Rede von
Dr.
Eugen
Gerstenmaier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sie haben die Erklärung der Bundesregierung gehört. Meine Damen und Herren, ich mache Ihnen den Vorschlag, daß wir nun in den Punkt I unserer Tagesordnung eintreten und zuerst den Bericht des Herrn Abgeordneten Dr. Pünder hören. — Der Herr Abgeordnete Dr. Pünder hat das Wort.
Dr. Dr. h. c. Pünder , Generalberichterstatter der Deutschen Delegation der Beratenden Versammlung des Europarates: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute hat unser Deutscher Bundestag zweifellos einen ganz großen Tag. Der Herr Präsident hat bereits darauf hingewiesen, daß seit einer Stunde vor unserem Bundeshaus die neue Flagge des Europarates weht, an prominenter Stelle am Portal I und hier drüben am Präsidenteneingang. Damit ist unser Bundestag, wie ich zu wissen glaube, das erste europäische Parlament, das sich in dieser betont sichtbaren, neuartigen Weise zum Europarat und seinen Zielen bekennt. Wem es noch nicht klar war, welche Bedeutung der heutige Tag für Europa hat, dem ist es soeben klargeworden durch die Regierungserklärung, die wir aus dem Munde des Herrn Bundeskanzlers gehört haben, eine Erklärung, der wir alle mit brennendem Interesse gefolgt sind.
Unsere Tagesordnung, die der Herr Präsident soeben aufgerufen hat, ist dementsprechend auch besonderer Art. Unsere Delegation zur Beratenden Versammlung des Europarates, als deren Sprecher und Generalberichterstatter ich augenblicklich zu Ihnen zu sprechen die Ehre habe, hat Wert darauf gelegt, Ihnen in der Ihnen vorliegenden Mappe ein ganz lebendiges konkretes Bild über die praktische Arbeit des Europarates zu vermitteln. Auch dieser Versuch dürfte im Kreise der 14 Mitgliedstaaten des Europarates neuartig sein. Aber ein solcher Versuch ist nach der Auffassung unserer deutschen Delegation dringend geboten. Nach allen Erfahrungen der letzten zehn Jahre — da knüpfe ich an das an, was der Herr Bundeskanzler soeben auch gesagt hat — genügt es eben nicht, in allgemeiner europäischer Begeisterung zu machen, sich die Köpfe heiß und rot zu reden und dann hinterher vielleicht ernüchtert festzustellen, daß doch wieder alles beim alten geblieben ist. Dafür sind die Probleme in Europa viel zu ernst und schwierig. Das geeinte Europa, das wir alle ersehnen, kommt nicht zu uns durch einen einzelnen Verfassungsakt, sondern auf sehr, sehr vielen Wegen. Ein einziger Schritt allein genügt nicht, aber auch kein einziger Schritt ist überflüssig. Hier gibt es kein Entweder-Oder, sondern nur ein Sowohl-als-auch.
An die Spitze meines Generalberichts möchte ich zunächst den Dank der Delegation an Sie, Herr Präsident, und den Ältestenrat stellen, daß es endlich möglich geworden ist, trotz der Fülle der übrigen Probleme, vor denen der Bundestag steht, diesen heutigen Tag für diese Debatte auszusparen.
Unsere Delegation hatte schon früher einmal einen ähnlichen schüchternen Versuch unternommen, und zwar durch die Drucksache 927 vom 28. Oktober 1954. Damals hatte ich an den Herrn Präsidenten geschrieben:
Zur Vorbereitung der in Aussicht genommenen Aussprache über den Europarat gestatte ich mir auftragsgemäß, 600 Exemplare der „Mitteilungen des Euraparats" . . . zu übersenden.
Zu dieser Aussprache ist es — es ist nun schon anderthalb Jahre her — nie gekommen. Da bekanntlich nur frische Brötchen gut schmecken, möchte ich empfehlen, vielleicht unter Bezugnahme auf diese meine Anregung diese Drucksache heute als erledigt anzusehen.
Die heutige Tagesordnung befaßt sich also nicht mit allen Problemen Europas, sondern ganz konkret mit dem Europarat. Dies erscheint auch aus allgemein politischen Gesichtspunkten sehr wichtig, wenn Sie an die demoskopischen Untersuchungen denken. Eine solche Volksbefragung hat vor noch gar nicht langer Zeit das erstaunliche Ergebnis erbracht, daß von den vielen Tausenden befragter Deutscher in unserer Bundesrepublik zwar bis zu 80 % sehr für eine Einigung Europas eingenommen sind, daß dagegen gleichzeitig genau 50 % der gleichen Tausende Befragter überhaupt nicht einmal etwas von der Existenz des Europarates wußten.
