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    2. Deutscher Bundestag — 118. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1955 6277 118. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1955. Geschäftliche Mitteilungen 6277 C g Glückwünsche zum Geburtstag des Abg: Bauereisen 6277 B Mitteilungen über Beantwortung der Kleinen Anfrage 207 (Drucksachen 1865, 1925) 6277 C Mitteilung über Vorlage der Denkschrift fiber eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 1924) 6277 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1956 (Haushaltsgesetz 1956) (Drucksache 1900) 6277 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 6277 C, 6291 D, 6292 A Schoettle (SPD) . . 6286 A, 6291 D, 6292 A Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . 6297 A Niederalt (CDU/CSU) 6301 D Dr. Kather (GB/BHE) . . . 6305 C, 6310 A Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) . . . . 6312 B Überweisung an den Haushaltsausschuß 6317 C Nächste Sitzung 6317 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6317 A Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf 31. März 1956 Mensing 1. März 1956 Dr. Starke 28. Februar 1956 Jahn (Frankfurt) 9. Januar 1956 Moll 1. Januar 1956 Peters 1. Januar 1956 Klingelhöfer 31. Dezember 1955 Neumann 21. Dezember 1955 Feldmann 17. Dezember 1955 Heiland 17. Dezember 1955 Hörauf 17. Dezember 1955 Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 17. Dezember 1955 Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 17. Dezember 1955 Welke 17. Dezember 1955 Dr. Luchtenberg 16. Dezember 1955 Dr. Reichstein 16. Dezember 1955 Dr. Graf (München) 15. Dezember 1955 Frau Rudoll 15. Dezember 1955 Schröter (Wilmersdorf) 15. Dezember 1955 Josten 12. Dezember 1955 Dr. Graf Henckel 11. Dezember 1955 Frau Albertz 10. Dezember 1955 Dr. Baade 10. Dezember 1955 Gedat 10. Dezember 1955 Eberhard 10. Dezember 1955 Kiesinger 10. Dezember 1955 Kriedemann 10. Dezember 1955 Kutschera 10. Dezember 1955 Onnen 10. Dezember 1955 Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Op den Orth 10. Dezember 1955 Frau Renger 10. Dezember 1955 Dr. Atzenroth 9. Dezember 1955 Brandt (Berlin) 9. Dezember 1955 Brese 9. Dezember 1955 Frau Dietz 9. Dezember 1955 Dopatka 9. Dezember 1955 Euler 9. Dezember 1955 Dr. Gleissner (München) 9. Dezember 1955 Gockeln 9. Dezember 1955 Glüsing 9. Dezember 1955 Haasler 9. Dezember 1955 Dr. Horlacher 9. Dezember 1955 Huth 9. Dezember 1955 Jacobi 9. Dezember 1955 Keuning 9. Dezember 1955 Kurlbaum 9. Dezember 1955 Kühlthau 9. Dezember 1955 Leibfried 9. Dezember 1955 Lermer 9. Dezember 1955 Dr. Leverkuehn 9. Dezember 1955 Lücker (München) 9. Dezember 1955 Frau Dr. Maxsein 9. Dezember 1955 Dr. Menzel 9. Dezember 1955 Morgenthaler 9. Dezember 1955 Dr. Reif 9. Dezember 1955 Scharnberg 9. Dezember 1955 Dr.-Ing. E. h. Schuberth 9. Dezember 1955 Schulze-Pellengahr 9. Dezember 1955 Frau Dr. Schwarzhaupt 9. Dezember 1955 Stahl 9. Dezember 1955 Unertl 9. Dezember 1955 Frau Vietje 9. Dezember 1955 Wagner (Ludwigshafen) 9. Dezember 1955 Wehking 9. Dezember 1955
Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich dem Abgeordneten Bauereisen zu seinem 60. Geburtstag gratulieren.

(Beifall.)

Ich habe bekanntzugeben, daß um 9 Uhr 30 eine Sitzung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht im Sitzungssaal 206 Süd stattfindet. Um 11 Uhr findet eine Sitzung des Wahlmännerausschusses zur Wahl der Richter am Bundesverfassungsgericht im Sitzungszimmer 206 Süd statt.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 7. Dezember 1955 die Kleine Anfrage 207 der Abgeordneten Dr. Gleissner (München), HÖcherl, Klausner, Spies (Emmenhausen), Lücker (München), Dr. Eckhardt und Genossen betreffend Einkommensteuer für landwirtschaftliche Betriebe — Drucksache 1865 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1925 vervielfältigt.
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 6. Dezember 1955 auf Grund der Entschließung des Deutschen Bundestages in seiner 57. Sitzung eine vom Herrn Bundesminister der Finanzen ausgearbeitete Denkschrift über eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes überreicht, die als Drucksache 1924 vervielfältigt wird.
Wir treten in die Tagesordnung ein. Einziger Punkt:
Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1956 (Haushaltsgesetz 1956) (Drucksache 1900).
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, daß wenigstens, glaube ich, ein Viertel dieses Hohen Hauses an einem solchen Ehrentag des Parlaments

    (Abg. Dr. Gülich: Übertreiben Sie doch nicht so! — Zuruf rechts: Sind Sie ein Optimist!)

    — sagen wir: 10 °/o des Hohen Hauses —, an einem so wichtigen Tag des Parlaments, geneigt ist, über den Bundeshaushalt, das Kernstück der parlamentarischen Arbeit, zu debattieren. Hat es deswegen eigentlich einen Sinn, an einem solchen Tag all die Klagen zu wiederholen, die alljährlich an dieser Stelle bei der ersten Lesung des Haushalts von fast allen Parteien vorgetragen wurden: Klagen über die physische Unmöglichkeit, sich binnen 24 Stunden mit einer 54 Schreibmaschinenseiten langen Rede des Herrn Bundesfinanzministers geistig auseinanderzusetzen, Klagen aber auch über die noch größere Überforderung, die Allgemeinen Vorbemerkungen zum Entwurf des Haushalts 1956, ein Kompendium von 621 Seiten im DIN-A-4-Format, binnen drei Tagen durchzuarbeiten?
    Lassen Sie mich rasch noch ein Wort zu diesen Vorbemerkungen sagen. Sie sind dieses Jahr noch umfassender als im vergangenen Jahr ausgefallen und liegen ja inzwischen den Mitgliedern dieses Hohen Hauses vor. Welch ein prachtvolles Material zur Abfassung von vielen guten Dissertationen! Eine Unsumme von Arbeit ist da geleistet worden. Den Verfassern gebührt unbestreitbar der ganz besondere Dank dieses Hohen Hauses. Sie haben zum erstenmal eine Reihe von Wünschen dieses Hauses darin erfüllt. Damit meine ich nicht nur den auf Seite 439 in der dritten und vierten Anlage der Drucksache 1900 vorgelegten Funktionsplan, d. h. die Zergliederung der Einnahmen und Ausgaben des Bundes nach Sachgebieten, sondern auch die in schöner Breite im siebten Teil dargelegte Vermögensaufgliederung des Bundes und die Aufgliederung seiner Schulden. Wie wünschens-


    (Dr. Vogel)

