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    2. Deutscher Bundestag — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Juni 1956 7769 14 7. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Juni 1956. Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Kirchhoff 7772 A Ergänzung der Tagesordnung 7772 A Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 251 (Drucksachen 2363, 2427) . . 7772 B Vorlage eines Berichts des Bundesministers der Finanzen über die Möglichkeiten der zollfreien Einfuhr von Kaffee und Tee im Reiseverkehr (Drucksache 2422) . . . . 7772 B Stellungnahme des Bundesministers für Verkehr betr. Verzicht auf den internationalen Führerschein (Drucksache 2425) 7772 B Fragestunde (Drucksache 2423): 1. Frage des Abg. Wittrock (SPD) betr. Überfliegen des Stadtgebiets von Wiesbaden durch amerikanische Düsenjäger unter Überschreitung der Schallgeschwindigkeit: Blank, Bundesminister für Verteidigung 7772 C, 7773 A, B Wittrock (SPD) 7773 A 2. Frage des Abg. Dr. Bucher (FDP) betr. Anschluß der Fernsprechteilnehmer in Schwäbisch-Gmünd an ein Selbstwählamt: Dr.-Ing. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 7773 B 3. Frage des Abg. Bauer (Würzburg) (SPD) betr. Unfälle durch Herausstürzen von Personen aus fahrenden Eisenbahnzügen: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7773 C 4. Frage des Abg. Bauer (Würzburg) (SPD) betr. angebliche Nichtweiterleitung der Anzeige eines Unfalls des Autos des Bundeskanzlers durch die Bonner Polizei auf Wunsch des Bundeskanzleramts: Dr. Globke, Staatssekretär im Bundeskanzleramt 7773 D 5. Frage des Abg. Bauer (Würzburg) (SPD) betr. Rückwanderuneg deutscher Auswanderer aus Chile und Paraguay: Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 7774 A 6. Frage des Abg. Brück (CDU/CSU) betr. Geschwindigkeitsbeschränkung im Straßenverkehr: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7777 B, C Brück (CDU/CSU) 7777 C 7. Frage des Abg. Josten (CDU/CSU) betr. Zuschüsse aus dem Bundesjugendplan für Turn- und Sportlehrgänge: Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 7777 D, 7778 A Josten (CDU/CSU) 7778 A 8. Frage des Abg. Dr. Arndt (SPD) betr. Unterhaltsklagen an amerikanische Soldaten bzw. Durchführung des Truppenvertrages: Neumayer, Bundesminister der Justiz 7776 A, C Dr. Menzel (SPD) 7775 D Ritzel (SPD) 7776 C 9. Frage des Abg. Ritzel (SPD) betr. Störung beim Empfang von UKW-Sendungen durch Autos, Motorräder und Mopeds: Dr.-Ing. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen 7774 D, 7775 B Ritzel (SPD) 7775 B 10. Frage des Abg. Ritzel (SPD) betr. Erfüllung der Unterhaltspflicht für uneheliche Besatzungskinder: Neumayer, Bundesminister der Justiz 7775 C 11. Frage des Abg. Hübner (DA) betr. Zugfunk in F-Zügen: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7778 B 12. Frage des Abg. Kirchhoff (CDU/CSU) betr. Nachforderung der Einkommensteuer bei Rentnern bzw. Erlaßanträge: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 7778 C, 7779 A Kirchhoff (CDU/CSU) 7779 A 13. Frage des Abg. Brück (CDU/CSU) betr. durchgehenden Reiseverkehr zwischen Jünkerath und Malmedy über Losheim: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7779 B, C Brück (CDU/CSU) 7779 C 14. und 15. zurückgestellt 7779 C 16. Frage des Abg. Dr. Bucher (FDP) betr. Aussonderung von Kommunisten in der französischen Armee und Frage ihrer Verwendung in Deutschland: Blank, Bundesminister für Verteidigung 7779 D Dr. Bucher (FDP) 7779 D 17. zurückgestellt 7780 A 18. Frage des Abg. Maier (Freiburg) (SPD) betr. Massenentlassungen deutscher Bediensteter bei alliierten Dienststellen: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 7780 A 19. Frage des Abg. Schmidt (Gellersen) (SPD) betr. Umsatzsteuerbefreiung in der Landwirtschaft: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 7780 C 20. Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) (DP) betr. Nachwuchsschulung für die Hochseefischerei: Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 7781 B 21. Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) (DP) betr. Darstellung der Sowjetzone als selbständiger Staat und der deutschen Ostgebiete als Bestandteile Polens im Oxford-Atlas: Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 7781 D, 7782 A Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 7782 A 22. Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) (DP) betr. Marinelazarett in Bremerhaven: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 7782 B, C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 7782 C 23. zurückgestellt 7782 D 24. Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) (SPD) betr. zweite Fahrbahn der Autobahn Frankfurt (Main)—Köln: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7782 D Frage des Abg. Ritzel (SPD) betr. Boykott gegen die deutsche Diamant-industrie: Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 7776 D 25. Frage des Abg. Wehr (SPD) betr. Großhandels- und Einzelhandelsumsatzsteuer: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 7783 B Nächste Fragestunde 7783 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Ratifizierung von Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (Drucksache 2316) 7783 D Richter (SPD), Anfragender . . . 7783 D Storch, Bundesminister für Arbeit 7784 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksachen 1139, 1949); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Wiedergutmachung (Drucksache 2382, Umdrucke 611, 612, 615, 616) 7785 C Dr. Greve (SPD): als Berichterstatter 7785 D Schriftlicher Bericht 7816 C als Abgeordneter 7790 B, D, 7795 C, 7805 D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 7788 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7788 D, 7791 D Neumayer, Bundesminister der Justiz 7790 A, 7794 C Dr. Reif (FDP) 7791 C, 7803 C Frenzel (SPD) . . . 7792 B, 7794 A, 7809 B Platner (CDU/CSU) 7795 B Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) 7796 B, 7809 D Dr. Strosche (GB/BHE) 7805 B Dr. Kopf (CDU/CSU) . . . . 7808 D, 7810 A Abstimmungen . . . . . . 7790 A, C, 7791 A, D, 7794 D, 7795 B, 7796 A, 7810 C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der StraßenverkehrsZulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung (Abmessung und Gewichte) (Drucksachen 2360, zu 2360) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Lastkraftwagenverkehr (Drucksache 2367) sowie mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Bleiß und Genossen betr. Straßenver- kehrs-Zulassungs-Ordnung — StVZO — (Drucksache 2420) 7810 D Rademacher (FDP), Antragsteller . . . 7810 D, 7811 A, 7812 D Dr. Bleiß (SPD), Antragsteller 7811 B, 7813 B Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7812 A, 7813 C Ausschußüberweisungen . . . 7811 A, B, 7814 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (Drucksache 2191); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Drucksache 2383) 7814 B Rademacher (FDP) : als Berichterstatter 7814 C Schriftlicher Bericht 7831 C Beschlußfassung 7814 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das am 16. November 1955 unterzeichnete Dritte Zusatzabkommen zum Zollvertrag vom 20. Dezember 1951 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Drucksache 2368) 7814 D Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 7814 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung, Inbetriebnahme, Verlegung und Erweiterung von Mühlen (Mühlengesetz) (Drucksache 2376) . . . 7815 A Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 7815 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1956/57 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft (Getreidepreisgesetz 1956/57) (Drucksache 2381) 7815 A Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . 7815 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Rentenbank und über weitere Maßnahmen zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung (Drucksache 1870); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredite (Drucksachen 2361, zu 2361) 7815 A Wittenburg (DP), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 7832 B Beschlußfassung 7815 A (4 Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Vertrag vom 10. März 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 2399) 7772 A, 7815 C Vizepräsident Dr. Schneider . . . . 7815 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 7815 D Geschäftliche Mitteilungen 7815 D Nächste Sitzung 7815 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 7816 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Wiedergutmachung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksache 2382) 7816 C Anlage 3: Änderungsantrag der Abg. Dr. Greve, Dr. Böhm (Frankfurt), Dr. Reif, Dr. Strosche, Wittenburg u. Gen. zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Umdruck 611) 7830 C Anlage 4: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Umdruck 612) 7831 A Anlage 5: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Umdruck 615) 7831 A Anlage 6: Änderungsantrag der Abg. Dr. Kopf, Dr. Furler, Dr. Bucher u. Gen. zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Umdruck 616) 7831 B Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Entwurf eines Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (Drucksache 2383) 7831 C Anlage 8: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit über den Entwurf eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Rentenbank und über weitere Maßnahmen zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung (zu Drucksache 2361) 7832 B Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Arndt 8. 6. Dr. Atzenroth 16. 6. Bettgenhäuser 6. 6. Fürst von Bismarck 8. 6. Blachstein 30. 6. Böhm (Düsseldorf) 9. 6. Dr. Brühler 16. 6. Dr. Dittrich 30. 6. Gedat 30. 6. Frau Geisendörfer 9. 6. Gibbert 6. 6. Dr. Gille 16.6. Heiland 6. 6. Dr. Hellwig 16. 6. Hepp 9. 6. Hoogen 6. 6. Jacobs 7. 6. Dr. Jaeger 9. 6. Frau Kalinke 8. 6. Frau Kipp-Kaule 6. 6. Dr. Köhler 16. 6. Dr. Königswarter 8. 6. Frau Korspeter 9. 6. Kraft 16. 6. Kramel 6. 6. Leibfried 8. 6. Lemmer 8. 6. Maier (Mannheim) 6. 6. Maucher 6. 6. Meitmann 15. 7. Mensing 8. 6. Metzger 9. 6. Moll 23. 6. Morgenthaler 8. 6. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 30. 6. Müser 6. 6. Neumann 9. 6. Oetzel 6. 6. Peters 15. 7. Dr. Pferdmenges 9. 6. Frau Dr. Rehling 6. 6. Dr. Rinke 15. 6. Runge 16. 6. Scheppmann 6. 6. Schloß 6. 6. Dr. Schmid (Frankfurt) 6. 6. Frau Dr. Schwarzhaupt 7. 6. Dr. Seffrin 30. 6. Siebel 9. 6. Dr. Starke 31. 7. Frau Dr. Steinbiß 7. 6. Stiller 7. 6. Thieme 7. 6. Voss 7. 6. Walz 6. 6. Dr. Will 8. 6. Frau Wolff (Berlin) 10. 6. b) Urlaubsanträge Abgeordnete(r) bis einschließlich Feldmann 30. 6. Lulay 30. 6. Stauch 27. 6. Anlage 2 Drucksache 2382 (berichtigt) (Vgl. S. 7785 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Wiedergutmachung (37. Ausschuß) über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksache 1949) und über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung - Drucksache 1139 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Greve I. Allgemeines Die Drucksache 1139 wurde dem Ausschuß auf Grund eines Beschlusses des Bundestages vom 23. Februar 1955 überwiesen und am 8. und 30. März 1955 beraten. Die Beratung wurde alsdann unterbrochen und mit der Beratung der Drucksache 1949 zusammen fortgesetzt. Der Gesetzentwurf in Drucksache 1949 wurde im Bundestag am 14. Dezember 1955 in 1. Lesung beraten und dem Ausschuß für Fragen der Wiedergutmachung federführend und dem Haushaltsausschuß mitberatend überwiesen. Nach einer Vereinbarung im Altestenrat vom 21. Februar 1956 wurde der Gesetzentwurf Drucksache 1949 weiterhin dem Ausschuß für Beamtenrecht mitberatend überwiesen. Vom Ausschuß für Beamtenrecht liegt eine Mitteilung vom 21. März 1956 und vom Haushaltsausschuß eine solche vom 20. April 1956 vor. Die Beschlösse des Ausschusses für Beamtenrecht sind - von redaktionellen Abweichungen abgesehen - berücksichtigt worden. Zu dem Beschluß des Haushaltsausschusses wird bei § 172 Stellung genommen. Nachdem es nicht mehr möglich gewesen war, die Verfolgtenverbände vor Abschluß der Tätigkeit des Arbeitskreises zu hören, beschloß der Ausschuß, die Anhörung vor seinen Mitgliedern erfolgen zu lassen. In der eigens zu diesem Zweck anberaumten Sitzung vom 11. Januar 1956 fand eine eingehende und fruchtbringende Besprechung der Regierungsvorlage mit den Vertretern aller Verfolgtenverbände statt. Dem Ausschuß waren weiter in einer Vielzahl Schreiben und Anregungen, kritische Bemerkungen und Verbesserungs- und Vereinfachungswünsche von Einzelpersonen und Organisationen aus aller Welt zugegangen, die bei den Beratungen hinzugezogen wurden und zum Teil berücksichtigt werden konnten. Wenn dennoch vielen Wünschen nicht Rechnung getragen worden ist, so liegt das in der Natur jedes Gesetzgebungswerkes, das zwangsläufig unvollkommen sein muß. Den Mitgliedern des Ausschusses für Fragen der Wiedergutmachung hat es an dem Willen, so weit wie nur irgend möglich jedem Wunsche nachzukommen, nicht gefehlt, und gerade unter dem Eindruck ungezählter noch unzulänglich oder unvollkommen erledigter Schäden hat sich der Ausschuß veranlaßt gesehen, sein besonderes Augenmerk darauf zu richten, das Gesetz so weitgreifend und so klar wie nur möglich zu fassen und den Entschädigungsbehörden und -gerichten so wenig wie nur möglich Gelegenheit zu lassen, (Dr. Greve) vor dem Willen des Gesetzgebers auszuweichen, ihn zu modifizieren oder gar zu verfälschen. Aber das beste Gesetz nützt nichts, wenn die Menschen, die es anzuwenden haben, nichts von seinem Geiste spüren. Gerade die Wiedergutmachung und die sich mit ihr befassenden Gesetze nehmen insoweit eine Sonderstellung ein, als die Kenntnis der Bestimmungen eine zwar wichtige, aber nicht die wesentliche Voraussetzung für eine wahrhaftige Entschädigung bedeutet. Wenn nicht zum Hirn das Herz kommt, können zwar Zahlungen geleistet werden, aber es kann nicht im Geiste des wiederherzustellenden Rechts wiedergutgemacht werden. Es ist Aufgabe der das Gesetz ausführenden Länder, endlich dafür Sorge zu tragen, daß die bislang unzureichenden sachlichen und personellen Zustände geändert werden, um die anhängigen und noch anhängig werdenden Verfahren mit größtmöglicher Beschleunigung und auf die einfachste Art zu erledigen und nicht nur zu bearbeiten. Der Ausschuß hat mit Erschrecken und Entsetzen Entscheidungen von Entschädigungsbehörden und -gerichten zur Kenntnis genommen, in denen eine Art des Denkens zum Ausdruck kommt, die zum völligen Versagen, ja zum Teil in das Gegenteil der Wiedergutmachung führen muß. Der Ausschuß wünscht mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen, daß das von ihm vorgelegte Gesetz nur dann richtig angewendet werden kann, wenn die Menschen, die es handhaben müssen — Beamte wie Angestellte und Richter — ein echtes inneres Verhältnis zu der ethischen und rechtlichen Aufgabe der Wiedergutmachung und der aus dieser sich ergebenden Entschädigungspflicht haben. Sie alle haben nicht zu fragen, warum und wozu wiedergutgemacht wird, sondern nur wiedergutzumachen, und zwar in jedem Falle in dem für den Berechtigten günstigsten Sinn und Umfang. Wiedergutmachung und Entschädigung sind kategorische Imperative ohne jede andere als die im Gesetz selbst vorgesehene Einschränkung, die allein den aus der Verpflichtung zur Wiederherstellung des Rechts geborenen Willen des Gesetzgebers richtig wiedergeben. Die Erweiterungen des Gesetzes in persönlicher, sachlicher und räumlicher Beziehung, die Verbesserungen und Vereinfachungen sind in den Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen erwähnt. Mit Rücksicht auf die völlige Neugestaltung des Gesetzes hielt der Ausschuß es für richtig, das Gesetz in neuer Paragraphenfolge vorzulegen. Soweit in folgendem nicht ausdrücklich etwas Abweichendes zum Ausdruck gebracht wird, schließt sich der Ausschuß der dem Regierungsentwurf beigegebenen Begründung an und macht sich den Inhalt derselben zu eigen. II. Im einzelnen Zu dem Entwurf ist im einzelnen folgendes zu bemerken: 1. Das Änderungsgesetz (Mantelgesetz) enthält in Artikeln I bis V Vorschriften, die durch die Neufassung des Bundesergänzungsgesetzes (BEG) erforderlich geworden sind. Artikel II ist neu eingefügt worden und enthält aus gesetzestechnischen Gründen einige Begriffsbestimmungen, die eine abgekürzte Bezeichnung der Gesetze ermöglichen. Artikel III der Regierungsvorlage, der die Ermächtigung des Bundesministers der Finanzen zur Bekanntmachung des BEG in neuer Paragraphenfolge enthielt, ist weggefallen, weil das Gesetz bereits vom Ausschuß in neuer Paragraphenfolge vorgelegt wird. Artikel III (neu) enthält die Vorschriften, die die Übergangsregelung zwischen dem Bundesergänzungsgesetz und dem Bundesentschädigungsgesetz darstellen. Die einzelnen Vorschriften sind gegenüber der Regierungsvorlage erheblich erweitert worden. Sie entsprechen zum Teil den Übergangsvorschriften des Bundesergänzungsgesetzes. 2. Zur Präambel In Übereinstimmung mit dem Gesetz geltender Fassung hat sich der Ausschuß dazu entschlossen, auch dem Gesetz in neuer Fassung eine Präambel voranzustellen. Er hat sich hierbei von den in der Begründung zur Regierungsvorlage niedergelegten Gesichtspunkten leiten lassen. Die Frage, ob an die Stelle der Präambel eine einleitende Vorschrift normativen Charakters mit dem Inhalt der jetzigen Präambel gesetzt werden sollte, ist nach eingehender Erörterung vom Ausschuß abgelehnt worden, weil die Schwierigkeit insbesondere darin bestand, eine entsprechende Formulierung mit Normcharakter zu finden, die Behörden und Gerichte bindet. Gleichwohl ist der Ausschuß der Auffassung, daß die Präambel nicht nur die gesetzgeberische Tendenz ausdrückt, sondern auch Richtschnur für die Anwendung des Gesetzes durch Behörden und Gerichte ist. In gleicher Weise soll der in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. November 1954 (vgl. Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht, Beilage zur Neuen Juristischen Wochenschrift 1955 Heft 2 S. 57) zum Ausdruck kommende Grundsatz gewertet werden: „Ziel und Zweck der Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetzgebung ist, das verursachte Unrecht so bald und so weit als irgend möglich wiedergutzumachen. Eine Auslegung des Gesetzes, die möglich ist und diesem Ziel entspricht, verdient daher den Vorzug gegenüber jeder anderen Auslegung, die die Wiedergutmachung erschwert und zunichte macht." Mit der in Absatz 2 der Präambel gewählten Formulierung, daß der gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistete Widerstand ein Verdienst um das Wohl des deutschen Volkes und Staates war, soll insbesondere zum Ausdruck gebracht werden, daß eine Widerstandshandlung nicht rechtswidrig war, auch wenn sie eine allgemeine Rechtsnorm verletzte. 3. Zu §1 Der Ausschuß ist bewußt der Regierungsvorlage gefolgt, in welcher der in der Praxis verschiedentlich zu eng und falsch ausgelegte Begriff der politischen Überzeugung aufgegeben und an dessen Stelle der Begriff der politischen Gegnerschaft gesetzt worden ist. Diese Gesetzesänderung erfolgt einmal, um den Willen des Gesetzgebers klar zum Ausdruck zu bringen, daß in erster Linie darauf abzustellen ist, daß der nationalsozialistische Staat den Betroffenen als politischen Gegner verfolgt hat, und daß zum anderen jede moralisierende Beurteilung des Betroffenen auszuschließen ist. Mit der Formulierung „aus Gründen politischer Geg- (Dr. Greve) nerschaft" will der Ausschuß eine so weitgehend wie nur mögliche Objektivierung des Tatbestands erreichen und damit zugleich in Zukunft gerichtliche Entscheidungen unmöglich machen, nach denen z. B. die politische Überzeugung als eine „charaktervolle, auf sittlichen Grundlagen beruhende und während einer bestimmten Zeitdauer bewährte Grundeinstellung in den Fragen des Verhältnisses zwischen Staat und Einzelpersönlichkeit" gedeutet wird (OLG Stuttgart vom 17. Februar 1950). Es wird künftig auch nicht mehr zu prüfen sein, ob beispielsweise die kommunistische Betätigung als achtenswerte politische Haltung angesehen werden kann (OLG Neustadt vom 23. September 1953). Zwar ist der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 22. Dezember 1954 von einer zu engen Auslegung des Begriffs „politische Überzeugung" abgerückt; der Ausschuß war jedoch der Meinung, daß eine dem Willen des Gesetzgebers allein entsprechende Auslegung des Gesetzes nur durch die Einfügung eines neuen Begriffs sichergestellt werden könne. Achtbarkeit der politischen Überzeugung, Würdigkeit des Verfolgten, Bildungsgrad und Reife dürfen künftig nicht mehr Voraussetzungen für die Annahme der politischen Gegnerschaft sein. Entgegen der Begründung der Regierungsvorlage ist der Ausschuß der Auffassung, daß auch nur gelegentliche Unmutsäußerungen den Tatbestand des § 1 durchaus zu erfüllen in der Lage sind und daß nicht Asoziale und solche Personen, die jede staatliche Ordnung zu bekämpfen entschlossen sind, schlechthin ausgeschlossen sind, da auch bei ihnen eine politische Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus vorgelegen haben kann. Zu Absatz 2 Nr. 1 war sich der Ausschuß darüber einig, daß der Begriff „aktiv" nicht die Entfaltung einer besonderen Tätigkeit, insbesondere nicht unbedingt einen kämpferischen Einsatz beinhalten soll. In Absatz 3 hat der Ausschuß eine neue Nummer 2 eingefügt, um auch dem Fall gerecht zu werden, daß der Geschädigte eine Handlung begangen hat, die zwar eine allgemeine Rechtsnorm verletzte, deren Ziel aber die Bekämpfung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft war. Hier hat zwar der Verfolger in der Regel den Beweggrund der Handlung nicht erkannt, der Geschädigte aber aus echten politischen Gründen gehandelt. Es ist hier etwa an den Tatbestand zu denken, daß ein Gefangenenwärter aus politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus einen Gefangenen hat entweichen lassen, diese Tat aber als unpolitische Handlung tarnen konnte und daher nur wegen fahrlässiger Gefangenenbefreiung bestraft wurde. 4. Zu §2 In der Regierungsvorlage war die Verfolgungszeit in den Fällen, in denen es sich um Maßnahmen der NSDAP und ihrer Gliederungen handelte, auf die Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 beschränkt. Der Ausschuß hat diese Begrenzung — wie die Regierungsvorlage für die Handlungen staatlicher und kommunaler Stellen — aufgegeben, um auch Maßnahmen zu erfassen, die der Nationalsozialismus in Anbahnung der späteren Gewaltherrschaft schon vor dem 30. Januar 1933 durchgeführt hat. 5. Zu § 4 In Absatz 1 Nr. 1 Buchstaben a bis c ist an Stelle des Stichtages vom 31. März 1951 in Angleichung an § 3 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (BWGöD) nunmehr der 31. Dezember 1952 gesetzt worden. Zu Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe c ist anzumerken, daß der Auswanderung nicht entgegensteht, daß der Verfolgte vorübergehend in seine Heimat zurückgekehrt war, um von dort in das Ausland auszuwandern. 6. Zu §6 In Absatz 1 Nr. 1 hat der Ausschuß in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage daran festgehalten, daß derjenige, der der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Vorschub geleistet hat, unter allen Umständen von der Entschädigung ausgeschlossen sein soll, d. h. auch dann, wenn er nachher den Nationalsozialismus bekämpft hat und deshalb verfolgt worden ist. Der Ausschuß hat sich auch nicht dazu verstehen können, entsprechend vielfach geäußerten Wünschen Mitglieder der NSDAP, die nicht nur nominell dieser Partei angehört haben, in den Kreis der Entschädigungsberechtigten einzubeziehen, wenn sie später unter Einsatz von Freiheit, von Leib oder Leben den Nationalsozialismus bekämpft haben und deswegen verfolgt worden sind. Der Ausschuß ging dabei jedoch von der Erwartung aus, daß der Begriff der nominellen Mitgliedschaft nicht zu eng ausgelegt werden sollte. Absatz 1 Nr. 2 ist § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD angeglichen worden; damit ist zum Ausdruck gebracht, daß nur eine Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nach Inkrafttreten des Grundgesetzes zum Ausschluß der Entschädigung führt. 7. Zu §7 Die Aufnahme dieser Bestimmung in das Gesetz war im Ausschuß sehr umstritten, da nach Auffassung eines Teiles der Mitglieder die Entschädigungsbehörden sowie die Entschädigungskammern und -senate der Gerichte nicht dazu berufen sind, unter Umständen begangene strafbare Handlungen durch Entzug der Entschädigung zu bestrafen. Wenn dennoch eine Aufnahme dieser Bestimmung in das Gesetz erfolgte, so geschah dies, um gewissermaßen vorbeugend zu wirken. Der Ausschuß war einstimmig der Auffassung, daß der Anspruch auf Entschädigung dann nicht versagt werden kann, wenn dem Antragsteller bei richtiger Darstellung bzw. Unterlassung des Gebrauchs unlauterer Mittel die Entschädigung hätte zuerkannt werden müssen. 8. Zu §8 Absatz 1 ist gegenüber der Regierungsvorlage neu gefaßt. Er bringt noch stärker, als dies dort geschehen ist, zum Ausdruck, daß das Bundesentschädigungsgesetz, soweit es sich um Ansprüche gegen das Deutsche Reich, die Bundesrepublik Deutschland und die deutschen Länder handelt, eine abschließende und ausschließliche Regelung darstellt, die insoweit das in Vorbereitung befindliche Kriegsfolgenschlußgesetz ergänzt. 