Rede:
ID0213406100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2134

  • date_rangeDatum: 15. März 1956

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    2. Deutscher Bundestag — 134. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1956 6931 13 4. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. März 1956. Überweisung des Antrags der Abg. Ruhnke u. Gen. auf Erstattung eines Rechtsgutachtens über die Zuständigkeit des Bundes auf Gebieten des Wasserrechts sowie des Wasser- und Bodenverbandsrechts (Drucksache 1432) an den Sonderausschuß Wasserhaushaltsgesetz 6931 D Aufhebung der Mitbeteiligung des Ausschusses für Verkehrswesen an der Vorberatung des Antrags der Abg. Klausner u. Gen. betr. Zinsverbilligungsmittel für den Fremdenverkehr (Drucksache 2096) 6932 A Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 226, 230, 231 (Drucksachen 2065, 2204; 2087, 2149; 2098, 2215) 6932 A Bildung der Fraktion der Demokratischen Arbeitsgemeinschaft (DA): Präsident D. Dr. Gerstenmaier 6932 B Dr. Menzel (SPD) 6932 B Dr. Horlacher (CDU/CSU) 6932 D Dr. Schneider (Lollar) (DA) 6933 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 6934 A Abstimmungen . 6934 B Geschäftliche Mitteilungen 6950 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 1272, 1444, 1494); Schriftlicher Bericht des Wahlrechtsausschusses (Drucksachen 2206, zu 2206; Umdrucke 540, 542, 543, 545, 547, 548) 6934 B, 6950 A Scharnberg (CDU/CSU): als Berichterstatter 6934 B Schriftlicher Bericht .. . . . 6958 D als Abgeordneter . . 6937 B, 6939 B, 6941 D, 6954 A Dr. Jaeger (CDU/CSU). . . 6934 C, 6937 A, 6940 D, 6941 D, 6954 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) 6935 B, 6936 C, 6955 B Brand (Remscheid) (CDU/CSU) . . . 6936 A Erler (SPD) 6937 B, C Dr. Mommer (SPD) 6937 C Wittrock (SPD) 6938 A Petersen (GB/BHE) 6938 D, 6940 C, 6941 D, 6957 C Mattick (SPD) 6939 C, 6943 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 6941 B, 6955 D Ritzel (SPD) 6942 B, 6952 B Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . . . 6946 D Wehner (SPD) 6948 B Dr. Krone (CDU/CSU) 6949 C Unterbrechung der Sitzung . . 6950 A Rehs (SPD) 6950 C Bausch (CDU/CSU) 6952 A Sabel (CDU/CSU) 6952 C Cillien (CDU/CSU) 6953 B Dr. Brühler (DP) 6957 B Abstimmungen . . 6935 A, 6937 D, 6939 D, 6942 A, 6943 B, 6949 D, 6950 B, 6958 A Änderung der Tagesordnung 6950 A Nächste Sitzung 6950 A, 6958 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6958 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Wahlausschusses über den Entwurf eines Bundeswahlgesetzes (zu Drucksache 2206) . . . . 6958 D Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 540) 6961 B Anlage 4: Änderungsantrag der Abg. Dr. Jaeger u. Gen. zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 542) 6961 C Anlage 5: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 543) 6961 D Anlage 6: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP u. Gen. zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 545) 6962 A Anlage 7: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 547) 6962 B Anlage 8: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DA u. Gen. zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Umdruck 548) 6962 D Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Peters 15. 7. Dr. Starke 30. 4. Mensing 15. 4. Kalbitzer 7. 4. Lulay 7. 4. Dr. Dr. h. e. Prinz zu Löwenstein 1. 4. Diedrichsen 31. 3. Dr. Hammer 31. 3. • Dr. Kopf 31. 3. Moll 31. 3. von Manteuffel (Neuß) 28. 3. Gedat 24. 3. Horn 24. 3. Höfler 18. 3. Albers 17. 3. Bender 17. 3. Dr. Blank (Oberhausen) 17. 3. Dr. Bürkel 17. 3. Dr. Deist 17. 3. Dr. Dittrich 17. 3. Dr. Drechsel 17. 3. Dr. Eckhardt 17. 3. Dr. Franz 17. 3. Dr. Furler 17. 3. Held 17. 3. Hoogen 17. 3. Hörauf 17. 3. Dr. Kreyssig 17. 3. Lenz (Brühl) 17. 3. Dr. Luchtenberg 17. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 17. 3. Dr. von Merkatz 17. 3. Dr. Oesterle 17. 3. Pelster 17. 3. Dr. Pohle (Düsseldorf) 17. 3. Dr. Dr. h. c. Pünder 17. 3. Sabaß 17. 3. Dr. Schöne 17. 3. Dr. Stammberger 17. 3. Wehner 17. 3. Brandt (Berlin) 16. 3. Dr. Dollinger 16. 3. Dr. Gille 16. 3. Kunz (Schwalbach) 16. 3. Dr. Gleissner (München) 16. 3. Lemmer 16. 3. Frau Dr. Maxsein 16. 3. Morgenthaler 16. 3. Müller (Erbendorf) 16. 3. Richarts 16. 3. Scheppmann 16. 3. Dr. Schild(Düsseldorf) 16. 3. Dr. Strosche 16. 3. Stücklen 16. 3. Dr. Winter 16. 3. Berendsen 15. 3. Brockmann (Rinkerode) 15. 3. Dr. Bucher 15. 3. Dr. Czermak 15. 3. Ehren 15. 3. Lenz (Trossingen) 15. 3. Dr. Reichstein 15. 3. Dr. Weber (Koblenz) 15. 3. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Meitmann 12. 5. Miller 10. 4. Kahn 1. 4. Böhm (Düsseldorf) 31. 3. Dr. Maier (Stuttgart) 31. 3. Dopatka 23. 3. Dr. Lindenberg 23. 3. Anlage 2 zu Drucksache 2206 (Vgl. S. 6934 B) Schriftlicher Bericht des Wahlrechtsausschusses (1. Sonderausschuß) über die von der Fraktion der SPD (Drucksache 1272), von der Fraktion der FDP (Drucksache 1444) und von den Abgeordneten Stücklen, Dr. Jaeger, Lücke und Genossen (Drucksache 1494) eingebrachten Entwürfe eines Bundeswahlgesetzes. Berichterstatter: Abgeordneter Scharnberg Dem Deutschen Bundestag wurden drei Initiativgesetzentwürfe zu einem Wahlrecht zugeleitet. Der erste Entwurf wurde am 16. März 1955 von der SPD, der zweite am 10. Juni 1955 von der FDP und der dritte am 24. Juni 1955 von dem Abgeordneten Stücklen und einer Reihe Abgeordneter der CDU/CSU eingereicht. (Scharnberg) Der Bundestag hat in seiner 94. Sitzung am 6. Juli 1955 über diese Gesetzentwürfe in erster Lesung beraten und sie zur weiteren Behandlung dem 1. Sonderausschuß — Wahlrechtsausschuß — überwiesen. Dieser Ausschuß hat am 29. September 1955 seine Beratungen aufgenommen und in 12 Sitzungen (einschließlich 2 Sitzungen eines Unterausschusses) verhandelt. Er hat zwecks Beschleunigung der Beratung von einer Grundsatzaussprache abgesehen und ist sofort in die erste Lesung des Abschnittes „Wahlsystem" eingetreten. Abstimmungen ergaben, daß eine Mehrheit für das von den Abgeordneten Stücklen und Genossen beantragte relative Mehrheitswahlrecht nicht im Ausschuß vorhanden war. Darauf wurde das absolute Mehrheitswahlrecht in 400 Wahlkreisen beantragt. Auch dieser Antrag wurde mit Mehrheit abgelehnt. Danach standen nur noch die beiden Wahlgesetzentwürfe der SPD und der FDP zur Diskussion. Beide Entwürfe wollten grundsätzlich ein personifiziertes Verhältniswahlrecht, das heißt, daß für die Errechnung der den einzelnen Parteien zustehenden Mandate ausschließlich die in den Ländern für sie abgegebenen Stimmen maßgebend wären. Zwar wurden in 242 Wahlkreisen Abgeordnete nach dem Prinzip der Personenwahl gewählt, die staatspolitische Auswirkung der Mehrheitswahl aber kam dadurch nicht zustande, daß die in der Personenwahl errungenen Mandate auf die verhältnismäßig jeder Partei zustehenden Mandate angerechnet wurden. Der Unterschied zwischen der SPD- und FDP-Vorlage bestand im wesentlichen darin, daß die SPD-Vorlage dem Wähler nur eine Stimme zubilligte, mit der er sowohl den Kandidaten im Wahlkreis wie die Landesliste und damit den maßgeblichen Verhältnisanteil der von ihm gewünschten Partei wählte, während die FDP-Vorlage zwei Stimmen gewährte und dadurch die Möglichkeit schaffte, mit der zweiten, für die verhältnismäßige Verrechnung allein maßgeblichen Stimme eine Partei und mit der ersten Stimme im Wahlkreis einen parteilosen Bewerber oder den Bewerber einer anderen Partei zu wählen. Die Vertreter der CDU/CSU und der DP stellten in der Sitzung vom 14. Dezember 1955 den Antrag, unter Beibehaltung der zwei Stimmen eine vollständige Trennung beider Stimmen vorzunehmen, also die Bestimmung, wonach die im Wahlkreis errungenen Mandate auf die verhältnismäßig den einzelnen Parteien zustehenden Sitze angerechnet wird, zu streichen. Danach wäre eine eindeutige Trennung zwischen dem Mehrheits- und Verhältnissektor hergestellt worden dergestalt, daß 242 Abgeordnete nach dem relativen Mehrheitswahlrecht und die restlichen Abgeordneten nach dem listenmäßigen Verhältniswahlrecht gewählt werden sollten. Dieser Antrag kam jedoch nicht zur Abstimmung; er führte zu einer Unterbrechung der Sitzungen des Wahlrechtsausschusses. Die Sitzungen wurden am 24. Februar 1956 wieder aufgenommen. Der Antrag der CDU/CSU-DP wurde nicht wieder zur Diskussion gestellt, und die Abstimmungen ergaben eine Mehrheit für den von der FDP vorgelegten Entwurf. Die wesentliche Bestimmung enthält der § 6 des Gesetzentwurfes. Die vorliegende Fassung wurde mit Mehrheit angenommen. Die überstimmte Minderheit gab eine Erklärung ab, die bei den nachstehenden Ausführungen zu § 6 wiedergegeben ist. Im einzelnen ist folgendes zu berichten: Zu § 1 Abs. 1 Der Ausschuß hielt die in den Initiativentwürfen vorgesehene Zahl der Abgeordneten (418 bzw. 420) für nicht hinreichend. Die Ausschußfassung sieht deshalb vorbehaltlich der sich aus diesem Gesetz ergebenden Abweichungen 506 Abgeordnete vor einschließlich der 22 Abgeordneten des Landes Berlin. A b s. 2 Die Abgeordneten werden zur Hälfte in Wahlkreisen (253), zur anderen Hälfte nach Landeslisten gewählt. Zu § 2 A b s. 1 Der Ausschuß ging davon aus, daß unter Wahlgebiet das Bundesgebiet einschließlich Berlin zu verstehen ist. Wegen der für Berlin getroffenen Sonderbestimmungen wird auf § 54 verwiesen. A b s. 2 Infolge der Kürze der bis zur Bundestagswahl noch zur Verfügung stehenden Zeit soll auch zum dritten Deutschen Bundestag auf Grund der alten Wahlkreiseinteilung gewählt werden. Zu §3 Die Wohnbevölkerung der Bundestagswahlkreise hat sich nach der amtlichen Statistik inzwischen beachtlich verändert. Am Stichtag (30. Juni 1955) beträgt der Durchschnitt der Einwohnerzahl der 242 alten Wahlkreise 206 590. In 25 Fällen liegen Abweichungen von mehr als 50 000 von der durchschnittlichen Einwohnerzahl eines Wahlkreises nach oben und in 20 Fällen Abweichungen in gleicher Höhe nach unten vor. Der Ausschuß hat es deshalb für zweckmäßig gehalten, in § 3 Abs. 3 vorzusehen, daß die Abweichung von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise nicht mehr als 33 1/3 v. H. nach oben und unten betragen solle. Wesentlich ist, daß die Wahlkreiskommission der Regierung lediglich zu berichten hat und die Veränderungen der Wahlkreise nur durch Bundesgesetz erfolgen kann. Zu §4 Der Ausschuß hielt mit Mehrheit am Zweistimmenwahlrecht fest. Zu §6 Abg. Brand (Remscheid) gab in der 8. Sitzung des Wahlrechtsausschusses die folgende Erklärung zu Protokoll: „Im Namen einer Anzahl Kollegen der CDU/ CSU gebe ich die Erklärung ab, daß wir nach wie vor Anhänger eines Mehrheitswahlrechts oder eines Mischsystems, das dem Mehrheitswahlrecht entgegenkommt, sind. Dabei leiten uns ausschließlich staatspolitische Erwägungen, die hier im Ausschuß und in der Öffentlichkeit von uns immer wieder vorgetragen worden sind. Wenn die Kollegen, für die ich spreche, sich trotzdem entschlossen haben, sich bei der Abstimmung über den einschlägigen Paragraphen der Stimme zu enthalten, so leitet uns hierbei ausschließlich die Überlegung, daß es nötig ist, ein Wahlgesetz auf möglichst breiter Basis zu- (Scharnberg) Stande zu bringen, zumal wir sonst in einen wahlgesetzlosen Zustand kommen würden. Wir möchten aber aus diesem Anlaß zum Ausdruck bringen, daß wir der weiteren Entwicklung unserer Demokratie auf der Basis des unseres Erachtens nicht guten personifizierten Verhältniswahlrechts besorgt entgegensehen." Abs. 1 Der Abs. 1 enthält eine Automatik dergestalt, daß sämtliche nach Landeslisten zu vergebenden Mandate in einem einheitlichen Berechnungsvorgang auf die Landeslisten aller Parteien in allen Ländern nach dem Höchstzahlverfahren d'Hondt verteilt werden. Eine starre Regelung, wie sie § 6 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes von 1953 — mit festen Abgeordnetenzahlen der Länder — enthält, entfällt damit. Abs. 2 Entsprechend den Entwürfen der SPD — Drucksache 1272 — und der FDP — Drucksache 1444 — wird in Abs. 2 festgelegt, daß bei der Verteilung der Landeslistensitze die in direkter Wahl errungenen Sitze zu berücksichtigen sind. Abs. 3 Wie bisher besteht die Möglichkeit einer Erzielung von Überhangmandaten. Abs. 4 Die Sperrklausel entspricht dem Entwurf der FDP. Zu §7 Die Einführung der Möglichkeit einer Verbindung von mehreren Landeslisten derselben Partei ist neu. Zu § 14 Die in alle drei Initiativentwürfe aufgenommene Bestimmung, daß das Wahlrecht auch für Personen ruhe, die sich in Strafhaft befinden, wurde von der Mehrheit des Ausschusses abgelehnt. Der Ausschuß ging hierbei von der Erwägung aus, daß Personen, die kein ehrenrühriges Delikt begangen haben, das Wahlrecht belassen werden sollte. In den Fällen, in denen der Inhaftierte eine Straftat begangen hat, die zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte führte, sei das Wahlrecht bereits nach § 13 Nr. 2 ausgeschlossen worden. Zu § 16 Abs. 1 Entsprechend dem Entwurf der SPD — Drucksache 1272 — wurde das Erfordernis eines Wohnsitzes im Wahlgebiet als Voraussetzung der Wählbarkeit nicht wieder in das Gesetz aufgenommen. Zweck der Regelung ist es, auch den außerhalb des Bundesgebietes wohnenden Deutschen eine Kandidatur zum Bundestag zu ermöglichen. Zu § 21 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 2 in § 21 Abs. 2 soll verhindern, daß die Parteien nationaler Minderheiten gezwungen sind, in jedem Wahlkreis, in dem sie einen Bewerber benennen wollen, 200 Unterschriften zu sammeln. Eine entsprechende Bestimmung für die Landeslisten ist in § 28 Abs. 1 eingesetzt. Zu § 22 Abs. 4 Abs. 4 soll den Landesvorständen oder anderen in den Parteisatzungen hierfür vorgesehenen Stellen die Möglichkeit geben, gegen die Aufstellung von ihnen ungeeignet erscheinenden Bewerbern durch die Mitglieder- oder Vertreterversammlungen Einspruch zu erheben. Dieser Einspruch soll nur durch qualifizierten Beschluß der Versammlung überwunden werden können. Zu § 36 Der Ausschuß ließ sich bei der Einführung der Briefwahl von den guten praktischen Erfahrungen leiten, die in mehreren europäischen und außereuropäischen Ländern damit gemacht worden sind. Vom Ausschuß wurde erwogen, ob nicht alle die Wahlbriefe als rechtzeitig übersandt gelten sollten, die bis zum Wahltage um 18 Uhr bei der Post aufgegeben worden sind. Es wurde darauf hingewiesen, es sei nach der bisherigen Regelung nicht ausgeschlossen, daß an sich rechtzeitig aufgegebene Wahlbriefe durch Verzögerungen im Postverkehr oder durch Naturkatastrophen verspätet eingehen könnten. Der Ausschuß ging bei der Beschlußfassung von der Erwartung aus, daß die Bundeswahlordnung eine Bestimmung des Inhalts treffen werde, daß bei Vorliegen der genannten Umstände nicht der Zeitpunkt des Eingangs des Wahlbriefes, sondern des Poststempels maßgebend sein soll. Der Ausschuß ging bei der Beschlußfassung weiter von der Erwartung aus, daß in der Bundeswahlordnung eine Regelung zu treffen sei, wonach Wahlberechtigte, die gemäß § 18 Abs. 2 wählen, außer ihrem Wahlschein einen Stimmzettel und den Vordruck einer eidesstattlichen Erklärung erhalten sollen, um damit die Zahl ungültiger oder nicht rechtzeitig eingegangener Stimmzettel zu verringern. Der Stimmzettel und der Vordruck einer eidesstattlichen Versicherung sollen dem Wahlberechtigten möglichst gleichzeitig mit dem Wahlschein übergeben werden. Zu § 38 Der im Entwurf der FDP — Drucksache 1444 — vorgesehene § 36 Abs. 2: „(2) Das Wahlgeheimnis ist insbesondere im Hinblick auf den dem Wahlbrief beigeschlossenen Wahlschein sicherzustellen." wurde nicht in der Ausschußfassung übernommen, da bereits Art. 38 GG ein entsprechendes Gebot enthält. Zu § 46 Abs. 1 Über die in den drei Initiativentwürfen vorgesehenen Mandatsverlustgründe hinaus hat der Ausschuß die Nr. 2 und 4 in das Gesetz eingefügt, da die dort angesprochenen Fälle von den übrigen Verlustgründen nicht erfaßt werden. Zu § 48 Abs. 1 Mit Satz 2 soll verhindert werden, daß Listenanwärter in den Bundestag nachrücken, die seit dem Zeitpunkt der Aufstellung der Landesliste aus der Partei ausgeschieden sind. Zu § 52 Die Einfügung dieser Bestimmung soll eine gesetzliche Grundlage für die wahlstatistischen Erhebungen schaffen. (Scharnberg) Zu § 53 Abs. 1 Der Ausschuß hat durch Einfügung des Wortes „insbesondere" darauf hinweisen wollen, daß der aufgenommene Katalog nicht erschöpfend ist. Der Anregung der drei Stadtstaaten, in das Bundeswahlgesetz eine Bestimmung aufzunehmen, wonach die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg ermächtigt seien, die organisatorischen Vorschriften dieses Gesetzes an den besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen, konnte der Ausschuß nicht entsprechen. Er hat auf Hinweis des Regierungsvertreters beschlossen, daß in der Bundeswahlordnung folgende Bestimmung vorgesehen werden soll: „In den Ländern Berlin, Bremen und Hamburg bestimmt die Landesregierung, welche Stellen die im Gesetz und in der Bundeswahlordnung der Gemeindebehörde übertragenen Aufgaben wahrnehmen." Zu § 54 Der Ausschuß war einstimmig der Auffassung, daß für die Dauer eine gesetzliche Regelung vorliegen müsse, die das Land Berlin den übrigen Ländern der Bundesrepublik gegenüber wahlrechtlich gleichstelle; deshalb wurde der § 1 Abs. 1 einstimmig gebilligt. Wegen der derzeitigen besonderen politischen Verhältnisse beschloß der Ausschuß jedoch mit Mehrheit bei einigen Enthaltungen, die im § 54 vorgesehenen Sonderbestimmungen für Berlin mit einer Regelung, die „bis auf weiteres" gilt, in die Schlußbestimmungen aufzunehmen. Der Entwurf der SPD hat in seinem Zweiten Teil die Wahl der Bundesversammlung und des Bundespräsidenten behandelt. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß die diesbezüglichen Bestimmungen im Hinblick auf die Bedeutung der Wahl des Bundespräsidenten in einem besonderen Gesetz niedergelegt werden sollten. Die Bundesregierung hat mitgeteilt, daß sie noch einige Änderungen zu dem vorliegenden Entwurf, der im wesentlichen der bisherigen Regelung entspricht, anzuregen hat. Der Ausschuß wird die Beratung dieses Gesetzes baldmöglichst durchführen und dem Bundestag das Ergebnis in Form eines gesonderten Gesetzentwurfs vorlegen. Mit Rücksicht hierauf bezieht sich der Antrag des Ausschusses nicht auf die Ablehnung des Zweiten Teils des von der Fraktion der SPD eingebrachten Gesetzentwurfs — Drucksache 1272 —. Bonn, den 14. März 1956 Scharnberg Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 540 (Vgl. S. 6938 D ff.) Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 6 Abs. 4 Zeile 3 werden die Worte „5 v. H." ersetzt durch die Worte „eine Million". Für den Fall der Ablehnung der vorstehenden Nummer 1: 2. § 6 Abs. 4 erhält folgende Fassung: (4) Bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5 v. H. der im Wahlgebiet oder je 10 v. H. der in zwei Ländern abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten oder in drei Wahlkreisen des Wahlgebietes je einen Sitz errungen haben. Satz 1 findet auf die von Parteien nationaler Minderheiten eingereichten Listen keine Anwendung. 3. In § 22 Abs. 4 erhält Satz 3 folgende Fassung: Ihr Ergebnis ist endgültig, wenn die Versammlung mit einer Mehrheit der Abstimmenden den Einspruch zurückweist. Bonn, den 14. März 1956 Seiboth und Fraktion Anlage 4 Umdruck 542 (Vgl. 6940 D) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Jaeger, Sabel, Dr. Horlacher und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: In § 22 Abs. 4 werden die Sätze 3 und 4 gestrichen. Bonn, den 14. März 1956 Dr. Jaeger Sabel Dr. Horlacher Frau Ackermann Albers Dr. Brönner Franzen Häussler Hilbert Dr. Köhler Dr. Leiske Lücke Raestrup Ruf Schüttler Spies (Brücken) Dr. Storm Dr. Willeke Anlage 5 Umdruck 543 (Vgl. S. 6935 B, 6937D, 6942 B) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 4 erhält folgende Fassung: § 4 Einheit der Stimmabgabe Als Grundlage der Wahlhandlung dienen sowohl die Kreiswahlvorschläge wie die Landeswahlvorschläge (Landeslisten). Die Stimmabgabe für den Kreiswahlvorschlag einer Partei enthält zugleich die Stimmabgabe für den Landeswahlvorschlag (Landesliste) derselben Partei. 2. Im § 6 Abs. 4 Satz 1 a) wird in Zeile 3 das Wort „Wahlgebiet" ersetzt durch das Wort „Land"; b) werden in Zeile 5 die Worte „in mindestens 3 Wahlkreisen" ersetzt durch die Worte „in mindestens einem Wahlkreis". 3. Im § 28 Abs. 1 erhält der erste Satz folgende Fassung: Landeslisten können nur von Parteien eingereicht werden, die in jedem Wahlkreis des betreffenden Landes einen Bewerber aufgestellt haben. 4. Im § 35 erhält Absatz 2 folgende Fassung: (2) Der Wähler gibt seine Stimme in der Weise ab, daß er durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder auf andere Weise eindeutig kenntlich macht, für welchen Bewerber sie gelten soll. 5. § 54 wird gestrichen. Bonn, den 15. März 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 545 (Vgl. S. 6950 C, 6952 D) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: In § 14 wird die folgende Nr. 1 a eingefügt: 1 a. die sich in Strafhaft befinden. Bonn, den 15 März 1956 Bausch Frau Dr. Bleyler (Freiburg) Finckh Häussler Hilbert Dr. Leiske Lücke Maucher Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) Müser Naegel Frau Rösch Rümmele Ruf Sabel Schüttler Dr. Willeke Dr. Krone und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Dr. Mende Anlage 7 Umdruck 547 (Vgl. S. 6950 B, 6952 D) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: In § 6 Abs. 1 erhält Satz 3 folgende Fassung: Von der Gesamtzahl der Abgeordneten (§ 1 Abs. 1) wird die Zahl der erfolgreichen Wahlkreisbewerber abgezogen, die in Satz 2 genannt oder von einer nach Absatz 4 nicht zu berücksichtigenden Partei vorgeschlagen sind. 6. In § 7 Abs. 3 erhält der letzte Satz folgende Fassung: § 6 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. 7. In § 50 werden die Worte „von Wahlorganen und sonstigen Wahlbehörden" gestrichen. 8. § 54 erhält folgende neue Überschrift: Übergangsregelung. 9. § 56 erhält folgende Fassung: § 56 Ausdehnung des Geltungsbereiches dieses Gesetzes Dieses Gesetz ist in anderen Teilen Deutschlands nach deren Beitritt gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes in Kraft zu setzen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens und die Wahlkreiseinteilung werden durch Bundesgesetz bestimmt. Bonn, den 15. März 1956 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 8 Umdruck 548 (Vgl. S. 6953 A) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DA und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 2206, 1272, 1444, 1494). Der Bundestag wolle beschließen: In § 54 werden die einleitenden Worte: „Bis auf weiteres gilt folgende Regelung:" durch folgenden Wortlaut ersetzt: Solange im Hinblick auf Artikel 2 des Vertrages über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten vom 23. Oktober 1954 (Bundesgesetzbl. 1955 II S. 305) in Verbindung mit dem Schreiben der drei Hohen Kommissare in der Fassung vom 23. Oktober 1954 (Bundesgesetzbl. 1955 II S. 500) der vollen Anwendung dieses Gesetzes im Lande Berlin Hindernisse entgegenstehen, gilt folgende Regelung: Bonn, den 15. März 1956 Dr. Krone und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Dr. Elbrächter
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    Rede von Dr. Ferdinand Friedensburg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde der CDU/CSU haben ernsthaft und ehrlich den Wunsch gehabt, das Wahlgesetz auf möglichst breiter Grundlage zu verabschieden und deshalb in möglichst großem Umfang auch den Wünschen der anderen Parteien entgegenzukommen. Dieser grundsätzlichen Auffassung folgend, haben wir wichtige Zugeständnisse gemacht, Zugeständnisse, die vielen — ich darf sagen, den meisten von uns — außerordentlich schwer werden. Wir haben deshalb auch ernsthaft geprüft, ob wir in


