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    2. Deutscher Bundestag — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1955 6319 119. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1955. Glückwünsche des Deutschen Bundestages für den ehemaligen Reichstagspräsidenten Paul Löbe aus Anlaß der Vollendung seines 80. Lebensjahres 6320 B, 6355 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 208 (Drucksachen 1894, 1952) . 6320 D Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6328 A, 6330 C Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Drucksache 1949) 6321 A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 6321 A Runge (SPD) 6324 A Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) 6328 A Dr. Reif (FDP) 6330 D Dr. Gille (GB/ BHE) 6331 B Dr. Greve (SPD) 6332 A Überweisung an den Ausschuß für Fragen der Wiedergutmachung und an den Haushaltsausschuß 6335 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Drucksache 1192); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Wiedergutmachung (Drucksache 1937, Umdrucke 499, 502) 6335 D, 6343 A, 6356B, 6360 D, 6361 C Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU): als Berichterstatter 6336 A Schriftlicher Bericht 6356 B Horn (CDU/CSU) 6337 D, 6340 A (0 Matzner (SPD) 6338 C Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 6339 B Storch, Bundesminister für Arbeit 6339 D Dr. Greve (SPD) 6340 D, 6341 A Abstimmungen . 6337 C, 6340 B, 6342 B, 6343 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1951 auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes (Drucksachen 1889, 1140) 6342 B Ohlig (SPD), Berichterstatter . . 6342 C Schoettle (SPD) 6343 A Beschlußfassung 6343 C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes betr. Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Rechnungsjahr 1953 — Einzelplan 20 — (Drucksachen 1888, 1389) . . 6343 C Dr Conring (CDU/CSU) Berichterstatter - 6343 D Beschlußfassung 6344 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen (Drucksache 1830); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 1913) . . 6344 C Hoogen (CDU/CSU), Berichterstatter 6344 C Beschlußfassung 6344 D Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Einführung der Rechtsanwaltsordnung (Drucksache 1829); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 1912) 6345 A Beschlußfassung 6345 B Zweite und dritte Beratung des von den Abg. Naegel u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken (Apothekenstoppgesetz) (Drucksache 1841); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (Drucksache 1950) 6345 B Frau Dr. Hubert (SPD), Berichterstatterin 6345 B Beschlußfassung 6346 A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Reform der Rentenversicherung (Drucksache 1822) 6346 B Frau Kalinke (DP), Antragstellerin 6346 B Dr. Preller (SPD) 6355 C Überweisung an den Ausschuß für Sovzialpolitik 6355 C Nächste Sitzung, — Absetzung der Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes von der Tagesordnung 6355 A, 6355 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6355 B Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Wiedergutmachung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Drucksache 1937) 6356 B Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Umdruck 499) 6360 D Anlage 4: Änderungsantrag des Abg. Matzner zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Umdruck 502) 6361 C Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf 31. 3. 1956 Mensing 1. 3. 1956 Dr. Starke 28. 2. 1956 Jahn (Frankfurt) 9. 1. 1956 Moll 1. 1. 1956 Peters 1. 1. 1956 Klingelhöfer 31. 12. 1955 Kriedemann 31. 12. 1955 Neumann 21. 12. 1955 Feldmann 17. 12. 1955 Heiland 17. 12. 1955 Hörauf 17. 12. 1955 Dr. Horlacher 17. 12. 1955 Kutschera 17. 12. 1955 Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Lenz (Godesberg) 17. 12. 1955 Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 17. 12. 1955 Dr. Maier (Stuttgart) 17. 12. 1955 Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 17. 12. 1955 Putzig 17. 12. 1955 Rademacher 17. 12. 1955 Frau Vietje 17. 12. 1955 Welke 17. 12. 1955 Dr. Luchtenberg 16. 12. 1955 Dr. Reichstein 16. 12. 1955 Dr. Schöne 16. 12. 1955 Brandt (Berlin) 15. 12. 1955 Dr. Graf (München) 15. 12. 1955 Kalbitzer 15. 12. 1955 Keuning 15. 12. 1955 Dr. Leverkuehn 15. 12. 1955 Meyer-Ronnenberg 15. 12. 1955 Frau Pitz 15. 12. 1955 Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Frau Rudoll 15. 12. 1955 Schröter (Wilmersdorf) 15. 12. 1955 Frau Ackermann 14. 12. 1955 Dr. Atzenroth 14. 12. 1955 Bazille 14. 12. 1955 Dr. Dehler 14. 12. 1955 Even 14. 12. 1955 D. Dr. Gerstenmaier 14. 12. 1955 Dr. Hellwig 14. 12. 1955 Höcker 14. 12. 1955 Dr. Königswarter 14. 12. 1955 Frau Dr. Kuchtner 14. 12. 1955 Kurlbaum 14. 12. 1955 Leibfried 14. 12. 1955 Lermer 14. 12. 1955 Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 14. 12. 1955 Massoth 14. 12. 1955 Dr. Mocker 14. 12. 1955 Ollenhauer 14. 12. 1955 Dr. Orth 14. 12. 1955 Dr. Pferdmenges 14. 12. 1955 Dr. Pohle (Düsseldorf) 14. 12. 1955 Scheuren 14. 12. 1955 Schneider (Bremerhaven) 14. 12. 1955 Frau Schroeder (Berlin) 14. 12. 1955 Voss 14. 12. 1955 Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 14. 12. 1955 Dr. Welskop 14. 12. 1955 b) Urlaubsanträge Kiesinger 31. 1. 1956 Dr. Hammer 15. 1. 1956 Dr. Bergmeyer 5. 1. 1956 Anlage 2 Drucksache 1937 (Vgl. S. 6336 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Wiedergutmachung (37. Ausschuß) über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Drucksache 1192). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Böhm (Frankfurt) I. Allgemeines Mit dem vorliegenden Bericht legt der Ausschuß für Fragen der Wiedergutmachung eine Novelle zum Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (BWGöD) vor, die auf Grund der Bundestagsdrucksache 1192 ausgearbeitet worden ist. Die ursprüngliche Vorlage der Regierung enthielt Änderungen des Gesetzes, die sich im wesentlichen unter drei Gesichtspunkte ordnen lassen: 1. Änderungen redaktioneller Art, die sich durch die jahrelangen Erfahrungen der Praxis als notwendig herausgestellt haben. 2. Eine notwendige Anpassung der Vorschriften des Gesetzes an einige andere inzwischen erlassene Gesetze, so insbesondere an das Bundesentschädigungsgesetz und an das Gesetz zu Art. 131 GG. 3. Erweiterungen des Personenkreises. Der Regierungsentwurf sah die Einbeziehung eines Personenkreises vor, dessen Angehörige nach der Auffassung der Gerichte und der herrschenden Meinung nicht eindeutig Angehörige des öffentlichen Dienstes waren, wohl aber kraft ihres Wirkens im Rahmen öffentlich-rechtlicher Institutionen den Angehörigen des öffentlichen Dienstes entschädigungsrechtlich als gleichgestellt angesehen werden sollten, nämlich vor allem die Privatdozenten und die nichtbeamteten außerordentlichen Professoren an wissenschaftlichen Hochschulen. Darüber hinaus sollte Vorsorge für die Frauen der Kriegsgefangenen getroffen und eine Verbesserung für diejenigen Angestellten und Arbeiter eingeführt werden, denen nach dem bisherigen Gesetz lediglich ein Anspruch auf Wiedereinstellung, nicht aber Ansprüche vermögensrechtlicher Art zugestanden war. Als wichtig zu erwähnen bleibt endlich, daß der Regierungsentwurf eine wesentliche Verbesserung der Bestimmungen zur Förderung der Unterbringung vorsah und damit dem Wunsche des Bundestages Rechnung trug, die bisher in den Haushaltsgesetzen 1952 und 1953 enthaltenen Bestimmungen in das Gesetz selbst einzubauen. Demgegenüber hat der Ausschuß unter Berücksichtigung der Entwicklung, die infolge der Rechtsprechung entstanden war und weithin Anlaß zur Kritik gegeben hatte, aber auch gewisse Lücken des Gesetzes hatte offenkundig werden lassen, und in Beachtung zahlreicher Verbesserungswünsche, die dem Ausschuß von Einzelpersonen und Organisationen zugegangen waren, die Frage geprüft, ob nicht eine tiefgreifendere Veränderung des Gesetzes unabdingbar geworden sei. Bei dieser Prüfung hat sich der Ausschuß davon überzeugt, daß in der Tat Erweiterungen dieser Art vorgenommen werden sollten mit dem Ziel, eine Reform des Wiedergutmachungsrechts für den öffentlichen Dienst zu erreichen, die dem wahren Grundgedanken der Wiedergutmachung gerecht wird. Die Beratungen des Ausschusses haben dabei einmal zu einer weiteren Verbreiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten, ferner zu einer Verbesserung der Ansprüche bereits Anspruchsberechtigter und endlich zu einer noch weitergehenden Anpassung des Gesetzes an inzwischen ergangene Gesetze, z. B. Bundesentschädigungsgesetz (BEG), Bundesvertriebenengesetz, Gesetz zu Art. 131 GG geführt, wobei der Ausschuß vor allem Wert darauf legte, daß Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung nicht schlechter gestellt würden als nichtverfolgte Angehörige des öffentlichen Dienstes. Die vom Ausschuß vorgeschlagenen Änderungen werden in ihrer Gesamtheit naturgemäß zu einer Wiederaufnahme bereits abgeschlossener Verfahren führen, so daß Bestimmungen über die Wiedereröffnung der bereits abgelaufenen Fristen erforderlich wurden. Soweit neue Personenkreise einbezogen wurden, mußte auch die Frage des Zahlungsbeginns geregelt werden, wobei sowohl auf die berechtigten Interessen der Anspruchsberechtigten als auch auf Gegebenheiten und Möglichkeiten des Staates Bedacht genommen werden mußte. So stellt der vom Ausschuß empfohlene Gesetzentwurf mehr dar als eine bloße Novellierung, weshalb eine vollständige Neufassung des BWGöD (Dr. Böhm [Frankfurt]) vorgelegt wird. Der Ausschuß legt Wert auf die Feststellung, daß der von ihm beabsichtigte Erfolg des Gesetzes davon abhängig ist, daß bei dessen Auslegung und Handhabung durch Gerichte und Verwaltungsbehörden unter Ausschaltung jeder Kleinlichkeiten und unter verständnisvollem Hineinleben und Hineindenken in die zur Zeit der Verfolgung seinerzeit obwaltenden Verhältnisse sowie unter Berücksichtigung der Beweisnot vieler Antragsteller dem Geist und Zweck des Gesetzes entsprechend verfahren wird. Der Ausschuß hat erwogen, ob er dem Bundestag die Voranstellung einer Präambel vorschlagen sollte, die diesen Gesichtspunkt in rechtsverbindlicher Form festlegt. Er hat jedoch geglaubt, darauf verzichten zu können, da dieser Grundsatz auch inzwischen vom Bundesgerichtshof ausgesprochen worden ist, so insbesondere in dessen Entscheidung vom 22. November 1954 (vgl. Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht, Beilage zur Neuen Juristischen Wochenschrift 1955, Heft 2 Seite 57): „Ziel und Zweck der Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetzgebung ist, das verursachte Unrecht sobald und soweit als irgend möglich wiedergutzumachen. Eine Auslegung des Gesetzes, die möglich ist und diesem Ziel entspricht, verdient daher den Vorzug gegenüber jeder anderen Auslegung, die die Wiedergutmachung erschwert und zunichte macht." Ferner ist erforderlich, daß die Verfahren mit größter Beschleunigung abgewickelt werden, d. h. daß Bund und Länder den Personalbestand in ihren gegenwärtigen Dienststellen nicht etwa abbauen, sondern daß insbesondere diejenigen Sachbearbeiter, die schon eingearbeitet sind, der weiteren Bearbeitung erhalten bleiben. Es wird Sache des Bundestages sein, zu überwachen, daß entsprechend diesen Forderungen auch tatsächlich bei den Behörden verfahren wird. In der Öffentlichkeit sind gelegentlich Befürchtungen vorgebracht worden, daß Beamten und Bediensteten, die mit der Bearbeitung der Wiedergutmachungsfälle innerhalb ihrer Dienststelle betraut sind, Nachteile in bezug auf ihre Beförderungen erwachsen. Soweit derartiges vorgekommen sein und seinen Grund in der Wiedergutmachungsfeindlichkeit von Dienststellen gehabt haben sollte, würde es sich um Vorfälle handeln, deren Verwerflichkeit offen zutage liegt. Nach den Erfahrungen, die mit der Durchführung des Gesetzes bisher gemacht worden sind, kann es sich dabei aber nur um beklagenswerte Ausnahmen in einem oder dem anderen Lande oder der einen oder anderen Dienststelle handeln; es würde nach der Überzeugung des Ausschusses ein bitteres Unrecht gegen die mit der Durchführung des Gesetzes bisher betrauten Dienststellen sein, hier von einer Tendenz zu sprechen, die Anlaß zur Unruhe gibt. Dagegen scheint dem Ausschuß ein anderer Gesichtspunkt wichtig zu sein. Es ist tatsächlich vorgekommen und kann auch immer wieder vorkommen, daß Beamte und Bedienstete, die innerhalb ihrer Dienststelle mit der Bearbeitung von Wiedergutmachungsfällen betraut sind, Nachteile in ihrem dienstlichen Fortkommen deshalb erleiden, weil sie infolge dieser Spezialisierung angeblich oder tatsächlich die Fühlungnahme mit den übrigen Aufgaben ihres Ressorts vorübergehend verlieren. Der Ausschuß hält es für wichtig, darauf aufmerksam zu machen, daß auch Benachteiligungen aus einem solchen Grunde unter allen Umständen vermieden werden müssen, einmal, weil sie geeignet sind, die Geneigtheit tüchtiger Beamter, sich für diese Aufgabe zur Verfügung zu stellen, fühlbar zu beeinträchtigen, und zum anderen, weil die bloße Tatsache im In- und Ausland mißdeutet werden könnte. Bevor auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfs eingegangen wird, bleibt noch hervorzuheben, daß trotz der sehr erheblichen Änderungen und Erweiterungen die bisherige Paragraphenfolge beibehalten worden ist. Der Ausschuß hat damit der Tatsache Rechnung tragen wollen, daß sich sowohl bei den bearbeitenden Behörden als auch ir der Öffentlichkeit im Laufe der vergangenen 5 Jahre mit den einzelnen Paragraphen die Vorstellung der darin geregelten Materie verbunden hat. Die Bestimmungen des vorliegenden Entwurfs haben die einstimmige Billigung der Mitglieder des Wiedergutmachungsausschusses gefunden. Es ist aber anzumerken, daß einige beantragte Erweiterungen von der Mehrheit des Ausschusses abgelehnt worden sind. Der Ausschuß für Beamtenrecht, dem der Gesetzentwurf zur Mitberatung überwiesen worden war, hat dem Entwurf zugestimmt. II. Im einzelnen Zu dem Entwurf ist im einzelnen folgendes zu bemerken: 1. Das Mantelgesetz enthält in Artikel I bis VII Vorschriften, die durch die Neufassung des Gesetzes erforderlich geworden sind, sowie Änderungen anderer Gesetze. Zu Artikel IV Nr. 2 ist zu bemerken: Diese Bestimmung sieht vor, daß Berechtigte, deren Wiedergutmachung in der Vergangenheit durch Vergleich geregelt worden ist, eine Abänderung des Vergleichs beantragen können, wenn ihnen nach bisherigem Recht eine Wiedergutmachung nur in geringerem Umfange zustand. Der Ausschuß war einmütig der Auffassung, daß dieser Fall nicht nur dann gegeben ist, wenn das neue Gesetz materiell weitergehende Ansprüche gewährt, sondern auch dann, wenn die Rechtsstellung des Berechtigten sich bei Zugrundelegung des neuen Gesetzes in irgendeiner Weise günstiger gestaltet, mag sich diese Vergünstigung auch lediglich auf eine Umkehrung oder Erleichterung der Beweislast oder Beweisanforderung beziehen. 2. Zu §1 § 1 Abs. 1 bindet die Voraussetzungen der Wiedergutmachung nach diesem Gesetz an die des BEG. Der Ausschuß ging dabei von der Erwägung aus, es sei notwendig, in allen Wiedergutmachungsgesetzen an den gleichen Verfolgungstatbestand anzuknüpfen. Im Hinblick darauf, daß der Verfolgungstatbestand in der Novelle zum BEG eine Erweiterung erfahren wird, die dann auch auf das BWGöD rückwirkt, spricht der Ausschuß die Erwartung aus, die Verwaltungsbehörden und Gerichte sollten ein Wiedergutmachungsverfahren aussetzen, wenn nach dem dem Bundestag z. Z. vorliegenden Entwurf der Novelle zum BEG zu erkennen ist, daß sich auf Grund der Neufassung des Verfolgungstatbestandes nach Inkrafttreten der Novelle eine günstigere Entscheidung als nach der bisherigen Fassung des Gesetzes ergeben wird. Absatz 2 stellt klar — wie bisher schon in Praxis (Dr. Böhm [Frankfurt]) von den Verwaltungsbehörden gehandhabt, aber von den Gerichten nicht anerkannt —, daß auch der Dienst von Personen deutscher Staats- oder Volkszugehörigkeit bei öffentlich-rechtlichen Dienstherren in Gebieten, die in Absatz 2 genannt sind, als öffentlicher Dienst im Sinne dieses Gesetzes gilt. 3. Zu §2 Zu der Neufassung des Absatzes 1 wird festgestellt, daß die Professoren an Musik- und Kunsthochschulen keiner Sonderregelung bedürfen, weil sie ohnehin zum Personenkreis des § 2 gehören, da ihre Beschäftigung immer auf einem Anstellungsvertrag beruht. Die besondere Rechtsstellung der Privatdozenten und nichtbeamteten außer ordentlichen Professoren an den wissenschaftlichen Hochschulen, die Anlaß zu der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 2 gegeben hat, ist eine auf der geschichtlichen Entwicklung der wissenschaftlichen Hochschulen beruhende Eigentümlichkeit und kommt außerhalb dieses Bereichs nicht vor. 4. Zu §3 In Absatz 1 Nr. 1 ist in Übereinstimmung mit dem Bundesvertriebenengesetz und dem Lastenausgleichsgesetz der Stichtag auf den 31. Dezember 1952 verlegt worden. Zweifelsfragen haben sich im Zusammenhang mit der Vorschrift des Absatzes 1 Nr. 2 Buchstabe d ergeben. Die jetzige Vorschrift hat die Sowjetzonenflüchtlinge den anderen Berechtigten gleichgestellt, während diese bisher nur gleichgestellt werden k o n n t e n. Da für die Feststellung, ob eine Person Sowjetzonenflüchtling im Sinne des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes ist, die Zuständigkeit der den Flüchtlingsausweis C erteilenden Flüchtlingsbehörde gegeben ist, die Wiedergutmachungsbehörde jedoch die nach dem BWGöD erforderlichen Voraussetzungen in eigener Zuständigkeit prüft, kann sich der Fall ergeben, daß die Wiedergutmachungsbehörde einem Antragsteller, der den Flüchtlingsausweis C besitzt, die Flüchtlingseigenschaft abspricht oder umgekehrt. Der Ausschuß war der Meinung, daß die Mißlichkeiten, die sich hieraus ergeben, in Kauf genommen werden müssen. Im übrigen wurde dem Ausschuß mitgeteilt, daß Doppelzuständigkeiten solcher Art, die sich auch aus anderen Gesetzen ergeben haben, sehr zweckmäßig dadurch vermieden werden konnten, daß zwischen den beteiligten Behörden eine Koordinierung stattfindet. 