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    2. Deutscher Bundestag — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1956 9149 166. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1956. Ergänzung der Tagesordnung 9151 B Fragestunde (Drucksache 2782): 1. Frage des Abg. Hübner (FVP) betr. unterschiedliche Berechnung von Selbstwähl- und handvermittelten Verbindungen im Fernsprechverkehr: Dr.-Ing. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 9152 A Hübner (FVP) 9151 C, D 2. Frage des Abg. Hübner (FVP) betr. Stand der Arbeiten an dem Entwurf eines neuen Postgesetzes: Dr.-Ing. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . 9152 A Hübner (FVP) 9152 B 3. Frage des Abg. Dr. Rinke (CDU/CSU) betr. Berücksichtigung der Interessen der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge bei der Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens: Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 9152 C, 9153 C Vizepräsident Dr. Becker 9153 C 4. Frage zurückgestellt 9153 D 5. Frage der Abg. Frau Dr. Ilk betr. Ausführung der im Entwurf des Luftschutzgesetzes geforderten baulichen Maßnahmen bei Bundesbauten usw.: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 9153 D 6. Frage des Abg. Ladebeck (SPD) betr. Leichenöffnungen in Krankenhäusern: Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 9154 A, B Ladebeck (SPD) 9154 A 7. Frage des Abg. Seuffert (SPD) betr Umsatzsteuerhandhabung in München: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 9154 B 8. Frage des Abg. Arnholz (SPD) betr. Mißstände bei Postzustellung durch Hausbriefkästen: Dr.-Ing. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . 9155 A, C Arnholz (SPD) 9155 B 9. Frage des Abg. Arnholz (SPD) betr Ergebnisse der Verfahren im Butterskandal: Dr. Strauß, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz 9155 D, 9156 A Arnholz (SPD) 9156 A 10. Frage des Abg. Dr. Menzel (SPD) betr Ausstellung von Einreisegenehmigungen an Bewohner der Ostblockstaaten: Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 9156 B 11. Frage des Abg. Dr. Mommer (SPD) betr. Bau von Wohnungen für SBZ-Flüchtlinge: Dr. Dr. Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte 9156 D 12. Frage des Abg. Dr. Menzel (SPD) betr Verhalten der Bundesregierung in einem Landesverratsverfahren vor dem Bundesgerichtshof: Dr. Strauß, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz 9157 C, 9158 A, B Dr. Menzel (SPD) 9158 A, B 13. Frage des Abg. Pusch (SPD) betr. Bau eines Flugplatzes der Bundeswehr bei Großsachsenheim im Kreise Ludwigsburg: Strauß, Bundesminister für Verteidigung 9160 D 14. Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) (SPD) betr. Rechtsstreit zwischen den Osthannoverschen Eisenbahnen und einer Hamburger Speditionsfirma: Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr 9158 C, D, 9159 A Schmidt (Hamburg) (SPD) . 9158 D, 9159 A 15. Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) (SPD) betr. Ergebnis der Überprüfung verfassungsfeindlicher Äußerungen aus dem Kreise der sogenannten Abendländischen Aktion bzw. Abendländischen Akademie: Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 9159 B, C Schmidt (Hamburg) (SPD) 9159 C 16. Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) (SPD) betr. Ergebnis der Vorbereitung einer Strafverfolgung eines Verlags in Oberammergau wegen eines antisemitischen Hetz-Pamphlets: Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 9159 D 17. Frage des Abg. Dr. Schellenberg (SPD) betr. Gutachten eines Versicherungsmathematikers zum Regierungsentwurf eines Rentenversicherungsgesetzes: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 9160 A, C Dr. Schellenberg (SPD) 9160 B, C Nächste Fragestunde 9161 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1956 (ERPWirtschaftsplangesetz 1956) (Drucksache 2513, zu 2513); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksache 2779) 9161 B Klingelhöfer (SPD): als Berichterstatter 9161 B Schriftlicher Bericht 9208 B als Abgeordneter 9163 A Dr. Atzenroth (FDP) 9161 C Dr. h. c. Blücher, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit 9162 B, D, 9163 C Schmidt (Hamburg) (SPD) . 9162 D, 9163 A Beschlußfassung ' 9165 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 2379); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 2749 [neu], Umdruck 789) in Verbindung mit der Zweiten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 1688); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 2750) und mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Umsatzsteuerbefreiung für Milch (Drucksachen 2751, 1677) 9166 B Dr. Eckhardt (CDU/CSU): als Berichterstatter . . . . 9166 B, 9168 B als Abgeordneter 9172 A Mensing (CDU/CSU) . . . . 9168 D, 9170 D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . 9170 C, D, 9171 A, 9172 C Kriedemann (SPD) . 9170 D, 9171 A, 9172 C Unertl (CDU/CSU) 9171 C, 9172 B Bauknecht (CDU/CSU) 9172 A Dr. Horlacher (CDU/CSU) 9172 B Abstimmungen 9168 C, 9172 D, 9173 A Überweisung des Entschließungsantrags Umdruck 789 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 9173 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Jugendfragen über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Errichtung eines Instituts für Jugendfragen (Drucksachen 2684, 883) 9173 C Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 9173 D, 9178 D Dr. Graf (München) (CDU/CSU): als Berichterstatter 9176 B als Abgeordneter 9187 D Dr. Menzel (SPD) 9178 C Frau Keilhack (SPD) 9179 A Dr. Seffrin (CDU/CSU) . . . 9180 D, 9185 D Hübner (FVP) 9182 D Kutschera (GB/BHE) 9183 B Dr. Preller (SPD) . . 9184 D, 9185 D, 9188 D Kemmer (Bamberg) (CDU/CSU) . . 9186 C Beschlußfassung 9189 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksache 2429) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Drucksache 2672), mit der Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Ausbildungsbeihilfen für jugendliche Evakuierte (Drucksachen 2777, 2411), mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Graf (München), Frau Pitz, Wolf (Stuttgart), Dr. Seffrin, Dr. Czaja betr. Berufliche und gesellschaftliche Eingliederung spätausgesiedelter und ehemals zwangsverschleppter deutscher Kinder und Jugendlicher (Drucksache 2752), mit der Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksachen 2790, 2364, Umdruck 610) und mit der Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP betr. Umgestaltung des Bundesjugendplans (Drucksache 2808) 9151 B, 9189 C Lange (Essen) (SPD), Antragsteller 9190 A, 9191 C Frau Pitz (CDU/CSU), Antragstellerin 9193 B Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . 9197 D Seidel (Fürth) (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 9211 C Herold (SPD) 9198 B Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 9199 C, 9201 C, D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 9201 C, 9206 B, C Hermsdorf (SPD) 9201 D Frau Friese-Korn (FDP) 9203 A Jahn (Stuttgart) (CDU/CSU) . . . 9204 A Brand (Remscheid) (CDU/CSU) . . 9206 B Mellies (SPD) 9206 C Rückverweisung des Ausschußantrags Drucksache 2777 und des Antrags Drucksache 2411 an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung 9189 D Beschlußunfähigkeit festgestellt 9206 D Weiterberatung vertagt 9206 D Nächste Sitzung 9206 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9207 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Entwurf des ERP-Wirtschaftsplangesetzes 1956 (Drucksache 2779) 9208 B Anlage 3: Entschließungsantrag der Abg. Unertl u. Gen. zum Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Umdruck 789) 9211 B Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2790) 9211 C Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Becker eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Altmaier 27. 10. Arndgen 26. 10. Dr. Arndt 27. 10. Dr. Bartram 26. 10. Bauer (Wasserburg) 5. 11. Bazille 26. 10. Becker (Hamburg) 8. 11. Dr. Becker (Hersfeld) 27. 10. Dr. Berg 25. 10. Birkelbach 27. 10. Fürst von Bismarck 27. 10. Blachstein 27.10. Frau Dr. Bleyler (Freiburg) 27. 10. von Bodelschwingh 27. 10. Brockmann (Rinkerode) 27. 10. Dr. von Buchka . 27. 10. Caspers 26. 10. Cillien 15. 12. Dr. Conring 27. 10. Daum 26. 10. Dr. Deist 25. 10. Diekmann 26. 10. Dr. Dittrich 26. 10. Dopatka 25. 10. Eberhard 26. 10. Dr. Elbrächter 25. 10. Eder 27. 10. Etzenbach 25. 10. Euler 26. 10. Even 27. 10. Fassbender 26. 10. Feldmann 20. 11. Gräfin Finckenstein 27. 10. Finckh 26. 10. Frehsee 26. 10. Gems - 27. 10. Dr. Glasmeyer 25. 10. Dr. Gleissner (München) 26. 10. Gockeln 25. 10. Dr. von Golitschek 25. 10. Graaff (Elze) 27. 10. Grantze 15. 12. Dr. Greve 10. 11. Haasler 27. 10. Dr. Hammer 3. 11. Heiland 26. 10. Held 25. 10. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Hellwig 27. 10. Dr. Höck 26. 10. Höfler 27. 10. Hörauf 31. 10. Hufnagel 26.40. Jacobs • 27. 10. Kahn 26. 10. Kahn-Ackermann 17.11. Kalbitzer 27. 10. Dr. Kather 25. 10. Keuning 25. 10. Kiesinger 27. 10. Dr. Klötzer 25. 10. Koenen (Lippstadt) 27. 10. Dr. Köhler 26. 10. Könen (Düsseldorf) 8.11. Dr. Königswarter 27. 10. Dr. Kopf 27. 10. Dr. Kreyssig 26. 10. Frau Dr. Kuchtner 26. 10. Kühn (Köln) 25. 10. Kuntscher 26. 10. Kurlbaum 25. 10. Lemmer 27. 10. Lenz (Brühl) 26. 10. Dr. Lenz (Godesberg) 27. 10. Lermer 25. 10. Dr. Leverkuehn 27. 10. Dr. Lindenberg 26. 10. Dr. Löhr 26. 10. Lotze 9. 11. Lücker (München) 27. 10. Maier (Freiburg) 26. 10. .von Manteuffel (Neuß) 26. 10. Marx. 27. 10. Mattick 28. 11. Mayer (Birkenfeld) 1.12. Dr. Mende 25. 