zum Entwurf eines Gesetzes über den Ladenschluß (Umdruck 812) 9344 A Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit über den Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 2821) 9344 C Die Sitzung wird um 15 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 7. I Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Arndgen 30. 11. Beer (Hamburg) 8. 11. Behrisch 10. 11. Berg 8. 11. Bettgenhäuser 8. 11. Frau Beyer (Frankfurt) 14. 12. Fürst von Bismarck 30. 11. Blachstein 30. 11. Dr. Bucher 10. 11. Cillien 15. 12. Dr. Dehler 9. 11. Dr. Dittrich 17. 11. Eberhard 24. 11. Dr. Elbrächter 30. 11. Erler 30. 11. Eschmann 17. 11. Faller 9. 11. Feldmann 20. 11. Dr. Franz 30. 11. Dr. Friedensburg 9. 11. Funk 8. 11. Gerns 8. 11. D. Dr. Gerstenmaier 3. 12. Dr. Greve 10. 11. Dr. Hammer 17. 11. Dr. Graf Henckel 8. 11. Höfler 8. 11. Dr. Horlacher 10. 11. Jacobs 8. 11. Jahn (Frankfurt) 8. 11. Kahn-Ackermann 17. 11. Kiesinger 3. 12. Dr. Klötzer 30. 11. Krammig 30. 11. Kühn (Köln) 30. 11. Dr. Lenz (Godesberg) 30. 11. Lenz (Trossingen) 10. 11. Dr. Leverkuehn 9. 11. Lotze 9. 11. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 10. 11. Margulies 9. 11. Mattick 28. 11. Mayer (Birkenfeld) 1. 12. Frau Dr. Maxsein 8. 11. Dr. Menzel 30. 11. Metzger 8. 11. Dr. Mocker 10. 11. Dr. Mommer 30. 11. Morgenthaler 9. 11. Frau Nadig 9. 11. Neubauer 30. 11. Odenthal 17. 11. Ohlig 8. 11. 011enhauer 15. 12. Platner 8. 11. Dr. Preiß 30. 11. Dr. Dr. h. c. Pünder 30. 11. Raestrup - 17. 11. Dr. Ratzel 8. 11. Frau Dr. Rehling 15. 12. Reitz 8. 11. Freiherr Riederer von Paar 30. 11. Sabaß 8. 11. Samwer 9. 11. Scheel 22. 12. Dr. Schmid (Frankfurt) 3. 12. Schoettle 30. 11. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Schöne 10. 11. Seither 11. 11. Dr. Stammberger 17. 11. Dr. Starke 30. 11. Stauch 8. 11. Stierle 9. 11. Sträter 8. 11. Stümer 8. 11. Wagner (Ludwigshafen) 10. 11. Dr. Wellhausen 8. 11. Anlage 2 Drucksache 2810 (Vgl. S. 9317 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (27. Ausschuß) über den von den Abgeordneten Meyer-Ronnenberg, Schneider (Hamburg), Odenthal, Lange (Essen), Eberhard, Frau Finselberger, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksache 1461). Berichterstatter: Abgeordneter Franzen Der Deutsche Bundestag hat in seiner 101. Sitzung am 22. September 1955 den von den Abgeordneten Meyer-Ronnenberg, Schneider (Hamburg), Odenthal, Lange (Essen), Eberhard, Frau Finselberger, Eickhoff und Genossen eingebrachten Initiativantrag betreffend den Entwurf eines Gesetzes über den Ladenschluß -- Drucksache 1461 - dem Ausschuß für Arbeit federführend und den, Ausschüssen für Wirtschaftspolitik, für Sonderfragen des Mittelstandes und für Verkehrswesen zur Mitberatung überwiesen. In engem Zusammenhang mit der Kernfrage dieses Entwurfs steht der Initiativantrag der Abgeordneten Kühlthau, Frau Welter (Aachen), Graaff (Elze), Dr. Elbrächter und Genossen betreffend den Entwurf eines Gesetzes über den freien Halbtag im Einzelhandel -Drucksache 1943 -, den der Deutsche Bundestag in seiner 125. Sitzung am 20. Januar 1956 dem Ausschuß für Arbeit - federführend - und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik -- mitberatend -- überwiesen' hat. Dieser Entwurf wurde deshalb bei den Verhandlungen der Ausschüsse in die Erwägungen einbezogen; lediglich der Ausschuß für Verkehrswesen beschränkte seine Beratungen auf die unmittelbar den Verkehr berührenden Fragen. Bei den Beratungen der einzelnen Paragraphen wurden auch der Regierungsentwurf eines Gesetzes über den Ladenschluß und die Stellungnahme des Bundesrates dazu berücksichtigt. I. Allgemeines 1. Vorbemerkungen Die Mißstände, die hinsichtlich der Arbeitszeiten der Angestellten im, Einzelhandel in den letzten Jahren immer deutlicher in Erscheinung getreten sind, erfordern zwingend eine Neuregelung der Ladenschlußvorschriften. Ohne eine Regelung des Ladenschlusses ist es nicht möglich, die Angestellten in den Verkaufsstellen vor zu langer Arbeitszeit an Werktagen und vor verbotener Sonntagsbeschäftigung zu schützen. Die Erkenntnis, daß der Ladenschluß in erster Linie ein Anliegen des Arbeitsschutzes ist, stammt nicht erst aus den letzten Jahren; schon die ersten Arbeitszeitbeschränkungen für Arbeiter im Handelsgewerbe aus dem Jahre (Franzen) 1891 enthalten gleichzeitig Vorschriften über den Ladenschluß. Bis in die heutige Zeit zeigen die Ergebnisse eingehender Erhebungen über die Arbeitszeiten der Ladenangestellten sowie die Erfahrungen der Aufsichtsbehörden und insbesondere die Feststellungen der Gewerkschaften, daß die Einhaltung der geltenden Arbeitszeitvorschriften ohne Verkürzung der zur Zeit gesetzlich zulässigen Ladenöffnungszeiten nicht möglich ist. Die Versuchung, die Arbeitszeit des Verkaufspersonals der Ladenöffnungszeit anzugleichen, ist namentlich in kleinen und kleinsten Geschäften besonders groß. Eine intensive laufende Kontrolle der Arbeitszeiten durch die Gewerbeaufsichtsämter könnte angesichts der großen Zahl von kleineren und mittleren Läden und im Hinblick auf die geringe Zahl der Aufsichtsbeamten nur auf Kosten anderer wichtiger Arbeiten durchgeführt werden. Eine Eindämmung der ungesetzlichen Arbeitszeiten läßt sich auch am einfachsten und wirksamsten durch die Festsetzung von Ladenschlußzeiten erzielen, da die Tatsache, ob ein Laden offen oder geschlossen ist, leicht festgestellt werden kann. Da der Ladenschluß ein Teil des Arbeitsschutzes ist, ist die Zuständigkeit des Bundes zur Neuregelung gemäß Artikel 74 Nr. 12 GG gegeben. Es liegt auch ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung im Sinne des Artikels 72 Abs. 2 GG vor. Den bundeseinheitlichen Bestimmungen über die Arbeitszeit und dem Verbot der Sonntagsbeschäftigung muß auch die bundeseinheitliche Regelung des Ladenschlusses in den Grundzügen entsprechen, da nur so die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet gewahrt bleibt. Den Hauptanstoß zur gegenwärtigen Reform des Ladenschlußrechts hat der verständliche Wunsch der Arbeitnehmer in den offenen Verkaufsstellen gegeben, ebenso wie die meisten anderen Beschäftigten einen halben Tag in der Woche frei zu haben. Bereits mit der Drucksache 603 vom 23. Februar 1950 hat der Deutsche Bundestag die Neuregelung der Ladenschlußvorschriften gefordert. Am 3. Februar 1951 brachten die Abgeordneten Degener, Richter, Determann und Genossen den Initiativentwurf eines Gesetzes — Drucksache 1879 — ein, durch den die Vorschriften der Arbeitszeitordnung über den Ladenschluß u. a. dahingehend abgeändert werden sollten, daß die Verkaufsstellen am Sonnabend — mit Ausnahme des ersten Sonnabends im Monat — ab 14 Uhr geschlossen sein sollten. Dieser Antrag wurde jedoch nicht mehr beraten, da die Bundesregierung inzwischen den Entwurf eines Ladenschlußgesetzes ausgearbeitet hatte, der sich für den Ladenschluß am Mittwochnachmittag aussprach. Der Bundesrat stimmte am 15. Oktober 1954 diesem Entwurf mit zahlreichen Änderungsvorschlägen zu, wobei er sich jedoch für den Ladenschluß am Sonnabend — mit Ausnahme des ersten Sonnabends im Monat — aussprach. Die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesen Änderungsvorschlägen ist dem Deutschen Bundestag bisher nicht zugeleitet worden. Diese zögernde Haltung der Bundesregierung führte zu den beiden eingangs genannten Initiativanträgen. 2. Behandlung in den Ausschüssen Der Ausschuß für Verkehrswesen beschäftigte sich in seiner 70. und 78. Sitzung mit der Drucksache 1461; er behandelte insbesondere die Fragen der Bahnhofsverkaufsstellen, der Kur- und Erholungsorte sowie der Ausnahmen im öffentlichen Interesse. Die hierzu gefaßten Beschlüsse wurden dem federführenden Ausschuß für Arbeit zugeleitet; sie werden später bei der Besprechung der betreffenden Paragraphen Erwähnung finden. Der Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes befaßte sich in 5 Sitzungen mit der Drucksache 1461. Nach eingehender Generaldebatte, in der auch die Drucksache 1943 behandelt, aber abgelehnt wurde, beschloß der Ausschuß zu den Fragen des Sonnabendladenschlusses, der Bahnhofsverkaufsstellen, der Kur- und Erholungsorte sowie der Trinkhallen Abänderungsvorschläge, die dem federführenden Ausschuß für Arbeit zugeleitet wurden; sie werden ebenfalls bei den betreffenden Paragraphen erwähnt werden. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat lediglich in seiner Sitzung vom 25. Oktober 1956 die Drucksachen 1461 und 1943 angesprochen; er hat beschlossen, sich dafür einzusetzen, daß das Plenum des Bundestages zunächst den Initiativentwurf des Bundesrates eines Gesetzes über den Verkauf in offenen Verkaufsstellen an Sonntagen vor Weihnachten (BR-Drucksache 234/56) verabschieden sollte und daß dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik genügend Zeit gelassen werden sollte, sich eingehend mit der Ladenschlußfrage zu beschäftigen. Der federführende Ausschuß für Arbeit behandelte die Ladenschlußfrage in 9 Sitzungen; er führte eine Generaldebatte und 2 vollständige Lesungen des Entwurfs durch. Im Verlauf der Generaldebatte, in die auch die Drucksache 1943 einbezogen wurde, sind zahlreiche Sachverständige gehört worden. Die Generaldebatte erstreckte sich vorwiegend auf folgende Probleme: a) die Verkaufssonntage vor Weihnachten, b) den werktäglichen Ladenschluß, c) die Bahnhofsverkaufsstellen, d) den Verkauf in Kur- und Erholungsorten. Zu a) unterrichtete sich der Ausschuß über den Stand der Initiativanträge über die Verkaufssonntage vor Weihnachten (BT-Drucksache 1817, BR-Drucksache 234/56) und entschied sich dafür, den Entwurf des Ladenschlußgesetzes so schnell zu behandeln, daß das Gesetz noch rechtzeitig vor Weihnachten d. J. verkündet werden kann. In der Sache hatte der Ausschuß für Arbeit bereits bei der Behandlung der Drucksache 1817 betreffend Regelung der verkaufsoffenen Sonntage vor Weihnachten die Gutachten der beiden christlichen Kirchen geprüft (siehe den Mündlichen Bericht im Stenographischen Bericht der 112. Sitzung des Bundestages vom 11. November 1955). Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme die beiden vor dem 21. Dezember liegenden Sonntage vorgeschlagen. Der Ausschuß für Arbeit sprach sich erneut mit Mehrheit für 2 Verkaufssonntage in der Adventszeit, und zwar in der Zeit zwischen dem 10. und 23. Dezember aus, wobei die Verkaufszeit fünf zusammenhängende Stunden je Sonntag nicht überschreiten soll. Zu b). Das Problem des werktäglichen Ladenschlusses enthält zwei Teilfragen, nämlich die Begrenzung der Verkaufszeiten in den Abendstunden und den Ladenschluß an einem bestimmten Halbtag. (Franzen) Nach der bisherigen Rechtslage mußten die Verkaufsstellen und Einzelhandelsgeschäfte zwischen 19 und 7 Uhr geschlossen sein. Während der übrigen Zeit des Tages konnten dieselben beliebig offengehalten werden. Die Möglichkeit, Verkaufsstellen bis 19 Uhr offenzuhalten, sollte nach dem Antrag Meyer-Ronnenberg — Drucksache 1461 — einheitlich auf 18 Uhr begrenzt werden, um damit eine an vielen Orten bereits durchgeführte Übung gesetzlich allgemein vorzuschreiben. In der Frage des freien Halbtags hatte die Bundesregierung in ihrem Entwurf den Mittwochnachmittag ab 13 Uhr vorgesehen, wogegen der Antrag Meyer-Ronnenberg das verlängerte Wochenende mit dem freien Sonnabendnachmittag anstrebte. Nach der Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf sollten am 1. Sonnabend im Monat die Verkaufsstellen um 19 Uhr und an den übrigen Sonnabenden um 14 Uhr schließen. Gemäß Antrag des Abgeordneten Kühlthau — Drucksache 1943 — sollten die Inhaber von Verkaufsstellen und Einzelhandelsgeschäften gesetzlich verpflichtet werden, ihren Angestellten bei einer 48stündigen Wochenarbeitszeit wöchentlich einen freien Halbtag oder für 2 Wochen einen vollen freien Tag zu gewähren. Der Mittelstandsausschuß hatte sich für den freien Sonnabendnachmittag ausgesprochen, jedoch einschränkend mit einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1957. Vorerst sollte hiernach der Sonnabendladenschluß auf 16 Uhr und am ersten Sonnabend im Monat auf 18 Uhr festgelegt werden. Zu diesen Fragen wurden Sachverständige folgender Organisationen gehört: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, Zentralverband des Deutschen Handwerks, Zentralvereinigung der Konsumgenossenschaften, Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände und Deutscher Bauernverband. Von diesen Sachverständigen sprachen sich die Vertreter der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände für die in der Drucksache 1943 vorgeschlagene Regelung und gegen eine Festlegung des Ladenschlusses auf 18 Uhr aus. Die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels und der Zentralverband des Deutschen Handwerks traten dafür ein, nur eine Rahmengesetzgebung zu machen und es den Ländern zu überlassen, ob sie für ihr Gebiet den Ladenschluß auf 14 Uhr am Sonnabend festlegen oder ob sie dafür einen freien Montagmorgen einführen wollten. An den übrigen Werktagen sollte es den Käufern möglich sein, bis 19 Uhr einzukaufen. Die Vertreter der Zentralvereinigung der Konsumgenossenschaften, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft setzten sich für den Ladenschluß an den Sonnabenden um 14 Uhr und an den übrigen Werktagen um 18 Uhr ein. Nach eingehender Würdigung aller Gesichtspunkte entschied sich der Ausschuß für die in den Ausschußbeschlüssen zu § 3 wiedergegebene Lösung. Zu c). Auch zu der Frage der Bahnhofsverkaufsstellen wurden Sachverständige gehört, und zwar von der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, den Verbänden des Deutschen Bahnhofsbuchhandels und des Deutschen Bahnhofshandels sowie dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn. Die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels sprach sich für ein grundsätzliches Verbot der Offenhaltung der Bahnhofsverkaufsstellen vor der Sperre während der Ladenschlußzeiten aus, erklärte sich aber mit abweichenden Regelungen einverstanden, die den Verkehrsbedürfnissen Rechnung tragen. Die Vertreter der Verbände des Deutschen Bahnhofshandels und Bahnhofsbuchhandels sowie der Deutschen Bundesbahn begründeten unter ausführlicher Darlegung der für die Beurteilung der Frage wesentlichen Gesichtspunkte und unter Anführung von Zahlenmaterial den Wunsch, die gegenwärtige Regelung aufrechtzuerhalten, die sich auf die „Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Behandlung von Bahnhofswirtschaf ten, Bahnhofsverkaufsstellen und Bahnhofsfriseurbetrieben vom 9. November 1953" (Verkehrsblatt Nr. 24) stützt. Der Ausschuß folgte dem Vorschlag des Ausschusses für Verkehrswesen, die Bestimmungen des Entwurfs so abzuändern, daß sie der gegenwärtigen Regelung entsprechen; er sprach aber die Erwartung aus, daß die gegenwärtigen Mißstände durch Überprüfung der Verwaltungsvorschriften und schärfere Aufsichtsmaßnahmen beseitigt werden. Zu d) Auch die Frage der Ausnahmen für den Verkauf an Sonntagen in Kur- und Erholungsorten wurde eingehend erörtert. Der Ausschuß beschloß, den Warenkreis im Wortlaut des Gesetzes genau festzulegen und die Zahl der Sonntage auf 16 zu beschränken. Die weiteren Änderungen, die in diesen Paragraphen gegenüber dem Entwurf vorgenommen wurden, werden später erörtert werden. II. Die Vorschriften im einzelnen Erster Abschnitt Zu §1 Der Ausschuß beschloß, die Verkaufsstellen der Genossenschaften zur Klarstellung in eine neue Nummer 3 aufzunehmen, da den Konsumgenossenschaften möglicherweise einmal in der Zukunft nur der Verkauf an Mitglieder gestattet sein könnte und sie dann nicht unter das Ladenschlußgesetz fallen würden. Zu §2 Der Paragraph wurde unverändert angenommen. Zweiter Abschnitt Zu §3 Zu Nummer 2 nahm der Ausschuß zum allgemeinen werktäglichen Ladenschluß den Kompromißvorschlag an, die Geschäfte von 18.30 bis 7 Uhr geschlossen zu halten, womit dem Kaufbedürfnis auf dem Land und in den Großstädten Rechnung getragen wird. Ebenso wurde zu Nummer 3 ein Kompromißvorschlag angenommen, die Geschäfte sonnabends ab 14 Uhr und am ersten Sonnabend im Monat ab 18 Uhr und an dem darauffolgenden Montag bis 13 Uhr zu schließen. Mit dieser Regelung ist einerseits dem Erholungsbedürfnis der Angestellten im Einzelhandel und den Einzelhändlern selbst durch ein verlängertes Wochenende Rechnung getragen, andererseits aber auch dem Bedürfnis, an einem Sonnabendnachmittag insbesondere Familieneinkäufe zu tätigen, entsprochen worden. (Franzen) Der Ausschuß hat den Vorschlag der Abgeordneten Kühlthau und Genossen — Drucksache 1943 — abgelehnt, weil das rollierende System unübersichtlich sei und auch für die Ladenbesitzer personelle Schwierigkeiten bringen würde. Es müßten bei diesem System mehr Personal bzw. Aushilfskräfte beschäftigt werden, was für den Einzelhandel unwirtschaftlich gewesen wäre. Zu §4 Der in Absatz 1 aufgeführte Warenkatalog wurde um Säuglingspflege- und Säuglingsnährmittel, hygienische Artikel sowie Desinfektionsmittel erweitert. Absatz 2 wurde dahin geändert, daß nicht die höheren Verwaltungsbehörden, sondern die nach Landesrecht zuständigen Verwaltungsbehörden anordnen, in welchem Umfang während der allgemeinen Ladenschlußzeiten die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln usw. sicherzustellen ist. § 5 wurde unverändert angenommen. Zu §6 Hier wurden nur redaktionelle Änderungen vorgenommen. Zu §7 Der Ausschuß ist hier dem Vorschlag in Drucksache 1461 nicht gefolgt, der nur eine Ausnahme von § 3 für Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen zulassen wollte, die hinter den Bahnsteigsperren liegen. Es wurde in Übereinstimmung mit dem Verkehrsausschuß die Fassung des Regierungsentwurfs angenommen, wonach alle Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen an allen Tagen während des ganzen Tages geöffnet sein dürfen. Der Mittelstandsausschuß hatte sich für die Drucksache 1461 ausgesprochen und die Anfügung eines Absatzes 2 mit folgendem Wortlaut vorgeschlagen: „(2) Für die vor den Sperren und in den Bahnhofshallen liegenden Verkaufsstellen erläßt der Bundesverkehrsminister besondere Vorschriften mit der Maßgabe, daß jeweils nur eine Verkaufsstelle aus den für die echte Reisebedarfsdeckung in Frage kommenden Fachzweigen (Lebens- und Genußmittel, Körperpflegeartikel, Tabakwaren, Bücher und Zeitschriften, Blumen) außerhalb der Ladenschlußzeiten dieses Gesetzes geöffnet sein darf." Zu §8 In Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Verkehrsausschusses wurde auf Flughäfen der Ladenschluß am 24. Dezember auf 17 Uhr festgelegt. Zu §9 Die Anregung des Verkehrsausschusses, in Kur- und Erholungsorten jährlich bis zu 22 Sonn- und Feiertage für die Dauer von 4 Stunden zum Verkauf freizugeben, und die Anregungen des Mittelstandsausschusses, in besonderen Fällen bis zu 26 Sonn- und Feiertagen, wurden vom federführenden Ausschuß abgelehnt. Die Mehrheit hat sich für die Höchstgrenze von 16 Sonn- und Feiertagen ausgesprochen, ferner für eine Offenhaltung an den Sonnabenden bis 18 Uhr. Zu §10 Es wurden lediglich redaktionelle Änderungen vorgenommen. Die Anregungen, den Verkauf an Sonntagen in ländlichen Gebieten während des ganzen Jahres zuzulassen und eine verlängerte Verkaufszeit in den Abendstunden an Werktagen, wurden mit Mehrheit abgelehnt. Zu § 11 In Absatz 1 wurde der Katalog der Waren aufgenommen, die für den Verkauf an Sonntagen freigegeben werden können. Dabei wurde eine generelle Aufnahme von verderblichen Erzeugnissen der Landwirtschaft, des Gartenbaues und der Fischerei nicht für erforderlich gehalten. Absatz 3 entfällt. Die Geltungsdauer der bisher getroffenen Anordnungen wurde bis zum 31. Dezember 1957 festgesetzt. Zu § 12 Der Ausschuß schloß sich, wie bereits erwähnt, dem Vorschlag der Antragsteller an, vertrat jedoch die Auffassung, daß die Verkaufszeiten 5 zusammenhängende Stunden nicht überschreiten dürfen. Zu § 13 Der Ausschuß beschloß, genau festzulegen, daß die Freigabe von weiteren Sonntagen für den Verkauf nur aus Anlaß von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgen darf und daß diese Sonntage in Kur- und Erholungsorten auf die nach § 9 des Gesetzes freizugebenden Sonntage angerechnet werden müssen. Zu § 14 Hier wurden nur redaktionelle Änderungen vorgenommen. Zu § 14 a Der § 14 a wurde vom Ausschuß eingefügt, um den Landesbehörden die Möglichkeit zu geben, Ausnahmegenehmigungen aus einem bestimmten Anlaß zu erteilen, Verkaufsstellen über den allgemeinen werktäglichen Ladenschluß hinaus bis 21 Uhr offenzuhalten. Gedacht ist hier an traditionelle Märkte und ähnliche Veranstaltungen, z. B. an das Münchner Oktoberfest. Die Zahl der Werktage, für die eine Verlängerung gegeben werden kann, wurde auf 12 Tage innerhalb eines Jahres beschränkt. Dritter Abschnitt Zu § 15 Die Dauer der Arbeitszeit wurde auf 8 Stunden festgesetzt, um den Schichtwechsel in durchgehend arbeitenden Betrieben, z. B. Tankstellen, zu gewährleisten. U. a. schreibt dieser Paragraph die Ersatzfreizeiten für die Sonntagsarbeit vor, wobei weitergehende Vorschriften zum Schutze der Arbeitnehmer in anderen Gesetzen unberührt bleiben. Hierzu wurde in Absatz 3 folgende Bestimmung eingefügt: Statt an einem Nachmittag darf die Freizeit am Sonnabend- oder Montagvormittag bis 14 Uhr ge- (Franzen) währt werden. Während der Zeiten, in denen die Verkaufsstelle geschlossen werden muß, darf die Freizeit nicht gegeben werden. Hiermit sollte sichergestellt werden, daß einmal die dem Angestellten zustehenden Ersatzfreizeiten nicht zu einer Zeit gegeben werden, wo ohnehin die Geschäfte geschlossen sind, andererseits sollte aber auch die Möglichkeit bestehen, das Wochenende zu verlängern. Der Ausschuß beschloß, einen neuen Absatz 3 a einzufügen, durch den eine Ersatzfreizeit für die gemäß § 3 Abs. 3 geleistete Arbeitszeit sichergestellt wird. Vierter Abschnitt Zu § 16 Dem Wunsche des Mittelstandes, diesen Paragraphen zu streichen, wurde nicht gefolgt. Es wurde jedoch ein neuer Absatz 1 a eingefügt, wonach die Betriebe des Friseurhandwerks an Sonnabenden bis 18 Uhr geöffnet sein dürfen und dafür am Montagvormittag bis 13 Uhr geschlossen halten müssen. Zu § 17 § 17 regelt den Warenverkauf auf Märkten. Es wurden einige redaktionelle Änderungen vorgenommen. Zu § 18 Die Vorschrift dieses Paragraphen verbietet das gewerbliche Feilhalten von Waren zum Verkauf mit Ausnahme vom Verkauf von Tageszeitungen über die allgemein festgesetzten Ladenschlußzeiten hinaus. Der Ausschuß fügte der für den Zeitungsverkauf getroffenen Ausnahme die weitere Ausnahme für Volksbelustigungen hinzu. Zu § 19 Dieser Paragraph wurde gestrichen, weil die Mehrheit des Ausschusses der Meinung war, daß eine Regelung für Trinkhallen, Imbißstuben usw. im Gaststättengesetz zweckmäßiger sei. Ferner seien auch die an eine Trinkhalle zu stellenden hygienischen und die an den Inhaber zu stellenden persönlichen Voraussetzungen im Gaststättengesetz besser zu regeln. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf ebenfalls die Streichung dieses Paragraphen vorgeschlagen. Fünfter Abschnitt Zu § 19 a Dieser Paragraph wurde eingefügt, der für die Inhaber von Verkaufsstellen, in denen regelmäßig mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt wird, vorschreibt, einen Abdruck des Gesetzes usw. an geeigneter Stelle im Verkaufsraum auszuhängen, ferner ein Verzeichnis zu führen über die den Beschäftigten gewährten Ersatzfreizeiten für Sonn- und Feiertagsarbeit. Zu § 20 Die Formulierung wurde dahin geändert, daß die nach Landesrecht für den Arbeitsschutz zuständigen Verwaltungsbehörden die Aufsicht über die Ausführungen der Vorschriften dieses Gesetzes auszuüben haben. Zu § 20a Dieser Paragraph wurde neu eingefügt, um den obersten Landesbehörden die Möglichkeit zu geben, in Einzelfällen befristete Ausnahmen zuzulassen, wenn dieselben im öffentlichen Interesse dringend erforderlich sind. Der Bundesminister für Arbeit wurde ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und mit Zustimmung des Bundesrates entsprechende Rechtsverordnungen zu erlassen. Sechster Abschnitt Zu § 21 Der Ausschuß lehnte mit Mehrheit die Formulierung des § 21 der Drucksache 1461 ab und übernahm hierfür den entsprechenden Paragraphen des Regierungsentwurfs. Die Strafandrohung wurde auf 6 Monate Gefängnis und eine Geldstrafe oder eine dieser Strafen festgesetzt. Zu § 22 Der Ausschuß sah keinen Anlaß, die im Ordnungswidrigkeitengesetz festgesetzte Höchststrafe von 2000 DM zu ändern, und verzichtet deshalb auf die in Drucksache 1461 vorgeschlagene Nennung einer Höchstsumme der Geldstrafe. Zu § 23 Dieser Paragraph wurde unverändert angenommen. Siebenter Abschnitt Zu § 24 Der Paragraph wurde unverändert angenommen. Zu § 24 a Der Ausschuß hielt die Aufnahme dieser Vorschrift für notwendig, denn nur die Landesregierungen können bestimmen, welche Behörden für die Durchführung des Gesetzes zuständig sein sollen. Zu § 25 Dieser Paragraph wurde klarer gefaßt und folgender Zusatz angefügt: während der zugelassenen Öffnungszeiten und falls dies zur Erledigung von Vorbereitungs- und Abschlußarbeiten unerläßlich ist, während insgesamt weiterer 30 Minuten." Zu § 26 Berlin-Klausel Zu § 27 Der Ausschuß lehnte die Anregung des Ausschusses für Mittelstandsfragen, in einem Absatz 4 zu § 27 eine Übergangsregelung zur Durchführung des Gesetzes zu treffen, ab. Absatz 1 wurde mit Rücksicht auf den immer näher herankommenden Weihnachtsverkauf dahingehend geändert, daß die Vorschriften des § 12 (Regelung der verkaufsoffenen Sonntage vor Weihnachten) bereits am Tage nach der Verkündung dieses Gesetzes in Kraft tritt. Bonn, den 31. Oktober 1956 Franzen Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 795 (Vgl. S. 9333 B, D) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kopf, Hilbert, Dr. Furler und Genossen zur zweiten Beratung des von den Abgeordneten Meyer-Ronnenberg, Schneider (Hamburg), Odenthal, Lange (Essen), Eberhard, Frau Finselberger, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 2810, 1461). Der Bundestag wolle beschließen: In § 9 Abs. 3 Satz 1 werden die Worte „in unmittelbarer Nähe der Bundesgrenzen" durch die Worte der Nähe der Bundesgrenze" ersetzt. Bonn, den 6. November 1956 Dr. Kopf Hilbert Dr. Furler Dr. Czaja Frau Dietz Funk Gibbert Dr. Gleissner (München) Dr. Höck Frau Dr. Jochmus Kemper (Trier) Kroll Leibing Leonhard Mayer (Birkenfeld) Morgenthaler Rümmele Schlick Schüttler Seidl (Dorfen) Dr. Wahl Dr. Weber (Koblenz) Wiedeck Anlage 4 Umdruck 804 (Vgl. S. 9323 B ff., 9332 A, D) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Hellwig, Illerhaus, Dr. Blank (Oberhausen) und Genossen zur zweiten Beratung des von den Abgeordneten Meyer-Ronnenberg, Schneider (Hamburg), Odenthal, Lange (Essen), Eberhard, Frau Finselberger, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 2810, 1461). Der Bundestag wolle beschließen: Dem § 3 wird folgender Abs. 4 angefügt: (4) Absatz 1 Nr. 3 und Absatz 2 gelten ab 1. Januar 1959. Bis dahin müssen Verkaufsstellen sonnabends bis sieben Uhr und ab siebzehn Uhr und montags bis zehn Uhr geschlossen sein. Bonn, den 8. November 1956 Dr. Hellwig Illerhaus Dr. Dollinger Finckh Geiger (München) Huth Kemper (Trier) Dr. Leiske Lenz (Brühl) Dr. Leverkuehn Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) Dr. Pohle (Düsseldorf) Schulze-Pellengahr Dr. Serres Siebel Stücklen Dr. Blank (Oberhausen) Dr. Berg Anlage 5 Umdruck 810 (Vgl. S. 9320 C, 9321 C, 9323 A ff., 9332 C ff.) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des von den Abgeordneten Meyer-Ronnenberg, Schneider (Hamburg), Odenthal, Lange (Essen), Eberhard, Frau Finselberger, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 2810, 1461). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 1 Abs. 1 Nr. 1 wird das Wort , Warenautomaten" gestrichen. 2. § 1 erhält folgenden Abs. 3: (3) Dieses Gesetz gilt nicht für 1. Verkaufsstellen, in denen nur der Inhaber oder Familienangehörige des Inhabers tätig sind, 2. Zeitungsverkaufstellen, 3. Warenautomaten. 3. a) In § 3 Abs. 1 Nr. 2 werden die Worte „achtzehn Uhr dreißig Minuten" ersetzt durch die Worte „neunzehn Uhr". b) § 3 Abs. 1 Nr. 3 erhält folgende Fassung: 3. sonnabends bis sieben Uhr und ab siebzehn Uhr, c) § 3 Abs. 2 wird gestrichen. 4. In § 3 Abs. 3 werden nach dem Wort „Bäckerwaren" eingefügt die Worte , Tabakwaren, Frischobst, Südfrüchte, Gemüse". 5. § 6 wird gestrichen. 6. a) In § 9 Abs. 1 werden Nr. 1 und 2 wie folgt geändert: 1. an jährlich höchstens sechsundzwanzig Sonn- und Feiertagen bis zur Dauer von fünf Stunden, 2. sonnabends bis spätestens zwanzig Uhr verkauft werden dürfen. Sie können ... b) In § 9 Abs. 2 wird Satz 2 gestrichen. c) In § 9 Abs. 3 Satz 1 wird das Wort „achtzehn" ersetzt durch das Wort „neunzehn". d) In § 9 Abs. 3 wird Satz 2 gestrichen. 7. In § 11 Abs. 1 werden nach dem Wort „Frischobst," eingefügt die Worte „Südfrüchte und Gemüse,". 8. a) In § 13 Abs. 1 erhält Satz 1 folgenden Wortlaut: Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus besonderem Anlaß an jährlich höchstens zehn Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. b) In § 13 Abs. 2 a Satz 2 wird das Wort „sechzehn" ersetzt durch das Wort „sechsundzwanzig". 9. In § 14 a erhält die Überschrift folgende Fassung: „Verkauf an Werktagen nach neunzehn Uhr". 10. § 16 wird gestrichen. 11. a) In § 18 Abs. 1 wird Satz 1 am Ende wie folgt gefaßt: ...., sowie für das Feilhalten von Tageszeitungen und von zubereiteten Speisen. b) § 18 Abs. 1 wird folgender Satz 3 angefügt: Die untere Verwaltungsbehörde kann aus besonderem Anlaß Ausnahmen zulassen. 12. § 27 Abs. 2 Nr. 4 beginnt mit den Worten „die Ausführungsverordnung zum Gesetz über den Verkauf von Waren aus Automaten ...". Bonn, den 8. November 1956 Dr. Atzenroth Dr. Becker (Hersfeld) und Fraktion Anlage 6 Umdruck 812 (Vgl. S. 9333 A) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Hellwig, Dr. Blank (Oberhausen) und Genossen zur zweiten Beratung des von den Abgeordneten Meyer-Ronnenberg, Schneider (Hamburg), Odenthal, Lange (Essen), Eberhard, Frau Finselberger, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 2810, 1461). Der Bundestag wolle beschließen: Nach § 4 wird folgender § 4 a eingefügt: § 4a Abweichend von den Vorschriften des § 3 dürfen Kioske für den Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften 1. an allen Werktagen durchgehend von sieben Uhr bis neunzehn Uhr, 2, an Sonn- und Feiertagen von zehn Uhr bis dreizehn Uhr geöffnet sein. Bonn, den 8. November 1956 Dr. Hellwig Dr. Böhm (Frankfurt) Dr. Dollinger Finckh Geiger (München) Huth Dr. Leiske Lenz (Brühl) Leonhard Dr. Leverkuehn Mühlenberg Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) Dr. Pohle (Düsseldorf) Rasing Dr. Serres Siebel Schulze-Pellengahr Dr. Blank (Oberhausen) Dr. Berg Anlage 7 Drucksache 2821 (Vgl. S. 9337 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (22. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 2546). Berichterstatter: Abgeordneter Dewald Der Ausschuß für Geld und Kredit hat sich in seiner Sitzung am 4. Oktober 1956 mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beschäftigt. Bei seiner Beratung ist er davon ausgegangen, daß bereits das Gesetz über eine vorübergehende Erweiterung der Geschäfte der Hypotheken- und Schiffspfandbriefbanken vom 5. August 1950 (BGBl. I S. 353) und das Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Hypotheken- und Schiffsbankrechts sowie über Ausnahmen vom § 247 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom 30. April 1954 (BGBl. I S. 115) eine Auflockerung bestehender gesetzlicher Vorschriften erbracht hatten. Obwohl diesen Gesetzen nur ein Übergangscharakter zukommen sollte und sie deshalb zeitlich begrenzt waren, ergab sich aus wirtschaftlichen Gründen die Notwendigkeit einer Verlängerung und damit auch die Möglichkeit einer Anpassung an die heutigen Erfordernisse. Im Entwurf ist jedoch davon abgesehen worden, jetzt den Wortlaut des Hypothekenbankgesetzes, des Schiffsbankgesetzes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandte Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten zu ändern. Dies soll vielmehr vorbehalten bleiben, bis eine endgültige Klarheit über die gesetzliche Neuregelung des Kreditwesens geschaffen ist. Der Bundesrat hat zum vorliegenden Gesetzentwurf dahingehend Stellung genommen, daß der Gesetzentwurf zustimmungsbedürftig sei, und angeregt, einen neuen Artikel 1 a einzufügen, welcher die öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten befugt, Schiffspfandbriefe herauszugeben, die durch Schiffshypotheken gedeckt sind und für welche die Führung eines besonderen Deckungsregisters vorgesehen ist. Begründet hat er seine Anregung, solche zusätzlichen Emissionen herauszubringen, damit, daß die deutsche Schiffahrt durch den Abbau öffentlicher Hilfen nunmehr ganz auf die Inanspruchnahme des Kapitalmarkts angewiesen ist. Der Ausschuß für Geld und Kredit hat wegen der besonderen Eigenart der Materie Sachverständige gehört. Der Vertreter der privaten Schiffsbanken hat ,dabei die Ansicht vertreten, die Einfügung eines Artikels 1 a berge die Gefahr in sich, daß eine Fehlleitung des an sich schon knappen Kapitals die Folge sein könne. Neue Refinanzierungsquellen würden durch eine solche Ausweitung nicht erschlossen; zudem handele es sich um eine Spezialaufgabe, die schon immer von besonderen Kreditinstituten wahrgenommen wurde, und es bestehe deshalb keine Notwendigkeit, das Emissionsrecht, das bisher bei den Schiffspfandbriefen gelegen habe, auszuweiten. Demgegenüber vertrat der Vertreter des Verbandes öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute die entgegengesetzte Auffassung. Er glaubte, daß durch die Ausweitung des Emissionsrechtes neue Refinanzierungsquellen erschlossen würden, und vertrat die Ansicht, daß hier eine Anpassung der (Dewald) gesetzlichen Regelung an die Erfordernisse der Praxis notwendig sei. Der Sprecher des Verbandes der privaten Hypothekenbanken legte dar, daß, falls sowohl die öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten als auch die Schiffsbanken auf eine Ausweitung des Emissionsrechtes nicht verzichten zu können glaubten, auch den privaten Hypothekenbanken das Recht zur Ausgabe von Schiffspfandbriefen nicht vorenthalten werden könne. Der Ausschuß beschloß nach längerer Aussprache mit Mehrheit, eine Ausweitung des Emissionsrechtes in keinem Falle zu genehmigen und demgemäß die Anregung des Bundesrates auf Einfügung eines Artikels 1 a abzulehnen. Auf Grund des vorgenannten Beschlusses wurden im Gesetzentwurf gestrichen a) in Artikel 1 die Nummern 1 und 5; in Artikel 2 Abs. 4 die Worte „§ 40 a des Schiffsbankgesetzes" ; m) in Artikel 3 die Nummer 2. Der Ausschuß schloß sich der Meinung der Bundesregierung an, daß das vorliegende Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Im übrigen stimmte der Ausschuß dem Gesetzentwurf unverändert zu. In 'Übereinstimmung mit dem Ausschußbeschluß empfiehlt der Berichterstatter dem Hohen Hause gleichfalls die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf in der nachstehenden Fassung. Bonn, den 26. Oktober 1956 Dewald Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmut Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich habe Ihre Novelle noch nicht gelesen, Herr Kliesing, aber ich weiß, daß sie den Versuch macht, hier den dringendsten Nöten abzuhelfen. Ich weise jedoch darauf hin, daß vor fünf Tagen das Verteidigungsministerium in einer Denkschrift, die Ihnen und mir zugegangen ist, festgestellt hat, daß es sich hier nur um die Beseitigung der gröbsten Mißstände handeln kann, weil man ja nur auf dem Wege der Rechtsverordnung eingreifen kann. Sie müßten also genau wie ich davon überzeugt sein, daß es dabei keineswegs sein Bewenden haben kann. Es ist vielmehr nur ein Heftpflaster.