5. Zu §5 Zu Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe c, der Angestellten und Arbeitern Wiedergutmachung für den Fall gewährt, daß ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis abgelehnt worden ist, obwohl die Voraussetzungen dafür bei Anwendung rechtsstaatlicher Grundsätze vorlagen, war sich der Ausschuß darüber einig, daß unter „rechtsstaatlichen Grundsätzen" diejenigen rechtsstaatlichen Grundsätze zu verstehen sein sollen, die vor dem 30. Januar 1933 frei von jedem nationalsozialistischen Gedankengut gegolten haben. Andererseits müssen den Wiedergutmachungsberechtigten bei der Beurteilung der Frage, ob eine Beamtenstelle zur Verfügung stand, die durch Ausweitung der Staatsaufgaben durch den Nationalsozialismus tatsächlich obwaltenden Verhältnisse zugute kommen, damit hier eine Benachteiligung gegenüber den nichtgeschädigten Bediensteten vermieden wird. Zu §7 war sich der Ausschuß darüber einig, daß unter „Einverständnis des Geschädigten mit der schädigenden Maßnahme" auch der Fall zu verstehen ist, daß ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes, dessen Dienstverhältnis mit der Ablegung der den Vorbereitungsdienst abschließenden Prüfung geendet hat, keinen Antrag auf Übernahme als Beamter gestellt hat, weil er mit der Ablehnung des Antrags aus Verfolgungsgründen oder mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen mußte. 6. Zu §8 Der Ausschuß hat geglaubt, die bisherige Regelung des Absatzes 1 unverändert beibehalten zu können, obwohl sich aus ihrer Anwendung eine Schlechterstellung verfolgter Angehöriger des öffentlichen Dienstes im Vergleich zu Nichtverfolgten ergibt. Der Ausschuß hielt es aber nicht für vertretbar, diese Schlechterstellung dadurch zu beseitigen, daß er auf die Möglichkeit, auch bloß nominelle Mitglieder der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen von der Wiedergutmachung auszuschließen, verzichtete, sondern hat statt dessen mit Hilfe einer Fiktion diese Personen durch § 31 a dem Personenkreis aus dem Gesetz zu Art. 131 GG gleichgestellt. Dagegen konnte sich der Ausschuß nicht entschließen, politisch stärker belasteten Verfolgten ebenfalls diese Wohltat zugute kommen zu lassen, da sonst zu befürchten wäre, daß Personen in den öffentlichen Dienst einrücken, deren Beschäftigung in diesen Stellen vom heutigen Staate nicht gewünscht werden kann. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß bei dem Gesetz zu Art. 131 GG großzügiger verfahren worden ist, als es im Interesse des demokratischen Staatsaufbaus lag. Es wurde insbesondere zum Ausdruck gebracht, daß von den mit der Durchführung des Gesetzes zu Art. 131 GG befaßten Behörden diejenigen Gesetzesbestimmungen, die gegen die Gefahr einer solchen Infiltration schützen sollen, fast durchweg nicht angewendet zu werden pflegen. 8. Zu § 9 § 9 regelt die Wiedereinstellung des geschädigten Beamten sowie die ihm zu gewährende Rechtsstellung. In Absatz 2 ist in Satz 1 in der bisherigen Formulierung „dem Geschädigten ist die Rechtsstellung und die Besoldung zu gewähren, die er im regelmäßigen Verlauf seiner Dienstlaufbahn voraussichtlich erreicht hätte, wenn er nicht entlassen oder vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden wäre", das Wort „regelmäßigen" gestrichen worden. Hiermit soll klargestellt werden, daß bei der Rekonstruktion der Dienstlaufbahn des Geschädigten nicht auf eine Durchschnittslaufbahn abzustellen ist, sondern auf die individuelle Laufbahn gerade dieses geschädigten Beamten. Das Wort „voraussichtlich" ist nicht im Sinne von „an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit" auszulegen, sondern im Sinne von „nach menschlichem Ermessen zu erwarten". In diesem Zusammenhang wurde dem Ausschuß ein Urteil des 13. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 9. Juli 1955 vorgelegt, in dessen Entscheidungsgründen ausgeführt wird: Schließlich darf nicht übersehen werden, daß derartige Spitzenstellungen zur Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus, die als faktische Tatsache nicht hinweggedacht werden kann, ohne (Dr. Böhm [Frankfurt]) daß man in das Gebiet der reinen Hypothese käme, mit solchen Polizeioffizieren besetzt wurden, die Anhänger des Nationalsozialismus waren. Dies wäre kein nationalsozialistisches Unrecht. Denn es kann keinem Staate verwehrt werden, in die Spitzenstellungen der Verwaltungen diejenigen zu bringen, die der jeweils herrschenden politischen Richtung entsprechen. Wenn der Kläger als Nichtparteigenosse aus diesem Grunde eine derartige Spitzenstellung nicht erreicht hätte, so wäre ihm diese Spitzenstellung nicht als politischem Gegner versagt worden, sondern weil seine Mitbewerber der damaligen Staatsführung genehmer waren. Und in einem Urteil der 196. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 28. Januar 1955 heißt es in den Entscheidungsgründen: Der allgemeine politische Umschwung des Jahres 1933 hat auch auf die Schulpolitik seinen Einfluß ausgeübt. Die Schulreform insbesondere, die bis dahin die Kraft ihrer Entwicklung in erheblichem Maße aus sozialistischen und zum Teil kommunistischen Wurzeln geschöpft hatte, wandelte sich, nachdem sie vorübergehend ins Stokken geraten war, u. a. vom kollektivistischen Verantwortungsbewußtsein zum Führerbewußtsein, wie der Sachverständige X besonders hervorgehoben hat. Der Kläger, der vom NS-Regime als Sozialist aus dem öffentlichen Dienst entfernt worden ist, hätte, wenn ihm dieses Unrecht nicht widerfahren wäre, bei der weiteren Dienstausübung mit seiner politischen Einstellung keine Aussicht mehr gehabt, auf einen einflußreichen Posten wie den eines Magistratsschulrates zu gelangen; zumal auf dem Gebiete der Schulreform konnte seine Mitwirkung an gehobener Stelle nicht mehr genehm sein. Der Ausschuß ist einstimmig der Ansicht, daß derartige Ausführungen geeignet sind, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung weitgehend zu erschüttern. 9. Zu § 11a Zu Absatz 1 Satz 3 gibt der Ausschuß seiner Meinung dahingehend Ausdruck, daß das Wort „können" für die Behörden keine Ermessensfreiheit darstellt, diese haben vielmehr regelmäßig im genannten Sinne zu verfahren, wenn nicht konkrete Gegengründe vorliegen. 10. Zu § 12 Diese Vorschrift hat eine bedeutende Erweiterung erfahren. Bei einem auf Zeit gewählten oder ernannten Beamten wird nunmehr unterstellt, daß er bis zum 31. Dezember 1946, längstens jedoch bis zum Eintritt der Dienstunfähigkeit oder bis zur Vollendung des 68. Lebensjahrs oder bis zu seinem Tode im Amt verblieben wäre. Damit ist ein besonderes Anliegen dieses Personenkreises erfüllt worden. Der Stichtag des 31. Dezember 1946 ist mit Rücksicht auf den im Herbst 1946 erfolgten Abschluß der ersten freien Kommunalwahlen seit 1933 gewählt worden. 11. Zu § 16 ist darauf hinzuweisen, daß sich bei einer Wiedergutmachungsverpflichtung des Bundes die Wiederaufnahme politisch beeinflußter Disziplinarverfahren nach den Artikeln 8 und 9 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Dienststrafrechts vom 28. November 1952 (BGBl. I S. 749) regelt. Soweit die Wiedergutmachungspflicht andere Dienstherren trifft, für deren Bereich eine Regelung über die Beseitigung dienststrafrechtlicher Maßnahmen noch nicht getroffen ist, hilft die Vorschrift des § 27 Abs. 2 dieses Gesetzes. 12. Zu § 20 Der Ausschuß erörterte die Frage der Wiedergutmachungsansprüche der Berufssoldaten im Hinblick auf das Freiwilligengesetz. Er gelangte zu der Überzeugung, daß die Zubilligung eines uneingeschränkten Wiedereinstellungsanspruchs — wie bei den geschädigten Beamten — auf dieser Rechtsgrundlage noch nicht möglich, dies vielmehr erst nach Verabschiedung des Soldatengesetzes angängig ist, weil auf der Grundlage des Freiwilligengesetzes nur Dienstverhältnisse auf Probe und auf freiwilliger Grundlage begründet werden können. 13. Zu §§ 21, 21a Diese Vorschriften bringen eine wesentliche Verbesserung der Wiedergutmachung für Angestellte und Arbeiter: a) Nach § 21 Abs. 4 sind auch Schäden in der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung wiedergutzumachen. b) § 21a stattet die Angestellten und Arbeiter, soweit sie keinen vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn haben und soweit sie eine Dienstzeit von mindestens 15 Jahren ohne die Schädigung aufzuweisen hatten, nunmehr mit einem Anspruch auf Bezüge aus. Da gegenüber der Regierungsvorlage der Stichtag des Inkrafttretens des Gesetzes für die Bemessung der Dienstzeit gestrichen worden ist, besteht für jeden Geschädigten die Möglichkeit, in die Frist von 15 Jahren hineinzuwachsen. Hierdurch soll auf den wiedergutmachungspflichtigen Dienstherrn ein Druck zur Wiedereinstellung der geschädigten Arbeiter und Angestellten ausgeübt werden. c) In § 21 Abs. 3 ist der Hinweis auf § 9 Abs. 2 Satz 2 durch Streichung der Worte „Satz 2" auf den gesamten Absatz 2 ausgedehnt worden, um klarzustellen, daß auch alle übrigen Bestimmungen des Absatzes 2 Anwendung finden. Außerdem bestand bei den Beratungen im Ausschuß zwischen den Mitgliedern des Ausschusses und den Regierungsvertretern Einmütigkeit darüber, daß der Wiederanstellungsanspruch eines entlassenen Angestellten oder Arbeiters durch eine tatsächliche Wiederverwendung, die dem Umfang der ihm zukommenden Wiedergutmachung nicht rechtlich voll entspricht, nicht verbraucht ist. 14. Zu § 21b § 21b regelt den Umfang der Wiedergutmachung der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 in das Gesetz neu einbezogenen Hochschullehrer. 