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ID0214013700

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    2. Deutscher Bundestag — 140. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. April 1956 7195 140. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. April 1956. Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Horn, Höcker und Ladebeck . . . 7197 A Eintritt des Abg. Dr. von Golitschek in den Bundestag 7197 A Aufsetzung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2312) auf die Tagesordnung: Dr. Bucher (FDP) 7197 B Fragestunde (Drucksache 2300): 1. betr. Gesundheitskarte für Seeleute: Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr . 7197 B 2. betr. Härten durch Widerruf laufender Unterstützungen nach Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 21. November 1955: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7197 D 3. betr. Veteranensold für Frontkämpfer: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7198 A Dr. Höck (CDU/CSU) 7198 B 4. bis 7. zurückgestellt 7198 B 8. betr. Fehlen eines Hinweises auf § 4 Abs. 4 des Straftilgungsgesetzes in Fragebogen für Bewerber für die Bundeswehr: Blank, Bundesminister für Verteidigung 7198 C 9. bis 10. zurückgestellt 7198 D 11. betr. Ausschluß Untersuchungsgefangener vom Bezug bestimmter Zeitungen und Zeitschriften: Neumayer, Bundesminister der Justiz 7198 D, 7199 B Rehs (SPD) 7199 A 12. betr. Programm für die ländliche Siedlung für 1956: Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 7199 C 13. betr. Veranschlagung und Ist-Ausgaben im Bundeshaushalt 1955/56 zur Durchführung des Gesetzes nach Art. 131 GG: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7199 D 14. betr. Frage der Vereinbarung des Gesetzes über die innerdeutsche Rechts-und Amtshilfe in Strafsachen mit dem. Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten: Neumayer, Bundesminister der Justiz 7200 A, D Lotze (CDU/CSU) 7200 D 15. betr. Frage der Vereinbarung des § 467 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung mit dem Grundgesetz: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7201 A 16. zurückgestellt 7201 A 17. betr. Befugnis zum Waffenbesitz: Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . 7201 A 18. betr. Normung der Milchkannen: Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 7201 C 19. betr. Übertragung des Typhuserregers durch tierische Futtermittel auf den Menschen: Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . 7201 D, 7Z02 C, D Frau Keilhack (SPD) 7202 C, D 20. betr. Planung der Übernahme der Fernsprechteilnehmer der Verteilerämter Heppenheim, Gardernheim usw. in das Mannheimer Fernsprechbuch: Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen 7203 A, C Ritzel (SPD) 7203 B, C 21. und 22. zurückgezogen 7203 D 23. betr. Schäden durch Befahren der wegen Frostschäden gesperrten Straße von Hiddesen nach Detmold durch 14 britische Panzer der 60-Tonnen-Klasse: Blank, Bundesminister für Verteidigung 7204 A 24. betr. Frage der Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer für Lkw-Anhänger: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7204 B 25. betr. Entschädigung für die durch Beschränkung der Wirtschaftlichkeit von Lkw-Anhängern nach der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrsordnung entstehenden Schäden: Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr . 7204 D 7205 B, C Dr. Bleiß (SPD) 7205 B, C 26. betr. Intervention der Bundesregierung wegen Absetzung des französischen Dokumentarfilm „Nacht und Nebel": Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . . 7205 D, 7206 B Frau Renger (SPD) 7206 A, B 27. betr. Schutzimpfungen gegen die Kinderlähmung: Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . . 7206 C Nächste Fragestunde 7207 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Rede des Kapitäns zur See Zenker in Wilhelmshaven (Drucksache 2125) . . . 7207 A Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD), Anfragender 7207 A, 7232 A, C Blank, Bundesminister für Verteidigung . . 7212 D, 7227 D, 7228 B, C Heye (CDU/CSU) 7213 C Dr. Mende (FDP) 7222 A, 7228 B, C Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) . 7223 A von Manteuffel (Neuß) (DA) . . . . 7224 A Dr. Horlacher (CDU/CSU) 7225 A Dr. Strosche (GB/BHE) 7226 A Bausch (CDU/CSU) 7228 C Schneider (Bremerhaven) (DP) 7229 D, 7230 D Frau Dr. Hubert (SPD) 7230 D Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . 7231 A Frau Kalinke (DP), 7232 C Unterbrechung der Sitzung . 