Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte, mir zu gestatten, nicht nur auf die soeben begründeten vier Anträge einzeln einzugehen, sondern auch zu den Anliegen Stellung zu nehmen, die all diesen Anträgen gemeinsam sind. Allen Anträgen liegt die Tatsache zugrunde, daß vor einigen Monaten mit Billigung des Herrn Bundeskanzlers der deutschen Öffentlichkeit ein Zehnjahresplan für den Straßenbau anläßlich der Straßenverkehrssicherheitskonferenz vorgetragen worden ist. Mit Recht verlangt die Fraktion der SPD gemäß der Entschließung des Hohen Hauses vom 23. März 1955 nun die Zuleitung des Planes an den Deutschen Bundestag. Der Antrag Drucksache 2706 könnte daher, wie von Herrn Kollegen Schmidt dargelegt, ohne Ausschußberatung von dem Hohen Hause sofort angenommen werden.
Der Straßenbauplan hat zu seiner Entstehung eine sehr viel längere Zeit angestrengtester Arbeit in Bund, Ländern und Gemeinden erfordert, als im März 1955 erwartet wurde. Es war bekannt, daß die Arbeiten für diesen Plan schon Jahre vorher — genau: im Jahre 1952 — auf meine Veranlassung begonnen und seitdem intensiv verfolgt worden sind. Es ist weit mehr als eine „Fleißarbeit", wie dieser Plan öffentlich bezeichnet wurde. Zu diesem Ausdruck darf ich bemerken, daß man bei uns ,,Fleißarbeit" das nennt, was im Norden Deutschlands gewöhnlich als „Strafarbeit" bezeichnet wird. Einer solchen Kennzeichnung möchte ich in Anbetracht so vieler Mitarbeiter, deren fleißiger und kenntnisreicher Arbeit dieser Plan seine Entstehung verdankt, doch ausdrücklich entgegentreten.
Es ist heute nicht die Gelegenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihnen diesen Plan im einzelnen darzulegen und zu begründen. Aber ich habe doch den Wunsch, Ihnen einen Gesamtüberblick zu geben, damit Sie für die Beurteilung des Antrags der Fraktion der SPD in großen Zügen über Entstehung und Inhalt des Planes unterrichtet sind.
Dieser Plan enthält alle Vorschläge und die Kosten, die vom bau- und verkehrstechnischen Standpunkt aus notwendigerweise aufzuwenden sind, um die Bundesfernstraßen und die Bundesautobahnen in einer ersten großen Anstrengung auszubauen und für den Straßenverkehr, so wie er heute ist und so wie er sich voraussichtlich in den kommenden zwanzig Jahren entwickeln wird, zu ergänzen. Jedes Straßenbauamt hat seinem Land und jedes Land hat dem Bundesminister für Verkehr angegeben und kartographisch dargestellt, welche Maßnahmen nach Art, Umfang, örtlicher Lage und zeitlichem Ablauf im Sinne dieser Zielsetzung innerhalb des gesetzten Zeitraums durchgeführt werden müssen.
Zunächst ist die Längenbegrenzung festgelegt und ausreichend abgestimmt worden, und zwar mit der Maßgabe, daß alle großen Orte und Wirtschaftsgebiete bis an die Grenzen der Bundesrepublik — insbesondere auch bis an die Zonengrenze — mittels durchgehender Straßenzüge in ausreichendem Bauzustand miteinander verbunden sein sollen. Zu diesem zusammenhängenden Netz sollten grundsätzlich alle Straßen gehören, die nach den Ergebnissen der dazu 1952 und 1953 durchgeführten Verkehrszählung den größten Verkehr aufwiesen, und zwar damals mehr als durchschnittlich 1500 Fahrzeugeinheiten in 24 Stunden. Dieser Maßstab ist bewußt in der Erkenntnis gewählt, daß der Durchschnitt natürlich nicht die Spitzenleistung erfaßt, die jede Straße an bestimmten Tagesstunden und an bestimmten Kalendertagen bewältigen muß. Selbstverständlich ist bedacht, daß der Verkehr seit 1952 bis heute um etwa die Hälfte zugenommen hat und sich in 20 Jahren, also bis 1975/ 76, verdoppeln, vielleicht sogar verdreifachen wird. Diese Realitäten mußten bei der Planung berücksichtigt werden, sonst wäre sie nicht sinnvoll. Jedenfalls kann man dieses Verfahren, das bis 1975/ 76 mindestens mit einer Verdoppelung rechnet, nicht als utopisch oder als übertrieben bezeichnen.
Das auf diese Weise abgesteckte Netz haben wir das Grundnetz der Bundesstraßen genannt. Es umfaßt knapp 49 % der Gesamtlänge der Bundesstraßen. Davon sind 76 %, also etwa drei Viertel, ausbaubedürftig. Die übrigen 25 % des Grundnetzes oder ein Achtel aller Bundesstraßen entsprechen bereits den für die nächsten 10 bis 20 Jahre zu stellenden Anforderungen. Um den Verkehr möglichst weitgehend zu entmischen, sollen 5500 km Bundesstraßen im ersten Abschnitt mit Moped-Radfahr-
Wegen ausgestattet werden, da sowohl Mopeds wie Fahrräder aus dem allgemeinen Verkehr weitgehend herausgenommen werden sollten.
Entsprechend der vorhandenen und der erwarteten künftigen Verkehrsdichte ist weiterhin bestimmt worden, welche Kapazität und damit welche Breite die einzelnen Straßenzüge auf ihren Strekkenabschnitten aufweisen müssen. Dazu wurden Richtquerschnitte festgelegt, die bei der Kostenermittlung zugrunde gelegt worden sind. So ist der Plan nach Breitenklassen differenziert, also nicht etwa auf eine einheitliche Breite berechnet wor-
den. Daß bei der späteren Ausführung im Einzelfall je nach den geographischen, topographischen oder sich etwa verändernden wirtschaftlichen Bedingungen des betreffenden Gebietes eine örtliche Anpassung zu erfolgen hat, ist selbstverständlich.
Die Länderbehörden und meine Mitarbeiter haben weiter untersucht, welche Deckenarten — wie z. B. Blaupflaster oder Rutschasphalt —, welche frostgefährdeten Abschnitte und welche schienengleichen Bahnübergänge und ähnliche Hindernisse beseitigt werden müssen, bei welchen Ortschaften Umgehungen anzulegen oder Durchfahrten auszubauen sind, wie viele Brücken eines Neu-, Umoder Ausbaues bedürfen usw. Schließlich ist, wie ich schon erwähnte, der Bau von Radfahr- und Mopedwegen eingeplant worden, da die vorsorgliche Scheidung der Verkehrsarten als wirksamstes Mittel der Unfallbekämpfung uns sehr wesentlich erscheint.