    wert wäre es für uns, eine ähnliche Offenlegung auch von seiten der Länder und Gemeinden zu erhalten! Dann erst wäre der allgemeinen Forderung Genüge getan, einen Gesamtüberblick über das zu erhalten, was sich heute hinter dem Schlagwort „Öffentliche Hand" verbirgt.
    Ein besonderes Kapitel innerhalb der Vorbemerkungen befaßt sich mit einer weiteren Forderung, die, soviel ich mich erinnere, im vergangenen Jahr Herr Kollege Schoettle diesem Hause nachdrücklich ans Herz legte, der Forderung nämlich, eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung für die vertiefte Erkenntnis der finanzwirtschaftlichen Zusammenhänge zu schaffen. Eine solche Gesamtrechnung ist uns in naher Zukunft dank der entschieden in Angriff genommenen Vorarbeiten in Aussicht gestellt worden. Sicherlich wird sie die Berechenbarkeit des Konjunkturablaufs auf Jahre hinaus erleichtern. Ob sie aber die Hoffnungen erfüllen wird, die viele in sie setzen, wage ich ein wenig zu bezweifeln. Schaden kann es jedenfalls in keinem Fall, eine solche Gesamtrechnung einmal aufzustellen.
    Wenn häufig genug in der Presse das geringe Interesse des Hohen Hauses für Haushaltsdinge beklagt wird, kann ich doch nicht umhin, festzustellen, daß auch in der Presse selbst für die immense Bedeutung des Zahlenwerks dieses 32-Milliarden-Haushalts 1956 bislang nur ein mehr als bescheidener Spaltenaufwand zu verzeichnen war. Noch schlechter sieht es beinahe mit der Behandlung dieses gewichtigen Abschnitts des Parlamentarismus in den Zeitschriften und Wochenzeitungen aus. Die wenigen Veröffentlichungen, an die sich Parlamentarier oder insbesondere die Mitglieder des Haushaltsausschusses oder des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen heute halten können, sind an den Fingern beider Hände abzuzählen. Auch hier stellen wir in der deutschen Öffentlichkeit, selbst in der Fachpresse, ein allzu geringes Interesse an dieser Kernfrage unseres staatlichen Lebens fest, sehr im Gegensatz z. B. zur angelsächsischen Welt, wo diese Dinge einen ganz anderen Raum einnehmen und wo sich auch viel mehr Publizisten von Rang und Professoren der undankbaren und zeitraubenden Arbeit unterziehen, sich in diese spröde Materie einzuarbeiten.
    Gestatten Sie mir, in diesem Zusammenhang generell auf eine Frage einzugehen, die nur zu häufig sofort in Verbindung mit dem Haushalt draußen im Volk besprochen wird: das Problem der Verwaltungsaufblähung und der ständigen Kostensteigerung der Verwaltung. Bevor ich mich damit in einigen Sätzen befasse — mein Freund Kollege Niederalt wird später gründlicher darauf eingehen —, möchte ich aus meiner innersten Überzeugung heraus ein Wort herzlichen Dankes an alle diejenigen Beamten, Angestellten und Arbeiter im Bundesdienst sagen, die nur zu oft über die Grenze ihrer physischen Leistungsfähigkeit hinaus in den Aufbaujahren für Volk und Staat hervorragende Dienste geleistet haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und Abgeordneten der SPD.)

    Ich kenne die, wie ich sie einmal nennen möchte, ehrenvolle Verlustliste mancher Ministerien. Ich kenne aber auch den meiner Überzeugung nach übersteigerten Personenbedarf anderer Ministerien und Bundesbehörden. Alle in einen Topf zu werfen, wäre wohl das Ungerechteste, was wir uns an
    Kritik leisten könnten. Ich habe vor einiger Zeit bereits dem Hohen Hause erklärt, daß der Hauptgrund für das Anwachsen der Verwaltung einmal in der Notwendigkeit, die Not und das Elend nach dem Zusammenbruch von 1945 zu meistern, und in zweiter Linie nicht zuletzt in dem Übermaß an Gesetzgebungswerken von Bund und Ländern liegt.
    Nehmen wir einige Beispiele heraus. Wenn wir — unserer Überzeugung nach zu Recht und aus zwingenden Gründen — allein die Mittel für die Flurbereinigung in der Landwirtschaft innerhalb der letzten zwei Jahre um rund 60 Millionen DM erhöht haben und von den Ländern ein Gleichziehen mit ihren Mitteln verlangen, bedeutet das eine Verdoppelung, ja vielleicht sogar eine Verdreifachung oder eine Vervierfachung der Vermessungsämter und der Flurbereinigungsämter. — Die 18 000 Bediensteten der Kriegsopferversorgung sind eine unvermeidliche und notwendige Folge der Betreuung von über 3 Millionen Kriegsopfern. — Wenn wir von diesem Jahr ab Hunderte von Millionen neu in den Straßenbau investieren — aus einer gleichfalls von diesem Hohen Hause wohl einmütig bejahten Notwendigkeit —, dann muß das zu einer Vermehrung des Personals führen, das diese Summen verplanen, ausgeben und die Ausgaben kontrollieren und überwachen muß.
    Ich will nur am Rande erwähnen, wie sehr alle von mir leidenschaftlich bejahten und geforderten Sparsamkeitsmaßnahmen überschattet werden von dem Aufbau der Bundeswehr, nicht nur den 12 Divisionen, die wir auf die Beine stellen sollen, sondern den vielleicht 200 000 Zivilisten, die zur Verwaltung, Betreuung und für die Bauten dieser Bundeswehr notwendig sein werden. Das alles zu übersehen, wäre grob fahrlässig und leichtfertig. Trotzdem glaube ich an die Möglichkeit sehr erheblicher Einsparungen und an die Möglichkeit der Begrenzung des Verwaltungsapparats.
    Nehmen Sie nur ein Beispiel aus der Fülle dessen heraus, was in den Vorbemerkungen darüber enthalten ist. Dort wird mit Recht z. B. auf die erhebliche Kostenersparnis hingewiesen, die allein durch die rechtzeitige Zurverfügungstellung der Mittel für Straßen- und Hochbauten erzielt werden könnte. Wenn die Straßenbauten, statt wie bisher in Hunderte von kleinen Objekten zersplittert zu werden, nunmehr in größere Baulose aufgeteilt werden — so lesen wir es in den Vorbemerkungen —, lassen sich Großbaumaschinen einsetzen, und damit werden Menschen und Kasten gespart. Ich wünschte nur, es wäre auch so. Wer aber den Einzelplan des Bundesverkehrsministeriums durchsieht, wird merken, daß sich an der Zersplitterung der Bauvorhaben zur Zeit jedenfalls noch nicht Wesentliches geändert hat. Die goldenen Worte der Vorbemerkungen, auf die ich noch später zurückkommen werde, sollten sich auch entsprechend praktisch auswirken.
    Lassen Sie mich jetzt zu dem Problem der Einsparungen abschließend noch etwas vortragen. Ich bedaure, daß die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesfinanzministers nicht gefolgt ist, den § 5 des Haushaltsgesetzes, den mein Freund Brese bei der zweiten Lesung des Haushalts 1955 beantragt hat, wieder hineinzusetzen. Ich kann für meinen Kollegen Brese, der heute leider sein Anliegen nicht selbst hier vortragen kann, bereits ankündigen, daß er seinen Antrag von 1955 auch für den Haushalt 1956 wieder einbringen wird.

    (Beifall in der Mitte.)



    (Dr. Vogel)

    Ich bin überzeugt, er wird erneut eine Mehrheit in diesem Hohen Hause finden.

    (Abg. Dr. Gülich: Aber es wird erneut keinen Erfolg haben!)

    — Augenblick einmal! Ich werde gleich auch darauf noch eingehen, Herr Gülich. — Es gibt nämlich nicht nur Behörden mit wachsenden Aufgaben, sondern eine ganze Reihe anderer, deren Aufbau beendet ist und deren Aufgabenstellung sich sogar nicht unerheblich gemindert hat. Bei einer vernünftigen Handhabung durch den Haushaltsausschuß stellt die sogenannte Lex Brese eine keinesfalls von der Hand zu weisende Abbaumaßnahme und Bremse dar. Ich habe vom Herrn Bundesfinanzminister eine Erfolgsmeldung über die Durchführung der Lex Brese erbeten, Herr Kollege Gülich.

    (Abg. Dr. Gülich: Aber noch nicht bekommen!)

    — Das stimmt allerdings. — Doch kann ich mir denken, daß so kurze Zeit nach der Inkraftsetzung des Haushaltsgesetzes 1955, das erst im Juli in Kraft gesetzt worden ist — und so viele Beamte sterben Gott sei Dank nicht oder werden in den Ruhestand versetzt —, zwischen Juli und Oktober 1955 noch keine nennenswerten Auswirkungen vorliegen können. Ich erwarte aber in einem späteren Zeitpunkt einen Bericht über die Durchführung dieser Maßnahme, die ich für meine Person keineswegs für undurchführbar halte.
    Wenn ich mich jetzt dem Haushalt 1956 selbst zuwende, bitte ich die Öffentlichkeit, vor allem den durchlaufenden Posten in Höhe von 2,4 Milliarden DM zu beachten, der als Nachwirkung der Pariser Verträge den Haushalt nur äußerlich belastet. Das war ähnlich schon so im Haushalt 1955 der Fall. Der eigentliche Haushalt 1956 umfaßt also nur ein Volumen von rund 30 Milliarden DM. Er beinhaltet allerdings 2,5 Milliarden echter Einnahmen und Ausgaben mehr als der des vergangenen Jahres. Der Bundesfinanzminister nahm die Anregung in dem Amerika-Bericht der Haushaltsexperten, den außerordentlichen Haushalt nach Möglichkeit abzuschaffen und einen Kapital- und Investitionshaushalt zu schaffen, positiv auf. Ich hätte sehr gewünscht, diese Anregung schon im Haushalt 1956 verwirklicht zu sehen. Im letzten Jahr deckte der Bundesfinanzminister den außerordentlichen Haushalt aus Mitteln des ordentlichen Haushalts, d. h. aus Steuermitteln. Er hatte sie infolge des Nichtinkraftsetzens des EVG-Vertrages eingespart. Mein Freund Dr. Dresbach hatte sicher recht, wenn er einmal ironisch meinte: Das Nichtschuldenmachen stellt nicht unbedingt eine Sünde des Bundesfinanzministers dar. Meiner Überzeugung nach war seine Handlungsweise — auch wenn sich hier unsere Ansichten nicht ganz decken, Herr Kollege Schoettle — im vergangenen Jahr durch das geltende Haushaltsrecht gedeckt. Ich hätte an seiner Stelle vielleicht eher an die Abzahlung der seit 1951 mitgeschleppten Defizitreste gedacht;

    (Abg. Dr. Gülich: Sehr gut!) aber darüber kann man streiten.