15. Zu §§ 22 bis 23 Diese Vorschriften bringen, soweit der Bund wiedergutmachungspflichtig ist, wesentliche Verbesserungen zur Förderung der Unterbringung Wiedergutmachungsberechtigter. Insbesondere ist auf § 22c hinzuweisen, der es einem anderen als dem wiedergutmachungspflichtigen Dienstherrn ermöglicht, einen Wiedergutmachungsberechtigten bei sich unterzubringen und auf die Pflichtanteile (Dr. Böhm [Frankfurt]) nach dem Gesetz nach Artikel 131 GG anzurechnen. 16. Zu § 24 Nach Absatz 2 wird die Antragsfrist bis zum 31. Dezember 1956 neu eröffnet. Im Falle des späteren Zuzugs in das Bundesgebiet und nach West-Berlin endet die Frist ein Jahr nach der Wohnsitznahme. Für Personen, die künftighin durch eine gemäß § 2 Abs. 2 zu erlassende Rechtsverordnung in die Regelung dieses Gesetzes einbezogen werden, endet die Antragsfrist 1 Jahr nach Verkündung der Rechtsverordnung. 17. Zu § 28 Absatz 1 enthält insoweit eine neue Regelung, als der Beginn der Zahlung für die laufenden Versorgungsbezüge einheitlich auf das Inkrafttreten des Gesetzes abgestellt und nicht mehr vom Zeitpunkt der Antragstellung abhängig ist. Im Falle des späteren Zuzugs richtet sich der Zahlungsbeginn nach diesem Zeitpunkt. 18. Zu § 31a Vergleiche die Erläuterungen zu § 8. 19. Zu § 31b § 31b sieht für Personen, die nach dem 8. Mai 1945 in das Beamtenverhältnis berufen werden, vor, daß ihnen die Zeit, um die der Abschluß ihrer Vorbildung oder die Berufung in das Beamtenverhältnis nach abgeschlossener Vorbildung aus Verfolgungsgründen verzögert ist, als Dienstzeit im Sinne des Besoldungs- und Versorgungsrechts angerechnet wird. Der Ausschuß legt Wert darauf, festzustellen, daß die Anrechnung auch dann zu erfolgen hat, wenn der betreffende Beamte für eine andere gleichwertige Laufbahn vorgebildet war, wenn also z. B. ein aus der akademischen Laufbahn verdrängter Privatdozent später als Richter oder Verwaltungsbeamter eingestellt wird. Ein gleiches gilt für Inhaber von Zivil- oder Polizeiversorgungsscheinen. 20. Zu § 31c Der Nationalsozialismus hat in großem Umfange Beamtinnen lediglich aus dem Grunde entlassen, weil sie Frauen waren. Hier handelt es sich nicht um eine nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahme im Sinne der Wiedergutmachungsgesetze, und Beamtinnen, die aus diesem Grunde Schaden erlitten haben, gehören nicht zu dem Personenkreis, denen dieses Gesetz Wiedergutmachungsansprüche gibt. Auf der anderen Seite handelt es sich aber um Schädigungsmaßnahmen, die zu den Verfassungsgrundsätzen der Weimarer Republik im Widerspruch standen und auch gegen das Grundgesetz verstoßen würden. Der Ausschuß sah sich daher vor die Frage gestellt, ob die von diesen Beamtinnen mit Recht angestrebte Entschädigung in diesem Gesetz oder aber in einem Sondergesetz gewährt werden sollte. Nach eingehender Erörterung dieser Frage war der Ausschuß der Auffassung, daß aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Beschleunigung eine abschließende Regelung in diesem Gesetz vorgesehen werden sollte, hielt es dagegen nicht für richtig, diese Beamtinnen in den Kreis der politisch, religiös und rassisch Verfolgten aufzunehmen und ihnen sämtliche Ansprüche dieses Gesetzes zu gewähren. Aus diesem Grunde wurde die Regelung in die Übergangs- und Schlußvorschriften aufgenommen und dahingehend beschränkt, daß den betroffenen Frauen nur dann eine Wiedergutmachung gewährt wird, wenn sie inzwischen wiederum, und zwar aus nicht wiedergutmachungsrechtlichen Gründen, in den öffentlichen Dienst eingestellt worden sind, und daß sich die Wiedergutmachung auf eine Anrechnung der verlorenen Zeit beschränkt. 21. Zu § 31 d Ebenfalls in die Schlußvorschriften ist die Bestimmung für die früheren Bediensteten jüdischer Gemeinden oder öffentlicher Einrichtungen aufgenommen worden. Grund hierfür ist der Umstand, daß der betreffende Personenkreis trotz der Aufnahme in das BWGöD nicht als im öffentlichen Dienst stehend angesehen wird. Die Bestimmung dient lediglich dem Zweck, eine bereits im Verwaltungswege auf Grund internationaler Verpflichtungen getroffene Regelung gesetzlich zu verankern. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen zugleich eine Weisung enthält, und erwartet daher, daß die in Absatz 2 vorgesehene Rechtsverordnung, ohne deren Erlaß das Gesetz nicht angewendet werden könnte, zum frühesten Zeitpunkt in Kraft gesetzt wird. 22. Zu § 31 e Die von der Regierung in ihrer Vorlage vorgeschlagene Regelung über die Erstattung von Arbeitnehmeranteilen zu den gesetzlichen Rentenversicherungen an Geschädigte, die infolge der Schädigung versicherungspflichtig geworden sind, ist auch auf die Erstattung der Arbeitnehmeranteile zu den Arbeitslosen- und Krankenversicherungsbeiträgen ausgedehnt worden. Es ist die Auffassung des Ausschusses, daß gewährte Leistungen nur in dem betreffenden Versicherungszweig angerechnet werden können. 23. Zu § 35 In Absatz 2 ist eine Bestimmung angefügt worden, nach welcher einem Geschädigten die sich aus § 9 Abs. 2 ergebende Besoldung bereits vom Zeitpunkt der Wiederverwendung an zu gewähren ist, wenn er vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wieder verwendet worden ist. Bonn, den 7. Dezember 1955 Dr. Böhm (Frankfurt) Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 499 (Vgl. S. 6337 D, 6340 C) Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Drucksachen 1192, 1937). Der Bundestag wolle beschließen: In der Anlage zu Art. I wird § 31 e in der Fassung der Regierungsvorlage — Drucksache 1192, Art. I Nr. 23 .(§ 33 a) — wiederhergestellt und lautet nunmehr wie folgt: § 31 e (1) Sind für einen wiedergutmachungsberechtigten Beamten oder Berufssoldaten, dem Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet ist (§§ 9 bis 11, 20), in der Zeit von der Schädigung bis zur Zustellung der Entscheidung über den Wiedergutmachungsantrag Beiträge zu . den gesetzlichen Rentenversicherungen entrichtet worden, so werden ihm auf seinen Antrag nach Maßgabe der Regelung des Absatzes 4 die Arbeitnehmeranteile aus diesen Beiträgen und etwaige freiwillig entrichtete Beiträge erstattet, sofern Leistungen nicht gewährt worden sind; die im Wege der Nachversicherung entrichteten Beiträge werden ihm nicht erstattet. Ein Antrag auf Erstattung eines Teiles der Arbeitnehmeranteile und der etwa freiwillig entrichteten Beiträge ist unzulässig. Ist der Beamte verstorben, so kann der Antrag von den Erben gestellt werden. Der Erstattungsantrag ist binnen sechs Monaten nach Zustellung der Entscheidung über den Wiedergutmachungsantrag zu stellen. (2) Der Zustellung der Entscheidung über den Wiedergutmachungsantrag nach Absatz 1 Satz 1 steht die Anerkennung des Wiedergutmachungsanspruchs im Sinne des § 32 Abs. 2 gleich. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für wiedergutmachungsberechtigte Angestellte und Arbeiter, die 1. wegen Gewährleistung einer Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen im Zeitpunkt der Schädigung in den gesetzlichen Rentenversicherungen versicherungsfrei waren, 2. ohne die erlittene Schädigung Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung erlangt hätten und damit versicherungsfrei geworden wären mit der Maßgabe, daß die Erstattung erst von dem im Wiedergutmachungsverfahren festgestellten Zeitpunkt ab beginnt, in dem diese Versicherungsfreiheit eingetreten wäre. (4) Erstattet werden nur die Arbeitnehmeranteile der Beiträge und die freiwilligen Beiträge, die im Bundesgebiet und im Lande Berlin entrichtet worden sind, einschließlich der für die Zeit vom 1. Juli 1945 bis 31. Januar 1949 an die Versicherungsanstalt Berlin (VAB) entrichteten Beiträge. Soweit Beiträge im Bundesgebiet vor dem 21. Juni 1948 entrichtet worden sind, werden die Arbeitnehmeranteile und die freiwilligen Beiträge im Verhältnis 10 : 1 erstattet; im Lande Berlin finden die Vorschriften der Währungsergänzungsverordnung vom 20. März 1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin S. 86) Anwendung. Bonn, den 14. Dezember 1955 Dr. Krone und Fraktion Anlage 4 Umdruck 502 (Vgl. S. 6340 C) Änderungsantrag des Abgeordneten Matzner zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Drucksachen 1192, 1937). Der Bundestag wolle beschließen: In der Anlage zu Art. I werden in § 31 e Abs. 1 Satz 1 die Worte ,,... Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen, zur Arbeitslosenversicherung oder zur Krankenversicherung entrichtet worden, ..." ersetzt durch die Worte ,,... Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden, ...". Bonn, den 14. Dezember 1955 Matzner
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Böhm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Novelle, die heute Gegenstand unserer Beratungen ist, hat ihren Anlaß in einem Ereignis, das wir als das weitaus größte Unglück unseres Volkes im Laufe seiner Geschichte überhaupt bezeichnen dürfen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Niemals im Laufe von zwei Jahrtausenden ist etwas geschehen, was den deutschen Namen, die Ehre unseres Volkes so furchtbar in Mitleidenschaft gezogen hat wie die Verfolgungsverbrechen des Dritten Reiches.