    (Abg. Rasner: Das ist ja noch keine Antwort! — Abg. Dr. Kliesing: Ich fragte Sie, ob Sie zustimmen!)

    — Wegen der Zustimmung muß ich noch einmal sagen: ich habe die Novelle noch nicht gelesen. Wenn sie in ihrer Tendenz so ist, wie ich annehme, so vermute ich, daß wir ihr zustimmen, genau so wie wir seinerzeit gegen den Herrn Finanzminister von Anfang an für eine Erhöhung der Unteroffiziersgehälter gekämpft haben, wo Sie sich letzten Endes den finanzpolitischen Argumenten Ihres Finanzministers gebeugt haben.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    — So war es doch!
    Meine Damen und Herren, ich möchte eins klarstellen. Es wird von dritter Seite -- und vielleicht gar nicht einmal immer böswillig — häufig folgendes mißverstanden. Unser Kampf für die Rechte des einzelnen Soldaten, des freiwilligen genau so wie des wehrpflichtigen Soldaten, geht in eine bestimmte Richtung, weil wir das Gefühl haben, daß dem Soldaten im Augenblick nicht das rechtzeitig gegeben wird, dem Wehrpflichtigen und dem Wehrdienstverweigerer nicht das gegeben wird, was ihnen zusteht. Und er richtet sich insgesamt gegen die Militärpolitik des Bundeskanzlers, die wir für falsch halten. Er richtet sich ebenso gegen die Gefahr des Militarismus, sei es ein ziviler Militarismus oder einer von militärischer Seite. Aber er richtet sich in keiner Weise — und das ist es, was so häufig den Soldaten suggeriert wird — gegen den Soldaten selbst. Das möchte ich hier einmal mit aller Entschiedenheit herausstellen. Es scheint mir deswegen notwendig zu sein, weil ich glaube, daß das zukünftige Verhältnis zwischen den Soldaten


