Rede von
Hans August
Lücker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich sage das deswegen, weil wir in unserer gesamtpolitischen Verantwortung durchaus um die Schwere des Amtes wissen, das der Finanzminister als Säckelmeister des Bundes, wie er häufig genannt wird, zu verwalten hat. Wir wissen, daß er tief in seinen Säckel hat greifen müssen, vielleicht tiefer, als ihm lieb war. Aber wir wissen auch — und das klang doch ja auch aus Ihren Worten, Herr Kollege Kriedemann —, daß er letzten Endes diesen Griff getan hat. Ich glaube, er war gut beraten, und ich möchte mich Ihren Worten anschließen: Das Geld, das hierfür bereitgestellt wird, dient einer guten Sache. Die deutsche Landwirtschaft wird mit ihrem weiteren Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Ertragssteigerung diese Haltung reichlich lohnen.
Ich darf nun ein Wort zu dem Grünen Bericht selbst sagen. Ich möchte dazu feststellen, daß er nicht nur ein umfangreiches und fleißig ausgearbeitetes, sondern in seiner Art auch ein gutes Werk darstellt. Wir betrachten diesen Bericht als einen geglückten Versuch — andere Sprecher nannten das heute den „Anfang" —, an die Lösung der Probleme, von denen die Rede war, heranzugehen.
Wir haben Verständnis dafür, daß die Bundesregierung in Anbetracht der Unterlagen, die ihr für den diesjährigen Bericht zur Verfügung standen, vorsichtige Ansätze für die einzelnen Positionen gemacht hat. Auch wir sind der Meinung, die heute hier schon ausgesprochen wurde, daß es Aufgabe der weiteren Entwicklung auch in der Gestaltung dieses Berichts sein muß, die betriebs-
und volkswirtschaftlichen Ausgangsunterlagen zu vervollkommnen und zu verbessern.
Wir waren von Anfang an der Meinung, daß dieser Bericht - das ist ja bei der Verabschiedung des Landwirtschaftsgesetzes immer wieder festgehalten worden — ein Röntgenbild über die Lage
unserer Landwirtschaft liefern soll. Ich glaube, wenn man sich den Bericht anschaut, kommt man zu der Feststellung, daß dieses Röntgenbild in einem Stadium guter Entwicklung begriffen ist.
Zwei Punkte dieses Berichts, die schon mehr oder weniger angeklungen sind, möchte ich auch kurz streifen. Auch ich bin der Meinung, daß der Lohnansatz in dem Bericht, um mit Ihren Worten zu sprechen, Herr Kollege Kriedemann, nicht übertrieben ist. Insbesondere glauben wir, daß die Bundesregierung gut beraten sein wird, wenn sie den Abzug, der beim Lohnansatz für die Bäuerin gemacht worden ist, weiterhin einer sorgfältigen Überprüfung unterzieht; denn der gegenwärtige Ansatz scheint uns in diesem Umfange nicht berechtigt zu sein.
Ich möchte ein zweites Wort sagen zu dem Ansatz der Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals in der Landwirtschaft. In den Erläuterungen wird festgestellt, daß sich der Zinsanspruch aus der Differentialrente ergeben müsse und keinen Bestandteil der kalkulatorischen Berechnung in Ertrag und Aufwand darstelle. Ich habe den Eindruck, daß hier eine Auffassung in den Bericht gekommen ist, für die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nicht ganz verantwortlich zeichnet. Diese Frage hat uns bereits bei der Beratung des Landwirtschaftsgesetzes beschäftigt. Ich glaube, daß man hier zwischen einer Betriebsabrechnung und einer kalkulatorischen Berechnung von Ertrag und Aufwand unterscheiden muß. In der Rechnung, die in dem Landwirtschaftsgesetz für die Landwirtschaft gefordert wird, muß wie bei ähnlichen Verfahren in anderen Wirtschaftsbereichen der Zinsansatz als ein Bestandteil der Kosten, wenn auch der kalkulatorischen Kosten, angesehen werden. Bei der weiteren Beratung, die insonderheit im Landwirtschaftsausschuß, vielleicht auch in dem einen oder andern weiteren Ausschuß noch notwendig ist, wird es darauf ankommen, diesen Tatbestand zu erhellen. Es sind jedenfalls z. B. aus dem Bereich der Kohlenpreiskalkulation offizielle, amtliche Berechnungen bekannt, wo ähnlich und gleichermaßen verfahren wurde, nämlich den Zinssatz zum Bestandteil der kalkulatorischen Posten solcher Berechnungen zu machen. Was dem einen recht ist, muß dem andern billig sein. Die Behauptung, wie sie im Bericht vertreten wird, stellt einen Verstoß gegen die richtige betriebswirtschaftliche Behandlung des gleichen Problems dar.