Ich unterstreiche: Wir sprechen heute vom Europarat und nicht von allen augenblicklich schwebenden europäischen Problemen. Ich unterstreiche dies auch noch aus einem besonderen Grunde, den ja eben auch der Herr Präsident schon hat anklingen lassen. Ich habe leider nicht die Aufgabe, Ihnen über die Sondertagung des Montanparlaments in der vorigen Woche in Brüssel zu berichten — über den Spaak-Bericht über die Integration Europas, den Gemeinsamen Markt, die Zollunion, über die einstimmig angenommene Entschließung —, weil das nicht auf der Tagesordnung steht und auch nicht Inhalt der Ihnen in der Mappe vorliegenden Dokumente ist. Aber ich glaube, daß diese Fragen in der anschließenden Diskussion, die ich ja lediglich einleite, zur Drucksache 2152 über die Atomenergie und die Schaffung des Europäischen Marktes doch anklingen werden.
Auch noch ein anderes Problem, das uns augenblicklich im Europarat sehr angeht, steht heute nicht zur Debatte; aber ich darf es doch ganz kurz streifen, da wir ja so selten Gelegenheit haben, über den Europarat zu sprechen. Ich meine die bevorstehende Aufnahme der Bundesrepublik Österreich in den Europarat als fünfzehntes europäisches Land. Die deutsche Delegation hat vor kurzem, als sie durch das Generalsekretariat um ihre Auffassung zu dem Aufnahmeantrag gebeten wurde, ihre Zustimmung freudig erteilt, und wie ich gerade gestern aus Straßburg gehört habe, ist die Aufnahme Österreichs in voller Einmütigkeit auch von allen anderen Mitgliedstaaten gebilligt worden. So darf ich auch heute schon einen Gruß der Verbundenheit an Österreich und seine künftige Delegation im Europarat richten.
Wie zweckmäßig und notwendig die heutige Aussprache über Angelegenheiten des Europarats ist, zeigt auch die Einstellung des Generalsekretariats in Straßburg zu dieser heutigen Tagung. Auf meine Einladung an den Herrn Generalsekretär und seine Mitarbeiter in Straßburg hin ist der Herr Stellvertretende Generalsekretär, Herr Dunstan Curtis, mit fünf seiner ersten Mitarbeiter heute hier erschienen.
Es ist mir eine besondere Freude, Sie, Herr Stellvertretender Generalsekretär Dunstan Curtis, mit Ihren Herren Mitarbeitern hier herzlichst zu begrüßen. Ihr Herr Generalsekretär Marshal ist ja selber, weil er augenblicklich außerhalb Europas weilt, in diesen Tagen verhindert, persönlich zu kommen. Er hat mir aber gerade einen Brief geschrieben, und im letzten Satz schreibt er — in deutscher Übersetzung des englischen Briefes —:
Ich kann nur hoffen, daß diesem aufrüttelnden Beispiel des Deutschen Bundestages recht bald von den Parlamenten der anderen Mitgliedstaaten gefolgt werden möchte.
Ich kann mich diesem Wunsche des Herrn Generalsekretärs nur aufrichtig anschließen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie nun, einmal das Heft zur Hand zu nehmen. Sie finden gleich in unserem vorgehefteten Anschreiben vom 1. März den Ausgangspunkt der Überlegungen unserer Delegation. Es ist die Entschließung 70 der Beratenden Versammlung gewesen, die Sie gleich dahinter als Anlage in deutscher Übersetzung vorfinden. Wir haben überhaupt bei der Herstellung dieses Heftes Wert darauf gelegt, Ihnen das Einfühlen sehr leicht zu machen, indem wir hinter jeden einzelnen Antrag, jede einzelne Entschließung, oder was es auch immer sei, den Ausgangspunkt geheftet haben. Sie haben die Entschließung 70 vor sich. Danach haben wir in der Versammlung in Straßburg beschlossen:
Die Versammlung fordert die Abgeordneten aus jedem Mitgliedstaat auf, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um in geeigneten Fällen in den nationalen Parlamenten eine Aussprache über die Empfehlungen herbeizuführen, mit welchen die Beratende Versammlung das Ministerkomitee oder die nationalen Parlamente um Stellungnahmen zu bestimmten Fragen ersucht.
