Rede:
ID0208004400

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2080

  • date_rangeDatum: 5. Mai 1955

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Mai 1955 4399 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. Mai 1955. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4400 D, 4449 D Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . 4457 Mitteilung über Vorlage eines Berichts des Bundesministers für Wirtschaft über die Bauhilfe für die Stadt Kehl (Drucksache 1371) 4400 D Große Anfrage der Fraktion des GB/BHE u. Gen. betr. Anleihen der Lastenausgleichsbank zugunsten des Ausgleichsfonds (Drucksache 1168) 4401 A Dr. Kather (GB/BHE), Anfragender 4401 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4403 D Ohlig (SPD) 4404 C Unterbrechung der Sitzung . 4407 A Kuntscher (CDU/CSU) . . . 4407 A, 4412 B Dr. Gille (GB/BHE) 4409 D Miller (CDU/CSU) 4411 D Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Abgabenfreie Einfuhr von Tabakwaren im Reiseverkehr (Drucksachen 1073, 217) 4412 B, 4458 Peters (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 4458 Beschlußfassung 4412 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Nachträgliche Mitteilung an den Bundestag von der Bestellung eines Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken des ehem. Artillerie-Arsenals und des ehem. Scheibenhofs in Kiel- Friedrichsort (Drucksache 1322) . . . . 4412 C Überweisung an den Haushaltsausschuß . 4412 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung von reichseigenen Grundstücken des ehem. Truppenübungsplatzes Harksheide, Kreis Stormarn (Holstein) (Drucksache 1341) . . . 4412 D Überweisung an den Haushaltsausschuß . 4412 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung einer Teilfläche der ehem. Leweck-Kaserne in Oldenburg- Kreyenbrück an die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) (Drucksache 1342) 4412 D Überweisung an den Haushaltsausschuß 4412 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung von Teilflächen der ehem. Lüttich-Kaserne in Göttingen, Geismarlandstraße 33, an die Gothaer Lebensversicherung a. G. und die Gothaer Allgemeine Versicherung AG (Druck sache 1343) 4412 D Überweisung an den Haushaltsausschuß 4412 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung der Halle 15 nebst einer Teilfläche des ehemaligen Heereszeugamts in Wiesbaden-Kastel an die Firma Elster & Co. in Wiesbaden-Kastel (Drucksache 1350) 4413 A Überweisung an den Haushaltsausschuß 4413 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung des reichseigenen Grundstücks in Münster, Aegidiikaserne, im Wege des Tausches an die Stadt Münster (Drucksachen 1323, 1113) 4413 A Beschlußfassung 4413 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken der ehem. Munitionsanstalt Mölln, Kreis Herzogtum Lauenburg, Schleswig-Holstein (Drucksachen 1324, 1160) 4413 B Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter 4413 B Beschlußfassung 4413 D Unterbrechung der Sitzung . 4413 D Verkündung eines Schreibens des Bundeskanzlers über Hinterlegung der Ratifizierungsurkunden des Vertragswerks von London und Paris, über Inkrafttreten der Verträge und über die Beendigung des Besatzungsregimes: Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 4414 A Erklärungen nach § 36 der Geschäftsordnung: Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 4414 B Ollenhauer (SPD) 4415 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . . 4415 A Seiboth (GB/BHE) 4415 B Dr. von Merkatz (DP) 4415 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . 4416 A Unterbrechung der Sitzung . 4416 C Beratung des Entwurfs einer Einunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 1334) 4416 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 4146 C Beratung des Entwurfs einer Zweiunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 1335) 4416 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 4416 D Beratung des Antrags der Abg. Frau Dr. Maxsein, Dr. Krone u. Gen. betr. Ausgelagerte Buchbestände der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek (Drucksache 1353) 4416 D Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU), Antragstellerin 4416 D Überweisung an den Ausschuß für Kulturpolitik 4417 D Erste Beratung des von den Abg. Stücklen, Griem, Schmücker u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (Drucksache 1329) 4417 D Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht und an den Rechtsausschuß . . 