7235 A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP, DA eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2283) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP, DA eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 2282), mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP, DA eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Besteuerung der Kredit-Garantiegemeinschaften des Handwerks und des Handels auf den Gebieten der Körperschaftsteuer, der Vermögensteuer, der Gewerbesteuer, der Kapitalverkehrsteuer, der Erbschaftsteuer und der Grundsteuer (Drucksache 2281), mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2293), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2295), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Kaffeesteuergesetzes (Drucksache 2296), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Teesteuergesetzes (Drucksache 2297), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Leuchtmittelsteuergesetzes (Drucksache 2298), mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Notopfergesetzes (Drucksache 2277), und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2312) . . . . 7235 B Vizepräsident Dr. Schmid . 7235 C, 7238 B, 7249 D, 7254 D Schmücker (CDU/CSU), Antragsteller 7235 D Seuffert (SPD), Antragsteller . . . 7238 B Regling (SPD), Antragsteller . . . 7243 A Dr. Gülich (SPD), Antragsteller . . 7244 D, 7259 B, 7262 A Dr. Miessner (FDP), Antragsteller . 7245 D Frau Lockmann (SPD), Antragstellerin 7250 A Frau Dr. Ilk (FDP), Antragstellerin 7251 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7252 B Dr. Wellhausen (DA) 7255 A Dr. Keller (GB/BHE) 7256 C Margulies (FDP) 7260 C Dr. Lindrath (CDU/CSU) . . 7261 B, 7262 A Ausschußüberweisungen 7263 A Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 566) 7263 C Tagesordnung der nächsten Sitzung: Vizepräsident Dr. Schmid . 7250 D, 7251 A, B Dr. Bucher (FDP) 7251 A Frau Kalinke (DP) 7251 A Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 7263 B Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 566) 7264 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 2. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Peters 15.7. Meitmann 15.7. Lulay 9.6. D. Dr. Gerstenmaier 12. 5. Frau Albertz 5.5. Kahn 1.5. Dr. Bartram 30. 4. Behrisch 30. 4. Dr. Starke 30. 4. Gedat 28. 4. Dr. Becker (Hersfeld) 27. 4. Altmaier 25. 4. Birkelbach 25.4. Fürst von Bismarck 25. 4. Erler 25. 4. Even 25.4. Gräfin Finckenstein 25. 4. Gerns 25. 4. Dr. Hellwig 25. 4. Höfler 25. 4. Haasler 25. 4. Kalbitzer 25. 4. Kiesinger 25. 4. Dr. Kopf 25. 4. Lemmer 25. 4. Dr. Lenz (Godesberg) 25. 4. Lücker 25. 4. Marx 25. 4. Dr. von Merkatz 25. 4. Metzger 25. 4. Frau Meyer-Laule 25. 4. Dr. Mommer 25. 4. Dr. Oesterle 25. 4. Paul 25. 4. Dr. Dr. h. c. Pünder 25. 4. Frau Dr. Rehling 25. 4. Dr. Reif 25. 4. Dr. Schmid (Frankfurt) 25. 4. Frau Schroeder (Berlin) 25. 4. Schütz 25. 4. Seidl (Dorfen) 25. 4. Trittelvitz 25. 4. Dr. Wahl 25. 4. Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 25. 4. Euler 23. 4. Bauknecht 22. 4. Frau Dr. Bleyler (Freiburg) 21. 4. Dr. Leverkuehn 21. 4. Morgenthaler 21.4. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 21. 4. Müller-Hermann 21. 4. Odenthal 21. 4. Ollenhauer 21.4. Pelster 21. 4. Pusch 21. 4. Raestrup 21. 4. Dr. Rinke 21. 4. Dr. Schneider (Lollar) 21. 4. Seither 21. 4. Stahl 21. 4. Stierle 21. 4. Voß 21. 4. Wagner (Ludwigshafen) 21. 4. Dr. Baade 20. 4. Blachstein 20. 4. Eickhoff 19. 4. Dr. Elbrächter 19. 4. Feldmann 19. 4. Dr. von Golitschek 19. 4. Müller (Worms) 19. 4. Dr. Pferdmenges 19. 4. Dr. Preiss 19. 4. Schloß 19. 4. Bettgenhäuser 18. 4. Blöcker 18. 4. Brandt (Berlin) 18. 4. Brockmann (Rink erade) 18. 4. Heiland 18. 4. Jahn (Frankfurt) 18. 4. Dr. Kreyssig 18. 4. Lahr 18. 4. Leibfried 18. 4. Lermer 18. 4. Dr. Maier (Stuttgart) 18. 4. Mayer (Birkenfeld) 18. 4. Miller 18. 4. Dr. Mocker 18. 4. Dr. Orth 18. 4. Dr. Pohle (Düsseldorf) 18. 4. Rasch 18. 4. Frau Schanzenbach 18. 4. Scheel 18. 4. Stauch 18. 4. Unertl 18. 4. Dr. Werber 18. 4. Dr. Willeke 18. 4. Wullenhaupt 18. 4. Ziegler 18. 4. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Neuburger 31. 5. Mensing 1. 5. Böhm (Düsseldorf) 28. 4. Anlage 2 Umdruck 566 (Vgl. S. 7263 C) Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse. Der Bundestag wolle beschließen: Der folgende Antrag wird gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: Antrag der Fraktion der DA betreffend Förderung des Baues von Rad- und Mopedwegen an Bundesstraßen (Drucksache 2307) an den Haushaltsausschuß (federführend) und an den Ausschuß für Verkehrswesen. Bonn, den 17. April 1956 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Damit kein Mißverständnis im Raume bleibt, Herr Kollege, ich kann nicht glauben, daß als Unterton in Ihren Worten die Unterstellung wäre, daß irgendwer in diesem Hause unter dem Vergeben und Verzeihen etwa verstehen könnte, er täte das aus Gewissenlosigkeit, nähme es nicht ernst genug oder wäre eben moralisch so bequem, daß er die Wunden der Vergangenheit nicht sehen möchte.