Um dieser uns selbst in Straßburg gestellten Aufgabe gerecht zu werden, haben wir zur Sichtung des überaus umfangreichen Materials von der Delegation aus aus unserer Mitte einen Dreierausschuß bestellt, dem die verehrten Kollegen Graf von Spreti, Dr. Mommer und Dr. Becker angehörten. Nachdem ersterer durch Übertritt in den auswärtigen Dienst aus unserem Kreise ausgeschieden ist, hat Herr Kollege Dr. Leverkuehn dankenswerterweise die weitere Arbeit übernommen. Da ich selber an diesen Arbeiten des Dreierausschusses nicht so sehr beteiligt war, ist es mir ein Herzensbedürfnis, diesen vier Kollegen den Dank der Delegation für die überaus mühselige Arbeit, die sie dabei geleistet haben, auszusprechen.
Diesen Dank dehne ich aber auch aus auf unsere Mitarbeiter im Delegationssekretariat und auf die zuständigen Stellen in Ihrer Verwaltung, Herr Präsident, für die Vorbereitung dieser etwas ungewöhnlichen und völlig neuartigen Drucksache.
Die Vorarbeiten des Dreierausschusses sind dann von der Gesamtdelegation in sehr eingehenden und sorgfältigen Sondersitzungen überprüft und abschließend genehmigt worden. Ich lege sehr großen Wert darauf, meine Damen und Herren, festzustellen, daß alle diese Entschließungen unserer Delegation in voller Einstimmigkeit gefaßt worden sind, wie sich denn überhaupt im Laufe der nun verstrichenen sechs Jahre gemeinsamer sachlicher Arbeit im Europarat eine sehr enge und harmonische Zusammenarbeit aller Delegierten herausgebildet hat. Nur in bezug auf einen einzigen Punkt, die Drucksache 2112, über die nachher sicher noch geredet werden wird — es ist aber kein grundsätzlicher, sondern nur ein finanzieller Punkt —, liegt ein Sonderantrag der SPD vor.
Ich brauche kaum hinzuzufügen, daß wir zu diesen Delegationssitzungen natürlich auch das Auswärtige Amt laufend eingeladen haben, das dann auch vertreten war. Infolgedessen war die Bundesregierung durch ihre zuständigen Stellen über den geplanten Ablauf des heutigen Tages bis ins einzelne laufend im Bilde.
Wie Ihnen das Anschreiben gleich auf der ersten Seite zeigt, haben wir der besseren Übersichtlichkeit halber die Fülle des Materials in sechs Gruppen unterteilt bzw. zusammengefaßt. Im ganzen sind es — Sie werden das feststellen, wenn Sie das Heft mit Aufmerksamkeit durchsehen, soweit Sie es nicht schon durchgesehen haben — nicht weniger als 21 Anträge, vier mündliche Ausschußberichte und zwei Große Anfragen, die eine über postalische Angelegenheiten, die andere über die Ratifizierung von Konventionen; beide werden, wie ich zuversichtlich hoffe, nachher seitens der Bundesregierung wohl in zufriedenstellender Weise beantwortet werden.
Über die vielen, beinahe 30 Probleme heute bis in die letzte Einzelheit zu diskutieren, ist natürlich unmöglich; das ist auch in keiner Weise vorgesehen. Ich bitte den verehrten Herrn Präsidenten, wenn ich nach Unterstreichung noch einiger Punkte abgetreten sein werde, entsprechend den getroffenen Verabredungen noch Herrn Dr. Mommer und Herrn Dr. Leverkuehn als Berichterstatter aufzurufen, die meinen zusammenfassenden Bericht noch ergänzen werden. Herr D r. Becker, der auch zu unserem Kreise gehört, hat mich gebeten, ihn nicht als Berichterstatter einzuteilen, weil er durch andere Dinge überlastet sei.
Die anschließende Diskussion wird dann ergeben, ob und welche Anträge gleich heute — ich hoffe, eine große Zahl — abschließend erledigt werden können und welche noch den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen. Ich darf aus der Fülle der Probleme mit wenigen Worten nur noch fünf Einzelprobleme ansprechen.
Wenn Sie bis zur dritten Seite blättern, so sehen Sie die Drucksache 2151, die, wie ich zuversichtlich glaube, nachher in der Diskussion eine besondere Rolle spielen wird; denn sie verdient es. Das ist die Entschließung der Beratenden Versammlung über die gemeinsame europäische Politik in den künftigen Ost-West-Konferenzen. Diese Entschließung — ich brauche sie wohl nicht vorzulesen — beruht auf der gleich dahinter gehefteten Entschließung der Beratenden Versammlung, aus der ich nur auf die Ziffer 3 hinweisen will.
