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    2. Deutscher Bundestag — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Februar 1956 6699 129. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. Februar 1956. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6701 C, 6705 A Vorlage der Verordnung M Nr. 2/56 über Milchauszahlungspreis 6701 D Zurückziehung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Absichten der Bundesregierung bei der Auswahl von Freiwilligen (Drucksache 1456) . . . . 6701 D Ergänzung der Tagesordnung . . 6713 A, 6716 A Fortsetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Eingliederung von Flüchtlingen, Vertriebenen, Evakuierten und Heimkehrern (Drucksache 1961) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Politik der Bundesregierung in den Angelegenheiten der Vertriebenen, Sowjetzonenflüchtlinge und Evakuierten (Drucksache 1896), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 1965) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Ausgleichsleistungen an Sowjetzonenflüchtlinge (Drucksache 1966) 6701 D Dewald (SPD) 6702 A Dr. Kather (GB/BHE) 6705 B. 6706 D, 6708 B, 6709 B, 6717 C, 6719 B Dr. Czaja (CDU/CSU) . . . 6706 D, 6709 B Dr. Glasmeyer (CDU/CSU) . . . . 6708 B Vizepräsident Dr. Schmid 6708 B Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 6711 D Miller (CDU/CSU) 6713 A Dr. Dr. Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte 6716 A, 6717 B, C, 6719 C Reitzner (SPD) 6717 A Dr. Strosche (GB/BHE) 6719 D, 6722 B, 6723 A Kuntscher (CDU/CSU) 6722 A Frau Renger (SPD) 6723 B, 6724 A Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 6723 D Überweisung der Anträge Drucksachen 1896 und 1965 an die Ausschüsse für Heimatvertriebene und für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen und des Antrags Drucksache 1966 an den Ausschuß für den Lastenausgleich und an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen 6725 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlenwirtschaft (Drucksache 2019) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Hilfsmaßnahmen und Entwicklungsprogramm für den Steinkohlen- und Pechkohlenbergbau (Drucksache 2081) 6725 B Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . 6725 C Dr. Friedensburg (CDU/CSU), Antragsteller 6729 B Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . 6733 B Überweisung des Antrags Drucksache 2081 an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Wiederaufbau und Wohnungswesen und für Finanz- und Steuerfragen 6736 B Beratung des Antrags der Abg. Unertl u. Gen. betr. Hilfe für die Hochwassergeschädigten in Vilshofen (Drucksache 2091) 6716 A, 6736 B Überweisung an den Haushaltsausschuß 6736 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft (Drucksachen 2090, 1686) 6713 A, 6736 C Dr. Siemer (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6740 C Beschlußfassung 6736 C Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Bildung eines Atomenergieausschusses (Drucksache 1847) 6736 D Beschlußfassung 6736 D Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung des Personalgutachterausschuß-Gesetzes (Drucksache 1946) : Abgesetzt 6736 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Drucksache 1586); Erster Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 2033) 6737 A Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU): als Berichterstatter 6737 A Erster Schriftlicher Bericht . . 6741 B Beschlußfassung 6737 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu der Erklärung vom 10. März 1955 über die Verlängerung der Geltungsdauer der Zollzugeständnislisten zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) (Drucksache 1794); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2039) 6737 B Hahn (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6742 B Zweite und dritte. Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Vierte Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 7. März 1955 zu den Anlagen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) und zum Wortlaut der diesem Abkommen beigefügten Zollzugeständnislisten (Drucksache 1832); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2040) 6737 C Hahn (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6742 B Beschlußfassung 6737 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Brüsseler Protokoll vom 30. Juli 1936 über die Immunitäten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Drucksache 1795); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 2041) 6737 D Dr. Leverkuehn (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . 6742 C Beschlußfassung 6737 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl, 1954 (Drucksache 1990); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Drucksache 2066) 6737 D Schwann (FDP), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6742 D Beschlußfassung 6738 A Beratung der Achten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 2027) 6738 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 6738 B Zweite Beratung (Rückverweisung) des Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksachen 1708, 1808, 1811); Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 (neu) der Geschäftsordnung (Drucksachen 2029, zu 2029) und Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (Drucksache 1954) (Anträge Umdrucke 514, 515, 516, 517, 518) 6738 B Rückverweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen und an den Haushaltsausschuß . . . . 6738 C Zweite Beratung (Rückverweisung) des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1003); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1986): Abgesetzt 6738 C Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 519 [neu]) . . . 6738 C Beschlußfassung 6738 C Große Anfrage der Abgeordneten Jacobi u. Gen. betr. Beeinflussung der Ertragslage der Energieversorgungsunternehmen durch Verwendung ausländischer Kohle (Drucksache 1956): Abgesetzt 6738 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beschluß vom 8. Dezember 1954 betr. die Anwendung des Art. 69 des Vertrages vom 18. April 1951 über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 2043) . . 6738 D Überweisung an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik und für Arbeit . . . . 6738 D Erste Beratung des von den Abg. Hoogen u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des § 13 des Dritten D-Markbilanzergänzungsgesetzes (Drucksache 2067) 6738 D Überweisung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 6739 A Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 2042): Zurückgezogen 6739 B Erste Beratung des von den Abg. Varelmann u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Heuerlingsverhältnissen (Drucksache 2049) . . 6739 B Überweisung an die Ausschüsse für Arbeit und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6739 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Fraktion der DP betr. Grünlandwirtschaft im norddeutschen Küstengebiet (Drucksachen 2064, 2004) 6739 D Seither (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6744 C Beschlußfassung 6739 D Nächste Sitzung 6739 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6740 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft (zu Drucksache 2090) . . . . 6740 C Anlage 3: Erster Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (zu Drucksache 2033) 6741 B Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außhandelsfragen über den Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung vom 10. März 1955 über die Verlängerung der Geltungsdauer der Zollzugeständnislisten zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) (Drucksache 2039) 6742 B Anlage 5: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Berichtigungs- und Änderungsprotokoll zu den Anlagen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) und zum Wortlaut der diesem Abkommen beigefügten Zollzugeständnislisten (Drucksache 2040) 6742 B Anlage 6: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Brüsseler Abkommen vom 30. Juli 1936 über die Immunitäten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Drucksache 2041) 6742 C Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Entwurf eines Gesetzes über das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl, 1954 (Drucksache 2066) 6742 D Anlage 8: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 519 [neu]) 6743 D Anlage 9: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Fraktion der DP betr. Grünlandwirtschaft im norddeutschen Küstengebiet (zu Drucksache 2064) 6744 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    *) Siehe Anlage 9. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Lulay 7. 4. Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 1. 4. Dr. Kopf 31. 3. Ladebeck 10. 3. Dr. Orth 10. 3. Dr. von Merkatz 10. 3. Böhm (Düsseldorf) 3. 3. Graaff (Elie) 3. 3. Dr. Hammer 3. 3. Mensing 1. 3. Meitmann 29. 2. Peters 29. 2. Dr. Starke 28. 2. Dr. Eckardt 25. 2. Glüsing 25. 2. Krammig 25. 2. Mellies 25. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 25. 2. Schmidt (Hamburg) 25. 2. Srock 25. 2. Gleisner (Unna) 18. 2. Odenthal 18. 2. Hörauf 13. 2. Dr. Arndt 11. 2. Bauer (Wasserburg) 11. 2. Eberhard 11. 2. Kriedemann 11. 2. Dr. Lenz (Godesberg) 11. 2. Dr. Maier (Stuttgart) 11. 2. Pelster 11. 2. Siebel 11. 2. Dr. Bartram 10. 2. Frau Beyer (Frankfurt) 10. 2. Fürst von Bismarck 10. 2. Dr. Blank (Oberhausen) 10. 2. Dr. Bucerius 10. 2. Demmelmeier 10. 2. Dr.-Ing. Drechsel 10. 2. Erler 10. 2. Even 10. 2. Frühwald 10. 2. Dr. Furler 10. 2. Dr. Gleissner (München) 10. 2. Gockeln 10. 2. Günther 10. 2. Häussler 10. 2. Hahn 10. 2. Hansen (Köln) 10. 2. Held 10. 2. Dr. Hellwig 10. 2. Hilbert 10. 2. Huth 10. 2. Kemper (Trier) 10. 2. Könen (Düsseldorf) 10. 2. Kühn (Bonn) 10. 2. Leibing 10. 2. Lemmer 10. 2. Dr. Leverkuehn 10. 2. Majonica 10. 2. Dr. Miessner 10. 2. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 10. 2. Müller-Hermann 10. 2. Naegel 10. 2. Rademacher 10. 2. Raestrup 10. 2. Richter 10. 2. Rümmele 10. 2. Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Scheel 10. 2. Dr. Schellenberg 10. 2. Dr. Schild (Düsseldorf) 10. 2. Schneider (Hamburg) 10. 2. Dr. Schöne 10. 2. Schrader 10. 2. Frau Dr. Schwarzhaupt 10. 2. Dr. Siemer 10. 2. Graf von Spreti 10. 2. Frau Dr. Steinbiß 10. 2. Dr. Will 10. 2. Wittenburg 10. 2. Ziegler 10. 2. Anlage 2 . Zu Drucksache 2090 (Vgl. S. 6736 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (26. Ausschuß) über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft (Drucksache 1686). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Siemer. Bereits im März 1955 befaßte sich der Ernährungsausschuß im Zusammenhang mit der Beratung der Drucksache 910 betreffend den Eierzoll mit der schwierigen Lage der deutschen Hühnerhalter und beauftragte das Bundesernährungs ministerium, einen Plan auszuarbeiten, der eine Prämie je abgeliefertes Ei vorsehen sollte. Die Fraktion der SPD hat nun im September 1955, nachdem vom Bundesernährungsministerium keine Vorschläge kamen, den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft — Drucksache 1686 - eingebracht. Bei den nun anschließenden Beratungen im Ernäihrungsausschuß waren sich die Vertreter aller Parteien einig, daß die deutschen Hühnerhalter infolge des Futtergetreidepreises dem ausländischen Eiererzeuger gegenüber derart benachteiligt und dadurch nicht konkurrenzfähig sind, so daß hier durch Zahlung von Ausgleichsbeträgen geholfen werden müßte. So sind z. B. die Futterkosten je Huhn im Jahr in der Bundesrepublik um 4 DM = 25 % höher als in Holland, je Ei, z. B. bei einer Legeleistung von 150 Eiern im Jahr, um 2,8 Pf höher als in Holland. Zu erwähnen wäre noch, daß von der Zahl der in den landwirtschaftlichen Betrieben gehaltenen Hühnern über 80 % auf Betriebe unter 20 ha entfallen. Der Schwerpunkt der Eiererzeugung liegt also eindeutig im kleinbäuerlichen Betrieb. Das Ihnen vorliegende Gesetz ist sehr kurz und einfach gegliedert: § 1 legt fest, für welche Eier Ausgleichsbeträge gewährt werden sollen. Nach § 2 soll der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen die Höhe des Ausgleichsbetrags für mindestens drei Monate im voraus bestimmen. § 3 beinhaltet, von wem der Antrag auf Gewährung des Ausgleiches gestellt werden kann. § 4 ermächtigt den Bundesminister zu verschiedenen notwendigen Rechtsverordnungen. (Dr. Siemer) § 5 regelt Aufsicht, Durchführung und Auskunftspflicht. Im § 6 finden wir den üblichen Berlin-Paragraphen. Das Gesetz selbst soll am 1. März 1956 in Kraft treten. Der mitbeteiligte Haushaltsausschuß hat gegen § 1 des Gesetzes keine Bedenken erhoben und hat festgestellt, daß die für das Rechnungsjahr 1955 noch erforderlichen Mittel im Gesamthaushaltsplan aufgebracht und durch Einsparung, besonders im Etat des BML, gedeckt werden können. Für das Haushaltsjahr 1956 sieht der Haushaltsausschuß die Möglichkeit, die erforderlichen Mittel im Rahmen der Etatberatungen bereitzustellen. Es war ferner der Wunsch des Haushaltsausschusses, daß sichergestellt werden sollte, daß nicht mißbräuchlicherweise auch für Auslandseier Ausgleichsbeträge angefordert werden können. Der Haushaltsausschuß bat die Bundesregierung, ihm eine Übersicht zu geben, ob und welche Verwaltungs mehr kosten sich aus der Durchführung des Gesetzes ergeben. Der ebenfalls mitbeteiligte Wirtschaftspolitische Ausschuß stellte zwar fest, daß der vorliegende Gesetzentwurf im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft ein Fremdkörper sei, erkannte aber an, daß es dem Hühnerhalter unmöglich sei, sich mit Futtergetreide zu Weltmarktpreisen einzudecken, und daß der Hühnerhalter hierdurch in eine schlechte Konkurrenzlage gegenüber dem ausländischen Eiererzeuger gebracht werde. Der Ausschuß stimmte daher den erforderlichen Maßnahmen zum Ausgleich dieses Nachteils zu und erhob aus dieser Erwägung heraus gegen das Gesetz keine Einwendungen. Er schlug ferner vor, dem BML aufzugeben, jährlich über den Erfolg der Maßnahmen des Gesetzes zu berichten. Namens des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bitte ich, dem Gesetz, das besonders den kleinbäuerlichen Betrieben zugute kommen wird, die Zustimmung zu geben. Bonn, den 10. Februar 1956 Dr. Siemer Berichterstatter Anlage 3 zu Drucksache 2033 (Vgl. S. 6737 A) Erster Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Drucksache 1536). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Weber (Koblenz) Das Gesetz über die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter vom 23. Juni 1950 bezweckte eine Art Wiedergutmachung in den familienrechtlichen Verhältnissen der Personen, denen aus rassischen Gründen die standesamtliche Eheschließung unmöglich gemacht worden war, die aber den Entschluß, eine dauernde Verbindung einzugehen, durch Erwirkung einer kirchlichen Trauung, durch Erklärung vor den Angehörigen oder auf andere Weise ernstlich bekundet hatten. Die gleiche Wohltat sollte politisch Verfolgten zugute kommen können, die wegen der Verfolgung unter falschem Namen, verborgen oder in sonstiger Weiseaußerhalb der bürgerlichen Ordnung lebten und dadurch an der standesamtlichen Eheschließung gehindert waren und nur eine außergesetzliche Verbindung eingehen konnten. Durch Anordnung der zuständigen Landesjustizverwaltung konnte der Verbindung die Rechtswirkung einer gesetzlichen Ehe zuerkannt und dabei festgestellt werden, welcher Tag als Tag der Eheschließung zu gelten habe, bzw. bestimmt werden, daß die Wirkungen einer inzwischen nachgeholten Eheschließung schon von einem früheren Zeitpunkt an als eingetreten gelten sollten. Die Anordnung erging nur auf Antrag. Nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes mußte der Antrag binnen eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gestellt werden. Diese Frist ist seit dem 10. Juli 1951 abgelaufen. Die Frist ist eine Ausschlußfrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch im Falle schuldloser Fristversäumnis nicht vorgesehen. Nur Abwesende, insbesondere Kriegsgefangene, können den Antrag noch binnen eines Jahres nach ihrer Rückkehr stellen. In einer ganzen Anzahl von Fällen haben rassisch und politisch Verfolgte, insbesondere solche, die im Ausland leben, von der durch das Gesetz gebotenen Möglichkeit nicht rechtzeitig Kenntnis erhalten und daher den Antrag nicht rechtzeitig stellen können. Sowohl Behörden wie auch Verbände der rassisch oder politisch Verfolgten haben daher angeregt, die Antragsfrist wieder zu eröffnen. Diesem Wunsche glaubte sich die Bundesregierung nicht verschließen zu sollen, zumal auch in einer Reihe anderer Wiedergutmachungsgesetze die Antragsfristen neueröffnet oder verlängert wurden bzw. werden sollen. Der Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften — Drucksache 1586 — sieht dementsprechend in Artikel 7 diese Möglichkeit vor. Der Bundesrat hat beim ersten Durchgang zu dieser Bestimmung dahingehend Stellung genommen, daß die in Artikel 7 vorgesehene Regelung vorweg durch besonderes Gesetz getroffen werden sollte. Die Bundesregierung hat dem zugestimmt. Der Rechtsausschuß, an den der Bundestag den vorerwähnten Gesetzentwurf nach 1. Lesung in der 103. Sitzung am 29. September 1955 verwiesen hat, erkannte die Berechtigung der vom Bundesrat gegebenen Anregung an und behandelte deshalb den Art. 7 des Gesetzentwurfs in seiner Sitzung vom 14. Januar 1956 vorweg. Er beschloß, dieses Problem der Wiedereröffnung der Antragsfrist, das mit den übrigen Bestimmungen des Gesetzentwurfs sowieso nur in einem lockeren Zusammenhang steht, im voraus in einem besonderen Gesetz zu behandeln, und legt mit der Drucksache 2033 das Ergebnis seiner Beratung in dem „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter" vor. Es bestand völlige Einigkeit darüber, daß die Wiedereröffnung der abgelaufenen Antragsfrist erfolgen sollte. Es wurde lediglich erörtert, ob überhaupt eine Frist vorgesehen werden soll und gegebenenfalls, wie lang diese zu bemessen sei. Zur ersten Frage wurde darauf hingewiesen, daß eine Frist notwendig sei, um alsbald eine endgültige Klärung der familienrechtlichen Verhältnisse herbeizuführen, z. B. hinsichtlich der Frage, ob die aus einer solchen freien Ehe hervorgegangenen Kinder ehelich oder unehelich seien. Dafür sollte aber die neu eröffnete Frist ausreichend bemessen werden, und man beschloß deshalb, sie bis zum (Dr. Weber [Koblenz]) 31. Dezember 1957 zu erstrecken. Nach dem Gesetzentwurf können abgelehnte Anträge erneut gestellt werden. Um sicherzustellen, daß auch Antragsteller, deren Antrag bereits abgelehnt ist, von der Wiedereröffnung der Frist Kenntnis erhalten, ist den mit der Ausführung des Gesetzes betrauten Behörden die Pflicht auferlegt, die im Gesetz geschaffene Möglichkeit den Antragstellern von Amts wegen bekanntzumachen, damit diese die Anträge erneut stellen können. Dabei wurde auch die Frage erörtert, ob nicht solche verspätet gestellte Anträge ohne weiteres erneut in Behandlung genommen werden sollen. Die Mehrheit des Ausschusses war jedoch der Meinung, daß im Hinblick auf die Länge der inzwischen vergangenen Zeit grundsätzlich eine Anfrage bei den Antragstellern erfolgen sollte, weil durchaus die Möglichkeit bestehe, daß sich die Verhältnisse inzwischen geändert hätten und im Hinblick darauf der Antrag nicht mehr aufrecht erhalten werde bzw. neu gestellt werde. Auch bei noch anhängigen, verspätet eingereichten, aber noch nicht beschiedenen Fällen dürfte es sich deshalb empfehlen, bei den Antragstellern vor Entscheidung anzufragen, ob der Antrag aufrechterhalten wird. Das Gesetz hat keine Berlinklausel, da das Land Berlin das Gesetz vom 23. Juni 1950 nicht übernommen hat. Dazu wurde mitgeteilt, daß in Berlin eine Sonderregelung bestehe. Bonn, den 10. Februar 1956 Dr. Weber (Koblenz) Berichterstatter Anlage 4 Drucksache 2039 (Vgl. S. 6737 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung vom 10. März 1955 über die Verlängerung der Geltungsdauer der Zollzugeständnislisten zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) (Drucksache 1794). Berichterstatter: Abgeordneter Hahn Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 19. Januar 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung vom 10. März 1955 über die Verlängerung der Geltungsdauer der Zollzugeständnislisten zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) — Drucksache 1794 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 19. Januar 1956 Hahn Berichterstatter Anlage 5 Drucksache 2040 (Vgl. S. 6737 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 7. März 1955 zu den Anlagen des Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommens (GATT) und zum Wortlaut der diesem Abkommen beigefügten Zollzugeständnislisten (Drucksache 1832). Berichterstatter: Abgeordneter Hahn Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 19. Januar 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 7. März 1955 zu den Anlagen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) und zum Wortlaut der diesem Abkommen beigefügten Zollzugeständnislisten — Drucksache 1832 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 19. Januar 1956 Hahn Berichterstatter Anlage 6 Drucksache 2041 (Vgl. S. 6737 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Brüsseler Protokoll vom 30. Juli 1936 über die Immunitäten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Drucksache 1795). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Leverkuehn Die Gesetzesvorlage der Bundesregierung bezweckt die Nachholung der Zustimmung zu einem internationalen Abkommen, dem die vor 1945 amtierende Regierung nicht beitreten wollte, weil es in seinem Ursprung auf den Young-Plan zurückgeht. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel wurde 1930 zur Erledigung gewisser Funktionen, die sich aus dem Haager Abkommen zum Young-Plan ergaben, gegründet. Sie hat sich im Laufe der Entwicklung von diesem Ursprung erheblich entfernt und ist heute ein unentbehrliches Instrument des internationalen Zahlungsverkehrs. Als eine Bank der Notenbanken ist sie von besonderer Bedeutung, ferner ist sie mit der Geschäftsführung der Europäischen Zahlungsunion beauftragt und übt damit die Funktion einer intereuropäischen Clearing-Bank aus. Es ist daher zweckmäßig, wenn nicht sogar notwendig, daß die Bundesrepublik dem in dem Gesetz genannten Brüsseler Protokoll nunmehr baldigst beitritt und damit der Bank die Immunitäten gewährt, auf die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anspruch hat. Bonn, den 19. Januar 1956 Dr. Leverkuehn Berichterstatter Anlage 7 Drucksache 2066 (Vgl. S. 6738 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (30. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch t$1,1954 (Drucksache 1990). Berichterstatter: Abgeordneter Schwann I. Allgemeines In der 125. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 20. Januar 1956 wurde der Entwurf eines Gesetzes über das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl, 1954 — Drucksache 1990 — an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen. 2. Deutscher Bundestag — 129. Satzung. Bonn, Freitag, den 10. Februar 1956 6743 (Schwann) Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf im ersten Durchgang zugestimmt. Der Rechtsausschuß und der Ausschuß für Verkehr und Post des Bundesrates haben zu Artikel 2 und 4 Anregungen gegeben, die im wesentlichen der Klarstellung dienen. Der Ausschuß für Verkehrswesen hat in seiner 73. Sitzung am 1. Februar 1956 den Gesetzentwurf beraten und sich den Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates angeschlossen. II. Im einzelnen Das Übereinkommen ist ein Kompromiß zwischen den Nationen, deren Küsten und Küstenmeere wegen der Ungunst der Meeresströmungen und der Lage der Schiffahrtswege stark unter der Ölpest zu leiden haben, und anderen Staaten, die bisher davon verschont geblieben sind. Die einen zielten in London auf ein völliges Verbot des Ablassens von Öl und ölhaltigen Gemischen in die Meere ab; die anderen glaubten, daß eine so starke Beschränkung der Schiffahrt nicht erforderlich sei. Der Mittelweg, auf den sie sich einigen konnten, soll folgende Regelung bringen: 1. Sofort nach Inkrafttreten des Übereinkommens soll es Tankern verboten sein, innerhalb bestimmter Zonen Öl oder ölhaltige Gemische abzulassen. Diese Zonen betragen im allgemeinen 50 Seemeilen von Land aus; in der Nordsee erstrecken sie sich bis zu einer Landentfernung von 100 Seemeilen (Artikel III Abs. 1 des Internationalen Übereinkommens). 2. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten müssen alle Seeschiffe der Vertragsstaaten entweder mit Ölwasserseparatoren oder mit solchen Einrichtungen ausgerüstet sein, die das Eindringen von Heizöl oder schwerem Dieselöl in die Bilgen verhindern (Artikel VII). 3. Drei Jahre nach dem Inkrafttreten soll es auch für andere Schiffe als Tanker verboten sein, innerhalb von Seegebieten, die den Zonen für Tanker in ungefähr entsprechen, ölhaltiges Ballastwasser und Tankwaschwasser abzulassen (Artikel III Abs. 2). 4. Von dem gleichen Zeitpunkt ab sollen in den Haupthäfen der vertragsschließenden Staaten Anlagen vorhanden sein, die es allen Schiffen — mit Ausnahme der Tanker — ermöglichen, separierte Rückstände des ölhaltigen Ballast-und Tankwaschwassers abzugeben (Artikel VIII). Die deutschen Küsten werden nach dem Inkrafttreten aller Bestimmungen des Übereinkommens voraussichtlich von der Ölpest verschont bleiben; denn der freie Raum, den die Verbotszonen in der Nordsee lassen, liegt außerhalb der Schiffahrtswege, und der freie Raum in der Ostsee liegt so weit ostwärts Bornholms, daß von ihm aus keine Gefahr droht. Gegen Ölverschmutzungen, die bei Unfällen auf See entstehen, kann das Übereinkommen naturgemäß keinen Schutz bringen. Hier werden Verwaltung und Wissenschaft sich weiter um die Entwicklung von Verfahren bemühen, welche die schädlichen Wirkungen ausgelaufenen Öls ausschalten oder wenigstens vermindern. Artikel 1 des Gesetzentwurfs enthält die übliche Ratifizierungsklausel. Artikel 2 dehnt die Vorschriften des Übereinkommens auch auf Seeschiffe des öffentlichen Dienstes aus, jedoch mit der Ausnahme der Kriegsschiffe. Für diese sollen die notwendigen Vorschriften im Verwaltungsweg erlassen werden. Der Rechtsausschuß des Bundesrates hat empfohlen, außer den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten auch die Stiftungen zu erwähnen und die Worte „des Grundgesetzes" durch „dieses Gesetzes" zu ersetzen. Die Bundesregierung und der Ausschuß für Verkehrswesen des Deutschen Bundestages haben sich dieser Empfehlung, die der Klarstellung dient, angeschlossen. Artikel 3 enthält Ermächtigungen, die ein doppeltes Ziel verfolgen. Einerseits sollen sie dazu dienen, dort, wo das Übereinkommen nur Rahmenvorschriften gibt, diesen Rahmen mit Durchführungsverordnungen auszufüllen. Andererseits sollen sie es ermöglichen, Änderungen des Übereinkommens, die auf Grund des Artikels XVI Abs. 1 und 2 oder des Anhangs A Nr. 3 völkerrechtlich zustande gekommen sind, auf einigen engbegrenzten Gebieten durch Rechtsverordnungen in das nationale Recht zu transformieren. Der Ausschuß für Verkehrswesen hat es für sachdienlich gehalten, in Nr. 3 die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen auf den „Wirkungsgrad von Ölwasserseparatoren" zu beschränken. Artikel 4 enthält die nach Artikel 89 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes bei neuen Aufgaben auf dem Gebiet der Seeschiffahrt erforderliche Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern. Der Ausschuß für Verkehr und Post des Bundesrates hat empfohlen, diese Bestimmung durch folgenden zweiten Satz zu ergänzen: „Die Aufgabe nach Nr. 2 wird der See-Berufsgenossenschaft in Hamburg übertragen." Die Bundesregierung und der Ausschuß für Verkehrswesen des Deutschen Bundestages haben sich zur Vermeidung verfassungsrechtlicher Zweifel der Empfehlung des Bundesrates angeschlossen. Artikel 5 ist im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 1 des Grundgesetzes erforderlich, weil möglicherweise Schiffsräume, die zur Prüfung der Öltagebücher betreten werden müssen, als Wohnräume im Sinn des Artikels 13 des Grundgesetzes angesehen werden könnten. Artikel 6 enthält die erforderlichen Strafbestimmungen, um die Vorschriften des Übereinkommens durchzusetzen. Artikel 7 enthält die Berlin-Klausel und Artikel 8 die Bestimmungen über das Inkrafttreten des Gesetzes. Bonn, den 1. Februar 1956 Schwann Berichterstatter Anlage 8 Umdruck 519 (neu) (Vgl. S. 6738 C) Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: 1. Antrag der Abgeordneten Huth, Dr. Hesberg, Dr. Will, Dr. Schild (Düsseldorf) und Genossen betreffend Kredite zur Instandsetzung des Altwohnungsbestandes (Drucksache 2036) an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen; 2. Antrag der Abgeordneten Kemmer (Bamberg), Schütz, Reitzner, Dr. Czermak, Dr. Strosche, Dr.-Ing. Seebohm und Genossen betreffend Zuschuß für die Bamberger Symphoniker eV (frühere Prager Philharmonie) (Drucksache 2060) an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Kulturpolitik; 3. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Neufassung der siedlungsrechtlichen Begriffsbestimmungen und Vereinfachung der Siedlungsfinanzierung (Drucksache 2053) an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Bonn, den 7. Februar 1956 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Anlage 9 zu Drucksache 2064 (Vgl. S. 6739 D) Schriftlicher Bericht 1 des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der DP betreffend Grünlandwirtschaft im norddeutschen Küstengebiet (Drucksache 2004). Berichterstatter: Abgeordneter Seither Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich bei Beratung des Antrages der Fraktion der Deutschen Partei mit der schwierigen Lage der Grünlandwirtschaften im norddeutschen Küstengebiet befaßt und hat dabei vom zuständigen Bundesernährungsministerium erfahren, daß die in den Ziffern 1 bis 4 des Antrages angesprochenen Fragen im Grünen Bericht der Bundesregierung behandelt würden und daß die Bundesregierung entsprechende Vorschläge dazu machen werde. Der Ausschuß beschloß daher, den Antrag unter Streichung der Ziffer 5 der Bundesregierung zur Auswertung für den Grünen Bericht als Material zu übergeben. Zu Ziffer 2 des Antrages war der mitbeteiligte Lastenausgleichsausschuß der Ansicht, daß aus grundsätzlichen Erwägungen eine generelle Stundung der Lastenausgleichsabgaben nicht möglich ist. Der ebenfalls mitbeteiligte Haushaltsausschuß und der Ausschuß für Geld und Kredit haben sich dem Vorschlag des federführenden Ernährungsausschusses angeschlossen, den Antrag der Bundesregierung als Material zu übergeben. Bonn, den 10. Februar 1956 Seither Berichterstatter Nachtrag zum Stenographischen Bericht der 129. Sitzung Schriftliche Stellungnahmen der Abgeordneten Bock und Dr. Baade zur zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl, 1954 (Vgl. S. 6737 D): Bock (CDU): Das internationale Übereinkommen, dem zuzustimmen die Bundesregierung den Bundestag ersucht, ist ein ganz besonderes Übereinkommen, handelt es doch nicht von politischen oder wirtschaftlichen Interessen, wie sonst bei fast allen internationalen Verträgen. Es ist ein Übereinkommen, das nur aus humanitärer Gesinnung entstanden ist. Es soll in einem wichtigen Punkt Wunden, die die fortschreitende Zivilisation verursacht hat, nach Möglichkeit für die Zukunft verhindern; diese Zivilisation, die uns nicht nur das Auto und das Flugzeug, sondern auch die Atombombe gebracht hat. Zu diesen Opfern der Zivilisation gehören auch Millionen von Seevögeln, die alljährlich der Ölpest zum Opfer fallen. Nur einige kurze Angaben über solches Vogelsterben an den deutschen Küsten in den letzten Jahren: Februar/März 1953 bei Travemünde, Januar/März 1953 zirka 10 000 Seevögel in der Urwachter Bucht bei Kiel, Juli 1953 in der Willter und Kremper Marsch, Juli und September 1954 auf der Weser, August 1955 auf Borkum, Oktober 1955 an der ostfriesischen Küste, November 1955 im Bereich von Fehmarn und Heiligenhafen, Januar 1956 an der Ostküste von Fehmarn. Ganz besonders schwere Verluste erlitt die Vogelwelt, als das dänische Tankschiff „Gerd Maersh" im Jahre 1955 vor der Elbe auf einer Sandbank strandete und, um wieder freizukommen, einen Teil seiner Ölladung in die See pumpen mußte. Damals sind nach Feststellung der Zentralstelle für den Seevogelschutz am Strande der deutschen Nordseeinseln 2270 tote Vögel gezählt worden. Die Zentralstelle für Seevogelschutz glaubt, daß man die Zahl der gezählten Opfer mit 100 multiplizieren muß, um die Gesamtverluste dieses Falles zu erhalten. Das bedeutet, daß dieser einen Havarie rund eine Viertelmillion Seevögel zum Opfer gefallen sind. Solche Unfälle lassen sich natürlich auch in Zukunft nicht vermeiden. Was aber zu vermeiden ist, muß vermieden werden. Es sind nicht allein die uns bekannten Schäden an der Tierwelt, wir wissen noch gar nicht, welche Folgen bei einer fortschreitenden Verschmutzung durch Öl für die gesamte Fauna und Flora- des Meeres entstehen können. Aber nicht nur das Leben der Seevögel, auch die Gesundheit und Erholung der Menschen ist durch die Ölverschmutzung gefährdet. Schon jetzt leidet der erholungsuchende Kurgast der Seebäder unter der Ölverschmutzung des Wassers und des Strandes. Die Beseitigung der Ölschäden kostet allein für die Insel Sylt jährlich rund 360 000 DM. Die im Übereinkommen vorgesehenen Verbotszonen sind nur ein Anfang. Aber dieser Anfang muß gemacht werden. 