Ich will es hier jedoch nicht als meine Aufgabe betrachten, im einzelnen in diese Dinge hineinzuleuchten, sondern ich will nur grundsätzlich unsere Meinung dazu sagen, und diese kann abschließend nur sein: Wir sagen ein Ja zu dieser Arbeit und sind dabei der Überzeugung, daß diese Arbeit entwicklungsfähig, ausbaufähig, verbesserungsfähig ist. Wir alle werden uns das in der nächsten Zeit angelegen sein lassen müssen.
Die Maßnahmen, die das Regierungsprogramm vorschlägt, scheinen uns auch bei den unterschiedlichen Ansatzpunkten dynamisch zu wirken in konzentrischer Richtung auf die gesteckten Ziele. Wir wollen auch nicht verheimlichen, daß das Bukett dieser Maßnahmen den einen oder andern Wunsch mehr oder weniger stark berücksichtigt oder auch offengelassen hat. Auch für diesen Punkt gilt, daß dieses Programm entwicklungs- und ausbaufähig ist und bleibt.
In den heutigen Diskussionsbeiträgen und auch häufig in der Erörterung in der Öffentlichkeit klangen immer wieder Meinungen durch, zu denen hier ein offenes Wort gesagt werden muß. Diese Meinungen entzündeten sich an der Tatsache, daß global wirkende und gezielte Maßnahmen zur Anwendung gelangen sollen. Herr Kollege Kriedemann hat bereits auf das Gefälle zwischen den großen, den mittleren und den kleineren Betrieben hingewiesen. Im Hintergrund sieht man immer wieder diese Maßnahmen, und man argumentiert dann damit, daß hier mit öffentlichen Geldern nicht in der notwendigen Sparsamkeit und im richtigen Ansatz verfahren würde.
Ich möchte hierzu grundsätzlich sagen: Der Prozentsatz jener Betriebe, die über die Querstriche der Tabelle gelangt sind, ist im Verhältnis zur Gesamtzahl der Betriebe so verschwindend klein, daß es schon wegen der technischen Durchführung des Programms eine reine Frage der Zweckmäßigkeit ist, wie man im Programm im einzelnen aufteilen soll. Wo in aller Welt läßt sich, wenn man eine freiheitliche Ordnung bejaht, eine Wirtschaftspolitik treiben, die auf den einzelnen Betrieb in der Form abgestellt ist, daß nicht auch der eine oder andere, der dieses Segens vielleicht nicht hundertprozentig bedürftig wäre, etwas davon abbekäme?
Wir haben uns vor weniger Zeit mit dem Problem der Hilfe für den Kohlenbergbau beschäftigt und werden noch Gelegenheit haben, uns damit zu beschäftigen. Herr Kollege Kriedemann, dort wird es nicht anders sein als bei uns auch. Es wird auch im Kohlenbergbau Betriebe geben, die dieser Hilfe vielleicht nicht bedürfen, und es wird Betriebe geben, bei denen die Hilfe vielleicht nicht im gewünschten Maße ausreichen wird. In der Landwirtschaft ist das sicherlich nicht anders. Im Verhältnis zu der Gesamtsituation der Landwirtschaft ist die Lage in einzelnen Größenklassen und Betrieben nicht so günstig zu betrachten, wie das hier angeklungen ist.