2. Deutscher Bundestag - Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Juni 1956 7819 (Dr. Greve) Absatz 2 ist gegenüber der Regierungsvorlage unverändert geblieben. In der Begründung ist bereits am Beispiel der Gemeinden darauf hingewiesen worden, daß der nach Absatz 2 in Anspruch genommene, nicht unter Absatz 1 fallende Rechtsträger sich unter Umständen von der Haftung wird befreien können, wenn die von ihm getroffene Maßnahme eine nationalsozialistische Gewaltmaßnahme ist, die auf Veranlassung einer Dienststelle oder eines Amtsträgers des Reichs oder eines Landes oder der NSDAP ergriffen worden ist. Es versteht sich von selbst, daß dies erst recht dann gelten muß, wenn der in Anspruch genommene Dritte die schädigende Maßnahme nicht von sich aus getroffen, sondern nur an ihrer Durchführung mitgewirkt hat. Im Ausschuß ist eingehend erörtert worden, ob es angebracht ist, diese Rechtslage durch Aufnahme einer ausdrücklichen Vorschrift im Gesetz selbst zu verdeutlichen. Eine solche Vorschrift sollte etwa besagen, daß die genannten Ansprüche sich nach dem allgemeinen Recht bestimmten und daß dies insbesondere für den Ausschluß der Haftung infolge einer Zwangslage oder anderer Umstände dieser Art gelte, welche die Rechtswidrigkeit oder das Verschulden ausschließen. Der Ausschuß hat diesen Gedanken nicht weiter verfolgt, weil nach seiner Auffassung einmal nur etwas Selbstverständliches gesagt würde und zum anderen durch eine solche Einfügung der Eindruck hätte entstehen können, als ob hier in bestehende Rechte des Verfolgten wie auch in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung eingegriffen würde. Diese Auffassung ist berechtigt, weil unter Bezugnahme auf den Prozeß Wollheim gegen IG Farben i. L. zugunsten der beklagten Prozeßpartei bei verschiedenen an der Gesetzgebung mitwirkenden Organen oder Angehörigen derselben im Sinne einer solchen Gesetzgebung interveniert worden ist. Im übrigen ergibt sich schon aus der Regelung des Gesetzes, wonach Ansprüche der in Rede stehenden Art auf das leistende Land übergehen, soweit nach dem Bundesentschädigungsgesetz Entschädigung geleistet ist, daß es einer weiteren Verdeutlichung nicht bedarf. Ein solcher gesetzlicher Übergang der hier behandelten Ansprüche rechtfertigt sich nämlich nur, wenn in der Person des in Anspruch genommenen Dritten keine Umstände vorgelegen haben, welche die Rechtswidrigkeit oder das Verschulden seines Verhaltens ausschließen. 9. Zu § 9 Zu Absatz 2 ist anzumerken, daß ein Einverständnis des Verfolgten mit der schädigenden Maßnahme auch dann anzunehmen ist, wenn der Geschädigte einen Antrag auf Entlassung oder Versetzung in den Ruhestand zur Vermeidung einer Verfolgung gestellt hat. 10. Zu § 10 In Absatz 1 ist der Grundsatz verankert, daß auf die Entschädigung Fürsorgeleistungen nicht angerechnet werden. Diese Bestimmung reicht jedoch in der Praxis zur Verwirklichung dieses Grundsatzes nicht aus, da nach der Reichsfürsorgepflichtverordnung für den Fürsorgeverband die Möglichkeit besteht, seinerseits von den unterstützten Verfolgten Ersatz der Fürsorgekosten zu verlangen oder durch Mitteilung an die Entschädigungsbehörde zu bewirken, daß Entschädigungsleistungen in Höhe der Aufwendungen des fürsorgeverbandes unmittelbar auf den Fürsorgeverband übergeleitet werden. Der Ausschuß hat deshalb die Einfügung eines neuen Absatzes 2 beschlossen, der ausdrücklich die Anwendbarkeit dieser Vorschriften der Reichsfürsorgepflichtverordnung ausschließt. Diese Regelung gilt jedoch nur für die Zeit vor dem 1. November 1953. Für die Zeit nach diesem Stichtag hielt der Ausschuß eine Erstattung für gerechtfertigt, da vom 1. November 1953 an Renten nach dem BEG gezahlt werden. Eine entsprechende Regelung soll auch für die Erstattung der Leistungen aus der Arbeitslosenfürsorge gelten. 11. Zu § 11 Der Ausschuß hat es bei der vorgesehenen Umrechnung 10 : 2 belassen, da dieses Umrechnungsverhältnis bereits seit dem Jahre 1949 den Entschädigungsleistungen allgemein zugrunde gelegt wird und eine Änderung zur Wiederaufrollung sämtlicher erledigter Verfahren führen müßte. 12. Zu §13 Bei Absatz 2 und 3 ist der Ausschuß im wesentlichen dem Vorschlag des Bundesrate gefolgt. Hierbei war für ihn maßgebend, daß für den Erben und den Vermächtnisnehmer keine anderen Grundsätze zur Anwendung kommen sollen, als für den Erblasser selbst. 13. Bei den Schadenstatbeständen (§§ 15 bis 141) hat sich der Ausschuß nach eingehender Beratung dazu entschlossen, an der bisherigen Art der Bemessung der Entschädigung für Schaden an Leben, Körper oder Gesundheit und im beruflichen Fortkommen festzuhalten. Schon das Entschädigungsgesetz der Länder der früheren amerikanischen Besatzungszone hatte eine Berechnungsmethode gewählt, die in ihren Grundsätzen dem Beamtenrecht entnommen war; sie wurde dann in dieser Form vom Bundesentschädigungsgesetz in geltender Fassung übernommen. Jede neu eingeführte andersgeartete Regelung hätte zu einer völligen Umstellung der Praxis der Entschädigungsbehörden und der Gerichte führen müssen. Dadurch wäre eine weitere Komplizierung und Verzögerung in der Erledigung der Entschädigungssachen eingetreten. Im übrigen ist die weitverbreitete Meinung unzutreffend, daß der Geschädigte in bezug auf seine Stellung im gesellschaftlichen und beruflichen Leben mit einem Beamten zu vergleichen ist; vielmehr handelt es sich nur darum, seine wirtschaftlichen Verhältnisse mit den entsprechenden Verhältnissen der verschiedenen Beamtenkategorien in Vergleich zu setzen. Auch ist der Vorteil nicht von der Hand zu weisen, der darin liegt, daß sich bei einer Erhöhung der Beamtengehälter auch die Entschädigungsleistungen automatisch erhöhen. In Abweichung von der Regierungsvorlage hat der Ausschuß bei den Schadenstatbeständen des Schadens an Leben, des Schadens an Körper oder Gesundheit und des Schadens im beruflichen Fortkommen eine Bestimmung eingefügt, durch die die Bundesregierung ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung die Mindestrenten bei Schaden an Leben sowie bei Schaden an Körper und Gesundheit und die Höchstrenten bei Schaden im beruflichen Fortkommen angemessen zu erhöhen, wenn (Dr. Greve) die Dienst- und Versorgungsbezüge der Bundesbeamten erhöht werden. Diese Einfügung erschien notwendig, um die erwähnten Rentenbeträge bei einer Veränderung der Lebenshaltungskosten diesen nach Möglichkeit anzupassen. 14. Zu §§ 15 bis 27 Gegenüber der Regierungsvorlage hat der Ausschuß insbesondere folgende Änderungen beschlossen: a) In Durchführung des Grundsatzes der Gleichberechtigung nach Artikel 3 des Grundgesetzes ist der Witwer der Witwe gleichgestellt worden. Da jedoch in der Regel die Frau vom Manne unterhalten wird, erschien es angebracht, diese Gleichstellung auf den Fall zu beschränken, daß die Frau den Verfolgten unterhalten hat oder, wenn sie noch lebte, unterhalten haben würde. b) Die elternlosen Enkel sind nunmehr den Kindern gleichgestellt. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, daß für sie die Mindestrente die gleiche ist wie für die Vollwaisen. c) Unter Berücksichtigung der Rechtsstellung der Adoptiveltern erschien es richtig, die Adoptiveltern auch hier den Eltern gleichzustellen. d) In der Ermächtigung für die Bundesregierung, zur Durchführung dieser Vorschriften eine Rechtsverordnung zu erlassen, die von den durchschnittlichen ruhegehaltfähigen Dienstbezügen der Bundesbeamten ausgeht, ist nicht mehr die Befugnis enthalten, diese Berechnung nach Lebensaltersstufen gegliedert vorzunehmen (§ 27). Nach § 18 Abs. 1 werden die Renten nach Maßgabe der Versorgungsbezüge festgesetzt, die die Hinterbliebenen eines durch Dienstunfall umgekommenen Bundesbeamten nach den Vorschriften über die Unfallfürsorge der Bundesbeamten erhalten. Das Bundesbeamtengesetz sieht in diesem Fall vor, daß die Versorgungsbezüge so berechnet werden, wie wenn der Beamte bis zur Erreichung der Altersgrenze im Dienst verblieben wäre. Die bisher in § 14 der Regierungsvorlage vorgesehene Aufgliederung nach Lebensaltersstufen stand hiermit in Widerspruch. 15. Zu §§ 28 bis 42 An den Vorschriften über den Schaden an Körper oder Gesundheit sind nur redaktionelle Änderungen vorgenommen worden. Zu § 31 Abs. 3 ist zur Klarstellung zu bemerken, daß bei der Bemessung des Hundertsatzes die für einen Berufsschaden zu zahlende Rente nicht berücksichtigt werden, also nicht zu einer Kürzung des Hundertsatzes führen kann. Das Zusammentreffen dieser Renten wird bereits durch die Regelung des § 121 berücksichtigt. 16. Zu §§ 43 bis 50 Bei den Vorschriften über die Entschädigung für Schaden an Freiheit ist in Abweichung der Regierungsvorlage nunmehr zwischen Freiheitsentziehung (§§ 43 bis 46) und Freiheitsbeschränkung (§§ 47 bis 50) unterschieden. Die Vorschriften über Freiheitsentziehung haben auf Grund der Anregungen des Bundesrates eine Ergänzung dahingehend erfahren, daß nunmehr auch für diejenige Freiheitsentziehung eine Entschädigung gewährt wird, die ein ausländischer Staat unter Mißachtung rechtsstaatlicher Grundsätze vorgenommen hat. Voraussetzung ist, daß die Freiheitsentziehung dadurch ermöglicht worden ist, daß der Verfolgte die deutsche Staatsangehörigkeit oder den Schutz des Deutschen Reichs verloren hat oder daß die Regierung des ausländischen Staates von der nationalsozialistischen deutschen Regierung zu der Freiheitsentziehung veranlaßt worden ist. Es erschien notwendig, in den erwähnten Fällen die Freiheitsentziehung durch einen ausländischen Staat der Freiheitsentziehung durch den nationalsozialistischen Staat gleichzustellen, weil in diesen Fällen den nationalsozialistischen Staat eine Mitverantwortung trifft. Demnach sind nunmehr auch die Fälle von Freiheitsentziehung zu entschädigen, die in den. Gebieten der Tschechoslowakei, der Slowakei, Ungarns, Jugoslawiens, Italiens, Rumäniens und Bulgariens vorgekommen sind. Neu ist gegenüber der Regierungsvorlage auch die Entschädigung für eine Zugehörigkeit zu einer Wehrmachtsbewährungseinheit, da zwischen den Zuständen bei diesen Einheiten und denjenigen bei den Wehrmachtsstrafeinheiten keine wesentlichen Unterschiede bestanden. In Abweichung von der Regierungsvorlage ist ferner der Freiheitsentziehung auch das Leben unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt, was bisher nur bei der Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen der Fall war. Für das Leben unter haftähnlichen Bedingungen können verschiedene Merkmale, und zwar sowohl objektiver als auch subjektiver Art in Frage kommen. Zu den objektiven Merkmalen gehören der Aufenthalt in besonders gekennzeichneten Wohnungen, Ausgehverbot, Einweisung in bestimmte Wohnungen, verbunden mit Meldepflicht oder Zwangsaufenthalt in bestimmten Gebieten (Deportation). Als subjektives Merkmal ist beispielsweise anzunehmen, daß jemand freiwillig auf seine Bewegungsfreiheit verzichtet hat, weil er sich aus Verfolgungsgründen bedroht fühlte. Als Tatbestände der Freiheitsbeschränkung wird in das Gesetz das Tragen des Judensterns und das Leben in der Illegalität unter menschenunwürdigen Bedingungen aufgenommen, und zwar entsprechend der Regelung bei der Freiheitsentziehung ohne örtliche Beschränkung auf das Inland. Die Bezeichnung „Judenstern" ist nur wegen der Üblichkeit im Sprachgebrauch gewählt worden. Es braucht kein Stern zu sein, jedes andere denselben Zweck verfolgende Zeichen oder Merkmal (gelber Streifen) ist dem im Text des Gesetzes vorkommenden Ausdruck gleichzusetzen. 17. Zu §§ 51 bis 55 Diese Vorschriften wurden in ihrem sachlichen Inhalt unverändert aus der Regierungsvorlage übernommen. 18. Zu § 56 Bei dem Tatbestand des Schadens an Vermögen konnte auf den Begriff der Sondermaßnahmen verzichtet werden, weil außer den gegen den Verfolgten selbst gerichteten Einzelmaßnahmen als Sondermaßnahmen kollektiver Art nur der in Absatz 1 bereits ausdrücklich genannte Boykott in Frage kommt. Entgegen der Regierungsvorlage sollen Schäden bis zur Höhe von 500 Reichsmark (Bagatellschäden) nicht entschädigt werden, weil materielle Schäden bis zu dieser Höhe auch dem (Dr. Greve) Verfolgten zumutbar sind und bei anderer Regelung der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zur Entschädigung stehen würde. Die Regelung des Absatzes 2 dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens. Absatz 3 behandelt die Transferschäden. Hat der Verfolgte für den zum Transfer aufgewendeten Reichsmarkbetrag einen Gegenwert von weniger als 80 vom Hundert des aufgewendeten Reichsmarkbetrages erhalten, so besteht sein Schaden in der Differenz zwischen dem aufgewendeten Reichsmarkbetrag und dem Reichsmarkbetrag, für den er einen Gegenwert erhalten hat. Ein Beispiel mag dieses veranschaulichen: Hat der Verfolgte für 100 000 RM nur einen Gegenwert von 79 000 RM erhalten, so beträgt der Schaden 21 000 RM. Hat der Verfolgte jedoch einen Gegenwert von 80 000 RM erhalten, so wird keine Entschädigung geleistet, da ein Schaden in Höhe von 20 vom Hundert und weniger des aufgewendeten Betrages unberücksichtigt bleibt. 19. Zu § 57 In Absatz 1 sind die Worte „geflohen" und „Flucht" gestrichen. Nach dem Willen des Ausschusses bedeutet dies jedoch keine materielle Änderung, da der in Absatz 1 verwendete Begriff der Auswanderung als Oberbegriff auch die Flucht ins Ausland beinhaltet. 20. Zu §§ 59 bis 63 Diese Vorschriften sind nunmehr unter einem besonderen Titel zusammengefaßt, weil es sich einmal um Sondertatbestände handelt und weil zum anderen die sonstigen für Vermögensschäden geltenden Einschränkungen (z. B. Beschränkung auf das Reichsgebiet, Höchstbetrag) hier nicht gelten. Bei § 59 ist Absatz 5 gestrichen worden, weil diese Vorschrift über die Anrechnung rückständiger Steuern oder öffentlicher Abgaben ohne praktische Bedeutung ist und ihr Wegfall zur Beschleunigung des Verfahrens dient. Absatz 1 des § 60 entspricht dem Absatz 4 des § 21 der Regierungsvorlage. Durch die Ergänzung des Satz 2 soll klargestellt werden, daß bei dem kraft Gesetzes erfolgenden Übergang der Rückerstattungsansprüche nur auf den Annahmewert des zur Leistung der Sonderabgabe hingegebenen Vermögensgegenstandes abzustellen ist und daß der Übergang für jeden einzelnen Vermögensgegenstand gesondert erfolgt. Daraus folgt, daß Rückerstattungsansprüche für Vermögensgegenstände mit einem höheren als dem mit 10 : 2 errechneten Wert der Entschädigungsleistung (z. B. bei Aktien) auch dann nicht über den Betrag von 10 : 2 hinaus auf das Land übergehen, wenn gleichzeitig die Rückerstattungsansprüche für andere Vermögensgegenstände einen unter 10 : 2 liegenden Wert besitzen (z. B. bei Schatzanweisungen) und deshalb nur in dieser geringeren Höhe übergehen können. Bei Absatz 2 ist der Ausschuß einer Anregung des Bundesrates gefolgt und hat für den Fall, daß die Sonderabgabe aus dem Erlös eines der Rückerstattung unterliegenden Vermögensgegenstandes gezahlt ist, eine besondere Regelung getroffen. Die Vorschrift zielt darauf ab, die Möglichkeit einer Doppelentschädigung auszuschließen, und entspricht im wesentlichen der schon bisher geübten Praxis. In § 62 ist der bisherige Satz 3 ersatzlos gestrichen worden. Der Ausschuß ging dabei von der Auffassung aus, daß die Gebühren und Auslagen für Rechtsanwälte bereits von dem Begriff der notwendigen außergerichtlichen Kosten erfaßt werden. Im übrigen ist nunmehr die Möglichkeit gegeben, daß auch die Gebühren und Auslagen mehrerer Rechtsanwälte erstattet werden, soweit diese Kasten notwendig waren. Die Einfügung eines neuen § 63 ergibt sich aus der Herausnahme der §§ 59 bis 62 aus dem bisherigen Titel „Schaden an Vermögen". 21. Zu §§ 64 bis 140 Die Vorschriften über die Entschädigung für Schaden im beruflichen und im wirtschaftlichen Fortkommen sind im Grundsätzlichen aus der Regierungsvorlage übernommen. Im einzelnen hat der Ausschuß die aus den Nummern 22 bis 51 ersichtlichen Änderungen vorgenommen. 22. § 67, der die Regelung enthält, wie einem früher selbständig gewesenen Verfolgten durch Erteilung der erforderlichen Genehmigungen, Zulassungen und Bezugsberechtigungen die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit ermöglicht werden soll, ist, um im Einzelfall Härten zu vermeiden, dahingehend ergänzt worden, daß die Voraussetzungen für die Erteilung solcher Genehmigungen usw. als erfüllt gelten, wenn der Verfolgte sie nur deshalb nicht erfüllen kann, weil gegen ihn nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen gerichtet worden waren. Der Ausschuß erwartet im übrigen, daß in der Praxis bei der Erteilung von Berufsgenehmigungen nicht kleinlich verfahren wird und bei etwaigen Wartezeiten die Verfolgungsjahre angerechnet werden. Der Ausschuß ist dabei der Auffassung, daß § 67 eine Sonderbestimmung zugunsten der Verfolgten mit dem Ziel ist, daß er eine lex specialis gegenüber anderen gesetzlichen Vorschriften, die Beschränkungen für die Erteilung von Genehmigungen, Zulassungen und Bezugsberechtigungen vorsehen, darstellt. 23. Zu § 75 Die Änderung .gegenüber der bisherigen Regelung erfolgte aus dem Grunde, daß derjenige Verfolgte, der seine frühere Tätigkeit wieder aufgenommen hat, nicht schlechter gestellt werden soll, als derjenige Verfolgte, der eine andere als seine frühere Tätigkeit aufgenommen hat. In beiden Fällen soll es in gleicher Weise für die Beendigung des Entschädigungszeitraums nur darauf ankommen, ob sich dem Betroffenen wieder eine ausreichende Lebensgrundlage bietet. Es erscheint angebracht, bei der Würdigung der Frage, ob eine ausreichende Lebensgrundlage vorhanden ist, auch die Notwendigkeit einer angemessenen Vorsorge für das Alter und die Hinterbliebenen zu berücksichtigen. Die Folge dieser Bestimmung ist unter Umständen, daß sich bei Verfolgten im vorgerückten Lebensalter der Entschädigungszeitraum verlängert. (Dr. Greve) 24. Zu § 76 Die Kapitalentschädigung für die Fälle der Verdrängung aus oder der wesentlichen Beschränkung in der Ausübung der Erwerbstätigkeit soll nunmehr auf der Grundlage von drei Vierteln statt wie bisher von zwei Dritteln der Dienstbezüge eines vergleichbaren Bundesbeamten festgesetzt werden. Diese Änderung ist eine Verbesserung zugunsten der Verfolgten. Sie bedeutet im übrigen eine Vereinfachung bei der Berechnung der Kapitalentschädigung. Absatz 1 bezieht sich auf den Fall, daß der Verfolgte aus seiner Erwerbstätigkeit verdrängt worden ist, während Absatz 2 nunmehr den Fall regelt, daß der Verfolgte in der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit wesentlich beschränkt worden ist. Durch die für den Fall bei der Beschränkung getroffenen Vorschriften soll nach Möglichkeit eine Gleichstellung dieses Falles mit dem Fall der Verdrängung aus der Erwerbstätigkeit erreicht werden. In diesem Zusammenhang war es notwendig, die bisher in § 31 Abs. 2 der Regierungsvorlage enthaltene Definition des Begriffs der erreichbaren Dienstbezüge in die Regelung des § 76 Abs. 2 einzubeziehen. 25. Zu § 77 Die Vorschrift, daß nunmehr das vor dem 1. Juli 1948 erzielte Einkommen nicht mehr anzurechnen ist, dient sowohl der Besserstellung der Berechtigten als auch der Vereinfachung des Verfahrens. Im übrigen fällt das vor der Währungsreform erzielte Einkommen ohnehin kaum ins Gewicht. 26. Zu § 82 Im Hinblick auf die Änderung des § 75 war es notwendig, auch das Wahlrecht nach § 81 davon abhängig zu machen, daß der Verfolgte im Zeitpunkt der Entscheidung keine Erwerbstätigkeit ausübt, die ihm eine ausreichende Lebensgrundlage bietet. Der Verfolgte soll das Wahlrecht aber auch dann nicht ausüben können, wenn ihm die Aufnahme einer solchen Erwerbstätigkeit zuzumuten war. Da die Rente ihrer Natur nach der Altersversorgung dient, war es angebracht, die Vorschrift ferner dahin zu ergänzen, daß der Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch der Fall gleichzustellen ist, daß der Verfolgte aus einer früher ausgeübten Erwerbstätigkeit eine Versorgung erhält, die ihm eine ausreichende Lebensgrundlage bietet. 27. Zu § 83 Der monatliche Höchstbetrag der Rente wurde von 500 DM auf 600 DM erhöht, weil seit Inkrafttreten des BEG die Lebenshaltungskosten wesentlich gestiegen sind. 28. Zu § 86 13m der Witwe nach dem Inkrafttreten des BEG dieselbe Rechtsstellung in bezug auf das Wahlrecht zu geben, die der Verfolgte gehabt haben würde, wenn er im Zeitpunkt der Entscheidung noch gelebt hätte, ist die Regierungsvorlage entsprechend erweitert worden. Ist der Verfolgte vor Beginn der Frist zur Ausübung des Wahlrechts verstorben, so bestimmt der neu eingefügte Absatz 2 nunmehr, daß die Witwe, wenn sie die Rente wählt, sowie die Kinder eine Rente und für die Zeit vor dem Tode des Verfolgten eine Kapitalabfindung erhalten. Diese Kapitalabfindung soll ein Ausgleich dafür sein, daß die Rente nicht wie sonst vom 1. November 1953, sondern erst vom Zeitpunkt des Todes des Verfolgten an gezahlt wird. 29. Zu § 90 In Abweichung von der Regierungsvorlage sieht diese Vorschrift nunmehr auch die Gewährung von Darlehen zum Existenzaufbau für Verfolgte vor, die in einer unselbständigen Erwerbstätigkeit geschädigt worden sind. Der Ausschuß war der Auffassung, daß auch diesem Personenkreis die Möglichkeit gegeben werden sollte, sich mit Hilfe eines Darlehens eine selbständige Existenz zu schaffen, wenn die Aufnahme einer solchen Tätigkeit Erfolg verspricht. Damit sollte gleichzeitig eine gewisse Angleichung an die Regelung des Lastenausgleichs erfolgen. 30. Zu § 94 Im Hinblick auf die verschiedene Bedeutung, die der Begriff der Erwerbsfähigkeit auf den einzelnen Rechtsgebieten hat, ist hier nunmehr in Anlehnung an die Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung ausdrücklich bestimmt worden, daß der Verfolgte ein Rentenwahlrecht dann hat, wenn er in seinem Beruf nicht mehr als 50 vom Hundert arbeitsfähig ist. Es kommt also dabei auf die Feststellung der konkreten Arbeitsfähigkeit des Verfolgten an. 31. Zu § 95 Die Erhöhung des Höchstbetrages der Rente des unselbständig tätig gewesenen Verfolgten auf monatlich 600 Deutsche Mark beruht auf den gleichen Erwägungen wie die Erhöhung der monatlichen Rente des selbständig tätig gewesenen Verfolgten (§ 81). Ähnliche Überlegungen waren auch maßgebend für die Erhöhung des Betrages von 200 auf 300 DM, der bei einer Kürzung des monatlichen Mindestbetrages der Rente nicht zu berücksichtigen ist. 32. Zu § 97 Dieser Vorschrift ist ein neuer Absatz 2 angefügt worden. Die Anfügung ist im Hinblick auf die Regelung des § 95 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit der Regelung des § 85 Abs. 2 und 3 notwendig geworden. 33. Zu § 99 In Absatz 1 ist als Satz 2 eine Vermutung aufgenommen worden, die im Hinblick auf die Grundsatzbestimmung des § 9 Abs. 5 über die überholende Kausalität eine Beweiserleichterung für die Fälle schafft, in denen es zweifelhaft sein könnte, ob das Dienst- oder Arbeitsverhältnis über den 8. Mai 1945 hinaus fortgedauert hätte. Es ist demnach Sache des in Anspruch genommenen Landes, im Einzelfalle diese Vermutung zu widerlegen. Für die Geltung der Vermutung kommt es darauf an, daß nicht der gesamte Dienstbereich, in dem der Verfolgte geschädigt worden ist, fortgefallen ist. Absatz 2 ist an die Neufassung des § 5 Abs. 2 des BWGöD angeglichen. (Dr. Greve) 34. Zu § 100 Auch diese Vorschrift ist an das BWGöD (§ 8 Abs. 2 Satz 2) angeglichen worden. 35. Zu § 101 In Angleichung an § 16 Nr. 2 BWGöD wird der Aufhebung des Urteils die Beseitigung der beamten- und versorgungsrechtlichen Folgen im Gnadenwege gleichgestellt. 36. Zu § 102 Die Regelung des Absatzes 1 ist an die des § 76 Abs. 1 angeglichen worden. Absatz 4 ist im Hinblick auf die Erweiterung des § 99 Abs. 2 ergänzt worden. 37. Zu § 104 Der versorgungsberechtigte Hinterbliebene im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht als Verfolgter nach § 1 Abs. 3 Nr. 1. Aus diesem Grunde war es notwendig, in Absatz 2 klarzustellen, daß die allgemeinen Vorschriften des Gesetzes auch auf diesen Hinterbliebenen Anwendung finden. 38. Zu § 107 Der neu eingefügte Satz 2 des Absatzes 2 entspricht der Regelung des § 77 Satz 3. Auf dieser Änderung beruht auch die Einfügung des Absatzes 5 in § 102. 39. Zu § 110 Die Änderung des Absatzes 2 beruht auf der Einfügung des § 21 a in das BWGöD. 40. Zu § 112 Angleichung an § 31 d BWGöD. 41. Der Unterabschnitt „Dienst in ausländischen Verwaltungen" (§ 50 c der Regierungsvorlage) konnte gestrichen werden, nachdem der hier in Frage stehende Personenkreis nunmehr durch § 1 Abs. 2 BWGöD erfaßt wird und damit unter den Personenkreis des § 99 BEG fällt. 42. Zu § 114 Zu den Verfolgten, die trotz abgeschlossener Berufsausbildung eine ihrer Ausbildung entsprechende Erwerbstätigkeit nicht haben aufnehmen können, gehören unter Umständen auch ehemalige Berufssoldaten oder Polizeibeamte, die nach Abschluß ihrer Dienstzeit einen Zivilversorgungsschein oder Polizeiversorgungsschein erhalten haben. 43. Zu § 115 Die Frage der Zulassung zur Kassenpraxis war in den Fällen eines Ausbildungsschadens bisher zweifelhaft. Durch die Einfügung des Absatzes 2 ist hier nunmehr eine besondere Regelung getroffen worden. 44. Zu § 116 Der in der Regierungsvorlage vorgesehene Pauschalbetrag von 5000 DM, der als Beihilfe für entstandene Ausbildungskosten gewährt wird, erschien dem Ausschuß für die Fälle nicht ausreichend, in denen ein solcher Pauschalbetrag die ausgewiesenen Ausbildungskosten nicht deckt. In diesen Fällen soll eine Erstattung der den genannten Betrag übersteigenden Kosten bis zum Betrag von weiteren 5000 DM erfolgen. Da Satz 2 des Absatzes 1 nur die dem Verfolgten tatsächlich entstandenen höheren Ausbildungskosten umfaßt, bezieht sich die Anrechnungsvorschrift des Absatzes 2 praktisch nur auf die Pauschalabgeltung nach Absatz 1 Satz 1. Der Ausschuß hat sich im Rahmen der Anrechnungsvorschrift des Absatz 2 auch mit der Frage befaßt, wie Stipendien zu behandeln seien. Er hat dabei der Erwartung Ausdruck gegeben, daß Absatz 2 nicht zu eng ausgelegt werden möge und nur Stipendien angerechnet werden sollen, die auf Vorschriften beruhen, die in der Form eines Gesetzes ergangen sind. 45. Zu § 118 Der neu eingefügte Absatz 2 regelt den Fall, daß ein Verfolgter mit der Nachholung der Ausbildung zwar begonnen, sie aber nicht abgeschlossen hat. 46. Zu § 119 Diese Vorschrift umfaßt die Fälle, in denen die nicht verfolgten Kinder eines Verfolgten ihre Ausbildung nachholen. Wird die Ausbildung nicht nachgeholt, so ist ein Anspruch auf Entschädigung für die fehlende Ausbildung in diesen Fällen nicht gegeben. In besonderen Härtefällen können den Kindern jedoch Leistungen nach § 171 gewährt werden. Im übrigen wird auf die Ausführungen zu § 104 verwiesen. 47. Zu § 121 Durch die Einfügung des Absatz 3 wird klargestellt, daß die Vorschriften über das Zusammentreffen von Ansprüchen auf Entschädigung für Schaden im beruflichen Fortkommen und für Schaden an Körper und Gesundheit nicht gelten, soweit es sich um die Entschädigung für Schaden in der Ausbildung handelt. 48. Zu § 127 Nach Satz 2 hat auch ein nichtverfolgter Bezugsberechtigter Anspruch auf Entschädigung. Für diesen Fall wird auf die Ausführungen zu § 104 verwiesen. 49. Zu §§ 134 bis 137 Die hier für Versorgungsschäden getroffene Regelung schließt weitergehende landesrechtliche Regelungen, mögen diese auf Gesetz oder auf Verwaltungspraxis beruhen, nicht aus. Nach § 134 Abs. 2 steht der Anspruch auf Entschädigung für Versorgungsschäden unter Umständen auch Personen zu, die selbst nicht verfolgt worden sind. Auch hier ist daher auf die Ausführungen zu § 104 zu verweisen. 50. Zu §§ 138, 139 Es wird Aufgabe der Bundesregierung sein, durch die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik in geeigneter Form die hier vorgesehene (Dr. Greve) Neueröffnung der Antragsfrist für die Anmeldung von Verfolgungsschäden in der Sozialversicherung und in der Kriegsopferversorgung bekanntzugeben. Nach Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit ist eine Neufassung der in §§ 138, 139 erwähnten Gesetze, insbesondere im Hinblick auf eine Anpassung an die neugefaßten Vorschriften des BEG, in Vorbereitung. Der Ausschuß gibt der Erwartung Ausdruck, daß die Änderung der Gesetzgebung über die Behandlung der Verfolgten in der Sozialversicherung und in der Kriegsopferversorgung unmittelbar nach Verkündung des neu gefaßten Bundesentschädigungsgesetzes erfolgt. 51. Zu § 140 Die Einfügung des Satzes 2 in Absatz 1 war notwendig, um für die Fälle, in denen einem Berechtigten, der nicht Verfolgter ist, Ansprüche auf Kapitalentschädigung in Abweichung von der Grundsatzregelung des § 13 zustehen, die Frage der Vererblichkeit zu regeln. Eine entsprechende Ergänzung in den Absätzen 2 bis 5 war nicht erforderlich, weil die Vorschriften in diesen Absätzen schon dem Wortlaut nach nicht auf die Ansprüche von Verfolgten beschränkt sind. 52. Zu § 141 In der Erwägung, daß den zurückkehrenden deutschen Emigranten nach Möglichkeit der Wiederaufbau einer neuen Existenz erleichtert werden soll, ist durch § 141 die Gewährung einer Soforthilfe für Rückwanderer vorgesehen. Der zurückkehrende deutsche Emigrant soll ohne weitere Prüfung sofort einen Betrag von 6000 Deutsche Mark als Starthilfe erhalten. Dabei erscheint es angemessen, diese Hilfe nicht völlig unabhängig von dem das Gesetz beherrschenden Grundsatz der Entschädigung für entstandene Verfolgungsschäden zu gestalten, sondern eine Verrechnung mit den Ansprüchen für Schaden an Eigentum und Schaden an Vermögen vorzusehen. Die Hälfte der Soforthilfe soll jedoch von einer Anrechnung frei bleiben. Der Verfolgte, dem ein Anspruch auf die vorgenannte Entschädigung nicht zusteht, behält die Soforthilfe in voller Höhe. Eine Ausdehnung der Vorschrift des § 141 über den Kreis der im § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c erwähnten Verfolgten hinaus war nicht möglich, da hierüber ein Einverständnis mit der Bundesregierung nicht zu erreichen war. Für die Vertriebenen im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes wird demnächst auf Grund des § 359 des Lastenausgleichsgesetzes eine Rechtsverordnung erlassen werden, nach der die Emigranten aus den Vertreibungsgebieten unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche nach dem Lastenausgleichsgesetz geltend machen können. 53. Zu § 142 Gegenüber der Regierungsvorlage ist in Absatz 2 nunmehr bestimmt, daß für Ansprüche nach § 51 Rechtsnachfolger einer nicht mehr bestehenden juristischen Person, Anstalt oder Personenvereinigung auch eine auf Grund rückerstattungsrechtlicher Vorschriften errichtete Nachfolgeorganisation ist. Das trifft insbesondere in den Fällen zu, in denen es sich um die Rechtsnachfolge jüdischer Kultusgemeinden handelt. 54. Zu § 146 (C In § 146 ist ein neuer Absatz 2 eingefügt worden, durch den der Begriff des Vermögensschadens zugunsten von religösen Gemeinschaften erweitert worden ist. Zu diesen religiösen Gemeinschaften gehören die Einrichtungen, die von den Religionsgesellschaften errichtet oder von ihnen anerkannt worden sind (z. B. katholische Orden und Diakonissengemeinschaften). Durch diese Regelung wird außerdem klargestellt, daß ein Ordensangehöriger, der das Armutsgelübde abgelegt hat, selbst einen Anspruch wegen Schadens im beruflichen Fortkommen nicht geltend machen kann, da er unmittelbar keinen materiellen Schaden erlitten hat. Für ihn kann die Gemeinschaft den Schaden als Vermögensschaden geltend machen, weil nur diese durch den Ausfall der Arbeitstätigkeit des Ordensangehörigen geschädigt worden ist. Der Ausschuß hat darüber hinaus die von den Orden vorgebrachten Wünsche eingehend erörtert und ist dabei zu folgendem Ergebnis gekommen: a) Ein Orden, der einen Ausfall an Einnahmen dadurch erlitten hat, daß eine von ihm unterhaltene wirtschaftliche Einrichtung (Schule, Krankenhaus, Kinderheim, Kindergarten) durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen geschädigt worden ist, hat wegen dieses Einnahmeausfalls Anspruch auf Entschädigung für Schaden an Vermögen. b) Sind einem Orden besondere Ausgaben dadurch entstanden, daß er in seinen eigenen Einrichtungen infolge nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen keine Möglichkeit mehr hatte, seinen Nachwuchs heranzubilden, und zu diesem Zweck fremde Kräfte hat in Anspruch nehmen und bezahlen müssen, so kann lediglich im c) vorn 31. Dezember 1937 eingetreten ist und Rahmen des Härteausgleichs (§ 171) ein Ausgleich für diesen Schaden gewährt werden. Es handelt sich hier um einen Tatbestand, der durch keinen der im BEG geregelten Tatbestände erfaßt wird, insbesondere auch nicht durch den Tatbestand des Schadens an Vermögen. d) Nach § 146 Abs. 1 wird eine Entschädigung für Schaden an Eigentum und Vermögen nur gewährt, soweit der Schaden im Geltungsbereich dieses Gesetzes entstanden ist. Hierzu ist von den Orden geltend gemacht worden, daß ein Anspruch auf Entschädigung wegen Schadens an Eigentum und Schadens an Vermögen auch dann gegeben werden sollte, wenn der Schaden außerhalb des Geltungsbereichs des BEG, aber innerhalb des Reichsgebiets nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 eingetreten ist und wenn der Orden die Voraussetzungen des § 143 erfüllt. Auch in diesen Fällen wird jedoch nur im Wege des Härteausgleichs geholfen werden können. Die gewünschte Ausweitung hätte nicht auf die Orden beschränkt werden können und hätte daher zu einer Durchbrechung der Grundkonzeption des für die juristischen Personen in § 146 Abs. 1 statuierten Territorialprinzips geführt. 55. Zu § 148 Absatz 2 hat gegenüber der Regierungsvorlage zugunsten der Religionsgesellschaften und ihrer Einrichtungen eine Erweiterung erfahren. Zu- (Dr. Greve) nächst wird bestimmt, daß der Höchstbetrag (75 000 DM) für jeden einzelnen Vermögensgegenstand gilt, für den ein Anspruch auf Entschädigung wegen Schadens an Eigentum oder Schadens an Vermögen besteht. So kann also z. B. eine jüdische Kultusgemeinde, der durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen ihre Synagogengebäude, ein Altersheim oder ein Kinderheim zerstört worden sind, unter Umständen für jeden dieser Vermögensgegenstände 75 000 DM als Entschädigung erhalten. Diese Regelung soll jedoch nicht für den Sondertatbestand des § 146 Abs. 2 gelten, weil hier von einem einheitlichen Vermögensschaden ausgegangen werden muß. Hier gilt der Höchstbetrag von 75 000 DM daher für den Gesamtschaden, den die einzelne Gemeinschaft durch den Ausfall der Arbeitstätigkeit ihrer Mitglieder erlitten hat. In Absatz 3 ist vorgesehen, daß der Höchstbetrag von 75 000 DM nicht nur dann überschritten werden kann, wenn dies zum Wiederaufbau von Gebäuden notwendig ist (vgl. die Regierungsvorlage), sondern stets dann, soweit eine Überschreitung des Höchstbetrags zur Erfüllung der Aufgaben, welche die Religionsgesellschaft und ihre Einrichtungen oder ihr Rechts- oder Zwecknachfolger im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, erforderlich ist. Diese Erweiterung erscheint notwendig, um den verfolgten Religionsgesellschaften den Wiederaufbau ihres durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen unterbundenen Gemeinschafts- und Gemeindelebens nach Möglichkeit zu erleichtern. Neu eingefügt ist in Absatz 3 ferner eine Vorschrift, die die Frage regelt, wer für die Geltendmachung der Überschreitung des Höchstbetrages aktiv legitimiert ist. Dabei ist ausdrücklich bestimmt, daß die auf Grund rückerstattungsrechtlicher Vorschriften errichteten Nachfolgeorganisationen zur Geltendmachung des den Höchstbetrag überschreitenden Betrags nicht berechtigt sind. In diesen Fällen steht daher der Anspruch wegen Schadens an Eigentum bis zum Höchstbetrag von je 75 000 DM für jeden einzelnen Vermögensgegenstand den Nachfolgeorganisationen und darüber hinaus den neu errichteten jüdischen Kultusgemeinden als Zwecknachfolgern der vom Nationalsozialismus aufgelösten Kultusgemeinden zu. 56. Zu § 149 In Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage hat der Ausschuß im Grundsatz daran festgehalten, daß besondere Gruppen von Verfolgten, welche die Voraussetzungen des § 4 nicht erfüllen, nur einen nach Art und Umfang beschränkten Anspruch auf Entschädigung haben. Immerhin sind auch hier eine Reihe von Verbesserungen vorgenommen worden, so daß nunmehr die Rechtslage dieses Personenkreises derjenigen der voll anspruchsberechtigten Verfolgten in weitem Umfange angeglichen ist. 57. Zu §§ 150 bis 159 Bei diesen Vorschriften ist der Ausschuß im wesentlichen der Regierungsvorlage gefolgt. Er hat lediglich redaktionelle Änderungen vorgenommen und einige Paragraphen aus systematischen Gründen neu gegliedert. 58. Zu §§ 160 bis 166 (C Hier hat der Ausschuß daran festgehalten, daß dem in Rede stehenden Kreis von Verfolgten nur Anspruch auf Entschädigung für Schaden an Leben, Schaden an Körper oder Gesundheit und für Schaden an Freiheit zustehen soll. Dagegen hat er sich nicht dazu verstehen können, vielfachen Wünschen entsprechend auch eine Entschädigung für Schäden wirtschaftlicher Art vorzusehen. Er stimmt dabei der Ansicht der Bundesregierung zu, daß es zwar möglich sei, sich bei Schäden höchstpersönlicher Art von dem das Gesetz beherrschenden Territorialitätsprinzip zu lösen, es jedoch nicht vertretbar erscheine, diesen Grundsatz auch bei Schäden wirtschaftlicher Art zu verlassen. Auch der Gedanke einer globalen Abgeltung solcher Schäden wirtschaftlicher Art in Gestalt eines sogenannten Bonus fand für die vorliegende gesetzliche Regelung nicht die Zustimmung des Ausschusses. Im einzelnen sind folgende Verbesserungen vorgesehen: a) In § 160 ist der Personenkreis dadurch nicht unbeträchtlich erweitert worden, daß abweichend vom geltenden Recht und von der Regierungsvorlage der Anspruch auf Entschädigung für Schaden an Körper oder Gesundheit nicht mehr davon abhängig ist, daß der Verfolgte Schaden an Freiheit erlitten hat. b) Die bisherige Beschränkung der Entschädigung für Schaden an Leben, Schaden an Körper oder Gesundheit und Schaden an Freiheit auf 75 vom Hundert der Entschädigung für voll anspruchsberechtigte Verfolgte in den §§ 161 bis 163 ist fortgefallen. Staatenlose und Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention erhalten für die vorgenannten Schäden nunmehr ohne Rücksicht auf ihr Alter die volle Entschädigung. c) Gegenüber der Regierungsvorlage ist in §§ 161 und 163 auch keine Beschränkung der Mindestrenten für Schaden an Körper oder Gesundheit und Schaden an Leben vorgesehen. d) Schließlich ist der Anspruch auf Entschädigung für Schaden an Körper oder Gesundheit und für Schaden an Freiheit nunmehr nach den gleichen Grundsätzen vererblich wie die entsprechenden Ansprüche der voll anspruchsberechtigten Verfolgten. Lediglich im Falle des § 163 ist an der Beschränkung der Vererblichkeit festgehalten worden, weil in diesem Falle die Erben der Hinterbliebenen in der Regel nur eine entfernte Beziehung zum Verfolgten haben. Es sei bemerkt, daß die Vorschrift des § 164 Abs. 2 nicht ausschließt, daß der Hinterbliebene außer dem Anspruch auf Rente für Schaden an Leben auch noch Anspruch auf Entschädigung für Schaden an Freiheit geltend machen kann, wenn ihm selbst die Freiheit entzogen worden ist. Im übrigen sind die Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage redaktioneller Art. 59. Zu §§ 167, 168 Während die Regierungsvorlage in Erweiterung des geltenden Rechts neben den Personen, die aus ihrer Nationalität geschädigt worden sind, auch diejenigen Geschädigten berücksichtigen wollte, die (Dr. Greve) als Anhänger einer nationalen Widerstandsbewegung einen dauernden Gesundheitsschaden erlitten haben, ist der Ausschuß nach sehr eingehender Erörterung zu dem Ergebnis gekommen, es beim geltenden Recht zu belassen, d. h. Anhänger einer nationalen Widerstandsbewegung nicht einzubeziehen. Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daß der Begriff „Anhänger einer nationalen Widerstandsbewegung" in der Praxis so weit ausgelegt werden könnte, daß dann Tatbestände, die mit nationalsozialistischen Unrechtshandlungen überhaupt nichts mehr zu tun haben, als entschädigungsfähig angesehen werden könnten. Der Ausschuß vertraut jedoch darauf, daß die Vorschrift auch in ihrer jetzigen Fassung nicht zu eng ausgelegt werden wird. 60. Zu §§ 169, 170 In Abweichung von der Regierungsvorlage ist in § 169 die dort vorgesehene Rangfolge der Befriedigung der Entschädigungsansprüche aufgegeben worden. Die Ansprüche nach dem BEG sind nunmehr grundsätzlich sofort fällig. Ausnahmen ergeben sich aus Absatz 2 Satz 2; diese Ansprüche werden am 1. April 1957 fällig. Neu eingefügt worden ist Absatz 3. Es entsprach den Bedürfnissen der Praxis, eine Regelung für die Fälle zu treffen, in denen der Erbe, ein Abtretungsempfänger oder ein Pfändungsgläubiger den Anspruch auf Entschädigung geltend macht. Bei § 170 ist die Regierungsvorlage insofern erweitert worden, als nunmehr Vorschüsse auch aus sonstigen wichtigen Gründen, die einen Vorschuß als billig erscheinen lassen, gewährt werden können. Als wichtiger Grund kann auch angesehen werden, wenn nach bisherigem Landesrecht Ansprüche fällig waren, die auch nach der Änderung des § 169 noch nicht fällig sind. 61. Zu § 171 a) Bereits die Regierungsvorlage verfolgte das Ziel, durch eine möglichst weite Fassung der Vorschrift über den Härteausgleich die Möglichkeit zu geben, alle nur möglichen Härtefälle zu berücksichtigen. In Ausbau einer solchen Regelung ist in Absatz 1 nicht mehr auf den Begriff des Verfolgten abgestellt, sondern statt dessen der weitere Begriff „Personen, deren Schädigung auf die Verfolgungsgründe des § 1 zurückzuführen ist" eingefügt worden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß Leistungen aus dem Härtefonds nicht nur an natürliche Personen, sondern auch an juristische Personen, Anstalten und Personenvereinigungen gewährt werden können. Es ist ferner anzumerken, daß unter Umständen auch Personen, die nach § 6 von der Entschädigung ausgeschlossen sind, in den Genuß der Vorschrift des § 171 kommen können, wenn in dem Ausschluß von der Entschädigung eine besondere Härte liegt. b) Bei Absatz 2 war der Ausschuß der Auffassung, daß diese Regelung zu der Regelung der §§ 134 ff. nicht in Konkurrenz treten könne. Während es sich bei §§ 134 ff. um Ansprüche von Verfolgten handelt, die durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen unmittelbar in ihrem Versorgungsverhältnis geschädigt worden sind, erfaßt Absatz 2 des § 171 die Fälle, in denen hinsichtlich des Versorgungsverhältnisses keine unmittelbaren Verfolgungsmaßnahmen gegen den Verfolgten gerichtet worden sind, sondern das Versorgungsverhältnis dadurch erloschen ist, daß durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen Versorgungseinrichtungen aufgelöst worden sind. c) Im Hinblick auf die vielfachen Vorstellungen aus dem Kreise der in der Zeit des Nationalsozialismus sterilisierten Personen hat sich der Ausschuß grundsätzlich mit der Frage einer Entschädigung dieses Personenkreises befaßt. Er ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß im Rahmen des Härteausgleichs des vorliegenden Gesetzes über die Vorschrift in Absatz 3 Nr. 1 nicht hinausgegangen werden könne. Da die Personen, die aus den Verfolgungsgründen des § 1 sterilisiert worden sind, Verfolgte im Sinne des Gesetzes sind und zum Kreis der voll Anspruchsberechtigten gehören, muß es nach Auffassung des Ausschusses, der insoweit der Regierungsvorlage beitritt, genügen, die Geschädigten, bei denen Verfolgungsgründe nicht vorgelegen haben und die ohne vorausgegangenes Verfahren nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses sterilisiert worden sind, im Rahmen des Härteausgleichs zu berücksichtigen. Dagegen war der Ausschuß der Auffassung, daß keine Möglichkeit besteht, im Rahmen des vorliegenden Gesetzes auch solche Fälle zu regeln, bei denen kein Verfolgungstatbestand vorlag und die Sterilisierung im Rahmen des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses erfolgt ist. Eine Regelung für diesen Personenkreis muß einem besonderen Gesetz überlassen bleiben. d) In einem neu eingefügten Absatz 5 ist der Bundesregierung die Ermächtigung gegeben worden, in den Fällen Globalvereinbarungen mit bestimmten Verfolgtengruppen abzuschließen, in denen auch auf Grund der bisherigen Regelung des § 171 ein Härteausgleich nicht gewährt werden könnte. Hier ist beispielsweise an Entschädigung für Freiheitsentziehung und Gesundheitsschäden gedacht, die jüdische Kriegsgefangene (z. B. damals palästinensische Staatsangehörige oder diesen gleichstehende Personnen, die im Rahmen der britischen Armee gekämpft haben, Jugoslawen und andere dadurch erlitten haben, daß die Freiheitsentziehung bei ihnen in anderer Weise durchgeführt wurde, als es üblicherweise bei nichtjüdischen Kriegsgefangenen der Fall war. In Frage kommt hier getrennte Unterbringung der Kriegsgefangenen, schlechte Verpflegung, Arbeitslager usw. 62. Zu § 172 Die Fragen der Lastenverteilung zwischen dem Bund und der Gesamtheit der Länder sowie der Verteilung der von der Ländergesamtheit zu tragenden Lasten auf die einzelnen Länder waren nicht einfach zu lösen. Während die Bundesregierung von vornherein einer Verteilung von 50 : 50 zugestimmt hatte, ist die Zustimmung der Länder hierzu allgemein nicht zu erreichen gewesen. Von seiten der Länder wurde dem Grundsatz schließlich auch zugestimmt; allein über die im Lande Berlin anfallenden Kosten, die etwa 25 vom Hundert der gesamten Kosten ausmachen, konnte ein Einvernehmen nicht erzielt werden. Während das Bundesfinanzministerium diese Kosten nicht an- (Dr. Greve) ders behandelt wissen wollte als die übrigen, schlugen die Länder eine Verteilung derselben im Verhältnis 90 vom Hundert zu Lasten des Bundes und 10 vom Hundert zu Lasten des Landes Berlin vor. Da jedoch in Berlin sehr viele Anträge von Personen gestellt werden, die ihren Wohnsitz ursprünglich außerhalb Berlins hatten, konnte der Ausschuß diesen Vorschlag nicht annehmen, er schloß sich vielmehr der Auffassung des Haushaltsausschusses an, der in seiner Sitzung vom 20. April 1956 beschlossen hatte, daß die in den Ländern mit Ausnahme Berlins anfallenden Kosten je zur Hälfte vom Bund und von der Gesamtheit der Länder und die im Lande Berlin entstehenden Kosten zu 60 vom Hundert vom Bund, zu 25 vom Hundert von der Gesamtheit der Länder und zu 15 vom Hundert vom Lande Berlin getragen werden sollen. Bei der Verteilung der Kosten der Länder untereinander soll eine möglichst gleichmäßige Belastung auf den Kopf der Bevölkerung erfolgen. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes läßt es sich nicht vermeiden, daß die Länder NordrheinWestfalen, Baden-Württemberg und SchleswigHolstein über ihren eigenen Landesanteil hinaus noch zum Ausgleich der Kosten in den übrigen Ländern herangezogen werden müssen. Bei einer gleichen Belastung in allen Ländern von 7,305 DM je Einwohner ergeben sich somit für die einzelnen Länder auf Grund der von diesen geschätzten Angaben für 1956 folgende Leistungen: Nordrhein-Westfalen 105,8 Mio DM Bayern 66,9 Mio DM Baden-Württemberg 50,9 Mio DM Niedersachsen 48,1 Mio DM Hessen 33 Mio DM Rheinland-Pfalz 23,8 Mio DM Schleswig-Holstein 16,9 Mio DM Hamburg 12,7 Mio DM Bremen 4,5 Mio DM. Berlin, dessen Kosten für 1956 auf 171 Mio DM geschätzt werden, bekommt von diesem Betrag 60 vom Hundert vom Bund und 25 vom Hundert von der Gesamtheit der Länder erstattet. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß dies die beste Lösung ist und eine weitergehende Berücksichtigung der verschiedenen finanziellen Leistungskraft der Länder nicht mehr erfolgen kann. Der Haushaltsausschuß hat seinem Beschluß noch hinzugefügt, daß für den Fall, daß diese Verteilungsquote vom Bundesrat nicht angenommen und etwa der Vermittlungsausschuß angerufen werden würde, der Bundestag an der Regierungsvorlage unverändert festhalten sollte. 63. Zu § 175 Die Vorschrift des Absatz 1 ist gegenüber der Regierungsvorlage, die insoweit dem Bundesergänzungsgesetz entspricht, geändert worden: Nunmehr ist die Zuständigkeit der Entschädigungsorgane für alle nach dem Bundesentschädigungsgesetz zu treffenden Entscheidungen begründet worden mit Ausnahme der nach Absatz 2 fachlich zuständigen obersten Behörden übertragenen Entscheidungsbefugnis über die Erteilung von Genehmigungen, Zulassungen, Bezugsberechtigungen und Befreiungen nach §§ 67, 115 Abs. 2. Die Änderung bedeutet, daß auch gegenüber Ermessensentscheidungen der Entschädigungsbehörde der Rechtsweg vor den Entschädigungsgerichten eröffnet wird. Bisher war in Fällen dieser Art lediglich die Anfechtung des Verwaltungsaktes vor den Verwaltungsgerichten möglich. Der Ausschuß hat es für erforderlich gehalten, auch hier die Entschädigungsgerichte für zuständig zu erklären, da diese ja gerade für die Sondermaterie des Entschädigungsrechts geschaffen worden sind und über eine größere Erfahrung und Sachkunde auf diesem Rechtsgebiet verfügen, als dies bei den Verwaltungsgerichten der Fall ist. Allerdings darf das Entschädigungsgericht dann, wenn die Entschädigungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, nur prüfen, ob die Grenzen dieses Ermessens überschritten oder hiervon in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 211 Abs. 1). In Betracht kommen insbesondere Entscheidungen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 und § 7 (Rückforderung von Leistungen), § 14 (Genehmigung zur Abtretung, Pf än-dung und Verpfändung), § 40 (Bewilligung von Umschulungsbeihilfen), § 90 (Darlehen für früher unselbständig Tätige), § 148 Abs. 3 (Überschreitung des Höchstbetrages zugunsten von verfolgten Religionsgesellschaften), § 165 (Härteleistungen für besondere Verfolgtengruppen), § 170 (Bewilligung von Vorschüssen), § 171 (Härteausgleich), § 180 Abs. 2 (Feststellung des Todeszeitpunktes), § 183 (Befugnis der Landesjustizverwaltung, Organisationen zur Rechtsberatung zuzulassen und eine erteilte Erlaubnis zurückzunehmen), § 201 (Widerruf des Bescheides durch die Entschädigungsbehörde). Zu Absatz 3 ist anzumerken, daß unter dem Begriff der fachlich zuständigen obersten Behörde gegebenenfalls auch die Anwaltskammern zu verstehen sind. 64. Zu § 179 Der Ausschuß hat die Frage erörtert, ob über diese Vorschrift hinaus noch weitere Anweisungen an die Länder über die Reihenfolge der Bearbeitung im Gesetz verankert werden sollen. Er hat davon abgesehen, weil es wegen der Verschiedenheit der Fälle nicht möglich ist, eine Norm für alle aufzustellen, geht dabei jedoch von der Erwägung aus, daß die altersmäßigen und zeitlichen Gesichtspunkte bei der Bearbeitung berücksichtigt werden. 65. Zu § 183 Diese Vorschrift hat eine weitgehende Umgestaltung erfahren. Sie ermöglicht es den Personen, die früher bei einem deutschen Gericht als Rechtsanwalt zugelassen waren und deren Zulassung aus den Verfolgungsgründen des § 1 erloschen ist, die Beratung von Entschädigungsberechtigten und ihre (Dr. Greve) Vertretung im Verfahren bei den Entschädigungsbehörden und vor den erstinstanzlichen Entschädigungsgerichten zu übernehmen. Es war jedoch klarzustellen, daß diese Regelung nur dann gelten soll, wenn der frühere Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt noch im Ausland hat. Ein verfolgter Rechtsanwalt, der in den Geltungsbereich des Gesetzes zurückgekehrt ist, kann jederzeit mit Erfolg seine Wiederzulassung betreiben. Organisationen, deren Aufgabe in der Wahrnehmung der Interessen von Verfolgten besteht und deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, dürfen mit Erlaubnis der zuständigen Landesjustizverwaltung ihre Mitglieder in den im Bundesentschädigungsgesetz geregelten Rechtsangelegenheiten unentgeltlich beraten und im Verfahren bei den Entschädigungsbehörden unentgeltlich vertreten. Zur Vertretung im Verfahren vor den Entschädigungsgerichten sind sie nicht befugt. Die Landesjustizverwaltung hat die Erlaubnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu versagen, insbesondere wenn die Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung innerhalb der Organisation und für eine sachgemäße Beratung der Rechtsuchenden nicht gegeben ist. Aus den gleichen Gründen kann eine erteilte Erlaubnis widerrufen werden. Die Landesjustizverwaltung kann die Erlaubnis auch dann zurücknehmen, wenn gegen ihre Anordnungen oder Auflagen wiederholt verstoßen wird. Die Entscheidungen der Landesjustizverwaltung können durch Klage vor den Entschädigungsgerichten angefochten werden (§ 211, vgl. oben zu § 175). Diese Regelung der Vertretungsbefugnis von Verfolgtenorganisationen erschien im Interesse der Verfolgten selbst geboten. Nur dann, wenn die Organisation die Gewähr für eine sachgemäße Beratung und Vertretung im Verfahren bei den Entschädigungsbehörden bietet, darf sie tätig werden und ihre Mitglieder bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche unterstützen. Eine unkontrollierte Rechtsberatung kann sich sehr leicht zum Schaden der Rechtsuchenden auswirken. Zu ihrem Schutz hat der Ausschuß daher die Vorschrift geändert. 66. Zu § 187 In der Praxis sind Zweifel aufgetreten, welches Land für die Gewährung eines Härteausgleichs zuständig ist, wenn die Voraussetzungen der §§ 185, 186 nicht gegeben sind. Um diese Zweifel auszuräumen, trifft Absatz 3 hierüber genaue Bestimmungen. 67. Zu § 192 Die Vorschrift ist neu. Sie entspricht einem Bedürfnis der Praxis und ist aus dem Gesetz über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung vom 2. Mai 1955 übernommen. 68. Zu § 193 Diese Bestimmung ist ebenfalls neu. Sie regelt die Einsichtnahme in Akten der Entschädigungsbehörde sowie die Aushändigung derselben an Rechtsanwälte. Unter den in Absatz 2 angeführten „besonderen Gründen" sind solche Fälle zu verstehen, bei denen sich aus den Akten ergibt, daß der Antragsteller schwer erkrankt ist. Es erscheint angebracht, daß die Behörde im Interesse des Antragstellers diesem dann die Akten vorenthalten kann. 69. Zu § 195 In Abweichung von der Regierungsvorlage ist auf Wunsch der Praxis zur Vereinfachung des Verfahrens in Absatz 2 und 3 zwischen den Essentialen des Bescheides und denjenigen Angaben unterschieden, die der Bescheid enthalten soll. Da alle nach diesem Gesetz zu treffenden Entscheidungen in der Form eines Bescheides ergehen müssen, ergibt sich daraus, daß auch Bescheide, die Ermessensentscheidungen enthalten, mit einer Rechtsbelehrung im Sinne von Absatz 2 Nr. 3 versehen sein müssen. 70. Zu § 196 Absatz 2 ist neu eingefügt worden. Durch die Vorschrift soll sichergestellt werden, daß der Witwe eines Verfolgten, die nach §§ 86 und 98 ein selbständiges Rentenwahlrecht hat, der Bescheid auch dann zugestellt wird, wenn sie nicht Erbin ist. Entsprechendes gilt im Falle des Witwers. 71. Zu § 208 Der Ausschuß hält es für erforderlich, daß auch beim Bundesgerichtshof ein besonderer Entschädigungssenat gebildet wird. Zwar ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs bereits ein bestimmter Zivilsenat für alle Entschädigungssachen zuständig, zu dem Aufgabenbereich dieses Senats gehören aber auch Entscheidungen aus anderen Rechtsgebieten. In Zukunft ist in Entschädigungssachen mit einem vermehrten Geschäftsanfall zu rechnen, so daß der Senat sich nur noch mit Entschädigungssachen wird befassen können. Dies erscheint auch dem Ausschuß durchaus erwünscht, weil nur so sichergestellt ist, daß die Richter sich ausschließlich auf Entschädigungssachen konzentrieren und sie beschleunigt behandeln können. Zu Absatz 3 Satz 2 gibt der Ausschuß dem Wunsche Ausdruck, daß nach Möglichkeit alle Richter der Entschädigungskammer und der Entschädigungssenate dem Kreis der Verfolgten angehören. 72. Zu § 209 Im Falle der Säumnis kann das Entschädigungsgericht von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei ohne mündliche Verhandlung eine Entscheidung treffen. Nach Auffassung des Ausschusses wird in der Regel am Grundsatz der Mündlichkeit festzuhalten und demgemäß von der Möglichkeit des § 209 ein sparsamer Gebrauch zu machen sein. 73. Zu § 211 Diese Vorschrift ist vom Ausschuß eingefügt worden. Sie ist die Folge des in § 175 Abs. 1 ausgesprochenen Grundsatzes, daß die Entschädigungsorgane für alle nach dem Bundesentschädigungsgesetz zu treffenden Entscheidungen zuständig sind. Im übrigen wird auf das zu § 175 Gesagte verwiesen. Für die Fälle des § 171 (Härteausgleich) und des § 183 (Entscheidungen der Landesjustizverwaltungen) sind besondere Zuständigkeiten für das Verfahren geschaffen worden. (Dr. Greve) 74. Zu § 213 Diese Vorschrift, die es der Entschädigungsbehörde ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen Klage auf Aufhebung eines Titels und Rückzahlung von bereits gezahlten Beträgen zu erheben, ist gegenüber der Regierungsvorlage (§ 99 b) geändert worden. Es erschien angebracht, diese Klagemöglichkeit nicht unbeschränkte Zeit bestehen zu lassen. Deshalb darf die Klage nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit Kenntnis des Verwirkungsgrundes erhoben werden. § 99 c der Regierungsvorlage, der vorsah, daß die Entschädigungsbehörde auch in den Fällen des § 7 Abs. 3 die Aufhebung der gerichtlichen Entscheidung oder des Prozeßvergleichs und die Rückzahlung der zu Unrecht bewirkten Leistungen verlangen kann, ist vom Ausschuß nicht übernommen worden. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß in Fällen dieser Art die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Möglichkeit, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 826 BGB Schadensersatzansprüche geltend zu machen, ausreichen. 75. Zu § 216 Diese Vorschrift enthielt ursprünglich drei Absätze. Absatz 2 ist gestrichen worden, weil nach dem Willen des Ausschusses die sogenannte Untätigkeitsklage nicht nur den Verfolgten vorbehalten bleiben sollte, deren Ansprüche nach § 179 Abs. 2 mit Vorrang zu behandeln sind. Die Streichung des Absatzes 3 beruht auf der Einfügung der Nummer 13 des Artikels III des Änderungsgesetzes, wonach die Klage nach § 216 frühestens am 1. April 1957 erhoben werden kann. 76. Zu § 217 Diese Vorschrift ist neu eingefügt worden. Die nach §§ 210 bis 216 begründeten Gerichtsstände sollen ausschließliche sein; sie müssen daher im Gesetz ausdrücklich als solche bezeichnet werden. 77. Zu §§ 219, 220 Die Regierungsvorlage ist, soweit es sich um die Zulassung der Revision gegen Urteile der Oberlandesgerichte handelt, weitgehend geändert worden: Wie bisher soll die Entscheidung über die Zulassung der Revision an den Bundesgerichtshof das Oberlandesgericht treffen. Hierüber ist im Urteil zu befinden; will das Oberlandesgericht die Revision nicht zulassen, so hat es die Gründe hierfür in den Urteilsgründen anzuführen. Wird die Revision nicht zugelassen, so kann diese Entscheidung selbständig durch sofortige Beschwerde (§ 223) angefochten werden. Die Einlegung der sofortigen Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die sofortige Beschwerde, mit Ausnahme der in § 223 besonders geregelten Fristen. Über die sofortige Beschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluß, der schriftlich zu begründen ist. Wird die Revision zugelassen, so muß sie innerhalb einer mit der Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat eingelegt werden. Wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, so wird das Berufungsurteil mit Zustellung des entsprechenden Beschlusses rechtskräftig. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß diese Regelung den Interessen der Verfolgten besser gerecht wird, als das in der Regierungsvorlage vorgesehene Verfahren, nach welchem die Entscheidung über die Zulassung der Revision allein dem Bundesgerichtshof übertragen werden sollte. Nach der in der Regierungsvorlage vorgesehenen Regelung hat regelmäßig immer nur eine Partei ein Interesse an der Zulassung der Revision. Solange die Entscheidung des Oberlandesgerichts noch ungewiß ist, werden erfahrungsgemäß beide Parteien Ausführungen zu der Frage machen, ob eine Zulassung der Revision in Betracht kommt. Das Oberlandesgericht hat sich — wenn es die Revision nicht zuläßt — in den Urteilsgründen mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Es ist anzunehmen, daß diese Begründung in einer Reihe von Fällen dazu beitragen wird, die unterlegene Partei von der Einlegung der sofortigen Beschwerde abzuhalten. Ist die Frage der Zulassung der Revision bereits im Berufungsverfahren erörtert worden und hat sich das Oberlandesgericht hiermit in den Urteilsgründen auseinandergesetzt, so wird dies regelmäßig die Nachprüfung durch den Bundesgerichtshof erleichtern. Der Ausschuß ist sich darüber im klaren, daß die Eröffnung der Beschwerdemöglichkeit gegen den die Zulassung ablehnenden Beschluß des Oberlandesgerichts eine weitgehende zusätzliche Belastung des Bundesgerichtshofs mit sich bringen wird. Es ist daher oben bei § 208 die Erwartung ausgesprochen worden, daß in Zukunft ein Senat des Bundesgerichtshofs ausschließlich nur noch mit Entschädigungssachen befaßt werden soll. 78. Zu § 224 Bei Absatz 3 ist der Ausschuß dem Vorschlag des Bundesrates gefolgt, dem die Bundesregierung zugestimmt hat. Die neue Vorschrift ermöglicht es, in Entschädigungsverfahren als Armenanwalt auch einen Rechtsanwalt beizuordnen, der nicht bei dem Prozeßgericht zugelassen ist. 79. Zu § 225 Abweichend von der Regierungsvorlage hat der Ausschuß beschlossen, daß bei wiederkehrenden Leistungen der Streitwert nach § 10 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes zu berechnen ist. In § 87 Abs. 7 des Bundesergänzungsgesetzes ist — offenbar infolge eines Redaktionsversehens — lediglich auf § 10 des Gerichtskostengesetzes Bezug genommen. Der Bundesgerichtshof hat im Beschluß vom 24. September 1955 (IV ZR 123/55, NJW/RzW 55, 370) zum Ausdruck gebracht, daß nur die Vorschrift des § 10 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes in Betracht kommen könne, da die nach dem Bundesergänzungsgesetz zu leistenden Renten ihrem Wesen nach den auf Grund einer Schadensersatzpflicht oder eines Beamtenverhältnisses zu zahlenden Renten gleichzustellen sind. Der Ausschuß ist dieser Auffassung des Bundesgerichtshofs gefolgt. 80. Zu § 227 Die Regierungsvorlage sah vor, daß im Verfahren vor den Landgerichten Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte nur dann zu erstatten sind, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nach den besonderen Umständen des Falles erforderlich war. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß (Dr. Greve) es im Entschädigungsverfahren nicht angängig ist, von dem Grundsatz des § 91 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung abzugehen, wonach die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten sind. Absatz 2 der Regierungsvorlage ist gestrichen worden. Die Einrichtung des öffentlichen Anwalts besteht nur in den Ländern Baden-Württemberg und Bayern. Es bestand kein Anlaß, für diese beiden Länder eine Sonderregelung aufrechtzuerhalten, die im Ergebnis das Recht des Verfolgten, den Anwalt seines Vertrauens zu wählen, beschränkt. Absatz 3 weist keine Änderung gegenüber der Regierungsvorlage auf. 81. Zu § 228 Die mit § 228 beginnenden Übergangs- und Schlußvorschriften stellen die Übergangsregelung zwischen den landesrechtlichen Vorschriften, die bis zum Inkrafttreten des Bundesergänzungsgesetzes galten, und dem Bundesergänzungsgesetz dar. In Abweichung von der Begründung der Regierungsvorlage (S. 203) hat sich der Ausschuß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeschlossen und in Absatz 1 ausdrücklich die auf Grund des in der amerikanischen Zone in Geltung gewesenen Entschädigungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen für außer Kraft gesetzt erklärt. Der Ausschuß hat den bisherigen Absatz 3 gestrichen, weil er der Auffassung war, daß das für den Verfolgten günstigere Recht von Amts wegen der Entscheidung zugrunde zu legen ist und dem Verfolgten nicht die Möglichkeit genommen werden soll, seinen Anspruch auf das nicht angewandte Recht zu stützen, falls dieses im Laufe der Zeit sich als das für ihn günstigere Recht herausstellt. 82. Zu § 229 § 229 ist neu eingefügt worden und soll sicherstellen, daß sich auch das Verfahren nach den Anerkennungsgesetzen der Länder nach den Verfahrensvorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes richtet. Dadurch soll vermieden werden, daß in zwei verschiedenen Instanzenzügen über ähnliche Rechtsfragen voneinander abweichende Entscheidungen ergehen. 83. Zu § 234 Absatz 1 ist gegenüber der Regierungsvorlage dahingehend geändert, daß nicht mehr darauf abgestellt wird, daß die auf Grund des Bundesergänzungsgesetzes festzusetzende Entschädigung die nach bisherigem Landesrecht festgesetzte Entschädigung um mehr als 5 vom Hundert übersteigt. Der Ausschuß war der Auffassung, daß die Verbesserung des Gesetzes den Verfolgten ohne Rücksicht auf eine Mindesterhöhung der Ansprüche zugute kommen soll. Absatz 2 ist neu eingefügt worden. Es entsprach den Wünschen der Praxis, daß wiederkehrende Leistungen auf Grund des Bundesergänzungsgesetzes von Amts wegen neu festgesetzt werden, so daß es insoweit eines besonderen Antrags der Verfolgten nicht bedarf. 84. Zu § 235 Der in der Regierungsvorlage vorgesehene Absatz 2 ist vom Ausschuß nicht übernommen worden. Der Ausschuß hielt es nicht für vertretbar, dem Berechtigten das Anfechtungsrecht dann zu versagen, wenn dieser im Rahmen eines Vergleichs, eines Verzichts oder einer Abfindung auf etwaige künftige Rechtsansprüche verzichtet hat oder für solche Ansprüche abgefunden worden ist. 85. Zu § 236 Absatz 3 regelt die Fälle, in denen gerichtliche Verfahren auf Grund dieses Gesetzes ihre Erledigung finden. Die Vorschrift lehnt sich an die entsprechende Bestimmung des BWGöD an und entspricht der Billigkeit. Bonn, den 12. Mai 1956 Dr. Greve Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 611 (Vgl. S. 7790 D, 7796 A) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Greve, Dr. Böhm (Frankfurt), Dr. Reif, Dr. Strosche, Wittenburg und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksachen 2382, 1949). Der Bundestag wolle beschließen: Zur Anlage zu Art. I: 1. § 22 erhält folgende Fassung: § 22 Die Rente ruht, soweit und solange der Hinterbliebene wegen des Todes des Verfolgten aus deutschen öffentlichen Mitteln Versorgungsbezüge oder sonstige laufende Leistungen erhält, die den Betrag von 200 Deutsche Mark im Monat übersteigen. Dies gilt nicht, wenn die Versorgungsbezüge oder sonstige laufende Leistungen ausschließlich auf eigenen Geldleistungen des Verfolgten beruhen. 2. In § 171 wird der Abs. 5 gestrichen. 3. Nach § 238 wird als § 238 a eingefügt: § 238 a Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Personengruppen, deren Schädigung auf die Verfolgungsgründe des § 1 zurückzuführen ist, die aber keine räumliche Beziehung zum Geltungsbereich dieses Gesetzes haben und auch nicht nach §§ 149 bis 166 anspruchsberechtigt sind, Globalregelungen über die Gewährung von Leistungen im Wege des Härteausgleichs zu treffen. Der Achte und der Neunte Abschnitt dieses Gesetzes finden keine Anwendung. Bonn, den 1. Juni 1956 Dr. Greve Frenzel Dr. Böhm (Frankfurt) Höfler Pelster Dr. Weber (Koblenz) Dr. Winter Dr. Reif Dr. Strosche Wittenburg Anlage 4 Umdruck 612 (Vgl. S. 7794 A, 7796 A) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksachen 2382, 1139, 1949). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Zur Anlage zu Art I: In § 183 Abs. 2 werden a) im Satz 1 nach den Worten „bei den Entschädigungsbehörden" die Worte „und bei den Landgerichten" eingefügt, b) im Satz 2 die Worte „wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere," gestrichen. 2. Zu Art. III: In Nr. 16 werden nach den Worten „bei den Entschädigungsbehörden" die Worte „und bei den Landgerichten" eingefügt. Bonn, den 5. Juni 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 615 (Vgl. S. 7809 B, 7810 C) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksachen 2382, 1139, 1949). Der Bundestag wolle beschließen: Zur Anlage zu Art. I: In § 183 Abs. 2 werden a) im Satz 1 nach den Worten „bei den Entschädigungsbehörden" die Worte „und bei den Landgerichten" eingefügt, b) im Satz 2 die Worte „wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere," gestrichen. Bonn, den 6. Juni 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 616 (Vgl. S. 7794 A, 7796 A) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kopf, Dr. Furler, Dr. Bucher und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksachen 2382, 1139, 1949). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Art. III: In Nr. 16 ist die Fassung der Beschlüsse des 37. Ausschusses — Drucksache 2382 — wiederherzustellen. Bonn, den 6. Juni 1956 Dr. Kopf Dr. Furler Arndgen Becker (Pirmasens) Frau Dr. Bleyler (Freiburg) Dr. Brönner Brookmann (Kiel) Dr. Dresbach Finckh Franzen Goldhagen Häussler Leibing Dr. Leverkuehn Dr. Pohle (Düsseldorf) Dr. Dr. h. c. Pünder Wolf (Stuttgart) Dr. Bucher Dr. Becker (Hersfeld) Dr. Strosche Anlage 7 Drucksache 2383 (Vgl. S. 7814 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (30. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (Drucksache 2191). Berichterstatter: Abgeordneter Rademacher I. Allgemeines In der 136. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 21. März 1956 wurde der Entwurf eines Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger — Drucksache 2191 — an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen. Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf im ersten Durchgang zugestimmt und einige Änderungen vorgeschlagen, die von der Bundesregierung gebilligt wurden. Der Ausschuß für Verkehrswesen hat in seiner 78. Sitzung vom 7. Mai 1956 den Gesetzentwurf beraten und sich den Empfehlungen des Bundesrates angeschlossen. II. Im einzelnen Im Hinblick darauf, daß der internationale Kraftfahrzeugverkehr im Lauf der letzten Jahre stark angestiegen ist mit der notwendigen Folge, daß auch ausländische Kraftfahrzeugführer mehr als früher an Verkehrsunfällen beteiligt sind, erscheint es zum Schutz der deutschen Verkehrsopfer erforderlich, nunmehr auch die ausländischen Kraftfahrzeughalter und Kraftfahrzeugführer der Haftpflichtversicherungspflicht zu unterwerfen, wie dies im Ausland schon vielfach geschieht. § 1 begründet die Verpflichtung der ausländischen Kraftfahrzeugführer, durch eine Bescheinigung des Versicherers das Bestehen einer Haftpflichtversicherung nachzuweisen, und regelt gleichzeitig, wie zu verfahren ist, wenn der Kraftfahrzeugführer eine solche Bescheinigung nicht vorzeigen kann. § 2 regelt die Frage, bei wem der Versicherungsschutz genommen werden kann. Er stellt hierbei den ausländischen Kraftfahrern zwei Möglichkeiten zur Wahl, entweder die Versicherung bei einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Versicherer zu nehmen oder die Versicherung bei einem ausländischen Versicherer zu decken unter der Voraussetzung, daß ein deutscher Versicherer (Rademacher) oder ein deutscher Versichererverband sich verpflichtet, gegebenenfalls den Schaden zu regulieren. § 3 begründet entsprechend der Regelung in dem deutschen Pflichtversicherungsgesetz von 1939 den Kontrahierungszwang für die Versicherer. Er ist im Wortlaut eng der Wortfassung des erwähnten deutschen Gesetzes angepaßt. § 4 regelt den Mindestinhalt des Versicherungsvertrages. § 5 dient dem Schutz der Versicherer. § 6 bestimmt im Interesse der völligen Klarheit des Versicherungsverhältnisses gegenüber jedermann, daß sich das Bestehen oder Nichtbestehen eines Versicherungsvertrags ausschließlich aus der Versicherungsbescheinigung ergibt, die der ausländische Kraftfahrzeugführer bei sich tragen muß. § 7 ermächtigt die Bundesminister für Verkehr und für Wirtschaft zum Erlaß von Durchführungsvorschriften. § 8 ermächtigt den Bundesminister für Verkehr allgemein oder in Einzelfällen zu Ausnahmen, stets jedoch nur unter der Voraussetzung, daß die Entschädigungen der Verkehrsopfer gewährleistet bleiben. § 9 enthält eine dem deutschen Pflichtversicherungsgesetz von 1939 eng angepaßte Strafvorschrift für den Fall, daß ein ausländisches Fahrzeug ohne den vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungsschutz in der Bundesrepublik Deutschland verkehrt. Ferner erklärt er gewisse nicht kriminelle Tatbestände zu Ordnungswidrigkeiten und läßt außerdem die Ahndung dieser Ordnungswidrigkeiten durch gebührenpflichtige Verwarnungen zu. § 10 enthält die Berlin-Klausel. § 11 enthält die Vorschrift über das Inkrafttreten, wobei berücksichtigt wurde, daß sowohl den Behörden als auch dem ausländischen Reisepublikum und den Versicherungsunternehmern eine ausreichende Zeit gelassen werden muß. Bonn, den 7. Mai 1956 Rademacher Berichterstatter Anlage 8 zu Drucksache 2361 (Vgl. S. 7815 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (22. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Rentenbank und über weitere Maßnahmen zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung (Drucksache 1870). Berichterstatter: Abgeordneter Wittenburg Der Ausschuß für Geld und Kredit hat in seiner Sitzung am 22. März 1956 den Entwurf eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Rentenbank und über weitere Maßnahmen zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung — Drucksache 1870 — beraten, nachdem sich der mitbeteiligte Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am 19. Januar 1956 mit dem Gesetzentwurf befaßt hatte. Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat dem Gesetzentwurf zugestimmt, dabei aber die folgenden Änderungen beschlossen: 1. In § 1 Abs. 3 sollen die Worte „für die Verwaltung und" gestrichen werden. 2. Der federführende Ausschuß wird gebeten zu prüfen, ob es notwendig ist, im § 3 des Gesetzes zusätzliche Gebühren zu erheben. 3. Es soll dem federführenden Ausschuß überlassen bleiben, das Datum „31. Dezember 1955" im § 6 zu ändern, da es inzwischen überholt ist. Ein entsprechendes Schreiben des Bevollmächtigten des Landes Berlin beim Bund vom 17. Februar 1956 ist hierzu ergangen. Der federführende Ausschuß für Geld und Kredit hat sich in seinen Erörterungen der Auffassung zu 1. der Stellungnahme des mitbeteiligten Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten angeschlossen. Er hat weiterhin beschlossen, in § 3 den Absatz 1 zu streichen, da er der Ansicht war, daß es nicht notwendig ist, zusätzlich Gebühren zu erheben. In § 6 wird das Datum „31. Dezember 1955" in „30. September 1956" geändert, da infolge der sich länger als vorgesehen erstreckenden Beratungen die zur Durchführung des Gesetzes notwendige Zeit nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte, wenn es bei dem im Entwurf vorgesehenen Termin geblieben wäre. Diese Änderung entspricht auch einem Wunsch des Landes Berlin. Darüber hinaus hat sich der Ausschuß für Geld und Kredit mit der Frage befaßt, ob es sich im vorliegenden Fall um ein Zustimmungsgesetz handelt. Der Bundesrat hat die Meinung vertreten, daß das Gesetz seiner Zustimmung bedarf, während dieser Standpunkt von der Bundesregierung abgelehnt worden ist. Der Ausschuß für Geld und Kredit ist in dieser Sache der Meinung der Bundesregierung beigetreten. Bonn, den 1. Juni 1956 Wittenburg Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Otto Heinrich Greve