    (Zustimmung in der Mitte und links.)

    Das ist für ein Volk ein viel größeres Unglück als jede noch so schwere Niederlage in einem noch so großen Krieg, als ein noch so tiefes Sinken in seiner Macht, als der Verlust von Provinzen, als die Abspaltung, als die Teilung, als alles, was an Unglück und Unheil von außen ein Volk treffen kann. Denn hier ist das Furchtbare, daß dieses Unheil uns von innen her, aus uns selbst getroffen hat. Große Volksmassen haben eine politische Bewegung in den Sattel gesetzt und ihr zur Macht verholfen, die in ihrem Programm die Absicht, grausamste Mittel anzuwenden und jede Menschlichkeit beiseite zu setzen, offen angekündigt hat, die unter der Parole „Deutschland erwache! Juda verrecke!" in die Macht marschiert ist, die durch die beispiellose Roheit dieses Satzes „Juda verrecke!" schon deutlich machte und deutlich machen wollte, wes Geistes Kind sie war.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie wollte von vornherein zeigen, welche Sorte von Mitbürgern sie um ihre Fahnen zu scharen wünschte.

    (Beifall in der Mitte, links und rechts.)

    Ich erinnere mich dieser Zeiten noch durchaus. Niemand von uns, auch diejenigen nicht, die von tiefstem Abscheu gegen diese Bewegung ergriffen waren, haben jemals geglaubt, daß und in welchem Umfang diese Menschen mit ihrer Drohung „Juda verrecke!" und mit ihren Inhumanitätsparolen Ernst machen würden. Viele von uns haben geglaubt, es handle sich hier um eine wilde, blutrünstige Propaganda, um ein Großsprechertum. Die eisige Kälte, mit der nachher diese Massenverbrechen vollzogen worden sind, hat niemand vorhergesehen.
    Die Tatsache, daß wir eine Zeit so beispielloser Kollektiv- und Massenverbrechen, staatlich angeordneter und vollzogener Verbrechen von einem gewaltigen Massenumfang in unserem Volk haben erleben müssen, macht für uns die Frage der 'Wiedergutmachung, ich möchte sagen, zu einer innenpolitischen und verfassungspolitischen Lebensfrage.