    (Dr. Friedensburg)

    diesem Punkte den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion hätten entgegenkommen können. Ich muß feststellen, daß uns das nicht möglich ist und daß die Fraktion, der ich die Ehre habe anzugehören, auf Grund einer einhelligen Stellungnahme der Berliner Mitglieder dieser Fraktion den Wunsch hat, es einstweilen bei dem jetzigen Zustand zu belassen.
    Keine Frage, daß auch wir den Wunsch haben, möglichst bald gemeinsam mit allen anderen Deutschen ein gemeinsames deutsches Parlament zu wählen. Wir können den Tag nicht abwarten, an dem das geschieht. Aber wir überlegen bis dahin sehr sorgfältig, ob die Entscheidung, die wir treffen, der Aufgabe dient oder ihr womöglich Schaden zufügt,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    und wir fürchten, daß wir im vorliegenden Falle der Sache gerade im Sinne der gesamtdeutschen Zielsetzung, der Absicht, uns eines Tages an einem gesamtdeutschen Parlament zu beteiligen, keinen Dienst erweisen. Ich fürchte, meinen sozialdemokratischen Kollegen überhaupt sagen zu müssen, daß wir durch das Aufrollen dieser Frage als eines Streitfalles sowohl zwischen uns als auch gegenüber manchen ausländischen Mächten der Sache Berlins wahrscheinlich keinen guten Dienst erweisen.

    (Lehhafte Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Ich darf sagen, daß hier 'nicht etwa ein selbstsüchtiges Interesse der CDU/CSU-Fraktion spricht. Unsere Freunde wissen, daß die Person des Bundeskanzlers und die Bundespolitik in Berlin eine sehr große Rolle spielen, und ich möchte beinahe annehmen, daß sich, wenn wir im nächsten Jahre etwa unter dem Gesichtspunkt der Bundespolitik wählen könnten, die Mehrheit für die ChristlichDemokratische Union aussprechen würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Mattick: Probieren wir es doch!)

    Wenn wir trotzdem glauben, uns dem Anliegen der sozialdemokratischen Kollegen versagen zu müssen, so tun wir das aus wohlerwogenen, ernsthaften Gründen. Darauf möchte ich gegenüber den Ausführungen meines Kollegen Mattick hinweisen.
    Ihre Bemerkung, Herr Kollege Mattick, einige Mitglieder der Christlich-Demokratischen Union hätten in dieser Frage in der letzten Zeit ihren Standpunkt gewandelt, entspricht wohl nicht den Tatsachen. Mir sind nur die öffentliche Äußerung meines Freundes Lemmer, der leider heute nicht unter uns sein kann, und meine eigene Auffassung hierzu bekannt. Wir beide haben uns von Anfang an, vom Tage der Spaltung der Stadt an, unablässig und einmütig dahin bemüht, die uns leider auf-erzwungene Spaltung unsererseits nicht noch durch freiwillige Entscheidungen zu vergrößern, sondern im Gegenteil jeden Zoll breit Berliner Einheit und damit letzten Restes deutscher Einheit zu verteidigen, solange überhaupt eine Möglichkeit dafür besteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    In unserer Frage haben wir nun einmal auch die Ansicht der Alliierten vor uns. Sie ist keine Überraschung für uns. Die Alliierten sind immer der Ansicht gewesen, daß es einstweilen bei dem jetzigen Rechtszustand und Tatsachenbestand bleiben müsse. Persönlich bin ich herzlich gern bereit, auch gegen die Auffassungen und die Ansichten der Alliierten aufzutreten, in allen Dingen, nur dort nicht, wo das Lebensinteresse der Stadt berührt wird, in der ich zu leben das Glück habe.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Selbst wenn ich nicht der Ansicht wäre, daß der Standpunkt der Alliierten berechtigt sei, sondern wenn ich Bedenken dagegen hätte, würde ich sehr große Zweifel haben, ob es gut wäre, einen Konflikt mit den dortigen Besatzungsmächten in einer Frage hervorzurufen, die Berlin so stark betrifft. Das kann nicht gut sein. Wir haben — für Berlin — ein Lebensinteresse daran, daß die Zugehörigkeit der Westalliierten zu dieser Stadt auch nicht im geringsten beeinträchtigt wird.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Es kann unter Umständen von verhältnismäßig kleinen Imponderabilien abhängen, ob sich die Waagschale eines Sich-Einsetzens für Berlin nach der einen oder anderen Seite verschiebt.
    Aber ich kann auch nicht zugeben, daß der Standpunkt der Besatzungsmächte in diesem Punkte falsch ist. Meine Damen und Herren, sollten wir nicht im Gegenteil dankbar sein, daß die Besatzungsmächte einen solchen Standpunkt einnehmen?

    (Richtig! in der Mitte.)

    Wäre es nicht eine fürchterliche Sorge für uns alle, wenn wir aus dem Lager der diplomatischen Vertretungen hörten: Was die Berliner machen, ist uns ganz egal; die können das und jenes tun!

    (Abg. Dr. Becker [Hersfeld]: Muß das öffentlich erörtert werden?)

    Ich glaube nicht, daß das eine glückliche Situation wäre.
    Wir haben vor allen Dingen ein großes Interesse daran — und da möchte ich auch dem Kollegen Mattick widersprechen —, daß der Viermächtestatus dieser Stadt auch dort nicht mehr verändert wird, wo nur noch Reste davon bestehen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Es ist auch für uns lebenswichtig, daß die volle Verantwortung der Siegermächte für diese Stadt aufrechterhalten wird.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Selbst wenn das in einzelnen Punkten nur noch eine Fiktion bleiben sollte, ist diese Fiktion unter Umständen geschichtlich und weltpolitisch von Wert, und wir wollen daran nicht unnötig rühren.
    Endlich aber, und da möchte ich aus eigener Erfahrung sprechen: Wo ist denn hier von einer Benachteiligung etwas zu spüren? Die Berliner Abgeordneten fallen hin und wieder einmal beim sogenannten Hammelsprung auf, aber sonst kann doch von irgendeiner Zurücksetzung der Berliner überhaupt nicht die Rede sein. Wir haben bei den entscheidenden Dingen und bei den Beratungen im Ausschuß die Möglichkeit, uns an allen Entscheidungen dieses Hauses zu beteiligen. Ich glaube sogar sagen zu können — ich weiß nicht, Herr Kollege Mattick, ob es in Ihrer Fraktion anders ist —: in meiner Fraktion habe ich beinahe den Eindruck, daß wir Berliner Abgeordneten in gewisser Weise privilegiert sind, daß man auf uns stärker hört, als wenn wir aus einem andern Teil Deutschlands kämen. Ich würde mich geradezu für undankbar