10. Menke 26. 10. Dr. von Merkatz 27. 10. Merten 27. 10. Metzger 27. 10. Frau Meyer-Laule 27. 10. Dr. Miessner 25. 10. Dr. Mocker 25. 10. Dr. Mommer 27. 10. Morgenthaler 27. 10. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 31. 10. Frau Nadig 25. 10. Neubauer 30. 11. Dr. Oesterle 27. 10. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Paul 27. 10. Dr. Pferdmenges 25. 10. Platner 8.11. Dr. Pohle (Düsseldorf) 26. 10. Frau Praetorius 25. 10. Dr. Dr. h. c. Pünder 27. 10. Rasch 25. 10. Frau Dr. Rehling 27. 10. Dr. Reichstein 25. 10. Dr. Reif 27. 10. Reitz 8.11. Frau Rösch 27. 10. Ruhnke 26. 10. Scheppmann 26. 10. Schill 26. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 26. 10. Schneider (Bremerhaven) 28. 10. Frau Schroeder (Berlin) 27. 10. Schütz 27. 10. Schwann 28.10. Seiboth 25. 10. Seidl (Dorfen) 27. 10. Dr. Stammberger 17.11. Dr. Starke 31. 10. Frau Dr. Steinbiß 27. 10. Teriete 25. 10. Wagner (Ludwigshafen) 27. 10. Dr. Wahl 27. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 27. 10. Wehking 25. 10. Dr. Welskop 25. 10. Wieninger 26. 10. Dr. Willeke 27. 10. Dr. Winter 8.11. Wittrock 25. 10. Anlage 2 Drucksache 2779 (Berichtigt) (Vgl. S. 9161 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (21. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1956 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1956) (Drucksachen 2513, zu 2513). Berichterstatter: Abgeordneter Klingelhöfer Der Gesetzentwurf Der Entwurf des ERP-Wirtschaftsplangesetzes 1956 ist am 26. Juni 1956 dem Bundestag zur Beschlußfassung übersandt worden, nachdem der Bundesrat am 15. Juni 1956 beschlossen hatte, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben. Der Gesetzentwurf wurde dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik als federführendem Ausschuß und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen. Der Haushaltsausschuß hat am 27. September 1956 den Entwurf beraten und folgende Stellungnahme abgegeben: „Der Haushaltsausschuß ist angesichts der zeitlichen Umstände nicht in der Lage, zu dem materiellen Inhalt des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1956 endgültig Stellung zu nehmen und Änderungen vorzuschlagen. Die Bundesregierung wird ersucht, dem Haushaltsausschuß künftighin den Wirtschaftsplan so rechtzeitig vorzulegen, daß er zusammen mit dem Bundeshaushaltsplan beraten werden kann und daß eine stete gegenseitige Abstimmung der beiden Pläne gesichert ist. Der Haushaltsausschuß erhebt dabei die Forderung, daß in beiden Plänen Übersichten über beiderseitig geförderte Vorhaben erscheinen. Außerdem wird die Bundesregierung aufgefordert, den Haushaltsausschuß im Laufe des Rechnungsjahres über wichtige Vorgänge, die sich im Bereich des ERP-Sondervermögens vollziehen, zu unterrichten. Schließlich soll eine Prüfung und Regelung der grundsätzlichen Frage der Haushaltsgestaltung hinsichtlich des ERP-Sondervermögens im Zusammenhang mit der Haushaltsrechtsreform erfolgen. Der Haushaltsausschuß spricht außerdem die Erwartung aus, daß die Ansätze des Bundeshaushaltsplans, insbesondere auch in bezug auf die Deutsche Lufthansa, durch den Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens nicht nachträglich eine Änderung erfahren." Die Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuß für Wirtschaftspolitik erfolgte am 12. September und 4. Oktober 1956. Das ERP-Sondervermögen Nach dem Stand vom 31. März 1955 betrug das ERP-Sondervermögen rd. 6,43 Milliarden DM. Gegenüber dem Vorjahr hat es sich um rd. 0,28 Milliarden DM erhöht. Der Vermögensbestand setzte sich zusammen aus Forderungen aus Krediten . 5,38 Milliarden DM sonstigen Forderungen . . . 0,17 Milliarden DM I Beteiligungen . . .. . . 0,02 Milliarden DM Wertpapieren 0,01 Milliarden DM Bankguthaben 0,85 Milliarden DM 6,43 Milliarden DM Seit Bestehen der Marshallplanhilfe sind ausgezahlt worden: für Kredite . 6,26 Milliarden DM für Zuschüsse 0,43 Milliarden DM für Beteiligungen 0,05 Milliarden DM 6,74 Milliarden DM Der Unterschied zwischen dem Vermögensbestand und den Auszahlungen ist darauf zurückzuführen, daß die Tilgungen revolvierend eingesetzt werden, so daß die Auszahlungen höher als der Vermögensbestand sein müssen. Der ERP-Wirtschaftsplan 1956 Während die Mittel des ERP-Sondervermögens in den vergangenen Jahren zur Überwindung der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden in zahlreichen Wirtschaftszweigen überwiegend eingesetzt wurden, ist im ERP-Wirtschaftsplan 1956 vorgesehen, die in diesem Rechnungsjahr zur Verfügung stehenden Mittel überwiegend zur Rationalisierung und Modernisierung von Betrieben zu verwenden. Diese sich aus der allgemein günstigen Entwicklung der deutschen Gesamtwirtschaft ergebenden Programmabsichten sollen jedoch nicht ausschließen, daß durch einzelne Kreditprogramme Investitionen gefördert werden, die im allgemein wirt- (Klingelhöfer) schaftlichen Interesse liegen. Hierzu gehören insbesondere die Bereiche der Wasser- und Verkehrswirtschaft, die finanziell immer noch viel zu gering bedient werden. Der ERP-Wirtschaftsplan 1956 schließt mit 951 600 400 DM in Einnahme und Ausgabe ab. Der Rückgang gegenüber dem Vorjahre ist auf die Verringerung der amerikanischen Wirtschaftshilfe zurückzuführen, die heute ausschließlich für Berlin bestimmt ist. Der Betrag von 951 600 400 DM setzt sich zusammen aus Einnahmen und Ausgaben des ERP-Sondervermögens 942 969 500 DM Einnahmen und Ausgaben, die durch das ERP-Sondervermögen für den Bund treuhänderisch verwaltet werden 8 630 900 DM In den Einnahmen des ERP-Sondervermögens beträgt der Anteil der Gegenwerte aus der amerikanischen Wirtschaftshilfe nur noch 4,5 v. H. Rund 95 v. H. entfallen auf die Einnahmen aus Zinsen und Tilgungen sowie auf die Entnahme aus dem Bestand des ERP-Sondervermögens. Die Bestandsmittel standen kassenmäßig in den Vorjahren zur Verfügung, sollen aber erst im Rechnungsjahr 1956 verausgabt werden. Die Ausgaben gliedern sich in 69,4 v. H. für Kredite, 2,5 v. H. für Zuschüsse, 9,9 v. H. für Beteiligungen und 18,2 v. H. für noch nicht feststehende Verwendungszwecke, bei denen z. T. die Art der Verausgabung (Kredite oder Zuschüsse) noch festgelegt werden muß. Für Berlin sollen neben den in Berlin aufkommenden Zinsen und Tilgungen sowie den Gegenwerten aus der amerikanischen Wirtschaftshilfe aus dem Zins- und Tilgungsaufkommen in der Bundesrepublik bis zu 100 Mio DM zur Finanzierung von Aufträgen westdeutscher Besteller nach Berlin verwendet werden. An der Aufteilung des Wirtschaftsplans in vier Kapitel ist gegenüber dem Vorjahr keine Änderung eingetreten. Die Kap. 1, 3 und 4 des Plans blieben unverändert. Zusätzliche Bindungsermächtigungen Dem Wunsche des Bundestages entsprechend hatte die Bundesregierung in ihrer Vorlage Bindungsermächtigungen auf die Einnahmen späterer Rechnungsjahre nur noch in einer Höhe von 75 Mio DM für die Verkehrswirtschaft und 100 Mio DM für Berlin vorgesehen. Bei der Beratung im Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat sich jedoch ergeben, daß noch Bindungsermächtigungen für die Land- und Forstwirtschaft bis zu einer Höhe von 100 Mio DM, für die Exportwirtschaft bis zu einer Höhe von 25 Mio DM und für jene Mittel erforderlich sind, die der amerikanischen Mitverfügung unterliegen, aber zwischenzeitlich mit 50 Mio DM für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden sollen. Die Bindungsermächtigung für die Land- und Forstwirtschaft ist erforderlich, um ihr schon jetzt Zusagen für langfristige Investitionskredite auf Einnahmen des ERP-Sondervermögens des Rechnungsjahres 1957 geben zu können. Sie wurde einstimmig beschlossen, jedoch mit der Maßgabe, diese Ermächtigung entsprechend dem diesjährigen Ansatz auf Kap. 2 Tit. 1 und 3 aufzuteilen. Im ERP-Wirtschaftsplan 1955 war zur Durchführung langfristiger Exportgeschäfte eine Bindungsermächtigung bis zur Höhe von 100 Mio DM vorhanden. Es wird erwartet, daß im Laufe des Rechnungsjahres 1956 im Rahmen dieser Bindungsermächtigungen ein Teil der gegebenen Zusagen gegenstandslos wird, so daß er zugunsten von Entwicklungsländern verwendet werden kann. Mit dieser Maßnahme tritt keine Erhöhung des für die Exportwirtschaft im Rahmen der Bindungsermächtigungen gegebenen Volumens ein. Der Ausschuß beschloß die Bindung bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit. 50 Mio DM sind als Ersatz für erststellige Hypotheken im Rahmen des sozialen Wohnungsbauprogramms vorgesehen. Diese Bindung erfolgte einstimmig. Einschließlich Berlins erreichen damit die Bindungsermächtigungen, durch welche über kommende Jahre vordisponiert wird, wieder den hohen Betrag von 350 Mio DM, nur 5 Mio DM weniger als im ERP-Wirtschaftsplan des Vorjahres. Dem Verlangen des Parlaments, diese Ermächtigungen abzubauen, konnte also 1956 noch nicht Rechnung getragen werden. Zur Finanzierung der Deutschen Lufthansa AG Nur auf Grund der im beschlossenen Bundeshaushaltsplan 1956 bei Einzelplan 12 Kap. 2 Tit. 892 ausgebrachten Erläuterungen hat der Ausschuß für Wirtschaftspolitik der Bereitstellung von 7 500 000 DM für die Deutsche Lufthansa AG schließlich zugestimmt. Der Ausschuß hält an seinem grundsätzlichen Bedenken fest. Er ist der Auffassung, daß die Beteiligung grundsätzlich im Bundeshaushaltsplan auszubringen wäre und auch für 1956 nicht unmittelbar durch das ERP-Sondervermögen, sondern durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau zu erwerben sei. Die Zweckbestimmung in Kap. 2 Tit. 25 ist daher wie