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ID0213003300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1956 6747 13 0. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1956. Begrüßung von Mitgliedern des englischen Unterhauses 6748 A Glückwunsch zum Geburtstag des Abg Dr. Brühler 6748 A Termine der nächsten Fragestunden . . 6748 B Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . . 6748 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 221, 222, 223, 224, 225 (Drucksachen 2016, 2114; 2022, 2105; 2055, 2111; 2056, 2109; 2057, 2106) 6748 B Mitteilung über Vorlage von Berichten des Bundesministers für Wirtschaft über die Energiewirtschaft (Drucksache 2107) und über die Preisgestaltung bei Erwerbsunternehmen der öffentlichen Hand (Drucksache 2110) 6748 C Mitteilung über Vorlage eines Nachtrags zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für 1955 6748 C Mitteilung über Vorlage des Voranschlags der Deutschen Bundespost für 1956 . . . 6748 C Antrag betr. Aufsetzung der Beratung der Gesetzentwürfe zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes auf die Tagesordnung: Zur Geschäftsordnung: Pohle (Eckernförde) (SPD) 6748 C Rasner (CDU/CSU) 6749 B Aufsetzung abgelehnt 6749 C Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksache 2100) 6749 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6749 D Beratung vertagt 6757 A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung von Vorgängen in der Einfuhr- und Vorratsstelle für Fette (Drucksache 2032) 6757 A Kriedemann (SPD), Antrag- steller 6757 A, 6758 D Dr. Horlacher (CDU/CSU) 6758 A Struve (CDU/CSU) 6759 C Beschlußfassung 6760 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Förderung von Flüchtlingsstudenten und Schülern aus der sowjetischen Besatzungszone (Drucksache 1967) in Verbindung mit der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Finanzielle Sicherung der Vorbereitungslehrgänge für Abiturienten und Studenten aus der sowjetischen Besatzungszone (Drucksache 1968) 6760 B Dr. Mommer (SPD), Anfragender 6760 B, 6773 D Bleek, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . . 6763 C, 6769 A Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 6766 D, 6770 B Wienand (SPD) 6769 B, 6770 B Kutschera (GB/BHE) 6771 C Dr. Seffrin (CDU/CSU) 6773 A, D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) (Drucksache 2072) . . 6774 A Zur Geschäftsordnung: Wittrock (SPD) 6774 B, D Rasner (CDU/CSU) 6775 A Überweisung an den Sonderausschuß „Wasserhaushaltsgesetz" 6775 B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts (Drucksache 2103) 6775 C Überweisung an den Rechtsausschuß . 6775 C Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 2077) 6775 D Überweisung an die Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen und für Jugendfürsorge 6775 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Fristenänderungsgesetz) (Drucksache 2046); Mündlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 2093) . 6775 D Zühlke (SPD), Berichterstatter . . 6775 D Beschlußfassung 6776 A Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 521 [berichtigt]) 6776 C Beschlußfassung 6776 C Nächste Sitzung 6776 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6777 A Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 521 [berichtigt]) . . . 6777 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 2. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Lulay 7. 4. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 1. 4. 'Dr. Kopf 31. 3. Ladebeck 10. 3. Dr. von Merkatz 10. 3. Dr. Orth 10. 3. Böhm (Düsseldorf) 3. 3. Graaff (Elze) 3. 3. Dr. Hammer 3. 3. Mensing 1. 3. Meitmann 29. 2. Dr. Eckhardt 25. 2. Glüsing 25. 2. Krammig 25. 2. Mellies 25. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 25. 2. Schmidt (Hamburg) 25. 2. Srock 25. 2. Albers 24. 2. Dr. Atzenroth 24. 2. Bender 24. 2. Fürst von Bismarck 24. 2. Brandt (Berlin) 24. 2. Feldmann 24. 2. Geiger (München)' 24. 2. Hahn 24. 2. Hilbert 24. 2. Frau Kipp-Kaule 24. 2. Kunz (Schwalbach) 24. 2. Lenz (Trossingen) 24. 2. Dr. Maier (Stuttgart) 24. 2. Dr. Mocker 24. 2. Morgenthaler 24. 2. Dr. Dr. h. c. Pünder 24. 2. Solke 24. 2. Stücklen 24. 2. Wiedeck 24. 2. Frau Dr. Bleyler (Freiburg) 23. 2. Frau Friese-Korn 23. 2. Hörauf 23. 2. Horn 23. 2. Karpf 23. 2. Lemmer 23. 2. Maier (Mannheim) 23. 2. Schneider (Bremerhaven) 23. 2. Dr. Welskop 23. 2. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Peters 15. 7. Dr. Starke 30. 4. Gedat 24. 3. Scheppmann 10. 3. Held 5. 3. Moll 4. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 3. 3. Eberhard 3. 3. Stahl 3. 3. Anlage 2 Umdruck 521 (Berichtigt) (Vgl. S. 6776 C) Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse. Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: 1. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Verwendung der für den Wohnungsbau bestimmten Lastenausgleichsmittel (Drucksache 2082) an den Ausschuß für den Lastenausgleich (federführend); 2. Antrag der Abgeordneten Dr. Graf (München), Wieninger, Dr. Hesberg, Geiger (München) und Genossen betreffend Maßnahmen zur Förderung und Festigung von kriegssachgeschädigten Unternehmen (Drucksache 2095) an den Ausschuß für den Lastenausgleich, an den Ausschuß für Heimatvertriebene und an den Ausschuß für Geld und Kredit; 3. Antrag der Abgeordneten Klausner, Niederalt, Dr. Franz, Höcherl und Genossen betreffend Zinsverbilligungsmittel für den Fremdenverkehr (Drucksache 2096) an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Verkehrswesen; 4. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Besucher aus der sowjetisch besetzten Zone (Drucksache 2080) an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (federführend), an den Ausschuß für Kommunalpolitik und an den Ausschuß für Sozialpolitik. Bonn, den 21. Februar 1956 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion ■
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Walter Kutschera