    (Dr. Friedensburg)

    halten, wenn ich mich auf der Tribüne dieses Hauses als ein irgendwie benachteiligter Abgeordneter bezeichnen wollte.
    Die von Ihnen angeführten sozialpolitischen Entscheidungen liegen nicht in meiner Zuständigkeit. Aber, Herr Kollege Mattick, gerade da wundert es mich, daß die sozialdemokratische Fraktion, die sonst bei dieser Gelegenheit durchaus für die volle Eingliederung und die volle Zugehörigkeit eintritt, bei der Anwendung der Gesetze bisweilen den entgegengesetzten Standpunkt einnimmt und nun plötzlich eine Sonderstellung Berlins haben will. Das scheint mir nicht recht logisch zu sein, und man sollte gerade diese Erinnerung bei dieser Gelegenheit nicht heraufbeschwören. Berlin nimmt gegenüber Süddeutschland und Westdeutschland in mancher Hinsicht eine Sonderstellung ein. Ich bin es jedoch meinen politischen Freunden schuldig, festzustellen, daß wir Berliner uns hier noch niemals als benachteiligt oder als Fremdkörper empfunden haben. Wenn es in Ihrer Fraktion, in der SPD, anders sein sollte, dann steht Ihnen ja der Weg zu uns gern offen!

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    Nun noch ein ernstes Wort, meine Damen und Herren! Ich halte es nach der ganzen geschichtlichen Überlieferung nicht für glücklich, wenn die Berliner sich hier so oft, wie das auch bei den Beratungen über die Finanzhilfe für Berlin geschieht, als irgendwie zurückgesetzt hinstellen. Herr Kollege Mattick, das ist nicht Berliner Art und — wenn mir süddeutschen und westdeutschen Freunde gestatten, das zu sagen — das ist auch nicht preußische Art. Die alte Hauptstadt hat den Wunsch, ihre Stellung innerhalb der deutschen Gemeinschaft wieder einzunehmen. Das wird nicht dadurch gefördert, daß wir unsere örtlichen Wünsche in kleinlicher Eifersucht und in kleinlicher Selbstsucht voranstellen, sondern indem wir den anderen in einer anständigen und tapferen Haltung auch dort vorangehen, wo das Schicksal uns eine unangenehme Lage aufgezwungen hat. Das trifft in diesem Falle zu.
    Ich möchte deshalb gerade für uns Berliner, soweit wir der Christlich-Demokratischen Partei angehören, ausdrücklich feststellen, daß wir gern noch einstweilen, bis der Tag der Wiedervereinigung kommen wird, in diesem Hause eine gewisse Sonderstellung einnehmen, um damit der gesamten Sache zu dienen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der DP.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Friedensburg hat es als ein dringendes Anliegen hervorgehoben, daß an dem Viermächtestatus Berlins nicht gerüttelt und nichts geändert werden sollte. Darüber gibt es zwischen ihm und der sozialdemokratischen Fraktion keinerlei Meinungsverschiedenheiten. Wir würden uns gegen jeden Versuch wenden, den Viermächtestatus Berlins auszuhöhlen, einzuschränken oder in irgendeiner Weise zu erschüttern. Wir wenden uns auch gegen eine Auslegung, als sei er sowieso nichts mehr wert. Wir haben in unserer politischen Haltung dafür fortgesetzt und kontinuierlich Beispiele gegeben.
    Ich bedaure aber, daß die Auseinandersetzung über diesen Punkt des Wahlgesetzes nun beinahe so aussieht, als ginge es darum, ob Berliner Abgeordnete — und dazu noch, wenn sie dieser oder jener Fraktion angehören — benachteiligt oder zurückgesetzt sind. Bei dieser Bestimmung geht es um ganz etwas anderes, und das wissen auch Sie, meine Damen und Herren. Es geht um die Stellung Berlins in der Bundesrepublik und zur Bundesrepublik, es geht um die Stellung der Bundesrepublik zu Berlin und zur Frage der Wiedervereinigung und nicht um solche doch mehr oder weniger, entschuldigen Sie, untergeordnete Fragen.
    Nun sind uns aber hier so gewissermaßen Vorwürfe gemacht worden, als ob mit unserem Standpunkt der Wiedervereinigungspolitik ein Schaden zugefügt oder, wie Sie eben noch sagten, daß damit kein Dienst an der Wiedervereinigung geleistet werde. Es ist schade, daß wir allmählich nur noch dann dazu kommen, Wiedervereinigungsfragen zu besprechen, wenn es darum geht, sich über irgendwelche Restriktionen zu streiten.
    Sehen Sie: Bei dem, was vom Viermächtestatus da ist, was wir erhalten wollen, was, soweit es an uns liegt, nicht verringert werden soll, handelt es sich um eine Einrichtung, die, zum Nutzen Berlins und als Klammer für das übrige, bestehen muß, solange die Spaltung Deutschlands noch nicht überwunden ist.
    Aber lassen Sie mich ganz freimütig sagen — Sie wissen es auch, meine Herren, die Sie aus Berlin sind, auch wenn Sie jetzt in dieser Frage einen anderen Standpunkt einnehmen als die sozialdemokratische Fraktion —: Im Schatten dessen, was man zur Auslegung des Viermächtestatus sagt, geschieht doch durch die Besatzungsmächte so vieles, was mit dem Viermächtestatus in keiner Weise zu tun hat und oft nicht mit ihm vereinbar ist.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Aber uns wird dann vorgehalten, daß wir das im Interesse des Viermächtestatus so lassen müßten. Hier sitzen doch noch Damen und Herren, die seinerzeit mit in Berlin waren, als wir uns veranlaßt sahen, Dinge, die auch unter Berufung auf den Viermächtestatus auf der westlichen Seite konserviert wurden, anzusprechen. Es gehört zwar nicht zum guten Ton, aber man muß auch das sagen — wie damals Berliner Polizei, ohne daß man fragte, was sie dazu dachte und was die Berliner dazu dachten, von irgendeinem Sergeanten der Besatzungsmächte geschickt wurde, um entflohene Fremdenlegionäre aus ihren Behausungen zu holen und sie der Besatzungsmacht zu überstellen, die auf sie einen Anspruch geltend machte. Das wurde damals auch unter der Signatur des Viermächtestatus hingenommen, und es hat nichts damit zu tun, gar nichts damit zu tun, ebensowenig wie heute die Befragungen der Flüchtlinge durch die Besatzungsmächte etwas mit dem Viermächtestatus zu tun haben.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Alles das geschieht unter Berufung auf den sagenhaften Viermächtestatus. Dort aber, wo es sich wirklich um Dinge handelt, die im Sinne des Viermächtestatus erhalten werden müssen — ich denke z. B. an das Schicksal der Sozialdemokratischen Partei im Ostsektor Berlins,