Wir sind in der Lage, tabellarisch anzugeben, wie viele derartige Objekte in jeder einzelnen Bundesstraße, die zu dem Grundnetz gehört, geplant sind und welche Kosten insgesamt und artgemäß im einzelnen zu heutigen Preisen voraussichtlich entstehen werden.
Der notwendige Gesamtaufwand für alle Baumaßnahmen an Bundesstraßen, die ich bisher genannt habe, beträgt rund 9,5 Milliarden DM, davon allein für den Bau von 1114 Ortsumgehungen rund 3,4 Milliarden DM. Außer diesen Maßnahmen umfaßt der Zehnjahresplan zu heutigen Preisen 1,03 Milliarden DM für die Erweiterung des Netzes, also für den völligen Neubau von Bundesstraßen, die als Ergänzungsstrecken, ohne daß sie als Autobahnen gestaltet werden müßten, erforderlich sind. Es handelt sich dabei um rund 1050 km neue Bundesstraßen. Bei einem Plan, der sich auf Bundesseite auf insgesamt 22,4 Milliarden DM beläuft, erfordert somit der Ausbau der zum Straßengrundnetz gehörenden Bundesstraßen 10,55 Milliarden DM. Der Ausbau der restlichen 51 % des Bundesstraßennetzes, also der vom Verkehr weniger beanspruchten Straßen, ist bei der erforderlichen Beschränkung, die für' den Plan gegeben ist, auf einen späteren Zeitabschnitt zurückgestellt.
Diese Tatsache zeigt Ihnen schon, daß man an den Plan konstruktiv mit räumlichen Kürzungswünschen nicht herantreten kann: denn dieses Straßengrundnetz ist bereits auf das unbedingt notwendige Maß zugeschnitten.
An Autobahnen — einschließlich der schon im Verkehrsfinanzgesetz 1955 enthaltenen 600 km, die wir als die erste Baustufe betrachten — müssen insgesamt 1990 km erstellt werden, die zu heutigen Preisen 5,5 Milliarden DM erfordern.
Der Zehnjahresplan geht — darin muß ich den verehrten Herrn Kollegen Schmidt berichtigen — insoweit aber auch auf den Bedarf der Gemeinden an Straßen ein, als es sich um die Straßen des überörtlichen Bedarfs handelt. Das aber sind gerade die Engpässe in den Gemeinden, und hier ereignet sich — zahlenmäßig, glücklicherweise nicht schweremäßig — die überwiegende Mehrheit der Unfälle. Für Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen in Orten mit mehr als 9000 Einwohnern, für die der Bund bisher keine Baulastverpflichtungen hat, sind in dem Zeitabschnitt des Planes zunächst 3 Milliarden DM eingesetzt. Die Übernahme der Nebenkosten bei diesen Straßen für Nahverkehrsmittel, für Bürgersteige, für das Leitungsnetz usw., die die Gemeinden weiterhin selbst werden aufbringen müssen, steigern den innerstädtischen Bauaufwand für diese überörtlichen Straßen in diesem Abschnitt auf rund 5 Milliarden DM.
Mit diesen Mitteln kann daher nur die Hälfte der schon heute erforderlichen Baumaßnahmen der Städte im Bereich ihres überörtlichen Verkehrs durchgeführt werden. Lassen Sie mich bitte dazu unterstreichen, daß nur die Ausdehnung der Baulast des Bundes auf alle im Zuge von Bundesstraßen liegenden innerstädtischen Straßen in dem vorgeschlagenen Umfang geeignet ist, dieses in seiner Schwere nur noch mit der steigenden Verschmutzung unserer Wasserläufe vergleichbare Problem in absehbarer Zeit zu lösen. Dabei ist selbstverständlich und schon durch die Kostenbeteiligung gesichert, daß die Planung und Bauüberwachung den Gemeinden im Rahmen ihrer Selbstverwaltung verbleibt.
Bei Ortschaften bis 20 000, ja, bis 50 000 Einwohner ist die Baulastfrage kein Problem; denn hier hilft uns nur die Ausführung einer anbaufreien Ortsumgehung, die schon nach heutigem Recht vom Bund zu finanzieren und zu erstellen ist. Aber bei größeren Gemeinden überwiegt der Ziel- und Quellverkehr den Durchgangsverkehr in steigendem Maße, so daß von 100 000 Einwohnern ab nur noch in seltenen Fällen die Ortsumgehung hilft, dagegen hinreichend nur die neuzeitlich, zum Teil in mehreren Ebenen zu gestaltende Ortsdurchfahrt den innerstädtischen Verkehr wirksam zu entlasten vermag.
Ich muß die Frage der Notwendigkeit der Straßenbaufinanzierung unserer Großstädte, über die ich, wie hier schon erwähnt wurde, am 19. September auf der Straßenbautagung der Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen gesprochen habe, besonders herausstellen. Das Präsidium des Deutschen Städtetages hat dies in einer vor wenigen Tagen gefaßten Entschließung ebenfalls getan. Wir alle wissen, wo der Verkehr am dichtesten, am schwierigsten und am gefahrvollsten ist! Wir wissen, wo die größten und meisten Hindernisse für den Verkehr bestehen und wo im Zusammenhang mit schwierigen Eigentumsverhältnissen und hohen Grundstückspreisen oder zusätzlich notwendig werdenden Ersatzbauten die erheblichsten Kosten, vor allem bezogen auf die Einheit der Straßenfläche, beim Straßenbau aufzuwenden sind. Es ist daher eine logische Folgerung, daß zur Bewältigung dieser Probleme des Straßenbaues in unseren Städten besonders große Anstrengungen gemacht werden müssen, und zwar nach meiner Auffassung vom Bund. Ich unterstreiche nochmals dies „müssen"; denn es ist erwiesen und jederzeit neu erweisbar, daß die mittleren und großen Gemeinden nicht in der Lage sind, diese Aufgaben finanzwirtschaftlich selbst, ohne Unterstützung von oben her, zu meistern, insbesondere nicht in den Brennpunkten ihres Verkehrs. Dabei sind es die Städte, in denen die spezifischen Abgaben des Kraftverkehrs hauptsächlich zusammenfließen, ohne daß sie sie selbst verbrauchen dürfen.
Je mehr man sich in die Problematik dieser Zusammenhänge vertieft, um so klarer muß man erkennen, daß das Verhältnis der Einnahmen aus den Sonderabgaben des Kraftverkehrs zu der heute geübten Art der Baulastverteilung überholt ist und daher durch eine bessere Regelung ersetzt werden muß.
