Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme bekanntlich weder aus Bremen noch aus Bremerhaven, ich komme aus Hamburg, bin aber nicht trotzdem, sondern gerade deswegen sehr gerne bereit, meinen Freunden in dem Lande Bremen angesichts der bevorstehenden Ereignisse die nötige Unterstützung von diesem Platz zu geben, indem ich, wie ich das nun schon seit 1949 des öfteren getan habe, ein paar Worte zugunsten des Wiederaufbaus der deutschen Passagierschiffahrt sage.
Wir können ja feststellen, daß die großen Reedereien nicht mehr, wie wir es in den vergangenen Jahren begreiflicherweise erlebt haben, den Aufbau der deutschen Passagierschiffahrt zögernd behandeln, weil ihnen der Aufbau der Frachtschiff-
fahrt am notwendigsten erschien. Wir alle in diesem Hause sind der Auffassung — zumal auch die großen Reedereien, insbesondere Hapag und Lloyd, heute doch mehr zu dieser Auffassung neigen —, daß wir, wie ich es einmal in diesem Hause kurz vor den Parlamentsferien zum Ausdruck gebracht habe, den Anschluß an die Weltpassagierschifffahrt nicht verpassen dürfen. Wir sind allmählich in die Zeit hineingerückt, wo dies tatsächlich der Fall sein könnte.
Wir sind sehr damit einverstanden, daß der Herr Bundesverkehrsminister erneut betont hat, daß es weder um den Bau von Luxusdampfern noch etwa um den Wettbewerb um das Blaue Band auf dem Nordatlantik geht, sondern es geht ausschließlich um die Möglichkeit, an diesem friedlichen Konzert auf den Meeren der Welt mit kombinierten Fracht- und Passagierschiffen oder vielleicht auch mit Touristenschiffen nach dem holländischen Beispiel wieder beteiligt zu sein; denn wir wissen, welche Unterstützung die nationale Flagge für unser Ansehen und überhaupt für das Ansehen einer seefahrenden Nation bedeutet. Es wird Sie, meine Damen und Herren, vielleicht interessieren, wie beliebt die deutschen Passagierschiffe, soweit wir solche in direkter oder indirekter Form schon wieder haben, also beispielsweise die „Italia" der Hapag, die „Berlin" des Norddeutschen Lloyd, aber auch die hervorragenden Schiffe, die nach Qstasien fahren, die „Frankfurt", die „Hamburg" und die „Hannover", die etwa 70 bis 80 Passagiere mitnehmen, gerade auch bei den Ausländern sind. In der Ostasienfahrt z. B. sind diese Schiffe meistens zu 70 % mit Engländern besetzt, obgleich sie fahrplanmäßig nicht die schnellste Fahrt auf dieser Route haben. Bedenken Sie bitte auch, daß, wenn man von dem Wiederaufbau der Passagierschiffahrt l überhaupt spricht, man natürlich die Fahrtengebiete sehr unterschiedlich beurteilen muß. Es ist ein Unterschied, ob man an die Fahrten nach Ostasien, nach Südamerika denkt oder, was hier in erster Linie zur Debatte steht, an die Fahrten über den Atlantik.
Ich muß allerdings auch meinem Kollegen Wehr insofern zustimmen, als ich sage, daß die Ausführungen des Herrn Bundesverkehrsministers recht allgemeiner Art gewesen sind. Wir wissen um die Schwierigkeiten, insbesondere um die Finanzierungsschwierigkeiten. Aber was wir gerne möchten, ist, daß ein engerer Kontakt zustande kommt zwischen der Bundesregierung und den interessierten Reedern, zwischen den Landesregierungen und mit den Werften, um einmal zu untersuchen, welcher Typ der beste ist und wann wir mit diesen Dingen beginnen können.
Meine Damen und Herren, Sie haben in diesem Hause einmütig das Gesetz über den Wiederaufbau der deutschen Frachtschiffahrt, das sogenannte WAD, verabschiedet. Es scheint so, als ob dieses Gesetz mit dem angestrebten Ziel der 31/2 Millionen Bruttoregistertonnen auf dem Gebiete der Frachtschiffahrt allmählich beginnt, seine Aufgaben erfüllt zu haben.
Ich glaube auch namens der FDP zu dieser Frage der Passagierschiffahrt etwas sehr Positives beitragen zu können. Im Grundsatz wollen wir die Passagierschiffahrt. Wir wollen sie aber mit einiger Vorsicht angefaßt wissen. Man soll sich überlegen, wie man dieses allmählich auslaufende WAD durch entsprechende praktische Änderungen für den sehr schwierigen Wiederaufbau der Passagierschiffahrt umgestalten kann. Der Gedanke an den Wiederaufbau einer Passagierschiffahrt darf nicht untergehen. Es ist doch wohl, glaube ich, der Haupteffekt der Auseinandersetzungen und der Debatten hier heute morgen, daß einmütig von allen Seiten des Hauses noch einmal festgestellt wird: Jawohl, in einem vernünftigen Rahmen wollen wir für das Ansehen Deutschlands und als ein praktisches Bedürfnis den Wiederaufbau einer deutschen Passagierschiffahrt.