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    2. Deutscher Bundestag — 105. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Oktober 1955 5775 105. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Oktober 1955. Begrüßung der Rußlandheimkehrer: Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 5777 A Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . . 5801 B Geschäftliche Mitteilungen 5777 B Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 5777 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 191, 192, 193 (Drucksachen 1667, 1740; 1682, 744; 1692, 1743) 5777 C Vorlage des Berichts des Stellvertreters des Bundeskanzlers über die Schritte der Bundesregierung zur gleichmäßigen und gerechten Besteuerung der Ehegatten und zum Ausgleich der stärkeren steuerlichen Belastung der Arbeitseinkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit (Drucksache 1741) 5777 D Zurückziehung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Verkündung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialversicherungs - Anpassungsgesetzes (Drucksache 1702) 5777 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Verhalten des Bundeskanzlers im Falle Schmeißer (Drucksache 1733): Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 5777 B Von der Tagesordnung abgesetzt . . . . 5777 B Fragestunde (Drucksache 1698), zurückgestellte Fragen aus der 103. Sitzung: 3. betr. Übersetzung von Reden, Anträgen usw. im Europarat ins Deutsche: Arnholz (SPD) 5777 D, 5778 B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . 5777 D, 5778 B 7. betr. Beschränkungen des Post- und Fernmeldegeheimnisses im Interesse der Sicherheit der in Großbritannien und Frankreich stationierten fremden Truppen: Dr. Menzel (SPD) 5778 C, D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 5778 C, D 8. betr. Frage der Gefährdung der Sicherheit der alliierten Truppen bei unbeschränktem Post- und Fernmeldegeheimnis: Dr. Menzel (SPD) 5778 D, 5779 A Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . 5778 D, 5779 A 26. betr. Bundesbahnverbindungen auf der Strecke Frankfurt—Basel: Ritzel (SPD) . . ...... 5779 A, B, C Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr 5779 B, C 27. betr. Ausstattung der Sonderschnellzüge für den Badeverkehr mit den Ostfriesischen Inseln: Kortmann (CDU/CSU) . . . 5779 C, 5780 A Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr . 5779 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksache 1700) . . . . 5780 A Blank, Bundesminister für Verteidigung . . . 5780 B, 5788 C, 5789 B Dr. Kliesing (CDU/CSU) 5782 A Merten (SPD) 5784 B, 5789 A Feller (GB/BHE) . . . ...... 5789 C von Manteuffel (Neuß) (FDP) . . 5792 B Überweisung an den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit und an den Rechtsausschuß 5795 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Tilgung von Ausgleichsforderungen (Drucksache 1697) 5795 D Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit 5795 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Finanzgerichtsbarkeit (Drucksache 1716) 5795 D Dr. Gülich (SPD) 5795 D, 5796 B Schoettle (SPD) 5796 A Überweisung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5796 C Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 1596); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksachen 1724, zu 1724, Umdruck 486) 5796 D Peters (SPD): ais Berichterstatter 5796 D Schriftlicher Bericht 5802 C Abstimmungen 5797 C, D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Drucksache 1617); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 1720) 5797 D Thieme (SPD): als Berichterstatter 5798 A Schriftlicher Bericht 5806 C Beschlußfassung 5798 A Zweite Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Konkursordnung (Drucksache 669); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 1691) . . . . 5798 A Zurückverweisung an den Rechtsausschuß 5798 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes (Drucksache 1668) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes (Drucksache 1742) 5798 B Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 5798 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Elbrächter (Drucksache 1735) 5798 C Freiherr Riederer von Paar (CDU/CSU), Berichterstatter . . 5798 C Beschlußfassung 5798 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Ehrengerichtsverfahren gegen den Abg. Lotze (Drucksache 1736) 5798 B, 5799 B Wittrock (SPD), Berichterstatter . . 5799 B Beschlußfassung 5800 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Donhauser (Drucksache 1737) 5798 D Dr. Klötzer (GB/BHE), Berichterstatter 5798 D Beschlußfassung 5799 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Kalbitzer (Drucksache 1738) 5800 A Giencke (CDU/CSU), Berichterstatter 5800 B Beschlußfassung . . . . 5800 D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen die Abgeordneten Dr. Wuermeling und Dr. Dehler (Drucksache 1739) . . . 5800 D Dr. Mommer (SPD), Berichterstatter 5800 D Beschlußfassung 5801 C Nächste Sitzung 5801 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5801 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Umdruck 486) 5802 A Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den von den Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache zu 1724) 5802 C Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Drucksache 1720) 5806 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Matthes 15. November Dr. Miessner 15. November Welke 15. November Hoogen 12. November Albers 5. November Jahn (Frankfurt) 29. Oktober Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 22. Oktober Dr. Luchtenberg 18. Oktober Bauer (Wasserburg) 17. Oktober Altmaier 15. Oktober Pelster 15. Oktober Dr. Pferdmenges 15. Oktober Raestrup 15. Oktober Dr.-Ing. E. h. Schuberth 15. Oktober Dr. Starke 15. Oktober Voß 15. Oktober Frau Welter (Aachen) 15. Oktober Eckstein 13. Oktober Dr. Baade 12. Oktober Berendsen 12. Oktober Fürst von Bismarck 12. Oktober Blöcker 12. Oktober Böhm (Düsseldorf) 12. Oktober Frau Brauksiepe 12. Oktober Brockmann (Rinkerode) 12. Oktober Eberhard 12. Oktober Even 12. Oktober Feldmann 12. Oktober Keuning 12. Oktober Klausner 12. Oktober Dr. Kreyssig 12. Oktober Dr. Leiske 12. Oktober Lemmer 12. Oktober Dr. Leverkuehn 12. Oktober Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 12. Oktober Mauk 12. Oktober Dr. Mocker 12. Oktober Nellen 12. Oktober Ollenhauer 12. Oktober Rademacher 12. Oktober Frau Dr. Rehling 12. Oktober Schneider (Bremerhaven) 12. Oktober Frau Dr. Schwarzhaupt 12. Oktober Graf von Spreti 12. Oktober Stauch 12. Oktober Sträter 12. Oktober Dr. Welskop 12. Oktober Wullenhaupt 12. Oktober b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Gleisner (Unna) 19. November Frehsee 15. November Kühn (Bonn) 15. November Frau Dr. h. c. 28. Oktober Weber (Aachen) Bock 24. Oktober Dr. Horlacher 22. Oktober Dr. Wellhausen 20. Oktober Anlage 2 Umdruck 486 (Vgl. S. 5797 C) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksachen 1724, zu 1724, 1596). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Art. 1 Nr. 1 wird in § 3 Abs. 1 Abteilung C Buchstabe a) Nr. 7 die Zahl „13,20" ersetzt durch die Zahl „12,40". 2. In Art. 1 Nr. 6 b wird in § 78 Nr. 8 das Wort „Feuchtpuder" durch das Wort „Zigarrenmattierungsmitteln" ersetzt. 3. In Art. 1 Nr. 6 c werden in § 81 Abs. 2 die Worte „. . . am 1. Januar 1951 weniger als . . ." ersetzt durch die Worte „. . . am 1. Januar 1955 bis zu . . .". 4. In Art. 1 Nr. 10 c wird in § 89 die Nr. 3 gestrichen und we folgt ersetzt: 3. zu bestimmen, daß den Herstellern von Tabakerzeugnissen, die in dem Zeitraum vom 1. April 1954 bis zum 30. September 1955 Steuererleichterungen erhalten haben, auf Antrag eine zusätzliche Steuererleichterung gewährt wird. Der Bundesminister der Finanzen kann weitere Voraussetzungen und Steuererleichterungssätze festlegen, das Verfahren regeln und für die Antragstellung eine Ausschlußfrist bestimmen. Die Steuererleichterung ist nach der steuerlichen Leistung der Betriebe während eines Zeitraumes von zwei aufeinanderfolgenden Rechnungsjahren nach Wahl der Antragsteller aus der Zeit vom 1. April 1949 bis 31. März 1955 zu bemessen. Herstellungsbetriebe, für die ein solcher Antrag gestellt wird, erhalten für den Zeitraum von der Zahlung dieser Steuererleichterung bis zum 31. Dezember 1964 keine Steuererleichterung nach den Bestimmungen der §§ 81 bis 88 und verlieren die Berechtigung aus § 4 Abs. 1. 5. In Art. 2 a Abs. 2 ist die Jahreszahl „1953" in „1955" zu ändern. Bonn, den 12. Oktober 1955 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Anlage 3 zu Drucksache 1724 (Vgl. S. 5796 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 1596) Berichterstatter: Abgeordneter Peters I. Allgemeines Als im Mai 1953 mit der Verabschiedung des Tabaksteuergesetzes die Steuer und der Kleinverbrauchspreis für Tabakwaren gesenkt wurden, geschah dies in der Erwartung, alle Sparten der Tabakwarenwirtschaft würden eine Steigerung des Umsatzes erfahren und in Zukunft rentabel arbeiten können. Diese Erwartungen wurden beim Rauchtabak nicht erfüllt; statt anzuwachsen, sank der Umsatz weiter ab. Steigende Produktionskosten trugen schließlich dazu bei, die Wirtschaftlichkeit der Rauchtabakproduktion in Frage zu stellen. Auf Wunsch der betroffenen Industrie führte der Bundesminister der Finanzen 1954 eine repräsentative Betriebsprüfung durch, die dies bestätigte. Für den Zeitraum vom 1. April 1954 bis 31. März 1955 bestand beim Feinschnitt eine durchschnittliche Unterdeckung von fast 5 v. H., bei Pfeifentabak von rd. 9 v. H.; für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 1955 war mit einer entsprechenden Unterdeckung von 9 v. H. beim Feinschnitt und ca. 13 v. H. beim Pfeifentabak zu rechnen. Verhandlungen zwischen der betroffenen Sparte, dem Bundesministerium der Finanzen und Parlamentariern führten dazu, daß im allgemeinen Einvernehmen der unter Drucksache 1596 vorgelegte Initiativgesetzentwurf aller Parteien hm 14. Juli 1955 vom Plenum in 1. Lesung beraten werden konnte. Der Finanzausschuß befaßte sich in 3 Sitzungen mit der Vorlage, die mit einer Kombination von Maßnahmen - Steuerrückvergütung, Steuerermäßigung, Steuererleichterung - die Rauchtabaksparte wieder existenzfähig machen will. Auf Grund der besonderen Struktur der Branche (einem Großbetrieb mit fast 50 v. H. des gesamten Feinschnittumsatzes stehen 12 größere Mittel- und über 150 Kleinbetriebe gegenüber) handelt es sich hierbei um eine ausgesprochene Maßnahme im Rahmen der Mittelstandspolitik. Der Finanzausschuß erklärte sich grundsätzlich mit dem Ziel der Vorlage einverstanden. Schwerwiegende Bedenken, die von einigen Mitgliedern des Ausschusses dagegen geltend gemacht wurden, daß Mittelstandspolitik mit dem Mittel der Verbrauchsteuer betrieben werden solle, würdigte der Ausschuß zwar; er sah im Augenblick jedoch keine andere Möglichkeit, den Rauchtabakherstellern die erwiesenermaßen notwendige Hilfe zukommen zu widerspreche dem Wesen der Verbrauchsteuern, lassen. Das Argument, die vorgesehene Hilfe veranlaßte aber den Finanzausschuß, eine baldige Änderung des Systems der Tabaksteuer für dringend geboten zu erklären und dem Hohen Haus eine entsprechende Entschließung vorzulegen. Zu der Vorlage im einzelnen wurde im Finanzausschuß eine Reihe von Fragen aufgeworfen, deren Beratung einem Unterausschuß übertragen wurde. Er hatte die Aufgabe, die Ergebnisse der vom Bundesfinanzministerium angestellten Be- (Peters) triebsprüfungen zu erörtern, zu prüfen, ob sie im Gesetzentwurf angemessen ,berücksichtigt seien, und gegebenenfalls weitere Vorschläge für die Neuregelung zu machen. Das Bundesfinanzministerium hat 27 Feinschnitthersteller mit 83 v. H. des Gesamtumsatzes und 13 Pfeifentabakhersteller mit 69 v. H. des Gesamtumsatzes überprüft. Die Prüfung wurde nach den Leitsätzen zur Prüfung von öffentlichen Aufträgen vorgenommen. Prüfungszeitraum war das Jahr 1954, für dessen letzte Monate jedoch geschätzt werden mußte, da die Prüfung selbst bei den meisten Betrieben im Sommer abgeschlossen wurde. Die Kalkulation berücksichtigte 6 v. H. Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals, 1,5 v. H. Kapitaleinsatzwagnis, 1,5 v. H. Umsatzwagnis, 1,2 v. H. durchschnittliche Werbekosten und einen tatsächlichen Rohtabakvorrat (8 bis 10 Monate). Ein größenmäßig schwer zu beurteilender Faktor lag in der Tatsache der Überkapazität. Das Bundesfinanzministerium versicherte, die Überkapazität nur in extremen Fällen berücksichtigt zu haben; da sie sich jedoch auf Zinsen, Gewinn, Abschreibung, Instandhaltung, Gehälter, Unternehmerlohn usw. auswirke, liege in der Überkapazität eine, zwar größenmäßig nicht bezifferbare, Reserve zugunsten der Industrie. Hinzu komme, daß diese Situation die Betriebe veranlasse, zu rationalisieren, so daß mit einer Kostensenkung für die Zukunft gerechnet werden könne. Das arithmetische Mittel der Unterdeckung aller geprüften Feinschnittbetriebe betrug 3,6 v. H. Nach angemessener Berücksichtigung der Preissteigerung der 1954 bereits teilweise verarbeiteten Herbsternte 1953 kam der Unterausschuß zu einer Unterdeckung von 4,8 bis 4,9 v. H. für den ersten Erlöszeitraum vom 1. April 1954 bis 31. März 1955. Die entsprechenden Zahlen für den Pfeifentabak betrugen 7,6 bzw. 9,1 v. H. Der Gesetzentwurf schlug in beiden Fällen eine 3%ige Erlösberichtigung vor. Die Vorkalkulation für den zweiten Erlöszeitraum vom 1. April bis 30. September 1955 mußte das Prüfungsergebnis für 1954 modifizieren. Zu der Unterdeckung in Höhe von 4,85 v. H. kommen hinzu: 1. 5,3 v. H. Preissteigerung für inländischen Rohtabak 4,5 v. H. Preissteigerung für ausländischen Rohtabak 1,00 v. H. 2. Lohnerhöhung von 6 v. H. 0,10 v. H. 3. Erhöhte Werbekosten 1,00 v. H. 4. Rest der Preiserhöhung Ernte 1953 1,25 v. H. 5. Vorratshaltung auf 18 Monate erhöht 0,66 v. H. 6. Umrechnung des Anlagevermögens vom Anschaffungs- auf den Wiederbeschaffungspreis 0,20 v. H. 9,06 v. H. Die Unterdeckung für den zweiten Zeitraum betrug bei den Feinschnittbetrieben somit 9 v. H. Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums bestehen Reserven zugunsten der Industrie dadurch, daß der Werbekostensatz von 2 v. H. zumindest im ersten Halbjahr 1955 nicht voll ausgenutzt worden sei, und darin, daß die Mehrzahl der Betriebe einen Rohtabakbestand für weniger als 18 Monate habe. Unter Berücksichtigung der geringeren Ausnutzung des Werbekostensatzes und der geringeren Lagerhaltung ergab sich eine Unterdekkung von 7,8 v. H. Im Gesetzentwurf wurde eine Erlösberichtigung von 4,5 v. H. vorgeschlagen. Beim Pfeifentabak belief sich die Unterdeckung im zweiten Erlöszeitraum auf über 13 v. H. Der Gesetzentwurf schlug eine Erlösberichtigung in Höhe von 8 V. H. vor. Daß der Gesetzentwurf in seinen Hilfsmaßnahmen hinter den bei der Betriebsprüfung ermittelten Werten zurückblieb, hatte folgende Gründe: Es erscheint gerechtfertigt, nicht vom arithmetischen Mittel aller geprüften Betriebe auszugehen, sondern unter Aussonderung des schlechtesten Drittels das arithmetische Mittel der restlichen zwei Drittel als Bemessungsmaßstab zu nehmen. Es würden sonst Betriebe berücksichtigt werden, bei denen die Selbstkosten erheblich überhöht sind, weil ihre Kapazität auf eine vielfach höhere Erzeugung abgestellt ist oder weil sie in der Erzeugung bzw. Betriebsführung nicht rationell sind. Eine Förderung dieser Betriebe liegt nicht im Sinne der vorgesehenen steuerlichen Hilfsmaßnahmen. Bei Pfeifentabak ist der Berechnung das arithmetische Mittel von 11 der 13 geprüften Betriebe zugrunde gelegt worden. Bei der Frage der Höhe der Steuersenkung ist außerdem berücksichtigt worden, daß die beabsichtigte Erhöhung und Ausweitung der Steuererleichterung in ihren Auswirkungen für einen Großteil der Betriebe einer weiteren Steuersenkung gleichkommt. Für die Bemessung der Steuervergütung für die zurückliegende Zeit war wesentlich, daß eine rückwirkende Korrektur von Steuersätzen eine ungewöhnliche Maßnahme darstellt, die primär unter politischen Gesichtspunkten getroffen werden muß. Dieser Argumentation des Bundesfinanzministeriums schloß sich der Unterausschuß im wesentlichen an. Entscheidend für die Beurteilung der zu gewährenden Erlösberichtigung schien dem Unterausschuß die ungewöhnliche Struktur der Branche. Würde die Erlösberichtigung in einem einheitlichen Prozentsatz gewährt, so dürfte dies die wirtschaftliche Kraft der Großunternehmen in einem Ausmaß stärken, daß das eigentliche Ziel des Gesetzentwurfs, nämlich die Hilfe für Klein- und Mittelbetriebe, in Frage gestellt wäre. Aus diesem Grunde schlug der Unterausschuß eine Staffel für die Erlösberichtigung beider Zeiträume vor. Sie soll den kleineren Betrieben eine bis etwa 60 v. H. höhere Erlösberichtigung als im Gesetzentwurf vorgesehen gewähren. Die Staffelung soll sowohl für den Feinschnitt als auch für den Pfeifentabak gelten. Nach eingehender Diskussion, in der auch die Frage erörtert wurde, ob eine solche Staffelung dem Prinzip des Art. 3 GG widerspreche (diese Frage wird verneint), folgt der Finanzausschuß diesem Vorschlag seines Unterausschusses. (Peters) Der Unterausschuß hielt für Feinschnitt eine über den Initiativantrag hinausgehende Steuersenkung und entsprechende Anpassung der Steuererleichterung für angemessen. Der Finanzausschuß folgte dem Vorschlag, die rückwirkende Steuervergütung ab 1. April 1955 von 4,5 v. H. auf im Durchschnitt 5 v. H. zu erhöhen und den Steuersatz im Durchschnitt um 7 v. H. statt um 6,5 v. H. zu senken. Um eine Steigerung des Absatzes an Rauchtabak zu fördern, schien es dem Unterausschuß notwendig, das Werbeverbot des § 6 Abs. 3 künftig wegfallen zu lassen. In der Annahme, daß der Zigarettenabsatz hiervon nicht merklich getroffen werde, daß jedoch eine Umsatzsteigerung beim Rauchtabak unterstützt werden sollte, schloß sich der Finanzausschuß diesem Vorschlag an. Nach eingehender Prüfung der Frage, ob dem Anliegen des Tabakwarenfachhandels gefolgt und ihm eine bessere Verdienstmöglichkeit beim Absatz von Rauchtabak garantiert werden könne, kam der Ausschuß zu der Auffassung, eine Berücksichtigung im Gesetz sei nicht möglich, wohl aber solle dem Bundeswirtschaftsminfsterium nahegelegt werden, im Rahmen der Preisverordnung die besondere Lage des Fachhandels zu prüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen. Im Verlauf der Beratungen ergab sich, daß folgende Erweiterungen des Gesetzentwurfs zweckmäßig erschienen: 1. Im Interesse der gewünschten Umsatzsteigerung beim Rauchtabak wurde neben den schon vorgesehenen neuen Preisklassen von 28 und 32 DM auch die Einführung einer Zwischenpreisklasse für Feinschnitt mit Beimischung zu 40 DM für zweckmäßig gehalten. 