    (Schmidt [Hamburg])

    insgesamt und der politischen Linken in Deutschland insgesamt ein entscheidend wichtiges Problem für die innenpolitische Entwicklung in Deutschland sein wird.

    (Abg. Dr. Arndt: Sehr richtig!)

    Ich glaube, daß man von beiden Seiten mit einem gewissen Maß an menschlichem Vertrauen im voraus die andere Seite betrachten soll, mit einem erheblichen Willen zum gegenseitigen Verständnis. Das soll keineswegs bedeuten, daß man in allen politischen und in allen militärischen Fragen etwa zu gemeinsamen Auffassungen kommen müßte. Ich wünsche klarzustellen, daß der Kampf der Sozialdemokratie gegen die Wehrpolitik des gegenwärtigen Bundeskanzlers von dem Wunsch begleitet wird, die nun einmal gegen unsern Willen geschaffene Bundeswehr und den Soldaten selbst in die Gemeinschaft unseres Staates und unseres Volkes einzufügen, und wir lassen uns darin von Herrn Majonica nicht übertreffen.

    (Sehr gut! bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Ausgezeichnet!)

    Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen eingangs angekündigt, daß wir nicht die Absicht haben, die heutige Debatte zu einer Auseinandersetzung großen Stils über die Grundsätze der Militärpolitik zu benutzen. Ich fasse daher zusammen: nach allem, was ich vorgetragen habe, können wir nur zu dem Ergebnis kommen, daß in der näheren Zukunft die Durchführung des Wehrpflichtgesetzes illusorisch ist. Sie haben noch einige -zigtausend Freiwilligenmeldungen auf Vorrat. Auf die müßten Sie dann verzichten, nur damit Sie der Form und dem Schein nach Wehrpflichtige in die Kasernen bringen können. Wir sind auch davon überzeugt, daß der Verteidigungsminister nicht im Ernst daran denkt.