Aber eines hat mir dabei wirklich nicht gefallen. Herr Kollege Kriedemann, Sie meinten, daß gerade aus diesen Betrieben diejenigen Leute kämen, die sich zum Sprecher der Landwirtschaft „aufmandeln" und die Schreier in der Landwirtschaft seien. Ich glaube, auch hier wollen wir die Dinge doch so sehen, wie sie objektiv und gerecht gesehen werden müssen. Wenn jemand mit dem Vertrauen seines Berufsstandes oder seiner Gruppe an die Führung dieses Berufsstandes gestellt ist, dann kann er die Legitimation seiner Verantwortung ja nicht davon herleiten, daß er für seinen eigenen Betrieb spricht, sondern daß er wirklich für die Allgemeinheit spricht; und wenn diese Sprecher des Berufsstandes in der Tat das Wort führen für die Gesamtlandwirtschaft, dann, meine ich, ist das kein anderer Vorgang als der, den wir z. B. genau so gut auch vergleichsweise bei den deutschen Gewerkschaften sehen, von denen wir doch auch nicht behaupten wollen, daß ihre Sprecher, ihre führenden Spitzensprecher in ihrer sozialen Stellung gleich seien mit den Lohnempfängern der mittleren oder unteren Kategorien;
und trotzdem wollen wir doch hier sagen, daß
diese Männer, wenn sie ihre Führungsverantwortung ernst nehmen - und darauf kommt es doch
einzig und allein an —, die Belange ihrer Gruppe oder ihres Standes zu berücksichtigen haben.
— Den habe ich getan, und ich werde vielleicht auch noch ein ergänzendes Wort dazu sagen.
Ich wollte hier nur an einem Beispiel die dynamische Wirkung der unterschiedlichen Ansatzpunkte dieses Programms in der konzentrischen Auswirkung auf die gesteckten Ziele deutlich machen.
Wenn wir in diesem Programm der Mechanisierung und ihrer Notwendigkeit für die Landwirtschaft das Wort reden und dann in der logischen Gedankenlinie die Auswirkung dieses Programms verbunden mit den einzelnen Maßnahmen sehen: der Verbilligung des Dieselkraftstoffs, dem landwirtschaftlichen Wegebau, der Flurbereinigung, der Wasserwirtschaft, dann ist an diesem Beispiel deutlich gemacht, daß an allen diesen Punkten angesetzt wird, daß aber diese Maßnahmen dynamisch im Sinne des Programms wirken.
Wir halten es auch grundsätzlich für richtig, daß dieses Programm der Bundesregierung eine geschickte und sinnvolle Verzahnung mit dem Programm zur Verbesserung der strukturellen Grundlagen der Landwirtschaft ins Auge gefaßt hat. Zu dieser Frage möchte ich gern drei Gesichtspunkte herausstellen.
Ich glaube, daß wir an die erste Stelle bei der Verzahnung mit dem Strukturprogramm stärker, als es in der Vergangenheit geschehen ist, auch das Augenmerk des Hohen Hauses und der deutschen Öffentlichkeit auf die Notwendigkeit lenken sollten, eine bessere Verbindung unserer industriellen und agrarischen Produktionsstätten in Zukunft zu betreiben. Wenn wir mit dem Strukturprogramm wirklich ernsthafte Fortschritte erzielen wollen, dann ist es notwendig, daß wir gewerbliche Verdienstmöglichkeiten in jene landwirtschaftlichen Notstandsgebiete hineinbringen, wo die Verdienstmöglichkeiten aus Landwirtschaft allein nicht zu einem Einkommen führen, das eine vergleichbare Lebenshaltung für diese Menschen ermöglicht.
Die Regierung, das Parlament, aber auch alle interessierten Institutionen in der deutschen Wirtschaft sollten dieser Aufgabe, dieser notwendigen Aufgabe ein stärkeres Augenmerk zuwenden im Sinne einer sinnvollen und guten Raumordnung, die ja auch in diesem Sinne nichts anderes ist als eine sinnvolle Zuordnung von industriellen und agrarischen Produktionsstätten.