2. Zwischenzeitlich angestellte bzw. noch laufende Betriebsprüfungen bei Herstellern von Zigarren und Zigaretten ergaben, daß eine Erweiterung der Steuererleichterungen notwendig ist; der Gesetzentwurf wurde entsprechend ergänzt. 3. Es erschien wirtschaftlich erforderlich, für die Kontingente der schwarzen Zigarette eine Mindestmenge von 15 Mio Stück festzusetzen; auch in diesem Punkt wurde der Gesetzentwurf entsprechend erweitert. Die Höchstmenge liegt nach wie vor bei 30 Mio Stück. Die Erörterungen im Ausschuß haben die Problematik der derzeitigen Tabakbesteuerung und ihrer Auswirkungen auf die Struktur der Branche klar herausgestellt. Die Notwendigkeit einer „Bereinigung" der Branche war unbestritten, und es wurde allgemein anerkannt, daß sie durchgeführt sein sollte, bevor ein anderes Steuersystem ausgearbeitet wird. Daher folgte der Ausschuß schließlich einem Vorschlag des Abg. Neuburger, den Bundesminister der Finanzen zu ermächtigen, eine nachträgliche Steuererleichterung für die Zeit vom 1. April 1949 bis 31. März 1951 vorzusehen. Wer eine solche Steuererleichterung beantragt, erhält während der nächsten 10 Jahre keine Steuererleichterung mehr. Praktisch soll damit bezweckt werden, kleinen und kleinsten Betrieben, die z. Z. nur mit Hilfe der Steuererleichterungen überhaupt lebensfähig sind, den Übergang zu einer anderen Existenzgrundlage zu erleichtern. Die Vertreter des Bundesfinanzministeriums machten gegen diesen Vorschlag sowohl materielle wie formelle Einwände geltend. Da die Abgeltung von in den Jahren 1949 bis 1951 nicht gewährten Steuererleichterungen nach dem Willen des Antragstellers nicht dazu dienen solle, die Existenzbasis arbeitender Betriebe zu stützen, sondern primär das Ausscheiden dieser Betriebe aus der Branche erleichtern solle, handele es sich dem Charakter dieser Bestimmung nach nicht um einen Sonderfall der in §§ 81 bis 88 vorgesehenen Steuererleichterungen, sondem n um eine Abfindung. Dieses mit dem normalen Zweck des Tabaksteuergesetzes nicht in Einklang zu bringende Ziel der Vorschrift sollte daher grundsätzlich nicht in das Tabaksteuergesetz aufgenommen werden; sollte sich der Gesetzgeber dennoch dazu entschließen, so müsse zumindest der Sinn der Vorschrift eindeutig klargestellt sein. Formelle Bedenken, basierend auf den Erfordernissen des Art. 80 GG, wurden ebenfalls gegen die vorgeschlagene Ermächtigung erhoben. Nach eingehender Würdigung der verschiedenen Argumente nahm der Ausschuß den Antrag des Abg. Neuburger an, da er in ihm einen ersten Schritt zur Neuordnung der gesamten Tabakwirtschaft erblickte und da dieser Regelung keine Präzedenzbedeutung beigemessen werden könne. II. Im einzelnen Zu Art. 1 Nr. 1. Die Neufassung der Abteilungen C und D des § 3 Abs. 1 enthält die neuen Steuersätze, die sich bei einer Steuersenkung von durchschnittlich etwa 7 v. H. für Feinschnitt, 5,37 v. H. für Kau-Feinschnitt und etwa 10 v. H. für Pfeifentabak ergeben. Der Ausschuß hält es für zweckmäßig, wenn außer den im Initiativantrag vorgesehenen neuen Steuerklassen von 28 DM und 32 DM eine weitere Steuerklasse von 40 DM für Feinschnitt mit einer Beimischung von 50 v. H. Inlandstabak geschaffen wird, um die Industrie auf dem Markt beweglicher zu machen. Nr. 1 a. Die Änderung von § 4 Abs. 1 Satz 1 soll es den Herstellern von Zigaretten mit Beimischung von 50 v. H. Inlandstabak ermöglichen, mindestens 15 Millionen Zigaretten monatlich in der Steuerklasse 1 des § 3 Abs. 1 Abteilung B zu versteuern, da die Herstellung und der Absatz geringerer Mengen den wirtschaftlichen Erfordernissen des Betriebes im allgemeinen nicht entspricht. Nr. 1 b. Der Abs. 5 des § 4 ist neu gefaßt worden. Inhaltlich ist er lediglich dahin ergänzt worden, daß die Rechtsfolgen des Satzes 1 bei einem Erbfall erst nach einer übergangsfrist eintreten. Dadurch soll den Erben die Möglichkeit gegeben werden, zur Vermeidung der nach Satz 1 eintretenden Beschränkungen ihrer Rechte zur Versteuerung von Zigaretten und Feinschnitt in den sogenannten Vorschaltsteuerklassen das Beteiligungsverhältnis zu lösen. Nr. 2. Die Neufassung des § 5 Abs. 4 Satz 1 soll es ermöglichen, den Verkehr mit Tabakerzeugnissen zwischen Herstellungsbetrieben und zwischen örtlich getrennten Betriebsteilen zu erleichtern. Dies entspricht einem Bedürfnis der Praxis. Nr. 3. Die Änderung des Abs. 1 des § 6 soll — ebenso wie § 28 Nr. 3 — das Zugabeunwesen verhindern. Sie entspricht einem Wunsch der Zigaretten-, Zigarren- und Rauchtabakhersteller. Die Ergänzung des Abs. 2 Nr. 3 ergibt sich aus der Ände- (Peters) rung des Abs. 1. Die Ermächtigung des Abs. 2 Nr. 5 ist erforderlich, damit für brancheübliches Zubehör (z. B. für kleine Zangen bei Kautabak) Ausnahmen zugelassen werden können. Die Streichung des Abs. 3 des § 6 schlägt der Ausschuß vor, weil nach seiner Ansicht die Werbebeschränkung für Feinschnitt der unteren (steuerbegünstigten) Steuerklassen (Verbot, für die Eignung des Tabaks zum Selbstdrehen von Zigaretten zu werben) nicht mehr gerechtfertigt ist. Nr. 3 a. Die Neufassung der Nrn. 1 und 2 des § 17 dient der Klarstellung der im § 17 Nr. 1 (alt) enthaltenen Ermächtigung. Die Ermächtigung in Nr. 3 dient der weiteren Verwaltungsvereinfachung bei der Festsetzung von Abgaben für Tabakerzeugnisse, die vorschriftswidrig eingeführt worden sind. Nr. 4. Durch die Streichung des § 25 Abs. 5 soll erreicht werden, daß für den Verkauf von Tabakwaren aus Automaten allein die gewerberechtlichen Bestimmungen gelten. Nr. 5. Mit der Ausdehnung des Zugabeverbots in § 28 auf Gegenstände auch ohne eigenen Verkehrswert folgt der Ausschuß einem Wunsch der Tabakindustrie. Er hält es für notwendig, das Zugabeverbot auch auf Zugaben bei der Abgabe von Zigarettenpapier auszudehnen, da sonst das Verbot leicht umgangen werden könnte. Er hat deshalb in Nr. 3 des § 28 das Wort „Tabakerzeugnissen" durch das Wort „Tabakwaren" ersetzt. Im übrigen dient die Neufassung des § 28 nur der Klarstellung. Nr. 6. § 29 ist neu gefaßt worden, und zwar Nr. 1 ohne inhaltliche Änderung. Die Neufassung der Nr. 2 entspricht einem Bedürfnis der Praxis. Sie ermöglicht es, Preisermäßigungen auch dann zuzulassen, wenn die Voraussetzungen dafür beim Hersteller oder Großhändler vorliegen. Der neue Abs. 2 gibt dem Bundesminister der Finanzen die Ermächtigung, brancheübliches Zubehör (wie z. B. Zigarrenspitzen) von dem Zugabeverbot des § 28 Nr. 3 auszunehmen. Nr. 6 a. Die Neufassung des § 77 Abs. 1 soll dem Bundesminister der Finanzen die Ermächtigung geben, die Steuerbefreiung für Deputate den Erfordernissen und der Übung der Praxis entsprechend zu regeln. Im übrigen sind die Bestimmungen des § 77 nur redaktionell geändert worden. Nr. 6 b. Die in § 78 Nr. 8 eingefügte Vorschrift trägt einem neuaufgetretenen Bedürfnis der Praxis Rechnung. Nr. 6 c. In § 81 Abs. 1 wird die Bemessungsgrundlage für die Steuererleichterung — ohne materiell-rechtliche Änderung — klarer umrissen In Abs. 2 Satz 2 wird zur Vermeidung von Härten bestimmt, daß bei einem Beteiligungsverhältnis von weniger als 50 v. H. — Stichtag 1. Januar 1951 — die Rechtsfolgen aus Abs. 2 Satz 1 nicht eintreten. Aus dem gleichen Grunde gibt Abs. 2 Satz 3 im Erbfalle hinsichtlich der Rechtsfolgen aus Satz 1 eine Übergangsfrist. Nr. 6 d. § 82 regelt bisher nur den Wegfall der Steuererleichterung, wenn der Hersteller oder sein gesetzlicher Vertreter wegen einer Steuerstraftat bestraft wurde. Es fehlte eine Bestimmung, nach der der Hersteller Steuererleichterung nicht erhält, wenn er wegen einer solchen Straftat rechtskräftig bestraft worden war, bevor er steuererleichterungsberechtigt wurde. In diesem Sinn ist § 82 ergänzt worden. Abs. 2 gibt dem Bundesminister der Finanzen die Ermächtigung, dem Hersteller nach Bestrafung in Härtefällen das Recht auf Steuererleichterung zu gewähren oder wiederzugewähren. Nrn. 7 bis 10 C. Die §§ 83 bis 89 Nr. 2 sind zum besseren Verständnis neu gefaßt worden. Die Staffeln und Vomhundertsätze der Steuererleichterung, die Kürzungs- und die Auslaufgrenzen sind dem wirtschaftlichen Bedürfnis der kleineren und mittleren Betriebe der Tabakindustrie entsprechend festgelegt worden, bei Feinschnitt und Pfeifentabak insbesondere unter Berücksichtigung der Steuersenkung. Die Regelung der Steuererleichterung für Hersteller von Zigaretten, Feinschnitt und Pfeifentabak trägt dem Ergebnis von Betriebsprüfungen Rechnung. Die Erhöhung und Ausweitung der Steuererleichterung für Hersteller von Zigarren berücksichtigen die Lage der kleineren und mittleren Betriebe dieser Industrie, soweit sie bisher bekannt ist. Da bei der Zigarrenindustrie zur Zeit Betriebsprüfungen laufen, ist der Bundesminister der Finanzen in § 89 Nr. 3 erneut ermächtigt worden, die Steuererleichterung für Zigarrenhersteller zu erhöhen oder zu senken. Die bisherige Regelung des § 86 für den Wegfall der Steuererleichterung bei sogenannten gemischten Betrieben ist durch eine einfachere Regelung ersetzt worden, die — vor allem für Hersteller von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen — den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Industrie in weiterem Umfang als bisher Rechnung trägt. Wegen der Ermächtigung in § 89 Nr. 3 wird auf die Ausführungen im allgemeinen Teil verwiesen. Nr. 10 d. § 94 Abs. 1 ist der Neufassung des § 28 angepaßt worden. Der Ausschuß hält die Androhung einer Geldstrafe bis zu 10 000 DM für ausreichend. Nr. 11. Die Vorschrift soll einen Anreiz schaffen, die nach § 99 Abs. 5 zu zahlenden Beträge aus dem fortlaufenden allgemeinen Vollstreckungsaufschub vor ihrer Fälligkeit zu entrichten. Nr. 12. Die Steuersenkung auf 4,20 DM für die nur in Berlin zulässige Steuerklasse für Feinschnitt von 20 DM hält der Ausschuß in Anpassung an die Steuersenkung in den übrigen Steuerklassen für erforderlich. Zu Art. 2. Die teilweise Vergütung der Tabaksteuer für die zurückliegende Zeit soll dem Umstand Rechnung tragen, daß die Kostensteigerungen in das Jahr 1954 zurückreichen. Sie berücksichtigt durch eine Erhöhung der Sätze ab 1. April 1955 die im Jahre 1955 neueingetretene Kostensteigerung. Der Ausschuß schlägt nach eingehender Prüfung vor, die Vergütung entsprechend dem Grundgedanken der Steuererleichterung gestaffelt nach der Größenordnung der Betriebe zu gewähren, so daß wirtschaftlich schwächere Betriebe gegenüber wirtschaftlich stärkeren Betrieben eine höhere Vergütung erhalten. Er ist auf Grund der Betriebsprüfungsergebnisse für den Zeitraum ab 1. April 1955 von einem durchschnittlichen Vergütungssatz von 5 v. H. für Feinschnitt ausgegangen. (Peters) Durch die Bestimmung des Abs. 2 soll vermieden werden, daß den Herstellern von Rauchtabak aids einer Verzögerung des Inkrafttretens des Gesetzes Nachteile erwachsen. Die Ermächtigung des Abs. 3 dient der Durchführung der Steuervergütung. Zu Art. 2 a Dem Abs. 1 dieses Artikels liegt der Gedanke zugrunde, daß für die Versteuerung von Tabakwaren bis zum 30. September 1955 die Steuererleichterung nach den bis dahin geltenden Staffeln und Sätzen gewährt werden soll. Dabei sollen die Beträge des seit dem 1. Juli 1955 gewährten Vollstreckungsaufschubs bei der Berechnung mit berücksichtigt werden. Die Vorschrift soll außerdem verhindern, daß säumige Steuerzahler dadurch, daß sie vor dem 1. Oktober 1955 fällige Tabaksteuerbeträge erst nach diesem Zeitpunkt zahlen, Mr diese Beträge in den Genuß der, ab 1. Oktober geltenden erhöhten Staffeln und Sätze der Steuererleichterung kommen. Die Vorschrift des Abs. 2 soll eine doppelte Berücksichtigung der Beträge des nach dem 1. Oktober 1955 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes gewährten allgemeinen Vollstreckungsaufschubs verhindern. Diese Beträge, die durch die Rückwirkung nach Art. 2 Abs. 1 ausgeglichen werden, sollen nicht noch einmal bei der Berechnung der Steuererleichterung berücksichtigt werden. Zu Art. 3 Die Ermächtigung soll es ermöglichen, den Firmen, die im Rahmen des bisherigen § 28 ihren Erzeugnissen Gegenstände ohne eigenen Verkehrswert beigepackt 'oder solche Gegenstände zur Weitergabe an den Verbraucher an den Handel abgegeben haben, eine ausreichende Auslauffrist zu gewähren. Zu Art. 5 Da das Gesetz nicht vor dem 1. Oktober 1955 verkündet werden konnte, mußte die Vorschrift über die Steuererleichterung rückwirkend mit Wirkung vom 1. Oktober 1955 ab in Kraft gesetzt werden. Bonn, den 7. Oktober 1955 Peters Berichterstatter Anlage 4 Drucksache 1720 (berichtigt) (Vgl. S. 5797 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Drucksache 1617). Berichterstatter: Abgeordneter Thieme Der Bundestag hat in seiner 101. Sitzung am 22. September 1955 den Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft an die Ausschüsse für Außenhandelsfragen und für Geld und Kredit zur Beratung überwiesen. Die Federführung liegt beim Ausschuß für Außenhandelsfragen. In seiner Sitzung vom 22. September 1955 machte sich der Ausschuß für Außenhandelsfragen die Begründung des Regierungsentwurfs zu eigen, ohne zu verkennen, daß damit gewisse unvorherzusehende Risiken in Kauf genommen werden müssen. Der Ausschuß gab der Ansicht Ausdruck, daß der mit der Erhöhung entstehende Kreditrahmen auf weitere Sicht auszureichen habe. Der Ausschuß wird eine Anpassung der Richtlinien zur Durchführung des Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft vom 26. August 1949 anstreben. In ähnlichem Sinne äußerte sich der Ausschuß für Geld und Kredit in seiner Sitzung vom 28. September 1955. Er hat einstimmig beschlossen, der Gesetzesvorlage in der vorliegenden Fassung zuzustimmen, und die Empfehlung abgegeben, in Zukunft bei der Bürgschaftsübernahme einen größeren Selbstbehalt der Bürgschaftsnehmer als bisher gewährleisten zu lassen. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen befürwortet in einstimmigem Beschluß die Erhöhung der Mittel für die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft um 2,5 Mrd. DM auf 7,5 Mrd. DM. Dem Hohen Hause wird empfohlen, den Gesetzentwurf ebenfalls unverändert anzunehmen. Bonn, den 28. September 1955 Thieme Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Georg Kliesing


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Verteidigungsminister hat zum Eingang seiner Ausführungen darauf hingewiesen, daß es sich bei dem zur Diskussion stehenden Entwurf eines Soldatengesetzes um das erste für die Dauer vorgesehene Gesetz im Zuge der Wehrgesetzgebung handelt. Daraus ergibt sich, daß wir auch die noch zu prüfende Auswirkung eines solchen Gesetzes von Anfang an ebenso als eine dauernde erkennen und begreifen müssen. Wenn wir diese Tatsache in Verbindung bringen mit der Feststellung, daß dieses Gesetz Probleme von entscheidender Bedeutung aufwirft, so haben Wir, glaube ich, einen brauchbaren Ansatz zur Diskussion gefunden. Wenn ich von den entscheidenden Problemen dieses Gesetzes spreche, so meine ich, daß es sich hierbei um das Grundgesetz für den künftigen deutschen Soldaten handelt, id. h. um ein Gesetz, das für die Entwicklung und Sicherung der deutschen Demokratie von einer schicksalhaften Bedeutung sein kann und auch sein wird. Die Frage, die mit der Erörterung dieses Gesetzentwurfs an uns herantritt, ist die: Sind die gesetzgeberischen Körperschaften der Bundesrepublik in der Lage — soweit gesetzgeberische Körperschaften überhaupt allein dazu in der Lage sind —, die künftigen deutschen Streitkräfte so in unser demokratisches Staatsgefüge einzuordnen, daß unheilvolle Spannungen, wie wir sie in der Vergangenheit gekannt haben, ausbleiben und diese Streitkräfte nicht zu einer Belastung der demokratischen Entwicklung unseres Volkes werden? Es ist daher erforderlich, daß dieses Gesetz in einer klaren und eindeutigen Weise die Stellung des Soldaten im Staate und zum Staate zum Ausdruck bringt. Eins sei dabei betont: Es kann sich dabei weder um eine Stellung handeln, die dem Soldaten in irgendeiner Weise einen Vorrang vor den anderen Ständen unseres Volkes gibt, noch um eine Stellung, die ihn gegenüber den anderen Ständen zurückstellt und vernachlässigt.

    (Abg. Kunze [Bethel.]: Sehr richtig!)

    Es muß herausgestellt werden, daß das Prinzip der Gleichheit und Gleichwertigkeit aller Staatsbürger auch für die Stellung des künftigen Soldaten allein maßgeblich sein muß.
    Es ist meines Erachtens sehr zu begrüßen, daß der Herr Minister in seinen Ausführungen besonders auf die Beziehungen des Soldaten zur politischen Wirklichkeit unseres Volkes eingegangen ist und die Auffassung der Bundesregierung von den politischen Rechten und Verpflichtungen des deutschen Soldaten klar herausgestellt hat. Diese Gedanken — der Herr Minister erwähnte es schon
    — sind des öfteren auch im Sicherheitsausschuß besprochen worden. Ich glaube daher, daß auch in diesem Problem eine einheitliche Meinungsbildung zwischen den Fraktionen möglich sein wird.
    Meine Damen und Herren, es ist nicht der Sinn der ersten Lesung, die Einzelberatung vorwegzunehmen. Aber ich glaube, dieser Gesetzentwurf enthält neben dem erwähnten Grundproblem auch noch einige andere Fragen, deren Beantwortung jeden von uns vor schwerwiegende Entscheidungen stellt. Da handelt es sich zum Beispiel in § 16 des Entwurfs um die Frage des Fahneneides. Ich möchte von vornherein sagen, daß ich hier weder für meine politischen Freunde noch für mich persönlich eine bereits abgeschlossene Meinung vortragen kann, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil meines Erachtens jeder, der sich mit dem Problem des Fahneneides in einer künftigen deutschen Wehrmacht einmal ernstlich befaßt hat oder befaßt, bald vor der Erkenntnis stehen wird, daß hier eine schwerwiegende Gewissensentscheidung
    — um nicht sogar von einer echten Gewissensnot zu sprechen — von ihm verlangt wird. Diese Tatsache ist es, die jeden von uns zwingen wird, alle Argumente pro und contra Fahneneid genauestens zu erforschen, ehe er sich zu einer abschließenden Meinungsäußerung bekennt.
    Die Argumente, die für den Fahneneid sprechen, sind bekannt. Sie wurzeln vor allem in dem Bestreben, durch den Eid moralische Kräfte in weitestem Maße zu wecken, anzusprechen und zur Mitarbeit am Staate heranzuziehen. Demgegenüber wird milt Recht auf die Gefahr des Mißbrauchs des Eides hingewiesen, und es erhebt sich an dieser Stelle die Frage, õb nicht gerade den jungen Menschen, die nicht aus eigenem Antrieb, sondern nur auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung Soldat werden, hier ein Gewissenszwang auferlegt wird. Auch die Kompromißlösung, die erörtert wird, nur die Freiwilligen durch einen Eid zu binden, wie das meines Wissens beispielsweise in England und Holland bereits verwirklicht ist, kann nicht voll befriedigen. Auf der einen Seite steht das Argument, man könne nicht von jedem Beamten ohne Rücksicht auf die Bedeutung seines Aufgabengebietes die eidliche Bindung an den Staat verlangen und dann bei Offizieren, denen nicht nur die stärksten Machtmittel des Staates, die ultima ratio regis, sondern auch das Leben und die Wohlfahrt unserer Jugend anvertraut werden, auf den Eid verzichten.