folgt geändert worden: „Kredit an die Kreditanstalt für Wiederaufbau zwecks Erwerb einer Beteiligung an der Deutschen Lufthansa AG." In der Zurverfügungstellung dieses Betrags sieht der Ausschuß für Wirtschaftspolitik jedoch keine Bindung für weitere aus Mitteln des ERP-Sondervermögens zur Verfügung zu stellende Beträge, wie die Bundesregierung es möchte. Bei der Beratung des Entwurfs des ERP-Wirtschaftsplans 1957 wird hierzu nochmals Stellung zu nehmen sein. Nicht nur grundsätzlich, sondern auch aus diesem besonderem Anlaß ist der Ausschuß für Wirtschaftspolitik wie der Haushaltsausschuß der Auffassung, daß eine Synchronisierung zwischen dem Bundeshaushaltsplan und dem ERP-Wirtschaftsplan und deren gleichzeitige Beratung erfolgen müsse. Nichterfüllte Verlangen Einem im Ausschuß vorgebrachten Verlangen, einen Kredit von 30 Mio DM für die Rationalisierung und den Ausbau von Verkehrsbetrieben des lokalen und interlokalen Massenverkehrs aus dem ERP-Vermögen langfristig zur Verfügung zu stellen, konnte der Ausschuß nicht zustimmen, weil die dafür vorgeschlagene Deckung aus Kap. 2 Tit. 30 nicht möglich ist, nachdem es sich bei diesen Mitteln um Geschenkbeträge der USA handelt, über deren Verwendung diese selbst in erster Linie zu bestimmen haben. (Klingelhöfer) Ein weiteres Verlangen, auch aus dem ERP-Vermögen Zuschüsse zur Kreditverbilligung für mit. telständische Betriebe zur Verfügung zu stellen, wurde vom Ausschuß auf die Beratung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1957 und des ERP-Wirtschaftsplans 1957 verwiesen, um die Möglichkeiten näher zu prüfen und auch die Koordinierung mit ähnlichen Zuschüssen aus dem Bundeshaushaltsplan zu sichern. Auch fand das Argument Beachtung, daß die Verwaltung des ERP-Vermögens nicht selbst mit dem Erlaß von Verwendungsrichtlinien und mit der Verwendungskontrolle belastet werden solle. Vielschichtige Zukunftsproblematik In den Besprechungen des mitberatenden Haushaltsausschusses und des federführenden Ausschusses für Wirtschaftspolitik wurde eine vielschichtige Problematik zur künftigen Behandlung des ERP-Vermögens sichtbar. Gegen die Absichten des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, abgesehen von den der Entwicklung und Sicherung des Berliner Wirtschafts- und Kommunalaufbaus zu widmenden Mitteln, in der Bundesrepublik das ERP-Vermögen zunehmend der privat- und volkswirtschaftlichen Rationalisierung zu widmen und im übrigen die Entwicklung der Wirtschaftsproduktivität ganz überwiegend den Betrieben und dem Kapitalmarkt selbst zu überlassen, wurden im federführenden Ausschuß keine Bedenken erhoben. Daß die deutsche Wasserwirtschaft noch auf Jahre hinaus schwerpunktmäßig Vorrang haben müßte, wurde gutgeheißen. Auch daß die nachdrücklichste Förderung des deutschen technischen Nachwuchses und die personelle und sachliche Unterstützung der entwicklungsfähigen Länder Schwerpunkte sein müssen, wurde von allen Seiten nachdrücklich unterstrichen. Dagegen erfuhren die haushaltsrechtliche Stellung, die bisherige institutionelle Disposition über das ERP-Vermögen, die mangelnde Kontrolle der Verwendung und das Mißverhältnis zwischen der exekutiven und den parlamentarischen Verfügungsvollmachten exemplarische Kritik. Ausdruck dafür ist besonders der Beschluß des Haushaltsausschusses, dem sich der Ausschuß für Wirtschaftspolitik anschloß. Hinsichtlich der Federführung bei Behandlung in den Ausschüssen will es auch der Haushaltsausschuß bei der bisherigen Federführung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik belassen. Zeitliche Synchronisierung des ERP-Wirtschaftsplans und sachliche Koordinierung seiner Mittelverwendung mit dem Bundeshaushaltsplan seien dagegen unerläßlich. Ein Mitglied des Haushaltsausschusses beanstandete wohl mit Recht, daß oft über das ERP-Vermögen zu erreichen versucht werde, was über den Bundeshaushaltsplan nicht durchzusetzen sei. Mehrere Ausschußmitglieder beanstandeten, daß der rein exekutive interministerielle Ausschuß bei der Programmfestsetzung und Mittelverfügung Vollmachten habe, die bei der bisherigen Praxis ohne parlamentarische Beeinflussung und Kon- trolle blieben. In der Tat ergeben sich nach der Meinung der beiden Ausschüsse vielfache Überschneidungen von im Bundeshaushaltsplan und im ERP-Vermögen zugleich dotierten Zwecken. Wenn auch die Nützlichkeit dieser doppelten Zweckwidmung vielfach nicht bestritten zu werden braucht, so stört doch die mangelnde rechtzeitige Prüfung der Zwecke bei dieser Doppelgleisigkeit. Außerdem muß besonders bei den verlorenen Zuschüssen aus dem ERP-Vermögen, die seit 1950 Hunderte von Millionen erreicht haben, die Verwendungskontrolle vielfach ungewiß, die Rechnungslegung vielfach ohne Nachprüfung und besonders die Erfolgsbeobachtung ungesichert bleiben. Bei zu gewährenden Krediten oder zu übernehmenden Bürgschaften sind die eingeschalteten Banken wenigstens zu jener kaufmännischen Sorgfalt verpflichtet, die sie in gleicher Weise zu beobachten haben wie bei Debitoren im Eigenrisiko. Davon kann bei verlorenen Zuschüssen naturgemäß viel weniger die Rede sein. Synchronisierung und Koordinierung der beiden Haushalte, auch im Verhältnis zu den Länderhaushalten, weitergehende Einschaltung der Rechnungshöfe und Verpflichtung zur Erfolgsbeobachtung durch die beteiligten Stellen und Berichte an die Parlamente erweisen sich danach in der Tat als ein dringendes Gebot. Ein gutes Beispiel für die zu vermutende vielfach unkontrollierte Doppel- und Mehrgleisigkeit der finanziellen Zweckbedienung und auch für die Berichtsmöglichkeiten der Erfolgsbeobachtung gibt die im Vorwort zum Entwurf des ERP-Wirtschaftsplans 1956 gegebene zusammenfassende Darstellung der aus dem ERP-Vermögen gewährten verlorenen Zuschüsse seit 1950. Es handelt sich hier um einen auch deshalb willkommenen Berichtsversuch, weil er beweist, wie dringend notwendig die synchronisierte Beratung der beiden Pläne in den Ausschüssen des Bundestages ist. Nach diesem Bericht werden bereichsmäßig nicht weniger als sechs Bundesministerien mit ihren Einzelplänen, Kapiteln und Titeln von solchen Zuschüssen aus dem ERP-Vermögen betroffen, mit Vorrang das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und For- ( sten sowie das Bundesministerium für Wirtschaft. Von Berlin abgesehen, wo die Entwicklungs- und Notstandszwecke die Lage noch beherrschen, führt der Bericht für das Bundesgebiet 47 Zuschußzwecke (teilweise auch mit Erfolgsbeobachtungen) beispielhaft auf, wobei die Zahl der geförderten Einzelprojekte in viele Hunderte zu gehen scheint. Würde durch gleichzeitige Beratung der Pläne in den Ausschüssen die Übersichtlichkeit und rechte Zuordnung der in beiden Plänen (und auch in den Länderhaushaltsplänen) dotierten Zwecke gesichert und würde gleichzeitig den heute größeren Möglichkeiten der Selbsthilfe mehr Beachtung geschenkt, so würde sicher bei der Gewährung von Zuschüssen aus dem ERP-Vermögen eine Schwerpunktballung möglich, die der Förderung neuer Forschungsaufgaben, des technischen und akademischen Nachwuchses auch für die Wiedervereinigung und der personellen und materiellen Hilfe für die entwicklungsfähigen Völker sehr zugute kommen könnte. Hierzu dann das gesamte Zinsaufkommen aus dem ERP-Vermögen zu verwenden, würde den Vorschriften des Gesetzes über die Verwaltung des ERP-Vermögens nicht widersprechen und den in den Ausschußberatungen geäußerten Wünschen durchaus entsprechen. Schließlich braucht das Vermögen nur in seinem Bestand erhalten zu werden und dazu reichen, neben der Risikodeckung aus den Ausfällen, die Tilgungen aus den Krediten aus. Ein Ausschußmitglied erklärte schließlich, das Gesetz und den Wirtschaftsplan deshalb ablehnen zu wollen, weil der Erwerb von Beteiligungen (hier die Beteiligung an der Deutschen Lufthansa AG) gesetzes- und zweckfremd sei. Obwohl wenigstens (Klingelhöfer) indirekte Beteiligungen aus dem ERP-Vermögen (mindestens über durchführende öffentliche Bankinstitute) nicht ohne Vorgang sind, berührt die für die beteiligungsmäßige Finanzierung der Deutschen Lufthansa AG in einem Ausschuß gegebene Begründung merkwürdig, daß Kreditkosten der aufbauenden Gesellschaft noch nicht zugemutet werden können. Eine solche Begründung hätte in der Vergangenheit für alle im Aufbau befindlichen Unternehmungen gelten können, denen langfristige ERP-Aufbaukredite zu gewähren waren und die mit verantwortlichem Eigenkapital unzureichend ausgestattet waren. Hinsichtlich der Deutschen Lufthansa AG können andere Maßstäbe kaum geltend gemacht werden. So wenig die volks- und nationalwirtschaftliche Zweckmäßigkeit einer deutschen Zivilluftfahrt bestritten zu werden braucht, so bedarf nach Auffassung der Mehrheit des federführenden Ausschusses die Frage, wer was und wie er das zu finanzieren hat, zwischen den Aktionären der Gesellschaft und den Verantwortlichen für das ERP-Vermögen für den zukünftigen Aufbaubedarf noch der Klärung im Bundestag selbst. Was durch den Bundestag für 1956 Gesetz wird, muß auch dann getan werden, wenn es in der Konstruktion vielleicht falsch ist. Für die Zukunft genügt nach Auffassung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ein Wunsch des Bundeskabinetts dafür allein nicht. Bonn, den 16. Oktober 1956 Klingelhöfer Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 789 (Vgl. S. 9171 C) Entschließungsantrag der Abgeordneten Unertl, Dr. Dollinger, Dr. Dresbach, Höcherl, Kriedemann, Margulies und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksachen 2749 [neu], 2379). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bei der Verkündung des vorstehenden Gesetzes gleichzeitig folgende Änderungen der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz im Verordnungswege in Kraft zu setzen: Dem § 57 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz in der Fassung der Sechsten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 14. August 1954 — Bundesgesetzbl. I S. 262 — wird folgende Ziffer 4 hinzugefügt: 4. Rinder, Kälber, Schweine, Schafe und Pferde, geschlachtet und die Tierkörper im ganzen, in Hälften oder geviertelt geliefert werden. Bonn, den 25. Oktober 1956 Unertl Dr. Dollinger Dr. Dresbach Höcherl Burgemeister Donhauser Geiger (München) Dr. Graf Henckel Klausner Meyer (Oppertshofen) Freiherr Riederer von Paar Stiller Stücklen Kriedemann Seuffert Frau Strobel Margulies Anlage 4 Drucksache 2790 ( (Vgl. S. 9189 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (35. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364, Umdruck 610). Berichterstatter: Abgeordneter Seidel (Fürth) Zu den Möglichkeiten, engere menschliche Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands herbeizuführen, gehören auch die Jugendbegegnungen und Jugendgespräche zwischen Ost und West in Westberlin. Der Antrag auf Umdruck 610 vom 30. Mai 1956 verlangte: „daß die Bundesregierung darauf hinwirkt, daß in weit größerem Umfang als bisher den jungen Menschen Gelegenheit gegeben wird, die besonderen Verhältnisse, die sich aus der Teilung Deutschlands ergeben, durch Reisen nach Berlin kennenzulernen. Die Abschlußklassen sämtlicher Schulen der Bundesrepublik sollten Gelegenheit haben, die Verhältnisse in der ehemaligen Hauptstadt Deutschlands kennenzulernen. Die dazu notwendigen Gelder sind aus den Mitteln des Bundesjugendplanes zu entnehmen". Dieser Antrag wurde vom Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen am 10. und 11. Oktober 1956 gemeinsam mit dem Ausschuß für Jugendfragen in Berlin beraten und verabschiedet. Allgemein wurden die politische Notwendigkeit und die Förderungswürdigkeit der Reisen von Schülern nach Berlin anerkannt. Es sollen die Abschlußklassen der Berufs- und höheren Schulen bei der Anmeldung bevorzugt werden. Von den Schulen wird eine gründliche Vorbereitung der Schüler auf diese Reisen erwartet. Dem Verlangen, daß die Abschlußklassen sämtlicher Schulen nach Berlin fahren sollen, kann nicht stattgegeben werden. Solche großen Besucherzahlen zu bewältigen, ist Berlin weder unterbringungsmäßig noch pädagogisch in der Lage. Innerhalb von 8 Monaten eines Jahres, vom März bis einschließlich Oktober, lassen sich bei der augenblicklich vorhandenen Bettenzahl von 710 in Jugendherbergen und anderen Einrichtungen gut 15- bis 20 000 Schüler aus Westdeutschland in Westberlin aufnehmen. Die Aufenthaltsdauer soll 5 Tage betragen. Im Jahre 1956 waren 137 Schulen mit 4000 Schülern und 75 Jugendgruppen mit 2000 Jugendlichen in Berlin, die im wesentlichsten die Hauptferienzeit benutzen. Pensionen oder ständige Zeltlager werden als Unterbringungsgelegenheiten für diesen Zweck abgelehnt. Die Gesamtkosten werden auf 21/2 Millionen DM geschätzt. Es wird vorgeschlagen, daß der Bund, die Länder und die Schüler je ein Drittel der Kosten tragen. Der Anteil des Bundes wird aus den Mitteln des Bundesjugendplanes entnommen. Bei dem verhältnismäßig kleinen Betrag, der auf die 9 Länder entfällt, darf angenommen werden, daß in diesem Falle die finanzielle Inanspruchnahme des einzelnen Landes ohne weiteres gewährt wird. Nach den Erfahrungen mit den Schulfahrten im allgemeinen, besonders nach dem Ausland, ist zu erwarten, daß die Aufbringung der Mittel von 9212 2. Deutscher Bundestag — 159. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. Juli 1956 (Seidel [Fürth]) seiten der Schüler keine Schwierigkeiten macht. In Einzelfällen wirtschaftlicher Not hilft die Schulklasse untereinander, oder die Gemeinde springt ein. Außerdem kamen beide Ausschüsse überein, die Bundesregierung zu ersuchen, im Haushaltsplan 1957 eine einmalige Ausgabe für den Neubau eines Jugendgästehauses in Berlin einzusetzen. Der Zweck des Jugendgästehauses soll sein, Jugend- und Schulgemeinschaften aufzunehmen und ihnen Gelegenheit zu geben, Kontakte zu jungen Menschen der SBZ und des sowjetischen Sektors Berlins aufzunehmen. Ein Jugendgästehaus in dieser Größe und in zentraler Lage fehlt bisher in Berlin. Weiterhin wurde beschlossen, bei der Bundespost anzuregen, eine Sonderbriefmarke einzuführen, deren finanzielles Ergebnis ausschließlich diesen Studienreisen zugute kommen soll. Der vorliegende Antrag wurde von beiden Ausschüssen einstimmig angenommen. Dem Deutschen Bundestag wird empfohlen, dem Antrag zuzustimmen. Berlin, den 11. Oktober 1956 Seidel (Fürth) Berichterstatter
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    Ich erteile das Wort der Abgeordneten Frau Pitz zur Begründung des Antrags Drucksache 2672.
    Frau Pitz (CDU/CSU), Antragstellerin: Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion erlaubt sich, Ihnen mit der Drucksache 2672 einen Reformvorschlag für das Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit vorzulegen. Wir sind uns darüber klar, daß der beste Jugendschutz die gesunde Familie und das saubere Klima in der Öffentlichkeit sind. Als 1951 das jetzt geltende Jugendschutzgesetz verabschiedet wurde, bedeutete das einen ersten Schritt in ein bis dahin ungesichertes Gebiet hinein. Der Gesetzgeber von 1951 hat das unbestreitbare Verdienst, den Jugendschutz im allgemeinen im Rahmen der allgemeinen Neuordnung überhaupt gesetzlich gesichert zu haben. Bis dahin beruhte der Jugendschutz auf einer Polizeiverordnung von 1943, die der vollkommene Ausdruck eines längst überholten polizeistaatlichen Denkens war. Das Jugendschutzgesetz trägt demgegenüber ausdrücklich Erziehungscharakter. Das war das Große und das Neue daran.
    Die Novelle, die wir Ihnen jetzt vorlegen, verläßt diese Linie nicht. Der Jugendliche bleibt Objekt des Schutzes; aber der Schutz ist gegenüber dem Gesetz von 1951 erweitert, weil sich im Laufe der Zeit und nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, herausgestellt hat, daß Lücken und Unzulänglichkeiten in diesem Gesetz bestehen, die
    ausgeglichen werden müssen. Die kritischen Stimmen sind seit der Verabschiedung des Gesetzes auch nicht verstummt. Schon der Kommentator Potrykus rügte kurz nach der Verabschiedung das Gesetz. Trotzdem handelte der Gesetzgeber damals nach bestem Wissen. Er hegte die Hoffnung, daß die Kräfte der Abwehr gegen die schädigenden Einflüsse von selbst wachsen würden. Man hoffte auch auf eine gute Entwicklung des deutschen Films, der sich damals erst in den ersten Ansätzen zeigte, und vor allen Dingen vertraute man darauf, daß Vernunft und Verantwortungsbewußtsein die Vergnügungsindustrie, die heute schon einmal zitiert worden Ist, in vertretbaren Grenzen halten würden.
    Diese Hoffnungen haben sich aber nicht erfüllt. Das Klima in der Öffentlichkeit ist zum Teil rücksichtslos, und es bietet im Hinblick auf die jungen Menschen vielerlei Gefährdungen, gegen die wir sie schützen müssen. Die Erziehungskraft der Familie ist oft geschwächt. Das liegt an einer soziologischen Wandlung. Die Jugendlichen entwachsen schneller dem bergenden Raum. Das liegt teilweise an einem veränderten Rhythmus der biologischen Entwicklung der Jugend, die hier auch schon angesprochen worden ist; aber sie entwächst diesem bergenden Raum keineswegs als fertiger Mensch; sie entwächst ihm in einem absolut schutzbedürftigen Zustand. Den Bereich, den die Familie zu schützen nicht mehr in der Lage ist, muß der Gesetzgeber schützen.
    Nach dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz hat jedes Kind das Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit. Dieses Recht muß gewährleistet sein, und dazu gehört der Schutz gegen die schädigenden Einflüsse aus dem öffentlichen Raum. Diese Schädigungen brauchen nicht erst wissenschaftlich belegt zu sein; das Kind braucht nicht erst in den Brunnen gefallen zu sein; schon die Wahrscheinlichkeit der Schäden zwingt den Gesetzgeber, Maßnahmen zu ergreifen, zumindest in diesem Fall die Maßnahmen, die bereits getroffen sind, zu verbessern. Vor allen Dingen konzentriert sich das nun auf einen bestimmten Bereich der Schädigungen, das sind Film, Glücksspiel, Automaten, und es konzentriert sich nach der andern Seite dieser Reform auf die Begriffsdefinition Jugendlicher und Erziehungsberechtigter.
    Zu den Organisationen und Gruppen, die im öffentlichen Raum die Diskussion über dieses Thema aufgegriffen haben, gehörten in erster Linie die Arbeitsgemeinschaft Jugendpflege und Jugendfürsorge, die sich in vielen Tagungen damit befaßt hat, aber auch die Tagung des Bundeskriminalamts in Wiesbaden. Professor Villinger sagte da aus, daß das werdende Weltbild unserer Kinder mehr vom Film als von Elternhaus und Schule her bestimmt werde.
    Die Tagung der Jugendpsychologen der Länder 1954 forderte die Reform der Altersstufen für den Film im Sinne einer phasengerechten Begrenzung, die Heraufsetzung der allgemeinen Altersgrenze und den Ausschluß von Kindern unter sechs Jahren. Die Referate und Beschlüsse dieser Tagung sind in der Schriftenreihe des Wissenschaftlichen Instituts für Jugendfilmfragen in München, Verlag Ehrenwirt, erschienen.
    Der Deutsche Jugendgerichtstag in Marburg 1956 stellte fest, daß vor allen Dingen im Zustand der


