Rede von
Dr.
Theodor
Oberländer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache 2637 ist dem Hohen Hause der Regierungsentwurf einer ersten Novelle zum Häftlingshilfegesetz überwiesen worden, das am 10. August 1955 in Kraft getreten ist. Es hat sich gezeigt, daß einige Formulierungen des Gesetzestextes der Klarstellung bedürfen, um vor allen Dingen bei Verwaltungsstreitverfahren Zuständigkeitsüberschneidungen zu vermeiden. Das Gesetz, das auf mehrere andere Sozialgesetze des Bundes Bezug nimmt, konnte erst nach den Erfahrungen der Verwaltungspraxis in dieser Hinsicht in allen Einzelheiten übersehen werden. Der vorgelegte Entwurf trägt den sich ergebenden Notwendigkeiten Rechnung. Abgesehen von diesen mehr redaktionellen Änderungen des Gesetzestextes enthält die Novelle zu zwei Punkten wesentliche materielle Ergänzungen.
In § 9 a sind die Beihilfen für ehemalige politische Häftlinge verankert worden, die bisher nur im Einzelplan 40 des Bundeshaushaltsgesetzes genannt waren. Bei der Formulierung der Voraussetzungen für die Gewährung dieser Beihilfen hat die Bundesregierung von der bisher geforderten Hilfsbedürftigkeit abgesehen. Lediglich bei der Reihenfolge der Auszahlung der Beihilfen ist — etwa der Punkttabelle des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes entsprechend — die soziale Dringlichkeit zu berücksichtigen. Diese Formulierung entspricht in vollem Umfange dem Wunsch des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen des Hohen Hauses, der als Ergebnis der Beratung über die Drucksache 1837 eine fast gleichlautende Formulierung für einen § 9 a vorgeschlagen hatte.
In Zukunft sollen alle ehemaligen politischen Häftlinge mit Beihilfen bedacht werden. In welchem Umfang und wie weit die Auszahlungen erfolgen können, wird allein dadurch bestimmt, wie viele Haushaltsmittel von dem Hohen Hause jeweils zur Verfügung gestellt werden. Für das Haushaltsjahr 1957 habe ich allein für diesen Zweck 9 Millionen DM und weitere 16 Millionen DM für neu hinzukommende Antragsteller, also wiederum zusammen 25 Millionen DM beantragt.
Bis Ende August 1956 sind insgesamt rund 18 800 Anträge auf Beihilfen eingegangen. Hiervon waren Ende August bereits rund 13 200 erledigt; das sind rund 70 % aller Anträge. Die bis dahin ausgezahlte Summe betrug rund 23,4 Millionen DM. Den Ländern sind von den in den Haushaltsjahren 1955 und 1956 vorgesehenen Bundesmitteln in Höhe von 35 Millionen DM bisher bereits nahezu 29 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden.