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    2. Deutscher Bundestag — 134. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1956 6931 13 4. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. März 1956. Überweisung des Antrags der Abg. Ruhnke u. Gen. auf Erstattung eines Rechtsgutachtens über die Zuständigkeit des Bundes auf Gebieten des Wasserrechts sowie des Wasser- und Bodenverbandsrechts (Drucksache 1432) an den Sonderausschuß Wasserhaushaltsgesetz 6931 D Aufhebung der Mitbeteiligung des Ausschusses für Verkehrswesen an der Vorberatung des Antrags der Abg. Klausner u. Gen. betr. Zinsverbilligungsmittel für den Fremdenverkehr (Drucksache 2096) 6932 A Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 226, 230, 231 (Drucksachen 2065, 2204; 2087, 2149; 2098, 2215) 6932 A Bildung der Fraktion der Demokratischen Arbeitsgemeinschaft (DA): Präsident D. Dr. Gerstenmaier 6932 B Dr. Menzel (SPD) 6932 B Dr. Horlacher (CDU/CSU) 6932 D Dr. Schneider (Lollar) (DA) 6933 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 6934 A Abstimmungen . 6934 B Geschäftliche Mitteilungen 6950 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 1272, 1444, 1494); Schriftlicher Bericht des Wahlrechtsausschusses (Drucksachen 2206, zu 2206; Umdrucke 540, 542, 543, 545, 547, 548) 6934 B, 6950 A Scharnberg (CDU/CSU): als Berichterstatter 6934 B Schriftlicher Bericht .. . . . 6958 D als Abgeordneter . . 6937 B, 6939 B, 6941 D, 6954 A Dr. Jaeger (CDU/CSU). . . 6934 C, 6937 A, 6940 D, 6941 D, 6954 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) 6935 B, 6936 C, 6955 B Brand (Remscheid) (CDU/CSU) . . . 6936 A Erler (SPD) 6937 B, C Dr. Mommer (SPD) 6937 C Wittrock (SPD) 6938 A Petersen (GB/BHE) 6938 D, 6940 C, 6941 D, 6957 C Mattick (SPD) 6939 C, 6943 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 6941 B, 6955 D Ritzel (SPD) 6942 B, 6952 B Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . . . 6946 D Wehner (SPD) 6948 B Dr. Krone (CDU/CSU) 6949 C Unterbrechung der Sitzung . . 6950 A Rehs (SPD) 6950 C Bausch (CDU/CSU) 6952 A Sabel (CDU/CSU) 6952 C Cillien (CDU/CSU) 6953 B Dr. Brühler (DP) 6957 B Abstimmungen . . 6935 A, 6937 D, 6939 D, 6942 A, 6943 B, 6949 D, 6950 B, 6958 A Änderung der Tagesordnung 6950 A Nächste Sitzung 6950 A, 6958 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6958 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Wahlausschusses über den Entwurf eines Bundeswahlgesetzes (zu Drucksache 2206) . . . . 6958 D Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 540) 6961 B Anlage 4: Änderungsantrag der Abg. Dr. Jaeger u. Gen. zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 542) 6961 C Anlage 5: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 543) 6961 D Anlage 6: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP u. Gen. zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 545) 6962 A Anlage 7: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 547) 6962 B Anlage 8: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DA u. Gen. zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 548) 6962 D Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Peters 15. 7. Dr. Starke 30. 4. Mensing 15. 4. Kalbitzer 7. 4. Lulay 7. 4. Dr. Dr. h. e. Prinz zu Löwenstein 1. 4. Diedrichsen 31. 3. Dr. Hammer 31. 3. • Dr. Kopf 31. 3. Moll 31. 3. von Manteuffel (Neuß) 28. 3. Gedat 24. 3. Horn 24. 3. Höfler 18. 3. Albers 17. 3. Bender 17. 3. Dr. Blank (Oberhausen) 17. 3. Dr. Bürkel 17. 3. Dr. Deist 17. 3. Dr. Dittrich 17. 3. Dr. Drechsel 17. 3. Dr. Eckhardt 17. 3. Dr. Franz 17. 3. Dr. Furler 17. 3. Held 17. 3. Hoogen 17. 3. Hörauf 17. 3. Dr. Kreyssig 17. 3. Lenz (Brühl) 17. 3. Dr. Luchtenberg 17. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 17. 3. Dr. von Merkatz 17. 3. Dr. Oesterle 17. 3. Pelster 17. 3. Dr. Pohle (Düsseldorf) 17. 3. Dr. Dr. h. c. Pünder 17. 3. Sabaß 17. 3. Dr. Schöne 17. 3. Dr. Stammberger 17. 3. Wehner 17. 3. Brandt (Berlin) 16. 3. Dr. Dollinger 16. 3. Dr. Gille 16. 3. Kunz (Schwalbach) 16. 3. Dr. Gleissner (München) 16. 3. Lemmer 16. 3. Frau Dr. Maxsein 16. 3. Morgenthaler 16. 3. Müller (Erbendorf) 16. 3. Richarts 16. 3. Scheppmann 16. 3. Dr. Schild(Düsseldorf) 16. 3. Dr. Strosche 16. 3. Stücklen 16. 3. Dr. Winter 16. 3. Berendsen 15. 3. Brockmann (Rinkerode) 15. 3. Dr. Bucher 15. 3. Dr. Czermak 15. 3. Ehren 15. 3. Lenz (Trossingen) 15. 3. Dr. Reichstein 15. 3. Dr. Weber (Koblenz) 15. 3. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Meitmann 12. 5. Miller 10. 4. Kahn 1. 4. Böhm (Düsseldorf) 31. 3. Dr. Maier (Stuttgart) 31. 3. Dopatka 23. 3. Dr. Lindenberg 23. 3. Anlage 2 zu Drucksache 2206 (Vgl. S. 6934 B) Schriftlicher Bericht des Wahlrechtsausschusses (1. Sonderausschuß) über die von der Fraktion der SPD (Drucksache 1272), von der Fraktion der FDP (Drucksache 1444) und von den Abgeordneten Stücklen, Dr. Jaeger, Lücke und Genossen (Drucksache 1494) eingebrachten Entwürfe eines Bundeswahlgesetzes. Berichterstatter: Abgeordneter Scharnberg Dem Deutschen Bundestag wurden drei Initiativgesetzentwürfe zu einem Wahlrecht zugeleitet. Der erste Entwurf wurde am 16. März 1955 von der SPD, der zweite am 10. Juni 1955 von der FDP und der dritte am 24. Juni 1955 von dem Abgeordneten Stücklen und einer Reihe Abgeordneter der CDU/CSU eingereicht. (Scharnberg) Der Bundestag hat in seiner 94. Sitzung am 6. Juli 1955 über diese Gesetzentwürfe in erster Lesung beraten und sie zur weiteren Behandlung dem 1. Sonderausschuß — Wahlrechtsausschuß — überwiesen. Dieser Ausschuß hat am 29. September 1955 seine Beratungen aufgenommen und in 12 Sitzungen (einschließlich 2 Sitzungen eines Unterausschusses) verhandelt. Er hat zwecks Beschleunigung der Beratung von einer Grundsatzaussprache abgesehen und ist sofort in die erste Lesung des Abschnittes „Wahlsystem" eingetreten. Abstimmungen ergaben, daß eine Mehrheit für das von den Abgeordneten Stücklen und Genossen beantragte relative Mehrheitswahlrecht nicht im Ausschuß vorhanden war. Darauf wurde das absolute Mehrheitswahlrecht in 400 Wahlkreisen beantragt. Auch dieser Antrag wurde mit Mehrheit abgelehnt. Danach standen nur noch die beiden Wahlgesetzentwürfe der SPD und der FDP zur Diskussion. Beide Entwürfe wollten grundsätzlich ein personifiziertes Verhältniswahlrecht, das heißt, daß für die Errechnung der den einzelnen Parteien zustehenden Mandate ausschließlich die in den Ländern für sie abgegebenen Stimmen maßgebend wären. Zwar wurden in 242 Wahlkreisen Abgeordnete nach dem Prinzip der Personenwahl gewählt, die staatspolitische Auswirkung der Mehrheitswahl aber kam dadurch nicht zustande, daß die in der Personenwahl errungenen Mandate auf die verhältnismäßig jeder Partei zustehenden Mandate angerechnet wurden. Der Unterschied zwischen der SPD- und FDP-Vorlage bestand im wesentlichen darin, daß die SPD-Vorlage dem Wähler nur eine Stimme zubilligte, mit der er sowohl den Kandidaten im Wahlkreis wie die Landesliste und damit den maßgeblichen Verhältnisanteil der von ihm gewünschten Partei wählte, während die FDP-Vorlage zwei Stimmen gewährte und dadurch die Möglichkeit schaffte, mit der zweiten, für die verhältnismäßige Verrechnung allein maßgeblichen Stimme eine Partei und mit der ersten Stimme im Wahlkreis einen parteilosen Bewerber oder den Bewerber einer anderen Partei zu wählen. Die Vertreter der CDU/CSU und der DP stellten in der Sitzung vom 14. Dezember 1955 den Antrag, unter Beibehaltung der zwei Stimmen eine vollständige Trennung beider Stimmen vorzunehmen, also die Bestimmung, wonach die im Wahlkreis errungenen Mandate auf die verhältnismäßig den einzelnen Parteien zustehenden Sitze angerechnet wird, zu streichen. Danach wäre eine eindeutige Trennung zwischen dem Mehrheits- und Verhältnissektor hergestellt worden dergestalt, daß 242 Abgeordnete nach dem relativen Mehrheitswahlrecht und die restlichen Abgeordneten nach dem listenmäßigen Verhältniswahlrecht gewählt werden sollten. Dieser Antrag kam jedoch nicht zur Abstimmung; er führte zu einer Unterbrechung der Sitzungen des Wahlrechtsausschusses. Die Sitzungen wurden am 24. Februar 1956 wieder aufgenommen. Der Antrag der CDU/CSU-DP wurde nicht wieder zur Diskussion gestellt, und die Abstimmungen ergaben eine Mehrheit für den von der FDP vorgelegten Entwurf. Die wesentliche Bestimmung enthält der § 6 des Gesetzentwurfes. Die vorliegende Fassung wurde mit Mehrheit angenommen. Die überstimmte Minderheit gab eine Erklärung ab, die bei den nachstehenden Ausführungen zu § 6 wiedergegeben ist. Im einzelnen ist folgendes zu berichten: Zu § 1 Abs. 1 Der Ausschuß hielt die in den Initiativentwürfen vorgesehene Zahl der Abgeordneten (418 bzw. 420) für nicht hinreichend. Die Ausschußfassung sieht deshalb vorbehaltlich der sich aus diesem Gesetz ergebenden Abweichungen 506 Abgeordnete vor einschließlich der 22 Abgeordneten des Landes Berlin. A b s. 2 Die Abgeordneten werden zur Hälfte in Wahlkreisen (253), zur anderen Hälfte nach Landeslisten gewählt. Zu § 2 A b s. 1 Der Ausschuß ging davon aus, daß unter Wahlgebiet das Bundesgebiet einschließlich Berlin zu verstehen ist. Wegen der für Berlin getroffenen Sonderbestimmungen wird auf § 54 verwiesen. A b s. 2 Infolge der Kürze der bis zur Bundestagswahl noch zur Verfügung stehenden Zeit soll auch zum dritten Deutschen Bundestag auf Grund der alten Wahlkreiseinteilung gewählt werden. Zu §3 Die Wohnbevölkerung der Bundestagswahlkreise hat sich nach der amtlichen Statistik inzwischen beachtlich verändert. Am Stichtag (30. Juni 1955) beträgt der Durchschnitt der Einwohnerzahl der 242 alten Wahlkreise 206 590. In 25 Fällen liegen Abweichungen von mehr als 50 000 von der durchschnittlichen Einwohnerzahl eines Wahlkreises nach oben und in 20 Fällen Abweichungen in gleicher Höhe nach unten vor. Der Ausschuß hat es deshalb für zweckmäßig gehalten, in § 3 Abs. 3 vorzusehen, daß die Abweichung von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise nicht mehr als 33 1/3 v. H. nach oben und unten betragen solle. Wesentlich ist, daß die Wahlkreiskommission der Regierung lediglich zu berichten hat und die Veränderungen der Wahlkreise nur durch Bundesgesetz erfolgen kann. Zu §4 Der Ausschuß hielt mit Mehrheit am Zweistimmenwahlrecht fest. Zu §6 Abg. Brand (Remscheid) gab in der 8. Sitzung des Wahlrechtsausschusses die folgende Erklärung zu Protokoll: „Im Namen einer Anzahl Kollegen der CDU/ CSU gebe ich die Erklärung ab, daß wir nach wie vor Anhänger eines Mehrheitswahlrechts oder eines Mischsystems, das dem Mehrheitswahlrecht entgegenkommt, sind. Dabei leiten uns ausschließlich staatspolitische Erwägungen, die hier im Ausschuß und in der Öffentlichkeit von uns immer wieder vorgetragen worden sind. Wenn die Kollegen, für die ich spreche, sich trotzdem entschlossen haben, sich bei der Abstimmung über den einschlägigen Paragraphen der Stimme zu enthalten, so leitet uns hierbei ausschließlich die Überlegung, daß es nötig ist, ein Wahlgesetz auf möglichst breiter Basis zu- (Scharnberg) Stande zu bringen, zumal wir sonst in einen wahlgesetzlosen Zustand kommen würden. Wir möchten aber aus diesem Anlaß zum Ausdruck bringen, daß wir der weiteren Entwicklung unserer Demokratie auf der Basis des unseres Erachtens nicht guten personifizierten Verhältniswahlrechts besorgt entgegensehen." Abs. 1 Der Abs. 1 enthält eine Automatik dergestalt, daß sämtliche nach Landeslisten zu vergebenden Mandate in einem einheitlichen Berechnungsvorgang auf die Landeslisten aller Parteien in allen Ländern nach dem Höchstzahlverfahren d'Hondt verteilt werden. Eine starre Regelung, wie sie § 6 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes von 1953 — mit festen Abgeordnetenzahlen der Länder — enthält, entfällt damit. Abs. 2 Entsprechend den Entwürfen der SPD — Drucksache 1272 — und der FDP — Drucksache 1444 — wird in Abs. 2 festgelegt, daß bei der Verteilung der Landeslistensitze die in direkter Wahl errungenen Sitze zu berücksichtigen sind. Abs. 3 Wie bisher besteht die Möglichkeit einer Erzielung von Überhangmandaten. Abs. 4 Die Sperrklausel entspricht dem Entwurf der FDP. Zu §7 Die Einführung der Möglichkeit einer Verbindung von mehreren Landeslisten derselben Partei ist neu. Zu § 14 Die in alle drei Initiativentwürfe aufgenommene Bestimmung, daß das Wahlrecht auch für Personen ruhe, die sich in Strafhaft befinden, wurde von der Mehrheit des Ausschusses abgelehnt. Der Ausschuß ging hierbei von der Erwägung aus, daß Personen, die kein ehrenrühriges Delikt begangen haben, das Wahlrecht belassen werden sollte. In den Fällen, in denen der Inhaftierte eine Straftat begangen hat, die zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte führte, sei das Wahlrecht bereits nach § 13 Nr. 2 ausgeschlossen worden. Zu § 16 Abs. 1 Entsprechend dem Entwurf der SPD — Drucksache 1272 — wurde das Erfordernis eines Wohnsitzes im Wahlgebiet als Voraussetzung der Wählbarkeit nicht wieder in das Gesetz aufgenommen. Zweck der Regelung ist es, auch den außerhalb des Bundesgebietes wohnenden Deutschen eine Kandidatur zum Bundestag zu ermöglichen. Zu § 21 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 2 in § 21 Abs. 2 soll verhindern, daß die Parteien nationaler Minderheiten gezwungen sind, in jedem Wahlkreis, in dem sie einen Bewerber benennen wollen, 200 Unterschriften zu sammeln. Eine entsprechende Bestimmung für die Landeslisten ist in § 28 Abs. 1 eingesetzt. Zu § 22 Abs. 4 Abs. 4 soll den Landesvorständen oder anderen in den Parteisatzungen hierfür vorgesehenen Stellen die Möglichkeit geben, gegen die Aufstellung von ihnen ungeeignet erscheinenden Bewerbern durch die Mitglieder- oder Vertreterversammlungen Einspruch zu erheben. Dieser Einspruch soll nur durch qualifizierten Beschluß der Versammlung überwunden werden können. Zu § 36 Der Ausschuß ließ sich bei der Einführung der Briefwahl von den guten praktischen Erfahrungen leiten, die