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich freuen sich darüber, daß die Fraktionen sich heute so eingehend mit diesem Problem beschäftigt haben. Wir sind auch nicht dadurch beeindruckt, daß ein großer Teil unserer lieben Kolleginnen und Kollegen im Augenblick eine wichtigere Beschäftigung hat. Wir sind der Auffassung, daß das Problem, dessen Besprechung heute ansteht, unsere ganze Kraft in Anspruch nimmt und vor allen Dingen von der politischen Seite aus stärker als bisher angesprochen werden muß. Die Oststudenten und -schuler, die zu uns kommen, kommen doch, weil sie die seelische Belastung in der Sowjetzone einfach nicht mehr ertragen können. Sie kommen zu uns, weil sie sich als ungeeignet gezeigt haben, dem dortigen System vorbildlich zu dienen. Wenn sie das nämlich täten, dann würden sie dort ihre Förderung bekommen. Wenn sie sich zu diesem System auch nur einigermaßen bekennen könnten, würden sie drüben in der Zone bleiben können. Weil sie es nicht können, weil sie einfach ihre innere Einstellung nicht überwinden können, weil sie einfach die Grundsätze einer echten demokratischen Berufung fühlen und nur hier leben können, deshalb kommen sie zu uns, und deshalb brauchen sie so dringend unsere Hilfe.
    Wir haben heute vielleicht zuwenig nach Berlin gesehen. Ich halte es deshalb für notwendig, einige Worte über die dortige Situation zu sagen. Wir haben gerade in Berlin feststellen müssen — und das war ja bei unserem letzten Besuch der Hauptzweck —, daß die Förderung der Ostabiturienten und -schüler ein ganz entscheidendes Problem darstellt. Allein in Berlin wollen etwa 1100 junge Menschen ihr Studium zu Ende führen. Man versucht nun, diese jungen Menschen in Heimen unterzubringen und zu betreuen. Zum großen Teil ist das möglich. Ein geringer Teil versucht, sich durch Privatunterkünfte durchzuschleppen, und wieder ein kleiner Teil muß mit dem Pendelverkehr vorliebnehmen.
    Nun haben gerade die letzten Wochen eine bedeutende Erschwernis gebracht. Infolge der verstärkten Werbung für die kasernierte Volkspolizei und infolge der eingeführten Wehrpflicht für die sogenannte Volksarmee ist es diesen jungen Menschen kaum mehr möglich, zurückzugehen und ihre Eltern zu besuchen. Hier müssen wir also ebenfalls nach Wegen suchen, diesen Menschen den Aufenthalt bei uns zu erleichtern, ihnen die Möglichkeit zu geben, auch hier in Westdeutschland das Studium zu vollenden.
    Wir wissen, daß bei der Wiedervereinigung gerade diese Menschen eine entscheidende Rolle spielen werden. Es muß uns daran liegen, daß wir die jungen Menschen, die auf Grund ihrer Schulausbildung einmal im Leben eine führende Stelle einnehmen, für uns behalten können, sie ausbilden können, um sie in dem Augenblick der Wiedervereinigung an den Stellen, an denen sie gebraucht werden, zur Verfügung zu haben.


