Rede von
Herbert
Schneider
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nein, ich möchte jetzt erst meine Rede halten.
Meine Damen und Herren! Es ist verständlich: der Personalgutachterausschuß ist natürlich das Lieblingskind des Herrn Kollegen Erler, mit dem ich mich im übrigen in der Sache ausgezeichnet verstehe.
Auf der andern Seite, meine Damen und Herren, haben wir in der Tat andere Vorstellungen, und Sie haben ganz recht gehabt, daß Sie an die Dinge gerührt haben. Allerdings dürfen Sie mir nicht unterstellen, verehrter Herr Kollege Erler, daß ich, der ich jetzt zehn Jahre im politischen Leben stehe, etwa mit einem Brett vor dem Kopf herumlaufe oder mich noch in einer Uniform befindlich fühle.
Ich bin genau so ein guter Zivilist geworden, wie es die meisten oder sogar alle Kollegen hier im Hause sind, und ich sehe die Dinge, glaube ich, mit der nötigen Aufgeschlossenheit.
Aber eins trennt uns tatsächlich von Ihnen. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß der Aufbau der Streitkräfte effektiv von vorn losgeht, und der Kollege Heye hat mit dem, was er vorhin zu diesem Thema gesagt hat, auch absolut recht. Aber wir sind nicht der Auffassung, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß das gleichbedeutend damit sein kann, daß mit allen, aber auch mit allen guten Traditionen einfach gebrochen werden kann. Die neue Bundeswehr ist mehr als nur ein Söldnerheer, das seinen Sold empfängt und dafür eine bestimmte Tätigkeit ausüben soll.
Ich erinnere Sie daran, daß vor kurzem eine Tagung in der Evangelischen Akademie in Loccum stattgefunden hat, auf der uns ausländische Militärs und Politiker ihr Erstaunen, um nicht zu sagen: Entsetzen, darüber zum Ausdruck bringen mußten, daß wir heute praktisch alles, was an guten Traditionen in der ehemaligen deutschen Wehrmacht oder Reichswehr war, mit einer Handbewegung über Bord zu werfen gewillt sind.
Und es ist doch auch ein erstaunliches Faktum, wenn ausgerechnet die Sozialdemokratische Partei, die seit eh und je das Volksheer auf ihre Fahnen geschrieben hat, heute für eine freiwillige Berufswehrmacht eintritt und auf der andern Seite schon wieder in Kassandrarufe über einen angeblichen Staat im Staate ausbricht.
Das paßt nicht zueinander.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn der Kollege Erler hier vorhin gesagt hat
— nein, das ist mir gar nicht zu hoch —, wenn der Kollege Erler hier vorhin ein Beispiel genannt hat, das Beispiel eines Offiziers, der in einer Zeitungsinsertion darauf hingewiesen hat, daß er vom Personalgutachterausschuß abgelehnt worden sei, und wenn der Kollege Erler das zum Anlaß nimmt, hier festzustellen, daß aus diesem Grunde es notwendig sei, einen solchen Ausschuß zu haben, dann muß ich ihm darauf erwidern,
daß dies eine ganz natürliche Reaktion auf etwas ist, was eben nicht von allen ehemaligen Soldaten ohne weiteres akzeptiert wird.
— Das haben wir, werter Kollege Eschmann, damals schon bei der Begründung zum Personalgutachterausschußgesetz hier zum Ausdruck gebracht.
Seien wir uns doch darüber im klaren: Wer ist denn hier im Hause, der nicht ohne weiteres von vornherein die Treue zu demokratischen Prinzipien dem Staate gegenüber fordert?
— Herr Kollege, seien Sie bitte mit solchen Äußerungen vorsichtig! Wenn ich dorthin schaue, dann sehe ich manchmal die Zwiebeltürme des Kreml!
Ja, ja, Herr Wehr! Oder wollen Sie — —(Anhaltende Rufe von der SPD: Unerhört!
Raus! — Glocke des Präsidenten.)