    (Abg. Arnholz: Wo ist denn der König in Deutschland?)

    — Da müssen Sie sich mal erkundigen, Herr Kollege!

    (Heiterkeit. — Abg. Arnholz: Das wollte ich gern von Ihnen wissen; denn Sie haben den König erwähnt! — Erneute Heiterkeit.)

    Au! 'der anderen Seite muß man sich fragen, ob man nicht durch eine unterschiedliche Behandlung von Freiwilligen und Wehrpflichtigen in der schwerwiegenden Frage des Eides die Einheit des Begriffs „Soldat" zerstört, auf deren Bedeutung der Herr Minister vorhin mit Recht so sehr hingewiesen hat. Wir müssen, glaube ich, alle diese Argumente und noch weitere sehr ernst nehmen,


    (Dr. Kliesing)

    und nichts wäre in dieser Stunde verfehlter, als ungewollt in der Öffentlichkeit den Eindruck hervorzurufen, als ob wir uns über all diese auftauchenden Fragen leichten Herzens so oder so hinwegsetzten. Aus diesem Grunde müssen wir uns ein abschließendes Urteil in der Frage des Eides vorbehalten.
    Wenn ich mir für die Arbeit des Sicherheitsausschusses in diesem Zusammenhang eine Anregung erlauben darf, so möchte ich meinen, der Ausschuß wäre gut beraten, wenn er zur Erörterung dieser Frage und zu einer Darlegung der gesamten Problematik kompetente Vertreter der Kirchen wie der Weltanschauungsgemeinschaften zu seinen Beratungen hinzuzöge.
    Ein ähnliches Problem, das durch den § 6 des Entwurfs eng mit der Frage des Eides als einer Gewissensentscheidung verknüpft ist, ist folgendes: Der § 6 spricht von Treue und Tapferkeit. Es wäre allerdings noch festzustellen, wem die Treue zu -schulden ist. Im § 10 wird die Kameradschaft als gesetzlich verankerte Pflicht festgelegt. Der § 12 lautet: „Der Soldat muß im dienstlichen Verkehr die Wahrheit sagen." Alle diese Vorschriften enthalten ein Gemeinsames: sie sprechen sittliche Normen an, die an sich dazu bestimmt sind, der freien Entfaltung der sittlichen Persönlichkeit — ich betone, der freien Entfaltung der Persönlichkeit — in Erziehung und Selbsterziehung zu dienen. Der Entwurf will nun diesen sittlichen Normen den Charakter einer gesetzlichen Vorschrift geben. Da die auf Grund dieser Normen sich entwickelnde sittliche Persönlichkeit unseres Erachtens die Voraussetzung für die Existenz geordneter menschlicher Gemeinschaften bildet und die Gesetze eines Staates ihren Sinn in der Sicherung solcher Gemeinschaften haben, sind grundsätzlich gegen ein derartiges Verfahren wohl keine Einwendungen zu erheben. Aber das enthebt uns nicht der Verpflichtung, im Einzelfall darüber nachzudenken und zu befinden, ob und inwieweit das Hineinzwängen sittlicher Normen in die Paragraphen eines Gesetzes notwendig und damit vertretbar ist.

    (Abg. Feller: Sehr gut!)

    Der Gesetzentwurf spricht von den Rechten und Pflichten des Soldaten. Das ist sehr begrüßenswert, vor allen Dingen der Versuch der Zusammenfassung in diesem Gesetz. Wir sind der Auffassung, daß der damit beschrittene Weg besser dem Wesen eines ¡demokratischen Staates entspricht als die Praxis der Vergangenheit, 'die der Herr Minister ja bereits angesprochen hat. Es wäre meines Erachtens nur zu überlegen, ob einer Darstellung der Grundpflichten der Soldaten im Gesetze nicht auch eine Manifestierung seiner Grundrechte gegenübergestellt werden sollte.
    Wenn ich hier von Grundrechten spreche, so denke ich dabei nicht so sehr an den Katalog der Grundrechte in 'den einzelnen Artikeln unseres Grundgesetzes, sondern an eine Herausstellung der Anerkennung der menschlichen Achtung und der Menschenwürde, wie sie ja auch die Grundlage unserer Verfassung bilden. Was den verfassungsrechtlichen Katalog der Grundrechte angeht, so ist er in dem vorliegenden Gesetzentwurf nur zum Teil, speziell etwa in der Frage des Wahlrechts, angesprochen. Ich möchte auf die damit verbundenen Probleme hier nicht eingehen, halte es aber für notwendig, darauf hinzuweisen: Aus der Nichtanführung anderer Grundrechte, beispielsweise der
    Koalitionsfreiheit, im Regierungsentwurf schließen wir eindeutig und zweifelsfrei, daß nach dem Willen der Regierung in einer künftigen deutschen Wehrmacht keines dieser Grundrechte einer Einschränkung durch das Gesetz unterworfen sein soll.
    Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf wird nach seiner Verabschiedung Wirkungen hervorrufen, die sich nicht auf das Gebiet des Politischen im engeren Sinne beschränken, sondern die auch tief in idas wirtschaftliche und soziale Gefüge unseres Volkes hineingreifen. Es ist hier nicht der Ort, diese Wirkungen im einzelnen zu beurteilen, vor allen Dingen auch deshalb nicht, weil das vorliegende Gesetz wohl nicht die Möglichkeit bieten wird, diese Wirkungen voll und ganz in seinen Bestimmungen zu erfassen. Aber es sollte doch der Öffentlichkeit klarwerden, daß wir die hier auf den verschiedenen Gebieten auftauchenden Probleme erkennen und auch im Auge behalten werden.
    Erlauben Sie mir noch, Sie in diesem Zusammenhang auf eine Einzelfrage aufmerksam zu machen, die meines Erachtens eng verknüpft ist mit den Problemen, die uns die gegenwärtige soziologische Struktur unseres Volkes und die soziologischen Erfahrungen der Nachkriegszeit aufgeben. § 40 des Gesetzentwurfs schlägt vor, daß für Berufsunteroffiziere das vollendete 55. Lebensjahr und für Berufsoffiziere das vollendete 60. Lebensjahr die Altersgrenze sein sollen. Wir wissen nun alle, daß das Problem ¡der zur Verfügung stehenden menschlichen Arbeitskraft und Leistungsfähigkeit nicht allein mit einem Hinweis auf die derzeitige konjunkturelle Situation beantwortet werden kann. Soziologen, Wirtschaftler, Psychologen und andere mehr weisen uns immer wieder darauf hin, welche besondere Bedeutung Lebenserfahrung und insbesondere Erfahrung in der Menschenführung für die Wirtschaft, aber auch für alle anderen Zweige unseres Lebens gerade heute haben; und das wird sich in Zukunft noch steigern. Wir werden uns also auch von vornherein Gedanken darüber machen müssen, we man Kräften, die aus Gründen, die im Wesen soldatischer Tätigkeit liegen, im besten Mannesalter oder an der Schwelle der Altersreife von einer beruflichen Tätigkeit entbunden werden, noch die Möglichkeit geben kann, ihre Lebenserfahrung und ihre Erfahrung im Dienste der Menschenführung dem ganzen Volk in irgendeiner Form — natürlich nur nach dem Prinzip der Freiwilligkeit zur Verfügung zu stellen. Zugleich könnte darin auch eine Anerkennung des Wertes soldatischer Leistung gesehen werden.
    Diese Überlegungen sind meines Erachtens um so notwendiger, als ich glaube feststellen zu können, daß die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Altersgrenze vielleicht noch etwas theoretisch ist und der Wirklichkeit nicht voll und ganz gerecht wird. Es könnte sich daher — ich will es nicht behaupten — in der Praxis über kurz oder lang für die Bundesregierung die Notwendigkeit ergeben, von der im Entwurf vorgesehenen Möglichkeit einer Rechtsverordnung Gebrauch machen zu müssen, die eine Herabsetzung der Altersgrenze enthalten kann. Ich glaube, wir können uns als Volk den Luxus nicht erlauben, alle diese freiwerdenden Kräfte in beruflicher Hinsicht von vornherein auszuschließen.
    Ich möchte sodann noch ¡auf den Umstand hinweisen, daß der Gesetzentwurf an verschiedenen Stellen — ich erwähne als Beispiel die vorgesehene


    (Dr. Kliesing)

    gesetzliche Regelung des Beschwerderechts des Soldaten — auf andere, noch ausstehende Gesetze hinweist. Hieraus ergibt sich nach unserer Meinung die Notwendigkeit, das Soldatengesetz nicht allzu lange allein im Raum stehenzulassen und sich ergebende Lücken in der Gesetzgebung baldmöglichst zu schließen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, bald zu einer endgültigen gesetzlichen Regelung der Besoldungs-
    und Versorgungsfragen zu kommen. Daher ergeht heute unsere Bitte an die Bundesregierung, den gesetzgebenden Körperschaften baldigst diejenigen Gesetzentwürfe zuzustellen, die erst zusammen mit dem Soldatengesetz ein geschlossenes Ganzes ergeben können.
    Zum Abschluß möchte ich noch eines erklären: Die Einordnung der künftigen Streitkräfte in den demokratischen Staat läßt sich nach unserer Überzeugung nur auf der Basis gegenseitigen Vertrauens bewältigen.

    (Abg. Bausch: Sehr richtig!)