Im Rechnungsjahre 1954 haben die kreisfreien Städte 224 Millionen DM für Neu- und Ersatzinvestitionen ausgegeben, davon knapp 34 Millionen DM für die noch immer nicht abgeschlossene Beseitigung von Kriegsschäden, insbesondere an Brücken. Das Geld dazu haben sie auschließlich von fremder Seite bezogen, nämlich 88 Millionen DM aus Gebühren, in der Hauptsache Anliegerbeiträgen, 90 Millionen DM aus Krediten, also Schulden, 16 Millionen DM aus Darlehen von Bund und Ländern und 26 Millionen DM aus Zuschüssen von Bund und Ländern, insgesamt rund 220 Millionen DM. Das Rechnungsjahr 1953 gibt bei insgesamt 195 Millionen DM das gleiche Bild. Das sind sichere amtliche Zahlen, die jeder sich aus der Finanzstatistik zusammenstellen oder die er dort nachprüfen kann.
Die Frage, ob denn die Groß- und Mittelstädte ihre eigenen Steuereinnahmen — vornehmlich aus der Gewerbe-, der Lohnsummen- und der Grundsteuer — nicht in ihren Straßen investieren, läßt sich mit dem Hinweis beantworten, daß sie 1954 noch mehr als die eben genannte Summe für Unterhaltung, Verwaltung und den Schuldendienst ihrer Straßen, nämlich insgesamt 287 Millionen DM verwendet haben. Sehr zweifelhaft wird uns allen sein, ob durch diese mehr als 500 Millionen DM für innerstädtische Straßen der tatsächlich vorliegende Bedarf gedeckt wird. Ich glaube, wir müssen das verneinen. Dann aber scheint es mir festzustehen, daß die eigene Kraft der Städte nicht ausreicht und in Zukunft immer weniger ausreichen wird, das städtische Straßensystem wesentlich zu verbessern. Dazu sind nach Angaben des Deutschen Städtetages neben den rund 10 bis 12 Milliarden DM, die für das den überörtlichen Interessen dienende Netz der städtischen Straßen benötigt werden, weitere 10 Milliarden DM erforderlich.
Wenn nun im Zehnjahresplan vorgeschlagen wird, daß der Bund jährlich 300 Millionen DM für die überörtlich wichtigen Straßen unserer Städte bereitstellen möge, so ist das keineswegs übertrieben. Die Rechtsgrundlage dazu kann verhältnismäßig einfach durch eine Änderung und Ergänzung des § 5 des Bundesfernstraßengesetzes vom 6. August 1953 hergestellt werden. Durch diese Änderung entfällt für die Zukunft der formalistische Einwand, dem Bund obliege keine Baulast für die Ortsdurchfahrten seiner Straßen in Orten über 9000 Einwohner und überhaupt grundsätzlich keine Sorge für die Gemeinden. Bei aller sachlichen Abwägung von Recht und Lebensnotwendigkeit kann ich diese Einstellung zu Tatsachen, die sich aus der in unserem Jahrhundert durch die technische Entwicklung gründlich veränderten Lebensweise zwangsläufig ergeben haben, nicht teilen. Was 1953 nicht erreicht werden konnte, muß jetzt nachgeholt werden.
Ich begrüße daher aufrichtig die Initiative, die zu dieser Frage der Antrag der Fraktion der Deutschen Partei entwickelt. Der Deutsche Städtetag sagt zu diesem Problem in seiner Entschließung vom 20. Oktober 1956:
Der Deutsche Städtetag hat schon nach seiner Hauptversammlung am 10. und 11. Juni 1955 in Frankfurt am Main auf die großen Gefahren des ständig wachsenden Verkehrs für das Leben und die Gesundheit der Bewohner unserer Städte hingewiesen. Er hat festgestellt, daß diesen Gefahren keinesfalls allein dadurch begegnet werden kann, daß die Autobahnen und die Fernverkehrsstraßen besser und schneller ausgebaut werden; denn die schlimmsten Verkehrszustände haben sich auf den innerstädtischen Straßen und Plätzen entwickelt, die dem überörtlichen Verkehr dienen. Hier -
- auf diesen dem überörtlichen Verkehr dienenden Straßen —
ereignen sich über 80 % aller Verkehrsunfälle. Die deutschen Gemeinden, deren Straßennetz überwiegend durch den Kraftverkehr beansprucht und abgenutzt wird, sind an dem Aufkommen der aus dem Kraftverkehr fließenden öffentlichen Einnahmen praktisch nicht beteiligt. Sie haben trotzdem große Beträge für ihren Straßenbau ausgegeben und dafür eine entsprechend hohe Verschuldung auf sich genommen. Sie werden bei dem Stand ihrer Gesamtverschuldung und bei der gegebenen Kapitalmarktlage zukünftig gleich hohe Beträge für ihr Straßennetz nicht aufbringen können. Jedenfalls aber übersteigen die Kosten der Sanierung des gemeindlichen Straßennetzes, das dem überörtlichen Verkehr dient, bei weitem die Leistungsfähigkeit der Gemeinden, und auch deshalb kann diese Aufgabe nur mit Hilfe des Bundes und der Länder, denen die öffentlichen Einnahmen aus dem Kraftverkehr zufließen, bewältigt werden.
Der Bundesminister für Verkehr hat sich diesem Tatbestand nicht verschlossen und in seinem Zehnjahresplan für den Straßenbau Bundesmittel auch für den Ausbau der Ortsdurchfahrten in den Städten bindend vorgesehen. Obwohl es sich hierbei nur um einen Bruchteil des wirklichen Bedarfs handelt, droht die Gefahr, daß auch diese erste Hilfe nicht verwirklicht wird. Das Präsidium des Deutschen Städtetages weist mit allem Nachdruck darauf hin, daß eine solche Entwicklung im Interesse der in den Städten lebenden Menschen von niemandem verantwortet werden kann und daß alles geschehen muß, um auch das innerstädtische Straßennetz dem ständig wachsenden Verkehr anzupassen.
Das ist also, wenigstens im Anfang, im Zehnjahresplan geschehen.
Noch eine andere grundsätzliche Bemerkung ist heute erforderlich. Der Plan sieht vor, jedes Jahr wenigstens 50 Millionen DM dem Neu- und Ausbau von Fremdenverkehrsstraßen zu widmen. Damit wird ein neuer Begriff eingeführt für Straßen, die als Zufahrt- oder als Verbindungsstraßen in bevorzugten Ausflugs- und Touristengebieten eine besondere Bedeutung gewonnen haben oder gewinnen werden. Wer weiß, welche Aufwendungen für diesen Zweck unsere Nachbarn — die Schweiz, Italien, Österreich, Frankreich, aber auch Belgien, die Niederlande, Schweden und Finnland, von Übersee ganz zu schweigen — im Straßenausbau jährlich vollbringen, wird diesen Ansatz äußerst bescheiden nennen müssen.