    (Beifall in der Mitte, rechts und links.)

    Ich denke jetzt nicht so sehr daran, daß wir das verlorene oder erschütterte Ansehen in der Welt wieder gewinnen wollen, sondern ich denke an die Beseitigung der demoralisierenden Wirkungen, die das Mitansehen dieser Verbrechen, das jahrelange Umjubeln einer verbrecherischen Regierung und eines verbrecherischen Systems bei uns, unter uns selbst hervorgerufen haben. Diese Verwüstungen der politischen Moral, des politischen Geistes und der politischen Ehrenhaftigkeit gehen niemals ohne Spuren an einem Volk vorbei.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Diese Spuren durch einen politischen Gesundungsprozeß so schnell wie möglich zu beseitigen, muß unser erstes Anliegen sein. Von dem Erfolg, mit dem wir das tun, hängt das politische Gesicht unserer Bundesrepublik, unserer neuen Demokratie ab.

    (Beifall im ganzen Hause.)

    Wir haben uns nach einer furchtbaren Krankheit neu zu konstituieren. Es ist menschlich, wenn ein Volk wie das unsere ungern an diese Verbrechen denkt; es ist menschlich, daß die meisten Menschen nicht gerne davon sprechen; es ist menschlich, daß sie versuchen, es zu verdrängen. Aber gerade dies ist es, was wir unter gar keinen Umständen tun dürfen. Es handelt sich nicht darum, daß wir immer wieder in den eigenen Wunden wühlen, sozusagen eine Art von Flagellantismus betreiben, aber es handelt sich darum, daß I wir eine ganz klare Bilanz von dem Umfang des Unheils ziehen und daß wir uns ganz klar sind über das, was wir wollen. Wenn wir dieser Verpflichtung genügen, ist es unvermeidlich, daß wir nicht immer die äußerste Rücksicht auf Empfindlichkeiten nehmen können.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Das ist völlig ausgeschlossen. Es ist auch unehrenhaft, ganz abgesehen davon, daß es uns vor der Welt und im Inland in ein völlig falsches Licht rückt.
    Eine der politischen Leistungen, die wir vollbringen müssen, um das politische Gesicht unseres Volkes wieder entscheidend zu ändern und den inneren Gesundungsprozeß vorwärtszutreiben, ist eine ausreichende Entschädigung des angerichteten materiellen Unheils. Ich spreche gar nicht — das ist ein noch schwierigeres Kapitel — von der Wiedergutmachung des nichtmateriellen Leides, die auch bewirkt werden kann, und zwar durch Güte, durch Liebe und durch freiwillige Hilfsbereitschaft. Ich möchte nicht verfehlen, zu sagen, daß es vielfach beschämend ist, wenn die Opfer dieser Verfolgung in weiten Kreisen unserer Mitbürger, darunter auch wirklich gutartiger und wohlgesinnter Mitbürger, mit scheelen Augen angesehen werden.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Das hängt auch damit zusammen, daß man die Zeugen des Unrechts, das aus dem eigenen Volk hervorgegangen ist, nicht gerne sieht. Aber man hätte doch erwarten sollen, daß nach dem Zusammenbruch des Nazistaates die Herzen von Millionen Deutschen den Opfern der Verfolgung viel


    (Dr. Böhm [Frankfurt])

    heißer entgegengeschlagen wären und daß das Renommieren mit dem eigenen Leid, mit den Bombennächten, mit der Ausbombung und mit dem Flüchtlingselend usw. nicht so in den Vordergrund getreten wäre, sondern vielmehr in allererster Linie unser Gefühl für diejenigen, die durch unsere Schuld, durch die Schuld eines deutschen Staates, auf verbrecherische Weise in das furchtbarste Unglück geraten sind.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und bei der SPD.)

