Proteste sind mir nicht bekanntgeworden; sie waren für mich nicht vernehmbar. Von der FDP ist eine schriftliche Erklärung abgegeben worden, die weder verlesen noch von Herrn Dr. Mende erläutert worden ist. Sie ist mir damals nicht bekanntgeworden, sondern erst einige Tage später. Aber vielleicht ist das nicht entscheidend.
— Ich nehme es jetzt zur Kenntnis; aber neulich ist der Protest nicht in dieser Weise wahrnehmbar geworden.
Weiterhin möchte ich für meine politischen Freunde und mich ausdrücklich sagen, daß uns von „Verabredungen", von denen Herr Dr. Mende sagte, sie hätten innerhalb der Koalition vor der zweiten Lesung stattgefunden, nicht ein Wort bekanntgeworden ist. Solche Behauptungen, für die zur Zeit jeder Beweis fehlt, werden ja auch nicht wahrer, wenn man sie öfter wiederholt.
Ich möchte für meine Person eine Bemerkung, die der Kollege Berendsen in bezug auf die Rückstellung der letzten Söhne getan hat und die ich hier nicht wiederholen will, nicht unwidersprochen lassen. Die Opfer, die gebracht sind, erlauben nach meiner Auffassung keinerlei Vergleich und keinerlei andere Deutung. Denn diese Opfer bemessen sich allein aus der Gesinnung heraus, aus der sie gebracht wurden, ohne Rücksicht auf einen Erfolg oder Mißerfolg. Weil sie so schwer wiegen und wir sie auch so einschätzen, hatte ich versucht, in der zweiten Lesung — ich muß das heute sagen, weil ein Teil der Damen und Herren nicht da war — auf den auch mir sehr zu Herzen gehenden Einspruch des Herrn Kollegen Wehner hin festzustellen, ob ihm nicht eine Formulierung in § 12 Ziffer 4 genüge. Nachdem inzwischen von mehreren Fraktionen, denen diese in zweiter Lesung angenommene Formulierung des Entwurfs nicht genügt, ein Antrag dazu eingegangen ist, stelle ich heute fest, daß wir uns selbstverständlich für diesen Antrag einsetzen werden. Dabei möchte ich für meine politischen Freunde ausdrücklich feststellen, daß die Begründung, man bekomme sonst die Zahl der Einzuziehenden nicht zusammen, gar keine Rolle spielt. Das habe ich auch damals gesagt.
Im übrigen möchte ich mich wegen meiner Ausführungen in der ersten Lesung kurz fassen, denn ich glaube, der richtige Ort für die Darlegung der strategischen Auffassungen und deren Auswirkungen, die mein Vorredner Dr. Mende von sich gegeben hat, ist der Verteidigungsausschuß, wo zu gegebener Zeit Ihre und auch unsere Anliegen erörtert werden. Dort können wir sie zur Sprache bringen. Genauso verhält es sich bezüglich der Gesetze, von denen wir ja durch den Bundesverteidigungsminister erfahren haben, nach welchem Fahrplan sie als Ergänzung des Wehrpflichtgesetzes, das lediglich die Organisation der Wehrersatzdienststellen beinhaltet, eingebracht werden sollen.
Ich wende mich nun dem eigentlichen Thema und den Ausführungen zu, die ich Ihnen im Auftrage meiner politischen Freunde vorzutragen habe. Ich möchte an das anknüpfen, womit Herr Dr. Mende vorhin geschlossen hat. Ich meine, die Abgeordneten haben auch die Verpflichtung, unsere Jugend über die Begriffsverwirrung und Begriffsverirrung aufzuklären und ihr klarzumachen, das diese staatsbürgerliche Verpflichtung und die damit verbundenen selbstverständlich unbestreitbaren Opfer notwendig sind, und zwar der Freiheit wegen.
Der Aufhellung der Begriffe ist aber nach meiner
Auffassung nicht gedient, wenn man sich so ver-
hält wie z. B. der Herr Vorredner Dr. Mende, der jahrelang für die Wehrpflicht eingetreten ist, noch Ende März in der „Welt am Sonntag" einen Artikel unter der Überschrift „Wehrpflicht unumgänglich notwendig" geschrieben hat
und das auch in der Parteikorrespondenz in langen lichtvollen Ausführungen nochmals ausdrücklich unterstrichen hat, Ausführungen, die an dem darauffolgenden Samstag sogar in der Tagespresse wiedergegeben werden sollten, bis sie der Verfasser selber drei Tage vorher widerrief, weil er sich inzwischen eines andern besonnen hatte.