So kommt der Plan auf eine Neu- und Ausbausumme für unser Straßennetz auf Bundesebene von 19 1/2 Milliarden DM.
Eine Planung darf sich natürlich nicht nur auf den Neubau und die größeren Verbesserungen beschränken, sondern darf auch die laufenden Ausgaben nicht vergessen. Ihr Finanzbedarf hat in den
Plan einzugehen, der ja ein Gesamtplan sein muß. Dazu sind für die nächsten zehn Jahre 2,85 Milliarden DM erforderlich, und zwar rund 1 Milliarde für die laufende Erneuerung und Verbesserung der nicht zum Grundnetz zählenden Bundesstraßen, die wir natürlich in dieser Zeit nicht verfallen lassen können, um so mehr als auch sie seit 16 Jahren stark vernachlässigt worden sind. Die weiteren rund 1,85 Milliarden DM entfallen hauptsächlich auf die laufende unerläßliche Unterhaltung der Bundesstraßen, auf die Beseitigung der restlichen Kriegsschäden, auf die infolge des Schwerlastverkehrs in erheblichem Umfang erforderliche völlige Erneuerung der Fahrbahndecken, der bestehenden Autobahnen und auf sonstige Daueraufgaben der Bundesstraßenverwaltung. Sollte der eigentliche Investitionsteil des Zehnjahresplanes etwa zeitlich gestreckt werden, so wachsen natürlich die laufenden Ausgaben um diesen Anteil je Jahr weiter an. Das macht zusätzlich etwa 325 Millionen DM aus.
Mit diesem kurzen Grundriß hoffe ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihnen ein überschaubares Bild von Wert, Größe und Bedeutung des Zehnjahresplanes gegeben zu haben, so daß Sie doch in etwa in die Lage versetzt werden, sich den Umfang des durch Ihre Entscheidung zu verwirklichenden Programms vorzustellen. Die Aufstellung dieses Planes ist nur ,ein erster vorbereitender Schritt auf dem erfolgversprechenden Wege zur Lösung unseres Straßenverkehrsproblems. Die Tat kann nur durch Ihren Entschluß ausgelöst werden.
Die gleiche Aufgabe lastet auf den Parlamenten und Regierungen der anderen westeuropäischen und der überseeischen Staaten, nur unterschieden durch die Proportionen und Voraussetzungen. Mit besonderem Interesse haben wir die Bestrebungen der Vereinigten Staaten verfolgt — dank der Arbeiten eines Ausschusses unter Leitung des Generals Lucius D. Clay —, ein großes Straßenbauprogramm zu verwirklichen. Trotz anfänglich erheblicher Schwierigkeiten, die eine Verwirklichung der weitgespannten Absichten völlig zu blockieren schienen, ist nun doch Ende Juni 1956 ein zwar vermindertes, aber immerhin recht umfassendes Straßenbauprogramm für die Vereinigten Staaten zustande gekommen, das in größerem Maßstab Ähnliches zum Inhalt hat wie unser Zehnjahresplan und das sich zum Teil unter ähnlichen staatsrechtlichen Voraussetzungen abwickelt. Gerade die Tatsache, daß die Vereinigten Staaten nach zweijährigem Kampf im Parlament kurz vor der Beendigung der Legislaturperiode auf Grund der Beschlüsse der beiden Häuser die umfassende Planung der Regierung angenommen und durchzuführen begonnen haben, gibt die Hoffnung, daß auch dieses Hohe Haus im Interesse unseres Volkes in naher Zukunft ähnlich entscheiden wird. Auch auf unsere Entscheidung warten andere Länder, die in den großen internationalen Organisationen mit uns und untereinander verbunden sind.
Absicht des Bundesministers für Verkehr war es, den Plan zusammen mit einer Finanzierungsvorlage dem Hohen Hause in Form einer Gesetzesvorlage zuzuleiten. Die dazu notwendigen Ressortverhandlungen können bei einem Vorhaben dieses Ausmaßes nicht einfach sein und lassen sich zeitlich nicht abkürzen. So wie in diesem Hause verschiedene Vorstellungen über die Finanzierung bestehen, so auch innerhalb der Bundesregierung. Der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Verkehr prüfen seit Fertigstellung des Plans gemeinsam sorgfältig, welche Lösung unter allgemein politischen, haushaltsmäßigen und verkehrspolitischen Gründen der Bundesregierung zur Entscheidung vorgeschlagen werden soll. Ein von mir vor einigen Wochen neu erarbeiteter Vorschlag, der bezüglich der gesetzlichen Fixierung des Planes für seine ganze Laufzeit eine tragfähige, zugleich aber flexible Lösung vorsieht, scheint bei dem Herrn Bundesminister der Finanzen auf günstigeren Widerhall zu stoßen. Die Erörterungen hierüber und über die Erwägungen des Herrn Bundesminister der Finanzen in bezug auf die Finanzierung schweben noch. Beide Häuser hoffen, in Kürze das Ergebnis ihrer Arbeit dem Kabinett zur Entscheidung vorlegen und es dann dem Parlament zuleiten zu können.
Um so bedeutungsvoller ist gerade jetzt der Antrag der Fraktion der Deutschen Partei, der darauf abzielt, die Bundesregierung um die Vorlage eines Gesetzentwurfes für eine derartige Finanzierung zu ersuchen. Dieser Antrag kann erörtert und angenommen werden, ehe der Zehnjahresplan in allen Einzelheiten beraten wurde. Denn ich verstehe diesen Antrag im Gegensatz zu den vorgelegten Initiativgesetzentwürfen so, daß er lediglich den entscheidenden Anstoß zum Verfahren geben will, allerdings in Richtung auf den praktischen Erfolg, auf den der Zehnjahresplan hinausläuft. Wenn, wie die Begründung sagt, durch den Antrag die Bundesregierung ersucht werden soll, die gewünschte Vorlage unverzüglich einzubringen, so wird es aus der inneren Logik der Sache, der Situation und des Ziels heraus durchaus richtig sein, wenn über diesen Antrag so schnell als möglich entschieden wird.