    Wir haben einige Aussprachen im Plenum gehabt, und ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich hier sage, daß im vergangenen Jahre das öffentliche Interesse, auch das Interesse der Presse, an Fragen der Wiedergutmachung sichtbar zugenommen hat. Eigentlich habe ich befürchtet — und viele andere auch —, daß, je mehr wir die ärgste eigene Notlage überwunden haben, je mehr wir wieder in den Kreis der geachteten Völker einrücken, desto mehr das Interesse an der Wiedergutmachung abnehmen wird. Aber es ist zum großen Glück — und daraus schöpfe ich große Hoffnungen — nicht so gewesen. Im letzten Jahr sind ganz zweifellos in der öffentlichen Meinung ein größeres Interesse an der Wiedergutmachung und ein größerer Wiedergutmachungsernst zu beobachten gewesen.
    Das betrifft auch die sehr vielen Personen, die in Bund und Ländern sowohl mit der gesetzgeberischen Arbeit als auch mit der Anwendung der Gesetze in den Wiedergutmachungsbehörden und mit der Auslegung der Gesetze bei den Gerichten befaßt sind. Bisher waren diese in dem Wiedergutmachungswerk tätigen Personen, viele, viele Tausende im Bund und in den Ländern, die einzigen, die unermüdlich an dem praktischen Werk der Wiedergutmachung gearbeitet haben. Sie haben von unserer Seite für Fehler, die hier unterlaufen sind, gelegentlich auch etwas skandalisierende Fehler, manches kritische und herbe Wort zu hören bekommen. Mir scheint aber, daß wir den heutigen Tag zum Anlaß nehmen sollten, diesen vortrefflichen Tausenden, die in allen möglichen Ämtern, teilweise mit mangelnder Vorschulung, sich um den praktischen Vollzug der Wiedergutmachung bemüht haben, unseren Dank und unsere Hochachtung zu erweisen; denn sie waren lange und streckenweise die einzigen, die diese wichtigste Aufgabe unserer Nachkriegspolitik wirklich vorwärtsgetragen haben.

    (Allseitiger Beifall.)

    Der Erfolg der Wiedergutmachung ist aber — das muß auch einmal festgestellt werden — nicht nur eine Frage des guten Willens und auch nicht nur eine Frage der Bereitstellung und Aufbringung der dazu notwendigen Mittel. Sehr viele Schwierigkeiten, namentlich die am meisten beklagte Schwierigkeit, die auch tragisch ist, nämlich das außerordentlich langsame Arbeiten der Wiedergutmachungsmaschine, hat ihre Hauptursache nicht in einem Mangel an gutem Willen, sondern in technischen Dingen, in der Schwierigkeit der Gesetzgebung, in der Schwierigkeit der Gesetzesanwendung, in der Schwierigkeit der Gesetzesauslegung, mit anderen Worten in der Sachschwierigkeit des Problems.
    Hier kann nun sehr vieles geschehen. Wir haben uns in den letzten Sitzungen hauptsächlich mit den Behörden, die das Gesetz anzuwenden haben,
    und mit den Gerichten befaßt. Wir müssen uns heute mit uns selbst als dem Gesetzgeber befassen. Denn ganz zweifellos haben viele der von uns beklagten Mißhelligkeiten bei der Gesetzesanwendung und bei der Gesetzesauslegung ihre Quelle in technischen Fehlern der Gesetzgebung. Das ist kein Vorwurf, den man der Moral oder dem Fleiß oder der Geschicklichkeit der Menschen machen dürfte, die an diesem Werk gearbeitet haben, sondern wir müssen uns hier vergegenwärtigen, daß noch niemals in der Geschichte ein Massenverbrechen eine Wiedergutmachung solchen Umfangs nach sich gezogen hat. Es gibt in der Geschichte keine Vorbilder dafür. Das, was in dem Verhältnis zwischen Schottland und England in der Zeit der Stuarts an Restitutionen gemacht worden ist, und das, was im Anschluß an die französische Revolution später an Wiedergutmachung für politische Enteignungen geschehen ist, ist ein Kinderspiel gegenüber dem, was uns heute als Aufgabe obliegt. Wir haben kein historisches Beispiel, und die Verschiedenheit der Schädigungstatbestände und der Schicksale ist enorm.
    Der Arbeitskreis, der zunächst einmal damit befaßt war, diesen Novellenentwurf vorzubereiten — den sich dann die Bundesregierung als Regierungsvorlage zu eigen gemacht hat —, stand nicht nur der Aufgabe gegenüber, die Wiedergutmachung in mancher Beziehung zu erweitern, die Personenkreise auszuweiten, mehr Entschädigungsleistungen zu gewähren und das Gesetz zu verfeinern, sondern auch vor der Aufgabe, das Gesetz technisch möglichst praktikabel zu machen. Auf diesem Gebiet wird nunmehr in unseren Ausschüssen

    (Abg. Dr. Greve: Ausschuß, Herr Kollege!) doch noch das eine oder andere zu leisten sein.

    Trotzdem bleibt alles in allem die bestürzende und beklemmende Bilanz bisher ein schmerzliches Zurückbleiben der Entschädigung hinter der Höhe des angerichteten Schadens und eine sehr große Langsamkeit der Wiedergutmachung. Was Herr Kollege Runge hier von den Achtzigjährigen und darüber gesagt hat, daß bei manchen Wiedergutmachungsämtern noch die Ansprüche von 78jährigen, 75jährigen, von über 70jährigen Wiedergutmachungsberechtigten befriedigt werden müssen und daß die vielen jahrelang schwebenden Ansprüche der Jüngeren und der gottlob Gesunden hintanstehen müssen, das ist eine schwere Sache. Auf der anderen Seite aber kommt es jetzt immer häufiger vor, daß man im Inland und im Ausland auch Wiedergutmachungsberechtigten begegnet, die ihre Entschädigung erhalten haben und die auch mit Worten des Dankes und der Anerkennung nicht zurückhalten, obwohl sie natürlich bei weitem nicht für das entschädigt worden sind, was sie erlitten haben. Ich war vor wenigen Tagen bei einer Weihnachtsfeier eines Verfolgtenverbandes, dessen Weihnachtsfeier ich auch vor einem Jahr miterlebt habe. Bei dieser Gelegenheit habe ich tatsächlich feststellen können, daß bei einem Teil, und zwar bei einem nicht ganz kleinen Teil der Teilnehmer inzwischen die Entschädigungsbescheide ergangen waren.

    (Abg. Dr. Greve: Und die Zahlung?)

    Ich habe bei dieser Feier auch einige glückliche Gesichter gesehen.
    Wir sind aber noch nicht über den Berg, auch nicht in bezug auf ein Nachlassen des Wiedergutmachungsernstes. Sogar das, was wir als den spe-


    (Dr. Böhm [Frankfurt])

    zifisch fiskalischen Geist in einigen unserer Sitzungen behandelt und gerügt haben, hat sich neuerdings trotz der im allgemeinen nicht schlechten Kassenlage unserer öffentlichen Stellen wieder gezeigt, allerdings nicht bei den Bundesstellen, aber bei den Beschlüssen des Bundesrats. Der Bundesrat hat mit Mehrheit eine Reihe der wesentlichsten Verbesserungen, der Kernstücke dieser Reform, die in der Novelle vorliegen, abgelehnt.

    (Abg. Graf von Spreti: Das ist ein Skandal!)

    Er ist dabei dem Votum seines Finanzausschusses gefolgt.

    (Abg. Dr. Greve: Dem der Haushaltsreferenten der Länder!)

    In allen diesen Fällen haben der Wiedergutmachungsausschuß des Bundesrats und der Rechtsausschuß des Bundesrats den Vorschlägen des Finanzausschusses widersprochen und sich für die Regierungsvorlage eingesetzt. Trotzdem ist der Finanzausschuß mit seinem nicht zu verwerfenden -- dazu ist er da! —, aber betont fiskalischen Standpunkt bei der Mehrheit der Landesregierungen durchgedrungen. Das ist um so beunruhigender, als es ja in der Vergangenheit der Bundesrat war, der sozusagen als Bahnbrecher, Schrittmacher und Fackelträger einer fortschrittlichen und guten Wiedergutmachungsgesetzgebung tätig geworden ist. Ja selbst als der 1. Bundestag in seiner letzten Sitzung das Bundesentschädigungsgesetz angenommen hatte, hat am gleichen Tag der Bundesrat eine Kommission eingesetzt, um eine Novelle, eine Verbesserung zu diesem Gesetz zu beraten, weil er das Bundesentschädigungsgesetz für keine ausreichende Wiedergutmachung gehalten hat. Er hat diese Novellierungsarbeiten bis in den Mai des letzten Jahres hinein fortgesetzt. Dann hat er sie eingestellt, und seit dieser Zeit ist von seiten des Bundesrats keine Initiative mehr entfaltet worden,