    (Zuruf von der SPD: Frage!)

    Ich glaube nicht, daß Sie es so gemeint haben.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Kalinke, es sind nur Zwischenfragen, nicht Zwischenbemerkungen möglich!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident, ich bin Frau Kalinke sehr dankbar für die gute Meinung, die sie von mir hat.

    (Heiterkeit.)

    Ich habe nicht von Gewissenlosigkeit gesprochen. Ich bin auch nicht der Meinung, daß der Herr Kollege Schneider ein moralisch bequemer Mensch ist. Aber ich habe zuviel von Vergeben und Vergessen gehört, ohne dabei zu spüren, daß in der Brust der Betreffenden etwas vor sich gegangen wäre!

    (Beifall bei der SPD.)

    Deswegen habe ich mir erlaubt, diese sehr allgemeine und moralische Bemerkung zu machen. Ich glaube nämlich, daß sich das Moralische zwar von selbst versteht, daß man aber gelegentlich auch davon sprechen sollte, vor allen Dingen in diesem Hause.
    Herr Schneider hat weiter gesagt, das Militär könnte durch Reden wie die von mir gehaltene von der Politik getrennt werden. Habe ich Sie wohl recht verstanden?

    (Abg. Schneider [Bremerhaven] : So war es nicht gemeint, Herr Kollege Schmid; nicht durch Ihre Rede, sondern ich meinte es generell!)