4418 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksache 1274) 4418 A Storch, Bundesminister für Arbeit 4418 A, 4431 C Sabel (CDU/CSU) 4420 C Odenthal (SPD) 4424 A Hübner (FDP) 4432 A Kutschera (GB/BHE) 4433 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 4434 C Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/CSU) 4436 D Scheppmann (CDU/CSU) 4438 C Vizepräsident Dr. Schneider . . . 4439 B Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 4439 C Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes über Änderungen und Ergänzungen von Vorschriften des Zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung (Gesetz über Krankenversicherung der Rentner — KVdR) (Drucksache 1234) . . . . 4439 C Storch, Bundesminister für Arbeit 4439 C, 4448 B Dr. Franz (CDU/CSU) 4441 A Dr. Schellenberg (SPD) . . 4442 C, 4455 C Dr. Hammer (FDP) 4450 A Frau Finselberger (GB/BHE) . . 4452 B Präsident D. Dr. Gerstenmaier 4449 D, 4454 A Horn (CDU/CSU) 4454 A Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens . . . 4456 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksache 1340) 4456 C Even (CDU/CSU) 4456 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 4456 D Nächste Sitzung, zur Tagesordnung: Präsident D. Dr. Gerstenmaier 4456 B, C, D Dr. Moerchel (CDU/CSU) 4456 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 4457 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der FDP betr. abgabenfreie Einfuhr von Tabakwaren im Reiseverkehr (Drucksache 1073) 4458 Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Graf Henckel 31. Mai Pelster 28. Mai Kemmer (Bamberg) 28. Mai Frau Korspeter 28. Mai Onnen 28. Mai Frau Strobel 23. Mai Josten 20. Mai Berendsen 20. Mai Dr. Jaeger 20. Mai Dr. Kliesing 20. Mai Erler 20. Mai Eschmann 20. Mai Paul 20. Mai von Manteuffel (Neuß) 20. Mai Kalbitzer 16. Mai Hufnagel 15. Mai Dr. Wahl 15. Mai Eberhard 15. Mai Stingl 14. Mai Dr. Greve 14. Mai Arndgen 11. Mai Jahn (Stuttgart) 11. Mai Lang (München) 11. Mai Meyer (Wanne-Eickel) 11. Mai Heide 11. Mai Becker (Hamburg) 11. Mai Feller 10. Mai Dr. Bucher 10. Mai Dr. Furler 10. Mai Dr. Rinke 10. Mai Neumann 10. Mai Heiland 10. Mai Dr. Friedensburg 10. Mai Dr. Lenz (Godesberg) 7. Mai Frühwald 7. Mai Lücke 7. Mai Mißmahl 7. Mai Dr. Orth 7. Mai Baur (Augsburg) 7. Mai Scheuren 7. Mai Frau Welter (Aachen) 7. Mai Frau Ackermann 6. Mai Brandt (Berlin) 6. Mai Dr. Bucerius 6. Mai Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Diel 6. Mai Dr. Löhr 6. Mai Morgenthaler 6. Mai Schrader 6. Mai Schuler 6. Mai Frau Dr. Steinbiß 6. Mai Wagner (Ludwigshafen) 6. Mai Held 6. Mai Frau Dr. Jochmus 6. Mai Neuburger 6. Mai Unertl 6. Mai Dr. Welskop 6. Mai Dr. Wellhausen 6. Mai Dr. Schild (Düsseldorf) 6. Mai Mensing 6. Mai Lulay 6. Mai Bals 5. Mai Blachstein 5. Mai Cillien 5. Mai Dr. Hellwig 5. Mai Koenen (Lippstadt) 5. Mai Kühlthau 5. Mai Leibfried 5. Mai Dr. Lindrath 5. Mai Frau Meyer-Laule 5. Mai Meyer-Ronnenberg 5. Mai Dr. Miessner 5. Mai Dr. Mocker 5. Mai Schloß 5. Mai Dr. Schmid (Frankfurt) 5. Mai Schwann 5. Mai Scheel 5. Mai Graf von Spreti 5. Mai b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Blank (Oberhausen) 18. Mai Dr. Deist 18. Mai Dr. Eckardt 18. Mai Dr. Kopf 18. Mai Dr. Kreyssig 18. Mai Lenz (Brühl) 18. Mai Dr. Oesterle 18. Mai 011enhauer 18. Mai Dr. Pohle (Düsseldorf) 18. Mai Dr. Dr. h. c. Pünder 18. Mai Sabaß 18. Mai Anlage 2 Drucksache 1073 (Vgl. S. 4412) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Abgabenfreie Einfuhr von Tabakwaren im Reiseverkehr (Drucksache 217) Berichterstatter: Abgeordneter Peters Der Antrag der Fraktion der FDP — Drucksache 217 — zielt auf eine Erhöhung der Freigrenze für Tabakwaren für die von Auslandsreisen zurückkehrenden Deutschen im Rahmen des Reisebedarfs von bisher 25 Zigaretten, 10 Zigarren, 50 g Feinschnitt und 50 g Pfeifentabak auf 100 Zigaretten, 25 Zigarren, 100 g Feinschnitt und 100 g Pfeifentabak. Dieser Antrag wurde in der 14. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 11. Februar 1954 dem Ausschuß für Außenhandelsfragen zur Bearbeitung überwiesen. Durch eine am 9. März 1954 im Ältestenrat erzielte Übereinstimmung wurde jedoch festgelegt, daß der Antrag federführend im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, mitberatend im Ausschuß für Außenhandelsfragen zu bearbeiten sei. Demgemäß wurde verfahren. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen stimmte dem Antrag in seiner Sitzung am 11. März 1954 einstimmig zu. Dabei ging man von der Tatsache aus, daß die anderen europäischen Nationen bei Grenzübertritten sich weit großzügiger bei der abgabefreien Einfuhr von Tabakwaren verhalten. Eine solche großzügigere Handhabung liege im Interesse des Fremdenverkehrs, zudem würden Außenhandelsinteressen nicht geschädigt. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen kam im Gegensatz dazu am 16. März 1954 zu einer ablehnenden Stellungnahme. Diese gegensätzliche Beschlußfassung der beiden beteiligten Ausschüsse gab Veranlassung, daß das Plenum des Deutschen Bundestages am 28. Mai 1954 den Mündlichen Bericht (Drucksache 335) ablehnte und den Antrag (Drucksache 217) erneut an die Ausschüsse verwies. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen kam bei der erneuten Beratung wieder zu einer Befürwortung des Antrages, während der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen bei seiner Ablehnung verblieb. Diese Ablehnung fußt auf folgender Überlegung: Zur Zeit können deutschen Reisenden bei der Wiedereinreise aus dem Ausland die vorgesehenen Höchstmengen an Tabakwaren in den meisten Fällen unbedenklich als Reisebedarf freigelassen werden. Dagegen würden die beantragten größeren Mengen für aus dem Ausland zurückkehrende Deutsche kaum je als Reisebedarf anerkannt werden können. Wenn es nicht immer wieder zu unerfreulichen Auseinandersetzungen an der Grenze über den Bedarf an Tabakwaren für die weitere Reise kommen soll, müßten wohl auch die beantragten erhöhten Freimengen abgabefrei hereingelassen werden. Damit würde aber den Bevölkerungskreisen, die Auslandsreisen zu machen in der Lage sind, bei der Versorgung mit billigen Auslandstabakwaren ungerechtfertigte Vorteile gegenüber denjenigen gewährt werden, die ihre Tabakwaren versteuert im Bundesgebiet kaufen müssen. Eine solche Bevorzugung erscheint nicht gerechtfertigt. Zum Vergleich können auch nicht die höheren Freimengen herangezogen werden, die ausländischen Reisenden auf Grund eines OEEC-Beschlusses zustehen. Ihre Reisen enden in der Regel nicht wie die der deutschen Reisenden an einem bestimmten Ort im Inland. Sie sollen durch die höheren Freimengen in die Lage versetzt werden, für ihre Aufenthalte im Inland Tabakwaren abgabe frei mitzubringen, die sie geschmacklich gewöhrt sind. Von Bedeutung ist auch der Ausfall an Tabaksteuer, der durch die mit dem Antrag erstrebte Rechtsänderung eintreten würde. Nach den Angaben des Bundesfinanzministeriums sind im großen Reiseverkehr — außer dem kleinen Grenzverkehr — im Laufe eines Jahres über 14 Millionen deutsche Reisende von Auslandsreisen zurückgekommen. Würde ihnen statt der bisherigen Freimenge von 25 Zigaretten eine Freimenge von 100 Zigaretten gewährt werden, so würde dies theoretisch eine zusätzliche Einfuhr von 75 mal 14 Millionen über 1 Milliarde Zigaretten zur Folge haben können, die dem inländischen Zigarettenabsatz verlorengehen würde. Diese Menge würde einen Ausfall von über 51 Millionen DM Tabaksteuer nach sich ziehen. Nach Ansicht des Finanzausschusses würde ein solcher Steuerausfall die beantragte Vergünstigung der deutschen Reisenden als zur Zeit nicht tragbar erscheinen lassen. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß die Auswirkungen auf den inländischen Absatz von Tabakwaren nicht nur fiskalischer Art sind, vielmehr würden vor allem auch die kleinen und mittleren Tabakwarenhersteller hierdurch fühlbar getroffen. Die Lage dieser Hersteller ist zur Zeit schon verzweifelt. Darüber hinaus besteht die Gefahr der handelspolitisch nicht erwünschten Zurückgewöhnung deutscher Raucher auf Virginia-sorten. Bonn, den 13. Dezember 1954 Peters Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Stefan Dittrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das zarte Pflänzchen, das da vor dem 1. Weltkrieg in den deutschen Boden ge- bracht wurde, das „Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenunterstützung" heißt, ist inzwischen zu einem mächtigen Baum gewachsen, der weiter gepflegt werden und der vor allem davor bewahrt werden muß, daß keine Fehlentwicklungen kommen.
    Der Kollege Odenthal hat diese Novelle einer scharfen Kritik unterzogen und hat davon gesprochen, daß man doch erst abwarten sollte, daß man dann gleich ein ganzes Gesetz schaffen und nicht Flickwerk liefern sollte. Wir sind anderer Ansicht. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Rechtszersplitterung, die gerade auf dem Gebiet der Arbeitslosenunterstützung und Arbeitsvermittlung besteht, beseitigt werden muß. Wir sind weiterhin der Ansicht, daß die verschiedenen Normen in den Ländern einer Vereinheitlichung bedürfen. Gerade die Sozialdemokratie darf uns meines Erachtens den Vorwurf des Flickwerks an einer Sozialreform nicht machen, weil sie es doch war und ist, die mit immer neuen Anträgen auf dem Gebiet des Sozialen an uns herankommt und versucht, diese Anträge durchzubringen.