Das zu erwartende Gesetz wird dann eine feste und doch zugleich flexible Grundlage für den Neubau, den Ausbau und die Unterhaltung der Bundesstraßen und Bundesautobahnen für die kommenden Jahre bilden können. Dies wird u. 'a. den besonders großen Vorteil haben, daß die Länder und Gemeinden bei ihren Planungen für ihre Straßen sich hierauf sowohl in technischer wie auch finanzieller Hinsicht auf lange Sicht einstellen können. Das grundlegende Gesetz kann natürlich kein Haushaltsgesetz für zehn Jahre sein; es soll nur den Rahmen der Finanzierung festlegen. Daher ist es nicht glücklich, für einen Teil der Laufzeit des Planes jetzt die Jahresmittel im voraus festzulegen. Das führt zu erheblichen Schwierigkeiten und läßt den Willen, den Plan wirklich voll durchzuführen, unglaubwürdig erscheinen. Es liegt nun einmal im Wesen einer langfristigen Investition, daß sie von langer Hand sorgfältig vorbereitet werden muß, wenn sie mit wirtschaftlichem Nutzen wirklich gelingen soll. Der Bundestag hat gewiß das größte Interesse daran, diese Dinge ihrer Natur nach, nämlich um Fehlinvestitionen oder unabsehbare Störungen bei der Investition 'zu vermeiden, pfleglich ablaufen zu lassen. Dazu gehört einfach selbstverständlich, daß man dem Plan als ganzem den richtigen Start und das gesicherte Fundament gibt.
Der Antrag der Deutschen Partei enthält bereits eine Streckung um 20 %, nämlich von 10 auf 12 Jahre. Damit wird eine sehr beachtliche Konzession an das wesentliche und durchaus notwendige Bestreben zu sparsamer Mittelbewirtschaftung angeboten. Wenn wir uns vom straßenbautechnischen Standpunkt damit einverstanden erklären können, so geschieht das, um nicht durch starres Festhalten an dem einmal festgelegten und errechneten
Planungssoll schon den Anfang zu gefährden. Die Erstreckung auf zwölf Jahre entspricht aber auch den technischen Bedürfnissen besser als die dekadische Einteilung, weil Großbauvorhaben meist eine Zeit von vier Jahren von den Vorbereitungen und der Trassierung bis zum Bauabschluß beanspruchen. Der Antrag hat den Vorzug, den Zehnjahresplan in einen Plan mit natürlichem Baustufenrhythmus umzuwandeln. Um so mehr ist es berechtigt, zu hoffen, daß dieser Rhythmus eingehalten werden kann, daß also von weiteren Kürzungen abgesehen wird. Der Straßenbau endet nicht nach zehn oder zwölf Jahren. Wir müssen unsere Planung — und darin liegt auch ihre geschichtliche Bedeutung im Rahmen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte unseres Vaterlandes — in ein größeres Zeitdenken einordnen. Wir müssen schon den erforderlichen Anschluß an künftige Aufgaben mit in unsere Überlegungen einbeziehen.
Zu einer großartigen aber auch dringend notwendigen Regelung, der sich das Hohe Haus mit vereinter Energie annehmen sollte, gehört vor allem der Wille, das Erforderliche zur rechten Zeit und in angemessen kurzer Zeit zu tun. Die Wege, dieses Ziel zu erreichen, sind aufgezeigt worden.
Nach diesen Ausführungen zu den beiden Anträgen, die die Initiative der Bundesregierung anregen, ihr aber die Ausführung und Entscheidung überlassen, komme ich zu den Entwürfen der beiden Initiativgesetze. Der Bundesminister für Verkehr braucht sich durch dieses Eingreifen deshalb weniger angesprochen zu fühlen, weil er den Zehnjahresplan ausgearbeitet und zur Vorlage bereit hat. Ich sehe in diesen Vorlagen ein Zeichen für das allgemeine ernsthafte Interesse bei allen Fraktionen des Hohen Hauses an den aufgeworfenen Problemen, deren Behandlung in der breitesten Öffentlichkeit mit hoher Anteilnahme verfolgt wird.
Ich darf persönlich sagen, daß die Begründung zu dem Initiativentwurf der Fraktion der SPD durchaus zutreffend ist. Doch scheint mir nach eingehendem Studium der Entwurf in der dargebotenen Form noch mancher zusätzlicher Überlegungen zu bedürfen. Der Entwurf hat die Beseitigung des Mißverhältnisses zwischen der Verteilung der Straßenbaulasten und der Verteilung der Finanzierungsquellen zum Ziel. Auf ein entscheidendes Moment, nämlich die Organisation der Straßenbauverwaltung, geht er dabei, wie Herr Kollege Schmidt begründet hat, leider nicht hinreichend ein. Vor allem glaube ich aber, daß er die angeschnittenen Fragen auf eine etwas verwickelte Weise zu lösen sucht.
Im einzelnen darf ich zu den Vorschlägen noch folgendes sagen: Es ist gewiß gut und zu unterstreichen, wenn Mineralölsteuer und Kraftfahrzeugsteuer von dem zu irriger Behandlung verleitenden Begriff „Steuer" befreit und mit dem Oberbegriff „Abgabe" bezeichnet werden.
In § 3 des Entwurfs wird ebenso wie auch in meiner Vorlage eine Änderung des § 5 Abs. 2 des Bundesfernstraßengesetzes vorgeschlagen, die ich jedoch, wie nach meinen heutigen Darlegungen verständlich sein wird, in dieser Form nicht für glücklich halte. Man darf bei der Lösung dieser Frage vor allem nicht an die Selbstverwaltung rühren, die vielmehr soweit wie möglich gestärkt werden muß und die vor allem unangetastet erhalten bleiben soll. Ich glaube, meine Vorschläge, die nicht einem Schwächeren Hilfe aufdrängen, sondern ihm das Recht geben wollen, aus freier Entscheidung die ihm gesetzlich zu gewährende Hilfe anzufordern, sind vorzuziehen. Dabei wird von selbst die eigene Leistungsfähigkeit, aber auch der Stolz und der Wille zur Eigenleistung gestärkt.
Eine große Schwierigkeit für die Durchführung des vorgeschlagenen § 3 scheint mir die Bestimmung zu bieten, daß der Katalog der in Betracht kommenden Ortschaften jährlich um die Gemeinden, die die vorgesehene Einwohnerzahl von 20 000 überschreiten, vermindert werden soll. Sicherlich sind das jährlich nur wenige Gemeinden. Aber es werden sich dabei noch unliebsame Schwierigkeiten ergeben, vor allem bei der Durchführung begonnener größerer Bauvorhaben.
Ich bitte, aus diesen Anmerkungen erkennen zu wollen, wie vielschichtig selbst die Probleme liegen, die man wegen ihrer scheinbaren Einfachheit gern in voller Großzügigkeit lösen möchte, wie z. B. eine Ortsklassenabgrenzung.
Entscheidend ist aber der Kern des Vorschlages. Um das Ziel der Zweckbindung zu erreichen und es mit einer besseren Verteilung der dann zweckgebundenen Mittel zu verbinden, wird die Zusammenfassung der als Wegeabgaben deklarierten Beträge in einem gemeinsamen Straßenfonds vorgesehen, der beim Bundesminister für Verkehr geführt und abgerechnet werden soll.
