Ich danke dem Herrn Berichterstatter und frage, ob das Wort zur Begründung des Antrags unter Punkt 5 b gewünscht wird. — Das Wort zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Dr. Vogel.
Dr. Vogel , Antragsteller: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Auftrage meiner Freunde möchte ich Ihnen eine
Idee vortragen, die ihren Niederschlag in einem Antrag gefunden hat, von dem wir glauben, daß er dieses Problem der Bonner Bauten am besten lösen würde. Es ist ein Problem! Nicht wir sind daran schuld, daß eine provisorische Bundeshauptstadt existieren muß und daß die eigentliche Reichshauptstadt noch nicht Bundeshauptstadt sein kann. Das Provisorium Bonn hat uns allen, glaube ich, manche Probleme aufgegeben, und im Grunde genommen ist niemand von uns darüber glücklich gewesen, daß hier derart viele Bauten entstehen mußten. Ich sage ausdrücklich: entstehen mußten. Ich werde später noch darauf zurückkommen.
Aber nun eins: Wenn nun einmal die zwingende Notwendigkeit vorlag, diese Bauten zu errichten, dann mußte auf der anderen Seite auch darüber nachgedacht werden: Welchen Zweck sollen diese Bauten einmal erfüllen, wenn, was wir ja alle von Herzen wünschen, die Reichshauptstadt Berlin ihren alten Rang wieder einnimmt? Unter den Möglichkeiten, die sich anbieten, wären folgende zu nennen gewesen. Man hätte vielleicht daran denken können, hier Schulen für die Reichsbehörden in großem Umfang, z. B. Zollschulen, Finanzschulen, Postschulen und was es sonst alles auf dem Gebiete gibt, hinzulegen. Man hätte daran denken können, auch Industrie hierher zu bringen. Aber ich glaube, auch die Bevölkerung dieser Stadt würde nicht sehr glücklich sein, wenn aus einer alten Universitätsstadt eine Industriestadt würde. auch wenn das von der gewerbesteuerlichen Seite her vielleicht manchem sehr angenehm wäre.
Der Ausweg, den wir Ihnen vorschlagen, scheint der der Tradition dieser Stadt angemessenste zu sein und scheint auch nach dem Widerhall, den er in dieser Stadt und überall in akademischen Kreisen und weit darüber hinaus hei der Studentenschaft gefunden hat, der sinngemäßeste und vernünftigste zu sein. Wir schlagen Ihnen vor, die dafür geeigneten Gebäude unter den Bonner Bundesbauten einer künftigen Zweckbestimmung als Wohnheime für ausländische Studenten, Professoren, Tutoren usw. zuzuführen und sie dafür herzurichten. Sie können hier in Bonn eine große Reihe vor allem der neu errichteten Gebäude ohne weiteres einem solchen Zweck dienstbar machen.
Es ist Ihnen allen bekannt, daß wir an allen deutschen Universitäten und Technischen Hochschulen mit einem furchtbaren Mangel an Unterkunftsräumen, an Wohnräumen nicht nur für unsere heimische Studentenschaft, sondern vor allen Dingen auch für unsere ausländischen Gäste zu kämpfen haben. Das deutsche Volk ist immer stolz darauf gewesen, ausländischen Studenten ein gastliches Heim und eine Lehrstätte bieten zu können. Wir haben das in den Jahren nach 1945 nicht in dem gleichen Maße tun können wie vor dem Kriege. Die Zahlen sind Ihnen bekannt. Hier bin ich allerdings auf eine gewisse Divergenz gestoßen. In dem uns vorliegenden Einzelplan des Bundesinnenministeriums ist die Zahl von heute 3500 ausländischen Studenten gegenüber 6500 vor dem Kriege genannt worden. Aus einer Statistik der deutschen Studentenschaft entnehme ich dagegen, daß gegenwärtig schon 6800 Auslandsstudenten bei uns weilen.
Wir wissen, daß all unser Bemühen, z. B. jetzt aus Anlaß des Nehru-Besuchs auch einer Zahl indischer Studenten das Studium bei uns zu ermöglichen, daran gescheitert ist, daß keine der deutschen Hochschulen in der Lage war, diesen neuen ausländischen Gästen hinreichende Wohnstätten zu bieten.
Natürlich würde unser Plan für die Umsiedlung im Falle der Wiedervereinigung keineswegs ausschließen, daß in der Zwischenzeit vor allen Dingen an den Orten der Technischen Hochschulen weiterhin derartige Studentenheime gebaut werden und daß der Bund dafür auch Mittel bewilligt. Wir haben bereits im Haushalt des Auswärtigen Amts für das laufende Haushaltsjahr 2 Millionen DM für derartige Zwecke im voraus zur Verfügung gestellt. Ich nehme an, diese Mittel werden sich erhöhen lassen.
Aber worum es hier geht, ist, für die vielen großen Bauten jetzt schon einen definitiven Verwendungszweck vorzusehen. Das Bundeshaus selbst war ja früher eine Pädagogische Akademie und hat schon einmal dieser Zweckbestimmung gedient. Das neu hinzugebaute Hochhaus mit den Arbeitsräumen der Mitglieder dieses Hohen Hauses ließe sich — das ist völlig klar — unschwer mit sehr wenig Mitteln einer solchen neuen Zweckbestimmung zuführen. Wir haben weiter den Neubau des Auswärtigen Amtes, das Bundesfinanzministerium und eine Reihe kleinerer Bauten, das Bundespresse- und Informationsamt, die neuen Annexe beim Bundeskanzleramt usw.