    — Schön, so lassen Sie mich generell antworten.

    (Heiterkeit.)

    Sehen Sie, das Militär hat den Organen der Republik zu gehorchen; es hat sich nicht mit Politik zu befassen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Ich meine das so: es hat weder politische Ziele aufzustellen noch politische Wertungen auszusprechen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Das schließt nicht aus, sondern im Gegenteil: es schließt ein, daß sich die Angehörigen der Bundeswehr sehr ernsthaft mit dem Politischen als solchem beschäftigen, damit sie wissen, wo die Grenzlinie zwischen ihrer Funktion und der politischen Funktion liegt.

    (Beifall bei der SPD.)



    (Dr. Schmid [Frankfurt])

    Aber es ist doch sehr häufig in der Weimarer Republik so gewesen, daß man sich auf die angeblich unpolitische Funktion des Militärs berief, um die Demokratie um so wirkungsvoller angreifen zu können!

    (Beifall bei der SPD, beim GB/BHE und bei Abgeordneten in der Mitte.)

    Sie meinten dann, Herr Kollege Schneider — wie der Herr Bundesverteidigungsminister —, daß man bei dem Großadmiral Dönitz und bei dem Großadmiral Raeder den Soldaten von dem Politiker trennen müsse; man könne einem Soldaten nicht zumuten, politisch richtig zu denken und politisch immer richtig zu urteilen, man müsse ihm zugute halten, auch einmal falsch zu handeln. Hier unterscheiden wir uns ganz wesentlich, Herr Kollege. Was ich bei Dönitz an Verurteilenswertem sehe, ist nicht etwa nur mangelnder politischer Verstand, sondern ist der Umstand, daß er in seiner Funktion als Oberbefehlshaber der Marine moralisch versagt hat.

    (Beifall bei der SPD.) Das ist es, was ich ihm vorwerfe!

    Wenn ein Offizier auf dem Kasernenhof eine Dummheit macht, bekommt er den „blauen Brief"; mit anderen Worten, man beurteilt ihn dann als die Gesamtpersönlichkeit, die er ist. Ich kann mich an einen Fall erinnern, der einmal meine Heimatstadt Tübingen sehr aufgeregt hat. Es war zur Zeit der Reichswehr. Da gab es einen jungen, sehr begabten Hauptmann, der eine junge Frau hatte, die gern Tennis spielte. Die Tennisplätze in Tübingen liegen an der Hauptstraße, und die Frau Hauptmann spielte in Shorts. Die Gattin des Regimentskommandeurs war der Meinung, daß das gegen die Gepflogenheiten und vielleicht auch gegen die Ehrbegriffe von Offiziersdamen verstoße, und der Oberst stellte den Hauptmann zur Rede. Als der Hauptmann sagte: „Das geht nur meine Frau etwas an", bekam der Hauptmann den „blauen Brief". Sie sehen, hier wurde die Gesamtpersönlichkeit gewertet und nicht geflagt: War dieser Hauptmann nicht etwa ein sehr tüchtiger Hauptmann? Man sagte vielmehr: Er paßt eben als Mensch nicht herein. Da möchte ich nur sagen: auch wir müssen uns fragen — allerdings als Republikaner und als Demokraten —, ob ein Offizier seiner Gesamtpersönlichkeit nach „hineinpaßt" oder nicht, mag er noch soviel vom Richtkreis und von den anderen militärischen Instrumenten verstehen.
    Sie haben meinen Parteifreund Steinhoff zitiert, der gesagt habe, es komme nicht darauf an, was einer politisch gedacht habe, sondern darauf, was er heute denke. Ich stehe voll zu diesem Wort. Sehen Sie, Herr Kollege Schneider, zu einem Zeitpunkt, wo mancher, vielleicht auch mancher Ihrer Parteifreunde, sich noch nicht so ganz getraut hat, mit einem abgestempelten Nazi Hand in Hand über die Straße zu gehen, habe ich als Kultminister in Württemberg-Hohenzollern angeordnet, daß es keinem aktiven Offizier verwehrt werden dürfe, an der Universität Tübingen zu studieren,