Für diese Vertrauensbeweis, den ich allerdings besonders auf meine Mitarbeiter beziehen möchte, bin ich dankbar; aber ich muß doch erklären, daß ich diesen an sich sehr interessanten Vorschlag für schwer realisierbar halte. Sicherlich mag es rechnungstheoretisch, wie in dem Beispiel der Anlage gezeigt worden ist, durchaus möglich sein, Rechnungen aufzustellen, die auf derartigen Bestimmungen beruhen; aber sie sind doch recht kompliziert. Ich gebe jedoch zu, daß, wenn ein solches Beispiel der Ausarbeitung des Entwurfs hat beigefügt werden können, erst recht ein exakt arbeitender Behördenapparat solche Aufgaben zu lösen in der Lage sein sollte, wie dies ja bei Syndikaten und Clearingarbitragen üblich ist.
Aber ich frage mich, ob uns dieses komplizierte System wirklich zu einer besseren Straßenbaufinanzierung führt. An den im Gesetzentwurf enthaltenen Verteilungsschlüsseln und an dem beigefügten Beispiel scheint mir jedenfalls nicht eine zwangsläufige Anwendbarkeit und eine automatische Richtigkeit der Vorschläge erwiesen zu sein. Denn nun beginnt mit der praktisch jährlich neu vorzunehmenden Verteilung der Kampf um die Quoten des Bundes, der Länder, der Kreise und der Gemeinden. Das scheint mir aber einer kontinuierlichen Entwicklung des Investitionsprogramms abträglich zu sein. Ich brauche auf die vielfältigen, immer unerfreulichen Erfahrungen aus den Auseinandersetzungen über Interessenquoten zum Beweis der Berechtigung meiner Bedenken sicher nicht näher einzugehen.
Der Vorschlag hat auch insofern einen Mangel, wie mir scheint, als er die gesamthaushaltswirtschaftliche Aufrechnung offenläßt. Berücksichtigt wird nur, was durch Sonderabgaben des Kraftverkehrs einkommt; nicht aber werden berücksichtigt die darüber hinaus, insbesondere von den Gemeinden, bisher schon für die Straßen verwendeten allgemeinen und speziellen Deckungsmittel. Es ist nicht erkennbar, wie diese Posten auch bei den
Kreisen und Landschaftsverbänden in die Rechnung eingefügt werden und in welchem Verhältnis sie zu den Quotenbeträgen des Straßenfonds stehen sollen. Das ist aber doch sehr wichtig. Hier ist offenkundig eine Lücke.
Die Berechnung über die voraussichtliche Auswirkung dieses Gesetzentwurfs zeigt jedenfalls in Zahlen — und das scheint mir entscheidend —, daß der Zehnjahresplan auf diese Weise nicht erfüllt werden kann; denn die vorgesehenen Haushaltsansätze des Bundes für die Jahre 1957 und 1958 werden bei dieser Methode nur wenig über die Höhe von 1956 gehoben und damit kaum auf die Hälfte der zur Durchführung des Planes jährlich erforderlichen Summe gebracht. Statt dessen schwellen die Zuteilungen an Länder und Kreise und noch mehr die Zuteilungen an die Gemeinden so an, daß sie sogar fast das Doppelte von dem erreichen, was der Zehnjahresplan dafür vorsieht. Sosehr ich im Prinzip diese Hilfe für die kommunale Ebene bejahe, halte ich es doch für gefährlich, die Gewichte in dieser einseitigen Weise zu verschieben, da so nur andere Disparitäten entstehen müßten.
Ich weiß nicht, wieweit diese Auswirkungen in ihrer effektiven Höhe beabsichtigt waren oder ob sie einfach aus gegriffenen Relationen resultieren, die ihrer einmal festgesetzten Zahlenreihe wegen zusammengebaut worden sind und nun als Norm gelten sollen. Haben sie aber nur paradigmatischen Wert, so ist ihr Wert nur gering, und es müßte erst auf komplizierte Weise ein einigermaßen vertretbares Verhältnis der Zahlen errechnet und dann in sicherlich schweren Kämpfen durchgesetzt werden.
Nur eine Andeutung dazu: Über diese Aufteilung, wie sie § 5 Abs. 2 des Initiativgesetzentwurfes vorsieht, ließe sich noch reden, wenn die Gemeinden dann zusätzlich selbst den Bau der Ortsumgehungen übernähmen. den der Bund in seinen eigenen Zehnjahresplanbedarf eingerechnet hat. Vom Standpunkt der technischen Ausführung und der Gewißheit aus, daß überhaupt etwas auf diesem Gebiet geschieht, ist aber die jetzt bestehende Regelung besser.
So dankbar ich dem Verfasser des Entwurfs auch bin und so sehr ich den auf wohl überlegten theoretischen Bemühungen beruhenden Vorschlag anerkenne, so kann ich mich doch mit einer so schwierigen, ich möchte sagen, intellektuellen und nicht im positiven Sinne wirklich praktischen Lösung befreunden, die uns einer Verwirklichung unseres Zieles nur auf Umwegen und damit nur mit Verzögerungen näher bringen kann. Lassen Sie es um des praktischen und baldigen Erfolgs willen lieber bei den eingefahrenen Methoden! Diese ganzen Umstellungen müssen Verzögerungen mit sich bringen. Entscheidend aber ist der Baufortschritt, den wir erreichen wollen; denn nur er läßt uns hoffen, daß wir die Probleme so weit und so bald meistern, wie sie beim Straßenverkehr von der Seite des Straßenbaus her überhaupt gemeistert werden können.
Die Bildung des vorgeschlagenen Straßenfonds beruht jedenfalls nicht auf echter Kapitalzusammenführung und -überweisung, sondern stellt lediglich ein Verfahren dar, das sich natürlich alle diejenigen gern gefallen lassen, die Nutznießer eines solchen Vorschlags sein werden.
Der erste Eindruck, den der Vorschlag macht, es könne sich um eine institutionelle Neuordnung des Straßenwesens handelt, verfliegt leider bei näherer Prüfung. Gerade die Vorteile, die eine wirkliche Neuordnung durch eine Verwaltungsreform bieten könnte, enthält dieser Gesetzentwurf nicht. Ich habe sie 1953 in München aufgezeigt. Darauf hat der Herr Kollege Schmidt hingewiesen. Der Vorschlag will eine neue Verteilungs- und Verrechnungsnorm erreichen. Ich glaube aber, das kann einfacher und wirksamer geschehen.
