Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine politischen Freunde haben mich gebeten, Ihnen nach den ausführlichen Darlegungen der Vorredner noch einige Hinweise zu geben. Wir werden in den Ausschüssen über die vielen hier angeschnittenen Fragen noch eingehend zu sprechen haben.
Wir wiederholen eingangs das, was wir bei Verabschiedung des Freiwilligengesetzes gesagt haben: daß es, für uns jedenfalls, ohne jeden Zweifel zweckmäßiger, weil folgerichtiger, gewesen wäre, wenn das Soldatengesetz — das wurde von den beiden Vorrednern hier schon erwähnt — gleichzeitig mit dem Freiwilligengesetz vorgelegt worden wäre. Dann hätten sich nämlich das Plenum und die Ausschüsse des Bundestages schon seit Wochen mit dieser grundlegenden Materie beschäftigen können. Ich glaube auch, daß manche von den sehr schiefen Diskussionen und Veröffentlichungen der Dienststelle Blank und des Nachfolgers hätten vermieden werden können, die dem gesamten Vorhaben nach unserer Auffassung nur geschadet haben.
Hinzu kommt ein zweites. In § 1 dieses Entwurfs ist nämlich von „Vorgesetzten" die Rede. Dabei fällt doch auf, daß in dem gesamten Entwurf eine Bestimmung fehlt, wer der oberste Befehlshaber der Streitkräfte eigentlich ist. Meine politischen Freunde empfinden dies als eine Lücke und als einen ausgesprochenen Mangel, weil dieses Gesetz, wenn es erst einmal verwirklicht sein wird, das Gesetzbuch oder, wie Herr Dr. Kliesing gesagt hat, das Grundgesetz des Soldaten schlechthin sein soll, in dem er alles über seine Pflichten, Rechte usw. — auch in dem Sinne, wie es der Herr Bundesverteidigungsminister gesagt hat — finden soll. Man kann dem Soldaten nicht auferlegen, sich eine Gesetzessammlung anzulegen. Deswegen ist es wohl notwendig, hier diese Bestimmung zu treffen.
Nun werden Sie sagen: Das werden sie ja in dem Organisationsgesetz finden, das der Gesetzgeber verlangt hat! Heute ist jedenfalls das Gesetz noch eine Hoffnung. Wir bedauern, daß es bei der ersten Aussprache am 17. Juli dieses Jahres über Grundsatzfragen, über die Regelung der doch nun schon seit März 1954 ausstehenden, ich möchte ausdrücklich sagen, Verfassungsänderungen — dabei befinde ich mich allerdings vielleicht in einem Meinungsgegensatz zu dem Herrn Bundesverteidigungsminister — geblieben ist. Die damalige Koalitionsabsprache hatte die Bundesregierung unter dem Vorsitz des Herrn Bundeskanzlers zum Partner. Da ist von diesen Verfassungsergänzungen und -änderungen gesprochen worden. Dieser ersten Besprechung vom 17. Juli, die die Grundlage geben sollte, ist bisher leider keine weitere gefolgt. Ich würde es sehr begrüßen, wenn der Bundestagsausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit, der sich nach dem Geschäftsplan morgen damit beschäftigen soll, in dieser Frage entsprechend befände. Die Damen und Herren mögen sich daran erinnern, daß wir in diesem besonderen Anliegen seinerzeit dem Wunsch der Bundesregierung gefolgt sind und am 16. Juli das Freiwilligengesetz hier verabschiedet haben. Bis heute ist aber auf Grund dieses Gesetzes in der Tat kein Soldat eingezogen worden. Der ursprüngliche Plan, nach dem der erste Lehrgang für Erzieher und Ausbilder am 1. Oktober 1955 beginnen sollte, kann also gar nicht ausgeführt werden. Ja, ich möchte glauben, daß der ganze erste Zeitplan, der in Aussicht genommen war, über den Haufen geworfen ist.