    (Abg. Dr. Preller: Weil nichts getan wird!)

    — Ja gerade deshalb, weil angeblich nichts getan wird, müssen wir doch wenigstens ein großes Sachgebiet, nämlich das der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenunterstützung, einmal zu regeln beginnen. Es ist, glaube ich, Pflicht, daß wir den Herren des Arbeitsministeriums, die an dieser Novellierung gearbeitet haben, den herzlichsten Dank aussprechen.
    Es ist nicht Übung, bei der ersten Lesung Ausführungen über die Einzelheiten zu machen, und es ist bei dem übergroßen Interesse des Hauses an dieser Novelle auch nicht notwendig, nun die einzelnen Normen unter die Lupe zu nehmen. Gestatten Sie mir deshalb, ganz kurz von einigen Gesichtspunkten aus die Novelle zu betrachten.
    Zunächst darf ich zum Ausdruck bringen, daß auch wir es gern gesehen hätten, wenn das ganze Gebäude der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenunterstützung nun gleich in e in e m Gesetz hätte bearbeitet werden können. Es wurde aber bereits dargetan, daß das im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich ist, weil vor allem die geplante Sozialreform, die wir vom Herrn Bundesarbeitsminister so bald als möglich erbitten, noch Einflüsse auf dieses Gesetz nehmen kann. Was wir im gegenwärtigen Zeitpunkt tun, kann also nur von vorübergehender Bedeutung sein und muß nicht unbedingt Ewigkeitswert haben.
    Schon der Name dieses Gesetzes sagt, daß in ihm zwei Probleme behandelt werden, nämlich einmal das Problem der Arbeitsvermittlung und zum zweiten das Problem der Arbeitslosenunterstützung.
    Die Arbeitsvermittlung scheint in den Vordergrund gerückt werden zu müssen; sie ist gerade