    (Frau Pitz)

    Verwahrlosung ein stark vermehrter Filmkonsum Jugendlicher zu beobachten sei. Aus der Sicht der Jugendrichter wurde bei dieser Tagung und auch bei der Tagung der Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte des Landes Baden-Württemberg folgende Forderung aufgestellt: erstens Heraufsetzung des Schutzalters von 16 auf 18 Jahre, zweitens sachkundigere und gewissenhaftere Handhabung der Filmselbstkontrolle.
    Schließlich nenne ich Ihnen noch die Arbeitstagung Jugendschutz in Karlsruhe 1956, die Frankfurter Gespräche über Kinder- und Jugendfilme, die Bundesdelegiertentagung der Jugendfilmklubs im Verband der Deutschen Filmklubs e. V., die vor allem die Bezeichnung „jugendfördernd und jugendgeeignet" von Filmen für Kinder und Jugendliche kritisierte.
    Ganz allgemein darf man sagen, daß in Erzieherkreisen, in Kreisen von Elternvertretungen immer wieder Maßnahmen vom Gesetzgeber gefordert werden, die eine gewisse notwendige Schonzeit zwischen Geschlechtsreife und Lebensreife, ein ruhiges Klima, in dem sich die geistig-sittliche Entwicklung vollziehen kann, für die Jugend garantieren.
    Die Erforschung der Filmwirkungen auf Kinder und Jugendliche hat auch zu einer beachtlichen Reihe von Veröffentlichungen geführt. Die erste These zur Filmerziehung, mit der Professor Stückrath seine „Psychologie des Filmerlebens in Kindheit und Jugend" beschließt, lautet:
    Die Tatsache, daß der filmische Einfluß die Totalität der Person erfaßt und vom frühen Kindesalter bis in die Reifezeit hinein eine deutliche Steigerung erfährt, macht die Filmfrage zu einem ernsten und dringlichen Anliegen der Instanzen, denen der Schutz und die Förderung der Jugend anvertraut sind.
    Dieses Wort wiegt besonders, weil es aus dem Munde eines Mannes gesprochen ist, der auf dem Gebiete der Filmforschung große Bedeutung erlangt hat.
    Ärzte warnen vor dem Treibhausklima der Verfrühung und der Überforderung, Kriminalpsychologen zeigen einen inneren Zusammenhang zwischen Filmklima und Gefährdung, und die Soziologen warnen im Interesse späterer Lebenstüchtigkeit vor falschen Lebensperspektiven. Aber auch aus dem Gebiete der Praxis darf ich Ihnen sagen, daß die obersten Landesjugendbehörden grundsätzlich den Jugendschutz für nicht ausreichend halten und eine Reform des Jugendschutzgesetzes verlangen.
    Auch auf politischer Ebene sind diese Bestrebungen schon sichtbar geworden. Ich darf Sie daran erinnern, daß Anfang dieses Jahres der BHE im Bayerischen Landtag die Anfrage an die Regierung richtete, was sie gegen jugendverderbliche Filme zu tun gedenke, und daß die Regierung durch den Innenminister Geislhöringer geantwortet hat, daß sie selbst dafür Sorge tragen wolle, daß das Jugendalter heraufgesetzt werde. In diesem Zusammenhang wurde auch gesagt, daß der Ministerpräsident Hoegner schon 1954 für eine entsprechende Reform des Jugendschutzgesetzes eingetreten sei.
    Für den Bundesgesetzgeber bieten sich aus der jetzigen Situation des Jugendschutzes folgende Gesichtspunkte:
    Erstens. Als zusammenfassendes Ergebnis gewissenhafter Forschungen muß festgestellt werden, daß der Film eine Erziehungsmacht von unübersehbarer Bedeutung geworden ist, deren prägende Kraft um so tiefer wirkt, je geringer die geistige Selbständigkeit des Filmbesuchers ist, und das trifft auf die Jugendlichen zu. Das ehrliche Bemühen um einen guten Film soll nicht verkannt werden.
    Es ist aber zweitens nicht zu bestreiten, daß der Durchschnittsfilm absolut lebensfremd ist. Er zeichnet ein unechtes und manchmal verlogenes Lebensbild, eine völlig falsche soziale Situation, Wohlstand, Lebenskomfort als Selbstverständlichkeit ohne Mühe und ohne echte Anstrengung. Die klare Linie zwischen Recht und Unrecht wird in diesen jungen, noch völlig ungesicherten Menschen verwischt.
    Drittens. Demgegenüber steht nun der Jugendliche von 16 Jahren, und das Gesetz erklärt ihn in bezug auf den Film als erwachsen. Er steht noch mitten in der Reifung. Es fehlt ihm das innere sichere Ordnungsbild. Er sucht gute und große Leitbilder, an denen er sich orientieren möchte. Aber der Film stellt ihm falsche vor. Er sucht Antwort auf seine Probleme und findet fortgesetzt eine Scheinwelt auf der Leinwand.
    Viertens. Das Klima der Traumwelt bringt ihm die rauhe Wirklichkeit seiner eigenen Existenz als harten Gegensatz zum Bewußtsein. Er wird unzufrieden und letztlich lebensuntüchtig, denn er stellt sich seinen Schwierigkeiten nicht mehr, um sie zu überwinden, er weicht ihnen mit immer häufigerem Filmbesuch aus.
    Fünftens. Der Filmkonsum ist um so intensiver, je weniger gesichert die Lebenssituation des Jugendlichen ist. Statistiken weisen eine erschreckende Häufigkeit des Filmbesuches auf. 1954 betrug die Zahl der Filmbesucher — das ist eine beachtliche Zahl — 733 Millionen; das sind 60 Millionen mehr als im Jahre 1953. Es kommt also zur Nachhaltigkeit des Filmeindrucks auch noch die Wirkung der ständigen Wiederholung irrealer Bilder, die nicht nur das Zustandekommen eines echten Lebensbildes verhindern, sondern darüber hinaus auch in der Lage sind, das, was die Erziehung bis dahin erreicht hat, wieder aufzuweichen und aufzulösen.
    Sechstens. Das Phänomen der Akzeleration überdeckt für den flüchtigen Betrachter die wahre Situation, und hier liegt vielleicht auch ein Irrtum des Gesetzgebers von 1951. Die geistig-sittliche Entwicklung unserer Jugend hält mit der beschleunigten körperlichen Reifung nicht Schritt. Sie haben das eben auch von unserem Kollegen Lange gehört, der es im Zusammenhang mit dem Jugendarbeitsschutz betonte. Diesem Umstand der geistigsittlichen Spätreife hat der Gesetzgeber wohl Rechnung getragen bei der Reform des Jugendstrafrechtes. Unter ausdrücklicher Berufung auf diese geistig-sittliche Spätreife findet das Jugendstrafrecht auch Anwendung auf die Heranwachsenden im Alter von 18 bis 21 Jahren. Der eben beendete Jugendgerichtstag in Marburg bestätigte diese Tendenz. Aber die Tendenz auf dem Gebiet des Jugendschutzes lief bisher in absolut entgegengesetzter Richtung. Es muß auch hier dieselbe Begründung gelten. Also deshalb darf keine Einschränkung des Gebiets des Jugendschutzes vorgenommen werden, sondern eher eine Ausdehnung. Mindestens aber muß der alte Zustand, nämlich die Festlegung der