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Durch Ihren Beschluß, in § 171 den Abs. 5 zu streichen, ist es notwendig, den § 238 a in der Fassung des Ihnen vorliegenden Umdrucks einzufügen. Diese Fassung bringt gegenüber dem bisherigen Verfahren eine sich aus der Sache ergebende Änderung. Der letzte Satz des § 238 a in der Fassung des Umdrucks 611 lautet: „Der Achte und der Neunte Abschnitt dieses Gesetzes finden keine Anwendung". Wenn Sie sich den Inhalt des Achten und Neunten Abschnitts ansehen, dann finden Sie, daß es sich dabei um die Verteilung der Entschädigungslasten und um das Verfahren und die Entschädigungsorgane handelt. Mit dem § 238 a soll der Bundesregierung die Ermächtigung gegeben werden, nach ihrem Ermessen mit Personengruppen, die sich aus Menschen zusammensetzen, die wir für entschädigungsberechtigt halten, denen wir aber nach dem Wortlaut des geltenden Gesetzes keine Entschädigung gewähren können, Vereinbarungen über Entschädigungen zu treffen. Es ist selbstverständlich, daß die Bundesregierung insoweit freie Hand haben muß, entsprechende Vereinbarungen ohne Beschränkung auf die Lastenverteilung abzuschließen, und zwar ohne irgendwelche Rücksichtnahme auf Verfahrensvorschriften.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat sich bereit erklärt, die durch § 238 a entstehenden Kosten auf den Bund zu übernehmen, so daß aus diesem Grunde die Anwendung des Achten Abschnitts wegfallen muß. Es ist auch selbstverständlich, daß, wenn eine solche Vereinbarung mit ganz bestimmten, wahrscheinlich nur wenigen, zum Teil bekannten Gruppen getroffen wird, gegen eine solche Entscheidung nicht etwa das Landgericht und die weiteren Gerichtsinstanzen angerufen werden können. Aus diesem Grunde war es auch notwendig, hier die Anwendung des Neunten Abschnitts dieses Gesetzes auszuschließen.
    Die Mitglieder des Ausschusses bitten Sie, der Fassung des § 238 a, wie sie Ihnen im Umdruck vorliegt, Ihre Zustimmung zu geben. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch sagen, daß es