    (Dr. Dittrich)

    für das Land, aus dem ich komme, nämlich für Bayern, von entscheidender Bedeutung. Sie wissen sicher aus der Statistik, daß Bayern von sämtlichen Bundesländern die weitaus größte Zahl von Arbeitslosen hat, daß im Jahre 1954 jahresdurchschnittlich 200 000 Männer und 100 000 Frauen arbeitslos gewesen sind. Darüber hinaus möchte ich auch von diesem Podium aus noch einmal mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß in den ostbayerischen Gebieten in einzelnen Landkreisen 30, 35 und 40 % Arbeitslose vorhanden sind und daß es hier für die Bundesregierung allerhöchste Zeit ist, in Verbindung mit der Bundesanstalt einmal Abhilfe zu schaffen.

    (Abg. Dr. Strosche: Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren, ich darf auch als Angehöriger einer Koalitionspartei hier zum Ausdruck bringen, daß der Herr Bundeskanzler im Wahlkampf vor der Bundestagswahl 1953 in Regensburg diesen Notstandsgebieten im ostbayrischen Raum seine Hilfe zugesagt hat. Diese Hilfe ist bisher noch nicht zuteil geworden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren, sagen, daß gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt dort im ostbayrischen Raum, aus dem ich komme, schärfste Kritik daran geübt wird. Es ist meine Pflicht, hier als Volksvertreter dieser armen Bevölkerung meine Stimme zu erheben, weil es nicht angeht, daß man im Westen eine Vollbeschäftigung hat und gar nicht weiß, woher man die Arbeitskräfte nehmen soll, während man in jenen Gebieten nach der Arbeit und nach dem Brot ruft. Da muß einmal Abhilfe geschaffen werden.

    (Zuruf von der SPD: Wie?)

    — Daß das nicht allein mit den Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung geschehen kann, ist eine Selbstverständlichkeit. Es ist eben notwendig, daß sich die Bundesregierung in Verbindung mit der bayrischen Staatsregierung Gedanken macht, wie man diese strukturelle Arbeitslosigkeit durch Schaffung neuer Betriebe und durch Stärkung der bestehenden Betriebe mildert oder beseitigt.
    Noch ein Gebiet der Arbeitsvermittlung möchte ich hier ansprechen, das mir ganz besonders am Herzen liegt: das ist der überbezirkliche Ausgleich von Arbeitskräften. Sehen Sie, gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt holen uns die Arbeitsämter gerade unsere besten Kräfte nach Württemberg-Baden, nach Rheinland-Pfalz und nach anderen Gebieten des Westens. Darin sehen wir eine große Gefahr. Einmal wird — auch das muß hier zum Ausdruck gebracht werden — gerügt, daß die Unterbringungsmöglichkeiten nicht allerorts gut sind. Weiterhin müßte bei diesem überbezirklichen Ausgleich noch wesentlich mehr Wert auf die Versorgung der Familien gelegt werden. Des weiteren müßte man bedacht sein, diese Familien auch nachzuziehen. Hier liegt es eben am Problem des Wohnungsmangels auch in den Gebieten des Westens. Infolge des Wohnungsmangels ist es nicht möglich, einen Arbeitslosen hier in Einsatz zu bringen und gleich seine Familie nachzuziehen. Meine Damen und Herren, ich sagte bereits, dieser überbezirkliche Ausgleich kann angesichts der Schwierigkeiten, die nun einmal bei uns gerade im ostbayrischen Raum hinsichtlich der Arbeitslosigkeit bestehen, nicht auf die Dauer hingenommen werden.

    (Abg. Dr. Strosche: Sehr richtig!)