Ein Zweites möchte ich hier besonders ansprechen. Wir sollten von dem Bundeswirtschaftsminister fordern, daß er sich ernsthaft Gedanken darüber macht, wie dem abgeholfen werden kann, was gestern in der Regierungserklärung, die ja auch für ihn maßgebend ist, angesprochen worden ist: daß nämlich die gewerbliche Wirtschaft es trotz ihrer vielgepriesenen überlegenen Rationalisierung bisher offensichtlich nicht fertiggebracht hat, der Landwirtschaft die industriellen Produktionsmittel zu einem Preis zur Verfügung zu stellen, der der Entwicklung der Preise in der Landwirtschaft adäquat ist. Wenn wir hier schon von der Notwendigkeit einer Rationalisierung der agrarischen
Produktion sprechen, dann sollten wir, glaube ich, mit ebenso großer Offenheit davon sprechen, daß es uns notwendig erscheint, in bestimmten Bereichen, für die die Landwirtschaft ein besonderes Interesse hat, eine ebensolche Rationalisierung der Produktion herbeizuführen, damit der Landwirtschaft die Produktionsergebnisse preiswerter zur Verfügung gestellt werden können. Wir denken hier insbesondere an ein Rationalisierungsprogramm der Landmaschinenindustrie. Wir sind überzeugt, daß durch eine großzügige Bereinigung der Typen und eine Normierung einzelner wichtiger Bestandteile eine wesentliche Verbilligung dieser Produktionsmittel erzielt werden könnte.
Ein drittes Problem möchte ich im Grundsatz herausstellen: die Notwendigkeit, zu einer stärkeren Elektrifizierung zu kommen, von der auch Herr Kollege Kriedemann schon gesprochen hat. 65 % der Arbeit in der Landwirtschaft ist Arbeit in Hof und Haus, und diese Arbeit rationalisieren heißt mehr elektrische PS in den Hof und in die Hauswirtschaft hineintragen. Hier ist ein großes Betätigungsfeld für die interessierte Wirtschaft. Wir sollten uns daran erinnern, daß auch seinerzeit bei der Überwindung der Wirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten der Weg zu einer neuen Blüte der gesamten amerikanischen Wirtschaft über ein großzügiges Programm zur Elektrifizierung der Landwirtschaft geführt hat.
In der gestrigen Regierungserklärung hat uns besonders gefallen, daß sich die Bundesregierung so überzeugend und eindeutig dafür ausgesprochen hat, ein gesundes Bauerntum, eine gesunde Landwirtschaft zu erhalten, nicht nur aus ökonomischen Gründen, sondern auch zur Aufrechterhaltung einer gesunden Gesellschaft in unserem Lande. Unter diesem Obersatz — so möchte ich sagen — wollen wir auch die volkswirtschaftliche Seite dieses Programms betrachten, und ich glaube, das können wir am besten tun, wenn wir uns dabei nicht so sehr von dem Anteil der Landwirtschaft am Sozialprodukt leiten lassen, sondern einmal den Wert der agrarischen Produktion in Vergleich setzen zu dem Wert wichtiger industrieller Urstoffproduktionen in unserm Lande. Ich will aus dem Bericht nur zwei Zahlen nennen. Die agrarische Produktion der Bundesrepublik liegt um rund 2 Milliarden DM höher als die Gesamtproduktion bei Kohle, Stahl und Eisen. Durch diesen Vergleich ist es auch volkswirtschaftlich gesehen einleuchtend, wenn man sich Sorgen darüber macht, wie man diesen Bereich unserer Gesamtwirtschaft im Sinne der Steigerung der Wohlfahrt des gesamten deutschen Volkes dienstbar machen kann.
Wir sehen das Programm, das die Bundesregierung vorgelegt hat, auch unter dem Gesichtspunkt der volkswirtschaftlichen Bewertung und Beurteilung. Wir erblicken in diesem Programm das, was ich schon anklingen ließ: eine verpflichtende Aufgabe, die in ihrem volkswirtschaftlichen Sinne ein großes Investitionsprogramm für die Landwirtschaft bedeutet. Genau so wie in der übrigen Wirtschaft ist es notwendig, sich Gedanken zu machen, wie diese Investitionen finanziert werden sollen und ob die Investitionen verzinst und amortisiert werden können. Wenn wir das nicht einspurig, sondern in einer sinnvollen volkswirtschaftlichen Kombination aller gegebenen Möglichkeiten betreiben, bietet sich ein optimales Programm für die Landwirtschaft und für die gesamte Volkswirtschaft an.