So haben meine politischen Freunde und ich große Sorge, daß wir demnächst unvorbereitet vor Entscheidungen gestellt werden, deren Grundlagen wir im Parlament, sowohl hier im Plenum wie auch in den Ausschüssen, nicht ausreichend diskutiert haben. Wir bitten daher die Bundesregierung nochmals — ich wiederhole es immer wieder —, die noch ausstehenden Verfassungsergänzungen nunmehr baldigst mit uns zu erörtern.
Das gleiche gilt für das Organisationsgesetz, das ais Grundlage für die weiteren Beratungen — es ist das heute bei allen Vorrednern schon angeklungen — dringend benötigt wird. Wir klagen so oft über die Hetze im Beruf und über die Überlastung infolge der außerordentlichen Beanspruchung durch die Pflichten, die uns unser Mandat auferlegt. Mit Recht, das Gespenst der sogenannten Managerkrankheit geht auch in diesem Hause um. Ich meine, diese Hetze sollten wir im Ablauf der parlamentarischen Arbeit nicht steigern, wenn es nicht notwendig ist; denn sie ist auch politisch gesehen ungesund und unbekömmlich. Es ist zu bezweifeln, ob wir in der Beratung des gesamten Wehrgesetzgebungskomplexes überhaupt weiterkommen, wenn wir nicht in Kürze den Entwurf dieses Organisationsgesetzes vorgelegt bekommen; denn es fehlt eben überall, nicht nur uns in den Ausschüssen, es fehlt auch im Personalgutachterausschuß, wie wir neulich gehört haben. Das Organisationsgesetz fehlt auch im Verteidigungsministerium. Auch das ist ganz offensichtlich und eindeutig. Die rauhe Wirklichkeit belehrt uns, daß manches gute Vorhaben in dieser Richtung in der öffentlichen Meinung zerredet wird. Das schadet der Sache nur.
Wir haben heute von dem Herrn Bundesverteidigungsminister gern gehört, daß parteipolitische Rücksichtnahmen keinen Platz haben sollen. Sie dürfen es auch niemals in einer staatspolitischen Frage, die die Zusammenfassung aller aufbauenden Kräfte zwingend erfordert, damit eine sinnvolle und zweckmäßige Einordnung des — ich darf mir erlauben, es so zu bezeichnen — gesamten militärischen Apparates in unsere demokratische Grundordnung erfolgt. Das erfordert aber ein vertrauensvolles Zusammenwirken aller politischen Kräfte. Ich glaube, gerade die Arbeit im Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit darf in dieser Beziehung Beispiel und Vorbild sein.
Auch dem neuen Bundesverteidigungsministerium wäre mit diesem Organisationsgesetz gedient. Es ist offenkundig, daß es in seiner Arbeit und in seinem Wirken leiden muß, weil es nicht organisch gewachsen ist und nach unserer Auffassung und nach unserer Erkenntnis materiell noch nicht festen Boden unter den Füßen hat. Wir würden daher der Bundesregierung zu Dank verpflichtet sein, wenn sie den begrüßenswerten Weg weiterginge, den der Herr Bundesverteidigungsminister bei der Vorbereitung des Entwurfs des Organisationsgesetzes eingeschlagen hat, indem er Parlamentarier zu sich gebeten hat — die Damen und Herren haben es wahrscheinlich im „Spiegel" gelesen —, um mit ihnen diesen ersten Entwurf zu besprechen. Ich glaube, nur so werden sich Verdächtigungen und Mißverständnisse, die aus der Öffentlichkeit dem Parlament zugetragen werden, ausräumen lassen. Damit wird zugleich der menschliche Kontakt, dessen Fehlen oft als Mangel empfunden wurde, zwischen dem Ministerium und dem entsprechenden Bundestagsausschuß hergestellt und hoffentlich erhalten werden können.