Einen Punkt von allgemeiner Bedeutung möchte ich in diesem Zusammenhang noch herausheben: In § 6 Abs. 3 wird angegeben, wie der Verteilungsschlüssel für die sogenannte Gemeindequote gegliedert sein soll. Dabei wird als Teilfaktor — und zwar zu 25 % — die Länge der von den Gemeinden des Landes unterhaltenen Straßen eingeführt. Dieser Gedanke ist durchaus zutreffend, wenn man überhaupt eine solche Differenzierung ins Auge faßt. Aber er ist leider mindestens in absehbarer Zeit nicht zu verwirklichen; denn die gesuchte und als bekannt vorausgesetzte Größe ist leider noch nicht ermittelt. Nach jahrelangen Erörterungen zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesinnenministerium, dem Statistischen Bundesamt und den kommunalen Spitzenverbänden ist es, weil man sich über die Notwendigkeit einer solchen Erhebung allseits klar war, nach verhältnismäßig kurzer Zeit im April 1956 doch gelungen, die Unterlagen für die Erhebung aller Gemeindestraßen unter maßgeblicher Federführung des Statistischen Bundesamtes fertigzustellen. Auch die Statistischen Landesämter, die kommunalen Spitzenverbände und die sonstigen Fachleute waren mit dieser abgeschlossenen Vorarbeit völlig einverstanden. Das vor Ingangsetzung des Vorhabens zu hörende Gremium des Statistischen Sonderausschusses der Länderinnenminister hat jedoch bald darauf die Durchführung storniert, ohne den Bundesminister für Verkehr oder die kommunalen Spitzenverbände überhaupt zu hören. Das vorgeschobene Kostenproblem scheint mir im Verhältnis zu den vielen wirtschaftlichen Zwecken relativ unwesentlich zu sein, zu denen eine exakte amtliche Feststellung der verschiedenartigen Gemeindestraßen dienen kann. Nach dem hier eingebrachten Gesetzentwurf sollen aber Hunderte Millionen von D-Mark an die Gemeinden verteilt werden; die gewünschte Aufschlüsselungsgrundlage dafür fehlt jedoch. Vorläufig geht es so also nicht. Sonst werden fachfremde Kommissionen über das Schicksal von Maßnahmen des Bundes entscheiden, der doch nur eine allgemeine Hilfestellung leisten kann. Die Kompetenz zu fruchtbarem Handeln ist ihm damit nicht gegeben. Die Schwierigkeiten bei der von uns angestrebten Erstellung einer Gemeindestraßenstatistik, die ausschließlich bei den Ländern liegen, sind symptomatisch für unsere Situation. Es ist zu hoffen, daß eines Tages bei den zuständigen Stellen doch die Einsicht einkehren möge, der Erhebung über die beteiligten Gemeindestraßen den Weg freizugeben.
Noch ein letzter Punkt bedarf der Hervorhebung, nämlich der Vorschlag, einen Ausschuß aus Fachleuten des Bundes, der Länder und der Gemeinden zur Beratung aller mit dem Straßenfonds zusammenhängenden Fragen durch den Bundesminister für Verkehr zu berufen. Da frage ich mich trotz der positiven Darlegungen des verehrten Herrn Kollegen Schmidt, wer nun eigentlich in diesen
Ausschuß berufen werden soll, nur Vertreter der beteiligten Körperschaften oder etwa ein weiterer Kreis? Ist man vielleicht mit dem jetzigen Verfahren der Bauplanung in Verbindung mit der Haushaltsgebarung nicht zufrieden? Es ist wahrlich vielschichtig und umständlich genug. Denn durch die Erarbeitung und Erörterung jedes einzelnen Vorhabens vom Bauamt über eine gegebenenfalls vorhandene Mittelinstanz, über die oberste Landesbaubehörde, über das Bundesverkehrsministerium und über das Bundesfinanzministerium und andere Beteiligte, schließlich über die Verkehrs- und Haushaltsausschüsse des Bundestages und des Bundesrates müßten doch weiß Gott genügend Kautelen für eine nicht verschwenderische, fachlich ausgegereifte und allseits geprüfte Bewirtschaftung der Straßen gegeben sein, so daß mir eine weitere Instanz nicht erforderlich erscheint. Ein solcher weiterer Ausschuß, in dem sich doch praktisch nur die gleichen Vertreter aus den anderen Gremien unter einem neuen Namen zusammenfinden, dient mit Sicherheit nur der Erhöhung der Reisekosten und wirkt sicher mehr erschwerend als fördernd.
Sicherlich würde er außerdem wie so viele schon bestehende Gremien überbeansprucht, wenn man ihm eine so umfassende Kompetenz wie die Beratung aller mit dem Straßenfonds zusammenhängenden Fragen übertragen würde.
Damit ich nun nicht mißverstanden werde: Der Bundesminister für Verkehr und die Auftragsverwaltungen des Bundes in den Ländern auf dem Gebiete der Bundesfernstraßen scheuen natürlich keineswegs eine Überprüfung ihres Handelns im Planen und Disponieren. Wo aber zu erwarten steht, daß der Nutzen nur gering sein kann, muß ich vor der Bildung erschwerender Institutionen und neuer Instanzen warnen; denn der Apparat ist kostspielig und schwerfällig genug.
— D a s jedenfalls nicht.
Die Hoffnungen, die der Gesetzentwurf zum Ausgleich dafür auf eine Vorfinanzierung setzt, kann ich nicht teilen. Mit dieser Konstruktion des Verkehrsfinanzgesetzes haben wir alles andere als Freude gehabt. Ersparen Sie mir, auf Einzelheiten einzugehen. Aber nach unseren Erfahrungen, besonders in diesem Jahre, kann ich mir davon eine Befruchtung erst versprechen, wenn wir einen wirklich flüssigen Kapitalmarkt haben. Das aber kann noch lange Zeit dauern.
So muß ich zu meinem Bedauern sagen, daß mir der von der Fraktion der SPD vorgeschlagene Weg im Interesse einer raschen Durchführung des Zehnjahresplans nicht besonders vorteilhaft erscheint.
Lassen Sie mich nun noch die verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich beim Studieren des Entwurfs ergeben, kurz berühren. Denn leider be-hen sie in nicht unerheblichem Ausmaß.
Nach Art 74 Nr. 22 des Grundgesetzes hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung für den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen des Fernverkehrs. Dazu gehören auch die Fragen der Finanzierung und die Kostentragung. Für die sonstigen Straßen des allgemeinen Verkehrs ist der Bund nicht zuständig. Die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers kann sich allenfalls noch auf die im engen Zusammenhang mit den Fernverkehrsstraßen stehenden sonstigen Straßen erstrecken. Auf Art. 74 Nr. 22 des Grundgesetzes könnte man also ein so umfassendes Bundesgesetz, wie es der Entwurf vorsieht, nicht stützen.