Meine Damen und Herren, ich sage das nur, weil uns die schwerwiegenden Gründe, die Herr Dr. Mende zweifellos gehabt haben muß, weder in der zweiten noch in der dritten Lesung deutlicher gemacht worden sind.
Ich sage das, weil wir diese staatsbürgerliche Verpflichtung bejahen, auch zu dieser Zeit oder gerade zu dieser Zeit, in der immer noch Söhne englischer und amerikanischer Mütter hier im fremden Lande ihren Dienst tun müssen. Diese Mütter bringen ein nicht geringeres Opfer, als es nun unseren deutschen Müttern abverlangt wird, leider, leider! Das sage ich im Auftrag meiner politischen Freunde, denen das ein Herzensanliegen ist. Aber daran sind doch nicht wir, nicht die Bundesregierung, nicht die NATO oder etwa der Westen schuld. Es heißt doch die Fronten, es heißt Ursache und Wirkung verwechseln,
wenn man so argumentiert, wie es hier teilweise geschehen ist.
Wer die Unfreiheit kennt — und diese hat ja ein nicht unbeträchtlicher Teil der Damen und Herren dieses Hauses leider kennengelernt —, der weiß den Wert der Freiheit zu schätzen.
— Jetzt kommen Sie auf die Wertung. Darüber können Sie mich gelegentlich befragen. Ich glaube nicht, daß diese Angelegenheit mit dem Wehrpflichtgesetz etwas zu tun hat.
Ich spreche hier zu dieser Zeit, zu diesem Gesetz, von der Freiheit, unser täglich Brot unter freiem Himmel und in freier Luft verzehren zu können, und von der freien Entfaltung dessen, was wir unsern Kindern und Kindeskindern angedeihen lassen wollen, ohne Zwang, ohne Druck.
— Herr Kollege Eschmann, es ist mir unbekannt, daß aktive Generale im Reichstag gesprochen haben. — Diese Freiheit ist uns aus demselben Grunde verteidigungswert, aus dem auch die amerikanischen und englischen Mütter ihre Söhne hier haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die militärpolitische Lage — um auch da die Begriffe „taktisch", „strategisch" usw. nicht zu verwechseln — stabiler geworden ist. Aber es kann doch noch nicht die Rede davon sein, daß die Konflikte und Spannungen ausgeräumt oder die Ursachen der Spannung beseitigt sind. Daher glauben wir, daß militärische Wachsamkeit notwendig ist. In dem Zusammenhang darf nach unserer Auffassung jedenfalls nicht verschwiegen werden: Wenn heute in Europa noch scharfe Spannungen bestehen, dann ist das eben auf die von Moskau erzwungene Aufrechterhaltung der Spaltung Deutschlands zurückzuführen.
Wenn unsere Wehrpolitik einen Sinn haben soll, dann doch nur den, die militärischen Risiken — und nur die sind heute zu behandeln — im Augenblick so klein wie irgend möglich zu halten, so daß die freie Welt keine militärischen Interventionen aus dem Osten zu fürchten braucht und aus diesem Grunde die Bundesregierung eine elastischere und geschmeidigere Politik treiben kann. Aber die Urheber der Pläne, die auch hier mehrfach vorgetragen worden sind, die nun die Bundesregierung aus der NATO ausklammern wollen, legen ja gerade die Verteidigung in die eigenen Hände. Das würde doch nur den Sinn haben — damit sie wirksam ist und Respekt gebietet —, daß sie noch stärker sein müßte, als wir sie jetzt in der Gemeinschaft der anderen Völker planen. Das ist doch der Grund. Für uns geht es doch einfach darum, daß wir diese nicht nur für unsere Verbündeten, sondern gerade für uns Deutsche lebensgefährliche, wenn nicht gar tödliche Verteidigungslücke im Westen schließen müssen. Die kollektive Sicherheit, von der gesprochen wird, kann für Westeuropa nur dann wirkliche Bedeutung erlangen, wenn eben diese Bedrohung, als deren Gegengewicht die NATO seinerzeit geschaffen wurde — das ist Ursache und Wirkung —; aufhört zu bestehen.