Wir sind aber nicht der Auffassung, die der Herr Kollege Merten hier vorgetragen hat. Wir meinen vielmehr, daß, nachdem die politische Entscheidung über den Beginn — ich sage ausdrücklich: den Beginn — des militärischen deutschen Beitrags im Rahmen der europäischen Verteidigung hier bei der Beratung des Freiwilligengesetzes gefällt ist, nunmehr diese Arbeiten mit der Beratung des Soldatengesetzes ihren Fortgang nehmen son-ten. Die Vorbesprechungen dieses Entwurfs haben im 2. Bundestag schon zu lebhaften und eingehenden Erörterungen geführt. Wir haben dabei in vielen Fragen Übereinstimmung erzielt und in vielen anderen Fragen durch Ausdiskutieren und Ausgleich der Meinungen und Auffassungen ein Kompromiß gefunden. Deswegen sind wir recht erstaunt, daß der vorliegende Entwurf manches nicht und vieles völlig verändert enthält, was wir eigentlich in den Vorbesprechungen schon mehr oder weniger abgesprochen hatten.
Einzelheiten gehören heute nicht hierher; das ist schon angeklungen. Ich erwähne heute nur, daß in diesem Hohen Hause niemand annehmen sollte, die Beratungen über diesen Entwurf könnten etwa in dem Zeitraum erfolgen, den man uns seinerzeit zur Beratung des Freiwilligengesetzes eingeräumt hat. Wir brauchen dazu Zeit, sehr viel Zeit, und ich glaube, wir sind auch verpflichtet, diese Zeit voll in Anspruch zu nehmen, weil es sich hier eben um die, ich darf mal sagen, Lebensgrundlagen des einzelnen Soldaten, nämlich um sein Ein- und Zusammenleben in der soldatischen Gemeinschaft, handelt. Diese eingehenden Beratungen kommen ja doch allen Beteiligten zugute. Das Parlament muß den besten Weg und die zweckmäßigste Lösung finden, um die neue Wehrmacht und den gesamten militärischen Apparat in unsere demokratische Grundordnung einzubauen. Das Bundesministerium für Verteidigung darf weiterhin der vollen Unterstützung des Hauses sicher sein. Vor allem aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, kämen diese eingehenden Beratungen — alle Vorredner haben es anklingen lassen — der Truppe zugute, um die es ja doch geht und die leider so oft — zumindest in der öffentlichen Meinung und in den Diskussionen, die an uns herangetragen werden — vergessen wird. Die Truppe kann und muß ein Gesetz verlangen, das den Angehörigen die Pflichten aufzeigt und ihre Rechte staatsrechtlich sichert. Hier handelt es sich ja doch um ein Gesetz, das den Geist der Truppe entscheidend formt.
Erlauben Sie mir deswegen wenige Einzelheiten. Der § 7 befaßt sich mit dem Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung, wie es in dem Gesetz heißt. Er spricht im ersten Halbsatz aus, daß sich auch der Soldat zur demokratischen Grundordnung „bekennen" muß, und fährt dann in einem zweiten Halbsatz fort, daß er sich „für die Erhaltung dieses Gedankengutes einzusetzen" hat. Ich meine, die Formulierung in dieser Form genügt einfach nicht. Ich bin der Auffassung, daß sich der Soldat nicht nur zur demokratischen Grundordnung bekennen soll — das ist eine Selbstverständlichkeit, und die Aussprache mit den Herren des Personalgutachterausschusses hat ergeben, daß auf diesen Tatbestand selbstverständlich besonderer Wert gelegt wird und werden muß —, nein, die Wehrmacht ist nach meiner Auffassung einer der tragenden Pfeiler unserer demokratischen Grundordnung. Deshalb genügt eine loyale Haltung diesem Staat gegenüber einfach nicht, sondern der Soldat soll die Demokratie schöpferisch bejahen und sie in der uns angemessenen Form zunehmend zu verwirklichen und zu festigen helfen. Das wird aber nur bewirkt werden können, wenn die Streitkräfte, vornehmlich und naturgemäß die Berufssoldaten, Offiziere und Unteroffiziere, und auch die Soldaten auf Zeit, die Demokratie nicht
nur schlechthin anerkennen, sondern mit allen Kräften mit tragen helfen. Hierbei darf es gar keine Halbheiten geben. Unsere Geschichte sollte uns ein eindeutiger und harter Lehrmeister gewesen sein. Deshalb müssen auch alle Absichten und Maßnahmen zur Garantierung eines demokratischen Geistes in diesen neuen Streitkräften und der staatsbürgerliche Unterricht in seiner tragenden Idee darauf hinauslaufen, in jedem einzelnen Mitglied das Gefühl der unbedingten Treue zu diesem demokratischen Staat überzeugungsmäßig und verstandesmäßig zu verankern.