    Natürlich, wenn man an das Vertrauen appelliert, meldet sich auch die Skepsis, und es ist nicht nur das Recht, sondern wohl auch die Funktion der Opposition, den Gedanken und Entwürfen der Bundesregierung mit einem von der Sache her vertretbaren Maß von Skepsis zu begegnen. So nehme ich an, daß auch die Skepsis hier noch zu Worte kommen wird. Aber wir sollten uns doch einig sein in der einen Feststellung, daß Skepsis allein die Probleme, vor denen wir stehen, nicht lösen kann. Dazu bedürfen wir eben, wie gesagt, des gegenseitigen Vertrauens.
    Wir wissen nun um die starken Ressentiments, die in den Kreisen ehemaliger Berufssoldaten und, in entgegengesetzter Form, in anderen Schichten unseres Volkes noch sehr weit verbreitet sind. Wir verstehen den Ursprung dieser Ressentiments und würdigen sie als Ergebnisse einer weithin persönlichen Erfahrung. Aber diese Feststellung enthebt uns nicht der Pflicht, hier auszusprechen, daß die staatspolitischen Probleme der deutschen Wiederbewaffnung nicht aus dem Emotionalen heraus gelöst werden können, sondern daß die Überwindung aller auch noch so fest verhafteten Ressentiments auf beiden Seiten die notwendige Veraussetzung für die Schaffung einer Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens und damit zu einer Meisterung der Probleme ist. Nur wenn Staat und Wehrmacht fest zueinander stehen und bereit sind, füreinander einzustehen, vermeiden wir es, die dunklen Schatten einer unseligen Vergangenheit heraufzubeschwören. Sachliche Arbeit im gegenseitigen Vertrauen allein vermag es, die Aufgabe der Einfügung der Streitkräfte in die demokratische, in die freiheitliche Ordnung so zu bewältigen, daß das erreicht wird, wonach wir doch alle streben sollten, daß nämlich ,der künftige deutsche Soldat als der demokratische Staatsbürger in Uniform nicht zu einer Belastung wird, welche die demokratische Entwicklung unseres Volkes hemmt, sondern zu einer Kraft, die sie fördert.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Merten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Merten


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung des Gesetzes über die vorläufige Rechtsstellung der Freiwilligen in den Streitkräften, die wir am 15. und 16. Juli dieses Jahres in diesem Hause hatten, sind von meinen Freunden Ausführungen darüber gemacht worden, ob es zweckmäßig erscheine, gerade jetzt die gesetzlichen Grundlagen für die Aufstellung von deutschen Truppen zu schaffen, und ob es weiterhin zweckmäßig sei, das gerade in der Form zu tun, wie die Vorlagen der Bundesregierung dem Hohen Hause vorgelegt worden sind. Die Äußerungen, die damals — vor einem Vierteljahr — in bezug auf das Freiwilligengesetz gemacht worden sind, und die Bedenken, die damals hier zum Ausdruck gebracht worden sind, scheinen mir auch heute noch in vollem Ausmaß gültig zu sein; ja ich glaube, sie haben sich sogar noch durch die politische Entwicklung der Zwischenzeit verstärkt. Die politischen Erkenntnisse, die in diesem Vierteljahr gewonnen werden konnten, haben uns noch in der Auffassung bestärkt, daß es im Augenblick nicht richtig, nicht zweckmäßig und nicht vernünftig ist, derartige Dinge durch das Hohe Haus regeln zu lassen.
    Wir standen damals genau wie heute vor einer wichtigen Konferenz der vier Besatzungsmächte in Genf. Wir stehen heute ebenfalls am Vorabend einer derartigen Konferenz. Jeder von uns weiß, daß auf dieser Konferenz Dinge besprochen und vielleicht auch entschieden werden, die für die Zukunft unseres Landes von entscheidender Bedeutung sind. Wir alle hoffen, daß diese Entscheidungen den Weg frei machen für die Wiedervereinigung unseres Landes in Frieden und Freiheit, ohne die, wie wir glauben, es keine Entspannung und keine friedliche Entwicklung geben kann.
    Die Sozialdemokratische Partei hat vor einem Vierteljahr vor der Aufrüstung der Bundesrepublik gewarnt, weil sie glaubt, daß durch diese Aufrüstung die Wiedervereinigungsverhandlungen erschwert, verzögert oder gar unmöglich gemacht werden können. Wir sind heute nicht sehr glücklich darüber, feststellen zu müssen, wie sehr wir damals recht gehabt haben. Deswegen sprechen wir uns auch heute wieder aus außenpolitischen und innenpolitischen Gründen gegen die Vorlage dieses Gesetzes zu diesem Zeitpunkt aus.
    Ich werde nicht weiter wiederholen, was noch im einzelnen von dieser Stelle aus zu dieser Frage gesagt werden könnte. Wir werden darauf zurückzukommen haben, wenn die zweite und dritte Beratung des Gesetzes anstehen. Ich habe jedoch noch erhebliche Bedenken innenpolitischer Natur anzumelden, die ich hier zum Ausdruck bringen will, und zwar nicht, um, wie mein Kollege Kliesing vorhin zu vermuten schien, einer Skepsis schlechthin das Wort zu reden, sondern um von dieser Skepsis her einen positiven Beitrag für eine vernünftige und vertrauensvolle Entwicklung zu liefern.
    Der Herr Verteidigungsminister hat im Sommer dieses Jahres in einer Regierungserklärung den Umfang der Wehrgesetzgebung umrissen. Er hat damals Ausführungen über die Wehrverfassung und über den verfassungsrechtlichen Standort der Wehrorganisation gemacht. Aus diesen Ausführungen haben wir entnehmen können, daß die Frage des Oberbefehls, die Frage der landsmannschaftlichen Gliederung der Streitkräfte, die Frage der Wehrverwaltung und die Frage des Notstandsrechtes dringend einer Regelung bedürfen. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit ferner daran, daß der Bundesrat sich bei der Beratung dieser Vor-


    (Merten)

    lage auf den Standpunkt gestellt hat, daß die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für die Durchführung dieses Gesetzes nicht gegeben sind. Obwohl wir also vor einer ganzen Reihe von ungeklärten Verfassungsfragen stehen — Fragen, die unser Grundgesetz betreffen, Fragen, die auch für die künftige Entwicklung der Truppe im Gefüge des Staates von entscheidender Bedeutung sind —, obwohl das alles bekannt ist, wird, wie ich den Eindruck habe, frisch drauflosgewirtschaftet, um ja möglichst schnell zu Leuten zu kommen, die man in eine Uniform stecken kann.
    Dazu kommt noch etwas anderes. Neben diesen verfassungsrechtlichen Fragen muß nach Auffassung der Sozialdemokraten noch eine Fülle von Einzelgesetzen geschaffen werden, bevor der erste Soldat eingestellt wird, um von vornherein klare Rechtsverhältnisse zu schaffen. Herr Kollege Kliesing hat auf diese Tatsache ebenfalls hingewiesen und hat den Wunsch geäußert, daß möglichst bald, vor Abschluß der Beratungen über dieses Gesetz auch die anderen dringend notwendigen Einzelgesetze vorgelegt werden, damit klare Rechtsverhältnisse geschaffen werden können. Ich denke dabei u. a. an die Gesetze über die Organisation der Verteidigung, die Spitzengliederung der Streitkräfte und die endgültige Organisation des Bundesverteidigungsministeriums. Die Notwendigkeit dieser Gesetze ist durch die Beschlüsse des Hauses zum Freiwilligengesetz festgelegt worden; sie ist bekannt. Diese Gesetze gehören an den Anfang der Entwicklung und nicht an ihr Ende; denn dann müssen, sie sich mit vollendeten Tatsachen auseinandersetzen. Wir alle kennen die Schwierigkeiten, die dem Gesetzgeber von der Verwaltung bereitet werden, indem man ihn vor vollendete Tatsachen stellt, ehe es gelungen ist, die Dinge auf dem Wege der Gesetzgebung zu regeln. Wir warnen vor einer derartigen Entwicklung.
    Ich denke ferner an die Regelung über Einstellung und Entlassung von Berufssoldaten, über die Disziplinarverfahren und Disziplinarstrafen, an die Beschwerdeordnung. Ferner sind, wie Herr Dr. Kliesing schon gesagt hat, ein Besoldungsgesetz und ein Versorgungsgesetz notwendig. Es ist notwendig, gewisse strafrechtliche Bestimmungen für die Wehrmacht zu schaffen. Notwendig ist welter die gesetzliche Regelung der parlamentarischen Kontrolle über die Streitkräfte, des Wehrmachtbevollmächtigten oder wie immer Sie diese Institution nennen wollen. Alle diese Gesetze, die ich jetzt genannt habe — und es sind nur die wichtigsten gewesen —, müßten vorher erledigt sein, ehe man sich mit der Materie befaßt, die in dem vorliegenden Entwurf behandelt wird. Ich glaube, daß die einzigen Gesetze, die erst nachher behandelt zu werden brauchen, das Wehrpflichtgesetz und das Gesetz über die Kriegsdienstverweigerung sind, die ja zusammengehören und gleichzeitig verabschiedet werden müssen.
    Die Sozialdemokratische Partei bedauert es sehr, daß man offensichtlich nicht gewillt ist, vor der Aufstellung von Streitkräften hier eine saubere Arbeit auf dem Gebiete der Gesetzgebung zu leisten, sondern daß man es aus Gründen politischer Art, über die man streiten kann, für richtig hält, sich auf einer unsicheren Rechtsgrundlage zu bewegen. Es ist unsere Pflicht gerade gegenüber den zukünftigen Soldaten und nicht zuletzt gegenüber dem gesamten Gefüge unseres Staates, der Organisation der Streitkräfte eine klare Rechtsgrundlage zu geben und aus dem rechtlichen Zwielicht herauszukommen, in dem wir uns augenblicklich mit der Aufstellung der Streitkräfte bewegen.

    (Abg. Arnholz: Sehr gut!)

    Die aufgezeigten Gründe sind neben den bereits erwähnten politischen Gründen für meine Freunde und mich maßgebend dafür gewesen, mit einer außerordentlichen Skepsis an die Betrachtung des vorliegenden Entwurfs heranzugehen.
    Ich möchte noch einige Bemerkungen zum Inhalt des vorliegenden Entwurfs machen. Die ganze Konstruktion des Gesetzentwurfs leidet darunter, daß man versucht hat, die Rechtsverhältnisse von vier ganz verschiedenen Personengruppen in einem Gesetz zusammenzufassen. Der Entwurf handelt von den Berufssoldaten, er spricht von den Soldaten auf Zeit, die Wehrpflichtigen werden in diesem Gesetz angesprochen und nicht zuletzt und merkwürdigerweise, möchte ich sagen, die Zivilangestellten der zukünftigen Streitkräfte. In der Begründung des Herrn Ministers und in der schriftlichen Begründung der Bundesregierung heißt es, daß alle Soldaten durch die Gleichartigkeit des Pflichtenkreises so eng miteinander verbunden seien, daß man sie in einem einzigen Gesetz ansprechen könne. Meine Damen und Herren, das trifft erstens nur in einem beschränkten Umfang zu. Zweitens aber ist es niemals eine ausreichende Begründung dafür, die Rechtsverhältnisse von Menschen in einem Gesetz zu regeln, die zwar ziemlich gleichartige Pflichten, aber ganz verschiedene Rechte haben.
    Hieraus entsteht naturgemäß eine Unzahl von technischen Schwierigkeiten, unter denen das ganze Gesetz leidet. Das geht schon daraus hervor, daß, wie Herr Dr. Kliesing mit Recht betont hat, in diesem Gesetz auf eine Unzahl von zukünftigen Gesetzen und Rechtsverordnungen hingewiesen wird, die noch gar nicht existieren. Ich habe nach einer Zählung festgestellt, daß es insgesamt 14 Gesetze und Rechtsverordnungen sind, die noch benötigt werden, um dieses Gesetz ausführen zu können.