32 Nationen haben an diesem Übereinkommen mitgewirkt. Ich zweifle nicht, daß der Deutsche Bundestag diesem Gesetz zustimmen wird. Dr. Baade (SPD): Seit 33 Jahren verhandeln die Großmächte der Welt über ein Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl. Drei Jahrzehnte lang waren diese Verhandlungen erfolglos. Solange nur die wirtschaftlichen Interessen der Menschen zur Diskussion standen, schleppten sich diese Verhandlungen hin, und sie hätten sich vielleicht noch weitere Jahrzehnte hingeschleppt, wenn nicht die Herzen der Menschen angesprochen worden wären. Da plötzlich kamen die Verhandlungen in einen rascheren Fluß und führten zu dem Vertrag, dessen Ratifikation wir heute beschließen wollen. Daß die Herzen der Menschen in der Politik mitsprechen, ist ein seltener Fall. Er darf uns zuversichtlich stimmen in einer Zeit, in der wir uns oft fragen müssen, ob die Atomzeit-Menschen nicht völlig verstockt und ihre Herzen nicht ganz verhärtet sind. Ich möchte Ihnen daher den menschlichen Hintergrund des Zustandekommens dieses internationalen Übereinkommens mit einigen Worten darlegen. Die Verhandlungen begannen, wie gesagt, vor 33 Jahren, im Jahre 1922. Die Verschmutzung der See durch 01 hatte damals gerade angefangen, an einigen Stellen, insbesondere in Hafengewässern, Schäden zu zeitigen. Aber diese Schäden waren noch wenig einschneidend; denn der bei weitem kleinste Teil der Welttonnage verwendete Öl als Heizmaterial, und die Beförderung von Öl auf der See mit Tankern spielte noch eine sehr kleine Rolle. Inzwischen haben sich die Zahlen gewaltig erhöht. Während im Jahre 1914 nur 3 1/2 v. H. der Welttonnage Öl verwendeten, war im Jahre 1953 beinahe die gesamte Welttonnage (87 v. H.) auf diesen Brennstoff eingestellt. Die Tragfähigkeit der Welttankerflotte, die im Jahre 1922 noch minimal war und selbst im Jahre 1939 erst 17 Millionen t betrug, ist im Jahre 1954 auf 38 Millionen t gestiegen. Damit haben sich selbstverständlich die Schäden infolge Verschmutzung der See durch Öl sehr ver- mehrt. Die ersten Leidtragenden waren die Küstenfischer gewesen, deren Netze und sonstige Fanggeräte verölten. In einigen Gebieten wurden auch Austernbänke durch Öl beschädigt. Zu den Klagen der Fischer gesellten sich die Klagen der Badegäste. Ein immer größerer Teil der Strandbäder, insbesondere in Westeuropa und England, wurde mit Öl verschmutzt. Die Badegäste entdeckten an ihren Füßen Teerflecke, ihre Schuhe und ihre Wäsche wurden in Mitleidenschaft gezogen. Mancher überlegte sich ernsthaft, ob er seine nächsten Ferien wieder an einem solchen mit Ölrückständen verschmutzten Strand zubringen sollte. Die Kurverwaltungen erhoben ihre Stimmen. Eine unserer Nordseeinseln mußte in einer Saison 350 000 DM für die Beseitigung der durch Ölverschmutzung des Strandes entstandenen Schäden aufwenden. Aber weder die Stimmen der Fischer noch die der Kurverwaltungen vermochten die schwerfällige Maschinerie der internationalen Verhandlungen auf Touren zu bringen. Da ereignete sich ein Drama, das Drama der durch die Ölpest getöteten Vögel. Erst wurden nur einige durch Verölung zugrunde gegangene Tiere an den Strand gespült, dann fanden Tausende von Tieren, die in einen treibenden Ölteppich hineingeraten waren, den Tod. Schließlich sind es Zehntausende von Opfern der Ölpest geworden. Ich erinnere insbesondere an die Katastrophe von Fehmarn und die andere große Katastrophe in der Elbemündung. Was die Klagen der Fischer und der Kurverwaltungen nicht vermocht hatten, das brachte diese über die Vögel hereingebrochene Katastrophe zustande. Die Zeitungen in den skandinavischen Ländern, in Deutschland und vor allem in England berichteten über diese Katastrophe. Hunderttausende von Menschen, die von der Ölpest keine Ahnung gehabt hatten, interessierten sich jetzt für diese Frage. Im englischen Unterhaus legte der Labour-Abgeordnete Callaghan eine durch die Ölpest zugrunde gegangene völlig mumifizierte Möwe auf den Tisch des Hauses. — Wenn ich erwähne, daß es ein Labour-Abgeordneter war, so möchte ich gleichzeitig sagen, daß nicht nur in England, sondern auch bei uns der Kampf gegen die Ölpest von Abgeordneten aller Parteien geführt wird. — Es wurden Sonderausschüsse gebildet. Und plötzlich war die Maschinerie der internationalen Verhandlungen auf Hochtouren gebracht. Das Ergebnis ist das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl, das wir heute ratifizieren. Daß die Verhandlungen so lange gedauert haben, ist an und für sich kein Wunder, denn es bestehen zwischen den das Weltmeer befahrenden Nationen in dieser Frage recht erhebliche Interessenunterschiede. Es gibt Länder mit einer großen Tankerflotte, deren Strandgebiete durch die Ölpest praktisch kaum bedroht sind, und es gibt wiederum Länder mit großen Strandgebieten, die unter der Ölpest zwar seit Jahrzehnten leiden, deren eigene Tankerflotte aber verhältnismäßig klein ist. Die Forderungen nach der Strenge der anzuwendenden Maßnahmen gingen also weit auseinander. Das vorliegende Übereinkommen stellt ein Kompromiß dar, und es kann ganz bestimmt nur ein erster Schritt in einer Reihe von Maßnahmen sein, die letzten Endes zu einer völligen Beseitigung der Verschmutzung der See durch Öl führen müssen. Es ist daher gut, daß in dem Übereinkommen vorgesehen ist, nach dreijähriger Gültigkeit über eine Erweiterung und Verschärfung der Maßnahmen zu verhandeln. Die Menschen, die aus Mitleid mit den Tieren die Forderung zur Beseitigung der Ölpest erhoben, haben auch sich selbst einen großen Dienst erwiesen. Dieser Dienst liegt zunächst mehr auf dem Gebiet einer Sehnsucht als auf dem der Wirtschaft. Aber es handelt sich hier um eine Sehnsucht, die von Millionen Menschen geteilt wird, die Sehnsucht, irgendwo in der Welt, im eigenen Vaterland oder in einem anderen Land, im sauberen Wasser und vom sauberen Strand aus baden zu dürfen. Wenn wir die Bademöglichkeiten der Bevölkerung insbesondere in den Industrieländern der Erde betrachten, so müssen wir mit Beschämung feststellen, daß wir im industriellen Zeitalter Erkleckliches geleistet haben, um unsere schönen Flüsse als Badegewässer fast unbrauchbar zu machen. Hier am Bundeshaus vorbei fließt der Rhein, und in Liedern wird er als der „grüne" Rhein besungen. Nun, wir brauchen nur hinauszugehen, um zu wissen, daß der Rhein weder grün noch rein ist und daß es auch im Hochsommer ein sehr zweifelhaftes Vergnügen ist, im Rhein zu baden. Unser Nachbarort, Godesberg, der auch am Rhein liegt, führt den Namen Bad Godesberg, aber nicht deswegen, weil man dort im Rhein baden kann, sondern weil man dort nicht im Rhein zu baden braucht, da andere Badegelegenheiten geschaffen worden sind. Noch schlimmer als mit dem Rhein ist es mit dem Main bestellt, der aus einem klaren Naturfluß in eine Reihe von schmutzigen Tümpeln verwandelt worden ist. Und so wie in Deutschland sieht es auch in Amerika aus. Alle Flüsse, die wir aus den Indianergeschichten als wilde, grüne Flüsse kennen, der Hudson, der Potomac, der Delaware, sind schmutzige Industriegewässer geworden, in denen kein Mensch baden kann. Nachdem wir uns der Möglichkeit, in den Flüssen zu baden, durch Verschmutzung der Flüsse fast beraubt haben, sind die Strandgelände der Meere um so wichtiger geworden. Es gibt heute in Europa eigentlich keine nationalen Strandgelände mehr, sondern einen internationalen und auch weitgehend international bevölkerten europäischen Badestrand, der sich von Norwegen, Südschweden über Dänemark, Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich bis zur Straße von Gibraltar hinzieht. Juwelen von Strandgeländen liegen an dieser Küstenstrecke und ebenso rings um die Ostsee und am Mittelmeer. Alle diese Strandparadiese waren von der Ölpest bedroht. Sie würden, wenn man der Ölpest nicht einkalt geböte, vielleicht einmal so unbenutzbar werden wie viele unserer Flüsse. Der Gewinn, der sich wirtschaftlich gesehen aus dem Internationalen Übereinkommen ergibt, liegt auf der Hand, wenn wir daran denken, daß die Klagen der Fischer und der Kurverwaltungen, die Jahrzehnte hindurch erhoben wurden, verstummen werden. Wenn Millionen von Europäern in kommenden Jahrzehnten in den Strandparadiesen neue Kraft und Gesundheit sammeln können, sollten sie daran denken, daß sie die Sauberkeit des Strandes der Tatsache verdanken, daß die Herzen der Menschen und sogar die der Gesetzgeber durch die Tragödie der Vögel gerührt worden sind.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen
    und Herren, Sie haben die Begründung der Großen
    Anfrage der Fraktion der SPD gehört. Wir sind
    übereingekommen, daß wir nun zunächst nicht die
    Antwort hören, sondern erst die Begründung des
    Antrags der Fraktion der CDU/CSU zu Punkt 1 c:
    Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/
    CSU betreffend Hilfsmaßnahmen und Entwicklungsprogramm für den Steinkohlen-
    und Pechkohlenbergbau (Drucksache 2081).
    Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Friedensburg.
    Dr. Friedensburg (CDU/CSU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem strahlenden Glanz unseres Wirtschaftswunders wirkt es ein wenig merkwürdig, daß es in dem sonst so erfolgreichen Bilde dunkle Stellen geben soll. Es muß vor der Öffentlichkeit, es muß aber auch vor der Regierung und dem Hohen Hause näher begründet werden, weshalb wir uns entschlossen haben, von einer Notlage eines großen, wichtigen Wirtschaftszweiges zu sprechen und von der Notwendigkeit, dieser Notlage abzuhelfen. Wir haben uns gewöhnt, das Wort „Not" in der Regel mit dem Begriff der kleinen Leute in der Wirtschaft zu verknüpfen, der Bauern, der Handwerker, der kleinen Mittelständler. Aber daß dieser mächtige, imponierende Wirtschaftszweig, als den wir die Kohlenwirtschaft doch kennen, notleidend sein soll, will uns nicht recht eingehen. Ich möchte deshalb ein paar Angaben hierzu machen, gerade auch, weil die Ausführungen meines Herrn Vorredners, des verehrten Kollegen B1 e i ß, vielleicht doch in dem einen oder anderen Punkte mißdeutet oder mißverstanden werden können.
    Das äußere Kennzeichen der Schwierigkeiten, in die die Kohlenwirtschaft geraten ist, ist das Zurückbleiben der Produktion. Wir haben in Deutschland im Jahre 1955 einen allgemeinen Produktionsindex von 204 gegenüber 1936 erreicht. Unsere allgemeine Industrie also hat ihre Produktion reichlich verdoppelt. Der Steinkohlenwirtschaft ist es nur gelungen, auf einen Index von 112 zu kommen. Derjenige Wirtschaftszweig also, der doch eigentlich notwendig ist, um den ganzen Körper der deutschen Wirtschaft mit Nahrung zu erfüllen, hat gegenüber der allgemeinen Entwicklung so weit zurückbleiben müssen. Auch wenn wir nichts weiter wissen als diese beiden Zahlen, müssen wir zu der Überzeugung kommen: da ist etwas nicht in Ordnung, da müssen sich Regierung und Volksvertretungen zusammenfinden, um an diesem Zustand etwas zu ändern.
    Vielleicht noch ernster ist aber eine andere Zahl. Ich bitte um Verzeihung, wenn ich einige Zahlen nenne; aber mit Worten läßt sich trefflich streiten; es ist besser, man sagt mit klaren Zahlen, um was es sich handelt. Die Produktivität, d. h. die Wertschöpfung je Kopf des Beschäftigten, hat in der deutschen Industrie im Jahre 1955 gegenüber der Vorkriegszeit einen Stand von 127 % erreicht. Das heißt, je Kopf des Beschäftigten erzeugt die deutsche Industrie heute Werte, die um ein Viertel höher liegen als vor dem Kriege; eine wundervolle, hoch anerkennenswerte Leistung, die uns nur Respekt vor allen Beteiligten, den Arbeitern, den Ingenieuren und den Kaufleuten, abnötigt. Der Kohlenbergbau hat nur einen Index von 73 % erreicht. Also ebenso viel, wie die allgemeine Industrie über den Vorkriegsstand hinausgelangt ist, ist der Kohlenbergbau zurückgeblieben.
    Ich glaube, wer sich mit volkswirtschaftlichen Zusammenhängen beschäftigt, wird geradezu erschrocken sein, wenn er die Bedeutung dieser Zahlen auf sich wirken läßt.
    Und nun ein Wort zur Rentabilität. Herr Kollegen Bleiß hat ja viel Zeit darauf verwendet, nachzuweisen, daß es mit der Rentabilität gar nicht so schlimm stehe. Ich habe die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnungen der Aktiengesellschaften für das Jahr 1954 — für 1955 liegen sie noch nicht vor — nachprüfen lassen, und, Herr Kollege Bleiß, ich habe ermittelt, daß die Aktiengesellschaften, die im Kohlenbergbau tätig sind, im Jahre 1954 eine Rendite von 2,05N, also wenig mehr als 2 %, im Durchschnitt erzielt haben. Das ist völlig unzureichend angesichts der Notwendigkeit, Kapital für diesen Bergbau zu interessieren. Wer sich das einmal klarmacht, wer namentlich auch die Zahlen aus der Vorkriegszeit in Erinnerung hat, auch die wesentlich günstigeren Zahlen im Durchschnitt der deutschen Industrie, der kann erkennen, daß da von einer gesunden Rentabilitätslage einfach nicht gesprochen werden kann.
    Eine so unverfängliche, so neutrale Stelle wie die Hohe Behörde in Luxemburg, die sich ja außerordentlich bemüht, sich nicht als Interessentenvertreter der einen oder der anderen Seite aufzufassen, hat ja nachgewiesen — die von Kollegen Bleiß genannten Zahlen sind von der Hohen Behörde ermittelt und von ihr bestätigt worden —, daß der deutsche Steinkohlenbergbau in seinem Ertrage um 4,50 bis 5 Mark je Tonne hinter dem Ertrage zurückbleibt, der erforderlich wäre, um neues Kapital zu interessieren, also wenigstens 4 % für das investierte Kapital im ganzen zu zahlen.