Wir wissen, daß die Finanzierung über den Preis, also über die Einnahmen, auf Schwierigkeiten stößt, wenn wir das Problem auf diesem Wege allein lösen wollten. Wir haben deswegen bei der Beratung des Landwirtschaftsgesetzes immer wieder betont: Was preislich möglich ist — ja!, aber auch was auf dem Wege von entsprechenden verbilligten Krediten oder Subventionen möglich ist! Wir müssen bei der Größe dieses Problems wirklich alle Möglichkeiten erschöpfen, die uns die Volkswirtschaft anbietet.
Herr Kollege Kriedemann, Sie haben in Ihren Ausführungen darauf hingewiesen, daß man auch früher auf dem Wege über die Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse mehr hätte tun sollen. Wir haben das mit besonderem Interesse zur Kenntnis genommen. Aber ich glaube, Sie haben von der Zeit vor 1948 und nachher gesprochen.
Sie wissen ganz genau, Herr Kollege Kriedemann, daß sich auch damals die Dinge im Raum gestoßen haben und daß es auch besonders Ihre politischen Freunde gewesen sind, die gegen eine Erhöhung der Nahrungsmittelpreise bzw. gegen eine Erhöhung der Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse Stellung genommen haben.
— Aber Sie wissen ganz genau, Herr Kollege Kriedemann, wie sich damals diese Dinge im Raum gestoßen haben. Das waren doch die Jahre, als wir große, in die Milliarden gehende Subventionen gezahlt haben, um die Lebensmittelpreise für den Verbraucher im Wege der Subvention zu verbilligen.
— O doch, wir haben seit 1948 lediglich in einem einzigen Zeitpunkt einmal die Preisschere zwischen Landwirtschaft und Nicht-Landwirtschaft nach den bisherigen Berechnungsmethoden etwa geschlossen; im übrigen war sie offen.
— Selbstverständlich, ich will hier nur eins deutlich machen. Herr Kollege Kriedemann, Sie tun sich heute leicht, wenn Sie von der damaligen Zeit sagen, man hätte die Preise für die Landwirtschaft erhöhen sollen. Damals aber haben Sie und Ihre politischen Freunde zu dieser Frage eine durchaus andere Stellung eingenommen. Wir sind ja aus dieser Problematik heraus heute dahin gekommen, daß wir nunmehr mit Hilfe des Landwirtschaftsgesetzes und des Grünen Berichts, der jährlich zu erstatten ist, unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten das Gleichziehen der Landwirtschaft betreiben wollen.
— Ich habe ganz deutlich und klar ausgesprochen, daß wir mit einer sinnvollen Kombination zwischen Möglichkeiten von Preiskorrekturen und den sonstigen Möglichkeiten, die die Volkswirtschaft
uns anbietet, an die Lösung dieses Problems herangehen wollen.
Wenn wir dieses Programm in seiner gesamten Auswirkung betrachten, dann, glaube ich, kommen wir zu der Feststellung, daß es sich in der Tat auch um eine Belebung unserer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung handeln wird. Wenn das Programm in dieser Art und in diesem Umfang durchgeführt wird, dann werden sowohl die Landwirtschaft als auch die Gesamtwirtschaft einen Vorteil daraus ziehen. Es ist ein wirtschaftspolitisches Programm, das in seiner Art fast einmalig zu nennen ist. Es bringt für die Landwirtschaft eine Verbesserung ihrer Situation, ohne den Verbraucher durch eine Preiserhöhung auch nur mit einem Pfennig zu belasten.
Es bringt auch der Gesamtwirtschaft eine Belebung durch die noch stärkere Verzahnung der Agrarwirtschaft mit der Gesamtwirtschaft.
