Rede von
Ernst
Kuntscher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich weiß, ich weiß! — Alle meine Vorredner haben auf die Mängel, die die Regierungsvorlage enthält, hingewiesen. Wir sehen ein, es gibt da eine ganze Reihe von Dingen, die auch uns nicht gefallen. Aber, meine Herren, wenn man von Mängeln spricht und wenn man Besserungsvorschläge hat, dann muß man auch wissen, daß diese Besserungsvorschläge unheimlich viel kosten. Deshalb ist für uns die erste Frage immer die: Wie schaffen wir die Mittel, um die Mängel abstellen zu können, die Sie zum Teil aufgezeigt haben, die auch wir sehen und weshalb auch wir Verbesserungen an dem Regierungsentwurf vornehmen wollen? Wo nehmen wir die Mittel her? Welche Möglichkeiten haben wir da? Das muß doch der Ausgangspunkt sein!
Da wurde zunächst der § 6 angeführt. Im Zusammenhang mit diesem § 6 möchte ich — ohne auf den materiellen Inhalt dieses Kernstückes der Aufbringerseite des Lastenausgleichs, d. h. die Leistung der Länder, näher einzugehen — an Sie alle die Bitte richten, auf Ihre Freunde draußen in den Ländern einzuwirken,
daß die Stabilisierung, die wir in der Vierten Novelle erreicht haben, d. h. dieser § 6 in seiner heutigen Fassung erhalten bleibt.
Da stehen wir alle in der Verantwortung, denn das ist einer der Ausgangspunkte.
Eine zweite Möglichkeit der Mittelbeschaffung — die auch in dem Antrag der SPD Drucksache 2113 anklingt — ist die, im Ausschuß zu prüfen, ob nicht die Laufzeit der Abgabepflicht verkürzt werden kann. Als dritte Möglichkeit — um es ganz kurz zu machen — möchte ich andeuten, man sollte vielleicht erwägen, den Bonus für die Ablösungen neu festzusetzen. Denn dieser Bonus hat uns, beginnend vom Jahre 1952 bis zum Jahre 1955, von Jahr zu Jahr steigend, ganz beachtliche Aufkommen für den Lastenausgleich gebracht. Das Aufkommen betrug im Jahre 1952 8 Millionen, im Jahre 1953 106 Millionen, im Jahre 1954 215 Millionen und im Jahre 1955 587 Millionen. Nachdem wir aber den Bonus von 10 auf 8 % herabgesetzt haben, ist das Aufkommen im Jahre 1956 zurückgegangen und beträgt bisher, nach dem Stand vom 31. August, nur noch 210 Millionen. Es wäre also zu erwägen, den Bonus wieder auf 10 % zu erhöhen, wobei ich allerdings noch nicht abschließend sagen will, ob diese Erhöhung uns tatsächlich das Entsprechende bringen wird. Es ist aber eine Angelegenheit, die sehr genau geprüft werden muß. Natürlich sollen auch die notwendigen Bundeshilfen bleiben. Ohne Kassenkredite werden wir auch in den kommenden Jahren nicht auskommen. So viel zur Seite des Aufkommens. Wie bereits von meinem Kollegen Kunze und auch von Herrn Staatssekretär Hartmann angekündigt, soll eine Neunte Novelle die Aufkommenseite behandeln. Voraussetzungen für Verbesserungen auf der Leistungsseite sind diese Aufkommen.
Welche Verbesserungen schweben uns, um es grundsätzlich zu sagen, vor? Das Kernstück ist der § 246, die Hauptentschädigung. Ein großer Teil meiner Freunde ist der gleichen Meinung, daß hier die durchschnittlich 20%ige Erhöhung nicht genügt, daß wir den § 246 nicht als alleinstehenden Paragraphen sehen dürfen, sondern daß wir den § 29, in dem ein Freibetrag von 5000 DM auf der Abgabenseite festgelegt ist, mit dem § 246 in eine bestimmte Beziehung bringen müssen.