    (Abg. Dr. Bleiß: Nach kalkulatorischer Kostenrechnung?)

    — Das ist kalkulatorisch gemacht worden. (Abg. Dr. Bleiß: Einschließlich Zinsen?)

    — Kollege Bleiß, wir werden darüber ja im Wirtschaftspolitischen Ausschuß sprechen können. Ich gebe nur die amtlichen Zahlen wieder und kann nur sagen, daß, soviel ich weiß, sowohl das Wirtschaftsministerium wie auch ich selbst diese Zahlen als richtig anerkennen können.
    Auf der sozialen Seite sehen wir, daß sich die Bergleute nicht mehr finden, die zur Steigerung der Kohlenförderung notwendig sind. Der deutsche Steinkohlenbergbau hat in den letzten Jahren einen Schwund von 17 000 Personen erlitten. Die Förderung hätte also wesentlich höher sein können. Dabei gilt heute noch die Tatsache, daß der Berg-


    (Dr. Friedensburg)

    mann mit seinem Lohn verhältnismäßig günstig dasteht. Das ist ein sehr ernstes allgemeines, ich möchte beinahe sagen, kulturelles Problem. Die Menschen scheuen es immer mehr, sich dem Schmutz, dem Schweiß und den Gefahren eines Berufs auszusetzen, wenn sie für das gleiche oder nahezu das gleiche Geld in Berufen tätig sein können, in denen sie einen weißen Kragen anbehalten können. Das ist nun einmal eine allgemeine Erscheinung der modernen Zivilisation, die uns sehr ernst stimmen und jedenfalls veranlassen muß, den Beruf des Bergmannes mit besonderen Anreizmitteln zu versehen, damit er in der Lage bleibt, die Aufgaben zu erfüllen, von denen wir ihn gar nicht entbinden können, wenn wir unsere Wirtschaftsleistung weiter steigern wollen.
    Eine besonders schmerzliche Erscheinung der Lage unseres Steinkohlenbergbaues ist aber die Notwendigkeit, fremde Kohle zu überhöhten Preisen einzuführen, übrigens auch ein Zeichen, daß da volkswirtschaftlich etwas nicht in Ordnung ist. Die amerikanische Kohle, die wir in steigenden Mengen hereinnehmen müssen, kommt je Tonne ungefähr um 40 DM teurer als unsere inländische Kohle, und es würde eine unerhörte Belastung für die deutsche Wirtschaft sein, wenn sich das weiter steigern sollte. Das bedeutet, auf 10 Millionen Tonnen umgerechnet, die wir in diesem Jahre einführen sollen, eine Belastung des deutschen Außenhandels mit rund einer Milliarde DM. Meine Damen und Herren, eine Milliarde DM werden wir im Jahre 1956 ausgeben müssen, um unsere Kohlenversorgung durch Zukauf amerikanischer Kohle überhaupt in Ordnung zu halten.
    Das wäre noch begreiflich und vielleicht verantwortbar, wenn wir keine Kohle hätten. Aber wir haben die Kohle doch im deutschen Boden. Deutschland ist eins der kohlereichsten Länder, meiner Überzeugung nach, auf die Fläche gerechnet, vierleicht sogar das kohlereichste Land der Erde. Die Milliarden Tonnen, die auf Hunderte von Jahren hinaus unsere Versorgung sicherstellen können, liegen noch unter der Erde. Es ist auch keineswegs so, daß die Kohle etwa besonders ungünstig gelagert sei. Ich kenne die meisten in Frage kommenden Kohlenreviere aus eigener Anschauung sehr gut. Deutschland kann wenigstens sagen, daß es im Durchschnitt der übrigen Länder steht; meiner Ansicht nach steht es sogar besser als die meisten anderen europäischen Länder, von Großbritannien vielleicht abgesehen. Es ist also an sich gar kein Grund erkennbar, warum der Bergbau in diese verhängnisvolle Situation gekommen ist, daß seine Förderung nicht mehr ausreicht, die deutsche Versorgung sicherzustellen.

    (Abg. Dannebom: Es fehlen die Menschen!)

    Was ist der Grund? Der Grund ist, wie man sich das ja ohne weiteres denken kann, wirtschaftlicher Natur. An den Bergbau sind dauernd neue Anforderungen gestellt worden. Wir haben es von Herrn Kollegen Bleiß ja sehr anschaulich gehört, daß eine neue Lohnsteigerung um 3 DM je Tonne bevorsteht. Der Bergbau kann nicht wie jeder andere Wirtschaftszweig auf die beiden sonst gegebenen Möglichkeiten ausweichen, nämlich die Steigerung der Produktivität oder die Steigerung des Preises. Das ist der Weg, auf dem sonst eine Industrie steigende Kosten abfangen kann. Eine Produktivitätssteigerung ist angesichts der besonderen Verhältnisse im Bergbau unter Tage nicht möglich oder wenigstens nur in sehr langen Zeiträumen und nur mit verhältnismäßig geringen Fortschritten. Es ist nicht einfach möglich, zu sagen: am 15. Februar werden die Lohnkosten um etwa 3 DM je Tonne gesteigert, und das wird durch entsprechende Steigerung der Produktivität abgefangen. Preiserhöhungen will Herr Bleiß aber auch nicht. Es bleibt also nur übrig, daß der Bergbau in eine ungünstigere Lage kommt, und da ergeht nun in der Tat der Ruf an die Regierung: Entweder nimmt man den Bergbau aus dieser Situation heraus, d. h. man gibt ihm die Möglichkeit, sich im Rahmen der freien, sozialen Marktwirtschaft so zu betätigen, wie es jeder andere tut. Oder aber, wenn die Regierung das aus wahrscheinlich sehr wohlerwogenen Gründen nicht verantworten zu können glaubt, ist sie verpflichtet, dafür zu sorgen, daß diese Sonderlasten dem Bergbau abgenommen werden. Man kann dem Bergbau im Interesse der Allgemeinheit nicht immer neue Lasten auferlegen in dem vollen Bewußtsein, daß er sich selber nicht helfen kann, und dann sagen: Der Bergbau soll selber sehen, wie er die Konsequenz trägt. Ich glaube, Herr Kollege Bleiß, da reicht es dann nicht aus, wenn es auch sehr schön ist, hier zu erklären: Wir wollen keine Kohlenpreiserhöhungen, aber wir wollen höhere Löhne; und über das, was zu geschehen hat, wollen wir nachher im Wirtschaftspolitischen Ausschuß sprechen. Das scheint mir nicht ganz ausreichend zu sein. Da würden meine Freunde sich doch für verpflichtet halten, heute etwas klarere und präzisere Forderungen zu stellen.

    (Abg. Dr. Bleiß: Wir haben die Vorschläge gemacht!)

    — Sie werden meine Vorschläge auch gleich hören.
    Ich möchte noch über die besonderen Gründe der geringen Elastizität des Bergbaus sprechen. Der Bergbau verfügt im großen und ganzen über weit überalterte Anlagen. Dem nicht im Bergbau Tätigen wird es vielleicht geradezu grotesk erscheinen, daß das Durchschnittsalter der deutschen Steinkohlengruben 77 Jahre beträgt und daß reichlich 90 % der deutschen Steinkohlengruben vor Beginn des ersten Weltkriegs angelegt worden sind. Wenn man sich einmal die unerhörte Entwicklung, die die Technik seitdem genommen hat, vor Augen hält, ist es geradezu — ich wiederhole es — grotesk, sich vorzustellen, daß der Bergbau unter solchen Umständen seinen Platz in der modernen Wirtschaft behaupten soll.
    Die Konkurrenz mit den anderen Energieträgern ist einstweilen noch nicht so ernst. Ich erwähne nur am Rande, daß das Heizöl, das heute sehr stark genannt wird, in Deutschland im Jahre 1955 einen Verbrauch von ganzen 2 Millionen t gehabt hat. Das ist jedenfalls gegenüber dem Kohlenverbrauch nicht so wesentlich, daß davon eine Einengung der Entwicklungsmöglichkeiten des Steinkohlenbergbaus abgeleitet werden könnte.
    Ich glaube auch nicht, daß die Atomenergie in absehbarer Zeit für unseren Steinkohlenbergbau eine ernsthaft gefährliche Konkurrenz bedeuten wird. Es ist notwendig das zu sagen, weil viele Leute meinen: Was kümmert Ihr euch denn so viel um den Steinkohlenbergbau?! In kurzer Zeit wird kein Mensch mehr unter Tage arbeiten wollen. Die Leistung wird uns eines Tages ein schöner Kernreaktor abnehmen. — Wir wissen heute noch immer nicht, was wir mit dem sogenannten Atommüll tun sollen. Die phantastischen Pläne, ihn nach dem Mond zu schießen oder ihn in den Weltraum oder sonst irgendwie hinauszubefördern, scheinen mir nicht recht realisierbar zu sein. In wirtschaftlicher Hinsicht ist heute noch in gar keiner Weise


    (Dr. Friedensburg)

    ein Vergleich mit der Kohlenenergie gegeben. Die Zahlen für die Kilowattstunde liegen in Höhe des Mehrfachen dessen, was die Kilowattstunde aus der Braunkohle und aus der Steinkohle kostet. Endlich — das darf ich als Fachmann sagen — scheint mir die Frage der Rohstoffversorgung, die noch immer in einem gewissen Umfang nötig sein wird, keineswegs so günstig zu liegen, wie man annimmt. Jedenfalls würden wir in Deutschland sehr unklug handeln, wenn wir im Vertrauen auf eine später einmal einsetzende Atomenergieversorgung nun das, was wir in der Hand haben, nicht die Spatzen in der Hand, sondern die Taube in der Hand, etwa verhungern lassen wollten, weil wir hoffen, uns irgendwann einmal auf irgendeinem anderen Weg helfen zu können.

    (Abg. Dr. Bleiß: Herr Friedensburg, halten Sie auch langfristige Überlegungen für überflüssig?)