Nur wer diese Verpflichtung erkennt und bejaht, hat nach meiner Auffassung ein Recht, als Berufssoldat in den Streitkräften zu dienen, und nur ein solcher kann dann aus den Pflichten Rechte an die Gesamtheit, nämlich an unseren Staat, herleiten.
Nun zu § 9. Er soll oder will die Gehorsamspflicht regeln und damit die Lösung finden in der Problematik zwischen Befehl und Gehorsam, einer Problematik, meine Damen und Herren, die, wie Ihnen bekannt, auch voller Tragik für sehr, sehr viele Soldaten und einen großen Teil der führenden Soldaten des letzten Krieges ist. Gerade daher werden die Soldaten in dieser Frage eine klare und eindeutige, einfache und allgemein verständliche Formulierung fordern müssen und dann auch dankbarst begrüßen. Aber die im Gesetzestext gefundene Lösung entspricht auch nicht unseren Vorstellungen. Wir würden gern sehen, daß die nach unserer Auffassung treffenden, dabei klaren und guten Formulierungen in der Begründung der Bundesregierung zu diesem Gesetz auf den Seiten 19 bis 21 der Vorlage ihren Niederschlag im Gesetz ) finden in Übereinstimmung mit dem, was dort gesagt ist. Diese Ausführungen nehmen ja auch auf die Nachkriegsrechtsprechung in verschiedenen Ländern, auch der Siegermächte uns gegenüber, Bezug.
Der § 16 ist von den Vorrednern eingehend behandelt worden. Er betrifft die Eidesleistung. In dieser Frage ist es in den Vorbesprechungen der vergangenen Jahre im 1. Bundestag und auch im Sicherheitsausschuß des 2. Bundestages noch nicht zu einer einmütigen Auffassung gekommen. Meine politischen Freunde und ich halten einen Eid des Soldaten für gegeben, wie auch der Staatsdiener in Zivil einen Eid zu leisten hat. Beide Staatsdiener haben, jedenfalls vom staatspolitischen Gesichtspunkt her betrachtet, nach unserer Auffassung in der Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen Verpflichtungen und Pflichten dem Staat gegenüber die gleichen Aufgaben.
Wir stimmen auch dem zu, was die Bundesregierung in Erwiderung auf die Änderungsvorschläge des Bundesrates gesagt hat — im Gegensatz zu den Vorrednern allerdings —, nämlich daß die erforderliche Einheit des Soldatentums es wünschenswert erscheinen läßt, daß auch die Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, diesen Eid ablegen.
Ich kann den oft vorgebrachten Einwand, der auch heute wieder vorgebracht wurde, der Eid sei allgemein entwertet, nicht gelten lassen; natürlich muß dieser Einwand sorgfältig geprüft werden, denn er ist sehr schwerwiegend. Schließlich haben wir es ja alle in den Zeiten des Dritten Reichs miterlebt. Ich möchte diesen Einwand in unserer rechtsstaatlichen und gesicherten Ordnung bei dem
Auftrag, den der Soldat im besonderen hat, deshalb nicht gelten lassen, weil wir in der Eidesleistung eine besonders feierliche Bekräftigung der von allen Soldaten und damit jedem einzelnen übernommenen staatsbürgerlichen Aufgabe in dem besonderen Auftrag des Soldaten sehen. Wir anerkennen die Bedenken gegen die Eidesverpflichtung, die sehr sorgfältig geprüft werden müssen. Es wird ja darauf hinauskommen, daß kein Angehöriger der Streitkräfte zur Eidesleistung gezwungen werden darf. Darüber ist noch zu befinden. Auf der andern Seite aber darf eine Eidesverweigerung in dieser oder jener Form den Wehrpflichtigen — nach unserer Auffassung jedenfalls — von seiner soldatischen Verflichtung dem Staat gegenüber nicht lösen und ihn auch nicht entbinden.