    Wer von uns allerdings wollte daran zweifeln, daß der Bundesfinanzminister auch für das laufende Haushaltsjahr 1955 keine Anleihe aufnehmen wird, sondern den gleichen Weg wie 1954 gehen wird? Das ist in einem kleinen Absatz der Vorbemerkungen bereits so gut wie angekündigt worden. Ich wüßte auch nicht, mit welchen Argumenten ihm die Bank deutscher Länder angesichts seiner Kassenfülle noch eine erneute Riesenanleihe freigeben sollte. Vor allem aber wüßte ich nicht, wer angesichts der gegenwärtigen Stagnation auf dem deutschen Kapitalmarkt eine Bundesanleihe in Höhe von über einer Milliarde zeichnen sollte, während selbst die angesehensten Großunternehmungen im Augenblick nicht wagen, neue Aktien zu emittieren

    (Abg. Dr. Gülich: Warum aber? Warum?)

    — das sind die Maßnahmen des Herrn Vocke —, und noch nicht einmal Pfandbriefe unterzubringen sind. Aber darauf komme ich vielleicht noch ein wenig später zurück.
    Wenn also der außerordentliche Haushalt ohnedies nicht im Haushaltsjahr 1956 zu vollziehen ist, hätte man besser daran getan, ihn in den ordentlichen Haushalt einzubauen. Das gesamte Haushaltsbild wäre wahrheitsgetreuer geworden, als es gegenwärtig ist. Trotzdem hat der Herr Bundesfinanzminister unbestreitbar recht — das wird ihm auch von sehr scharfen Kritikern bescheinigt—, daß dieser Haushalt 1956 erheblich konsolidierter und in sich gefestigter ist als seine Vorgänger. Die Steuer-Vorausschätzungen gehen bei der Annahme eines Nettozuwachses des Bruttosozialprodukts um 7 bis 8 % hart an das heran, was auch bekannte Institute geschätzt haben.
    Es bleiben bei den Einnahmen noch einige zweifelhafte Posten. Hoffentlich verschafft u. a. dem Bundesfinanzminister die Annahme des Beschlusses des Vermittlungsausschusses über den Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer den von ihm in den Haushalt bereits eingesetzten Betrag. Er wird wohl sicher auch auf die Wirksamkeit des § 96 der Geschäftsordnung vertrauen und hoffen, es mögen ihm bis zum Inkrafttreten des Haushalts 1956 weitere neue Ausgaben bewirkende Beschlüsse des Hohen Hauses erspart bleiben außer denen, die er bereits vorsorglich in sein Kalkül für 1956 aufgenommen hat.
    Zur Zeit befaßt sich aber die deutsche Öffentlichkeit eigentlich weniger mit dem Haushalt 1956 als mit dem laufenden Haushalt 1955 und dessen Ablauf. Der Bundesfinanzminister hat gestern äußerst scharf seinen Standpunkt zu den Vorwürfen präzisiert, er erziele im laufenden Haushaltsjahr Riesenüberschüsse und verweigere trotzdem, die Konsequenzen daraus in Gestalt von Steuersenkungen zu ziehen. Damit ist auf das Problem des — wie es so nett in den grünumrandeten Heften des Instituts „Finanzen und Steuern" gesagt worden ist — „Julius-Turms von Spandau" eingegangen worden. Das Problem der Finanzierung der deutschen Wiederbewaffnung wird von ihm als ein Gesamtproblem gesehen, für das die Gesamtmittel innerhalb von vier oder vielleicht besser fünf Bundeshaushaltsjahren aufgebracht werden müssen. Er fühlt sich durch den Pariser Vertrag verpflichtet, Summen, die in diesem oder auch im nächsten Haushaltsjahr für den Gesamtkomplex der Wiederbewaffnung nicht ausgegeben werden, als Ausgabereste zurückzubehalten, um sie in den darauffolgenden Jahren zur Bewältigung dieser Gesamtaufgabe zur Verfügung zu haben. Er verfährt hier mit den Milliarden nicht anders als z. B. bei der Verteilung der Kosten eines Straßen- oder Brükkenbaus im Verkehrshaushalt auf vier oder fünf Teilbeträge während vier oder fünf Jahre, wobei


    (Dr. Vogel)

    er den Baubeginn erst für den vielleicht vorletzten Teil vorsieht.

    (Abg. Dr. Gülich: Das Bild ist falsch, Herr Vogel!)

    — Nein, das Bild ist in diesem Falle sogar sehr richtig, Herr Kollege.

    (Abg. Dr. Gülich: Nein, die Straßenbauten werden aus den Steuereinnahmen jeden Jahres neu finanziert; nur geplant wird vorher!)