    (Abg. Arnholz: Hört! Hört!)

    Wir wissen aus der Erfahrung der Praxis, daß derartige Verweisungen in Gesetzen keine schöne Angelegenheit sind und die Ausführung und auch das Verständnis der Gesetze erschweren. Das ist bereits nicht schön, wenn die anderen Gesetze, auf die verwiesen wird, schon existieren; es ist aber ein unmöglicher Zustand, wenn auf Dinge verwiesen wird, deren Regelung überhaupt erst in der Zukunft erfolgen soll. Die Regelung dieser Dinge ist aber mit dafür entscheidend, wie dieses Gesetz nachher angewandt wird. Der Gesetzgeber muß schon jetzt, wenn er dieses Gesetz beschließt, wissen, wie die anderen Regelungen aussehen werden; denn sonst kann er einem solchen Gesetz nicht mit gutem Gewissen seine Zustimmung geben.

    (Abg. Arnholz: Sehr richtig!)

    Man sollte von einem Gesetz überhaupt eine nüchterne und klare Sprache verlangen; denn ein Gesetz soll Rechtsfragen regeln und soll der Verwaltung und der Rechtsprechung die Voraussetzungen schaffen, damit sie schnelle und klare Entscheidungen treffen können. Ich habe das Gefühl, daß in dem vorliegenden Entwurf diese Bedingungen nicht erfüllt werden. Der Entwurf versucht zwar, etwas zu tun, was wir außerordentlich begrüßen und was auch der Herr Minister in seinen


    (Merten)

    einführenden Worten angesprochen hat: er versucht, die Pflichten der Soldaten in ein Gesetz hineinzuschreiben, d. h. er versucht, sie der parlamentarischen Zustimmung und der parlamentarischen Kontrolle zu unterwerfen im Gegensatz zu einer Zeit, wo derartige Dinge lediglich in den Erziehungsleitsätzen und in den militärischen Vorschriften zu finden waren, die nicht dem Einfluß des Parlaments unterlagen. Wir begrüßen diese Absicht sehr, und wir werden uns mit allen Kräften daran beteiligen, diese Absicht auch wirklich zum Tragen zu bringen. Aber muß man, um nun diese Absicht verwirklichen zu können, in ein Gesetz mit einer Sprache, die ich geradezu als heraldisch bezeichnen möchte, die aber zumindest reichlich antiquiert ist, ethische Forderungen in Paragraphen hineinbauen, die, wenn man sich diese Paragraphen genau ansieht, letzten Endes zu nichts verpflichten, weil jeder dieser ethischen Begriffe, der da drinsteht, zumindest stark umstritten ist, auf jeden Fall aber außerordentlich auslegungsfähig, ja auslegungsfähig ist bis in das genaue Gegenteil von dem, was der Gesetzgeber in diesem Entwurf eigentlich wollte?

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Ich glaube, daß man, wenn man die Pflichten des Soldaten in ein Gesetz hineinschreiben will, das in einer Sprache tun muß, die gar nicht nüchtern und einfach genug sein kann.

    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)

    Man muß sich außerordentlich davor hüten, Begriffe zu gebrauchen, die den Schluß zulassen könnten, daß gewisse Leute doch noch nicht aus einem antiquierten Denken herausgekommen sind, daß in ihrem Denken immer noch die Kategorien gültig sind, die vor, sagen wir, 30 oder gar 50 Jahren einmal gültig waren. Wenn man in einem solchen Gesetz auf diese Dinge zu sprechen kommt, muß man auch zu unterscheiden wissen, was in das Gesetz und was in die Leitsätze zur Erziehung gehört, die selbstverständlich in einer ganz anderen Sprache geschrieben sein können, als es die Gesetzessprache sein muß.
    Wir werden also bei der Beratung dieses Gesetzes zu prüfen haben, ob nicht vieles aus den §§ 6, 8, 10, 11 und 31, die hauptsächlich diesen Komplex umfassen, umformuliert und in eine Form gebracht werden muß, die dann nachher als Richtlinie für die Ausbildung brauchbar ist.
    Zu einer anderen Frage, die bereits Herr Dr. Kliesing angesprochen hat, möchte ich ebenfalls noch einige Worte sagen: der Frage des Eides. Meine Damen und Herren, der Sicherheitsausschuß dieses Hauses hat sich wiederholt und sehr ausführlich mit der Frage des Eides befaßt. Obwohl er das getan und dieses Haus bei der Verabschiedung des Freiwilligengesetzes geglaubt hat, von der Festlegung des Fahneneides absehen zu sollen, und an seine Stelle eine Verpflichtung gesetzt hat, obwohl also der Wille des Parlaments verhältnismäßig klar zum Ausdruck gekommen ist, finden wir in diesem Entwurf in § 16 doch wieder die Verpflichtung zur Eidesleistung. Dr. Kliesing hat über die Gewissensnot und die Schwierigkeiten gesprochen, die sich mit dieser Frage verbinden. Die Gewissensnot besteht nicht nur für den Gesetzgeber, sondern sie entsteht ja noch in weit größerem Maße bei denen, die nachher diesen Eid Leisten sollen. Es bedarf also einer erneuten Diskussion über diese Frage. Ich kann Ihnen aber heute schon sagen, daß sich meine Freunde und ich auf jeden Fall gegen die Verankerung des Fahneneides in diesem Gesetz für alle Soldaten aussprechen werden. Es wird darüber gesprochen werden können, ob man es für die Verpflichtung bei der Formel des Freiwilligengesetzes beläßt oder eine andere, bessere Formel findet.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Herrn Ministers Dr. Straeter verweisen, die er am 22. Juli zu dieser Angelegenheit im Bundesrat gemacht hat und denen man eigentlich nicht viel hinzuzusetzen braucht. Er berief sich darauf, daß gerade die Älteren unter uns unter der Anrufung Gottes seit 1900 bereits viermal einen Eid auf vier völlig verschiedene politische und militärische Systeme leisten mußten. Manchmal wurden sie von diesem Eid entbunden, manchmal aber auch nicht. Das hat jedoch keinen Menschen und vor allen Dingen den Staat nicht gehindert, trotzdem einen neuen, anderen Eid von ihnen zu verlangen und ihnen mit Entlassung aus dem öffentlichen Dienst zu drohen, falls sie diesen Eid nicht leisten sollten. In diesem Punkt hat sich der Staat, wenn es ihm richtig erschien, über alle Gewissensnöte, über alle Gewissens- und schwere religiöse Bedenken hinweggesetzt. Dadurch ist der Diensteid natürlich überhaupt entwertet worden. Ich gehe so weit, zu sagen, daß er wegen des viermaligen Änderns und der Zumutung an einen öffentlichen Bediensteten, sich viermal über den alten Eid hinwegzusetzen, letzten Endes zu einer Farce für diese Leute geworden ist. Es werden keine moralischen Kräfte mehr durch ihn geweckt, sondern es wird allenfalls das böse Gewissen durch ihn lebendig. Wir freuen uns darüber, daß auch von weiten kirchlichen Kreisen die Auffassung vertreten wird, daß die Schaffung des Diensteides in bezug auf die künftigen Soldaten verhindert werden sollte, eben im Interesse der religiösen Kräfte, die in den Menschen lebendig sind. Auch über diese Frage werden wir im Ausschuß hoffentlich schnell zu einer Einigung kommen.
    Der Herr Minister hat in seinen Ausführungen einen verhältnismäßig breiten Raum der Frage der politischen Betätigung der Soldaten gewidmet. Auch ich möchte zu dieser Frage etwas sagen, weil sie in diesem Gesetz an zwei Stellen sehr deutlich angesprochen ist.
    Wir haben in den vergangenen Jahren eine Menge schöne Worte über den „Staatsbürger in Uniform" gehört. Wir hatten nicht immer das Gefühl, daß diese Worte sehr ehrlich gemeint gewesen sind.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Den Beweis dafür erbringt der vorliegende Entwurf; denn in seiner politischen Funktion wird der Soldat gegenüber den Beamten und erst recht gegenüber den übrigen Staatsbürgern schlechter gestellt, als es die besonderen militärischen Belange erforderlich machen würden.
    Die Regeln für die aktive Betätigung des Soldaten in der Politik, die in § 15 niedergelegt sind, sind außerordentlich unklar und sehen Einschränkungen der politischen Betätigung vor, die in dieser Form nicht notwendig zu sein scheinen. Meine Damen und Herren, gerade in diesem Hause, das sich doch aus politischen Parteien zusammensetzt, sollte eigentlich keine Meinungsverschiedenheit darüber bestehen, daß die intensive politische Mitarbeit in einer demokratischen Partei die denkbar


    (Merten)

    beste staatsbürgerliche Erziehung überhaupt ist, die sich eindemokratischer Staat nur wünschen kann.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber die Erziehung zur politischen Neutralität, die man heute an vielen Stellen unter überparteilicher Staatsbürgerkunde versteht, führt letzten Endes zu nichts anderem als zu politischem Abseitsstehen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist schon einmal dagewesen!)