Wir sind deswegen der Meinung, daß dieses Programm in seiner Anlage einen konstruktiven Beitrag zur weiteren Entwicklung bietet. Wir wissen, daß das Programm keine billigen Geschenke gibt, sondern daß seine Hilfen notwendig sind und als zusätzliche Hilfen zu den eigenen Leistungen des betroffenen Berufsstandes betrachtet werden müssen. Aber wir glauben, daß dieser Berufsstand bei dem Willen, der sich in diesem Programm manifestiert, und angesichts der vorgesehenen Maßnahmen in der Tat mit einem neuen Vertrauen an seine Arbeit gehen und daß seine positive Mitarbeit bei der Durchführung des Programms erwartet werden kann.
Ich will auch von meiner Seite aus gar nicht verschweigen, daß wir mit Sorge durchaus erkennen, daß sich gewisse Kreise auch im agrarischen Bereich sicherlich wieder dazu hergeben werden, weiterhin Unruhe zu säen und das Programm in seinem Wert und seiner Bedeutung herabzumindern. Ich will mich nicht zu sehr mit diesen Personen, und Kreisen befassen.
Aber ich möchte doch feststellen: wir haben in unserem Volke schon einmal sehr leidvolle Erfahrungen machen müssen, und wir glauben, daß die Männer aus diesen Kreisen, die heute wieder das große Wort im Munde führen zu müssen glauben,
aus ihrer Vergangenheit durchaus nicht die Legitimation herleiten sollten und dürfen, sich heute erneut als die Führer des Berufsstandes zu empfehlen.
Sie hatten schon einmal Gelegenheit, zu beweisen,
daß sie es mit ihren Fähigkeiten verstehen würden,
nicht nur die Landwirtschaft, sondern unser ganzes Volk — statt es in die Katastrophe zu führen —
einer positiven, einer glücklichen Entwicklung entgegenzuführen. Sie haben damals versagt, und deswegen haben sie heute kein Recht, ihre Führung
erneut anzubieten, auch nicht für den Berufsstand.
Wenn wir heute in dieser Arbeit stehen, dann deswegen, um den ernsthaften Versuch zu machen, auch das wiedergutzumachen, was mit ihrer Hilfe damals gesündigt und verschuldet worden ist.
Wenn heute Unterwanderungs- und UnterseebootParolen ausgegeben werden und wenn man heute davon spricht: wir wollten zwar die Kleinbauern am Leben erhalten, aber wir wollten sie in ihren Schwierigkeiten belassen!, — nein, meine Damen und Herren, wir stehen heute hier, um die Kleinbauern am Leben zu erhalten und sie darüber hinaus aus den Schwierigkeiten herauszuführen.
Darin liegt der Wert unserer Arbeit. In diesem Sinne sollten wir unsere Arbeit auffassen. Aber eins scheint mir eine Notwendigkeit zu sein: überall dort, wo wir solchen Parolen, Kreisen und Personen begegnen, mit der notwendigen starken Haltung zurückzuschlagen, wenn es sein muß.
Wir sind überzeugt, daß wir mit diesem Programm, so wie es auch gestern aus der Regierungserklärung sehr deutlich herauszuhören war, einen positiven Beitrag nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die weitere Entwicklung unseres Volkes in der weltweiten Auseinandersetzung leisten. Wenn wir heute diese Entwicklungen aufmerksam verfolgen, das Ringen und den Kampf zwischen den Gesellschaftssystemen der westlichen und der östlichen Welt, insbesondere bei den asiatischen Völkern, dann stellen wir fest, daß das Ringen um die Seele dieser Völker sehr entscheidend davon bestimmt wird, ob es gelingt, bei diesen Völkern ein Agrarsystem bäuerlicher, freiheitlicher Ordnung zu begründen, oder ob der Geist der östlichen Kolchosen bei diesen Völkern eindringt. Wir glauben, daß die wirtschaftlichen, die geistigen und sittlichen Kräfte der westlichen Welt die stärkeren sind, und wir leisten einen großen Beitrag für die Stärkung dieser Kräfte, wenn wir gleichzeitig ein gesundes und zahlreiches Bauerntum in der Eigenverantwortung für die Zukunft erhalten.