    — Sie werden für ein und dasselbe Objekt vier oder fünf Teilbeträge in den einzelnen Jahren einsetzen, und selbst wenn Sie den Bau im ersten oder zweiten Jahr nicht anfangen, stehen die Mittel für das dritte oder vierte Jahr voll zur Verfügung. In dieser Beziehung stimmt dieses Beispiel, glaube ich, doch.
    Die Folge dieser unbestreitbar konsequenten fiskalischen Methode und in sich logischen Auffassung zeigt sich in dem gegenwärtigen Kassenbestand des Bundes. Dieses Problem verschärft sich noch durch die von dem Bundesfinanzminister nicht zu verantwortende Konservierungspolitik der Finanzminister früherer Besatzungsmächte und unserer heutigen verbündeten Mächte in Gestalt der Hortung der Stationierungskosten. Zwar wird der Überhang aus der Besatzungszeit abgebaut; aber das, was jetzt so langsam abgebaut wird, wird vielleicht auch im nächsten Jahr nicht völlig verschwinden, weil von diesem Jahr an an Stationierungskosten 3,2 Milliarden DM zur Verfügung stehen. Wir glauben, daß davon nicht alles ausgegeben werden wird und vermutlich 1955 ein kleinerer, neuer Überhang hinzutreten kann. Herr Minister Schäffer hat in seinen Verhandlungen ein Mitbestimmungsrecht über die Ausgabe dieser Beträge erreicht, um sie nicht zu einem allzugroßen Störungsfaktor in der innerdeutschen Wirtschaft werden zu lassen. Mehr konnte er sicherlich nicht erreichen. Wir erkennen dankbar an, daß er sich als ein sehr zäher und erfolgreicher Unterhändler in diesen Verhandlungen bewährt hat.
    Dieser Besatzungs- und Stationierungskostenüberhang steigerte zusammen mit den in diesem Jahr nicht mehr zur Ausgabe gelangenden Verteidigungsausgaben des Bundes die Kassenkonten des Bundes bei der Bank deutscher Länder zu ihrer jetzigen Höhe. Das Bestreben der Finanzminister der uns verbündeten Länder, deren Truppen gegenwärtig den Schutz der Bundesrepublik gewährleisten, die auf sie zukommende spätere Last der völligen Unterhaltung ihrer Truppen auf deutschem Boden so lange wie möglich hinauszuschieben, ist sicherlich verständlich. Den Briten und Franzosen eröffnet sich ab 1955 die für sie unerfreuliche Aussicht, sehr große Beträge in Devisen für den Unterhalt ihrer Truppen in Deutschland bereitstellen zu müssen, ein Problem, das schon von der Devisenseite her ernste Beachtung verdient. Die Fachleute wissen längst, einen wie hohen Beitrag an baren Dollardevisen die Amerikaner jährlich in der Bundesrepublik für die Bedürfnisse ihrer Divisionen in Deutschland ausgeben.
    Aber kehren wir jetzt zu dem Zentralproblem des Bundesfinanzministers zurück. Es lautet folgendermaßen: Kann er es gegenüber den Verbündeten verantworten, daß das in den Haushalten 1955 und 1956 für Verteidigungszwecke angesammelte Geld jetzt für andere Zwecke verwandt wird? Er sagt klipp und klar: Nein! Dieses Problem und seine Stellung dazu wird sicher im Mittelpunkt eingehender Beratungen innerhalb des nächsten Vierteljahres in den Ausschüssen dieses Hohen Hauses stehen.
    Mit diesem Problem untrennbar verbunden ist aber meiner Überzeugung nach auch die Handhabung des § 96 der Geschäftsordnung. Ich habe es im Haushaltsausschuß erklärt und stehe nach wie vor dazu, daß meine Fraktion entschlossen ist, diesen § 96 auch gegenüber Anträgen aus ihren eigenen Reihen zur Geltung zu verhelfen. Wenn aber der Haushaltsausschuß eine klare Stellungnahme zur Beschaffung einer Deckung für eine neu beantragte Ausgabe beziehen soll, dann muß er in dieser zentralen Frage der nicht verausgabten Verteidigungsmittel in den Jahren 1955 bis 1956 restlos Klarheit haben.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Das aber vornehmlich! — Ich glaube, daß das die zentrale Frage ist. Diese Frage lautet — ich wiederhole es noch einmal —: Ist der Weg des Bundesfinanzministers der einzig mögliche oder nicht?
    Ob diese Frage im Sinne des Bundesfinanzministers oder in einem anderen Sinne von diesem Hohen Hause entschieden wird, — eins, meine Damen und Herren, möchte ich im Namen meiner Fraktion hier völlig klar und deutlich machen. Die Fraktion der CDU/CSU wird entsprechend der bereits vor einem Jahr deutlich abgegebenen Zusicherung die Stabilität unserer Währung und Wirtschaft niemals dem Tempo der Wiederbewaffnung opfern. Wenn es sich also herausstellt, daß die Aufstellung der deutschen Bundeswehr in dem auch von uns angestrebten Zeitraum trotz äußersten Einsatzes nicht zu schaffen ist, dann hat dieses auch von uns voll und ganz angestrebte Ziel hinter der Sicherung der Währung zurückzutreten.
    Ich darf hier im Namen meiner Fraktion gegenüber in der letzten Zeit manchmal zu Unrecht erhobenen Vorwürfen unserer Verbündeten zum Ausdruck bringen, daß wir uns im Rahmen der uns gesetzlich und verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Möglichkeiten nach wie vor mit aller Kraft und Entschiedenheit bemühen werden, die Einhaltung des vereinbarten Termins innerhalb der Pariser Verträge zu fördern. Es hat aber angesichts der unter Mitwirkung der Besatzungsmächte geschaffenen Verfassung und ihrer Bestimmungen, angesichts der furchtbaren Kriegsopfer- und Flüchtlingslasten und der noch immer nicht beseitigten Zerstörungen auf deutschem Boden niemand im Ausland ein Recht, unseren guten Willen und unsere Entschlossenheit zu bezweifeln, das Äußerste für unsere eigene Sicherheit und die Sicherheit der westlichen Welt beizutragen.
    Es ist wohl andererseits bis jetzt keinem Mitglied dieses Hohen Hauses verborgen geblieben, wie sehr von seiten der NATO auf einen höheren deutschen Verteidigungsbeitrag gedrängt wird. Der Bundesfinanzminister steht demnächst in Paris vor sehr schwierigen Verhandlungen. Auch das sollte hier entsprechend gewürdigt werden. Ich bin überzeugt, er fährt, bestens ausgerüstet mit den Unterlagen über die Lasten, die Deutschland bis jetzt aufgebracht hat und die wir künftig noch aufbringen müssen, zu diesen Gesprächen.
    Auf Seite 193 der „Vorbemerkungen" wird in den Erläuterungen zum Kriegsfolgenschlußgesetz wörtlich erklärt:


    (Dr. Vogel)

    Es ist in der Begründung zum Gesetzentwurf darauf hingewiesen und durch Zahlen im einzelnen belegt, daß die Leistungen, welche die Gesamtheit der Steuerzahler zum Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft und in Erfüllung sonstiger kriegsbedingter Lasten aufgebracht hat, vermutlich über alles hinausgeht, was jemals in der Geschichte von einem Volk in ähnlicher Lage vollbracht worden ist. Von 1950 bis einschließlich 1955 haben die mit dem Ziel des Wiederaufbaus der Wirtschaft aus öffentlichen Mitteln erbrachten Leistungen über 19 Milliarden DM und die sonstigen Kriegsfolgelasten . . . . über 34 Milliarden DM betragen. Nicht berücksichtigt sind dabei die Verteidigungs- und Besatzungslasten, die bis Ende 1955 46,5 Milliarden DM betragen haben.
    Meine Damen und Herren, das deutsche Volk hat in diesen Jahren also insgesamt den Betrag von rund 100 Milliarden DM an Wiederaufbauleistungen, kriegsbedingten Belastungen und Besatzungskosten aufgebracht. Man sollte auch im Ausland bei der Betrachtung der deutschen finanziellen Leistungsfähigkeit diese gewaltige Summe nicht ganz übersehen. Die Mitglieder der Haushaltsgruppe, die in Washington mit Experten des State Department sprachen, hatten den Eindruck, daß man dort vor allem das neue Problem der Sowjetzonenflüchtlinge überhaupt noch nicht oder noch nicht in seinem vollen Umfang beobachtet hat. Zu den 600 000 Sowjetzonenflüchtlingen der vergangenen Jahre werden sich in diesem Jahr vermutlich 300 000 neu hinzugesellen, für deren Unterbringung und Unterstützung wir Hunderte von Millionen neu aufzubringen haben. Das bedeutet: Zu dem keineswegs völlig gelösten Problem der Inarbeitbringung und Umsiedlung von 9,5 Millionen Heimatvertriebenen aus dem Jahre 1945 bis 1946 tritt das neue Problem von fast 1 Million Sowjetzonenflüchtlingen hinzu.
    Bei der Betrachtung deutscher Steuerlasten wird im Ausland ebenso völlig übersehen, daß das Lastenausgleichsaufkommen im laufenden Haushaltsjahr 1955 rund 4,4 Milliarden DM erreichen wird. So glücklich wir auf der einen Seite sind, mit einem so gewaltigen Betrag den Heimatvertriebenen helfen und unter die Arme, greifen zu können, damit sie sich eine neue Existenz aufbauen können, so sehr drückt auf der andern Seite die Last der Aufbringung dieser 4,4 Milliarden DM auf den Schultern derer, die sie nun einmal zu zahlen haben, und wer hätte 1949/50 überhaupt mit einer solchen Summe zu rechnen gewagt!
    Die Aufbringung dieser gewaltigen Lasten verdanken wir der einzigartigen Arbeitsleistung des deutschen Volkes, dem Glück einer in dieser Höhe und auch in dieser Dauer sicher nicht erwarteten Konjunktur des gegenwärtigen Jahres und der ausgezeichneten Konjunktur der vergangenen Jahre seit der Währungsreform. Die Bundesregierung darf mit Recht für sich in Anspruch nehmen, daß ihre entschlossen und geradlinig verfolgte Politik der freien Marktwirtschaft entscheidend dazu beigetragen hat. Auf der weiteren Steigerung des Bruttosozialprodukts um mindestens 7 bis 8 % baut die Vorschätzung der Steuererträge des Jahres 1956 auf.
    Leider haben wir trotz unbestreitbarer wirtschaftlicher Erfolge und trotz dieser unerhörten Arbeitsleistung — nun komme ich auf einen sehr wichtigen Punkt — noch nicht im entferntesten die
    Vermögensverluste während des Krieges und während der Währungsverfallszeit ersetzen können. Das deutsche Volk lebt gegenwärtig fast allein von seiner Arbeitsleistung, seinem Erfindungsgeist und seiner Organisationsgabe. Gleicht sich aber diese seine Arbeitsleistung der unserer hauptsächlichsten Konkurrenten auf dem Weltmarkt langsam an, d. h. sollte sie von Jahr zu Jahr sinken, ohne daß durch entsprechend große Rationalisierungsinvestierungen nach amerikanischem Stil dieser Vorgang aufgefangen oder ausgeglichen werden kann, dann entscheidet in der Zukunft bei freiem Wettbewerb auf den Weltmärkten das Kapital der Wettbewerber den Kampf um die Aufträge. Damit aber geraten wir in den Lieferungsbedingungen bei der Finanzierung von Exportaufträgen in eine fatale Unterlegenheit gegenüber den unvergleichlich kapitalstärkeren Wettbewerbern auf dem Weltmarkt. Ich weiß nicht, ob man sich in allen Teilen des deutschen Volkes dieser Entwicklung voll bewußt ist. Es ist wohl an der Zeit, in einem Augenblick daran zu erinnern, wo zum erstenmal seit der stürmischen Exportentwicklung der letzten fünf Jahre die Einfuhren die Ausfuhren — im letzten Vierteljahr 1955 — zu überwiegen beginnen. Wie schnell stolze Devisen- und Goldvorräte schwinden können und welche Konsequenzen sich sofort auf dem Gebiet des Lebensstandards und auch der Steuern daraus ergeben, dafür liefert die Entwicklung Englands im letzten halben Jahr ein eindrucksvolles Beispiel.
    Wir können auch nicht daran vorbeigehen, noch einmal zu unterstreichen, was der Bundesfinanzminister in diesem Zusammenhang auch zu der deutschen Lohn- und Preisentwicklung sagte. Wir wollen es hier von seiten der CDU/CSU völlig klarmachen: Die CDU/CSU ist der Überzeugung, daß Löhne mit wachsenden Gewinnen gleichfalls steigen sollen. Wo Löhne ohne Preissteigerungen aus den Gewinnen heraus verkraftet werden können, wo die Produktivität eines Betriebs entsprechend wächst, sind Lohnerhöhungen durchaus gerechtfertigt. Wir halten dagegen mit der Regierung jede Übersteigerung der Löhne für eine sinnlose Ingangsetzung der Lohn- und Preisspirale.