    Der Herr Kollege Odenthal hat nun kritisiert, daß über die Arbeitsverwaltung hinaus auch noch andere Verbände die Arbeitsvermittlung betreiben können. Er hat offenbar an unsere karitativen Verbände gedacht, wenn ich ihn richtig verstanden habe, und er glaubte, daß durch diese karitativen Verbände nicht immer die Normallöhne oder Tariflöhne gesichert werden könnten. Wir haben uns über dieses Problem ja erst vor kurzer Zeit hier im Bundestag unterhalten, und es bedarf keiner besonderen Ausführungen mehr in dieser Richtung. Wir möchten nur zum Ausdruck bringen, daß wir an dieser Vermittlungstätigkeit der karitativen Verbände gerade im Interesse unserer Frauen und unseres hauswirtschaftlichen Nachwuchses festhalten wollen und festhalten werden, gleich, ob es der Sozialdemokratie paßt oder nicht.
    Ich darf mich nun mit den Fragen der Versicherungspflicht beschäftigen. Ich möchte nur einzelne Probleme herausgreifen: das Problem der Landwirtschaft und das Problem der Heimarbeiter. Es ist unmöglich, im Rahmen dieser ersten Lesung alle Einzelprobleme zu behandeln, wie das zum Teil vom Kollegen Odenthal getan wurde. Wir können hier nur versuchen, die Probleme anzudeuten, und müssen uns dann im Ausschuß für Arbeit im einzelnen damit beschäftigen.
    Sehen Sie einmal eines — das vorzutragen haben mich meine Freunde aus der CSU verpflichtet —: Unsere Landwirtschaft hat gerade in den Hochzeiten der Arbeit, also insbesondere in den Zeiten der Ernte, mit der Beschaffung von Arbeitskräften die größten Schwierigkeiten. Sie hat nicht die Möglichkeit, eine 40-Stunden-Woche einzuhalten; sie muß 70, 80 und mehr Stunden in der Woche, gerade in den Zeiten der Ernte, arbeiten. Ich meine, daß wir uns gerade bei der Beratung dieser wichtigen Novelle befleißigen müssen, irgendeine Lösung zu finden, die es ermöglicht, die Kräfte, die in dieser Zeit nicht in Arbeit stehen und Arbeitslosengeld oder -hilfe beziehen, in den Arbeitsprozeß der Landwirtschaft einzuschalten.

    (Abg. Hansen [Köln] : Hört! Hört! Zwangseinweisung!)

    Ich habe mich mit sozialpolitischen Fragen zu sehr beschäftigt, als daß ich vorschlagen möchte, daß das unter Belassung der Arbeitslosenunterstützung geschieht.

    (Abg. Hansen [Köln]: Aha!)

    Ich habe aber den Gedanken, daß der Bund hier irgendwie mithelfen und die zur Einweisung bringen sollte — jawohl, Herr Hansen! —, die nicht gewillt sind, ihrer Arbeitsverpflichtung nachzukommen. Das sind wir in diesen schwierigen Zeiten unserer Landwirtschaft letztlich schuldig.

    (Abg. Hansen [Köln] : Also Zwangsarbeit!)

    — Das hat mit Zwangsarbeit gar nichts zu tun.

    (Abg. Hansen [Köln] : Zwangseinweisung, was denn anders?)

    — Sie kennen ja das Gesetz und wissen, daß das Arbeitsamt im Rahmen der Arbeitsvermittlung auch die Möglichkeit hat, Arbeitsplätze zuzuweisen.
    Meine Damen und Herren, im Ausschuß für Arbeit wird vor allem die Frage gründlich überprüft werden müssen, inwieweit der § 70 AVAVG, d. h. die Bestimmung über die Arbeitslosenversicherungspflicht der landwirtschaftlichen Kräfte, so durchgeführt werden kann, wie es die Novelle vorsieht. Ich meine, daß man den Begriff der Haus-