    (Abg. Dr. Greve: Doch, eine negative Initiative!)

    jetzt neuerdings eine negative Initiative in Gestalt dieser Beschlüsse.
    Auch mancher Wermutstropfen ist in dem von unserem Arbeitskreis erarbeiteten und Ihnen heute vorliegenden Gesetzentwurf enthalten. Vielen berechtigten Ansprüchen konnten wir einfach aus Gründen der begrenzten Leistungskraft nicht entsprechen. Ein Umstand, der mich mit am meisten bekümmert und bedrückt, ist der, daß wir im wesentlichen nur denjenigen eine Entschädigung gewähren, die sich an einem bestimmten Stichtag im Geltungsbereich des Gesetzes befunden haben, daß wir dagegen keine Entschädigung, namentlich keine Vermögensentschädigung, keine Wiedergutmachung für diejenigen Verbrechen leisten, die außerhalb des ehemaligen Reichsgebiets während des Krieges in den besetzten Zonen verübt worden sind. Das sind mengenmäßig die meisten der Verbrechen gewesen. Wir haben uns auf den Standpunkt gestellt, der völkerrechtlich korrekt ist, daß hier Wiedergutmachung nicht an die geschädigten Individuen zu zahlen sein sollte, sondern daß die betreffenden Staaten, in denen diese Personen wohnen, im Wege von Reparationsforderungen diese Entschädigung verlangen können. Aber es sind in der Welt zerstreut zahllose Unglückliche, die von ihren eigenen Regierungen keine Entschädigung erwarten können. Es gibt auch Regierungen, die wenig Aussicht darauf haben, von uns zu irgendeinem Zeitpunkt noch Reparationen zu erhalten, aus denen sie Unterstützungen, die sie bisher freiwillig geleistet haben, nachher abdecken können. Und doch war das, was außerhalb unserer Grenzen geschehen ist, verursacht von dem gleichen Täter, innerhalb des gleichen politischen Machtbereichs, und es war die gleiche Tat.
    Im übrigen sollten wir unsere Aufmerksamkeit auf diejenigen Verbesserungen richten, die uns möglich sind und die die Bundesregierung in ihrem Entwurf vorgeschlagen hat. Ich möchte hoffen, daß es uns bis zu der Verabschiedung dieses Gesetzes gelingen wird, auch in technischer Beziehung noch Verbesserungen in unserem Gesetz anzubringen, die auch eine Beschleunigung der Abwicklung und eine Erleichterung seiner Anwendung mit sich bringen. Es muß hier technische Filigranarbeit geleistet werden. Schließlich muß es unser Bestreben sein, dieses Gesetz so bald wie möglich in zweiter und dritter Lesung zu verabschieden; denn es soll am 1. April des kommenden Jahres in Kraft treten.

    (Beifall auf allen Seiten des Hauses.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, ich habe bekanntzugeben: Im Hinblick auf die Sitzung des Altestenrats tritt der Kriegsopfer- und Heimkehrerausschuß nicht um 17 Uhr, sondern erst um 17 Uhr 30 im Saal 206 Süd zusammen. Sodann: Der 4. Unterausschuß des Auswärtigen Ausschusses, der mit der Erledigung aktueller Heimkehrerfragen befaßt ist, wird auf 16 Uhr 30 einberufen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reif.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Reif


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht um den Ausführungen meiner I beiden Herren Vorredner noch ein weiteres Bekenntnis zur Moral dessen, was vor uns steht, hinzuzufügen, habe ich mich zum Wort gemeldet, sondern weil ich ganz nüchtern feststellen möchte, daß die Arbeit, die der 1. Bundestag auf dem Gebiete der Wiedergutmachung in jener Eile, die wir alle kennen, geleistet hat, zu einem Ergebnis gekommen ist, das uns zwingt, jetzt im Grunde genommen erst ein wirkliches Gesetz zu machen. Wir haben aber dadurch, daß das Gesetz, wie es jetzt gilt, dem Ermessen einen weiten Spielraum ließ, Gelegenheit gehabt, zu beobachten, ob der Geist der Wiedergutmachung dort, wo das Gesetz angewandt wird, wirklich vorhanden ist. Das ist, glaube ich, die bitterste Enttäuschung, die ein Parlament, das den guten Willen gezeigt hat, erfahren kann, wenn nun aus Hunderten und Tausenden von Briefen uns immer wieder entgegenklingt, wie unlustig, lieblos, manchmal geradezu boshaft diejenigen behandelt werden, die wir im christlichen Abendland mit Liebe behandeln sollten.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten in der Mitte und rechts.)

    Das Ergebnis der Arbeiten des Arbeitskreises, über das ich nicht sprechen darf, weil ich selbst beteiligt war, ist, glaube ich, eine Grundlage für eine sehr schnelle Verabschiedung in dem Ausschuß. Was noch fehlt, ist jener letzte Teil, über den meine beiden Herren Vorredner ebenfalls gesprochen haben, die Frage nämlich: Haben wir trotz aller Präzisierung und trotz aller Eindeutigkeit die Garantie, daß böser Wille, Unlust und Lieblosigkeit nicht wieder das zuschanden machen, was hier in guter Absicht gewollt wird?


    (Dr. Reif)

    Meine Damen und Herren, jeder Satz, der in einem Gesetz steht, ist eine Generalisierung. Das Leben und die Fälle, die uns entgegentreten, sind aber häufig höchst individuell, und ,deshalb wird immer Ermessensspielraum bleiben. Wenn wir heute anläßlich des Punktes 2 der Tagesordnung im Hause eine Erklärung beschließen, die den Geist der Anwendung jenes Gesetzes bestimmen soll, so werden wir Ähnliches auch bei der Verabschiedung der Vorlage tun müssen, die wir jetzt den Ausschüssen überweisen wollen; denn darauf kommt es doch wohl an, daß .der Gesetzgeber — und das sind wir — eindeutig erklärt, welche Art der Anwendung und Auslegung aller Bestimmungen er wünscht.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Niemand darf sich etwa mit dem Hinweis auf den Rechnungshof, d. h. damit herausreden können, daß er eine einschränkende Auslegung einfach deshalb für notwendig hält, weil er sonst bei der Revision aufgehängt werden könne. Diese Ausrede darf es nicht mehr geben.

    (Beifall.)

    Ein Zweites und Letztes, -meine Damen und Herren! Ich bitte, das nicht als ein allzu großes Mißtrauen gegen die Verwaltung aufzufassen. Ich habe vor längerer Zeit einmal von dieser Stelle aus den Wunsch ausgesprochen, daß wir bei diesem Gesetz und vielleicht auch noch in anderen Fällen im Gesetz der Regierung die Verpflichtung auferlegen, nach Ablauf je eines Jahres über die Erfahrungen zu berichten, die bei der Durchführung des Gesetzes gemacht werden.

    (Sehr gut! bei der FDP, Abgeordneten in der Mitte und links.)

    I) Der Beamte muß wissen, daß sein Minister durch das Gesetz verpflichtet ist, diesen Bericht zu geben. Das darf nicht auf Grund einer Großen Anfrage oder ähnlich geschehen. Hier muß eine echte gesetzliche Verpflichtung geschaffen werden. Man muß in der Verwaltung wissen, daß eine gesetzliche Verpflichtung zur Rechenschaftslegung schon nach Ablauf eines Jahres und in gleichen Abständen vorliegt. Mir scheint das notwendig zu sein. Wir werden vielleicht im Ausschuß entsprechende Anträge stellen müssen. Nur möchte ich noch einmal sagen: die Erklärung allein schafft es nicht; denn den guten Willen des Bundestages, wiedergutzumachen, kennt man draußen, und trotzdem haben wir diese deplorablen Erfahrungen gemacht. Wir müssen echte Verpflichtungen schaffen, denen niemand ausweichen kann. Das ist das, was wir der Situation schuldig sind.

    (Beifall.)