    (Dr. Greve)

    selbstverständlich ist, daß schon durch den § 171 Abs. 5 und jetzt durch den § 238 a in das Reparationsrecht und auch in Rechtsverhältnisse, die sich aus etwaiger Staatensukzession ergeben, nicht eingegriffen werden soll. Das ist der ausdrücklich bekundete Wille des Ausschusses bei der Fassung dieses Paragraphen gewesen.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über Ziffer 3 des Umdrucks 611*) — Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Greve, Dr. Böhm (Frankfurt), Dr. Reif, Dr. Strosche, Wittenburg und Genossen auf Einfügung eines § 238 a —abstimmen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf §§ 239, — 240, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie nun, vorzublättern auf Seite 18 der Drucksache. Ich lasse nunmehr noch formell über den Artikel I abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Artikel II auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Artikel II zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Artikel III auf, und zwar zugleich mit dem Umdruck 612 Ziffer 2**). Wird das Wort hierzu gewünscht?

(Abg. Frenzel: Habe ich schon begründet!)

— Ist bereits begründet. Das Wort wird nicht gewünscht. Dann komme ich zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 612 Ziffer 2. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich lasse nunmehr über Artikel III in der veränderten Form abstimmen. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich darf formell noch feststellen, daß es in der Ziffer 16 statt „das United Restitution Office" „die United Restitution Organization" heißen muß. Darüber besteht Einverständnis.
Ich rufe die Artikel IV und V, — Einleitung und Überschrift auf. — Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist so beschlossen.
Wir kommen damit zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Herr Abgeordneter Dr. Böhm hat das Wort.

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    Rede von Dr. Franz Böhm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu der allgemeinen Frage spreche, die mich am heutigen
    *) Siehe Anlage 3. **) Siehe Anlage 4.
    Tage besonders berührt, nämlich zu der Frage, wie dieses Gesetz, das uns vorliegt und das wir beschließen werden, ausgeführt wird, möchte ich erläuternd noch ein paar Worte zu einigen Punkten des uns erstatteten Berichts des Wiedergutmachungsausschusses sagen. Sie wissen, daß es mit die Aufgabe eines Ausschußberichtes ist, zu einem Gesetz, das so außerordentlich schwierige Rechtsfragen regelt, Ausführungen zu machen, die auch den Richtern und den Behörden bei der Anwendung Anhaltspunkte dafür geben, was sich die Gesetzesverfasser bei den oft schwerverständlichen Bestimmungen des Gesetzes gedacht haben.
    Der uns vorgelegte Bericht ist mit so großer Sorgfalt abgefaßt worden und enthält so abgewogene Formulierungen, daß dazu wenig zu sagen ist. Aber bei einigen Paragraphen ist der Bericht doch mit einer gewissen lakonischen Kürze abgefaßt. Ich halte mich deshalb für veranlaßt und verpflichtet, in Erläuterung der Ausführungen des Berichts zu dem, was sich die Mitglieder des Wiedergutmachungsausschusses gedacht haben, noch einiges zu sagen.
    Zunächst ist die Frage zu erwähnen — die uns bei § 6 sehr große Mühe gemacht hat —, wie es mit denjenigen Verfolgten gehalten werden solle, die, bevor sie verfolgt wurden, im Lager der Verfolger gestanden haben, also Nationalsozialisten waren. Das alte Gesetz hat im § 1 Abs. 4 Ziffer 1 bestimmt, daß keinen Anspruch auf Entschädigung haben soll, wer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Vorschub geleistet hat. Die Gerichte standen vor der Frage, ob die bloße Zugehörigkeit zur NSDAP oder zu einer ihrer Gliederungen schon als eine Vorschubleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen sei, etwa auch dann, wenn das betreffende Mitglied nichts weiter getan hat, als Mitgliedsbeiträge zu bezahlen. im übrigen aber vielleicht aus seiner Gleichgültigkeit oder gar Abneigung gegen die Partei gar kein Hehl gemacht hat oder ein völlig harmloser, sogenannter unpolitischer Privatmensch war, der im übrigen seinem Privatleben und seinem Beruf nachging.
    Die Gerichte haben im allgemeinen auch schon in der bloßen Zugehörigkeit zur Partei und ihren Gliederungen ein Vorschubleisten gesehen. Der Regierungsentwurf wollte in dieser Hinsicht Rechtssicherheit schaffen und die Frage klar entscheiden. Er fügte deshalb dem Ausschließungsgrund des Vorschubleistens ausdrücklich noch den weiteren Ausschließungsgrund der bloßen Mitgliedschaft bei der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen hinzu, bestimmte aber gleichzeitig, daß die bloß nominelle Mitgliedschaft den Anspruch auf Entschädigung dann nicht ausschließen soll, wenn der Verfolgte unter Einsatz von Leib und Leben den Nationalsozialismus aus Gründen, die den Verfolgungsgründen des Gesetzes entsprechen, bekämpft hat und deshalb verfolgt worden ist. Der Wiedergutmachungsausschuß hat diese Ausnahme noch etwas erweitert, indem er auch den Einsatz von Freiheit — also nicht nur den Einsatz von Leib und Leben — ausreichen ließ.
    Natürlich wird nun die Frage entstehen, was das Gesetz unter dem Begriff nominelle Mitgliedschaft versteht. Bei dem jetzigen Wortlaut der Bestimmung dürfte dieser Begriff am besten dahin definiert werden: Ein nominelles Mitglied ist ein solches Mitglied der NSDAP oder ihrer Gliederungen, das der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft über die bloße Mitgliedschaft hinaus keinen Vor-


    (Dr. Böhm [Frankfurt])

    schub geleistet hat. Eine solche Auslegung würde also den neuen Wortlaut dahin verstehen, daß der Gesetzgeber die bloße Mitgliedschaft zur NSDAP oder einer ihrer Gliederungen für sich allein noch nicht als ein Vorschubleisten angesehen wissen will. Es würde dann auf das gesamte Verhalten der Persönlichkeit ankommen. Wer zu irgendeiner Zeit den wilden Mann gespielt und seine Mitbürger eingeschüchtert oder gar mit Denunziationen bedroht hat, der hat dem Nationalsozialismus Vorschub geleistet, ganz gleichgültig, ob er Mitglied der NSDAP war oder nicht.
    Es ist zuzugeben, daß den Gerichten und den Entschädigungsbehörden eine schwierige Aufgabe zugemutet wird, wenn sie dergestalt in eine Prüfung des Gesamtverhaltens des einzelnen Antragstellers eintreten sollen. Es liegt infolgedessen nahe, daß die Entschädigungsbehörden und die Gerichte versuchen werden, sich diese Prüfung dadurch zu erleichtern, daß sie sich an formale Anhaltspunkte anklammern, also z. B. an den Zeitpunkt, in dem die Mitgliedschaft erworben worden ist, oder aber an die Tatsache, daß das betreffende Mitglied irgendwelche Ämter oder Ränge in der Partei oder in der betreffenden Gliederung bekleidet hat. Solche Tatsachen und Umstände lassen in der Tat gewisse Rückschlüsse zu. Es ist deshalb auch nichts dagegen einzuwenden, wenn sie bei der Beweiswürdigung als Anhaltspunkte berücksichtigt werden, etwa in der Weise, daß die Behörden und Gerichte beim Vorliegen solcher Tatsachen dem Antragsteller zumuten, nun seinerseits darzutun, daß er trotzdem der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft keinen Vorschub geleistet hat.
    Dagegen würde es nicht im Sinne des Gesetzes sein und auch nicht der Auffassung des Wiedergutmachungsausschusses entsprechen, wenn im Vorliegen solcher Tatsachen ein unwiderleglicher Beweis des Vorschubleistens erblickt und wenn dem Antragsteller jede Entkräftung des ungünstigen Anscheins abgeschnitten würde. Es ist gar nicht anders möglich, als daß bei dieser Frage die Grundsätze des sogenannten Prima-facie-Beweises angewendet werden, so wie sie von unserer Rechtsprechung und Rechtslehre ausgebildet worden sind. Bekanntlich ist aber bei der Entnazifizierung anders verfahren worden, und zwar nicht nur von den Alliierten, sondern auch von unseren Spruchkammern. In diesen Verfahren haben die rein formalen Gesichtspunkte eine schlechthin entscheidende Rolle gespielt. Das hat, wie wir alle wissen, in vielen Fällen zu recht unbilligen und ungerechten Einklassierungen geführt. Daß die Besatzungsmächte so verfahren sind, kann man ihnen nicht übelnehmen, denn sie haben die nationalsozialistische Wirklichkeit in unserem Lande nicht miterlebt und mußten nach ihrem Einmarsch zu ihrem Erstaunen feststellen, daß es im ganzen Deutschland keinen einzigen Nationalsozialisten gab. Sie konnten gar nicht anders als so verfahren. Wir Deutsche aber haben die Dinge miterlebt und wissen, daß die Verhältnisse viel differenzierter sind. Wir sind deshalb nicht nur berechtigt, sondern um der Gerechtigkeit willen auch verpflichtet, in eine individuelle Prüfung einzutreten. Wir dürfen uns diese Prüfung mit gutem Gewissen dadurch erleichtern, daß wir die Grundsätze des Prima-facieBeweises anwenden.
    Aber die Auffassung unseres Ausschusses ging dahin, daß nationalsozialistische Verfolger, wenn sie später selbst verfolgt worden sind, keinen Entschädigungsanspruch haben sollen. Sie sollen die
    Verfolgung, die sie dann selbst erlitten haben, als eine Sühne und als eine Buße dafür ansehen, daß sie eine Zeitlang der Verfolgung Vorschub geleistet haben, daß sie sie gebilligt, sich vielleicht aktiv an ihr beteiligt haben.
    Man macht gelegentlich geltend, daß man mit verlorenen Söhnen Nachsicht üben soll, wenn sie später ihr Unrecht einsehen und sich tapfer an der Bekämpfung des Übels beteiligen. Aber hierzu wäre zu sagen, daß solche Fälle, in denen sich ein christenverfolgender Saulus, weil er ein echtes Damaskus erlebt hat, nachher in einen christlichen Apostel verwandelt hat, doch viel seltener vorgekommen sind, als man es heute darstellen will.

    (Sehr richtig! in der Mitte und links.)

    Außerdem sind solche wirklich echte Umkehrer in der Regel auch bereit, Buße zu tun, und haben Verständnis dafür, wenn man ihnen zumutet, auf eine Entschädigung zu verzichten und zu bedenken, daß unsere Entschädigungsgesetze bei einigen Verfolgungsschäden überhaupt nicht und bei anderen nur unzulänglich entschädigen. Wir haben wegen unserer begrenzten Leistungsfähigkeit vielen berechtigten Wünschen nicht Rechnung tragen können. Wir können es einfach nicht verantworten, wenn wir uns ausgerechnet in solchen Fällen freigebig erweisen, in denen Verfolgte ihrerseits Verschulden an der Verfolgung auf sich geladen haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir müssen bedenken, daß, wenn wir hier die Ausnahmen weiter bemessen hätten, unsere Entschädigungsbehörden nach Inkrafttreten des Gesetzes mit Anträgen geradezu überschüttet worden wären und daß die so überaus schwierigen Beweiswürdigungen in all diesen Fällen die Abwicklung unserer Wiedergutmachung in nicht zu verantwortender Weise blockiert hätten.
    Etwas anderes muß aber in den Fällen gelten, in denen die Verfolgten zwar der Partei angehört haben und sich vielleicht auch als fleißige Sammler bei der Winterhilfe und der NSV oder im Luftschutz oder in anderen vergleichsweise unschuldigen, sogar nützlichen Tätigkeiten hervorgetan haben, im übrigen aber namentlich in solchen Fragen, in denen es sich um die Menschlichkeit handelte, immer eine tadelsfreie und anständige Haltung bewahrt haben. Eben an diese Personen denkt der Gesetzgeber, wenn er von nominellen Mitgliedern spricht. Diesen Personen soll dann auch eine Entschädigung gewährt werden, wenn sie später den Nationalsozialismus bekämpft haben, bei dieser Bekämpfung nicht alltägliche Wagnisse auf sich genommen, also mindestens bewußt ihre Freiheit riskiert haben und infolge solchen Tuns verfolgt worden sind und Schaden erlitten haben. Wir haben geglaubt, damit eine Regelung gefunden zu haben, die sich verantworten läßt, auch wenn der eine oder andere Fall übrigbleiben sollte, bei dem sich etwa das Gesetz als sehr hart erweist.
    Leider haben wir auch im übrigen Härten in Kauf nehmen müssen, und zwar Härten zuungunsten von Verfolgten, die niemals das mindeste mit dem Nationalsozialismus zu tun gehabt und auch der Partei nicht angehört haben. Ich möchte glauben, daß Parteimitglieder, die von einer solchen Härte betroffen werden, bei dem Gedanken an diese anderen Härten im Gesetz und an die Verfolgten, die ohne jede Schuld von solchen Härten getroffen worden sind, die bitteren Gefühle überwinden, die sie vielleicht empfinden mögen.