    — Nein, keineswegs; ich möchte mich ausdrücklich dazu bekennen, daß wir uns auf dem Gebiet der Kernenergie sehr wohl bemühen sollten, mit der Entwicklung anderer Länder Schritt zu halten. In England, aber auch in Amerika hat man allerlei eingeleitet, und es wäre ein Jammer, wenn sich Deutschland, das auf dem entsprechenden wissenschaftlichen Forschungsgebiet eine solche Bedeutung gehabt hat, in der tatsächlichen Ausnutzung ausschalten lassen wollte. Ich würde nur nicht empfehlen, Herr Kollege Bleiß, daß wir in der einstweilen noch recht vagen Hoffnung, im Wege der Atomernergieausnutzung zu wirtschaftlichen Kraftanlagen zu kommen, heute die Maßnahmen versäumen, die zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit unseres Kohlenbergbaus unentbehrlich sind.
    Abg. Dr. Bleiß: Das hat auch kein Mensch
    verlangt!)
    — Nein, das behaupte ich auch nicht, Herr Kollege Bleiß. Ich möchte es nur einmal gesagt haben. Es gibt aber in der öffentlichen Meinung gelegentlich solche Stimmen. Entschuldigen Sie, Herr Kollege Bleiß, ich habe mich nicht gegen Sie gewandt, sondern ich spreche ganz allgemein.
    Ich bin sogar entschieden der Ansicht, daß unsere Regierung und vielleicht auch wir hier im Hause ganz andere Anstrengungen darauf richten sollten, als es in den letzten Jahren geschehen ist; Deutschlands Anteil an der Entwicklung der Ausnutzung der Atomenergie zu sichern. Aber ebenso entschieden wünsche ich, daß man deshalb nicht den Kohlenbergbau vernachlässigt, ganz abgesehen davon, daß wir den Kohlenbergbau besitzen, das ist unser eigen. Die ganze standortmäßige Entwicklung der deutschen Wirtschaft beruht ja auf der Kohle, und wenn erst einmal die Atomenergie eingeführt sein wird, dann werden Standortverschiebungen in einem Ausmaß eintreten, bezüglich deren unsere volkswirtschaftliche Phantasie versagt, die jedenfalls nicht zugunsten unseres Landes und unserer Arbeiterschaft gehen werden. Auch das ist ein Umstand, den wir uns recht wohl vor Augen halten wollen.
    Die Gründe für das Zurückbleiben des Steinkohlenbergbaus liegen ferner in der völlig unzureichenden Kapitalausstattung. Nach den Ermittlungen des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zu Berlin hat der Steinkohlenbergbau im Jahre 1954 je Beschäftigten 1760 DM investiert, die Eisenindustrie 3850 DM, also mehr als das doppelte. Ich will Sie hier nicht mit den anderen
    Zahlen aufhalten. Jedenfalls steht der Steinkohlenbergbau auf der untersten Sprosse der Leiter, und alle anderen Wirtschaftszweige stehen darüber. Da kann es einen nicht wundern, daß der Bergbau in seiner Produktionsentwicklung zurückbleibt und daß die Anlagen überaltert sind. Wir können rechnen, daß bei der jetzigen Kohlenförderung jedes Jahr im Durchschnitt etwa anderthalb Grubenfelder im deutschen Bergbau erschöpft sind. Tatsächlich sind seit 1938 statt 24, wie sich bei Ausrechnung ergeben müßte, im ganzen 5 neue Gruben in Förderung gekommen. Unser Bergbau ist durch diese schlechte Kapitalausstattung — das ist auch ein dringendes Anliegen, das wir der Regierung vortragen müssen — hoffnungslos zurückgeblieben.
    Nicht unerwähnt möchte ich auch lassen, daß der Bergbau, und zwar gerade der Ruhrbergbau, von dem wir hauptsächlich sprechen, durch die Entwicklung der Entflechtung und der Dekartellisierung in recht erhebliche Schwierigkeiten gekommen ist. Es ist ein peinliches Gefühl, daß der Wirtschaftszweig, der uns solche Sorge macht, auch noch ein Hauptopfer der politischen Entwicklung des letzten Jahrzehnts gewesen ist. Es wäre vielleicht doch Zeit, Herr Staatssekretär Westrick, einmal zu überlegen, ob nicht das eine oder das andere, was politisch und in der öffentlichen Meinung längst als überholt und gegenstandslos erscheint — ich denke etwa an die Verkaufsverbote gegenüber einigen großen deutschen Unternehmen des Ruhrgebiets —, endlich einmal in friedlichem Einvernehmen mit den Vertragspartnern beseitigt werden kann. Das mag für unser Problem zunächst nicht allzu wichtig sein, aber es ist doch ein Schatten, es ist eine Fessel, die gerade auch auf dem deutschen Kohlenbergbau liegt. Es wäre deshalb gut, wenn diese psychologischen Schwierigkeiten für eine gesunde Vorwärtsentwicklung recht bald beseitigt würden.
    Wir sehen jedenfalls: der Kohlenbergbau ist ein Stiefkind der sozialen Marktwirtschaft. Er hat nicht die Möglichkeit, sich der Vorteile der sozialen Marktwirtschaft zu bedienen, und er hat dafür den Nachteil, die Konkurrenz im Raume der Montanunion bestehen zu müssen. Aus dieser außerordentlich peinlichen Situation müßte die Regierung ihn allmählich herausheben. Es ist, volkswirtschaftlich betrachtet, eine unmögliche Zumutung an einen Wirtschaftszweig, unter solchen Umständen seine Pflicht zu erfüllen.
    Sie wissen, daß ich als ein völlig unabhängiger Mann zu diesen Dingen stehe. Nicht etwa als Vertreter des Bergbaus, sondern als Wirtschaftsfachmann bin ich nur erstaunt, daß es dem Bergbau überhaupt gelungen ist, in einer im Grunde so unhaltbaren Zwangslage seine Aufgaben noch einigermaßen erfolgreich zu erfüllen.

    (Zuruf von der SPD: Der Bergbau paßt also nicht in die soziale Marktwirtschaft?!)

    — Das ist eine Frage für sich. Ich bin sehr im Zweifel, ob der Bergbau mit seiner geringen Elastizität, mit der Langfristigkeit aller seiner Maßnahmen nicht überhaupt, ähnlich wie die Landwirtschaft, aus den Gesetzen der sozialen Marktwirtschaft herausgenommen werden sollte. Ich kann mir nicht gut denken, daß das auf die Dauer geht.

    (Abg. Dr. Bleiß: Herr Kollege Friedensburg, welche Lösung schlagen Sie vor?)



    (Dr. Friedensburg)

    — Wenn Sie die Güte haben, — wir wollen hier nicht Zwiegespräche führen. Die Zeit ist leider fortgeschritten. Es reizt mich sehr, darauf einzugehen; aber ich möchte das im Augenblick vermeiden.
    Für die Lösung, auf die unsere Herren Kollegen von links wiederholt gedrängt haben, müssen wir meiner Ansicht nach klar unterscheiden die Sofortmaßnahmen von denen, die langfristig getroffen werden müssen. Der Antrag meiner politischen Freunde sieht ja auch eine solche klare systematische Unterscheidung vor.
    Der Kollege Bleiß hat sehr energisch eine Preiserhöhung abgelehnt. Ja, Herr Kollege Bleiß, kann man es verantworten, dem Bergbau, also einem Zweig, dessen Zurückbleiben in der allgemeinen Entwicklung von niemandem bestritten werden kann und dem wir gerade im Begriffe sind, durch die Lohnerhöhung neue Lasten aufzuerlegen, zu sagen: Deine Preise darfst du nicht erhöhen?! Das ist meiner Ansicht nach nicht zu verantworten. Ich bin als Wirtschaftswissenschaftler auch nicht davon überzeugt, daß eine mäßige Preiserhöhung um 2 oder 3 Mark ernsthaft das Preisgefüge erschüttern oder beeinträchtigen könnte. Ich glaube, daß eine solche Erhöhung ernsthaft in Erwägung gezogen werden sollte.
    Ferner sind meiner Ansicht nach steuerlich sehr wohl Möglichkeiten gegeben. Der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums ist ja hier. Es gibt gewisse Bestimmungen unseres Steuerrechts, die der Sondersituation des Bergbaus nicht gerecht werden. Namentlich die Abschreibung der unterirdischen Anlagen ist durchaus betriebsfremd geregelt. Hier wären wesentliche Änderungen, die auch zu einer finanziellen Erleichterung des Bergbaus führen könnten, durchzuführen, und zwar sehr kurzfristig.
    Die großen sozialen Lasten, die auf dem Bergbau liegen, werden von uns allen anerkannt und sie werden — ich glaube das auch dem Kollegen Bleiß sagen zu können — gern getragen. Aber soweit sie das tragbare Maß überschreiten, wird man angesichts der allgemeinen Bedeutung der Kohlenwirtschaft von der Bundesregierung erwarten können, daß sie zur Tragung dieser Lasten beiträgt.
    Endlich hat Kollege Bleiß einen Ausgleich zwischen den hochverdienenden Zechen — die es ja Gott sei Dank immer noch in einzelnen Fällen gibt — und den weniger gut verdienenden vorgeschlagen. Wir möchten diesen Weg nur sehr ungern beschreiten, Herr Kollege Bleiß. Wir fürchten, daß dabei der Staatsinterventionismus — um nicht gleich von Sozialisierung zu sprechen — eine zu große Betätigungsmöglichkeit gegenüber einem Wirtschaftszweig erhält, dessen großartige Entwicklung im letzten Jahrhundert doch auf der freien Betätigung der Unternehmerinitiative beruht hat. Wir sehen in England und auch in Frankreich, daß sie durch die Staatsinitiative nicht wirksam ersetzt werden kann. Es ist ein sehr gefährliches Mittel, nun noch die letzte Freudigkeit des Unternehmers, seinen Betrieb voranzubringen, dadurch zu beseitigen, daß man sagt: Wenn du künftig besser verdienst, mußt du natürlich davon dem anderen weniger Tüchtigen und weniger gut Verdienenden abgeben. Das möchten wir nicht gerne haben.
    Aber wir sind uns wohl alle einig, daß die Maßnahmen sehr dringlich sind und daß mit ihnen nicht gewartet werden kann. Wir haben nicht ohne Grund darauf bestanden, daß diese Debatte heute noch in so später Stunde stattfindet. Es muß bald gehandelt werden, weil, wie wir hören, am 15. Februar eine neue Mehrbelastung des Bergbaus eintreten soll. Aber ich glaube, wir sind uns alle mit der Bundesregierung einig, daß damit eine wirkliche Lösung des Problems des deutschen Kohlenbergbaus nicht gefunden wird, sondern daß es sich hier nur um die Beseitigung der augenblicklichen Notlage handelt, daß darüber hinaus weitergehende und viel umfangreichere Maßnahmen notwendig sind. Ob dazu, Kollege Bleiß, eine neue Enquete erforderlich ist, müssen wir überlegen. Ich will dem nicht von vornherein widersprechen, aber ich habe Sorge davor, daß man, wenn wir eine Enquete machen, glaubt, man habe ja einstweilen Zeit, man wolle einmal auf die Ergebnisse warten, die die Enquete bringt. Eine solche Enquete wird nach allen Erfahrungen einen Zeitraum von zwei oder drei Jahren erfordern. Außerdem sind — und ich glaube davon etwas zu verstehen — unklare Tatbestände eigentlich gar nicht gegeben. Wir wissen, um was es sich handelt. Was soll denn wirklich bei einer Enquete noch herauskommen? Das, was noch geklärt werden muß, werden wir — ich glaube, da werden wir gern und vertrauensvoll zusammenarbeiten — in den Ausschüssen dieses Hauses fertigbringen. Dergleichen Aufgaben nimmt sich übrigens die Hohe Behörde in Luxemburg bereits mit großer Energie und großer Sorgfalt an. Also so dringend scheint mir eine Enquete nicht zu sein. Wenn Sie so entscheidenden Wert darauf legen und glauben, aus dem einen oder anderen Grund — den Sie noch anführen müssen — darauf bestehen zu sollen, will ich nicht widersprechen. Ich habe mich mit meinen politischen Freunden darüber noch nicht geeinigt. Aber ich möchte dringend davor warnen, etwa im Vertrauen auf ein irgendwann zu erwartendes Enquete-Ergebnis das heute bereits dringend erförderlich gewordene Entwicklungsprogramm aufzuschieben.

    (Abg. Dr. Bleiß: Ich glaube, Sie haben übersehen, daß wir neben der Enquete auch ein Sofortprogramm verlangt haben!)

    — Sie sind uns leider das Sofortprogramm noch schuldig geblieben. Ich freue mich aber, daß auch Sie das Sofortprogramm haben wollen. Aber vielleicht wäre es auch nicht gut, wenn wir die Verpflichtung, die wir der Bundesregierung auferlegen wollen, uns ein langfristiges Entwicklungsprogramm vorzulegen, damit lockerten, daß zunächst das Ergebnis des Enquete-Ausschusses abgewartet wird. Ich glaube, die Situation im Kohlenbergbau ist so klar, daß wir schon heute erkennen können, welche Maßnahmen notwendig sind — Sie haben es zum Teil selber angedeutet —, und daß wir uns über die Notwendigkeit sowie über die Durchführung eines langfristigen Programms einigen können.
    Vor allen Dingen geht es um die Beschaffung der Investitionsmittel. Da kann ich dem Kollegen Bleiß nur zustimmen. Weiter muß die Rentabilität durch eine ganz andere und womöglich etwas radikalere Preispolitik wiederhergestellt werden. Es wird auch notwendig sein — ich möchte da einmal an den Bergbau eine Mahnung richten —, daß der Bergbau sich etwas mehr um die öffentliche Meinung kümmert als bisher.