    (Frau Fitz)

    Altersgrenze bei 18 Jahren, wiederhergestellt wer- den. Gerade die Disharmonie zwischen der inneren und äußeren Entwicklung bedeutet eine erhöhte Labilität. Die an sich schon gefährlichen Spannungen in der Reifezeit werden in unverantwortlicher Weise erhöht, wenn man zuläßt, daß diese starken Erregungen krimineller und sexueller Art, wie sie auch sein mögen, auf den Jugendlichen eindringen, mit denen er dann fertig werden muß.
    Welche Unsicherheit sich aus der gegenwärtigen Situation mit der Altersgrenze bei 16 Jahren ergibt, wurde durch ein Freigabeverfahren deutlich. Ein Film, der im Arbeitsausschuß der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft freigegeben worden war, kam auf Antrag einer überstimmten Minderheit in die Berufungsinstanz, die die Freigabe widerrief mit der Begründung, daß der Film eine abträgliche Wirkung für Jugendliche habe. Gegen die Nichtfreigabe wurde wiederum ein Einspruch erhoben, der folgendermaßen begründet wurde, und diese Begründung ist typisch für die Situation:
    Wenn sich der Gesetzgeber auf den Standpunkt stellt, daß ein besonderer Schutz nur für Personen unter 16 Jahren notwendig ist (Jugendschutzgesetz), so müssen alle Personen über dieser Altersstufe im Hinblick auf die Filmfreigabe gleichbehandelt werden. Damit scheiden alle Betrachtungen, welche der Hauptausschuß in diesem Zusammenhang über die Gefährdung jüngerer Menschen durch den Film angestellt hat, von vornherein aus. Wenn der Gesetzgeber einen Menschen über 16 Jahre als Erwachsenen behandelt wissen will, dann kann die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft nicht mehr bei den über Sechzehnjährigen besondere Altersstufen im Hinblick auf die Filmbeurteilung einführen.
    Das ist ganz klar und deutlich, und ich wüßte nicht, wie man den Gesetzgeber klarer auf seine Verantwortung ansprechen und ihn anrufen könnte, diese Lücke zu schließen.
    Es kommt noch etwas anderes hinzu. Alle geltenden Schutzgesetze auf anderen Gebieten begrenzen bei 18 Jahren: die Bestimmungen der Gewerbeordnung, das Gesetz gegen jugendgefährdendes Schrifttum, die Jugendarbeitsschutzbestimmungen des geltenden Rechtes, das Arbeits- und Betriebsvertretungsrecht und das schon erwähnte Jugendstrafrecht. In allen Fällen ist der Jugendliche der Vierzehn- bis Achtzehnjährige. Nur der § 6 des Jugendschutzgesetzes macht die Ausnahme und erklärt den Zehn- bis Sechzehnjährigen als Jugendlichen und den Sechzehnjährigen als Erwachsenen.
    Ansehen und Durchführbarkeit eines Gesetzes hängen aber weitgehend von klaren Begriffen ab. Der systematischen Einordnung des Jugendschutzgesetzes in den Bereich der gesamten Schutzgesetzgebung auf diesem Gebiet dient die Änderung des § 1, die Sie in der Ihnen vorgelegten Drucksache finden. Das ist die Begriffsbestimmung des Jugendlichen: „Kind im Sinne dieses Gesetzes ist, wer das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Jugendlicher ist, wer das 14. überschritten, aber das 18. noch nicht vollendet hat."
    Meine Damen und Herren, die Persönlichkeit des jungen Menschen ist ein Ganzes. Wenn wir die jugendliche Arbeitskraft im Interesse einer späteren vollentwickelten Leistungsfähigkeit vor Überforderung schützen wollen, dann dürfen wir gegenüber den geistig-seelischen Kräften und ihrer Entwicklung nicht fahrlässig sein, dann dürfen wir diese Kräfte nicht geringer achten. Ihnen stehen dieselbe aufmerksame Pflege und derselbe wirksame Schutz vor Schädigungen und Entwicklungsstörungen zu. Der Arbeitsschutz auch nach geltendem Recht schützt den Jugendlichen bis zu einem Alter von 18 Jahren. Der sittliche Jugendschutz reicht auf den so umstrittenen Gebieten des Films, des Glücksspiels und des Automatenwesens nur bis 16 Jahre. Schäden, die die jugendliche Arbeitskraft durch mangelnden Schutz erleidet, werden schnell sichtbar, vor allen Dingen in der verminderten Leistung. Aber seelische Schäden und Verletzungen werden nicht so leicht offenkundig ünd deswegen vielleicht auch nie überwunden. Vielleicht entdeckt einmal der Richter die Spuren bei einem straffällig gewordenen Jugendlichen; aber sie werden nie entdeckt bei all den vielen Lebensversagern, die deshalb nicht zu voller Lebensleistung kommen konnten, weil das Treibhausklima der wahllos genutzten Vergnügungsangebote eine Frühreife und eine Notreife in ihnen entwickelt hat, die den Kern ihres Wesens unentwickelt ließ. Im Bereich ihres sittlichen Unterscheidungsvermögens, ihres Gewissens, werden diese Menschen immer nur halbentwickelt bleiben. Im Interesse einer harmonischen Entwicklung der körperlichen, geistigen und sittlichen Kräfte unserer Jugend, wie sie das RJWG als Recht für jedes Kind garantiert, ist die Heraufsetzung der Schutzaltersgrenze auf 18 Jahre notwendig.
    Das ändert grundlegend den § 6 — um den wichtigsten Paragraphen gleich vorwegzunehmen Nach geltendem Recht sind Kinder bis zu 10 Jahren, Jugendliche von 10 bis 16 Jahren zum Filmbesuch zugelassen. Nach dem Änderungsvorschlag werden Kinder bis zu 6 Jahren nicht mehr zugelassen werden. Damit ist auch das alte Recht, das vor dem „Dritten Reich" gegolten hat, wiederhergestellt. Es ist auch so, daß Kinder unter 6 Jahren überhaupt nichts vom Film haben. Sie sind noch gar nicht in der Lage, eine zusammenhängende Filmhandlung zu erfassen. Aber die Gefahren, daß die optischen und akustischen Reize zu stark auf das kleine Kind wirken, führen vielfach dazu, daß später im Schulkindalter neurotische Störungen auftreten, die man dann sehr bedauert. Mangelhafte Schulleistungen werden von Professor de Rudder, Frankfurt, und Professor Kreutz, Münster, auf diese Störungen im frühkindlichen Entwicklungsalter zurückgeführt.