    (Dr. Böhm [Frankfurt])

    Nun noch eine andere Frage, die uns auch erhebliche Schwierigkeiten bereitet hat und die eine Personengruppe betrifft, für die ich hier doch deswegen sprechen will, weil sie im allgemeinen nicht vertreten ist. Mitglieder dieser Personengruppe leben heute in Deutschland kaum mehr. Sie sind keine Wähler. Die Gruppe, von der ich eben gesprochen habe, die alten Parteimitglieder, die nachher verfolgt worden sind, stellen erhebliche Wählermassen. Aber diejenigen, von denen ich jetzt sprechen will, stellen überhaupt keine. Das ist eine Sondergruppe von Menschen, die nicht zu den allgemein Verfolgten gehören, nämlich die wegen ihrer Nationalität Verfolgten. Ich habe den Eindruck, daß auch diese Frage in unserem Bericht zu lakonisch behandelt und etwas kurz gefaßt worden ist. Deshalb will ich einige Worte hierzu sagen.
    Der bisherige § 76 des BEG gewährt auch Personen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft aus Gründen ihrer Nationalität unter Mißachtung der Menschenrechte verfolgt wurden und Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention sind, einen beschränkten Anspruch auf Entschädigung für Körper- und Gesundheitsschäden. Die Verpflichtung, solche Personen in die Wiedergutmachung einzubeziehen, hat die Bundesregierung im Deutschlandvertrag übernommen. Nach Inkrafttreten des BEG sind nun eine Reihe von Gerichtsurteilen ergangen, die den Antrag auf Entschädigung abgewiesen haben mit der Begründung, der Antragsteller sei nicht deshalb verfolgt und unter Mißachtung der Menschenrechte an Körper und Gesundheit geschädigt worden, weil er einer bestimmten Nationalität angehört habe, sondern deshalb, weil man ihn, sei es zu Recht, sei es zu Unrecht, für den Angehörigen einer Widerstandsgruppe gehalten habe und weil man Anlaß gehabt habe, zu glauben, er gefährde die Sicherheit unserer einmarschierenden Truppen; die Inhaftierung sei also damals nicht im Zuge etwa einer antipolnischen Verfolgungspolitik, sondern zur Sicherung unserer Truppen erfolgt. In dieser Weise ist z. B. in einzelnen Fällen auch dann entschieden worden, wenn der Betroffene festgestelltermaßen einer Widerstandsgruppe nicht angehört hat und auch nicht das mindeste gegen unsere Truppen unternommen hat, trotzdem aber vom Jahre 1939 bis zum Jahre 1945 in Gefängnissen und in Konzentrationslagern festgehalten wurde und heute ein vollständig ruinierter, tuberkulosekranker, arbeitsloser Mensch ist. Das hat nun wirklich mit dem Schutz unserer Truppen nicht das mindeste mehr zu tun.
    Diese Urteile haben im Ausland eine ungewöhnliche Verstimmung und Verbitterung hervorgerufen. Es ist der Eindruck entstanden, wir wollten uns mit Hilfe solcher Begründungen unseren im Deutschlandvertrag übernommenen vertraglichen Verpflichtungen entziehen. Es hat sich freilich herausgestellt, daß einige dieser Urteile von unzuständigen Gerichten ergangen sind. Aber immerhin hat auch ein führender Kommentar die Rechtsauffassung vertreten, daß wirkliche und angenommene Zugehörigkeit zu einer Widerstandsgruppe die Gewährung einer Entschädigung wegen Verfolgung aus Gründen der Nationalität ausschließe.
    Aus diesen Gründen hat der Arbeitskreis schon vor der Einbringung des Regierungsentwurfs eine Bestimmung eingefügt, die auch die Anhänger einer nationalen Widerstandsbewegung in die Entschädigung einbezieht. Der Regierungsentwurf hat
    sich diesen Vorschlag des Arbeitskreises zu eigen gemacht. Der Wiedergutmachungsausschuß war aber nun der Meinung, daß diese Bestimmung wieder über das Ziel hinausschieße. Es verhält sich natürlich keineswegs so, daß jeder Anhänger einer nationalen Widerstandsbewegung, der inhaftiert worden ist und einen dauernden Körperschaden erlitten hat, aus Gründen seiner Nationalität geschädigt worden wäre. Auf der anderen Seite aber war der Wiedergutmachungsausschuß auch der Meinung, daß — und das geht aus der Begründung nicht ganz einwandfrei hervor — die Zugehörigkeit zu einer Widerstandsbewegung die Verfolgung aus nationalen Gründen keineswegs ausschließen soll. In vielen Fällen, namentlich in Polen, lagen die Dinge doch so, daß zahllose Menschen bloß deshalb grausam verfolgt worden sind, weil sie Polen waren und weil eine Dezimierung und Unterdrükkung von Polen von der Hitlerregierung und der NSDAP bewußt beabsichtigt war und betrieben worden ist. Ich erinnere daran, daß vor Ausbruch des Krieges Hitler in einer Ansprache an die Generalität auf dem Obersalzberg seinen Willen, die Polen auszurotten, ausgesprochen und damit unter einem Teil der anwesenden Generäle Entsetzen erregt hat. Ich erinnere ferner daran, daß eine stattliche Reihe von Verordnungen und Vorschriften erlassen worden ist, die bestimmten, daß Polen schlechter zu behandeln seien als andere Kriegs- und Zivilgefangene, z. B. auch als Landarbeiter. Das radikale Vernichtungsprogramm, das Hitler angekündigt hatte, ist dann allerdings nicht ausgeführt worden. Aber es ist doch sehr, sehr viel Schändliches in dieser Beziehung geschehen.
    Natürlich haben die Nationalsozialisten, die Regierungs-, die SS- und Polizeistellen ihre Maßnahmen vielfach getarnt, d. h. sie haben namentlich in der Zeit des Polenkrieges kurzerhand beliebige Polen ohne jeden Anlaß von der Straße weg oder in ihren Häusern verhaftet und hinterher irgendwelche Beschuldigungen erhoben und diese Maßnahmen mit anderen Gründen gerechtfertigt, so z. B. mit der Behauptung, der betreffende Pole gehöre einer Widerstandsbewegung an. Das hat bei einer Anzahl von Fällen vielleicht gestimmt; bei einer anderen hat es nicht gestimmt. Aber nur bei einem sehr kleinen Teil der Fälle war dieser Grund der wirkliche Anlaß der Verhaftung und Mißhandlung.
    Wenn nun heute ein Opfer solcher Maßnahmen auf Grund der Bestimmungen über Nationalverfolgte Entschädigung verlangt und die Wiedergutmachungsbehörde Beweise erhebt, indem sie z. B. Polizeioffiziere, SS-Leute oder sonstige Funktionäre vernimmt, die damals die Verhaftungsaktionen geleitet oder angeordnet haben, dann wird natürlich in vielen Fällen von diesen Leuten erklärt werden, die Verhaftung sei zum Schutze der einmarschierenden Truppen oder deshalb erfolgt, weil der Verdacht der Zugehörigkeit zu einer Widerstandsgruppe vorgelegen habe. Dem Antragsteller wird dann zugemutet, daß er seinerseits schlüssig nachweist, daß das nicht der wahre Grund der Verfolgung gewesen sei, sondern daß man ihn, wie zahllose andere ebenfalls, einfach als Polen verfolgt hat. Dieser Nachweis wird einem Antragsteller heute nach 16 Jahren schwerlich gelingen können.
    Wenn man aber so verfährt, dann legitimiert man sozusagen noch hinterher die nationalsozialistische Tarnung einer nationalen Verfolgungs-


    (Dr. Böhm [Frankfurt] )

    politik. Ich bin überzeugt davon, daß eine solche Behandlung von Anträgen in den seltensten Fällen ihren Grund etwa darin gehabt hat, daß die betreffenden Beamten der Entschädigungsbehörden oder die Richter mit der Verfolgungspolitik des Nationalsozialismus sympathisiert hätten oder gar der Ansicht sind, den Polen sei nur recht geschehen. Es wird vielmehr ganz stur nach den herkömmlichen Regeln der Beweiserhebung und Beweiswürdigung verfahren, d. h. es wird einfach unterstellt, wir hätten damals eine normale Regierung, einen soliden Rechtsstaat gehabt und einen ganz normalen Krieg geführt. Die geschichtliche Wirklichkeit wird einfach ignoriert. So kommt es, daß Behörden und Gerichte unserer Tage den Nationalsozialisten noch heute ihre arglistigen und vorgeschützten Gründe abkaufen und, ohne es zu wollen und sich dessen bewußt zu sein, die nationalsozialistische Polenverfolgungspolitik noch zu Ende führen.
    Wenn nun auch der Wiedergutmachungsausschuß die vom Regierungsentwurf vorgesehene Bestimmung über die Angehörigen der Widerstandsbewegungen wieder entfernt hat, weil er sie für zu weitgehend gehalten hat, so lag es ihm doch durchaus fern, damit aussprechen zu wollen, daß die tatsächliche oder vermutete Zugehörigkeit zu einer Widerstandsbewegung die Entschädigung gemäß § 167 des neuen Gesetzes ausschließen solle. Ich betone das hier deshalb, weil die Formulierung in Nr. 59 des Ihnen vorliegenden Schriftlichen Berichtes des Ausschusses für die Fragen der Wiedergutmachung auf Seite 12 in dieser Hinsicht einen Irrtum nahelegen könnte. Die Mitglieder des Ausschusses waren vielmehr der Meinung, daß die
    Interpretation des § 76 des alten Gesetzes, wie sie in dem Kommentar Becker—Huber—Küster steht, die damalige Bestimmung, die wir jetzt wiederhergestellt haben, richtig auslegt. Dieser Kommentar führt aber aus, daß auch Angehörige der Résistance nicht ausgenommen sein sollen. Entschädigungsberechtigt soll jeder sein, dem wegen seiner Zugehörigkeit zu einem oder wegen seines Einsatzes für einen fremden Staat Unrecht zugefügt worden ist.
    Es kommt darauf an, aus welchen Beweggründen dem Geschädigten damals Unrecht zugefügt worden ist, also etwa deshalb, weil er Pole war, oder ausschließlich deshalb, weil er damals die Sicherheit unserer Truppen gefährdet hat. Die Frage, welcher Beweggrund in solchen Fällen vorgelegen hat, unterliegt dann der freien Beweiswürdigung der Entschädigungsbehörde und des Entschädigungsgerichts. Die Behörde und das Gericht müssen sich dann aber, wenn sie nicht eine Fehlentscheidung treffen wollen, die Verhältnisse, die damals bei uns in Wirklichkeit vorgelegen haben, mit größter Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit wieder gegenwärtig machen und sich z. B. auch in das reichlich vorliegende Urkundenmaterial einarbeiten, falls sie es inzwischen wieder vergessen haben sollten, welche Menschen, Kräfte und Methoden damals bei uns am Ruder waren.
    Dann möchte ich ein Wort zu der Frage sagen, die auch der Herr Bundesjustizminister berührt hat und die Gegenstand einer Abstimmung gewesen ist. Das Gesetz sieht zugunsten der Verfolgten recht erhebliche Erleichterungen in bezug auf den Anwaltszwang vor. So ist, wie bereits früher für das Verfahren vor den Landgerichten, der Anwaltszwang beseitigt. Die Verfolgten können vor den Entschädigungsbehörden und vor den Landgerichten ihre Sache selbst führen oder sich auch eines frei gewählten Beistandes bedienen. Soweit sich die Verfolgten durch Beistände vertreten lassen, müssen sie allerdings die Grenzen beobachten, die das Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung vom Jahre 1935 vorsieht. Das heißt, gewerblich tätigen Rechtsberatern, die nicht zugelassene Rechtsanwälte sind, ist das Auftreten vor Behörden und Gerichten untersagt, wenn sie sich für ihre Tätigkeit vergüten lassen. § 183 gewährt allerdings auch in dieser Hinsicht eine Ausnahme, indem nämlich die Landesjustizverwaltung Verfolgtenorganisationen die Erlaubnis erteilen kann, ihre Mitglieder in Wiedergutmachungsangelegenheiten unentgeltlich zu beraten und in Verfahren vor den Entschädigungsbehörden unentgeltlich zu vertreten.
    Außerdem läßt diese Bestimmung in Abs. 1 Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt haben, aber früher bei einem deutschen Gericht als Rechtsanwalt zugelassen waren und deren Zulassung deshalb erloschen ist, weil sie selbst verfolgt worden sind, als Berater und Vertreter in Wiedergutmachungsverfahren sowohl vor den Entschädigungsbehörden als auch vor den Entschädigungsgerichten erster Instanz ohne Einschränkung zu.
    Ferner dürfen Anwälte, die einen Verfolgten vor dem Landgericht vertreten haben, in der gleichen Sache auch vor dem Oberlandesgericht auftreten. In der Revisionsinstanz können sich die Parteien auch durch einen bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
    Alle diese Erleichterungen, meine Damen und Herren, sind vorgesehen worden, um den Verfolgten Kosten zu ersparen, vor allem auch, um eine möglichst schleunige Abwicklung der Wiedergutmachung im ganzen zu erleichtern.
    Wir waren uns bei der Beratung dieser Frage darüber im klaren, daß solche Einbrüche in die allgemein geltende Ordnung unseres Gerichtsverfahrens, unserer Gerichtsverfassung und der Vertretung in Rechts- und Prozeßangelegenheiten immer mißlich sind und daß alles vermieden werden sollte, was die ohnehin viel zu zahlreichen Einbruchstellen in dieser Ordnung noch erweitert. Hätten wir es bei der Wiedergutmachung mit einer Angelegenheit zu tun, die in aller Ruhe und ohne Rücksicht auf Zeit abgewickelt werden könnte, so würden wir uns schwerlich zu so weitgehenden Erleichterungen entschlossen haben. Da aber die Wiedergutmachung nach unser aller Willen in wenigen Jahren durchgeführt sein soll, konnten wir die Erleichterungen um so unbesorgter beschließen, weil es sich ja hier um eine vorübergehende Organisation handelt, der Einbruch also befristet ist und keine Gefahr besteht, daß er zu einer dauernden Einrichtung werden wird.
    Ich habe damit die Zahl der einzelnen Punkte, auf die ich eingehen wollte, erschöpft. Ein einziges Wort vielleicht noch zu der Regelung, die wir bei der Entschädigung für Orden vorgesehen haben. Da ist nachträglich zweifelhaft geworden, ob als Rechtsträger im Sinne des § 148 Abs. 2 letzter Satz die einzelne Ordensniederlassung anzusehen ist oder der gesamte Orden. Ich glaube, es war unsere Meinung, daß hier natürlich die Niederlassung als Rechtsträger anzusehen sein wird. Dagegen waren


    (Dr. Böhm [Frankfurt])

    wir nicht der Meinung, daß ein Orden nun etwa für jedes einzelne Objekt, in dem er geschädigt worden ist, wenn z. B. gleichzeitig seine Schule und seine Bibliothek oder ein Verlag stillgelegt worden sind, die Höchstgrenze beantragen könnte. So viel zu diesen einzelnen Punkten, die vielleicht noch streitig sein könnten.
    Zu dem ganzen Gesetz möchte ich sagen: Der Wille, das Bundesentschädigungsgesetz von 1953 zu reformieren, wurde vom 1. Deutschen Bundestag bereits an dem Tage ausgesprochen, an dem er das Gesetz beschloß. Der Bundestag hat damals den Regierungsentwurf angenommen, weil er sich in Zeitnot befand. Was ihm an diesem Regierungsentwurf mißfiel, das waren nicht, wie man heute vielfach hört, die mancherlei technischen Mängel und Überschneidungen, die bei der Eile der Vorbereitung unterlaufen waren, sondern das war in allererster Linie die Tatsache, daß sich der Regierungsentwurf allzu ängstlich und allzu genau an die unteren Grenzen dessen hielt, was die Bundesregierung im Deutschlandvertrag den westlichen Besatzungsmächten und im Luxemburger Protokoll den internationalen jüdischen Verfolgtenverbänden zugestanden hatte. Diese Verträge verpflichteten die Bundesregierung zu einer Mindestwiedergutmachung. Wir durften hinter diesen vertraglich festgelegten Mindestumfang nicht zurückgehen, d. h. die Bundesregierung durfte das in den von ihr einzubringenden Gesetzen nicht tun. Bei den Verhandlungen über diesen Mindestumfang, die damals sowohl im Haag wie in Mehlem gepflogen worden sind, ist natürlich von der Bundesregierung und ihren Vertretern, wie das ihre Pflicht war, auf die Tatsache aufmerksam gemacht worden, daß unsere Leistungsfähigkeit begrenzt ist. Diese Leistungsfähigkeit mußte von uns mit der gebotenen Solidität und Vorsicht geschätzt werden. Der erste Regierungsentwurf von 1953 hat nun aber die Tendenz gezeigt, die in den Verträgen vorgesehenen Mindestgrenzen zugleich zu Höchstgrenzen zu machen, und eben dies war nicht der Wille des Bundestages. Der Bundestag wollte keine karge Wiedergutmachung, sondern der Bundestag — schon der 1. Bundestag und genau so der 2. — wollte eine Wiedergutmachung des angespannten Willens und der vollentfalteten Kraft. Aus diesem Grunde haben die Sprecher fast aller Fraktionen bei der Annahme des Bundesergänzungsgesetzes im Jahre 1953 die Überzeugung ausgesprochen, daß das Werk einer Verbesserung dieses Gesetzes unverzüglich in Angriff genommen werden sollte.
    Tatsächlich hat damals, nur wenige Tage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, der Bundesrat eine Kommission eingesetzt, die eine Novelle vorbereiten sollte. Der 2. Bundestag sah deshalb nach seinem Zusammentritt zunächst noch keinen Anlaß, weil er ja wußte, daß der Bundesrat an der Arbeit war und einen Vorsprung von vielen Wochen und Monaten hatte. Erst als dann der Bundesrat seine Arbeit in dieser Kommission einstellte, nahmen die Fraktionen dieses Hohen Hauses das Reformanliegen wieder auf, und es kam zu dem bekannten Vorschlag des Herrn Bundesfinanzministers, unter dem Vorsitz eines seiner Beauftragten einen Arbeitskreis zu errichten, in dem alle Fraktionen des Hauses durch Vertreter repräsentiert waren und der unverzüglich an die Arbeit ging.
    Die Novelle verdankt deshalb ihre Entstehung nicht irgendwelchen schlechten Erfahrungen, die wir mit dem Gesetz gemacht hätten — solche Erfahrungen haben wir gar nicht erst abgewartet —,
    sondern einem freien und aktiven politischen Impuls. Die Absicht ging zu keiner Zeit bloß dahin, etwaige Schönheitsreparaturen vorzunehmen, sondern von Anfang an dahin, im Rahmen des Möglichen und Vertretbaren bessere Leistungen zu bieten.
    Es kann deshalb auch keine Rede davon sein, daß vereinzelte Entscheidungen von Entschädigungsbehörden und Entschädigungsgerichten, die von der Öffentlichkeit und von Mitgliedern aller Fraktionen des Hauses als fehlerhafte Entscheidungen, als Entscheidungen, die dem offenkundigen Willen des Gesetzes entgegenstanden und durch den Wortlaut nicht geboten waren, angesehen wurden, der eigentliche Anlaß der Gesetzesreform gewesen wären. Solche Entscheidungen hat es allerdings zu unserem Bedauern gegeben — wir haben uns ja schon in früheren Sitzungen dieses Hohen Hauses mit ihnen auseinandergesetzt —, und diese Tatsache ist auch im Bericht des Herrn Berichterstatters mit Nachdruck festgestellt worden. Aber diese Stelle im Bericht würde, wie der Herr Berichterstatter selbst hervorgehoben hat, zweifellos mißverstanden werden, wenn die Auffassung entstehen sollte, als ob der Wille, die Absicht des Gesetzes zu durchkreuzen und jeweils die für die Antragsteller ungünstigste Auslegung zu wählen, etwa kennzeichnend oder typisch für den Geist der mit der Durchführung des Gesetzes betrauten Behörden und Gerichte gewesen wäre. Eine solche Annahme würde mit den Tatsachen in Widerspruch stehen und zahllosen Richtern sowie Leitern und Mitarbeitern der Entschädigungsbehörden unverdientes und schweres Unrecht zufügen. Den zu beanstandenden Urteilen und Entscheidungen vereinzelter Gerichte und Behörden stehen Urteile und Entscheidungen gegenüber, die in mustergültiger Weise die für die Auslegung des Gesetzes maßgeblichen Grundsätze formuliert und herausgearbeitet haben, und Entscheidungen von Entschädigungsbehörden und -gerichten, die schwierige Einzelwiedergutmachungsfälle in ausgezeichneter und dem Willen des Gesetzes genau entsprechender Weise entschieden haben. Man kann wahrscheinlich sagen, daß die guten Entscheidungen in höherem Grade Schule gemacht haben als die beklagenswerten Entscheidungen und daß die guten Entscheidungen in der Folge und der Tendenz nach die Praxis nachhaltiger bestimmt haben als die schlechten. Ich glaube, man kann überhaupt sagen, daß das Verständnis für die Wiedergutmachung, der Wille zur Wiedergutmachung in den letzten beiden Jahren ganz allgemein zugenommen haben, nicht nur bei den beteiligten Gerichten und Behörden, sondern auch in der Öffentlichkeit und in der Presse. Man darf auch die ungewöhnlichen Schwierigkeiten nicht unterschätzen, die der Anwendung eines so schweren Gesetzes in der Praxis sowohl von der rechtlichen als auch von der tatsächlichen Seite her — ich denke hier besonders an die Würdigung der Beweise — im Wege stehen.
    Ich will hier einmal besonders auf die Beweisfrage eingehen. Seit der Zufügung des Unrechts sind 11 bis 23 Jahre vergangen. Terror, Krieg, Zwangsemigration, Niederlage, Flucht haben dazu beigetragen, daß viele Beweise vernichtet worden sind oder nur noch sehr unvollkommen und sehr schwer beigebracht werden können. Diese Tatsache wirkt sich zuungunsten der Verfolgten aus und erschwert ihnen die Wahrnehmung ihrer Rechte aus dem Gesetz in einem oft kaum vorstellbaren Ausmaß. Es können also in der Wieder-