    (Sehr gut! in der Mitte.)



    (Dr. Friedensburg)

    Die öffentliche Meinung ist über den Bergbau herzlich schlecht unterrichtet. Das ist so ein Beruf, der sich im Dunkeln abspielt, von dem sich der durchschnittlich Gebildete im Grunde gar keine rechte Vorstellung machen kann.

    (Abg. Dannebom: 700 m unter der Erde!)

    Die Forderungen des Bergbaus, und zwar der Arbeiterschaft und der Unternehmerschaft, sind in der Öffentlichkeit einstweilen nicht ausreichend begründet. Es wird gut sein, wenn sich der Bergbau dieser Notwendigkeit für die Zukunft sehr viel stärker bewußt wird.
    In diesen Zusammenhang würde auch eine bessere Nachwuchswerbung gehören. Wir müssen uns Mühe geben, den Bergmannsberuf noch als einen eigentlichen Beruf, nicht bloß als einen Notbehelf für jemanden, der nichts Besseres zu tun hat, als einen eigentlich schönen Beruf im Sinne einer Berufung, unseren jungen Deutschen anziehend zu machen. Das ist sicherlich auch auf materiellem, vielleicht sogar überwiegend auf materiellem Wege nötig. Dazu gehört aber auch eine — —

    (Abg. Dannebom: Soziale Besserstellung auch!)

    — Schön. Ich sage ja: Dazu gehört auch eine soziale Besserstellung. Sozial möchte ich nicht ohne weiteres mit „materiell" identifizieren. Dazu gehört eine soziale Besserstellung neben der materiellen. Dazu gehört aber auch ein besseres Wissen des jungen Deutschen um die Notwendigkeit des Bergbaus und auch um die Werte, die im Bergbau stecken. Ich glaube, daß diejenigen unter uns, die den Bergbau kennen, es gar nicht für so schrecklich halten, einmal im Dunkeln zu arbeiten. Ich muß sagen, wenn ich als reichlich älterer Herr heute noch einmal in die Grube komme, fühle ich mich da eigentlich so zu Hause wie sonst kaum irgendwo.

    (Zuruf des Abg. Dr. Bleiß.)

    — Jawohl, ich habe auch Kohle gehackt, mein lieber Kollege Bleiß, und ich habe meinen Schichtlohn mühsam herausgehackt. Ich weiß, wie dem Bergmann zumute ist.
    Meine Damen und Herren, wir wollen in dieser Stunde keine Zeit verlieren. Jedenfalls möchte ich für meine politischen Freunde versichern, daß wir uns der Dringlichkeit dieser Maßnahmen durchaus bewußt sind, und unsere Bundesregierung herzlich bitten, sich dieser dringlichen Maßnahmen anzunehmen. Lloyd George hat einmal gesagt, die englische Wirtschaft sei ein Block von Stahl, der auf einem Sockel von Kohle ruhe. Man kann das genau so gut von der Wirtschaft unserer Bundesrepublik sagen. Wehe uns, wenn dieser Sockel sich als unzulänglich oder gar als bröckelig und morsch erweist! Tun wir alles, um diesen Sockel gesund und fest zu machen, damit eine vernünftige Weiterentwicklung auch der ganzen Wirtschaft möglich ist!

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zur Beantwortung der Großen Anfrage hat das Wort der Herr Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst dem Herrn Abgeordneten Bleiß ein wenig die.. Sorge erleichtern, indem ich ihm die Versicherung abgebe, daß das Bundeswirtschaftsministerium weder einen Anlaß noch aber auch die Möglichkeit hat, angesichts der großen und ständigen aktuellen Sorgen, die mit dem wirtschaftlichen Alltagsgeschehen verbunden sind, in Lethargie zu versinken. Wir haben uns aufrichtig und ernst Mühe gegeben — genau so, wie wir es damals in der Debatte in Aussicht gestellt haben —, mit diesen Sorgen fertig zu werden.
    Herr Abgeordneter Bleiß sagt einerseits, ein Preisanstieg bei Kohle möge verhindert werden, andererseits: die Löhne müßten erhöht werden. Das bedeutet, kurz und schlicht gesagt, daß die Differenz aus dem Gewinn genommen werden müßte.

    (Abg. Dr. Bleiß: Nein, das hat keiner gesagt!)

    — Darf ich dazu vielleicht noch etwas ergänzen. Zur Zeit müßte dieser Betrag aus dem Gewinn genommen werden; denn anderes Geld steht dem Bergbau nicht zur Verfügung.
    Sie haben zwar gesagt, in der Zukunft sollte im Wege der Rationalisierung ein besseres Ergebnis erzielt werden. Das ist ein selbstverständliches Anliegen, dessen Verwirklichung übrigens — und ich möchte 'nicht unterlassen, darauf hinzuweisen — von dem Bergbau seit dem Kriegsende in ständiger Bemühung auch angestrebt wird. Vergessen Sie doch nicht, daß es dem Bergbau gelungen ist, trotz dieser Schwierigkeiten, die hier deutlich geworden sind, seine Förderung ständig anzuheben und es in dem vergangenen Jahr auf eine Gesamtförderung von 132 Millionen t zu bringen, obwohl im September 1953 13 000 Menschen mehr unter Tage im Steinkohlenbergbau tätig waren als im September 1955. Darin scheint mir schon der Beweis dafür zu liegen, daß diesen Bemühungen des Bergbaus ein beachtlicher Erfolg beschieden ist.
    Der Bergbau hätte die Enquete, die Herr Abgeordneter Bleiß vorschlägt, meines Erachtens nicht zu fürchten. Ich habe allerdings den Eindruck, daß wir in der Beurteilung der Ergebnislage weit voneinander abweichen. Ich glaube, daß die Ergebnislage des Bergbaus einen wesentlichen Anstieg der Löhne bei gleichbleibenden Preisen nicht gestattet, und ich mache die Damen und Herren darauf aufmerksam, daß der Lohnanteil bei der Steinkohle im Durchschnitt gesehen etwa 58 bis 59 % beträgt.
    Ein Wort zu dem Herrn Abgeordneten Dr. Friedensburg! Schon früher einmal haben wir aus Bergbaukreisen gehört, der Bergbau sei der Meinung, er sei ein „Stiefkind der sozialen Marktwirtschaft." Ich habe die Hoffnung, daß diese Meinung objektiv nicht richtig ist. Professor Erhard hat dazu die sehr elegante Replik gefunden, daß das Sorgenkind gleichzeitig das Lieblingskind für den Vater sei.

    (Heiterkeit.)

    Ich hoffe, Sie werden aus der Antwort, die ich auf die Anfrage der SPD geben werde, sehen, daß wir weder in Lethargie versunken sind, noch daß wir hier das vermeintliche Stiefkind wie ein Aschenbrödel behandeln wollen. Wir sind mit Ihnen, Herr Dr. Friedensburg, absolut davon überzeugt, daß die Kohle das Blut der deutschen Wirtschaft ist, das wir gesund zu erhalten im eigensten Interesse verpflichtet sind.
    Nur glauben wir, daß der Kohlenpreis eine ungeheure Rückwirkung auf das gesamte Preisgefüge hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)



    (Staatssekretär Dr. Westrick)

    Es ist nicht zu leugnen, daß mancherorts, in besonderem in letzter Zeit, Preisauftriebstendenzen fühlbar und sichtbar werden, an deren Dämpfung wir alle miteinander interessiert sind. Infolgedessen ist es unsere Aufgabe, zwischen diesen beiden Dingen hindurchzufinden. Ich hoffe, Sie werden durch meine Beantwortung der Frage der Sozialdemokratischen Partei sehen, daß wir uns zumindest sehr ernste Mühe gegeben haben, diesem wichtigen Problem gerecht zu werden.
    Damit darf ich nun zu der Beantwortung der Anfrage kommen. Zunächst wende ich mich zum Punkt I der Anfrage. Eine der wichtigsten Grundlagen für den Bergbau ist — das hat auch einer der Vorredner ausgeführt — die menschliche Arbeitskraft. Aus diesem Grunde ist die Besserstellung des Bergmanns — und zwar insbesondere des unter Tage tätigen — von jeher ein besonderes Anliegen der Bundesregierung gewesen. Sie läßt sich dabei vor allem von dem Gedanken leiten, dem Bergmann für seine schwere, gefährliche und ihn leider vielfach zu früher Invalidität führende Tätigkeit einen Ausgleich zu schaffen. Darüber hinaus aber sind solche Maßnahmen auch deshalb berechtigt und +notwendig, weil es für die deutsche Wirtschaft ganz unerläßlich ist, in ausreichendem Umfange Arbeitskräfte für die Untertagebelegschaften zur Aufrechterhaltung der bergbaulichen Förderung zu gewinnen und zu erhalten. Neben einer besonderen Bevorzugung der Bergleute durch den Bergarbeiterwohnungsbau und durch hohe Leistungen der knappschaftlichen Rentenversicherungen dienen diesem Ziele vor allem die umfangreichen Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten für Bergleute in den Betrieben sowie in den Bergschulen. Sie ermöglichen es nahezu ohne jeglichen Kostenaufwand für den Betroffenen, in gehobene Stellungen der Bergwerksbetriebe aufzurücken.
    Die Bundesregierung plant darüber hinaus — sie wird hierbei insbesondere von der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt — gerade jetzt Erleichterungen auf lohnsteuerlichem Gebiet. Dieses Mittel erscheint uns besonders geeignet, den Bergmann nicht nur finanziell besserzustellen, sondern ihn auch in seiner ganzen sozialen Position hervorzuheben und damit den bergmännischen Beruf begehrenswerter zu gestalten. Die Bundesregierung hat beschlossen, den Entwurf eines Gesetzes einzubringen, durch das den Untertagebergarbeitern für jede verfahrene Schicht als sogenannte Bergmannsprämie eine steuerfreie Schichtprämie gewährt wird. Die Gedingearbeiter, also die Hauer und Gedingeschlepper, sollen für jede verfahrene Schicht 2,50 DM erhalten, die Schichtlöhner 1,25 DM. Das Verhältnis der Zahl der Gedingelöhner zur Zahl der Schichtlöhner liegt nach den ersten Schätzungen wie 53 : 47. Unter Berücksichtigung dieses Anteils von Gedingearbeitern und Schichtlöhnern an der Untertagebelegschaft würde sich eine durchschnittliche Schichtprämie ergeben, die bei rund 2 DM liegt. Da diese „Bergmannsprämie" nur für verfahrene Schichten gezahlt wird, schafft sie damit gleichzeitig den gewollten Anreiz, die Zahl der Schichten möglichst voll zu verfahren. Die mit Mitteln des Bundes und der Länder aus dem Lohnsteueraufkommen finanzierte Bergmannsprämie hat keine Preiserhöhung zur Folge.
    Ich komme zu Punkt II, darf allerdings zum Schluß noch auf die Punkte I und II zusammen zurückkommen. Das Problem des verstärkten Wettbewerbs zwischen der Kohle und anderen
    Energieträgern steht mit der ersten Frage in engem Zusammenhang. Ob die Kohlenversorgung der Wirtschaft ausreichend sein wird, hängt nicht nur von der Entwicklung der Verfügbarkeit an Kohle, sondern von der Entwicklung der Primärenergie überhaupt ab. Das wird vor allem auf weite Sicht verstanden werden müssen, die wir bei aller Sorge um die Maßnahmen, die die Gegenwart verlangt, nicht aus dem Auge lassen dürfen. Zu der Primärenergie gehören vor allem die Steinkohle, die Braunkohle, Erdöl, Wasserkraft und Erdgas. Hierzu läßt sich feststellen — und das gilt keineswegs nur für die Bundesrepublik —, daß in der Energiewirtschaft die einzelnen Energiearten in zunehmendem Maße gegeneinander ausgetauscht werden können, was sich heute vor allem in steigendem Wettbewerb des Öls mit der Kohle äußert.
    Dies zwingt zu einer Betrachtungsweise und zu Überlegungen, die auf die Entwicklung der Energiewirtschaft als Ganzes gerichtet sind. Hiermit komme ich zur Beantwortung der in der Begründung vorgetragenen Frage von Herrn Abgeordneten Bleiß. Von der Bundesregierung sind schon seit einiger Zeit Untersuchungen zur Frage der künftigen Entwicklung des gesamten Energiebedarfs der Bundesrepublik und seiner Deckungsmöglichkeiten eingeleitet worden. Dabei wurden nicht nur die Verhältnisse in unserem Lande, sondern auch die vielfältigen Vorgänge auf dem gleichen Gebiet in den Nachbarländern geprüft. Über diese Fragen haben Anfang dieses Monats Besprechungen mit einem kleineren Kreis von Sachverständigen aus der Wirtschaft stattgefunden. Das Ergebnis dieser Arbeiten soll in Form einer Denkschrift zunächst dem Kabinettsausschuß zur Beratung vorgelegt werden. Heute kann schon folgendes hierzu gesagt werden.
    Es läßt sich voraussehen, daß trotz aller Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Energiearten die Kohle auch in den kommenden Jahren, vorläufig jedenfalls noch, der Hauptträger unserer Energiewirtschaft sein wird. Der Energiebedarf wird so stark steigen, daß alle Möglichkeiten auszunutzen sein werden, um eine Deckung des Bedarfs zu erreichen. Das bedeutet die Notwendigkeit der Steigerung der heimischen Förderung von Kohle, Erdöl und anderen Energieträgern, verstärkte Umwandlung dieser Energieträger in Strom und Gas, fortschreitende Rationalisierung des gesamten Energieverbrauches und Heranziehung von Kohle und Öl im Einfuhrweg. Bei den anzustrebenden Lösungen müssen die Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und der Sicherheit der Energieversorgung sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
    Die Energie ist ein Hauptfaktor für die laufende Produktivitätssteigerung der Wirtschaft. Insbesondere mit Rücksicht auf die Wettbewerbsstellung der deutschen Industrie wird es immer wichtiger, einer möglichst wirtschaftlichen Gestaltung der Energieversorgung allergrößte Aufmerksamkeit zu widmen. Das Bundeswirtschaftsministerium erwägt, den Antrag zu stellen, daß der Zoll für Heizöl für gewerbliche Zwecke, der heute noch 15 DM je Tonne beträgt, entfällt. Es kann darin in Ansehung des steigenden Bedarfs unseres Erachtens keine Gefahr für die Kohle gesehen werden, und dieser Schritt erscheint uns notwendig, um das Heizöl als echten Ergänzungsfaktor für die Energiebilanz des Bundesgebietes einzuschalten.