in mehreren europäischen und außereuropäischen Ländern damit gemacht worden sind. Vom Ausschuß wurde erwogen, ob nicht alle die Wahlbriefe als rechtzeitig übersandt gelten sollten, die bis zum Wahltage um 18 Uhr bei der Post aufgegeben worden sind. Es wurde darauf hingewiesen, es sei nach der bisherigen Regelung nicht ausgeschlossen, daß an sich rechtzeitig aufgegebene Wahlbriefe durch Verzögerungen im Postverkehr oder durch Naturkatastrophen verspätet eingehen könnten. Der Ausschuß ging bei der Beschlußfassung von der Erwartung aus, daß die Bundeswahlordnung eine Bestimmung des Inhalts treffen werde, daß bei Vorliegen der genannten Umstände nicht der Zeitpunkt des Eingangs des Wahlbriefes, sondern des Poststempels maßgebend sein soll. Der Ausschuß ging bei der Beschlußfassung weiter von der Erwartung aus, daß in der Bundeswahlordnung eine Regelung zu treffen sei, wonach Wahlberechtigte, die gemäß § 18 Abs. 2 wählen, außer ihrem Wahlschein einen Stimmzettel und den Vordruck einer eidesstattlichen Erklärung erhalten sollen, um damit die Zahl ungültiger oder nicht rechtzeitig eingegangener Stimmzettel zu verringern. Der Stimmzettel und der Vordruck einer eidesstattlichen Versicherung sollen dem Wahlberechtigten möglichst gleichzeitig mit dem Wahlschein übergeben werden. Zu § 38 Der im Entwurf der FDP — Drucksache 1444 — vorgesehene § 36 Abs. 2: „(2) Das Wahlgeheimnis ist insbesondere im Hinblick auf den dem Wahlbrief beigeschlossenen Wahlschein sicherzustellen." wurde nicht in der Ausschußfassung übernommen, da bereits Art. 38 GG ein entsprechendes Gebot enthält. Zu § 46 Abs. 1 Über die in den drei Initiativentwürfen vorgesehenen Mandatsverlustgründe hinaus hat der Ausschuß die Nr. 2 und 4 in das Gesetz eingefügt, da die dort angesprochenen Fälle von den übrigen Verlustgründen nicht erfaßt werden. Zu § 48 Abs. 1 Mit Satz 2 soll verhindert werden, daß Listenanwärter in den Bundestag nachrücken, die seit dem Zeitpunkt der Aufstellung der Landesliste aus der Partei ausgeschieden sind. Zu § 52 Die Einfügung dieser Bestimmung soll eine gesetzliche Grundlage für die wahlstatistischen Erhebungen schaffen. (Scharnberg) Zu § 53 Abs. 1 Der Ausschuß hat durch Einfügung des Wortes „insbesondere" darauf hinweisen wollen, daß der aufgenommene Katalog nicht erschöpfend ist. Der Anregung der drei Stadtstaaten, in das Bundeswahlgesetz eine Bestimmung aufzunehmen, wonach die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg ermächtigt seien, die organisatorischen Vorschriften dieses Gesetzes an den besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen, konnte der Ausschuß nicht entsprechen. Er hat auf Hinweis des Regierungsvertreters beschlossen, daß in der Bundeswahlordnung folgende Bestimmung vorgesehen werden soll: „In den Ländern Berlin, Bremen und Hamburg bestimmt die Landesregierung, welche Stellen die im Gesetz und in der Bundeswahlordnung der Gemeindebehörde übertragenen Aufgaben wahrnehmen." Zu § 54 Der Ausschuß war einstimmig der Auffassung, daß für die Dauer eine gesetzliche Regelung vorliegen müsse, die das Land Berlin den übrigen Ländern der Bundesrepublik gegenüber wahlrechtlich gleichstelle; deshalb wurde der § 1 Abs. 1 einstimmig gebilligt. Wegen der derzeitigen besonderen politischen Verhältnisse beschloß der Ausschuß jedoch mit Mehrheit bei einigen Enthaltungen, die im § 54 vorgesehenen Sonderbestimmungen für Berlin mit einer Regelung, die „bis auf weiteres" gilt, in die Schlußbestimmungen aufzunehmen. Der Entwurf der SPD hat in seinem Zweiten Teil die Wahl der Bundesversammlung und des Bundespräsidenten behandelt. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß die diesbezüglichen Bestimmungen im Hinblick auf die Bedeutung der Wahl des Bundespräsidenten in einem besonderen Gesetz niedergelegt werden sollten. Die Bundesregierung hat mitgeteilt, daß sie noch einige Änderungen zu dem vorliegenden Entwurf, der im wesentlichen der bisherigen Regelung entspricht, anzuregen hat. Der Ausschuß wird die Beratung dieses Gesetzes baldmöglichst durchführen und dem Bundestag das Ergebnis in Form eines gesonderten Gesetzentwurfs vorlegen. Mit Rücksicht hierauf bezieht sich der Antrag des Ausschusses nicht auf die Ablehnung des Zweiten Teils des von der Fraktion der SPD eingebrachten Gesetzentwurfs — Drucksache 1272 —. Bonn, den 14. März 1956 Scharnberg Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 540 (Vgl. S. 6938 D ff.) Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 6 Abs. 4 Zeile 3 werden die Worte „5 v. H." ersetzt durch die Worte „eine Million". Für den Fall der Ablehnung der vorstehenden Nummer 1: 2. § 6 Abs. 4 erhält folgende Fassung: (4) Bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5 v. H. der im Wahlgebiet oder je 10 v. H. der in zwei Ländern abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten oder in drei Wahlkreisen des Wahlgebietes je einen Sitz errungen haben. Satz 1 findet auf die von Parteien nationaler Minderheiten eingereichten Listen keine Anwendung. 3. In § 22 Abs. 4 erhält Satz 3 folgende Fassung: Ihr Ergebnis ist endgültig, wenn die Versammlung mit einer Mehrheit der Abstimmenden den Einspruch zurückweist. Bonn, den 14. März 1956 Seiboth und Fraktion Anlage 4 Umdruck 542 (Vgl. 6940 D) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Jaeger, Sabel, Dr. Horlacher und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: In § 22 Abs. 4 werden die Sätze 3 und 4 gestrichen. Bonn, den 14. März 1956 Dr. Jaeger Sabel Dr. Horlacher Frau Ackermann Albers Dr. Brönner Franzen Häussler Hilbert Dr. Köhler Dr. Leiske Lücke Raestrup Ruf Schüttler Spies (Brücken) Dr. Storm Dr. Willeke Anlage 5 Umdruck 543 (Vgl. S. 6935 B, 6937D, 6942 B) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 4 erhält folgende Fassung: § 4 Einheit der Stimmabgabe Als Grundlage der Wahlhandlung dienen sowohl die Kreiswahlvorschläge wie die Landeswahlvorschläge (Landeslisten). Die Stimmabgabe für den Kreiswahlvorschlag einer Partei enthält zugleich die Stimmabgabe für den Landeswahlvorschlag (Landesliste) derselben Partei. 2. Im § 6 Abs. 4 Satz 1 a) wird in Zeile 3 das Wort „Wahlgebiet" ersetzt durch das Wort „Land"; b) werden in Zeile 5 die Worte „in mindestens 3 Wahlkreisen" ersetzt durch die Worte „in mindestens einem Wahlkreis". 3. Im § 28 Abs. 1 erhält der erste Satz folgende Fassung: Landeslisten können nur von Parteien eingereicht werden, die in jedem Wahlkreis des betreffenden Landes einen Bewerber aufgestellt haben. 4. Im § 35 erhält Absatz 2 folgende Fassung: (2) Der Wähler gibt seine Stimme in der Weise ab, daß er durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder auf andere Weise eindeutig kenntlich macht, für welchen Bewerber sie gelten soll. 5. § 54 wird gestrichen. Bonn, den 15. März 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 545 (Vgl. S. 6950 C, 6952 D) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: In § 14 wird die folgende Nr. 1 a eingefügt: 1 a. die sich in Strafhaft befinden. Bonn, den 15 März 1956 Bausch Frau Dr. Bleyler (Freiburg) Finckh Häussler Hilbert Dr. Leiske Lücke Maucher Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) Müser Naegel Frau Rösch Rümmele Ruf Sabel Schüttler Dr. Willeke Dr. Krone und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Dr. Mende Anlage 7 Umdruck 547 (Vgl. S. 6950 B, 6952 D) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: In § 6 Abs. 1 erhält Satz 3 folgende Fassung: Von der Gesamtzahl der Abgeordneten (§ 1 Abs. 1) wird die Zahl der erfolgreichen Wahlkreisbewerber abgezogen, die in Satz 2 genannt oder von einer nach Absatz 4 nicht zu berücksichtigenden Partei vorgeschlagen sind. 6. In § 7 Abs. 3 erhält der letzte Satz folgende Fassung: § 6 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. 7. In § 50 werden die Worte „von Wahlorganen und sonstigen Wahlbehörden" gestrichen. 8. § 54 erhält folgende neue Überschrift: Übergangsregelung. 9. § 56 erhält folgende Fassung: § 56 Ausdehnung des Geltungsbereiches dieses Gesetzes Dieses Gesetz ist in anderen Teilen Deutschlands nach deren Beitritt gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes in Kraft zu setzen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens und die Wahlkreiseinteilung werden durch Bundesgesetz bestimmt. Bonn, den 15. März 1956 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 8 Umdruck 548 (Vgl. S. 6953 A) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DA und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: In § 54 werden die einleitenden Worte: „Bis auf weiteres gilt folgende Regelung:" durch folgenden Wortlaut ersetzt: Solange im Hinblick auf Artikel 2 des Vertrages über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten vom 23. Oktober 1954 (Bundesgesetzbl. 1955 II S. 305) in Verbindung mit dem Schreiben der drei Hohen Kommissare in der Fassung vom 23. Oktober 1954 (Bundesgesetzbl. 1955 II S. 500) der vollen Anwendung dieses Gesetzes im Lande Berlin Hindernisse entgegenstehen, gilt folgende Regelung: Bonn, den 15. März 1956 Dr. Krone und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Dr. Elbrächter
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    Rede von Dr. Max Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten wird