Diese Bedrohung entspringt im besonderen dem Verhältnis, in dem die Sowjets zu den osteuropäischen Ländern stehen. Solange der Kreml nicht sein Verhältnis zu diesen osteuropäischen Staaten zur Diskussion stellt, so lange können doch von diesem Standort, von der Bundesrepublik her, Männer, die darüber sprechen wollen, wie stark das militärische Potential ist, nicht nur die DDR sehen und argumentieren, daß die Verteidigungsorganisation, die wir aufbauen, nur so stark zu sein bräuchte, wie etwa die DDR mit ihrer ostzonalen Volkspolizei usw. ist. Die Sowjets haben — das ist doch erwiesen — in den letzten Abrüstungsgesprächen in London das Schwergewicht ihrer Verhandlungen mit voller Absicht von der Begrenzung oder Abschaffung und Abrüstung der atomaren Waffen zur Begrenzung der konventionellen Waffen verlagert. Dieser Plan läuft nach meiner Meinung darauf hinaus, dem Ostblock seine zahlenmäßige Überlegenheit zu sichern und „den Aufbau größerer Kontingente von Erdtruppen" — wie er selber wörtlich schreibt — in den westlichen Ländern zu verhindern.
Wenn etwas zitiert werden darf — und es ist heute sehr oft geschehen—, dann darf ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten etwas zitieren, was ein bedeutendes englisches Institut, das die Damen und Herren zum Teil vielleicht kennen, das Royal Institute for International Affairs in England, ein einflußreiches königliches Institut für außenpolitische Angelegenheiten, geschrieben hat. Es hat wenige Tage später den Westen davor gewarnt, in die Falle des sowjetischen New Look hineinzulaufen: Die Sowjetunion habe sich nunmehr von der unzeitgemäßen Taktik des kalten Krieges etwas abgewandt. Der Bruch mit der Vergangenheit sei aber keineswegs sauber genug, um zu überzeugen. Man müsse mißtrauisch bleiben. Sowohl das Institut als auch die außenpolitischen Berater Edens seien zu der Überzeugung gelangt, daß der Westen nun vor einer gefährlichen Periode vielversprechend aussehender sowjetischer Angebote stehe, denen man nur sehr schwer widerstehen könne, deren Aufrichtigkeit jedoch bezweifelt werden müsse. - Es ist immerhin ein Institut von hohem Rang und weltweitem Ansehen und auch entsprechendem Gewicht.
In diesem Sinne, meine ich, können die Verträge und Pakte kein Selbstzweck sein. Da gehen wir auch mit den Vorrednern vollständig einig. Sie sind eben ein Mittel der Politik und sind als solche im Zusammenhang zu betrachten. Alles ergänzt sich zueinander, so auch das, was wir mit diesem Gesetz vorhaben, das ebenfalls in den Gesamtorganismus der Verteidigungsanstrengungen einbezogen werden muß, wobei wir auch wieder nicht die Teilaufgabe und Teilbeiträge sehen dürfen.
Wir suchen auch nach Lösungen für die
Abrüstung. Wir haben ja den Außenminister hier; ich könnte ihn auch danach fragen. Meine politischen Freunde und ich sind aber gegen einseitige Bindungen und unter allen Umständen gegen Vorleistungen.