Eine weitere Frage ist es, ob der Bund, ohne daß ihm diese Aufgabe durch ein auf Art. 74 Nr. 22 des Grundgesetzes gestütztes Gesetz übertragen worden ist, im Bundeshaushalt einen Titel für einen allgemeinen Straßenbaufonds einfügen könnte, aus welchem Zuschüsse für die Straßen der Länder und Gemeinden global oder auch für einzelne Bauvorhaben gewährt werden. Zwar kann der Bund freiwillig Zuschüsse an Länder und Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben geben. Diese Art des „Finanzausgleichs", gegen die der Herr Bundesminister der Finanzen sich immer wieder wendet, findet aber ihre verfassungsrechtliche Grenze im Abschnitt „Finanzwesen" des Grundgesetzes, insbesondere in Art. 109, in dem es bekanntlich heißt, daß Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig sein sollen. Diese Verfassungsbestimmung zielt auf eine verstärkte Selbstverantwortung sowohl des Bundes als auch der Länder hin. Sie entspricht unserem Staatsaufbau und soll verhindern, daß die Länder auf Dotationen oder Bedarfszuweisungen durch den Bund angewiesen sind.
Schon hieraus ergeben sich starke Bedenken gegen den Vorschlag. Sie werden noch dadurch verstärkt, daß die Zuschüsse des Bundes an die Voraussetzung geknüpft werden sollen, daß ein Land, das Zuschüsse begehrt, die vollständige Verwendung seines Aufkommens an Kraftverkehrsteuern für Straßenbau und -unterhaltung nachzuweisen hat. So sehr ich das begrüßen würde, so ist doch ein derartiges Verfahren mit dem Grundsatz der unabhängigen Haushaltswirtschaft wahrscheinlich nicht in Einklang zu bringen. Darüber hinaus aber wäre der Bund praktisch überfordert, wenn er über die Vordringlichkeit der einzelnen Straßenbauvorhaben, die nicht seiner Zuständigkeit unterstehen, zu entscheiden hätte.
Versucht nun der Entwurf der sozialdemokratischen Fraktion eine Lösung für das Gesamtproblem vorzuschlagen und bekennt er sich dankenswerterweise zu dem Willen, diesen Lösungsversuch mit aller Energie zu verwirklichen, so beschränkt sich leider der Entwurf der Fraktion der CDU/CSU darauf, eine selbst für den von ihm vorgesehenen beschränkten Zeitraum kaum zureichende Teillösung ins Auge zu fassen, die Gesamtlösung aber dem nächsten Bundestag zu überlassen. Das sollten wir aber angesichts der vor uns stehenden Probleme nicht tun. Die Verantwortung, die Lösung der Probleme anzupacken, fällt in dies e Legislaturperiode, und die Öffentlichkeit wird nach so ausgiebiger Erörterung der Fragen von uns verlangen, daß wir auf Grund der inzwischen erarbeiteten Erkenntnisse, die sich innerhalb der nächsten Jahre keinesfalls dem Grunde nach ändern werden, ans Werk gehen.
Wer den technischen Ablauf des Arbeitsrhythmus im Straßenbau kennt und eine Teillösung anstrebt, der muß aus zwingenden Gründen wenigstens einen Plan für vier Jahre vorschlagen.
— Ich habe das vorhin schon ausgeführt: weil es
sich um einen vierjährigen Rhythmus für diese
Art von Bauvorhaben handelt. Sie brauchen ein
Jahr für Planung und Trassierung, ein Jahr für die Kunstbauten, ein Jahr für die Erdarbeiten, die sich setzen müssen, und ein Jahr für die Deckmund Restarbeiten.
— Ja, verzeihen Sie gütigst, sind Sie Straßen baufachmann?
— Meine Mitarbeiter und alle die Herren, die ich in den Ländern befragt habe, sind der von mir vorgetragenen Auffassung. Ich habe es in der Praxis von sieben Jahren auch immer wieder in der Wirklichkeit erlebt, daß sich das so abspielt. Die Erfahrung jedenfalls steht dabei auf meiner Seite.
Der verehrte Herr Kollege Müller -Hermann hat vor einiger Zeit und auch heute dargelegt, mein Nachfolger müsse kein Verkehrsminister, sondern ein Straßenbauminister sein. Ganz abgesehen davon, daß meinem Nachfolger so viel Aufgaben vielfältiger Art gegenübertreten werden, daß er sich nicht auf die Tätigkeit eines seiner Abteilungsleiter wird beschränken können, würden ihm die hier gemachten Vorschläge kaum die Möglichkeit geben, im Straßenbau das zu vollbringen, was er nach den geleisteten Vorarbeiten unbedingt zu leisten hat.
Der verehrte Herr Kollege Müller-Hermann hat heute manches ausgeführt, was ich selbst früher o vorgetragen habe. Nicht immer waren seine Darlegungen als Zitat gekennzeichnet; das ist von ihm nur zum Teil geschehen. Zu diesem Teil möchte ich doch noch einiges sagen: Ich bin nicht als Heide geboren, sondern als Kind getauft. Deshalb vermesse ich mich nicht, eine solche Wandlungsfähigkeit zu besitzen, wie sie dem Apostel Paulus dank überirdischer Erscheinungen verliehen wurde. Eine gewisse Möglichkeit, durch Erfahrungen und Erkenntnisse zu lernen, nehme ich aber in Anspruch.
Der Autobahnbau vor dem Kriege muß, da gleichzeitig der Ausbau der Bundesstraßen völlig vernachlässigt wurde und wir die Folgen davon heute noch bitter zu tragen haben, durchaus kritisch betrachtet werden. Davon lasse ich mich nicht abbringen. Die Tatsache, daß jeder Kilometer Autobahn mindestens 6 ha Land erfordert, ist nicht zu bestreiten und bleibt bei unserem beschränkten Raum und der großen Zahl unserer nach 11 Jahren noch nicht eingegliederten vertriebenen Bauern eine bittere Hypothek für unseren Straßenbau. Auch das müssen wir ruhig sagen.
— Sie ist nicht die alleinige Ursache. Aber wenn Sie das vorhandene Land durch umfangreichen Straßenbau immer weiter vermindern müssen, so kann das natürlich nicht zu einer Verbesserung der Lage der heimatvertriebenen Bauern führen. Das ist doch wohl eindeutig.
Ich bestreite die Notwendigkeit der in der Drucksache 2737 vorgeschlagenen Ergänzung des Planes, solange der Plan nicht zu einem erheblichen Teil ausgeführt ist. Wir brauchen nach meiner Auffassung keine Erweiterung, wir brauchen die Durchführung des Planes. Die Zeit für das Planen und für eine Übergangsperiode ist praktisch schon abgelaufen; jetzt ist die Zeit für die Verwirklichung gekommen.
— Bitte!