    (Abg. Dr. Gülich: Bisher war es eine PreisLohn-Spirale!)

    — Das wollen wir nicht unbedingt sagen; denken Sie an den Bauarbeiterstreik von vor zwei Jahren!
    — Darüber hinaus nehmen meine Freunde mit Stolz für sich in Anspruch, nicht nur in dieser Frage, der Forderung nach gerechten Löhnen, sondern auch in den Fragen der Mitbestimmung und der Gewinnbeteiligung hervorragende Beiträge geleistet zu haben.
    In überzeugenden Darlegungen und Statistiken der Vorbemerkungen zum Haushalt wird das Schritthalten der Sozialleistungen in den Haushalten von Bund und Ländern mit dem Wachstum des Bruttosozialprodukts absolut unter Beweis gestellt. Die Sozialleistungen wuchsen von 8,2 Milliarden 1951 auf 11,7 Milliarden 1954 an und sind seitdem weiter gewachsen. Sie machen ziemlich gleichbleibend in diesen Jahren 7 bis 8 % des Bruttosozialprodukts aus. Wir wenden uns aber seitens der CDU/CSU mit Entschiedenheit gegen jede Unterstellung, als ob bis zum heutigen Tage die Aufbringung für Sozialleistungen zugunsten des Verteidigungsbeitrags vernachlässigt worden sei. Wir wenden uns gegen jede Unterstellung, als ob hier in irgendeiner Form der Versuch unternommen worden sei, das Schicksal der Ärmsten


    (Dr. Vogel)

    der Armen dem Tempo der Aufrüstung unterzuordnen. Wir haben das bis jetzt nicht getan, und
    wir gedenken das auch in der Zukunft nicht zu tun.

    (Beifall in der Mitte.)

    Auch die Opposition hat vor diesem Hohen Hause versichert, daß die Bundesrepublik ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen habe. Die Vertragstreue aber schließt Verteidigungsleistungen in der bekannten Höhe in sich. Man kann nicht das eine als unvermeidlich ansehen und das andere ablehnen. Darüber hinaus haben wir uns von seiten der CDU/CSU in den letzen Jahren gradlinig und unverrückbar zu der Überzeugung bekannt, daß ohne die Schaffung äußerer Sicherheit auch die von uns genauso geforderte soziale Sicherheit im Innern eben nicht gewährleistet werden kann.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wir haben unbestreitbar in der Versachlichung der Diskussion über die Außenpolitik und auch über die Wirtschaftspolitik sehr erfreuliche Fortschritte gemacht. Ich denke hier vor allen Dingen an die Konjunkturdebatte, die wir in Berlin miteinander geführt haben. Ich denke auch — mit besonderem Vergnügen — an die letzte außenpolitische Debatte und ihren sachlichen Inhalt, und ich nehme an, daß wir auch die künftigen Beratungen über die sachlichen Notwendigkeiten eines Verteidigungsbeitrags in dem gleichen Sinne eines Versuchs, uns sachlich gegenseitig zu überzeugen, führen können und werden.
    Wer aber das überblickt, was allein im Rahmen der 5,2 Milliarden und der 8,8 Milliarden an Verteidigungsausgaben in diesem Jahr und im nächsten Jahr an neuen Aufgaben auf Bund, Länder und Gemeinden zukommt, wird sich besorgt die Frage nach der Methode der Bewältigung dieses Sonderproblems vorlegen. Die Verwaltung steht hier vor einer unerhört schwierigen Aufgabe. Sie wird sich in den nächsten vier Jahren erst zu bewähren haben. Nicht etwa eine seit Jahren eingespielte und persönlich zusammengeschweißte Verwaltung, sondern eine Verwaltung — nämlich das Bundesverteidigungsministerium —, die sich jetzt erst neu aufbaut und bereits während ihres eigenen Aufbaus Milliardenbeträge sinnvoll und sparsam verausgaben soll, das ist das besondere Problem, vor dem wir im nächsten Haushaltsjahr und in den kommenden Haushaltsjahren stehen werden. Es handelt sich nämlich keineswegs allein um das im Aufbau befindliche Bundesverteidigungsministerium und die ihm nachgeordneten Behörden, sondern auch um die mitbeteiligten Ministerien, z. B. — um nur einige herauszugreifen — das Bundesfinanzministerium und das Bundeswohnungsbauministerium. Eine Reihe ungemein schwieriger organisatorischer Fragen muß in allernächster Zeit hier gelöst werden. Ich spreche nicht nur von dem Aufbau des zivilen und militärischen Teils des Verteidigungsministeriums und seiner Unterorganisationen, sondern von der noch schwierigeren Frage der Organisation des Beschaffungswesens, der Entwicklung der Landbeschaffung, der Aufschließung für die notwendigen Neubauten, von der Umsetzung von Betrieben und von Familien aus Wehrmachtbauten in neu zu schaffende Neubauten, von der Ersatzbeschaffung von Land für Enteignete und von der sinnvollen, der gesamten Wirtschaftskonjunktur angepaßten Errichtung der militärischen Bauten selbst.
    Leider scheinen alle diese Fragen bis vor wenigen Wochen noch ein wenig dilatorisch behandelt worden zu sein. Auch im Bundeswirtschaftsministerium hat man wohl die Schwierigkeiten der reinen Organisation des Beschaffungswesens unterschätzt. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Mit der vielleicht 15 Mann umfassenden Prüfungsabteilung im Bundeswirtschaftsministerium ist überhaupt nicht daran zu denken, die Riesenarbeit der Nachprüfung von Millionen von einzelnen Preisen auf ihre Angemessenheit und Vertretbarkeit hin durchzuführen. Ohne hier einen Maßstab anlegen zu wollen, möchte ich Ihnen einmal das sagen, was wir im Pentagon in Washington vorgefunden haben. Dort arbeitet bei einem völlig eingearbeiteten Beschaffungswesen ein Heer von nicht weniger als 6000 Prüfern an der Kontrolle der Preise, die von den Firmen vorgelegt werden.
    Herr Kollege Schmidt (Hamburg) hat gestern hier an dieser Stelle sehr zutreffend die enormen Schwierigkeiten der Gewinnung von fachkundigen und erfahrenen Personen für die Herstellung und Prüfung von Ausschreibungen zur Beschaffung der vielen Millionen Einzelstücke der Wehrmachtausrüstung geschildert. Wer die bis heute noch unerledigten Tausende von Fällen von Grundstücksenteignungen aus der nationalsozialistischen Ära bei Wehrmacht- und Autobahnbauten vor sich sieht, weiß auch um die mehr als mühevolle und zeitraubende Arbeit, die notwendigen Grundstücke überhaupt zusammenzubekommen. Da wir alle gemeinschaftlich verlangen und fordern, es sollten dabei die Normen unseres Rechtsstaates absolut gewährleistet bleiben und es sollte auch niemand geschädigt werden, müssen diese unvermeidlichen Landbeschaffungen zeitraubender, schwieriger und darum auch kostspieliger werden. Was man deshalb hier an zusätzlichem Personal rechtzeitig braucht, wird von uns sicherlich bewilligt werden.
    Ist aber diese Aufgabe insgesamt — ich spreche hier vor allem die Landbeschaffung und die Bauten selbst an — mit den herkömmlichen Verwaltungsmethoden allein zu meistern? Oder sollten nicht Bundesverteidigungsminister und Bundesfinanzminister gemeinschaftlich überlegen, wie man ihr so unbürokratisch, so praktisch und so sparsam wie möglich zu Leibe rücken könnte? Es ist eine zeitlich zu überschauende Leistung, und sie kann deshalb auch zu einem großen Teil mit Angestellten und braucht nicht unbedingt mit Beamten auf Lebenszeit bewältigt zu werden. Wir wollen hier — ich glaube, das ist wohl auch die einhellige Überzeugung dieses Hauses — unter keinen Umständen im Gefolge der Verteidigungsbauten einen später überflüssigen, zusätzlichen neuen Beamtenapparat schaffen.
    Man wird um so billiger bauen, je rechtzeitiger man plant und je mehr Mittel man auf weite Sicht vergibt. Das, was ich vorher bereits als „goldene Worte" in den „Vorbemerkungen" hinsichtlich des Straßenbaus zitierte, gilt noch in viel stärkerem Maße für die zu bauenden Unterkünfte der Wehrmacht. Manche von uns saßen vor wenigen Tagen mit den Spitzen der deutschen Bauwirtschaft in einem Gespräch zusammen. Wir hörten dort, daß eine noch unausgenutzte Kapazität von ca. 20 %, die uns glaubwürdig nachgewiesen wurde, selbst im Hochbau liege, wenn nur diese Bauten maglichst gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt rechtzeitig geplant würden. Ein Unternehmer aber, der sich nicht bei einer Ausschreibung einen bestimmten Bauauftrag auf Jahre hinaus sichern kann, wird sich niemals die notwendigen, auch Preise und Kosten sparenden Maschinen anschaf-