    (Präsident D. Dr. Gerstenmaie r übernimmt den Vorsitz.)

    Kinder von 6 bis 14 Jahren sollen nach unserem Vorschlag zugelassen werden, wenn der Film für dieses Alter freigegeben ist. Damit entfallen die beiden Bezeichnungen „jugendfördernd" und „jugendgeeignet". Es ist ja auch wirklich fraglich, ob jeder Film, der unter dem Prädikat „jugendfördernd" und „jugendgeeignet" zugelassen worden ist, in Wirklichkeit jugendfördernd und jugendgeeignet war.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Schon die Altersunterschiede — da ist zu fragen: wofür interessiert sich der 10jährige, und womit interessiert man den 14-, 15-, 16jährigen? —machen es unmöglich, diese Gruppen in einer zusammenzufassen. Die Begriffe „jugendfördernd"


    (Frau Pitz)

    und „jugendgeeignet" setzen pädagogische Maßstäbe voraus. Diese sind aber nicht vom Bund zu vertreten, sondern von den Ländern. Der Bundesgesetzgeber muß die wertenden Bezeichnungen im Gesetz durch eine wertfreie Altersskala ersetzen. Der Bund hat sich nach Art. 5 Abs. 2 des Grundgesetzes darauf zu beschränken, den Raum abzuschirmen, in dem der junge Mensch seine Kräfte in Ruhe entfalten kann; und wenn Sie den Art. 2 des Grundgesetzes auslegen, kommen Sie auch zu dem Ergebnis, daß hier ein Raum geschaffen und garantiert werden muß, in dem sich die Entfaltung zur Persönlichkeit vollziehen kann. Der Gesetzgeber muß diese Freiheit, die dem Kinde zusteht, gegen Auswüchse auf dem Gebiet der freien Meinungsäußerung —die ja auch durch das Grundgesetz zugebilligt ist — und auch gegen die Freiheit zum skrupellosen Geschäft verteidigen.
    Die Abschirmung dieser schädigenden Einflüsse muß nach Maßstäben geschehen, die auch wieder der Bundesgesetzgeber setzen muß. Bisher waren diese Maßstäbe in den Prüfrichtlinien und Grundsätzen der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft enthalten. Das ist aber eine freie Einrichtung der Filmwirtschaft, die die Prüfaufgabe auf Grund eines jeweils für drei Jahre geregelten Abkommens mit den Ländern übernimmt. Da aber der Bund den Jugendschutz zu vertreten hat, muß er als Gesetzgeber die Maßstäbe geben, nach denen dann die Prüfung durch die FSK und die Freigabe durch die Länder erfolgen. Die Maßstäbe können im Gesetz natürlich nur generell genannt werden, damit sie gegenüber der Entwicklung elastisch genug sind. Sie finden sie in § 6 Abs. 3. Das Recht der Freigabe liegt nach wie vor bei den Ländern. Auch der Herr Minister hat eben in seiner Erklärung diesen Zusammenhang aufzuklären versucht. Es ist nämlich mißverständlich — mindestens hat es in der Öffentlichkeit zu Mißverständnissen geführt —, wenn in gewissen Zeitungsveröffentlichungen erklärt wurde, die von uns vorgeschlagene neue Formulierung führe zu einem Bundesprüfverfahren. Es ist nicht so. Den Ländern steht das Recht der Freigabe zu; es wird nach wie vor auf dem Wege der Inanspruchnahme durch die FSK praktiziert.
    Außer den Filmen unterliegen aber auch Werbung, Vorspann und Beiprogramm diesen Prüfrichtlinien. In einer für Kinder oder Jugendliche freigegebenen Filmvorführung dürfen nur solche Werbe-, Vorspann- und Beiprogramme gezeigt werden, die nach denselben Maßstäben wie der Film geprüft worden sind. Der Entwurf schreibt in § 9 vor, daß bei Ankündigung und Werbung der Freigabevermerk nur mit der jeweiligen Altersbezeichnung erfolgen darf. Es darf also nicht mehr, wie es jetzt oft der Fall ist, mit der Bezeichnung „Jugendverbot" eine zusätzliche Propaganda für den Film getrieben werden. Das ist Mißbrauch, und das ist genau der Absicht des Gesetzgebers entgegen.
    Aber der beste Schutz gegen die Übertretung des Gesetzes ist der gute Film selbst. Durch die Neueinteilung der Altersgruppen ergibt sich eine bessere Chance für die Filmgestaitung. Ich gebe zu, daß man für das Alter von 10 bis 16 Jahren wenig Möglichkeiten einer guten Filmgestaltung hat. Aber das Alter von 14 bis 18 Jahren könnte sehr viel mehr Möglichkeiten bieten, aus der Fülle des Stoffes für diese Jugendlichen Filme zu gestalten; das ist eine neue Aufgabe, die der Filmwirtschaft zufällt.
    Der Jugendliche ist sehr kritisch. Er stellt an Stoff und Gestaltung, auch an den Wahrheitsgehalt des Filmes sehr hohe Ansprüche. Von da her könnte auch eine Wende für den Film insgesamt eintreten, da man dann, ausgehend von diesen hohen Ansprüchen, die die Jugend an den Film stellt, auch den allgemeinen Film gestalten könnte.
    Wir wollen also die Heraufsetzung des Jugendschutzalters weniger als eine Einschränkung betrachten denn als eine Anregung zu besserer Filmgestaltung. Ich wüßte nicht, daß die Filmwirtschaft auf diese Weise Einbuße erleiden müßte, denn der Besucherkreis der 16- bis 18jährigen ist ein erheblicher Teil der Filmbesucher, und es lohnt sich schon, für diesen großen Teil des Filmpublikums neue Wege zu finden.
    Die zeitliche Begrenzung des Filmbesuchs ist für die Gruppe von 14 bis 18 Jahren von 22 auf 23 Uhr heraufgesetzt; das ist zu vertreten.
    § 5 behandelt die Revue-, Varieté- und Kabarettveranstaltungen. Hier ist eine einfache Umkehrung eingetreten. Von der Erhöhung des allgemeinen Schutzalters auf 18 kommen wir nun zu einer Regellösung von 18 Jahren und zu Ausnahmelösungen von 16 Jahren. Das bedeutet eine Vereinfachung auch insofern, als es heute bei angelaufenen Programmen nötig ist, durch das Jugendamt eine Beschränkung vorzunehmen, wenn die Vorstellung nicht jugendgeeignet ist, während in Zukunft der Unternehmer von vornherein den Antrag stellen kann, dieses Programm auch für 16jährige zu genehmigen, und die Sache dann reibungsloser verläuft.
    In Abs. 3 des § 5 finden Sie eine neue Kategorie von Veranstaltungen. Er behandelt das Verbot des Zutritts zu Veranstaltungen mit verrohendem Einfluß. Es sind hier sogenannte Catcher-Veranstaltungen gemeint — eine ganz neue Form —, auch Freistilringkämpfe und derartige Dinge. Es lohnt sich aber nicht, dafür den § 5 mit einem neuen Katalog zu versehen. Man kann diese Dinge durch eine Rechtsverordnung des Innenministeriums ordnen, in der jeweils die Arten von Veranstaltungen, die unter diese Kategorie fallen, bezeichnet werden können.
    Nun zum § 7! Die Gewerbeordnung bzw. die Durchführungsverordnung zu § 33 d der Gewerbeordnung verbietet die Benutzung von Glücksspielgeräten für Jugendliche bis zu 18 Jahren. Das Jugendschutzgesetz geht mit dem Verbot nur bis 16 Jahre. Außerdem besteht im Gesetz selber ein Widerspruch zwischen den §§ 1 und 7. § 1 verbietet den Aufenthalt an jugendgefährdenden Orten. Spielhallen, solche Hallen, in denen Glücksspielautomaten aufgestellt sind und die sehr viel von Jugendlichen, zum Teil von ziemlich verwahrlosten Jugendlichen, aufgesucht werden, müßten als jugendgefährdenden Orte nach § 1 bezeichnet werden. Das ist aber nach § 7 nicht möglich, weil die Benutzung der dort aufgestellten Spielgeräte ausdrücklich schon vom 16. Lebensjahr an gestattet ist. Die Erhöhung der Altersgrenze für die Zulassung zu Spielautomaten ist gerechtfertigt durch den hohen Grad der Gefährdung, der vom Automatenwesen ausgeht. Je jünger der Mensch ist, um so weniger Widerstandskraft vermag er der Verlockung entgegenzusetzen. Die glänzenden Spielangebote wir-