    (Kutschera)

    Von diesem Gesichtspunkt aus ist deshalb auch zu überprüfen, ob wir nicht bessere Möglichkeiten der Anerkennung ihres bisherigen Studiums f in-den können. Ich denke dabei vor allem — es ist von Herrn Kollegen Mommer schon aufgezeigt worden — an die Wertung der Kenntnisse in slavischen Fremdsprachen.

    (Abg. Dr. Graf [München]: Ist ja längst geschehen! Seit fünf Jahren schon!)

    — Das ist mir völlig neu. Die Auswirkung in der Praxis sieht nicht so aus. Daß seit fünf Jahren bereits darauf Rücksicht genommen wird, ist völlig unbekannt. Vielleicht ist das eine „geheime Reichssache".

    (Abg. Dr. Graf [München] : Das hat sich halt bei Ihnen noch nicht herumgesprochen, Herr Kollege!)

    — Das hat sich bis zu mir noch nicht herumgesprochen. Das ist denkbar.

    (Abg. Dr. Graf [München] : Es spricht aber nicht gegen die Sache!)

    Sie sind jedenfalls mit mir der Auffassung, daß man die Kenntnisse in slavischen Sprachen entsprechend werten sollte; denn wir brauchen diese Voraussetzung.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: In Berlin wird das gemacht!)

    Wenn wir von Wiedervereinigung sprechen, müssen wir gleichzeitig von unserer Nachbarschaft sprechen, und dazu brauchen wir die slavischen Sprachen.

    (Zuruf von der Mitte: Vor allem Russisch!)

    Die Erhöhung der Förderung auf drei Semester ist auch nach unserer Auffassung eine absolute Notwendigkeit, und wir geben unserer Freude darüber Ausdruck, daß wir bei diesem Antrag eine einheitliche Meinung im ganzen Hause hatten.
    Lassen Sie mich zu der Situation der Studenten noch eins offen aussprechen! Ich habe manchmal das Gefühl, daß man einige Dinge zu verniedlichen versucht, auch die Sozialprobleme unserer studierenden jungen Menschen. Man glaubt, die Dinge werden sich schon irgendwie erledigen; außerdem ist es klar, daß der tüchtige Mensch sich ohne Prothese irgendwie zurechtfindet. Dazu muß man doch folgendes sagen. Es ist sicherlich kein Geheimnis, daß rund 30 % unserer jungen Studenten mit höchstens 50 Mark Verpflegungsgeld im Monat auskommen müssen. Das bedeutet doch, daß sie jede freie Stunde und Minute, die andere Generationen dazu benutzen konnten, sich vorzubereiten, sich weiterzubilden, dazu benutzen müssen, sich durch Arbeit Geld zu verdienen. Und diese Arbeiten sind recht mannigfaltig. Es beginnt damit, daß man früh um fünf bereits den ersten begegnet, die als Schaffner tätig sein müssen, die sich ihre fünf Stunden herumschlagen, um nachher auf der Schulbank wieder weiterlernen zu können. Wir sehen sie beim Kohlenschippen, wir finden sie beim Zeitungsverkauf und finden sie beim Würstchenanbieten. Überall haben wir die jungen Menschen, die sich so durchschlagen müssen. Sie tun es, und wir sind auch stolz darauf, daß sie es tun. Nur: sollten wir es ihnen nicht wirklich etwas leichter machen?

    (Abg. Dr. Strosche: Richtig!)

    Sollten wir nicht wirklich noch ernster überlegen, ob wir nicht gerade hier ansetzen, gerade hierfür Mittel freimachen können?

    (Zuruf von der Mitte: Das geschieht auch!)

