Rede von
Dr.
Hans
Reif
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sind Sie mir nicht böse, wenn ich als Berliner sage, daß die Art, wie die Debatte hier geführt worden ist, mir nicht gefällt.
Aber die Sache hat zwei Seiten. Es ist gesagt worden, wir in der Bundesrepublik, vielleicht auch hier im Hause, hätten keinen Anlaß, selbstzufrieden zu sein. Ich glaube, die Kolleginnen und Kollegen, die im Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen mitarbeiten, wissen das am besten. In dieser Demokratie gibt es noch vieles, worüber wir keineswegs selbstzufrieden sein dürfen. Immer wieder werden im En- und Ausland Vergleiche über die Art und Weise, über die Geschwindigkeit und über die Großzügigkeit angestellt, mit denen man den einen oder anderen behandelt. Über die Unterschiede gibt es sehr viel Verwunderung,
vor allem bei den Menschen, denen die Demokratie am Herzen liegt.
Wir alle wissen, daß das, was nur mit dem Herzen aufrichtiger Demokraten und aus demokratischem Gewissen heraus geleistet werden kann, sich im Grunde genommen nicht in Gesetzesparagraphen ausdrücken läßt.
Ich darf aber hier vielleicht eine allgemeine Maxime für die Behandlung dieser Materie, wie sie auch meine Fraktion vorschlägt, aussprechen. Wo immer die Möglichkeit besteht, muß auch den Opfern der Demokratie, um die es sich hier handelt, ein Rechtsanspruch gegeben werden.
Wir leben in einem Rechtsstaat, und wir sind stolz darauf, in einem Rechtsstaat zu leben. Wir haben für die merkwürdigsten Fälle unserer Vergangenheit Wege des Rechtsstaates geschaffen, die benützt werden. Die gegebenen Ansprüche werden zum Teil in Prozessen erstritten, gegen die wir uns gar nicht wehren können; vielleicht waren wir zu großzügig, als wir die Gesetze machten.
Aber wenn jetzt Menschen, die jahrelang dieses tragische Schicksal ertragen haben, in die Gesellschaft freier Menschen kommen, als die wir uns mit Recht bezeichnen, und anfangen müssen um die Auslegung von Paragraphen zu kämpfen, wenn vor selbstverständlichen demokratischen Pflichten immer erst der elende Papierkrieg steht,
dann allerdings ist etwas nicht in Ordnung.
Ich möchte diese Debatte nicht unnötig verlängern. Ich schließe mich dem Wunsch des Kollegen Wehner an, dem Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen Gelegenheit zu geben, diese Dinge so schnell wie möglich in Ordnung zu bringen. Der in diesem Ausschuß herrschende Geist — das darf ich für alle Kolleginnen und Kollegen sagen, gleich welcher Partei sie auch immer angehören — scheint mir dafür zu bürgen, daß das geschieht.