    (Abg. Lücke: Wie genau Sie das wissen!) — Wir sind davon überzeugt, habe ich gesagt.


    (Abg. Lücke: Haben Sie einen solch guten Kontakt?)

    — Nein, wir haben ihn nicht, aber vielleicht bringen Sie Ihren Minister dazu, hier eine ausdrückliche Erklärung abzugeben.

    (Abg. Lücke: Würde mich sehr freuen!)

    Wir befürchten allerdings, daß Sie vielleicht Interesse daran haben, Ihren Minister auf einen solchen Termin festzulegen, eben aus den bekannten optischen Gründen, von denen vorhin die Rede war. Wenn Sie trotzdem nach außen hin den Eindruck zu erwecken trachten, als ob die Durchführung des Wehrpflichtgesetzes und der ganze Wehraufbau sehr viel schneller vor sich gehen könnten und als ob es Ihr Wille sei, daß alles sehr viel schneller über die Bühne ginge, dann müssen wir Ihnen entgegenhalten: Warten Sie zunächst einmal ab, was sich aus der gegenwärtigen Erschütterung Ihrer bisherigen eigenen Pläne und des militärischen Lagebildes ergibt. Herr Strauß hat von reappraisal gesprochen. Es ist ein komisches Wort. Ich weiß nicht, wie es sich schreibt. Aber er hat dargetan, es handle sich um eine Umwertung aller Werte bei der NATO. Dann warten Sie doch bitte auch einmal ab, was dabei herauskommt! Warten Sie auch ab, was bei der politischen Umwertung der NATO herauskommt! Es hat wenig Sinn, daß Sie einfach nur auf alten Straßen weitermarschieren wollen.
    Zum andern möchte ich am Schluß als politische Bemerkung hervorheben: Da es feststeht, daß Sie vor Herbst nächsten Jahres bestenfalls nur zum Schein einige tausend Wehrpflichtige einziehen könnten und daß keinerlei militärische Planungsgründe dafür sprechen, da weiter feststeht, daß im nächsten Frühherbst ein neues Parlament gewählt wird und eine andere Bundesregierung hier die Zügel ergreift,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — ganz gleich, wie sie im einzelnen zusammengesetzt sein mag — da also feststeht, daß eine andere Bundesregierung an die Stelle der bisherigen tritt, scheint es uns, daß Sie demokratische Grundsätze verletzen, wenn Sie heute versuchen, im voraus vollendete Tatsachen zu schaffen,

    (Oho!-Rufe von der CDU/CSU)

    womöglich in der Hoffnung, dadurch eine Entwicklung einleiten zu können, die auch spätere Regierungen nicht mehr aufhalten könnten.
    Herr Strauß hat gestern im Rundfunk gesagt, und heute hat er es zitiert: Die Bundeswehr solle aus dem tagespolitischen Streit endlich herausgehalten werden, wenn nicht alles Ansehen bei unseren Freunden verlorengehen und wir zum Gespött unserer Gegner werden sollten. Wenn wir uns darüber einig sind, daß andererseits, Herr Minister Strauß, die Grundsätze der Militärpolitik und die Fragen des Gesamtumfangs der Bundeswehr wie auch die Frage der Zeitplanung in bezug auf die Durchführung der Wehrpflicht hochpolitische Streitfragen sind und bis zur Neuwahl des Bundestages bleiben werden, dann haben wir im übrigen gegen den zitierten Satz nichts einzuwenden.

    (Abg. Lücke: Sie wollen also mit dieser Streitfrage die Wahl noch gewinnen?! — Weitere Zurufe.)

    — Wahl gewinnen oder Wahl verlieren, meine Damen und Herren, hier geht es um eine der entscheidendsten politischen Fragen unseres Volkes. Sie kann nur durch die Wahl entschieden werden!

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Lücke: Dem sehen wir mit Ruhe entgegen!)

    Sie selbst haben es in der Hand, durch einen Verzicht auf die überstürzte Durchführung der Wehrpflicht die vorhandene Bundeswehr davor zu bewahren, daß sie in eine Situation gebracht wird, der sie nicht gerecht werden kann und in der sie dann zwangsläufig Gegenstand verschärfter öffentlicher Auseinandersetzungen werden müßte. Musterung und Einziehung der ersten Wehrpflichtigen unmittelbar vor Beginn des Bundestagswahlkampfes würden wirklich das Staatsgefüge gefährden und die Unteroffiziere und Offiziere der Bundeswehr in eine außerordentlich schwierige Lage gegenüber dem Volke bringen, eine schwierigere Lage als je seit 30 oder noch mehr Jahren. Was die Truppe braucht, ist in erster Linie Ruhe für eine organische Entwicklung. Sie ist ohnehin noch lange nicht gefestigt genug, um die starke öffentliche Kritik mit einem gewachsenen Selbstbewußtsein hinzunehmen, um aus berechtigten Hinweisen zu lernen, und auch nicht stark genug, um Fehlurteile und Vorurteile zu ertragen. Wenn sich in Diskussionen Truppenoffiziere beschweren, die CDU/CSU betrachte den Soldaten nur als Mittel zum Zweck und die Opposition betrachte ihr nur als notwendiges Übel, so muß man daraus


    (Schmidt [Hamburg])

    erkennen, daß sie einstweilen noch nicht verstanden haben, daß niemand hier in diesem Saale die Soldaten zum Selbstzweck machen will und daß niemand sie zu einem erwünschten Heil machen will. Hier fehlt es wirklich noch an Verständnis für die politische Situation unseres Volkes. Da braucht es noch Zeit bei diesen Soldaten.
    Wohl aber haben Gesetzgeber und Regierung die Pflicht, die soziale, die rechtliche, die staatspolitische Stellung des Soldaten von vornherein sorgfältig zu fundieren. Uns scheint, das Parlament würde diese Aufgabe gröblich verletzen, wenn es die gegenwärtigen 65 000 Berufssoldaten ohne jede militärische Notwendigkeit in den offenen Konflikt einer Wehrpflichtdurchführung hineinstürzen wollte.
    Meine Damen und Herren, wir lehnen Ihre Vorlage ab und bedauern, auch der Überweisung an die Ausschüsse nicht zustimmen zu können.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mende.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Mende