— Wir sind gegen die Vorleistung, wie sie jetzt von uns verlangt wird, einseitig abzurüsten; ich komme nachher darauf. Wir haben ja mit den 6200 Mann, die Herr Blank hat, noch gar nicht einmal aufgerüstet. Da kann man doch nicht von Abrüstung sprechen! Aber ich komme gleich darauf.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Einbeziehung der Bundesrepublik in das atlantische Verteidigungssystem den allgemeinen Sicherheitskoeffizienten erhöht hat. Man kann also nicht sagen, die 12 Divisionen bedeuteten gar nichts im Rahmen des Gesamtorganismus. Aber ich glaube, wir sollten uns über derartige strategische Auffassungen und über den strategischen Wert unserer Verteidigungsanstrengungen im Verteidigungsausschuß und vielleicht im Außenpolitischen Ausschuß unterhalten. Ich komme nur darauf, weil der Wert der Pläne, wie sie von der Bundesregierung nun dem Bundestag vorgelegt werden, für die Verwirklichung unseres deutschen Beitrages immer wieder angezweifelt wird. Aus der Kenntnis der Dinge darf ich denjenigen Damen und Herren, die mitarbeiten, versichern, daß neue Erkenntnisse fortlaufend überprüft werden, nicht allein hier, sondern auch in der Gesamtorganisation, d. h. in der
NATO. Wir sollten auch zu unseren Verbündeten das Vertrauen haben, daß sie die deutschen Belange voll berücksichtigen; denn wir sind dort als gleichberechtigte Partner vertreten. Wenn, wie wir erfreulicherweise gehört haben, Herr Kollege Erler den General Gruenther gesprochen hat, so wird er gehört haben, daß unsere Experten nicht nur zu Wort gekommen sind, sondern daß sie sehr nachhaltig den deutschen Standpunkt vertreten haben und daß man auf diese Männer und das, was sie zu sagen haben, genau hört.
— Das hängt natürlich auch damit zusammen, selbstverständlich, Herr Eschmann.
Erlauben Sie einen ganz kleinen Ausflug, aber haben Sie keine Sorge. Herr Kollege Eschmann, Sie wollten ja vor vielen Jahren einmal den „General" sprechen hören. Ich möchte nur auf ganz wenige Argumente eingehen. Der von mir sehr geschätzte Kollege Erler sagte neulich in der zweiten Lesung, die kaiserliche Armee habe nur 600 000 Mann gehabt. Ich darf darauf nur mit einigen Stichworten antworten. Dieses Argument sticht doch gar nicht. Die Zahl kann man hier gar nicht vergleichen, weil wir eine größere Tiefe infolge der größeren Waffenwirkung haben. Wir haben viel mehr Mehrmannwaffen und Mehrmanngeräte als damals. Wir hatten damals keine Luftwaffe oder, wenn Sie so wollen, nicht den Krieg in der dreidimensionalen Aufteilung. Außerdem ist bei der außerordentlichen Technisierung und Motorisierung der Armee die technische Versorgung viel schwieriger geworden. Ich möchte das nur angedeutet haben.
Nun darf ich zu etwas anderem kommen. Es ist hier über die atlantische Strategie gesprochen worden. Sie ist auch wieder nicht für sich allein zu betrachten, und zwar deshalb, weil sie ein Mittel der Politik ist. Wir tun manchmal so — ich habe das heute so herausgehört —, als ob der Krieg mit Atom- und Wasserstoffwaffen von der NATO nicht nur unter allen Umständen beschlossen sei, sondern stattfinde. Das trifft ja nicht zu in dem Maße.
— Herr Kollege Eschmann droht. Ich weiß, was er mir droht: „Sie kennen den Beschluß nicht." Ich kenne den Beschluß. Deswegen sage ich, verehrter Herr Kollege Eschmann: gerade, wenn wir nicht wollen, daß der Raum zwischen Elbe und Rhein zum Vorfeld und Atomschlachtfeld wird, müssen wir alles tun, um jede Art auch von Kleinkrieg — das ist nun leider einmal ein Ausdruck geworden — auszuschalten.
Dieser Beschluß ist ein Mittel der Politik, wenn die Politiker sonst nicht weiterkommen sollten. Die Soldaten in der NATO bekommen ja ihre Anweisungen von den Politikern; das wollen wir nun einmal festhalten. Es kann allerdings auf der anderen Seite gar kein Zweifel bestehen — das sollten diejenigen wissen, die eine solche Lust verspüren; aber ich glaube, das weiß man auch weithin —, daß die Streitkräfte der NATO zu einem katastrophalen und tödlichen Gegenschlag mit diesen neuartigen Waffen antreten könnten.
Nun die Verringerung der russischen Armee um 1,2 Millionen Mann. Herr Dr. Mende sagte selbst, daß das Rüstungspotential damit nicht verändert wird. Es handelt sich ja nur um eine Veränderung des Menschenpotentials und der Reserven in der Sowjetunion. Es handelt sich also nur um einen Umbau der gesamten Rüstung. Die Rüstung an sich ist damit überhaupt nicht verändert worden.