    (Dr. Vogel)

    fen, die er für eine solche Bauausführung braucht. Wenn diese Kalkulation auch vom Bundesfinanzminister in seinen Vorbemerkungen als richtig anerkannt wird, sollte man sich auch beizeiten über die Form einer Finanzierung solcher Großbauten über ein Haushaltsjahr hinaus einigen.

    (Abg. Dr. Gülich: Sehr gut!)

    Man kennt den Bedarf. Wir werden ja auch darauf noch sehr ausführlich in der gemeinsamen Sitzung zu sprechen kommen müssen. Denn, Herr Professor Gülich, es ist meine feste Überzeugung, daß wir mit den bisherigen Vorschriften der Haushaltsordnung mit einem solchen Riesenproblem einfach nicht gut fertig werden können.

    (Abg. Dr. Gülich: Vollkommen richtig!)

    Man kennt also den Bedarf. Es handelt sich darum, ihn sinnvoll und unter Vermeidung neuer Engpässe beim Baumaterial und bei den Bauarbeiten auf Jahre hinaus zu verteilen, unter Vermeidung eben von Engpässen, die wir ja bereits auch in diesem Jahr schon zu spüren bekommen haben, obwohl wir jetzt noch keineswegs irgendwelche Ausgaben für diesen Zweck geleistet haben.
    Die öffentliche Hand ist hier in einer unvergleichlich viel besseren Lage als der Privatunternehmer, weil sie hier besser planen kann. Der Bundesfinanzminister kann hier viel Geld sparen, wenn er über seinen eigenen Schatten springt und durch eine rechtzeitige Vorlage seiner Pläne und derjenigen des Bundesverteidigungsministeriums vor dem Haushalts- und dem Sicherheitsausschuß Zweckbindungen oder Vorbescheide über ein Haushaltsjahr hinaus ermöglicht.

    (Abg. Dr. Gülich: Ein so guter Springer ist er nicht!)

    — Nun, über seinen eigenen Schatten wird er es vielleicht fertigbringen.
    Wir sind mit dem Bundesfinanzminister völlig darin einig, daß eine Überhitzung der Baukonjunktur mit allen ihren Wirkungen auf andere Zweige der Wirtschaft durchaus vermieden werden kann. Was die Verwaltung dafür braucht, soll ihr nicht verweigert werden. Der Bundesfinanzminister sollte sich als ein weitschauender Koordinator, aber nicht als ein Diktator der beteiligten Ressorts fühlen. Ich sehe hier vor allem auch eine große und überragende Aufgabe des Verteidigungskabinetts im Rahmen der Bundesregierung. Wir lieben keine Ressortstreitigkeiten vor den Ausschüssen dieses Hohen Hauses. Gerade in den letzten Monaten aber schien es uns manchmal an der notwendigen — ich will mich vorsichtig ausdrücken — rechtzeitigen Abstimmung zwischen den an der Verteidigungsaufgabe hauptbeteiligten Ressorts zu fehlen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich hoffe, es bedarf nur dieses Hinweises und der dahinter stehenden Mahnung meiner Freunde, um hier den von uns gewünschten Wandel zu schaffen.
    Damit bin ich aber auch zugleich, meine Damen und Herren, bei einer der Fragen angelangt, die breiteste Schichten unseres Volkes heute im Zusammenhang mit der Verteidigung am meisten interessieren. Es wird zum Teil, manchmal auch ein wenig geflissentlich, mit der Unterstellung gearbeitet, die Unterkünfte der Wehrmacht würden auf Kosten des Wohnungsbaus gebaut. Wer sich die für den Wohnungsbau im Haushalt 1956 angesetzten
    Mittel dagegen anschaut, weiß, daß das unwahr ist. Es sind alle Vorkehrungen getroffen, und der Wohnungsbauminister hat die notwendigen Vorwegbewilligungen zugesichert erhalten, um das Rekordvolumen von rund 550 000 neuen Wohnungen des vergangenen Jahres und des Jahres 1954 auch für 1956 zu sichern. Wie ich gerade gestern abend noch im Radio hörte, hat inzwischen der Wohnungsbauminister Dr. Preusker den Ländern bereits mitgeteilt, was sie 1956 von ihm angewiesen erhalten.
    Meine Freunde sind aber keineswegs länger gewillt, Jahr für Jahr weitere Milliardenbeträge an Steuergeldern für Wohnungsbauten im Kollektiveigentum zu bewilligen.

    (Beifall bei den. Regierungsparteien.)

    Rund 80 % von den bisher dafür ausgegebenen
    15 Milliarden DM sind an rund 2000 Wohnungsbaugesellschaften geflossen. Wir wollen an Stelle
    eines unkontrollierbaren Kollektivwohnungsvermögens eine möglichst breite Schicht von Eigenheimbesitzern und Wohnungseigentümern schaffen.

    (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Im Besitz von Eigenheimen und Eigenwohnungen sehen wir einen der Schutzwälle gegen den das Eigentum verneinenden Kommunismus.
    Wir sind aus dem gleichen Grunde erfreut über die Zusicherung einer Entschuldungsaktion für die neu aufgebauten Wirtschaftsbetriebe von Heimatvertriebenen und die Zinsverbilligungs- und Bürgschaftsaktionen für den gewerblichen Mittelstand. Gerade beim Durchlesen der Vorbemerkungen — ich konnte dabei in drei Nächten allerdings nur etwa 200 Seiten DIN A 4 von 620 Seiten überfliegen — fand ich die sehr interessanten Statistiken über Investitionen und Vermögensbildungen der öffentlichen Hand. Man muß sie in die richtige Relation setzen zu den Investitionen der Industrie, um die Entwicklung des mittelständischen Vermögens nach der Währungsreform zutreffend beurteilen zu können. Danach kann aber kein Zweifel an dem Zurückbleiben des mittelständischen Vermögens gegenüber dem kräftig mit der Konjunktur fortschreitenden Vermögen der öffentlichen Hand einschließlich der Sozialversicherungsgesellschaften auf der einen Seite und der Industrie auf der anderen Seite, von Banken und Versicherungsgesellschaften ganz zu schweigen, bestehen. Wir werden also von unserer Seite aus sehr nachdrücklich weitere Maßnahmen der öffentlichen Hand, vorab des Bundes, zugunsten der Eigentumsbildung des Mittelstandes und seiner Existenzerhaltung zu fordern haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir sehen nach wie vor in der größtmöglichen Zahl selbständiger Existenzen des Mittelstandes die gesündeste Basis unseres Staates.
    Wenn schon — um nur ein Beispiel herauszugreifen — angesichts des sich abzeichnenden Finanzverfassungsgesetzes dem Bundesfinanzminister bei der Umsatzsteuer kein allzu großer Spielraum mehr bleibt, dann wird man von seiten des Bundes das in seinem Rahmen Mögliche zugunsten einer Senkung der Gewerbesteuer, vor allem durch Heraufsetzung der Freigrenzen, eben tun müssen; denn heute spielt das Gewerbesteueraufkommen bereits eine nicht zu unterschätzende Rolle neben den Einkommensteuern und den Verbrauchsteuern.
    Ich bin mir mit dem Bundesfinanzminister durchaus der sehr unterschiedlichen Lage der Gemein-