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der bisherige zweistündige Ablauf dieser Debatte beweist, daß die Antragsteller schlecht beraten waren, als sie nach einer Geschäftsordnungsdebatte diesen Punkt auf die heutige Tagesordnung setzten, anstatt sich in der wesentlich ruhigeren Atmosphäre eines anderen Tages dieser Diskussion zuzuwenden. Vielleicht ist auch noch daran zu erinnern, daß es angesichts der gegenwärtigen Situation zweckmäßiger gewesen wäre, unserem Rat zu folgen, diesen Gesetzesvorschlag ohne Aussprache und ohne Begründung dem Ausschuß zu überweisen und die hochpolitische Debatte an einem anderen Tag stattfinden zu lassen, an dem unsere Bevölkerung mehr Verständnis für eine wehrpolitische Diskussion in diesem Hause haben würde als angesichts der letzten Nachrichten, die den Hintergrund noch wesentlich makabrer darstellen, als es hier vom Verteidigungsminister schon geschildert wurde. Es wäre besser gewesen, zu einem anderen Zeitpunkt ein solches Verständnis zu suchen, das heute in dieser Situation draußen nicht gefunden werden kann. Wir sollten auch alles vermeiden, angesichts der zweigeteilten Situation Deutschlands auch nur einen Vorwand für jene zu liefern, die sich möglicherweise durch eine solche Debatte provoziert fühlen könnten.
    Ich möchte nun zur Sache kommen. Wir, die Freie Demokratische Partei, haben bereits in der zweiten Lesung des Wehrpflichtgesetzes am 4. Juli dieses Jahres durch unseren Kollegen Atzenroth einen Antrag begründen lassen, den § 5 des Wehrpflichtgesetzes so zu fassen, daß eine zwölfmonatige Grundwehrdienstzeit eingeführt worden wäre. Dieser Antrag ist in der zweiten Lesung abgelehnt worden. Es fielen harte Worte: 18 Monate und was darunter ist wäre organisierter Massenmord. Wir haben in der dritten Lesung noch einmal beschwörend darauf hingewiesen, daß ein Wehrpflichtgesetz, das das Wichtigste, nämlich die Dienstzeit, nicht regele, ein unvollständiges Gesetz, ein Torso sei, der es nicht rechtfertige, daß man vor den Parlamentsferien bis frühmorgens 4 Uhr eine so angespannte Diskussion führte. Wir wollten schon damals durch unseren Antrag, den § 5 zu ersetzen, dieses Gesetz wenigstens zu einem perfekten Gesetz machen. Auch in der dritten Lesung ist dieser Antrag abgelehnt worden.
    Nun, wir geben heute unserer Genugtuung Ausdruck, daß die Bundesregierung nunmehr durch diese Gesetzesvorlage sich unsere damaligen Argumente zu eigen macht und einen zwölfmonatigen Grundwehrdienst vorschlägt. Wir geben auch unserer Genugtuung darüber Ausdruck, daß — wie in der Begründung zu dieser Gesetzesvorlage ausgeführt — sich der Anteil der Berufssoldaten und längerdienenden Freiwilligen von damals 230 000 Mann auf 300 000 Mann erhöhen würde, wenn man an dem Limit von 500 000 Mann festhalten sollte, was sehr unwahrscheinlich ist. Schon damals haben wir erklärt, in den modernen Armeen müsse der Anteil der Berufssoldaten und längerdienenden Freiwilligen bei Luftwaffe und Marine bei 90 %, beim Heer bei etwa 60 % liegen, also würde notwendigerweise auch bei uns der Schwerpunkt unserer Wiederbewaffnung auf den Berufssoldaten und längerdienenden Freiwilligen liegen, und daher komme dem Wehrpflichtgesetz in dieser Situation eine untergeordnete Bedeutung zu.
    Vom Kollegen Majonica ist auch davon gesprochen worden — indem er meinen Parteifreund Haas aus München zitierte —, daß die Freien Demokraten möglicherweise angesichts der jüngsten außenpolitischen Ereignisse eine Änderung ihrer wehrpolitischen Haltung vornehmen würden. Mitnichten, meine Damen und Herren! Wir fühlen uns durch die letzten Ereignisse mehr denn je in dem bestätigt, was wir diesem Haus und seinem Regierungschef in wehrpolitischen Fragen vorgetragen haben. Ich darf Sie daran erinnern, Herr Kollege Majonica, daß wir in dem am 31. Januar 1956 mit der Unterschrift des Vorsitzenden unserer Fraktion und Partei an den Herrn Bundeskanzler geleiteten Memorandum zur Wehrpolitik — das in der Hauptsache von mir verfaßt war —, d. h. vor nahezu zehn Monaten — ich bitte Sie, sehr aufmerksam zuzuhören —, folgendes als das Dringendste empfohlen haben.
    Die Sowjetzone
    — so hieß es in unserem Memorandum —
    ist durch die Aufstellung von 7 Volkspolizeidivisionen, einer Volksmarine und einer Volksluftwaffe der Bundesrepublik auf dem Gebiet der praktischen Wehrpolitik weit voraus. Auch wenn man den Kampfwert der Sowjetzonenstreitkräfte nicht hoch veranschlagt und mit Recht auf den Mangel an zuverlässigen und qualifizierten Offizieren und Unteroffizieren hinweist, bleibt die Bewaffnung der Sowjetzone eine große staatspolitische Gefahr für die Bundesrepublik.
    Diese Gefahr ist um so größer, da im Jahr der amerikanischen Präsidentschaftswahlen und großer eigener Sorgen eines Teiles unserer Bündnispartner im Nahen Osten und in Afrika sich durchaus ein Anreiz zu innerdeutschen Aktionen bei den Sowjetzonenmachthabern ergeben könnte, wenn die Bundesrepublik nicht binnen kürzester Frist über einen genügenden Selbstschutz verfügt. Aus diesem Grunde hat die Fraktion in der Kabinettssitzung vom 20. November 1955


    (Dr. Mende)

    — als wir noch Mitglied dieser Regierung waren —
    der dringenden Übernahme des Bundesgrenzschutzes zugestimmt, um in wenigen Monaten durch die Ausrüstung des Bundesgrenzschutzes mit den ersten schweren Waffen und durch die Auffüllung dieser Kader durch Freiwillige noch in diesem Jahr drei einsatzbereite Divisionen aufzustellen.
    Meine Damen und Herren, wir stellen fest, daß man diesem Rat nicht gefolgt ist, daß man wertvolle Zeit hat verstreichen lassen, daß wir den sechsten Schritt — nämlich das Wehrpflichtgesetz ohne Dienstzeit — vor dem fünften, vierten und dritten Schritt getan haben.

    (Sehr wahr! bei der FDP.)

    Nach wie vor fehlt heute das Besoldungsgesetz, das auf den Freiwilligenzuwachs sehr attraktiv gewirkt hätte; es fehlt das Versorgungsgesetz, das manche Unsicherheit im Kreis unserer Freiwilligen bereits beseitigt hätte; es fehlt das Organisationsgesetz, es fehlt die Beschwerdeordnung, es fehlt die Disziplinarordnung, es fehlt das Gesetz über den Wehrbeauftragten. Wer wagt heute noch in diesem Hause zu behaupten, daß die Art unserer Planung den primitivsten Forderungen nach einem Selbstschutz gerecht geworden ist?

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Jetzt muß der neue Bundesverteidigungsminister alles tun, um wenigstens in den nächsten Wochen zusammenzubringen, was an Selbstschutz zusammengebracht werden kann, weil man in der Vergangenheit bei uns in theoretischen Planungen bis zum Jahre 1961 operiert hat, das Nächstliegende aber, einen Selbstschutz aufzubauen, leider übersehen hat.
    Es ist auch nicht wahr, daß wir Freien Demokraten das Prinzip einer Verteidigungspflicht jemals preisgegeben hätten. Herr Kollege Majonica, ich bitte Sie, nachzulesen, was wir in der zweiten Lesung am 4. Juli 1956 und in der dritten Lesung am 6./7. Juli 1956 dazu gesagt haben. Ich muß es leider, weil unsere Haltung immer wieder im Lande verleumdet wird, hier vorlesen. Ich wünschte, ich könnte mir das ersparen. Es heißt im Stenographischen Bericht der 159. Sitzung des Bundestages:
    Wir Freien Demokraten haben niemals das Prinzip der allgemeinen Verteidigungsdienstpflicht preisgegeben, wie es in falschen, oft bewußt diffamierenden Darstellungen hier und da zu lesen ist. Wir bekennen uns nach wie vor zu dem Grundsatz, daß, wer die Grundrechte eines Volkes für sich in Anspruch nimmt, auch bereit sein muß, ein gewisses Maß von Grundpflichten auf sich zu nehmen. Eine dieser Pflichten ist, zur allgemeinen nationalen Verteidigung des Volkes beizutragen, auch durch die Übernahme soldatischen oder soldatenähnlichen Dienstes oder eines allgemeinen Verteidigungsdienstes im Sinne der Sicherung unserer Grundfreiheiten.
    Wir glauben aber, meine Damen und Herren, daß gewisse frühere Vorstellungen von der allgemeinen Wehrpflicht zwangsläufig überholt sind und daß man daher nicht mehr mit den alten Begriffen der Wehrpflicht operieren kann. Es ist keine allgemeine Wehrpflicht mehr, wenn wir ganze Berufszweige aus dieser Wehrpflicht ausklammern müssen: den Bergbau, die eisenschaffende Industrie, einen großen Teil der Spezialarbeiter, vielleicht zu einem Teil die Landwirtschaft.
    Im totalen Krieg, der uns drohen könnte, ist Strategie die Summe politischer, wirtschaftlicher, sozialer, propagandistischer und militärtechnischer Maßnahmen. Uns ist der Mann, der für uns unter Tage die Kohle fördert, der an seinem Reißbrett weiterplant, der weiter in den Kraftwerken an den Hebeln dreht oder der weiter für die Versorgung der Bevölkerung arbeitet — möglicherweise im Katastrophenfall —, wichtiger als der, der sich gegenwärtig in Andernach mit der Handhabung einer Waffe vertraut macht.

    (Abg. Stücklen: Das haben wir ja im Gesetz vorgesehen!)

    Wir wollen daher den Begriff der allgemeinen Wehrpflicht, die gar keine allgemeine mehr ist, erweitert wissen auf eine allgemeine Verteidigungsdienstpflicht aller Bürger. Denn man kann das Problem der Sicherung unserer Nation nicht aus dem schmalen Sektor der mobilen Truppe allein sehen.

    (Zuruf des Abg. Stücklen.)