    Im Volke geht die Sage, in unserem Parlament sitze der sparsamste Mann Deutschlands. Das ist sehr schön. Aber gerade bei diesem Gebiet, über das wir heute sprechen, sollte man einmal fragen: Ist die Sparsamkeit nicht gerade bei der jungen Generation, die uns dringendst braucht, außerordentlich schlecht am Platze? Wir müssen uns also Gedanken darüber machen, wie wir an diese Dinge noch stärker herangehen können, wobei ich, wie gesagt, vor der ausgesprochenen Verniedlichung warnen möchte.
    Dann ist hier noch eine Frage aufgetaucht, die ich nicht unbeantwortet lassen darf, wenngleich auch schon mein Herr Vorredner darauf eingegangen ist. Es handelt sich um die Sorge, durch die Förderung der sowjetzonalen Studenten und Schüler würden die Einheimischen benachteiligt und es könne dadurch das Gefühl aufkommen, daß hier eine Rivalität entstehe.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Auch das noch!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir die Situation dieser Menschen genau kennen, dann wissen wir doch, daß sämtliche Beihilfen, die gegeben werden, nur die allernotwendigste Voraussetzung zum weiteren Studium schaffen. Wir werden auf keinen Fall der Auffassung folgen können, daß damit einheimische Studenten benachteiligt würden. Wir würden uns dagegen auch schwer verwahren, und zwar im Interesse dieser Menschen, über die wir heute sprechen; denn diese Menschen wollen gar keine Bevorzugung gegenüber anderen, sie wollen nur gerechte, gleiche Startmöglichkeiten. Ich möchte also bitten, sich auch darüber Gedanken zu machen, ehe man den Schluß zieht, durch die Unterstützung dieser Menschen könne eine Rivalität entstehen. Immer, auch bei gleichen finanziellen Voraussetzungen, laufen diese Menschen um ein gute Länge hinterher, weil ihnen die beste Voraussetzung, nämlich das Elternhaus, in den meisten aller Fälle fehlt.
    Zu der Frage der Heimunterbringung wäre vielleicht noch zu sagen, daß wir stärker als bisher von der reinen Heimunterbringung abrücken und versuchen sollten, in größerem Maße auf Familienanschluß hinzuwirken, um diese Menschen in die Familien, in das Familienleben und damit in dieses ganze Niveau stärker hineinführen zu können. Dazu wird es notwendig sein, daß wir den sogenannten Pflegeeltern finanziell etwas unter die Arme greifen. Denn es kann nicht so sein, daß nur der, der es sich finanziell leisten kann, einen Gast aufzunehmen, dafür in Frage kommt, sondern es muß so sein, daß wir die Familien in Betracht ziehen, bei denen unsere jungen Menschen gut untergebracht sind.
    Die anderen Fragen wurden von meinem Vorredner entsprechend gewürdigt. Wir brauchen uns da nur anzuschließen.
    Ich möchte Sie abschließend herzlich darum bitten, die Fragen der finanziellen Hilfe nicht in dem Sinne der Ausführungen des Bundesvertriebenenministers in Berlin zu behandeln,

    (Sehr gut! beim GB/BHE)

    daß man nämlich von dem Gesichtspunkt ausgeht:
    ja, wir können nicht so günstige Unterstützungen
    geben; denn es besteht die Gefahr, daß der Osten


    (Kutschera)

    dann, um unsere Währung zu gefährden, auf einen Schub Tausende von Menschen abstellt.

    (Abg. Dr. Keller: Das war Geistesakrobatik! — Abg. Dr. Mommer: Das war der kleine Moritz in der Politik!)

    Das, was in Berlin passiert ist und was sich auf die Häftlinge bezog, könnte sich natürlich so weiter fortpflanzen, wenn wir das nicht einmal deutlich aussprechen.
    Ich bitte also, von dieser Methode abzurücken, soweit Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, das nicht auch schon längst getan haben. Die Durchführung des vor einigen Wochen gemeinsam angenommenen Antrags Drucksache 2034 wird zeigen, ob es dem Hohen Hause ernst ist mit den Auffassungen, die heute hier vertreten worden sind.