    (Dr. Vogel)

    den und Städte hinsichtlich ihres Gewerbesteueraufkommens bewußt. Selbst zwischen den Großstädten ergeben sich erstaunlich große Divergenzen, z. B. zwischen den Ruhrgroßstädten und solchen Gewerbezentren wie Stuttgart und Frankfurt. Allein dieser Umstand scheint doch die Forderung nach genaueren, einheitlicheren und übersichtlicheren Haushaltsvergleichen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu rechtfertigen.

    (Abg. Dr. Gülich: Sehr gut!)

    Ich für meine Person hätte nichts gegen eine Beteiligung der Gemeinden auch an den Einkommensteuern,

    (Abg. Dr. Gülich: Sehr gut!)

    wenn dies verfassungsrechtlich mit den Ländern auszuhandeln wäre. Dies würde dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit weitaus mehr entsprechen als das bisherige System des Kommunalausgleichs innerhalb der Länder, bei dem die finanzschwachen ihrerseits wiederum von den finanzstarken Ländern und dem Bund abhängen. Es ist bei uns so manches wunderschön kompliziert, auch da, wo es im besten demokratischen Sinne wahrhaftig nicht kompliziert zu sein brauchte.

    (Sehr wahr! in der Mitte und rechts.)

    Darf ich hier eine Bemerkung über das Verhältnis von Bund und Ländern überhaupt einschieben. Das Bestreben der Länder an sich, ihre Investitionsvorhaben an öffentlichen Bauten finanziell möglichst ungestört und auch in den nächsten Jahren reibungslos durchzuführen, finde ich durchaus verständlich. Daß uns als Bundestagsabgeordneten die einseitige Regelung innerhalb unserer Verfassung nicht gefällt, wonach die Länder über den Haushalt des Bundes mitzubestimmen haben, ohne daß der Bund auch nur die geringste Einsicht in die Haushalte der Länder, geschweige denn ein Mitspracherecht besäße,

    (Abg. Dr. Gülich: Sehr gut!)

    das sollte umgekehrt auch den Ländern verständlich sein.

    (Sehr gut! Sehr richtig! bei der CDU/ CSU. — Abg. Niederalt: Der Bundesrat ist ja auch Bundesorgan!)

    — Lieber Kollege Niederalt, nun komme ich noch zu einem viel schwierigeren Kapitel. Wenn ich das jüngste Ergebnis des Vermittlungsausschusses, der gestern getagt hat, bereits als durch den Bundesrat angenommen einmal annehme, dann will es mir scheinen, daß hier ein Kompromiß auf dem Rücken des Steuerzahlers geschlossen worden ist.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Die Länder sichern sich ein Höchstmaß an Einkommen- und Körperschaftsteuern. Der Bund wird sozusagen direkt darauf gestoßen, bei seinen später wachsenden Bedürfnissen eine Ergänzungsabgabe zu erheben, d. h. eine neue Steuer einzuführen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Ich für meine Person möchte hier gern einmal die voraussichtliche Reaktion des normalen Steuerzahlers vorwegnehmen. Ihm ist es wohl in der großen Masse völlig gleichgültig, ob er dem Bund oder dem Land Steuern zu zahlen hat. Für ihn ist mit Recht allein die Höhe seiner Steuern ausschlaggebend.

    (Abg. Frau Rösch: Sehr richtig!)

    Es wird ihm nun auch in der Rede des Bundesfinanzministers mit eindrucksvollen Zahlen ein Investitionsspielraum der Länder von rund 2,9 Milliarden DM vorgerechnet. Es wird weiter ein Schuldenzuwachs von 11 Milliarden DM einem Vermögenszuwachs der Länder von 23,4 Milliarden DM gegenübergestellt. Der deutsche Steuerzahler liebt an sich schon gar nicht derartige Vermögenszusammenballungen in der öffentlichen Hand. Noch weniger Verständnis aber hat er meinem Empfinden nach dafür, daß ihm in Aussicht gestellt wird, künftig an den Bund eine neue Steuer abzuführen, nur damit die Steuererträge der Länder und Gemeinden weiter steigen können. Läge es nicht vielmehr bei anerkannt wachsenden Ausgaben des Bundes und gleichbleibenden der Länder statt dessen nahe, den Bundesanteil in sinnvoller Weise entsprechend zu erhöhen? Ich wiederhole, daß ich hier für meine Person spreche. Vielleicht erinnert man sich aber beim Inkrafttreten der in diesem Vermittlungsvorschlag vorgesehenen Revisionsklausel an derartig einfache Überlegungen einmal im Jahre 1958. Nebenbei bemerkt hat es auch innerhalb der Weimarer Zeit keinen Dauerfrieden zwischen Reich und Länder auf finanziellem Gebiet gegeben, sondern, wenn ich mich nicht täusche, nicht weniger als 15 mehr oder weniger mangelhafte Kompromisse auf Zeit. Nichts scheint in dieser Welt so schwierig zu sein wie eine Einigung zwischen Finanzministern.

    (Abg. Dr. Gülich: Reden Sie mit Tapolski!)

    — Herr Kollege Gülich, waren Sie nicht auch einmal bei dieser Zunft?
    Lassen Sie mich jetzt nach dieser Anmerkung noch einiges aus dem Haushalt 1956 hervorheben. Ich gebe meiner ganz besonderen Freude über die für den Straßenbau zu erwartenden Leistungen Ausdruck. Wenn es die Offa schaffen sollte, die für 1956 bestimmten 115 Millionen DM der Autobahnen entsprechend aufzustocken, werden für Bundesstraßen und Autobahnen rund 800 Millionen DM zur Verfügung stehen. Das ist endlich einmal ein Betrag, der der Größe des Notstandes auch annähernd entspricht. Vielleicht gelingt es, mit der vorgesehenen organisatorischen Zusammenfassung der Bauabschnitte sogar noch zu einer wesentlichen Beschleunigung der Bauten selbst zu gelangen, damit nicht gerade in den Sommermonaten der Reiseverkehr am meisten gehemmt wird. Der Haushaltsausschuß hat vor wenigen Tagen dem Antrag meiner Freunde entsprochen, im Vorgriff auf den Haushalt 1956 eine Bindung von rund 301 Millionen DM dieser Straßenbauansätze bereits ab 1. Januar 1956 zuzulassen. Damit wird praktisch die Planung und Ausschreibung für einen sehr großen Teil der Bundesstraßen und Umbauten in das entscheidende Vierteljahr im Winter 1956 vorverlegt. Dadurch wird nicht nur eine sinnvollere Ausnutzung der Arbeitskraft und Maschinen bewirkt, sondern auch eine bessere Jahresdurchschnittsleistung bei den Stein- und Schotterwerken sowie den anderen Hauptlieferanten ermöglicht.
    Beinahe ebenso erfreulich ist, was uns bereits vorher über die diesjährige Entwicklung der Bundesbahn mitgeteilt werden konnte. Wir kennen die sehr vorsichtige Beurteilung der Bundesbahnfinanzen durch ihre eigenen Finanzexperten. Angesichts dieser Entwicklung aber ist auch die Frage der vielfachen Zuschüsse, Zuwendungen und Steuerverzichte im Haushalt 1956 zugunsten der Bundesbahn in ein völlig neues Licht gerückt. Wir werden