Darin heißt es:
Die Versammlung
— des Europarats in Straßburg —
betont die Notwendigkeit einer raschen Wiedervereinigung Deutschlands auf Grund freier Wahlen. Sie unterstreicht die Unzulänglichkeit und Gefährlichkeit eines jeden Abkommens über Europa mit der UdSSR, das diese Wiedervereinigung nicht einschließt. Die enge gegenseitige Abhängigkeit dieser Probleme hat zwischen der deutschen Wiedervereinigung und einem System der europäischen Sicherheit einen Zusammenhang geschaffen, der einen parallelen Fortschritt im Hinblick auf die Lösung jedes dieser Probleme erfordert.
Diese Entschließung entstammt der Vorarbeit und der Feder unseres verehrten französischen Kollegen de Menthon , des angesehenen früheren Präsidenten der Beratenden Versammlung, und ich möchte schon namens der Delegation — nachher wird es gewiß noch von anderer Seite unterstrichen werden — unserem verehrten Kollegen de Menthon unseren aufrichtigsten Dank dafür aussprechen, daß er diese großzügige europäische Linie vorgeschlagen und durchgehalten hat.
Ich überspringe nun sehr viele Punkte, über die wohl meine Herren Kollegen sprechen werden, und erwähne abschließend nur noch wenige andere Punkte, zunächst die Drucksache 2166, die Sie ungefähr am Schluß des Heftes finden, betreffend die kulturelle Zusammenarbeit im Rahmen des Europarates. Dieser Entschließungsentwurf ist gleichfalls von allen Fraktionen eingebracht worden. In ihm wird festgestellt, ganz auf der Linie einer Entschließung der Beratenden Versammlung, daß „der Europarat die am besten geeignete Einrichtung zur Förderung der kulturellen Zusammenarbeit seiner Mitgliedstaaten ist und die Tätigkeit auf kulturellem Gebiet die Einheit der Mitglieder zu stärken habe". In dieser Entschließung wird ferner angestrebt, die Arbeiten auf diesem Gebiet zwischen dem Europarat und der Westeuropäischen Union, von der eben auch der Herr Bundeskanzler gesprochen hat, aufeinander abzustimmen.
Dann darf ich gleich zu dem nächsten Punkt, der Frage der Förderung des „Europäischen Schultages" — Drucksache 2167 — kommen. Wenn man in Straßburg im Europarat sitzt, hat man manchmal das Empfinden, daß man dort in bezug auf europäische Zusammenarbeit auf einzelnen Gebieten schon weiter ist als in unserer Bundesrepublik mit ihrer föderativen Struktur. Jedenfalls haben die Delegierten der 14 Mitgliedstaaten in voller Übereinstimmung erklärt, daß unter allen Umständen trotz aller pädagogischen Schwierigkeiten ein solcher „Europäischer Schultag" in den Schulen der Länder des Europarats angestrebt werden soll. Auch diesen Antrag möchte ich wärmstens Ihrer Unterstützung empfehlen.
Damit komme ich zum vorletzten Punkt; was hier zu sagen ist, ist ganz schnell gesagt. Der Herr Präsident hat die Angelegenheit schon eingangs erwähnt. Es handelt sich um die Frage der Flagge des Europarates. Sie wissen, daß diese Flagge aus einem blauen Fahnentuch mit einem Kranz von 12 goldenen Sternen besteht. Diese 12 goldenen Sterne sollen keine bestimmte Zahl von Ländern bedeuten, sondern sie sollen die Vielfalt der europäischen Staaten symbolisieren. Wir zeigen heute als erstes europäisches Parlament diese Flagge. In dem Entschließungsentwurf Drucksache 2168 bitten wir die Bundesregierung und sämtliche deutschen Landesregierungen, genau wie wir es heute machen, bei jeder passenden Gelegenheit neben der Bundesfahne und den Länderfahnen künftig auch diese Flagge des Europarates zu zeigen.