    (Beifall beim GB/BHE und bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Seffrin.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Roland Seffrin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu diesem Thema sind ziemlich breite Ausführungen gemacht worden. Eines ist sicher: den jungen Menschen, die vom Osten herüberkommen, muß geholfen werden. Wir haben aus den Ausführungen, die hier gemacht wurden, ja auch gehört, daß geholfen wird und daß die Entwicklung dieser Hilfe in vollem Gange ist.
    Zu den allgemeinen Dingen, die gesagt wurden, ist einiges zu ergänzen. Man hat darauf hingewiesen, daß die Zahl der Kinder aus Arbeiterfamilien, die bei uns an den Universitäten studieren, gering sei, und man glaubt, daß das ein sozial nicht günstiges Verhältnis darstelle. Man hat hier von den Arbeiter- und Bauernfakultäten in der sowjetisch besetzten Zone gesprochen. Wenn es ein unsoziales Verhalten gibt, dann ist das bei jenem sogenannten Staat da drüben der Fall. Denn wenn er nur Kinder von Arbeitern und Bauern zum Studium zuläßt und alle anderen ausschließt, dann ist das etwas höchst Unsoziales.

    (Abg. Blachstein: Halten Sie die 5 % in der Bundesrepublik für ausreichend?)

    — Ich komme darauf noch zurück, Herr Blachstein.

    (Abg. Blachstein: Ja, antworten Sie darauf, Herr Kollege!)

    Wir haben in Berlin bei dem Besuch der dortigen Heime gesehen, daß junge Menschen, wenn sie nach der sozialen Auffassung der sogenannten DDR nicht zu einem bestimmten sozialen Sektor gehören, einfach daran gehindert werden, sich weiterzubilden, und dann zu uns herüberkommen. Wir haben aber auch sehen können, daß die Bundesrepublik tatsächlich außerordentlich darum bemüht ist, diesen jungen Menschen das, was sie dort verloren haben, hier bei uns in entsprechender Weise zu ersetzen, ja ihre Lage hier so gut wie möglich zu gestalten. Ich glaube deshalb, daß wir in der Bundesrepublik, insgesamt gesehen, demokratischer und vor allen Dingen sozial besser denken und besser eingerichtet sind als die Leute, die darum ein großes Gerede bei sich selbst machen.
    Nun, Herr Blachstein, mit den Statistiken und Zahlen ist es so eine eigene Sache. Das wurde hier schon öfter erwähnt. Damit kann man alles beweisen, das Positive und das Negative. Wenn Sie mich fragen, ob ich der Ansicht sei, daß 5 % der Arbeiterkinder an der Universität ausreichend seien, so muß ich antworten, daß die Frage an sich schon nicht richtig gestellt ist. Denn soweit ich die Dinge kenne, besteht bei uns heute die Möglichkeit, zur Universität zu kommen, für den Begabten in der Regel tatsächlich auf jeden Fall. Und wenn ich aus meiner eigenen Kenntnis der Dinge sprechen darf, so möchte ich sagen, daß doch auch einmal die Frage zu stellen wäre: Wer ist Arbeiter? Ich glaube, wir müssen wohl — Frau Kollegin Brökelschen hat das schon angekündigt — von dem vor 50, 60, 70, 80 Jahren üblichen Standpunkt herunterkommen, daß der Arbeiter schlechthin nur der Hand- oder der Fabrikarbeiter sei. Auch andere Menschen arbeiten, auch andere Menschen sind tätig und sind in ihren wirtschaftlichen Verhältnissen — da hat Frau Brökelschen vollkommen recht — manchmal schlechter gestellt als der Arbeiter, den Sie vielleicht speziell im Sinne haben.
    Eine Sache scheint mir doch außerordentlich wichtig zu sein. Der Kollege Wienand hat darauf hingewiesen, wenn ich ihn recht verstanden habe, daß in der sowjetisch besetzten Zone von den dortigen Stellen 2 1/2 Milliarden Mark für Jugendförderung 'eingesetzt seien, und er hat damit sagen wollen: wie wenig tun wir! Ich möchte sagen: trotz dieser 21/2 Milliarden laufen die jungen Menschen dort weg. Der Staat bezahlt mit Grnd, aber die Jugend bezahlt dort mit ihrer Freiheit.

    (Beifall in der Mitte.)

    An dieser Stelle tut sich der Abgrund auf. Hier zeigt sich der Hintergrund: je mehr der Staat mit Geld an die jungen Menschen herankommt, desto mehr verlieren sie ihre Freiheit. Aber wir wollen, daß der junge Mensch nicht zu einem vom Staat gegängelten Objekt wird, sondern daß er ein Mensch bleibt, der sich immer bewußt ist, daß er selbst sein Möglichstes beitragen soll, um sich zu bilden, um frei zu bleiben und nicht das Opfer staatlicher Millionen und Milliarden zu werden.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD und vom GB/BHE.)