    (Dr. Vogel)

    diese Frage noch sehr ernsthaft zu prüfen haben. Immerhin rückt jetzt das Problem der von uns seit langem geforderten Konsolidierung der Bundesbahn in eine greifbarere Nähe. Wir werden uns, glaube ich, schon im Jahre 1956 oder 1957 damit befassen können. Selbst wenn im nächsten Jahr die Massentransportkonjunktur weiter anhält — und die Maßnahmen zur Beschränkung der Gütertransporte werden sich ja erst nach fünf Jahren auswirken —, teile ich nicht ganz den Optimismus des Bundesfinanzministers und erst recht nicht den meines sonst sehr verehrten Kollegen Dr. Wellhausen hinsichtlich der Erreichung eines ausgeglichenen Bundesbahnhaushalts schon in diesem oder vielleicht im nächsten Haushaltsjahr. An eine Ablieferung der Beförderungsteuer an den Bund wagen ja wohl auch kühne Träumer kaum zu denken. Mir scheint das Problem der Eisenbahn heute nicht nur ein deutsches, sondern ein europäisches, ja vielleicht sogar ein internationales Sorgenproblem zu sein. Wir werden wohl froh sein müssen, die Hunderte von Millionen für Bundesbahnzuschüsse in Zukunft zur Lösung anderer Aufgaben verwenden zu können. Ich denke hier voller Sorge an das Problem des deutschen Wasserhaushalts und die völlig unzulänglichen Mittel, die wir bislang dafür in den Haushalt einstellen konnten. Ich halte energische Maßnahmen zur Erhaltung des deutschen Wasservorrates — auf weite Sicht gesehen — für mindestens ebenso wichtig für eine weitere Entwicklung unserer Wirtschaft wie z. B. die Steigerung der Kohlenproduktion oder das vom Bundesfinanzministerium mit gutem Recht hervorgehobene Problem der kernphysikalischen Forschung und des künftigen Baues von Atommeilern und -kraftwerken. Niemand wird die hier genannten Mittel im kommenden Haushaltsjahr als üppig bezeichnen. Da uns aber ein ausgewachsenes neues Atomministerium angekündigt wurde, werden wir dort wohl die entsprechenden Summen für die unbedingt notwendige Einholung der Fortschritte anderer Nationen vorfinden. Wir sind da auf einiges gefaßt, werden aber über den Notwendigkeiten der heute uns so sehr auf die Haut gerückten kernphysikalischen Forschung nicht die ebenso notwendige, vielleicht in manchen Bezirken noch notwendigere Grundlagenforschung und Forschung auf anderen Gebieten der Wissenschaft vernachlässigen. Der Haushaltsausschuß hat ja von jeher eine verständliche Schwäche für die Archäologie gezeigt

    (Abg. Schoettle: Sie blicken dabei zu mir herüber, Herr Kollege!)

    — ich glaube, diese Schwäche teilen Sie mit anderen, Herr Kollege Schoettle! —, aber er hat sich, glaube ich — das kann er mit Recht von sich sagen —, in den letzten Jahren niemals auch den anderen Anliegen der Wissenschaft versagt, und er wird das auch in Zukunft nicht tun, auch wenn ihm manchmal bei den Anforderungen der Vielzahl von nicht immer bedeutungsvollen Forschungsinstituten im Bereich des Bundesernährungsministeriums und des Bundesinnenministeriums diese Sache ein wenig schwer gemacht wird.
    Lassen Sie mich nun gegen Schluß noch ein Wort über die Vermögenslage des Bundes und über die vielleicht noch wichtigere Frage der Bundesschuldensituation sagen, bevor ich mich am Ende mit noch einigen Kernproblemen der Investitionen befasse. Es kommt uns vielleicht erst jetzt beim Haushalt 1956 die wachsende Schuldenlast des Bundes recht zum Bewußtsein. Sie drückte sich bislang nur in einem im Vergleich zu anderen Ländern verschwindenden Prozentsatz an Zins- und Amortisationsleistungen im Haushalt aus. Das wird in Zukunft wesentlich anders werden, wenn das Kriegsfolgenschlußgesetz, das Rückerstattungsgesetz und die vom Bundesfinanzminister bereits angekündigten Gesetze über die Tilgung von Ausgleichsforderungen in Kraft gesetzt werden. Die bis jetzt 20 Milliarden Bundesschulden, die in den Vorbemerkungen auf Seite 610 in einer zusammengefaßten Statistik uns aufgeführt werden, dürften sich in den nächsten Jahren sehr rasch verdoppeln. Um so größere Aufmerksamkeit sollten wir deswegen auf der anderen Seite den Erträgen des Bundesvermögens zuwenden. Wir glauben, daß diese Erträge auch im kommenden Haushaltsjahr immer noch unverständlich gering ausfallen. Wir wollen hier deswegen den Herrn Bundesfinanzminister mit allem Nachdruck an die nunmehr schon seit zwei Jahren erhobene Forderung erinnern, doch mehr als bisher um angemessene Erträge aus diesem Bundesvermögen besorgt zu sein.
    Wir wiederholen auch noch einmal nachdrücklich eine zweite Forderung. Der Bundesfinanzminister möge sich gerade im kommenden und im folgenden Haushaltsjahr verpflichten, neu zu erwerbende Liegenschaften soviel wie möglich durch Abstoßung anderer Liegenschaften oder Teile des Bundesvermögens zu finanzieren. Die öffentliche Hand wird durch die unvermeidlichen Neubauten an Unterkünften usw. ohnehin automatisch einen erheblichen Vermögenszuwachs erfahren. Wir sind nicht daran interessiert, das Staatsvermögen auf Kosten der Steuerzahler sich noch weiter ausdehnen zu lassen, nachdem die Folgen des ersten derartigen Prozesses von 1935 bis 1945 noch nicht rückgängig gemacht worden sind.
    Noch ein weiteres Wort an den Bundesfinanzminister. Wenn sich der Bundesfinanzminister in seiner Rede und in den Vorbemerkungen auf Seite 10 nachdrücklich gegen eine neue Expansion und Investition der Wirtschaft wendet, so übersieht er den Widerspruch zu dem, was er auf Seite 15 zu Recht angeführt hat, indem er die bevorstehende weitere Anspannung des Arbeitsmarktes ankündigt und dann wörtlich sagt: „Damit gewinnt die Produktivitätssteigerung entscheidende Bedeutung für die weitere Hebung des Lebensstandards." Er sprach hier nämlich von der mit Sicherheit zu erwartenden Verknappung auf dem Arbeitsmarkt. Wie man sich eine weitere Produktivitätssteigerung ohne neue Investitionen vorstellt, möchte ich einmal ganz naiv fragen. Wer z. B. den NovemberBericht der Bank deutscher Länder aufmerksam liest, findet dort sehr beachtliche Angaben über das seit einem halben Jahr stetige Übergreifen der Konjunktur auch auf die Konsumgüterindustrie. Das ist angesichts der wachsenden Zahl der Erwerbstätigen, der Erhöhung der Leistungen für die Rentner und Unterstützungsberechtigten, eines Betrages von 852 Millionen DM allein an Hausratshilfe in einem Etatjahr durchaus natürlich. Die Bank deutscher Länder sagt aber eine eigenständige neue Investitionswelle der Konsumgüterindustrie voraus. Man braucht kein Prophet zu sein, um das gleiche für die Bauwirtschaft voraussagen zu können. Das alles wird uns zwingen, der Frage der Beschaffung von Arbeitskräften im kommenden Jahr eine weitaus größere Aufmerksamkeit zu widmen, als das bislang der Fall war.
    In diesen Wochen vor dem Weihnachtsfest hat sich unverkennbar eine ruhigere Beurteilung der


    (Dr. Vogel)

    Gesamtkonjunktur durchgesetzt. Die Bundesregierung sollte diese kühleren Monate zu einer Überprüfung ihrer organisatorischen Möglichkeiten für eine bessere Koordination der konjunkturpolitischen Lenkungsmöglichkeiten in ihrer Hand nutzen. Es ist leider nicht so, daß bei unserem Volk mit der unleugbar steigenden Sättigung der materiellen Bedürfnisse auch jene innere und so nützliche Gelassenheit gegenüber der Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung gewachsen wäre. Wir leben in einem sehr jungen Staate und sind ängstlich alle miteinander bemüht, uns selbst und das deutsche Volk mit diesem neuen Haus, in dem es wohnt, vertraut und es darin heimisch zu machen. Daß dieses Haus auf der einen Seite offen und noch nicht zugebaut ist, erschwert unser Bemühen unendlich. Aber wir wollen gerade diese Stunde der Konzentration auf unsere innerstaatliche Aufgabe im Rahmen des Haushalts nicht ungenutzt lassen, unsere Hand all denen entgegenzustrecken, die mit uns bereit sind, an der Sicherung und an der Wohlfahrt unseres jungen Staates mitzuarbeiten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)