    (Bravo! in der Mitte)

    obwohl die bekannten entgegenstehenden militärischen Anordnungen bestanden haben. Ich habe das durchgesetzt, und ich habe für den Fall, daß die französische Militärregierung darauf bestehen würde, mit meinem Rücktritt gedroht. Ich sage
    Ihnen das nur, damit Sie wissen, daß Sie nicht jemanden vor sich haben, der glaubt, bei jeder Uniform bellen zu müssen.

    (Abg. Frau Kalinke: Sie nicht, aber Ihre Freunde!)

    — Nein, ich habe auch bei meinen Freunden noch keinen getroffen, der mich deswegen getadelt hätte.
    Und nun noch einige Worte zum Herrn Kollegen Heye, der von mir — er weiß es — in ganz besonderem Maße als Kollege und als Mensch geschätzt wird. Es tut mir leid, daß wir hier die Klingen kreuzen müssen. Unsere Rapiere sind zwar, wie ich glaube, nicht sehr scharf geschliffen, und an der Spitze trugen sie den kleinen Pfropf, den man in der Fechtschule aufzusetzen pflegt. Daß Sie für Ihre Kameraden gesprochen haben, ehrt Sie, und niemand wird Sie deswegen tadeln.
    Sie wissen, daß ich mit meinen Worten nicht den geringsten Zweifel an den Qualitäten der deutschen Seeoffiziere geäußert habe und habe äußern wollen. Darum hat es sich gar nicht gehandelt. Aber Sie haben sich selbst vorhin auf einen Zwischenruf hin als Humanist bezeichnet. Vielleicht darf ich Ihnen in Erinnerung an einen alten Humanistenspruch zurufen: amicus Zenker, magis amica veritas!

    (Heiterkeit.)

    Sosehr man mit jemand befreundet sein mag, — wenn es um die Wahrheit geht, dann ist die Wahrheit die Freundin, der man zu dienen hat, und nicht der Freund!

    (Beifall bei der SPD.)

    Bei aller Kameradschaft und aller Ritterlichkeit, die darin liegen, wenn einer sich vor den angegriffenen Kameraden stellt — auch wenn er selbst das Gefühl hat, daß vielleicht nicht alles ganz in Ordnung mit ihm war; aber immerhin: man hat einmal den gleichen Waffenrock getragen —, sollten wir es uns abgewöhnen — und hierin stimme ich Ihnen bei, Herr Kollege Böhm —, immer ins Trarahorn der Kameraderie zu stoßen, wenn es sich um die Frage der Wahrheit handelt.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Dabei hat nämlich Kameradschaft nichts zu suchen.
    Sie meinten, daß Weimar die Soldaten verprellt habe, daß die Republik von Weimar den Soldaten das Vertrauen verweigert habe und daß das zur Schaffung des Staates im Staate geführt hätte. Ich habe Ihnen einen Zwischenruf gemacht, den ich hier wiederholen möchte: Mit eines der entscheidenden Worte, die in der Weimarer Republik gefallen sind, eine der Landmarken, die alle hätten aufmerken lassen müssen, war doch die Antwort des Generals von Seeckt auf die Frage, wo die Reichswehr stehe: Die Reichswehr steht hinter mir! Das war nicht gesprochen, weil man der Reichswehr das Vertrauen verweigert hätte, sondern das war gesprochen, weil die Reichswehr sich mehr als der demokratische Staat dünkte.

    (Beifall.)