    Wir müssen die Mitarbeit der Soldaten in den Parteien mit allen Mitteln fördern, dürfen sie aber nicht bremsen, wie es in diesem Gesetz geschehen ist; sonst hätten wir nämlich aus der Vergangenheit wahrhaftig nicht allzuviel gelernt.
    Gestatten Sie mir eine weitere Bemerkung zur Stellung des Soldaten im politischen Leben seines Volkes, nämlich zum passiven Wahlrecht. Warum werden die Soldaten in bezug auf das passive Wahlrecht schlechter gestellt als die übrigen Staatsdiener? Praktisch läuft das, was in diesem Gesetz steht, doch darauf hinaus, daß die Aufstellung als Kandidat auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene für irgendeine Wahl mit dem Verlust der Existenz gleichbedeutend ist. Das geht unter gar keinen Umständen; denn das bedeutet praktisch, daß man den Soldaten das passive Wahlrecht nimmt.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Darüber kann man sich durch noch so viele schöne Formulierungen nicht hinwegtäuschen. Ich bin der Auffassung, daß die Soldaten in bezug auf das passive Wahlrecht den anderen Staatsdienern völlig gleichgestellt werden müssen. Ich kann keinen Grund dafür einsehen, daß sie schlechter gestellt werden sollen.
    Gerade an dieser Stelle des Entwurfs stößt man auf ein veraltetes Denken, ja man spürt geradezu den Geist der alten Reichswehr, der aus diesen Worten spricht — die Formulierungen stammen ja auch daher —, den Geist, der in der Politik
    Geschäft unwürdiges Geschäft sieht, zu dem sich ein Soldat nicht herablassen oder mit dem er sich nicht beflecken sollte. Dieser Geist muß in der künftigen Truppe ausgerottet werden, und es muß verhindert werden, daß er überhaupt auch nur in den kleinsten Anfängen aufkeimen kann. Darüber werden wir im Ausschuß zu reden haben. Nach den Ausführungen des Hern Ministers und auch des Herrn Kollegen Kliesing glaube ich, daß wir in den Grundsätzen einig sind und auch eine Form finden werden, die diese Grundsätze in die Praxis übersetzen kann.
    Zur Frage des Vertrauensmannes möchte ich noch ein Wort sagen. Der Vertrauensmann in der Truppe wird in diesem Gesetz an zwei Stellen angesprochen, in § 30 und in den Schlußbestimmungen. Aber die Regelung, die hier gefunden ist, scheint uns nicht befriedigend zu sein; sie wird auf „besondere Gesetze" — zum mindesten zwei — und eine Rechtsverordnung verwiesen. Ich glaube aber, daß diese Frage gelöst sein muß, ehe der erste Soldat eine Uniform anzieht.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Gar nicht früh genug und gar nicht umfassend genug kann man über diese Frage sprechen. Gerade meine Freunde und ich legen den allergrößten Wert auf eine gute gesetzliche Regelung der Stellung
    des Vertrauensmannes in der Tuppe. Denn gerade er kann für den Geist der Truppe, oder ich möchte mich anders ausdrücken: für das Betriebsklima in den Streitkräften von entscheidender Bedeutung sein, je nachdem, ob seine Funktion richtig gesehen und gesetzlich entsprechend geregelt wird oder nicht.
    Eine Fülle von Fragen, die hier nicht im einzelnen behandelt werden sollen, die uns aber im Ausschuß sehr stark beschäftigen werden, ergibt sich aus dem Vergleich des Beamtenrechts mit dem vorliegenden Gesetzentwurf. Er bezieht sich an unzähligen Stellen auf das Beamtenrecht, übernimmt es zum Teil wörtlich, teilweise auch aus dem Entwurf des Beamtenrechts Rahmengesetzes, das noch gar nicht verabschiedet ist. Er schafft an einigen Stellen Unterschiede zwischen den Beamten und den Berufssoldaten, die mir nicht recht verständlich erscheinen. Es muß über diese Dinge geredet werden. Gerade jetzt scheint es doch sehr erwägenswert zu sein, ob nicht die Regelung zweckmäßig ist, die man in Österreich bei der Aufstellung der dortigen Truppen gefunden hat, indem nämlich die Berufsoffiziere und Berufsunteroffiziere als eine Beamtenkategorie einfach in das Bundesbeamtenrecht der österreichischen Republik übernommen worden sind. Ich glaube, daß die Änderungen des Beamtenrechts, die sich in bezug auf ,die Berufssoldaten vielleicht als notwendig erweisen — sie werden sehr wenige Punkte umfassen —, einfacher durchzuführen sind, als hier in einem besonderen Gesetz einen sehr großen Komplex zu schaffen und damit nun doch wieder neben den Beamten eine besondere Kaste von Staatsdienern in unserem Volke aufzubauen und ,alle Gefahren in Kauf zu nehmen, die damit bekanntlich verbunden sind.
    Die Bedeutung des verbrecherischen Befehls ist angesprochen worden. Die Lösung in diesem Gesetz ist besonders dann, wenn man die. Begründung gelesen hat, nicht befriedigend, weil sie nämlich doch letzten Endes das gesamte Risiko für die Ausführung eines verbrecherischen Befehls dem Untergebenen aufbürdet

    (Abg. Feller: Sehr richtig!)

    und nicht etwa idem, der diesen Befehl gegeben hat. Ich hätte gedacht, daß man nach den Erfahrungen ides letzten Krieges und nach den Prozessen, die gegen ehemalige deutsche Soldaten von ausländischen Staaten geführt worden sind, hier eine Regelung gefunden hätte die derartige Prozesse in der Zukunft unmöglich gemacht bzw. bei diesen Prozessen die tatsächlich Verantwortlichen erreicht hätte und nicht diejenigen, die bei Nichtausführung eines Befehls doch damit rechnen mußten, ihr Leben zu verlieren.

    (Abg. Dr. Mende: Sehr richtig!)

    Eine weitere Frage ist ebenfalls in diesem Gesetz zu klären — sie ist im Entwurf überhaupt nicht angesprochen —, nämlich die Frage der Entlassung der Berufssoldaten. Es werden nur die Entlassungsgründe aufgeführt, die auch im allgemeinen Beamtenrecht gegeben sind. Aber bei Soldaten gibt es ,auch noch Entlassungsgründe anderer Natur. Was soll werden, wenn beispielsweise einmal die Armee aus irgendeinem Grunde verkleinert werden muß? Diese Möglichkeit wird doch heute im Zeitalter der Abrüstung nicht von der Hand zu weisen sein. Was soll werden, wenn beispielsweise die Armee einmal aufgelöst werden


    (Merten)

    muß? Wenn man sich ernsthaft mit der Frage der Wiedervereinigung Deutschlands und den Rechtsfolgen, die daraus entstehen, befaßt, muß man auch mit der Möglichkeit rechnen, daß — als Vorbedingung der Wiedervereinigung — die in den beiden Teilstaaten aufgestellten Armeen einmal aufgelöst werden müssen. Man sollte gerade in dieser Situation auch die gesetzlichen Möglichkeiten ins Auge fassen, die da notwendig sind, damit nicht plötzlich enorme rechtliche Schwierigkeiten entstehen. Ich sehe vor meinem geistigen Auge schon schreckhaft die „Interessengemeinschaft der Wiedervereinigungsgeschädigten" aufsteigen. Auch daran sollte man also rechtzeitig denken, damit dann nicht wieder eine neue Zeitnot in dieser Frage entsteht.
    Auch die Frage der Übernahme der ehemaligen Wehrmachtangehörigen — und die werden ja im Augenblick überhaupt das Hauptkontingent der zu übernehmenden Soldaten sein — bedarf noch einer eingehenden Prüfung. Gerade der § 55, der sehr gut gemeint ist, öffnet letzten Endes dem Denunziantentum Tür und Tor. Mir wäre mehr Sorgfalt und etwas längere Zeitdauer bei der Einstellung erheblich lieber, als daß nach der Einstellung angefangen wird, in der Vergangenheit des Betreffenden herumzurühren und von da aus Entlassungsgründe zu finden, die sonst im Beamtenrecht urbekannt sind. Wir müssen da zu einer besseren Lösung kommen. Es ist auch nicht hinzunehmen, daß hier für die früheren Soldaten ein gegenüber den Beamten und den neuen Soldaten, die unter diese Bestimmung nicht Lallen, ungleiches Recht geschaffen wird.

    (beachtet worden sind, wie wir das gern gesehen hätten. Darüber ist kein Wort gesagt; es ist aber notwendig, daß diese Frage jetzt schon geregelt wird. Wir verlangen auch hier — und wir werden das im Ausschuß durchzusetzen haben —, daß die Verhandlungen des Sicherheitsausschusses aus früheren Jahren mehr Beachtung finden, als das tatsächlich geschehen ist. Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Wir Sozialdemokraten haben schwere politische und auch schwere rechtliche Bedenken gegen diesen Entwurf. Die politischen Bedenken zu beseitigen, liegt erstens nicht allein in der Hand der Mehrheit dieses Hauses, und zweitens glauben wir auch nicht, daß es Ihnen gelingen könnte, sie zu beseitigen. Ob die schweren rechtlichen Bedenken beseitigt werden können, wird die Arbeit im Ausschuß zeigen. Die Sozialdemokratische Partei ist zur Mitarbeit im Ausschuß so lange bereit, solange das Verhalten der Mehrheit eine derartige Mitarbeit sinnvoll erscheinen läßt. Wir haben nicht die Absicht, Skepsis um jeden Preis gegenüber diesem Gesetz und gegenüber der Mitarbeit im Ausschuß zu treiben. Die Skepsis allein genügt nicht, sagte Herr Dr. Kliesing mit Recht; aber Sie müssen mir verzeihen, wenn ich Ihnen sage, daß unser Verhalten nichts anderes ist als eben der Widerhall dessen, wie sich die Mehrheit des Ausschusses in der Diskussion und im Gepräch verhält. Die Behandlung des Freiwilligengesetzes und des Personalgutachterausschuß-Gesetzes im Sicherheitsausschuß des Bundestages hat in unsere bereits sehr verhärteten Gemüter wieder ein ganz klein wenig Hoffnung einziehen lassen. Ob diese Hoffnung berechtigt war oder nicht, wird die weitere Arbeit im Ausschuß zeigen. Sollte sie berechtigt gewesen sein, dann können Sie auf eine konstruktive Mitarbeit der Sozialdemokratischen Partei rechnen, aber eben nur so lange. Ich hoffe, daß es dann gelingt, auch in den politischen Fragen, die mit diesem Gesetz auf das engste zusammenhängen, zu einer Annäherung der Standpunkte zu kommen und letzten Endes auch in bezug auf die Aufstellung bewaffneter Streitkräfte das zu finden, was uns allen, unserm Land und der Zukunft unseres Landes dienstbar und wertvoll ist. Das Wort hat der Herr Bundesverteidigungsminister. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur eine kurze Richtigstellung vornehmen. Mein sehr verehrter Herr Vorredner hat u. a. gesagt, in der Regierungserklärung sei zum Ausdruck gekommen, daß eine Reihe von Regelungen dringend einer Verfassungsänderung bedürfe. Ich darf daher mit Ihrer gütigen Erlaubnis, Herr Präsident, damit dieser Irrtum nicht im Raum stehenbleibt, aus der damaligen Regierungserklärung ein kurzes Zitat geben. Ich habe damals, am 27. Juni 1955, gesagt: Wenn sich einerseits aus den bisherigen Darlegungen ergibt, daß für den endgültigen Aufbau der Streitkräfte eine große Zahl von Gesetzen nötig ist, so ist die Bundesregierung andererseits der Auffassung, daß es einer formellen Ergänzung des Grundgesetzes für die Aufstellung der Streitkräfte aus rechtlichen Gründen nicht bedarf. (Abg. Dr. Becker [Hersfeld]: Die Ansicht ist falsch!)


    (Sehr gut! bei der SPD.)


    (Beifall bei der SPD.)