Ich möchte hier nicht unerwähnt lassen, daß wir bei den Beratungen, wie es hier schon angeklungen ist, eine Relation suchen müssen: wie hat man andere Geschädigte entschädigt, und wie liegen die Dinge in unserem Entschädigungsgesetz, also im Lastenausgleich? Ich will dabei nicht irgendwie den Anschein erwecken, daß wir anderen, die besser weggekommen sind, irgend etwas neiden. Aber immer bleibt für uns maßgebend, daß wir maßhalten und in Grenzen bleiben müssen.
Wichtig ist für uns, wie nach § 246 die ab 1. April fließende Hauptentschädigung zur Aus-
zahlung kommen soll. Hier haben wir ein ganz bestimmtes Ordnungsbild im Auge, das wir wenigstens in seinem Rahmen gesetzlich verankert sehen möchten. Es handelt sich erstens um die Bevorzugung unserer Alten, damit sie von ihrer Hauptentschädigung noch etwas erleben, zweitens um die dringliche Behandlung jener Fälle, bei denen es sich um echte Eigentumsbildung handelt, gleichgültig, ob die Maßnahmen die Existenzgründung oder vor allem den sozialen Wohnungsbau betreffen, und drittens darum, daß besondere Schicksalsschläge in Familien auch in dieser Dringlichkeitsstufe eine Anerkennung finden.
Uns gefällt es auch nicht — ich will es ganz offen sagen —, daß in dem Regierungsentwurf über eine Erhöhung der Unterhaltshilfe jede Andeutung fehlt. Die Erhöhung der Unterhaltshilfe ist ja nicht nur eine Notwendigkeit, sondern eine logische Folgerung aus dem, was wir in den letzten Monaten bereits in anderen Gesetzen festgelegt haben. Ich erinnere hier nur an das Zweite Renten-Mehrbetrags-Gesetz; ich erinnere ferner an das Unterhaltshilfezulagen-Gesetz, das am 21. Februar 1956 verkündet wurde. Dort haben wir eigentlich schon eine bescheidene praktische Erhöhung der Unterhaltshilfe durchgeführt. Diese jetzt auszubauen, zu prüfen, was noch möglich ist an Erhöhung zu geben, ist eine Pflicht des Ausschusses.
Zur Anhebung der Hausratshilfe möchte ich nur sagen, daß wir sie begrüßen, aber die Begründung, warum die zweite Stufe eine mindere Anhebung erhalten soll, nicht ganz anerkennen können.
Viele Verbesserungen in technischer, in redaktioneller Hinsicht sind fällig. Wir haben genügend Erfahrungen gesammelt, um uns im Ausschuß über dieses Gebiet aussprechen zu können und Verbesserungsmöglichkeiten zu finden, damit wir in Verfahrensfragen draußen nicht mehr solchen Schwierigkeiten wie bisher begegnen.
Zum Schluß möchte ich eines sagen. Schon bevor wir die erste Lesung haben, sind im Lande draußen wieder Gerüchte im Umlauf. Vor mir liegt ein Schreiben des größten Landesverbandes des BvD, des Verbandes Niedersachsen. Es ist an mich gerichtet und spricht die Bitte aus, ich möge mich dafür einsetzen, daß nicht, wie Meldungen besagen sollen, die Einbringung und Behandlung der 8. Novelle im Bundestag verzögert wird. Ich weiß nicht, wo die Meldungen, auf Grund derer dieses Schreiben gekommen ist, herstammen. Ich nehme an, daß es eben Gerüchte sind, mit denen absichtlich Unruhe in die Kreise der Vertriebenen und Geschädigten getragen werden soll. Ich möchte gegenüber diesen Meldungen nur wiederholen, was Kollege Kunze als letzten Satz gesagt hat: daß der Lastenausgleichsausschuß bestimmt bemüht sein wird, alles zu tun, um die 8. und 9. Novelle fristgerecht über die Bühne zu bringen. Ich glaube, dafür, daß das auch wahr wird, bürgt uns der Kollege Kunze mit seinem Wort, daß er vorhin gegeben hat.