    Das wollen wir nicht wieder haben. Die Bundeswehr soll wissen, daß dieser Staat nicht nur älter als sie ist, sondern daß sie nichts anderes als eine Funktion dieses Staates ist

    (Sehr gut! bei der SPD)

    und daß deswegen alles, was sie tut, alles, was ihr zu tun aufgegeben ist, getan werden muß, weil die


    (Dr. Schmid [Frankfurt])

    verfassungsmäßigen Organe dieses Staates ihr die Befehle dazu geben. Und wenn es wieder einmal vorkommen sollte, daß ein General meint, die Bundeswehr habe hinter ihm zu stehen, dann hoffe ich, daß sich in diesem Hause genügend Leute finden werden, diesen Mann am gleichen Tag zum Teufel zujagen!

    (Lebhafter Beifall.)

    Sie meinten, ich hätte durch Unterstellungen, die aus meiner Rede herauszuhören gewesen seien, eine schwere Kränkung gegen Ihren alten Kameraden Zenker ausgesprochen. Ich glaube, Sie tun mir da Unrecht. Ich wollte diesen Mann nicht kränken. Ich habe ausdrücklich gesagt: Er ist sicher ein braver Soldat. Ich glaube auch nicht einmal, daß er aus bewußter Absicht — um nationalsozialistische Propaganda zu machen — so verkehrt gesprochen hat. Er hat wahrscheinlich aus Gedankenlosigkeit so gesprochen,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    und das ist das Schlimme. Denn mit der Gedankenlosigkeit fängt es an; das Verbrechen kommt dann hinterher!

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich bin sicher der letzte, der vom Soldaten den stummen Gehorsam fordert, velut ac cadaver, wie es in den Statuten des Heiligen Ignatius heißt. Ganz gewiß nicht! Auch der Soldat soll Zivilcourage und Mannesmut beweisen. Auch er soll sagen, was er denkt. Er soll aber wissen, daß er als Soldat ein Soldat der Bundesrepublik ist und nicht etwa Angehöriger eines bestimmten Standes, der nun einmal von früher her glaubt, bestimmte Vorurteile hegen zu müssen. Nein, keinen stummen Gehorsam wollen wir vom Soldaten, aber auch keine Arroganz.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich will Ihnen ein Beispiel geben, daß es Mannesmut gibt, der bescheiden einherzugehen vermag. Im letzten Krieg gab es in meinem Frontbereich ein Landesschützenregiment, das von einem Oberst Buchholz kommandiert wurde, von einem direkten Abkömmling jenes Buchholz, der den Geldbeutel Friedrichs des Großen verschnürt zu halten pflegte. Man machte sich im Kasino über diesen Mann manchmal lustig, weil er ein wenig zu sehr altpreußisch war und bestimmte geläufige Dinge nicht mitmachte: er war eben so sparsam wie sein Vorfahr. Als nun der Befehl kam, daß Ortschaften, aus denen geschossen wurde, angezündet werden sollten, hat er seine Offiziere versammelt und gesagt: „Ich kommandiere keine Brandstifter, dieser Befehl wird nicht ausgeführt." Er ist daraufhin weggeschickt worden. Ich kenne zwei noch lebende Zeugen dieses Vorgangs: der eine ist der Baron von Knigge-Paddensen, der andere ein Herr von Kessel. Das hat es auch gegeben! Man konnte, wenn man wollte, sein Gewissen — seine Ehre, das, was man früher das Portepee nannte — über einen Befehl stellen, von dem man wußte oder von dem man wissen mußte, daß er gegen die Ehre ging und daß er aus dem Soldaten nichts anderes machte als einen Totschläger und einen Brandstifter.
    Sicher soll man nicht bei jeder Dummheit aufschreien und gleich eine große Staatsaktion anrichten. Aber sehen Sie, dieser Kapitän zur See Zenker war doch nicht der nächste beste; er war doch der Mann, der von dem Herrn Verteidigungsminister damit beauftragt worden ist, die neue Marine der Bundeswehr aufzustellen. Er war also der Mann, dem es aufgegeben war, den Stil dieses Teils der Bundeswehr zu bestimmen. Ein solcher Mann muß, wenn er Worte spricht wie die, von denen wir hier geredet haben, sich gefallen lassen, zur Verantwortung gezogen zu werden, und der Minister muß es sich gefallen lassen, daß man ihn fragt, was er denn daraufhin getan hat.
    Dabei muß ich doch noch auf etwas eingehen, Herr Minister, was Sie angeht. Sie haben die Rede nicht gekannt; wenn Sie das sagen, stimmt das. Aber nachdem Sie von dieser Rede gehört haben, wäre es meines Erachtens Ihre Pflicht gewesen, bis hinunter zu den nächsten Vorgesetzten von Kapitän Zenker zu fragen, ob diese die Rede gekannt haben,