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    diesem Gesetz zustimmen. Als die Debatte über das Wahlrecht begann, hat man allgemein im Volk gefragt: Warum eigentlich ein neues Wahlgesetz? Es gibt nur einen einzigen, und zwar formalen Grund dafür: weil das vorige Wahlgesetz nur für die Wahlen des Jahres 1953 ausdrücklich bestimmt war. Nur aus diesem formalen Grund war die Schaffung eines neuen Wahlgesetzes notwendig. Vorhin hat nun der Herr Kollege Cillien davon gesprochen, daß es sich hier um ein Wahlgesetz für das Jahr 1957 handle. Wenn das nicht nur ein falscher Zungenschlag war, müßte ich hier kategorisch erklären: Dieses Gesetz ist für die Dauer gemacht. Weil wir hoffen, daß auch Berlin einmal nach dem § 1 mit zur Wahl antritt, ist die Formulierung so getroffen, daß der § 1 ganz allgemein und für die Dauer gilt.
    Nun sind wir leider doch wieder in eine Diskussion darüber hineingekommen, was das bessere oder schlechtere Wahlsystem ist. Wir hatten nicht die Absicht, das zu tun; denn bei diesen Dingen handelt es sich nicht um wissenschaftliche Überzeugungen, sondern da haben sich die Meinungen schon so verhärtet, daß es sich um ein Dogma handelt, und gegen Dogmen läßt sich mit Gründen niemals ankämpfen.