    Das große Gebiet des Luftschutzes, das große Gebiet des Civil defence, der Heimatverteidigung und des Zivilschutzes, gehört mit in den Problemkreis. Herr Kollege Stücklen, hier ist so viel von der ungarischen Tragödie gesprochen worden, — ich glaube, sowohl Ungarn als auch die Ereignisse im Nahen Oosten gestatten noch nicht, endgültige militär-fachliche Schlüsse zu ziehen, weil wir noch gar nicht wissen, wohin die Entwicklung möglicherweise noch treibt. Aber eines habe ich aus den ungarischen Ereignissen gelernt: man hat im ersten Augenblick nach Blutkonserven, nach Medikamenten, im zweiten nach Ernährungsgütern, hochkonzentrierten Nahrungsmitteln und Verbandstoffen gerufen, und erst in der dritten Phase rief man nach Waffen und Munition. In einem Katastrophenfall mit den massenvernichtenden Waffen, auch schon der nicht atomgeladenen Geschütze und Panzer und Flugzeuge, ist die Zivilbevölkerung heute doch der Teil, der zunächst am meisten in Mitleidenschaft gezogen wird. Und wieviel mehr sind die Erfahrungen aus Kairo und aus Budapest auf das dicht besiedelte Ruhrgebiet und auf das zusammengedrängte Bevölkerungspotential der Bundesrepublik anzuwenden!
    Wir glauben also, daß wir im Ausschuß für Verteidigung bei der Diskussion dieses Gesetzes auch die übrigen Sachgebiete sehr intensiv behandeln müssen, die durch dieses Gesetz und das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht angerührt werden. Uns ist, wenn es zu einer Zuspitzung der internationalen Lage kommt und wenn auch das zweigeteilte Deutschland in den Bereich bewaffneter Aktionen gerät, der Arzt, der in Hamburg an seinem Operationstisch stehen bleibt, die Krankenschwester, die da stehen bleibt, der Fahrer, der die Versorgung der Großstädte in der Nähe der Zonengrenze weiterbetreibt und nicht mit seinem Kraftfahrzeug sich panikartig auf die Autobahn begibt und mit anderen nach Westen strömt, uns ist der, der im Elektrizitäts- und im Wasserwerk an seinem Platz stehen bleibt und die Versorgung der Bevölkerung sicherstellt, für die Gesamtentwicklung unserer Verteidigung möglicherweise wichtiger als der, der sich als Soldat zu einer Gegenaktion in Bewegung setzt. Wir haben doch im Jahre 1940 in Frankreich erfahren, wie auch das Operieren mobiler militärischer Verbände steht und fällt mit dem Verhalten


    (Dr. Mende)

    der Zivilbevölkerung in dem Raum, sei es, daß sie die Nerven behält und an ihrem Posten bleibt und möglicherweise durch eine nationale Verteidigungspflicht gezwungen ist, auf dem Posten auszuharren, sei es, daß sie sich auf die Straßen ergießt und alle Bewegungen der mobilen Truppe blockiert.

    (Abg. Lücke: Das widerspricht doch nicht den 12 Monaten!)

    — Das widerspricht nicht der 12-Monate-Dienstzeit, die wir ja selber zu einer Zeit, als Sie sie noch nicht wahrhaben wollten, vorgeschlagen haben und der wir auch in diesem Fall zustimmen. Das beweist aber -- bei der ersten Lesung eines Gesetzes sollen ja die Prinzipien diskutiert werden —, daß man weit über das hier Vorgeschlagene hinaus denken und organisieren muß, wenn man eine effektive Notwehr für unsere Nation schaffen will.
    Ich wende mich mit dieser Feststellung gegen jene, die von einem Umdenken der Freien Demokraten wissen wollen. Im Gegenteil, wir hoffen, daß, nachdem sich das schon bei diesem Gesetz zeigt, die Bundesregierung sich auch noch in anderen Planungen unseren Vorschlägen anschließt, die, wie wir glauben, moderner waren als die früheren amtlichen Planungen. Wir haben über den Radford-Plan, Herr Kollege Lücke, hier schon zu einer Zeit gesprochen und seine Konsequenzen aufgezeigt, als die Regierung von der Existenz dieses Plans überhaupt noch nichts wissen wollte. Später wurde mit dem gleichen Radford-Plan jene Veränderung der Dienstzeit von 18 Monaten auf 12 Monate begründet.
    Ich darf hier einige Sätze auch an die Adresse unserer Partner richten. Es ist für uns kein Zweifel, daß wir treu zu den Verpflichtungen stehen, die wir Freien Demokraten mitbeschlossen haben, und die Annahme des Freiwilligengesetzes, des Soldatengesetzes und der Vorwegbewilligungen beweist, daß wir zu diesen Verpflichtungen stehen. Aber für uns sind die Verträge, NATO wie Westeuropäische Union, nicht der Weisheit letzter Schluß. Vielmehr muß man sie unserer Meinung in den allgemeinen, nicht nur politischen, sondern auch strategischen Entwicklungsprozeß hineinstellen und prüfen, welche neuen Konstruktionen sich möglicherweise aus den neuen Situationen zwangsläufig ergeben müssen. Wir haben hier konkrete Vorschläge gemacht. Wenn uns seitens der NATO-Partner vorgeworfen wird, daß wir uns einer Verpflichtung entziehen, indem wir nur 12 Monate Dienstzeit beschließen, während die NATO-Partner selber in der Masse 18 oder gar 24 Monate Dienstzeit haben, so ist diesem Argument durchaus ein Gegenargument entgegenzuhalten. Die überseeischen Staaten, vor allem die großen Nationen, haben überseeische Verpflichtungen. Wir haben keine Verpflichtungen dieser Art, aber wir haben andere Verpflichtungen, die bei diesen Staaten nicht sichtbar sind. Wir haben die gewaltigen Hypotheken des zweigeteilten Deutschland und des verlorenen Krieges mit einem Substanzverlust von fast 7 Millionen Menschen. Die Verluste der deutschen Bevölkerung — das darf hier einmal ausgesprochen werden — sind prozentual die größten Verluste aller kriegführenden Nationen des zweiten Weltkriegs. Der biologische Substanzverlust an Toten und Vermißten beträgt bei uns 10 % unserer Bevölkerung. Wir haben 8 Millionen Vertriebene, wir haben 2 Millionen Sowjetzonenflüchtlinge, d. h. die gewaltige soziale Hypothek von 10 Millionen Menschen mehr in diesem westdeutschen Raum. Wir haben 41/2 Millionen rentenberechtigte Kriegsopfer. Wir haben die Hypothek des zweigeteilten Deutschlands mit handelspolitischen Schwierigkeiten, mit der Versorgung Berlins. Ich könnte die Reihe dieser Hypotheken noch fortsetzen.
    Das beweist doch auch unseren Partnern, daß wir die Menschen aus unserer Produktion zur Waffenausbildung nur so viele Monate herausziehen können, als unbedingt nötig ist, um diesen Menschen das Notwendigste in der Handhabung der Waffen beizubringen. Die Spezialwaffen werden ohnehin in zwölf, auch in 24 Monaten denjenigen, die als Dienstpflichtige eingezogen werden, nicht vertraut gemacht werden können. Man muß die Handhabung jener elektronischen, jener technisierten Waffen also Berufssoldaten und längerdienenden Freiwilligen überlassen.
    Aber unsere Leistungsfähigkeit hat dort eine Grenze, wo die Verpflichtung gegenüber der sozialen Hypothek beginnt. Das Leben ist in dem Maße verteidigungswert, in dem es für jedermann auch lebenswert geblieben ist. Wir können daher volkswirtschaftlich nicht mehr an Herauslösung von Kräften aus der Produktion ertragen, als zur Waffenausbildung unbedingt nötig ist. Wir müssen so viel Menschen wie möglich an dem Produktionsprozeß teilhaben lassen. Das Problem der Wehrdienstzeit stellt sich mit dieser gewaltigen Sozialhypothek in Deutschland somit ganz anders als in jenen Staaten, die glücklicherweise nicht von ähnlichen Lasten betroffen sind.
    Meine Damen und Herren, ich darf für die Fraktion der Freien Demokraten erklären, daß wir der Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Verteidigung zustimmen, daß wir die Gelegenheit der Debatte im Verteidigungsausschuß dazu benutzen werden, unsere Gedankengänge zu einer Vertiefung dieses Gesetzesvorschlags vorzutragen, insbesondere zu erfahren, welche Maßnahmen der Verteidigungsminister für die Zivilverteidigung, für den Luftschutz und für den Strahlenschutz zu treffen gedenkt. Ich darf auch erklären, daß wir den neuen Verteidigungsminister aus der Überzeugung, daß er modernen Planungen aufgeschlossen ist, in seinem Bemühen unterstützen werden, Qualität an Stelle von Quantität zu setzen und immer zu prüfen, wie das gewaltige Opfer der deutschen Wiederbewaffnung so effektiv wie möglich gestaltet werden kann. Denn wenn wir schon 12 Milliarden DM — soviel werden es doch in jedem Jahr — für unsere Sicherheit ausgeben müssen, wenn wir 150 000 oder 300 000, wer weiß, ob vielleicht auch noch mehr Menschen aus dem Produktionsprozeß herausziehen und ihnen das Opfer soldatischen Dienstes zumuten, dann soll dieses Opfer unserer Nation zu einem Höchstmaß an Verteidigungskraft führen. Sonst wäre es sinnlos. In diesem Bemühen werden wir den neuen Verteidigungsminister genauso unterstützen, wie wir es früher getan haben. Wir hoffen, daß unsere Vorschläge jetzt ein bereiteres Ohr finden, als das früher der Fall war.

    (Beifall bei der FDP und dem GB/BHE.)