Rede von
Kurt
Pohle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Enttäuschung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion über die Haltung der Mehrheit im Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen zur 5. Novelle des Bundesvets rgungsgesetzes gibt mir Veranlassung, zu beantragen, erstens den Beschluß auf Rückverweisung des Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen vom 12. Dezember 1955 und des Berichts des Haushaltsausschusses vom 14. Dezember 1955 aufzuheben, zweitens diese Berichte auf die heutige Tagesordnung des Bundestages zu setzen.
Als sich die Fraktionen in der Plenarsitzung vom 2. Februar 1956 mit einer kurzfristigen Verlegung der zweiten und dritten Lesung der 5. Novelle zum Bundesversorgungsgesetz einverstanden erklärten, gingen sie auf Grund einer Erklärung der Regierungsparteien von der Annahme aus, es bestehe eine wirkliche Chance, daß sich der Finanzminister und die Regierungsparteien zur Bereitstellung größerer Mittel für die vorgesehene Aufbesserung der Kriegsopferrenten bereit finden würden. Wir fürchten heute, insbesondere nach dem Verhalten der CDU/CSU bei der Behandlung der 5. Novelle im Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen am letzten Dienstag, dem 21. Februar, daß es sich bei der damaligen Erklärung nur um ein taktisches Manöver gehandelt hat.
Die Mitglieder der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion haben auf weitere interfraktionelle Beratungen und Ausschußverhandlungen gedrängt und sich darum bemüht, festzustellen, wie weit nun eigentlich der Bundesfinanzminister und die CDU zu einer wirklichen Aufbesserung der Renten über den Betrag von 180 Millionen DM hinaus
bereit sind. So hat auch der Herr Bundesfinanzminister in der Sitzung vom 21. Februar nicht erkennen lassen, ob, wann und wieviel er über jene 180 Millionen DM hinaus für die Erhöhung der Renten bereitstellen wird. Er erklärte allerdings, er müsse zunächst die überschlägigen Kosten der Sozialreform und die Aufwendungen für die Landwirtschaft auf Grund des „Grünen Berichts" übersehen können, ehe er sich zur Hergabe weiterer Gelder für die Kriegsopferrenten entschließen könne. Dann kann es eventuell Weihnachten werden, bis die 5. Novelle verabschiedet wird.
Die Ausschußberatungen sollen erst nach dem 3. März fortgesetzt werden.
Am 4. März sind Wahlen in Baden-Württemberg.
Will man über diesen Tag ohne Entscheidung über die Kriegsopferrenten hinwegkommen?
Man hat versucht, die zweite Beratung unter dem Vorwand zu vermeiden, daß jene Änderungsanträge auf Erhöhung der Mittel die sofortige nochmalige Rückverweisung der Vorlagen an den Haushaltsausschuß zur Folge haben müßten. Das ist nach der Fassung des § 96 der Geschäftsordnung offensichtlich falsch. Der Herr Bundestagspräsident hat den Ausschuß für Geschäftsordnung schon vor einiger Zeit um eine Erklärung zu § 96 (neu) gebeten. Der Ausschuß für Geschäftsordnung war für diesen Zweck — und um die zweite Beratung der 5. Novelle zu ermöglichen — ebenfalls für Dienstag, den 21. Februar, eingeladen. Auf Forderung der Mitglieder der CDU/CSU mußte der Geschäftsordnungsausschuß die Beratung wieder absetzen.
Wir Sozialdemokraten sind nicht bereit, solche durchsichtigen Methoden mitzumachen. Wir legen auf eine klare Entscheidung des Bundestages zur Aufbesserung der Kriegsopferrenten Wert. Daher unsere Anträge, und wir bitten Sie, ihnen zuzustimmen.