Der § 26 spricht sich über die Besoldung, die Heilfürsorge und die Versorgung des Soldaten aus. Am Ende des Gesetzestextes steht, daß diese Dinge „besonders geregelt" werden, ohne daß angegeben wird, wie sie geregelt werden sollen. Diese Formulierung läßt also offen, wie diese Regelung vorgenommen werden soll. In der verflossenen Wehrmacht hat es ein Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsgesetz gegeben. Wir sind der Auffassung, daß diese Ansprüche der Soldaten durch Gesetz geregelt werden sollen. Hierfür melden wir jetzt schon zwei Wünsche an.
Wir fordern im Gegensatz zu dem, was hier gesagt worden ist, eine eigene Besoldungsordnung für den Soldaten. Damit wollen wir nicht etwa offen oder versteckt in irgendeiner Form eine wirtschaftliche Besserstellung des Soldaten gegenüber dem Beamten in vergleichbaren Funktionen erreichen. Aber vom Dienst her gesehen trifft genau das zu, was in der Begründung der Bundesregierung in Ziffer 3 über das Verhältnis des Soldaten zum Beamten und seine Beziehung zum Beamtengesetz gesagt ist. Dort heißt es:
Der Soldat steht, vom Dienst her gesehen, den
er dem Staat leistet, neben dem Beamten.
Aber es folgt dann einige Zeilen weiter:
Neben der Ähnlichkeit der Stellung des Soldaten mit der des Beamten ergeben sich auch wesentliche Verschiedenheiten.
Es mag den Damen und Herren erinnerlich sein, daß die Berücksichtigung der besonderen militärischen Verhältnisse eben gewisse Abweichungen vom Beamtenrecht erfordert. Wir kommen doch beispielsweise um die frühere Verabschiedung gewisser Dienststufen, also Dienstränge und Altersstufen, gar nicht herum. Wir werden doch wahrscheinlich auch wieder die bekannte „Majorsecke" oder so etwas bekommen.
Wir melden unseren Wunsch heute schon an, weil nach Pressemeldungen dem Kabinett ein Entwurf zur endgültigen Regelung der Beamtenbesoldung vorliegen soll und es jedenfalls in Pressemeldungen heißt, daß die Soldaten in diese eingereiht werden sollen. Damit würde allerdings dem Wunsch des Kollegen Merten Rechnung getragen. Ich glaube aber, wir sollten die Frage doch eingehend prüfen. Auch der Rückgang der Zahl der freiwilligen Bewerbungen und die sehr große Zurückhaltung qualifizierter Männer der verschiedensten Dienstgrade sollten uns in dieser Hinsicht zu denken geben.
Weiterhin will dieser Paragraph die Versorgung und die Heilfürsorge regeln. Meine Damen und
Herren, beide Fragen hängen eng zusammen mit der Frage der Güte des Ersatzes, den die Streitkräfte bei den Berufssoldaten und den Soldaten auf Zeit haben wollen. Da bin ich der Auffassung, daß der Soldat die Gewißheit haben muß, daß sein Dienstherr — die Streitkräfte — alles für ihn tut, was der Soldat billigerweise erwarten kann. Andernfalls treten, wie die Erfahrung lehrt, schwerwiegende Rückwirkungen auf die Stimmung der Truppe und auch auf die Haltung der Öffentlichkeit gegenüber der Truppe und dem Dienst in den Streitkräften ein. Mit unserem Wunsch wollen wir in keiner Weise eine Besserstellung etwa gegenüber der Kriegsopferversorgung; wir denken aber beispielsweise an die Einführung einer bundeseigenen Kriegsopferverwaltung — einschließlich der Versorgung und Fürsorge der künftigen Soldaten — im Verteidigungsministerium oder gar an die Bildung eines eigenen Versorgungsministeriums mit Aufgaben, wie sie oben angeführt sind, ähnlich wie sie in Frankreich erfolgt ist und nach unseren Erkundigungen sich auch bewährt hat. Auf alle Fälle aber möchten wir, daß der Soldat hier in seinem Gesetzbuch klare Bestimmungen darüber findet. Die vorliegende Formulierung, die immer davon spricht: „wird geregelt", genügt uns keinesfalls.