Zum Schluß komme ich noch auf einen Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, da ich auf dem Gebiet einigermaßen sachverständig bin, weil ich Vorsitzender des Haushaltsausschusses der Beratenden Versammlung des Europarates bin. Es handelt sich hierbei um ein sehr verdrießliches Thema. Nach der Satzung des Europarates, an der wir im Augenblick nicht viel ändern können, ist die Zuständigkeit der Beratenden Versammlung in Haushaltsfragen, obgleich es sich hierbei doch um das ursprünglichste Recht eines Parlaments handelt, eigentlich gleich null. Die Zuständigkeit in Budgetfragen liegt ausschließlich beim Ministerrat. Damit müssen wir uns einstweilen abfinden. Immerhin ist ein kleiner Fortschritt insofern erzielt worden, als der Ministerrat vor anderthalb Jahren genehmigt hat, daß sich die Beratende Versammlung einen Haushaltsausschuß bilden kann. Aber dieser Haushaltsausschuß kämpft bis zu dieser Stunde noch sehr darum, wirklich aktiv tätig werden zu können. Das hat zu einer Entschließung der Beratenden Versammlung geführt, die Sie auf der Rückseite der Drucksache 2170 vorfinden. Darauf basiert auch der Antrag dieser Drucksache, um dessen Annahme ich Sie herzlich bitten möchte. Denn nur wenn wir in solchen Fragen wirklich von den nationalen Parlamenten getragen werden, können wir allmählich auch gewisse Zuständigkeiten des europäischen Parlaments in Haushaltsfragen erreichen.
Aber ganz unabhängig von dieser Frage der Zuständigkeit, die mehr in das Gebiet des Staats-und Völkerrechts gehört, ist eine andere Frage. Sie ist auch in dieser Entschließung angesprochen. Die Etatansätze der Beratenden Versammlung für kulturelle und informatorische Zwecke sind erschreckend niedrig; sie sind viel zu gering. Trotzdem stehen wir vor der Tatsache, daß selbst diese viel zu geringen Ansätze in der letzten Zeit manchmal nicht einmal voll ausgenutzt worden sind. Das sind unmögliche Dinge. Ich sage das, ohne irgendeine Kritik üben zu wollen. Alles muß erst langsam anlaufen. Unsere verehrten Gäste aus Straßburg mögen das nicht als eine persönliche Kritik auffassen. Aber ich muß hier deutlich aussprechen: Wir legen außerordentlichen Wert darauf, daß der Europarat gerade für informatorische Zwecke im Budget mehr Mittel auswirft, als es bisher geschehen ist, und daß diese Mittel auch wirklich und zweckentsprechend angelegt werden. Sonst brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn — wie es so oft heißt — „unten nichts ankommt". Es wird gearbeitet, es wird wertvolle Arbeit geleistet — das hat vorhin auch der Herr Bundeskanzler dankbar bestätigt —, aber unten kommt nichts an. Die Bevölkerung erfährt nichts von den Dingen.
Nur ein kleines Beispiel zur Illustration: Sie alle haben gestern oder heute, sozusagen zur Feier des Tages, dieses kleine grüne Heft — eine sehr dankenswerte Zusammenstellung von der Presse-und Informationsabteilung des Europarats — „Fünf Jahre Europa" erhalten. Aber wenn Sie hineinschauen — nur auf die erste Seite —, sehen Sie, daß dieses Heft — redaktionell — Mitte Mai 1954 abschließt. Diese Ausgabe, die uns freundlicherweise heute oder dieser Tage dediziert worden ist, ist also schon recht alt und infolgedessen keineswegs mehr so interessant. Das sind tatsächlich unmögliche Dinge, und ich darf die anwesenden Herren Vertreter des Generalsekretariats sehr herzlich bitten, doch dafür zu sorgen, daß wir nicht nur reichlich, sondern auch wirklich akutes Material bekommen, das infolgedessen interessant ist. Daß es aus dem Französischen oder Englischen ins Deutsche übersetzt werden muß, wissen wir natürlich; aber wenn da Schwierigkeiten sind, wären wir zweifellos in der Lage, hier etwas zu helfen.
Damit, Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren, bin ich mit meinem Generalbericht zu Ende und darf bitten, Herr Präsident, daß Sie jetzt Herrn Dr. Mommer und Herrn Dr. Leverkuehn das Wort geben. Das Hohe Haus und damit die 'deutsche Öffentlichkeit werden dann durch diese drei Referate einen einigermaßen umfassenden Überblick über den Blütenstrauß bekommen, den unsere Delegation an diesem Frühlingstag 1956 dem Deutschen Bundestag überreicht hat. Ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß dieser Frühlingsgruß auch zu einem guten Omen für einen kommenden europäischen Frühling werde!