    (Frau Pitz)

    ken auf den Jugendlichen demoralisierend. — Ausdrücklich sind Veranstaltungen ausgenommen, die für kurze Zeit und unter freiem Himmel stattfinden, Jahrmärkte usw., und ausgesprochene Geschicklichkeitsspiele.
    Eine kleine Änderung bei dem Alkohol-Paragraphen, eine kleine, redaktionelle Änderung auch in § 1: es heißt heute „durch die dafür zuständigen Behörden". Diese Worte sind im Entwurf ersetzt durch den Passus „durch die durch Landesrecht bestimmten Behörden".
    Dann folgt eine sehr grundsätzliche Änderung. Sie betrifft den Erziehungsberechtigten. Bisher war es so, daß bei Übertretung des Gesetzes durch Jugendliche eine Meldung an das Jugendamt erfolgte und erst dann auf dem Wege über das Jugendamt, nachdem ein Fall, eine Akte entstanden war, die Erziehungsberechtigten in Kenntnis gesetzt wurden. Das soll nun gleichzeitig geschehen. Wir wollen damit die Vorrangigkeit der elterlichen Verantwortung betonen. Dasselbe wollen wir betonen in § 14, wo es heißt, daß Personen, die Jugendliche gefährden, bestraft werden. Man kann aber nicht die Eltern mit allen anderen Personen gleichsetzen, die Kinder gefährden. Vielmehr müssen wir hier sagen „Erziehungsberechtigte und andere Personen", um auch hier darzutun, daß die Eltern in bezug auf die Verantwortung vorrangig behandelt werden müssen. Der Begriff des Erziehungsberechtigten ist neu gefaßt, und zwar ist jetzt das Schwergewicht auf die charakteristische Funktion des Erziehungsberechtigten abgestellt, auf das Inobhutnehmen. Es genügt also nicht die einfache Begleitung des Jugendlichen durch einen Erwachsenen, sondern der Erwachsene muß die Funktion des Inobhutnehmens haben. Das Inobhutnehmen trifft nicht allein Eltern, Vormünder, Pfleger und Personen, die ihnen gleichstehen, sondern auch den Lehrherrn.
    Es wird auch wieder der Gedanke zum Ausdruck gebracht, daß die junge Persönlichkeit im ganzen gesehen werden muß. Es gibt keine Erziehung auf einem Teilgebiet, auch keine isolierte Erziehung zur Berufstauglichkeit. Diese Erziehung muß gleichzeitig mit einer Erfassung des ganzen Menschen, mit einer Sorge für den ganzen Menschen verbunden sein. Das Inobhutnehmen bedeutet also auch hier die Übernahme der Verantwortung auch für die sittliche Entwicklung des Jugendlichen, der dem Lehrherrn anvertraut ist. Heimleiter eines Wohnheimes gelten ebenfalls als Erziehungsberechtigte im Sinne dieses Gesetzes.
    Das Gesetz soll drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten. Dadurch soll gewissen Entwicklungen Spielraum gelassen werden.
    Meine Damen und Herren, wir bitten Sie um Zustimmung zu diesem Entwurf. Der Wunsch, ihn zu verabschieden, kommt aus allen Teilen des Volkes, quer durch alle Parteien hindurch. Wir sind uns klar, daß der Jugendschutz nur ein kleiner Teil des gesamten Bereiches der Jugendpflege und des gesamten Bereiches einer Jugendpolitik bleibt. Immer bedarf der Jugendschutz einer wirkungsvollen Ergänzung durch erzieherische und jugendpflegerische Maßnahmen, durch Schaffung wertvoller Freizeitmöglichkeiten. Aber auch diese positiven Maßnahmen lassen den Jugendschutz nicht entbehrlich erscheinen.
    Fünf Jahre haben wir nun zugewartet, und es ist auf dem Gebiet der Filmerziehung viel getan worden. Trotzdem hat alle Filmerziehung nicht hindern können, daß Film über Film freigegeben worden ist, der Gift für unsere 16jährigen ist. Ich stelle am Ende noch einmal die Frage: Kann man es verantworten, den Jugendlichen mit 16 Jahren für diese Bereiche als erwachsen zu erklären?
    Unsere Jugend muß dem Leben gewachsen sein. Dazu gehört Selbstdisziplin. Die Jugend muß lernen, sich einzuordnen, und muß sich höheren Notwendigkeiten fügen. So müssen wir auch erwarten, daß sie die Maßnahmen des Jugendschutzes nicht als gegen sich gerichtet betrachtet, sondern als Grenzen, die auch sie von sich aus freiwillig respektieren soll.
    Wir bitten darum, diesen Antrag an den Ausschuß für Jugendfragen als federführenden Ausschuß und in bezug auf den § 6 an den Ausschuß für Presse, Funk und Film als mitberatenden Ausschuß zu überweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung der Tagesordnungspunkte 5 a und b gehört. Der Punkt 5 c ist zurückverwiesen. Auf die Begründung des Antrags unter Punkt 5 d wird verzichtet. Die mündliche Berichterstattung zu 5e wird nicht gewünscht. Ich frage, ob zu 5 f das Wort zur Begründung gewünscht wird.

(Zurufe: Nein!)

— Begründung wird nicht gewünscht.
Meine Damen und Herren, dann eröffne ich die Aussprache über den ganzen Tagesordnungspunkt 5.
Das Wort hat zunächst der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Arbeit.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zu Punkt 5 a. Die Bundesregierung hat den Jugendarbeitsschutz immer als ein besonders wichtiges Anliegen betrachtet. Sie ist seit langem bemüht, eine Reform des Jugendarbeitsschutzes durchzuführen, einmal, weil das derzeitige Gesetz aus dem Jahre 1938 stammt und in einer Reihe von Punkten nicht mehr befriedigt, dann aber auch, weil es nicht weit genug geht und gewisse Zweige ungeschützt läßt. Es handelt sich dabei im wesentlichen um Landwirtschaft, Binnenschiffahrt und Haushalt.
    Die Bundesregierung ist seit langem damit beschäftigt, hier eine Änderung zu schaffen und einen neuen Entwurf aufzustellen, der diesem Hohen Hause die Mäglichkeit geben soll, einen wirksamen und guten Jugendarbeitsschutz zu schaffen. Sie wissen — es ist von einem der Herren Vorredner, dem Herrn Abgeordneten Lange, bereits darauf hingewiesen worden —, daß im Bundesarbeitsministerium vor einiger Zeit ,der dritte Referentenentwurf erstellt worden ist. Man kann vielleicht fragen: Warum hat man nicht bereits früher einen von diesen Referentenentwürfen in die Gesetzgebung gegeben? Nun, wir haben geglaubt, daß wir der Sache, aber auch der parlamentarischen Beratung und der Güte des zustande kommenden Gesetzes dienen, wenn wir eine möglichst gute Aufklärung und eine möglichst gute Behandlung


    (Staatssekretär Sauerborn)

    der ganzen Probleme gemeinsam mit den Sozialpartnern und Jugendverbänden durchführen.

    (Abg. Mellies: Herrliche Begründung für jede Verzögerung!)

    — Verzeihen Sie, man kann zu allem irgend etwas sagen. Aber Sie können, wenn man ein Problem mit denen, die es angeht, durchdiskutiert, wirklich nicht sagen, daß das eine Verzögerung sei. Denn dafür hat nachher das Parlament die Unterlagen, die dazu ausreichen.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Mellies: Sieben Jahre Zeit haben Sie dazu gehabt!)

    Wir haben nunmehr den Erfolg, daß in den meisten Fragen eine gemeinsame Auffassung zwischen den Sozialpartnern und den Jugendverbänden hergestellt ist. Damit haben wir, glaube ich, der endgültigen gesetzlichen Behandlung dieses Entwurfs einen guten Dienst erwiesen.
    Ich darf allerdings — nachdem Herr Abgeordneter Lange auch diese Frage angeschnitten hat — noch sagen, daß das Handwerk in einem sehr wichtigen Punkt, nämlich in der Frage der Arbeitszeitverkürzung, noch eine andere Stellung einnimmt. Das Handwerk ist nämlich der Meinung, eine Verkürzung der Arbeitszeit auf eine Stundenzahl, wie sie genannt worden ist, könne dazu führen, daß eine genügende Berufsausbildung nicht mehr gewährleistet sei. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, meine Damen und Herren, der einer sehr eingehenden Erörterung bedarf und der nachher im Parlament ausgiebig auf sein Für und Wider zu prüfen ist.
    Abschließend darf ich erklären, daß der Entwurf
    fertiggestellt ist. Er wird — dabei hebe ich die Tatsache hervor, daß heute der 25. Oktober ist — noch im Laufe dieses Monats dem Kabinett zur Entscheidung vorgelegt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)