Der § 45, der heute hier noch nicht erwähnt worden ist, spricht von der Versetzung von Berufs-offizieren vom Generalmajor an aufwärts in den einstweiligen Ruhestand. Er hat in der öffentlichen Meinung bereits eine lebhafte Diskussion entfesselt, er ist noch recht umstritten. Meine politischen Freunde und ich bekennen uns zu dieser Bestimmung, in Kenntnis der Begründung der Bundesregierung. Ich meine, auch und gerade der höhere Soldat steht nicht mehr abseits vom politischen Geschehen und der politischen Willensbildung; er ist in der Tat Staatsbürger in Uniform und nimmt an der Bildung des staatlichen Willens teil. Die Gedanken, die zu dieser Bestimmung des § 45 — die natürlich für den Soldaten völlig neuartig sind — geführt haben, sind die gleichen, die dem § 36 des Bundesbeamtengesetzes für die sogenannten politischen Beamten zugrunde liegen. Ich bin aus Erfahrung und Erkenntnis der Meinung meiner politischen Freunde: die Soldaten sollen am politischen Leben teilnehmen, selbstverständlich ohne selbst Politik zu treiben. Die Soldaten verlangen auf der anderen Seite — wir haben das mehrfach gehört und gelesen — Gleichstellung in den obersten Führungsstellen mit den entsprechenden Stellen und Rängen der Beamten. So ist es doch nur logisch, daß auch sie sich in diese Grundsätze einordnen. Aber etwas Wichtigeres hat bei mir dabei eine Rolle gespielt; und dazu gehört auch, daß der Soldat an den staatspolitischen Pflichten, die seine Stellung und sein Rang ihm auferlegen, im Staate mitträgt, wenngleich natürlich die Verantwortlichkeit seiner Dienststellung auf dem militärischen Gebiet liegt. Der § 45 bejaht daher nach meiner Auffassung seine beratende Mitwirkung. Er stärkt die Stellung der Soldaten in den hier bezeichneten hohen Führungsstellen, die eben nicht mehr militär-technische Handwerksmeister sind. Diese Soldaten werden daher nach meiner Auffassung eben nicht in die Rolle der Verantwortungslosigkeit der militärisch-handwerklichen Meister herabgedrückt wie in der Vergangenheit, wenn das auch von schwachen Männern oft als sehr bequem empfunden wurde. Es sollte kein Zweifel bestehen, daß die Soldaten auch dieses Recht, das ihnen hier gegeben wird, eigentlich begrüßen sollten.
Im ganzen begrüßen wir die Ausführungen, die der Herr Verteidigungsminister heute morgen in seiner Erklärung gemacht hat, wenn wir auch in der Auffassung über die Verfassungsergänzungen im Gegensatz zu ihm stehen; aber diese Frage ist, glaube ich, im ganzen noch nicht abgeklärt. Nach der Aussprache vom 17. Juli werden ja hoffentlich weitere folgen, und der Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit wird sich nach seiner Tagesordnung morgen mit diesen Dingen zu befassen haben. Wir wissen, wie Herr Feller schon gesagt hat, eigentlich nicht, was in § 56 die Bestimmung über die Arbeitnehmer in den Streitkräften in diesem Gesetz zu suchen hat, zumal es nur eine Teilbestimmung ist.
Wir stimmen der Überweisung an den Ausschuß zu und werden dort wie bisher konstruktiv mitarbeiten.