    (erneuter Beifall bei der SPD)



    (Wehner)

    die nach der Viermächtevereinbarung dort ein Recht hat zu sein —, da gibt es ihn nicht mehr. Da kommt irgendeine Besatzungsmacht und sagt: Wäre es nicht besser, die Sozialdemokraten machten das mit den Russen aus? Dann ist der Viermächtestatus nicht mehr da. Jeder nützt ihn aus, wie er ihm am bequemsten erscheint. Das wollen wir auch sagen.

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Nun wollen wir hier doch wohl alle nicht zu der Gepflogenheit übergehen, daß wir das, was sich da so zwielichtig entwickelt, zugunsten oder zuungunsten dieser oder jener Parteiengruppierung interpretieren. Das wäre das schlimmste, wenn auf diesem Gebiet auch das noch wuchern würde. Der Viermächtestatus ist doch wohl hoffentlich nicht dazu da, einem Teil der Deutschen demokratische Rechte vorzuenthalten. Dazu ist er nicht da. Man soll ihn aber auch nicht so interpretieren.
    Hier werden Gesetze gemacht. Sie gelten nach einem bestimmten Verfahren in Berlin. Die Abgeordneten aus Berlin dürfen darüber nicht mit abstimmen; aber die Gesetze gelten in Berlin. Dadurch wird der Viermächtestatus nicht berührt. Ich bin damit einverstanden, daß er dadurch nicht berührt wird. Aber angeblich zur Wahrung desselben Viermächtestatus soll Berlin keine wirkliche Wahl, soll Berlin keinen Anteil an dieser demokratischen Praxis haben. Es geht doch nicht darum, w i e wir die Gesetze machen. Nicht davon hängt es ab, ob der Viermächtestatus, von dem hier gesprochen wird, verletzt wird oder nicht verletzt wird, sondern davon hängt es ab, w a s wir für Gesetze machen und was wir mit den Gesetzen machen und machen lassen. Da hapert es oft. Wir haben hier zu entscheiden, welche Gesetze für Berlin gelten und welche nicht. Dafür gibt es ein Übernahmeverfahren und zum. Überfluß auch noch ein Einspruchsverfahren der Besatzungsmächte.
    Wo gibt es eine russische Erklärung mit Bezug auf die Wahl? Ich entsinne mich drohender russischer Erklärungen, die Sie hier mit Lachen zur Kenntnis genommen haben. Da 'ging es um die Frage der Wiedervereinigung, da ging es um die Frage der Militärverträge, da ging es darum, daß die vierte Besatzunsmacht gesagt hat: Wenn ihr diese Verträge annehmt und wenn ihr euch der NATO anschließt, dann gibt es keine Basis für Viermächteverhandlungen mehr. Damals haben Sie gesagt: Alles Bluff, alles nur Wind, alles nur Gerassel!

    (Beifall bei der SPD.)

    Die Drohungen sind zu unserem Bedauern von dieser Macht genau so eingehalten worden. Und heute sollen wir uns der Westmächte als des Dolmetschers der im Falle der Wahlbeteiligung Berlins zu erwartenden russischen Reaktion bedienen? Das wäre doch wohl eine seltsame Sache. Wenn es sich darum handelt, Berlin mitwirken und mitreden zu lassen in den Grenzen, die sich aus dem Viermächtestatus für die Gültigkeit von Bundesgesetzen in Berlin ergeben, dann bedient man sich plötzlich der Westmächte, die uns sagen, was angeblich die Russen in dem Fall machen würden.
    Als das Freiwilligengesetz und als das Soldatengesetz in diesem Hause angenommen wurden, da wurde die Frage Viermächtestatus leider nicht aufgeworfen. In der Praxis sieht es so aus: Berliner und auch Bewohner der Zone können auf Grund dieser Gesetze Soldaten werden, aber wählen dürfen die Berliner nicht, und abstimmen dürfen sie auch nicht. So sieht das mit der Respektierung dessen aus, was man hier unter dem Viermächtestatus versteht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir zerstören doch mit einer solchen Bestimmung, wie wir sie haben möchten und worauf unser Antrag hinzielt, nicht den Viermächtestatus. Aber es kann sein, daß Sie mit der Praxis, wenn sie so fortgesetzt wird, etwas sehr Wichtiges zerstören: die Zusammengehörigkeit der Menschen in Berlin mit uns. Die Zusammengehörigkeit nicht nur in Bekenntnissen gelegentlicher Art, sondern auch in der Praxis, diese Zusammengehörigkeit könnten wir zerstören.
    Wir möchten es nicht. Deswegen plädiere ich für den Antrag der Fraktion der Sozialdemokraten.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD.)