    (Abg. Dr. Menzel: Sehr wahr!)

    und dann die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Ich glaube, das gehörte mit zu Ihren Dienstobliegenheiten.

    (Abg. Dr. Menzel: Er hatte vielleicht Angst!)

    Daß Sie das nicht getan haben, erlaubt, daß dieses Haus Sie tadelt.
    Sie sagten, Herr Kollege Heye, daß weitgehend die Meinung verbreitet sei, die Soldaten seien die ersten Helfer des Nazisystems gewesen. Nach dem Krieg ist diese Meinung in der Tat sehr weit verbreitet gewesen. Wer die Dinge aus eigenem Erleben kennt, weiß, daß auch hier zu differenzieren ist, daß auch hier keine Kollektivschuld und keine Kollektivunschuld besteht. Es gab eine Reihe von Offizieren, die vom ersten Tage an Widerstand geleistet haben. Ich nenne nur General Beck, und Sie kennen viele andere, die ich hier nicht zu nennen brauche. Andere haben die Dinge gehenlassen, weil sie eben so gingen. Aber auch das darf nicht verschwiegen werden: viele Offiziere — und nicht erst die Reserveoffiziere — empfanden doch, was nach 1934 geschah, weitgehend als die Erfüllung ihrer Träume. Das ist doch auch wahr! Das hat es doch auch gegeben! Wir sollten also, wenn wir von diesen Dingen sprechen, differenzieren und sollten den einzelnen nach dem bewerten und beurteilen, was er getan hat und wohin er sich gestellt hat.
    Sie haben recht, es gibt bei diesen Dingen nicht nur eine Verantwortlichkeit des Militärs. Es gab in der Weimarer Republik für diese Dinge auch eine Verantwortlichkeit der Politiker, der politischen Organe, auch des Reichstags. Aber wer hat denn die schwerere Verantwortung auf sich geladen: jene, die auf diese Dinge hingewiesen haben, jene, die wie Kurt Schumacher im Reichstag den Nationalsozialismus als den moralischen Schweinehund im Menschen bezeichnet haben, oder jene, die das Ermächtigungsgesetz beschlossen haben?

    (Beifall bei der SPD.)

    Auch daran muß man doch gelegentlich erinnern.
    Nun noch ein letztes Wort. Wer mich kennt, weiß, daß ich nicht zu denen gehöre, die meinen, man müsse etwa um des Auslands willen in Sack und Asche gehen. Ich bin der Meinung, daß auch ein geschlagenes und besiegtes Volk, auch ein Volk, auf dessen Schultern schwere Verantwortung geladen worden ist, ein Recht auf Selbstachtung hat und daß es diese Selbstachtung nach außen und


    (Dr. Schmid [Frankfurt])

    nach innen zeigen muß. Aber — und das soll das letzte Wort sein, das ich hier spreche — das ist nur dann erlaubt, wenn man den Mut hat, die Wahrheit auszusprechen, auch wenn diese Wahrheit bitter ist wie Galle!

    (Beifall bei der SPD.)