    (Staatssekretär Dr. Westrick)

    Zu Punkt III der Anfrage: Die Möglichkeit eines Verkaufs von Aktienpaketen an Bergwerksunternehmen wird zur Zeit, soweit der Bundesregierung bekannt ist, nur im Zusammenhang mit einem bestimmten Fall erörtert.

    (Zuruf rechts: Siehe „Spiegel"!)

    In diesem Falle hat ein Aktionär der ehemaligen Vereinigten Stahlwerke AG an einer der 17 Nachfolgegesellschaften, die bei der Entflechtung nach dem Gesetz Nr. 27 der Alliierten Hohen Kommission entstanden sind, im Wege des Aktientausches eine erhebliche Beteiligung erworben. Sie liegt aber unter der Sperrminorität von 25 %. Es handelt sich also um einen besonders gelagerten Einzelfall, mit dessen Wiederholung man nicht zu rechnen braucht, da diesem Aktionär beim Erwerb seines Pakets besondere Umstände zugute kamen, die sich bei dem jetzt abgeschlossenen Aktientausch im Zuge der Entflechtung nach dem Gesetz Nr. 27 ergeben haben. Der erwähnte Aktionär hat sein Paket der Gesellschaft zu einem weit über dem Börsenkurs liegenden Preis zum Kauf angeboten. Die Gesellschaft konnte dieses Angebot, abgesehen von anderen Gründen, schon deshalb nicht annehmen, weil Aktiengesellschaften der Erwerb eigener Aktien durch § 65 des Aktiengesetzes grundsätzlich untersagt ist. Der Aktionär hat daraufhin angekündigt, daß er einen anderen Käufer für sein Aktienpaket suchen werde. Es sind bisher keine Anhaltspunkte dafür bekanntgeworden, daß es dem Aktionär gelungen ist, zu den von ihm geforderten Bedingungen einen Käufer, insbesondere einen Devisenausländer, zu finden. Ein Verkauf an einen Devisenausländer zu einem über dem Börsenkurs liegenden Preis würde nach der Allgemeinen Genehmigung Nr. 42 aus dem Jahre 1950 einer devisenrechtlichen Genehmigung bedürfen. Da derartige Pakete in der Praxis stets zu einem über dem Börsenkurs liegenden Preis gehandelt werden, können sie nicht ohne Genehmigung an Devisenausländer verkauft werden.
    Die volkswirtschaftliche Beurteilung derartiger Geschäfte hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Bekanntlich hat die Bundesregierung im Sommer 1954 ein ausländisches Angebot auf Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an der bundeseigenen Bergwerksgesellschaft Hibernia abgelehnt. Eine Beteiligung ausländischer Aktionäre an deutschen Bergbauunternehmungen kann jedoch nach Ansicht der Bundesregierung nicht allgemein als unerwünscht bezeichnet werden, insbesondere dann nicht, wenn sie mit dem Zufluß von für Investitionen dringend benötigten Kapitalien verbunden ist oder wenn gleichzeitig dem inländischen Aktionär die Gelegenheit geboten wird, sich an gleichwertigen ausländischen Unternehmungen zu beteiligen. Die Erleichterung der gegenseitigen Kapitalverflechtung mit ausländischen Unternehmungen liegt sogar vielfach im Interesse der deutschen Industrie, z. B. zur Sicherung der Versorgung mit Rohstoffen, die in Deutschland nicht oder nur unzureichend vorhanden sind. In dem zur Erörterung stehenden Einzelfall liegen jedoch Anhaltspunkte für eine abschließende Beurteilung unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte noch nicht vor.
    Jetzt darf ich noch ein paar allgemeine Bernerkungen, die zur Fragestellung I und II gehören, anschließen. Ich möchte mir erlauben, Ihnen folgende Beschlüsse des Bundeskabinetts zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit des Bergbaus bekanntzugeben. Ich tue dies wegen des Zusammenhangs mit den aufgeworfenen Fragen und wegen der engen Berührungspunkte mit den Anträgen der Fraktion der SPD und der CDU/CSU in den Drucksachen 2021 und 2081.
    Neben der bereits erwähnten „Bergmannsprämie" für die Untertagebergarbeiter hat die Bundesregierung als zweite Maßnahme beschlossen, dem von dem Herrn Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen ausgearbeiteten Vorschlag für eine günstigere Bewertung des Bergbauvermögens unter Tage, nach dem Sie soeben fragten, Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg, im Steinkohlenbergbau zuzustimmen. Diese Abschreibungsmöglichkeiten werden nach überschlägiger Schätzung innerhalb von drei bis fünf Jahren zusätzliche Abschreibungen in Höhe von insgesamt 360 Millionen DM gestatten. Bei der Verteilung dieser Abschreibungen auf vier Jahre ergibt sich eine ungefähre Kostenentlastung von 44 Pfennig je Tonne abgesetzter Kohle. Durch diese Bewertungsvergünstigung erfolgt auf dem Gebiete der Vermögensteuer eine zusätzliche und bleibende Entlastung von 3 Pfennig je Tonne abgesetzter Kohle, so daß die Gesamtentlastung sich auf 47 Pfennig beläuft.
    Als dritte Maßnahme zur Ertragsverbesserung des Bergbaus ist von der Bundesregierung vorgesehen, für die Dauer bis zu zwei Jahren aus Haushaltsmitteln des Bundes den Knappschaften 6 1/2 % des Arbeitgeberbeitrags zur Knappschaftsrentenversicherung zu zahlen. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung bleiben aber durch diese Regelung unberührt. Die Erstattung der Arbeitgeberbeiträge durch den Bund in Höhe von 6 1/2 % führt zu einer durchschnittlichen Kostenentlastung des Steinkohlenbergbaus von 1,77 DM je Tonne. Diese Regelung bedeutet für die einzelnen Bergwerksunternehmen des Steinkohlenbergbaus eine gezielte Hilfe, da die Schachtanlagen mit ungünstigen Lagerungsverhältnissen nur eine niedrigere Leistung und daher entsprechend erhöhte Lohnaufwendungen haben. Die Schachtanlagen mit den niedrigsten Lohn- und Gehaltskosten erzielen dadurch eine Entlastung von 1,14 DM je Tonne abgesetzter Kohle, die Schachtanlagen mit den höchsten Lohn- und Gehaltskosten dagegen eine Entlastung von 2,86 DM. Der Steinkohlenbergbau ist außerdem in Höhe von insgesamt 22 Pf je Tonne durch die Senkung der Montanumlage der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl entlastet, und zwar ab 1. Juli 1955 und ab 1. Januar 1956.
    Zum 1. April 1956 ist eine Erhöhung der Preise für Hochofenkoks in Aussicht genommen worden. Die Höhe der hierdurch eintretenden Entlastung des Steinkohlenbergbaus beziffert sich nach unserer Rechnung auf 34 Pf je Tonne, sie wird allerdings teilweise auch etwas geringer geschätzt.
    Seit dem 2. Januar 1956 liegt bei der für die Preisfestsetzung zuständigen Hohen Behörde in Luxemburg ein auf eine in Aussicht genommene Lohnerhöhung gestützter Antrag des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau vor, die Steinkohlenpreise ab Februar dieses Jahres um 3 DM je Tonne Absatz zu erhöhen. In dem Antrag ist gleichzeitig gesagt, daß eine weitere Preiserhöhung um 3 DM oder eine entsprechende Entlastung auf der Kostenseite zum Ausgleich einer seit langem bestehenden Kostenunterdeckung gefordert werden müsse.


    (Staatssekretär Dr. Westrick)

    Bei den Beratungen der Bundesregierung ist die Erwägung maßgebend gewesen, eine Preiserhöhung zu vermeiden oder sie wenigstens auf das geringste Maß zurückzuführen, jedenfalls jede Preiserhöhung zu vermeiden, die Rückwirkungen auf das Preisgefüge in der Bundesrepublik im allgemeinen hätte und damit insbesondere den Verbraucher noch in dieser Heizperiode belasten würde.
    Die Verwirklichung der Beschlüsse der Bundesregierung würde bedeuten, daß die Steinkohlenpreise statt um 6 DM, wie in dem eben zitierten Antrag gefordert wird, höchstens um 2 DM je Tonne Absatz erhöht zu werden brauchen. Diese Preisanhebung wird nicht vor dem 1. April 1956 erfolgen. Da mit dem heutigen Tag, also dem 10. Februar 1956, die Ausgleichsumlage der Hohen Behörde für den belgischen Steinkohlenbergbau um 15 Pf gesenkt und damit der Verbraucher um diese 15 Pf, die er ja unmittelbar zu zahlen hat, entlastet wird, würde eine am 1. April dieses Jahres eintretende Preiserhöhung um 2 DM tatsächlich nur eine Belastung des Verbrauchers um 1,85 DM je Tonne bedeuten.
    Die Bundesregierung hat die von ihr vorgesehenen Maßnahmen der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl zur Kenntnis gebracht. Sie rechnet damit, daß die Hohe Behörde gegen diese Vorschläge keine Einwendungen erheben wird. Die Beschlüsse der Bundesregierung sichern dem Untertagebergarbeiter die seiner schweren Arbeit entsprechende Vergünstigung und ermöglichen eine Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit des Bergbaus. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß die vorgesehenen Maßnahmen zur Beruhigung des Lohn- und Preisgefüges einen wirksamen Beitrag auslösen werden.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)