    (Abg. Scharnberg: Vor allen Dingen wenn es keine Gründe gibt!)

    Aber ich will zu den Tatsachen, die hier als Gründe vorgetragen sind — nur damit sie nicht unwidersprochen in die Welt gehen —, auch einmal die gegenteiligen Tatsachen vortragen, die Gründe gegen das sogenannte Mehrheitswahlrecht oder, wie man es richtiger nennen müßte, Minderheitswahlrecht. Dieses sogenannte Mehrheitswahlrecht besteht darin, daß, wenn in einem Wahlkreis der Kandidat A 40 000 Stimmen, der Kandidat B 30 000 Stimmen und der Kandidat C 20 000 Stimmen erhalten hat, der mit 40 000 Stimmen gewählt ist, einer Zahl, die zweifellos nicht die Mehrheit, sondern die Minderheit des Wahlkreises darstellt. Also reden wir klar und deutlich vom englischen Minderheitswahlrecht!

    (Lebhafte Zurufe von allen Seiten. — Unruhe.)

    Meine Damen und Herren, wenn Sie — das haben Sie ausdrücklich gesagt — auf dem Umweg über das Wahlgesetz zu einem Zwei-ParteienSystem steuern wollen

    (Abg. Cillien: Die Entwicklung ging ohnehin dahin!)

    — das wurde ziemlich deutlich gesagt, nicht nur heute, sondern wiederholt —, dann wollen Sie mit anderen Worten die Wähler zwingen, sich nur in zwei Richtungen zu entscheiden, und wollen einer dritten Partei damit das Leben unmöglich machen. Was erreichen Sie damit? Sie machen viele Schichten des deutschen Volkes politisch heimatlos. Außerdem begehen Sie den Fehler, denjenigen, der in einem Wahlkreis sitzt, in dem es ihm durch berufliche Organisationen oder konfessionelle Gliederung unmöglich ist, mit seiner Stimme irgendeinen Einfluß zu halten, d. h. wo er weiß, daß er ständig unterliegt, an der politischen Tätigkeit verdrossen werden zu lassen. Das ist alles andere als ein Heranbringen an den Staat und an die Demokratie. Bei dem Verhältniswahlrecht hat jeder die Überzeugung, daß mit seiner Stimme zu einem Prozentsatz der Kandidat, den er wünscht, auch von ihm mitgewählt wird.
    Stellen Sie sich weiter vor: Wenn ein radikaler Umsturz der Wählermeinung eintritt oder auch lediglich ein solcher um nur 20 %, dann wirkt er sich beim sogenannten Minderheitswahlrecht so aus, daß sofort die andere Richtung ans Ruder kommt, und dann können die Leute wie in England alle fünf Jahre die Stahlindustrie mal sozialisieren und dann wieder reprivatisieren usw., hin und her. Das heißt mit anderen Worten, ein Umschwung der Wählerzahl um etwa 20 % bringt einen Umschwung in der Abgeordnetenzahl und in der Staatsführung um 50 bis 80, ja bis 100 % zustande.
    Nun diese wunderbare Erklärung, die wir immer wieder hören: Stabilität der Regierungen! Ja, sagen Sie mal: Ist denn hier die Regierung nun stabil oder ist sie nicht stabil?

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Seit 1949, d. h. seit sieben Jahren regiert hier, auf Grund eines Verhältniswahlrechtes gewählt und bestätigt durch ein Parlament, das auf der Grundlage des Verhältniswahlrechtes gewählt ist, eine Regierung,

    (Zuruf von der SPD: Ein einziger Mann!)

    die von Anfang bis zum Ende geblieben ist. Das kann man wirklich nicht unstabil nennen.

    (Abg. Scharnberg: Das möchten Sie doch einmal unstabil machen!)