Es ist auch nicht richtig, wenn gesagt wird, die 500 000 deutschen Soldaten würden einem Massenheer eingegliedert werden. Das wäre vielleicht in der napoleonischen Zeit oder in der Zeit des Krieges von 1870 so gewesen. Man darf doch „Stärke" nicht mit „Masse" gleichsetzen. Wir haben uns darüber im Verteidigungsausschuß unterhalten. Alle Damen und Herren dieses Ausschusses sind darüber informiert und können darüber berichten, daß diese neuen Formationen neu gegliedert werden. Das hat mit der als notwendig erkannten Zahl nichts zu tun.
Nun noch einiges zu dieser Zahl! Alle, die wir mitgearbeitet haben, ersehen aus dem bisherigen Aufbau der Mannschaft, der wirklich nicht mit sehr großer Eile vor sich gegangen ist, daß nicht morgen 500 000 Mann eingezogen werden. Wir alle im Hause haben der Änderung des Grundgesetzes gern zugestimmt, wonach jährlich mit dem Haushalt die Stärke der Streitkräfte und ihre Organisation bekanntgegeben werden muß. Wir haben es also durch die Haushaltsfestsetzung in der Hand, das Tempo des Aufbaus zu bestimmen und uns — hier im Bundestag — nach Beratung im Haushaltsausschuß und im Verteidigungsausschuß, falls er beteiligt ist, ausführliche Pläne vorlegen zu lassen, und zwar zahlenmäßig aufgegliederte und die Art der Zusammensetzung erkennbar machende. Da kann also von einer Überrumpelung oder so etwas gar keine Rede sein.
— Nun, ich meine, Sie machen doch alle Anstrengungen, einen neuen Bundestag so zu wählen, daß Sie darin etwas mehr Einfluß haben. Dann würden Sie zu dem kommen, was Sie wünschen.
Es ist gesagt worden, in England bestünden neue Pläne, eventuell sogar die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen. Auch in Amerika gäbe es solche Pläne, wurde bemerkt. Meine Damen und Herren, das sind nur Überlegungen. Wenn in deutschen Zeitungen der Streit zwischen den Wehrmachtteilen groß aufgemacht wird, so behaupte ich: solch ein Streit unter den Wehrmachtteilen besteht schon, solange es Soldaten gegeben hat, weil eben jeder Wehrmachtteil glaubt, er habe noch nicht genug. Das ist in der deutschen Armee, jedenfalls solange ich drin war, genau so gewesen, daß sich das Heer mit der Luftwaffe und der Marine gezankt hat und daß die Infanterie sich gegen die Panzerwaffe wandte, weil sie besser ausgestattet wäre, usw. Ich brauche mich darüber hier nicht weiter zu verbreiten. Die Auswirkungen dieser „Überlegungen" sind noch nicht erkennbar, und wir wollen heute nicht in ein strategisches Planspiel eintreten. Für mich bleibt das Ergebnis jedenfalls, daß die herkömmlichen Waffen nach wie vor bedeutungsvoll, wenn vielleicht auch nicht mehr allein entscheidend sind.
Nun ein Wort zum Kollegen Mende — ich weiß nicht, ob er hier ist — zu dem, was er heute über den General Guderian sagte. Lassen Sie es jemanden sagen, der als einer der ersten Mitarbeiter am Aufbau der Panzerwaffe vom Jahre 1933 an bei Guderian war: es war Guderians eigene, schöpferische Leistung, es waren seine Ideen. Ich sehe noch die Photographie von Liddell Hart bei ihm, die die Widmung trägt: „Meinem Lehrer!". Ich will damit gar nicht das Verdienst des Generals de Gaulle um den Aufbau der französischen motorisierten Armee schmälern; aber ich glaube, daß Guderian ihn mehr befruchtet hat in seinen Vorstellungen als umgekehrt. Das ist Guderians eigenes Werk. Das kann von keinem Soldaten bestritten werden. Das ändert nichts an der Auffassung, daß diese Ideen von den beweglichen Panzerkernen auch heute noch durchaus modern sind und wahrscheinlich noch für eine ganze Zeit modern bleiben werden.