In diesen Gebäuden müßten natürlich entsprechende Umbauten vorgenommen werden. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch dann, wenn sie anderen Zwecken zugeführt würden, sagen wir, wenn sie Beamtenschulen würden oder, was man früher einmal in Erwägung gezogen hat, wenn die Finanzleute ihre Schule dort unterbrächten, müßte man hier Wohnräume schaffen, Umbauten vornehmen und die Gebäude dafür herrichten. Wir sind es ja im Haushaltsausschuß gewohnt, daß bei jeder neuen Zweckbestimmung für ein Gebäude entsprechende Umbauten vorgenommen werden und das Geld dafür regelmäßig reibungslos zur Verfügung gestellt wird. Warum sollte es nicht auch hier so sein, daß man für einen neuen Zweck die entsprechenden Mittel für einen Umbau zur Verfügung stellt?
Jedenfalls würde es dieser Plan möglich machen, nach meiner Schätzung mindestens 2500, wahrscheinlich über 3000 in- und ausländischen Studenten eine gemeinsame neue Studienheimat zusammen mit dem Aufsichtspersonal, dem Lehrpersonal, Unterweisern, „Tutoren", wie sie im Ausland genannt werden, zu bieten. Damit hätte dann die Universität Bonn zusammen mit der Universität Köln eine neue Zugkraft für die ausländischen Studenten gewonnen, die hierherströmen würden, um in einer ganz anderen Atmosphäre, als sie die meisten Universitäten bieten könnten, ihren Studien nachzugehen. Alle diese Studentenheime sind nicht so gedacht, daß sie nur ausländischen Studenten zur Verfügung gestellt werden sollten; es sollen, wie das auch z. B. in Stuttgart und Heidelberg der Fall ist, Deutsche und Ausländer in einem bestimmten Prozentsatz gemeinschaftlich dort leben, Kontakt miteinander gewinnen und Freundschaften für das Leben schließen können.
Wir sind der Überzeugung, daß dieser Plan vor allen Dingen für die neuen großen Aufwendungen Gültigkeit haben sollte, die für die Unterbringung des Bundesverteidigungsministeriums auf der Hardthöhe unvermeidlich sind. Hier könnte man rechtzeitig, schon vor der Grundsteinlegung, alles das mit hineinnehmen, was sich später für eine der-
artige Zweckbestimmung als notwendig erweisen würde.
— Ich weiß, meine Damen und Herren von der Opposition, daß Sie grundsätzlich dagegen sind. Das ist Ihre Angelegenheit. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß man Bundesbedienstete nicht in Campingplätze einweisen und nicht unter Zelten hausen lassen kann, daß sie genauso einen Anspruch darauf haben, ordnungsgemäß untergebracht zu werden, wie alle anderen Bundesbediensteten auch.
Und weil wir das wollen und weil das auch so sein wird, glauben wir, daß es nützlich ist, schon jetzt die Vorkehrungen zu treffen, um später einmal für einen endgültigen Verwendungszweck Mittel bereitzustellen und Pläne dafür auszuarbeiten.
— Nicht bei Ihnen, meine Damen und Herren! Daß wir bei Ihnen keinen Widerhall erwarten können, Ist selbstverständlich und klar. Wir wären Ihnen nur dankbar, wen Sie von vornherein, an Stelle einer Verzögerungstaktik, sagen wollten: Wir wollen das überhaupt nicht haben! Dann kämen wir doch völlig klar miteinander.
Aber wir verlassen uns darauf, daß diejenigen, die es unmittelbar angeht, die Studentenschaft selber, ein großes Interesse daran hat. Die Studentenschaft hat es begrüßt; das kann ich Ihnen aus einer ganzen Reihe von Zuschriften beweisen.
Es ist doch immerhin charakteristisch, daß nicht in einem Falle ein Widerspruch erfolgt und etwas anderes gesagt worden ist.
— Ja nun, wenn Sie Witzblätter hier zur Vorlage in diesem Hohen Hause benutzen wollen, gratuliere ich Ihnen für die Zukunft.
Das wäre eine zu sehr vereinfachte Methode; aber ob sie dieses Hauses würdig wäre, möchte ich doch sehr stark bezweifeln.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können Ihnen mit diesem Vorschlag etwas unterbreiten, das durchaus im Sinne einer weitausschauenden Kulturpolitik liegt.
und das durchaus auch im Sinne aller der Bestrebungen liegt, für die auch wir uns von jeher eingesetzt haben, im Falle einer Widervereinigung der deutschen Studentschaft und den ausländischen Studenten hier etwas zu bieten, was andere Länder, wie z. B. Frankreich in der Cité Universitaire, längst verwirklicht haben, was wir infolge der Zerstörungen durch den Krieg bisher nicht verwirklichen konnten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Gelächter und Zwischenrufe sind ja keine Antwort auf ein solches Problem, und ich stelle hier das eine fest: wenn wir uns Ihnen und
Ihren Vorschlägen gegenüber genauso verhalten würden, wie Sie sich jetzt verhalten haben, würden Sie in einen Empörungsruf ausbrechen. Ich möchte doch sehr zu bedenken geben, ob das die Methode ist, mit der wir vernünftig miteinander sprechen können.
Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen im Namen meiner Fraktion, meiner Freunde, diesen Vorschlag zur Annahme empfehlen und bitten, ihn in der Zwischenzeit dem Haushaltsausschuß zu überweisen.