    (Dr. Böhm [Frankfurt])

    gutmachung die normalen Anforderungen an die Beweise gar nicht gestellt werden. Schon das Gesetz trägt diesem Umstand Rechnung. Viele Gerichte und Wiedergutmachungsbehörden haben in der Folge der Beweisnot der Antragsteller in vielen Fällen bis zur Grenze des Möglichen Rechnung getragen.
    Auf der andern Seite — und das muß auch einmal erwähnt werden — stellt dann ein solches Entgegenkommen in der Beweisfrage aber auch eine recht erhebliche Versuchung für Antragsteller dar, diese Lage auzunützen und zu mißbrauchen. Es ist unausbleiblich, daß sich unter der Riesenzahl der Verfolgten auch Personen befinden, die aus der Not eine Untugend machen, und es ist verständlich, wenn Gerichte und Behörden, die in mehreren Fällen getäuscht worden sind oder Täuschungsversuche festgestellt haben, zu Mißtrauen neigen und dann wieder in solchen Fällen, in denen sie es mit redlichen Antragstellern und mit korrekten Parteivertretern zu tun haben, übermäßig strenge Anforderungen an die Beweise stellen. Solche Vorfälle werden dann nicht nur von denen an die große Glocke gehängt, die im Grunde ihres Herzens Gegner der Wiedergutmachung sind und geneigt sind, von den Verfolgten schlecht und ungünstig zu denken, sondern sie üben leider auch auf durchaus wiedergutmachungswillige und rechtschaffen gesinnte Persönlichkeiten mitunter eine verstimmende Wirkung aus.
    Es sind also sehr hohe Ansprüche, die in bezug auf Menschenkenntnis, auf Rechtsbewußtsein, auf Gesetzestreue, auf Gewissenhaftigkeit an die Richter und an die Mitglieder von Entschädigungsbehörden gestellt werden müssen. So nötig es ist, etwaige Mißstände in voller Öffentlichkeit und ohne Ansehen der Person hier zu erörtern und zu tadeln, und so sehr wir verlangen müssen, daß eine solche Kritik, z. B. an Entscheidungen, auch an Gerichtsentscheidungen und an einzelnen Entscheidungen von Wiedergutmachungsbehörden, und ein solcher Tadel auch von der Gesamtheit der Richter und der Beamten verstanden und gewürdigt werden, so haben doch die zahllosen vortrefflichen Persönlichkeiten, die hier einer denkbar schweren Aufgabe in mühseliger Alltagsarbeit mit voller Kraft und Hingabe dienen, einen Anspruch darauf, daß auch ihre unzweifelhaften und rühmenswerten Verdienste in der Öffentlichkeit ebenfalls anerkannt werden und daß durch noch so berechtigte und freimütige Kritik nicht etwa der Eindruck erzeugt wird, als werde ein gutgemeintes Gesetz durch den Apparat, der es auszulegen und anzuwenden hat, in der ganzen Breite durchkreuzt. Jeder Anwalt, jeder Abgeordnete, jeder Bürger, der sich einigermaßen ernsthaft mit dem Vollzug und der Praxis der Wiedergutmachung beschäftigt, weiß, daß eine solche Annahme unrichtig ist.
    Ich möchte das hier ausdrücklich feststellen, damit die Ausführungen, die ich jetzt über die Aufgabe der Durchführung des Gesetzes noch zu machen habe — Ausführungen, die es sich notwendig zum Ziel setzen müssen, die schweren Sorgen aufzuzeigen, die wir dieserhalb haben müssen —, nicht mißverstanden werden. Es handelt sich bei diesen meinen Sorgen und den Sorgen von uns allen nur zum Teil um die Befürchtung, daß etwa der richtige Geist nicht vorhanden sein könnte, in der Hauptsache aber um die Befürchtung, daß objektive Schwierigkeiten und objektive Organisationsprobleme die Absicht des Gesetzes zunichte machen könnten. Mit anderen Worten: es handelt sich vor allem um die Befürchtung, daß die zur Verfügung stehenden Kräfte und der zur Verfügung stehende Apparat außerstande sind oder außerstande sein könnten, die Wiedergutmachung bis spätestens zum Jahre 1962 durchzuführen, daß wir also Verzögerungen, vielleicht sogar erheblichen Verzögerungen gegenüberstehen könnten. Verzögerungen aber bedeuten, daß uns die Opfer hinwegsterben, bevor sie den Tag der Wiedergutmachung erlebt haben. Mir hat vor wenigen Tagen ein Anwalt, der eine große Wiedergutmachungspraxis hat, gesagt, daß im Laufe der letzten Wochen pro Woche drei Mandanten gestorben sind.

    (Abg. Mellies: Hört! Hört!)

    Die Zahlen sind natürlich nicht ständig so hoch, aber sie geben immerhin ein Bild.
    Es ist sehr schwer, sich ein genaues Bild über die Leistungskapazität der Wiedergutmachungsämter in den einzelnen Ländern zu machen. Die Zahlen, die mir von den einzelnen Landesministerien zur Verfügung gestellt worden sind, sind wahrscheinlich nicht ohne weiteres vergleichbar, so daß Rückschlüsse nur mit sehr großer Vorsicht gezogen werden können. Vergleicht man die Zahlen der Anträge, die durchschnittlich im Monat von den Wiedergutmachungsbehörden entschieden werden, mit der Gesamtzahl der überhaupt vorliegenden Anträge und versucht man, auf solche Weise festzustellen, wie lange das betreffende Land brauchen wird, bis sämtliche Anträge entschieden sind, so ergeben sich sehr große Unterschiede. So würde z. B. ein Land schon in zweieinhalb Jahren fertig sein, ein anderes, allerdings kleines, erst in 16 Jahren. Im Durchschnitt ergibt sich eine Zeit von 61/2 Jahren. Das würde bedeuten, daß die Wiedergutmachung in der Tat bis zum Jahre 1962 abgewickelt werden könnte. Diese Schätzung ist aber sicherlich zu günstig, viel zu günstig. Sie ist es selbst dann, wenn man berücksichtigt, daß das eine oder andere Land in Erwartung des neuen Gesetzes seinen Personalbestand bereits erhöht hat, zum Teil bis zu 20 %, und wenn man annimmt, daß auch die anderen Länder diesem rühmenswerten Beispiel nacheifern. Denn zunächst muß einmal damit gerechnet werden, daß nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes die Zahl der Anträge nicht unwesentlich zunimmt und daß eine sehr erhebliche Reihe von bereits abgeschlossenen Verfahren neu aufgerollt und überprüft werden muß.
    Ferner bedeutet die Tatsache, daß ein Land sämtliche Anträge entschieden hat, ja keineswegs, daß damit die Verfahren abgeschlossen sind. In einem Teil der Fälle, in denen der Anspruch ganz oder zum Teil abgewiesen wird, erheben die Antragsteller Klagen, und von diesen Verfahren, die dann sehr lange dauern, geht ein Teil wieder in die Berufung. Die Gerichtsverfahren dauern lange Zeit. Ein Teil der Verfolgten wird selbst dann, wenn die Wiedergutmachungsbehörden alle Anträge aufgearbeitet haben, noch jahrelang auf die endgültige Entscheidung und, wenn die Entscheidung ihnen günstig ist, auf die Zahlung der Entschädigung warten müssen. Es ist ferner zu bedenken, daß normalerweise von allen Wiedergutmachungsbehörden die einfach gelagerten Fälle zuerst erledigt werden, was verwaltungsmäßig ganz vernünftig ist, und daß diejenigen Anträge, zu deren Bearbeitung umfängliche Beweise erhoben


    (Dr. Böhm [Frankfurt])

    werden müssen oder deren Entscheidung erhebliche juristische Schwierigkeiten verursacht, zunächst zurückgestellt werden. Wir würden dann also damit rechnen müssen, daß sich mit der Zeit das Tempo der Erledigung verlangsamt, dann nämlich, wenn die schwierigen Entscheidungen drankommen.
    Dazu werden auch noch weitere Momente beitragen. Es besagt nämlich noch keineswegs alles, wenn ein Land, sagen wir einmal, 242 oder 641 oder gar 752 Personen in Wiedergutmachungsämtern beschäftigt. Sehr viel kommt auf die qualitative Eignung der Beschäftigten an, und noch mehr kommt es darauf an, daß gute und eingearbeitete Kräfte für die ganze Dauer der Abwicklung den Wiedergutmachungsämtern auch erhalten bleiben. Aber gerade in dieser Beziehung sehen die Dinge vielfach sehr, sehr ungünstig aus. Bei dem Versuch, geeignete Kräfte für die Wiedergutmachungsämter zu gewinnen, befinden sich die Wiedergutmachungsbehörden in Konkurrenz mit anderen Zweigen der Staatsverwaltung und mit der gewerblichen Wirtschaft. In dieser Konkurrenz haben die Wiedergutmachungsressorts eine sehrungünstige Position. Die Wiedergutmachung ist eine auslaufende Aufgabe; die Beamten und Angestellten müssen damit rechnen und sich darauf einrichten, daß sie ihre Stelle eines Tages wieder verlieren. Während ihrer Beschäftigung bei der Wiedergutmachung verlieren sie den Kontakt mit den normalen verwaltungsmäßigen Laufbahnaufgaben. Sie geraten gegenüber Kollegen, die in den herkömmlichen Ressorts beschäftigt sind, ins Hintertreffen und haben nur noch recht ungünstige Aussichten, wenn sie sich nach ihrem Ausscheiden aus der Wiedergutmachung um andere Stellen in Staat und Wirtschaft bewerben. Diese ungünstige Lage veranlaßt nun aber gerade die fähigeren Kräfte, sich der Wiedergutmachung erst gar nicht zur Verfügung zu stellen, sondern von vornherein andere Beschäftigungen zu suchen. Aber auch diejenigen, die bereits in Wiedergutmachungsämtern tätig sind, sind naheliegenderweise bereit, jede sich bietende Gelegenheit wahrzunehmen, um einen lohnenderen Beruf zu ergreifen.
    Zur Zeit macht sich z. B. die Anziehungskraft des Amtes Blank — verzeihen Sie diesen schon gewohnten, aber überholten Ausdruck; ich meine natürlich die Anziehungskraft der vielen neu errichteten Dienststellen für die Bundeswehr — für die Wiedergutmachung in einem beinahe bestürzenden Ausmaß bemerkbar. So hat z. B. das Wiedergutmachungsamt einer großen Stadt binnen kurzer Zeit fünf Oberinspektoren an die Wehrmacht verloren. Was das bedeutet, kann nur der richtig beurteilen, der weiß, in wie hohem Grade die Leistungsfähigkeit einer Wiedergutmachungsbehörde von dem Vorhandensein erfahrener Beamter des mittleren und gehobenen Dienstes abhängt. Die Oberinspektoren sind in einem gewissen Sinne die Säulen jeder Wiedergutmachungsbehörde. Was bisher auf dem Gebiete der Wiedergutmachung in organisatorischer Hinsicht geleistet worden ist, verdanken wir zu einem großen Teil diesen vortrefflichen Beamten. — In der gleichen Zeit hat die Wiedergutmachungsbehörde der gleichen Stadt von 21 Juristen 11 verloren, allerdings nicht an die Bundeswehr, sondern an andere Stellen.
    Die Wiedergutmachungsbehörden müssen also dauernd für Ersatz für abwandernde Kräfte sorgen. Wenn man nun bedenkt, daß die Einarbeitungszeit für einen fähigen Juristen drei bis sechs Monate beträgt, so kann man sich eine Vorstellung davon machen, in welchem Ausmaß die Leistungskapazität einer Wiedergutmachungsbehörde durch ein häufiges Kommen und Gehen von Sachbearbeitern verschlechtert wird. Es ist überhaupt eine der am meisten gehörten Klagen der Wiedergutmachungsberechtigten und ihrer Anwälte, daß die Sachbearbeiter dauernd wechseln. Verfügt sich der Antragsteller oder sein Anwalt nach einiger Zeit wieder auf die Behörde, so trifft er schon wieder einen neuen Beamten an.
    Weitere Ungelegenheiten ergeben sich daraus, daß die Organisation von Land zu Land verschieden ist. Verwaltungsmäßig und organisatorisch ist die Wiedergutmachung ein Massenproblem. Es ist daher verständlich und zu begrüßen, daß einzelne Länder versucht haben, diesem Problem mit neuen Methoden zu begegnen. Es kann natürlich nicht ausbleiben, daß bei solchen Versuchen Lehrgeld gezahlt werden muß; es ist ferner verständlich, wenn sich ein Land nur schwer dazu entscheidet, die einmal eingeführte Organisation wieder zu ändern, wenn sie sich nicht bewährt haben sollte. In dem einen oder anderen Lande sind sehr komplizierte Wege eingeschlagen worden, etwa derart, daß ganz verschiedenartige Behörden in die Bearbeitung einbezogen werden. Man hat den Arbeitsvorgang sozusagen zerlegt wie in einem hochtechnisierten Betrieb, dergestalt, daß die eine Behörde die Rentenberechnungen vornimmt, während die Kapitalentschädigungen von einer anderen bearbeitet werden und wieder eine dritte Gattung von Behörden, z. B. die Gemeindeverwaltungen, die Beweisermittlungen anstellen. Die Akten ein- und desselben Falles wandern dann ununterbrochen im ganzen Lande herum, und da sich Akten trotz aller technischen Errungenschaften der Neuzeit immer noch bestenfalls im Postkutschentempo fortzubewegen pflegen und sich nach ihrer Ankunft am Bestimmungsort jedesmal wieder einige Zeit ausruhen müssen, kann man sich denken, wie umständlich ein solches Verfahren arbeitet.
    Alle diese Hemmnisse, die ich hier erwähnt habe, haben ihren Grund nicht im Mangel an gutem Willen, nicht in Nachlässigkeit und nicht in Unfähigkeit der leitenden und ausführenden Kräfte, sondern in der außerordentlichen Schwierigkeit des Problems selbst. Die sehr schwierige Organisationsfrage ist mit viel gutem Willen und beträchtlicher Initiative angepackt worden. Aber man ist eben auf unerwartete objektive Schwierigkeiten gestoßen. Es sind objektive Faktoren, die hier die eigentliche Ursache der Verzögerung und des schleppenden Ganges geworden sind. Aus Kreisen ausländischer Verfolgtenorganisationen ist mir in letzter Zeit wiederholt versichert worden, daß nach ihrem Eindruck und nach ihren Feststellungen Mißstände, die auf mangelndem Wiedergutmachungswillen beruhen, aufs Ganze gesehen keine erhebliche Rolle spielen, sondern daß das Problem bei den Organisationsschwierigkeiten liegt.
    Selbstverständlich darf die Einsicht in die Schwierigkeit des Gesetzesvollzugs nicht dazu führen, daß man es bei der bloßen Feststellung dieser Tatsache bewenden läßt und sich dabei beruhigt, daß wir es hier mit einer Frage zu tun haben., die nun eben einmal nicht leicht zu lösen ist. Es wäre unredlich, wenn wir uns auf den Umfang der Wiedergutmachung, wie ihn unser neues Gesetz vor-


    (Dr. Böhm [Frankfurt])

    sieht, und auf die Verbesserungen, die der heute vorliegende Entwurf im Vergleich zum bisherigen Gesetz bringt, etwas zugute tun und behaupten wollten, wir hätten nun das Unsere dazu getan, um unsere schwere Schuld im Rahmen unserer Kräfte abzutragen und den Verpflichtungen zu entsprechen, die für uns ein feierliches und vordringliches Anliegen sind. Die eigentliche Aufgabe, nämlich die Ausführung des Gesetzes, liegt erst noch vor uns. Wir können uns auch nicht hinter unsere beschränkte Zuständigkeit verkriechen und auf den Standpunkt stellen: der Bund hat seine Schuldigkeit getan, der Bund kann gehen; jetzt sind die Länder am Zuge. Bundestag und Bundesregierung müssen sich vielmehr auch in der Organisationsfrage dauernd auf dem laufenden halten und das Menschenmögliche dazu beitragen, um im Verein mit den Ländern ein Höchstmaß an Leistungsfähigkeit in der Abwicklung zu erreichen und sie zu gewährleisten.
    Schon heute lassen sich ganz bestimmte Feststellungen machen und Forderungen formulieren, die diesem Ziel dienen. Es scheinen mir in der Hauptsache folgende zu sein:
    Erstens muß überall — überall! — eine Vermehrung des Personals angestrebt werden. Davon, daß das in ausreichendem Umfang geschieht, hängt ein guter Teil des Erfolgs ab. Einige Länder sind hier mit gutem Beispiel vorangegangen.
    Zweitens müssen diese Stellen mit möglichst gut qualifizierten Kräften besetzt werden, und diese gut qualifizierten Kräfte, überhaupt das ganze eingearbeitete Personal müssen den Wiedergutmachungsämtern erhalten bleiben. Wir müssen uns darüber klar sein, daß die Tätigkeit in der Wiedergutmachung für die Beschäftigten mit den erwähnten Berufs- und Laufbahnschwierigkeiten, mit recht erheblichen Zukunftsrisiken verbunden ist, die wir nicht wesentlich abschwächen können. Es bleibt also kein anderer Weg als der, den Beschäftigten Vorteile zu bieten, vor allem in der Besoldung, Vorteile, die die Risiken, die sie eingehen, zu einem Teil kompensieren. Das ist eine Geld- und Ausgabenfrage. Es darf unter keinen Umständen dahin kommen, daß durch den Widerstand, hier das Nötige schnell und großzügig zu tun, die Absicht des Gesetzes und der Wille, die Entschädigung schnell, in möglichst wenigen Jahren, zu bewirken, durchkreuzt und zunichte gemacht werden.
    Drittens muß die Organisationsfrage gelöst werden. Hierbei scheint mir nicht nur wünschenswert, sondern unerläßlich zu sein, daß ein möglichst intensiver Erfahrungsaustausch zwischen den Ländern unter tätiger Mitwirkung der zuständigen Bundesressorts organisiert wird, und zwar mit dem Ziel, daß die jeweils beste Methode, die sich bewährt hat, Schule macht. Es handelt sich nicht darum, alte Zuständigkeiten zu verschieben und etwa eine Bundeszuständigkeit zu begründen. Eine Subordination ist hier nicht am Platze. Wohl aber müssen die Ausführungsarbeiten koordiniert werden, und ich möchte schon jetzt bitten, daß diese Koordination ins Auge gefaßt wird.
    Nur wenn das alles geschieht und wenn wir außerdem noch das Möglichste tun, um die guten Kräfte der Wiedergutmachung nachher ins Beamtenverhältnis zu überführen und anderweitig gut unterzubringen, nur dann können wir hoffen, daß wir bis zum Jahre 1962 unsere Wiedergutmachung im großen und ganzen abgewickelt haben werden. Das ist nach dem heutigen Stand der Dinge so unwahrscheinlich, daß ich es für meine Pflicht halte, schon heute und an dieser Stelle die Alarmglocke zu ziehen. Wir müssen uns stets vor Augen halten, daß das Durchschnittsalter der Verfolgten hoch liegt und daß jedes Jahr, jeden Monat Opfer des nationalsozialistischen Terrors sterben. Der Gedanke, daß sich die Last unserer Wiedergutmachung auf diese Weise für uns fühlbar erleichtern könnte, ist unerträglich. Das Unrecht liegt jetzt 11 bis 23 Jahre zurück. Wir haben nicht mehr viel Zeit zu verlieren. Jeder Tag, der verstreicht, belastet unser Gewissen.

    (Beifall auf allen Seiten.)