    — Keine Spur! Sie wollen es mißverstehen, Herr Scharnberg, weil, wie ich schon sagte, man über Dogmen nicht diskutieren kann. Ich nenne deshalb auch nur unsere Gründe und gebe die Hoffnung auf, Sie zu überzeugen.
    Ein letzter Grund. Wenn der Proporz und das Verhältniswahlrecht so außerordentlich schlecht sind, warum wenden Sie, meine Damen und Herren, es dann innerhalb Ihrer Fraktion an?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Da wird doch aufgeteilt nach Konfessionen, auch nach dieser und jener Gruppierung.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Wenn ein Minister bestellt werden soll, wird gefragt, welcher Konfession er angehören muß. Es gibt da bestimmte Hausmachten in Ministerien.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist wohl bei Ihnen so! — Weitere Zurufe.)

    Wenn Sie schon den Proporz also für so schlecht halten, dann können Sie ihn bei sich auch nicht anwenden.

    (Abg. Cillien: Sind das noch ernsthafte Argumente?)

    Also soviel zum Wahlsystem.
    Ich habe eine weitere Erklärung abzugeben zu § 54 des vorliegenden Gesetzentwurfs, zu der Berlinklausel. Wenn in einer Sucht von Perfektionismus, die uns Deutschen ja eigen ist, auf die Pariser Verträge, auf Erklärungen der Westmächte hierzu Bezug genommen wird, — —

    (Zuruf von der Mitte.) — Ich habe Sie nicht verstanden.


    (Abg. Dr. Dresbach: Der Herr Notar soll nicht gegen Perfektionismus sprechen! Er muß perfekt sein! — Heiterkeit.)



    (Dr. Becker [Hersfeld])

    — Wie perfekt ich bin, werden Sie gleich hören.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ich sage: In einer Form des bei uns in Deutschland üblichen Überperfektionismus hat man jetzt statt der Worte „bis auf weiteres" eine Bezugnahme auf verschiedene internationale Verträge und Erklärungen der Westmächte hineingefügt. Ich möchte ausdrücklich erklären: Diese Bezugnahme bedeutet nicht, daß wir damit in diesen in bezug genommenen Bestimmungen ein juristisches Hindernis dafür sehen, daß Berlin direkt wählen kann.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Das möchte ich hier ganz deutlich festlegen. Die Präambel, die jetzt auch schon angenommen ist, bedeutet lediglich, daß zur Zeit gewisse politische Bedenken, rein politische Bedenken, also keine objektiven Tatsachen, sondern subjektive Tatsachen vorliegen und daß nur aus diesen Gründen heraus die Übergangsbestimmung geschaffen worden ist.
    Zum Schluß noch zwei Bemerkungen. Wir stimmen diesem Wahlgesetz um so mehr zu, als es sich vom vorigen im wesentlichen nicht unterscheidet und als damit der Grundsatz gebilligt ist, daß ein Parlament sich unter dem gleichen Wahlrecht dem Urteil der Bevölkerung stellen soll, unter dem es selbst gewählt ist.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD. — Abg. Sabel: Dann dürfen wir nie etwas ändern!)

    Ich darf ferner feststellen, daß dieses Wahlrecht auf dem System des Verhältniswahlrechtes beruht, auf dem gleichen System, auf dem das Wiedervereinigungswahlrecht beruht, das wir am 6. Februar 1952 einstimmig in diesem Hause beschlossen haben.

    (Abg. Kunze [Bethel]: Das ist etwas ganz anderes! — Abg. Scharnberg: Das ist ja auch für eine verfassunggebende Versammlung!)

    Dieses Verhältniswahlrecht haben die westlichen Politiker und Minister auf der Konferenz in Berlin und im Oktober vorigen Jahres auf der Konferenz in Genf dem Osten als Beispiel, als Muster, als Grundlage für eine Abstimmung über die Wiedervereinigung vorgelegt. Wir hoffen, daß es unter diesem Wahlrecht, das wir noch annehmen, sowohl möglich sein wird, daß der einzelne in Berlin direkt wählt, wie auch, daß dieses Verhältniswahlrecht, welches das gleiche ist wie das Wiedervereinigungswahlrecht, nun auch bald zur Wiedervereinigung führt. Wir freuen uns insbesondere, daß es nach diesem Gesetz auch möglich ist, daß die deutsche Saar demnächst noch hier mitwählen kann.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und dem GB/BHE.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Brühler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst-Christoph Brühler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der Deutschen Partei gebe ich folgende Erklärung ab.
    Die Fraktion der Deutschen Partei hat sich seit jeher grundsätzlich für das absolute Mehrheitswahlrecht eingesetzt.

    (Schallendes Gelächter bei der SPD. — Abg. Wehner: Auf Untermiete!)