    (Dr. Dittrich)

    gemeinschaft wieder in den Vordergrund rücken und von diesem aus zu der Frage Versicherungsfreiheit oder Versicherungspflicht Stellung nehmen sollte. Gänzlich unbefriedigend erscheint mir die Versicherungspflicht der Lehrlinge der ländlichen Hauswirtschaft zu sein. Ich glaube, daß wir hier zu anderen Ergebnissen kommen müssen.
    Ein besonderes Wort muß zur Frage der Heimarbeiter gesagt werden. Die Beschränkung der Versicherungspflicht auf solche Heimarbeiter, die allein oder mit nicht mehr als zwei Familienangehörigen arbeiten, ist untragbar. Sie führt dazu, daß der im Heimarbeitergesetz vom 14. März 1951 gewährte Schutz gegenstandslos wird. Der Heimarbeiter — ohne Rücksicht auf die Zahl der mithelfenden Familienangehörigen — wird nur dann eine Minderentlohnung ablehnen können, wenn er im Falle der Arbeitslosigkeit ein Recht auf Arbeitslosenunterstützung hat.
    Bezüglich der Hausgewerbetreibenden muß auch ein besonderes Wort gesagt werden, weil sie bei dieser Novellierung völlig ausgenommen sind. Es ist bekannt, daß Hausgewerbetreibende solche sind, die andere als Familienangehörige in Heimarbeit beschäftigen. Sie bedürfen eines besonderen Schutzes. Auch sie müssen der Arbeitslosenversicherung unterstellt werden. Ich nehme an, daß die Herren des Arbeitsministeriums diese Gesichtspunkte sicher würdigen und ihnen vielleicht noch Rechnung tragen werden.
    Hinsichtlich der Höhe der Leistungen möchte ich noch ein Wort verlieren. Wir dürfen selbstverständlich keine Nivellierung zwischen dem Arbeitsentgelt und dem Arbeitslosengeld haben; denn sonst geben wir vor allem unseren jungen Menschen keinen Anreiz zur Arbeit mehr. Wir sind der Ansicht, daß die gegenwärtigen Arbeitslosengelder den derzeitigen Bedürfnissen entsprechen und nicht erhöht werden dürfen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, daß wir gerade unsere jungen Menschen dazu erziehen, von einem Arbeitslosengeld, früher Arbeitslosenunterstützung, zu leben und sich nicht mehr bemüßigt zu fühlen, einer Arbeitsverpflichtung nachzukommen.

    (Abg. Hansen [Köln]: Aha!)

    Wir haben dagegen gleich dem Vortrag des Herrn Odenthal Bedenken, ob wir es bei der Regelung der Abfindungen so belassen können, wie es der Gesetzentwurf vorsieht. Daß auch in dieser Novelle die Siedlungshilfe besonders in den Vordergrund gerückt ist, erfüllt uns mit Freude.
    Eines möchte ich zu den Ausführungen von Herrn Odenthal noch zum Ausdruck bringen. Wenn er der Ansicht ist, daß es mit einer Versicherung nicht vereinbar ist, Sperrfristen einzubauen, dann weiß ich nicht mehr, wieweit unsere Ansichten in den Fragen der Arbeitslosenunterstützung schon gediehen sind. Herr Odenthal, wie wollen Sie denn dann einen Menschen, der nicht arbeitswillig ist, der Arbeiten konstant ablehnt, der freiwillig seinen Arbeitsplatz verläßt, wirklich nachdrücklich veranlassen, sich in Zukunft im Interesse derer, die ihren Verpflichtungen nachkommen, auch ihren Verpflichtungen zur Beitragszahlung, zu wandeln, wenn Sie die Möglichkeit der Sperrfristen aus diesem Grunde nehmen wollen? Wir begrüßen es deshalb, daß die Sperrfristen im Interesse der Verhinderung von Mißbräuchen erhöht wurden. Wir wollen nur hoffen, daß die Arbeitsverwaltungen möglichst wenig von dieser Institution der Sperrfristen Gebrauch machen müssen; denn das hieße dann, daß wir die Arbeitsmoral in unserem deutschen Volke um ein Erhebliches verbessert hätten.
    Auch das Schwarzarbeitsgesetz, das wir gerade im Ausschuß für Arbeit behandeln, wird dazu dienen, daß demjenigen, der in erheblichem Umfang, ich möchte sagen: sittenwidrig, aus Gewinnsucht Schwarzarbeit leistet, das Handwerk gelegt wird und daß sich wieder normale Verhältnisse einstellen.
    Ein besonderes Wort muß noch gerade im Interesse unserer Zonenrandgebiete und all der Gebiete, die eine große Anzahl von Arbeitslosen haben, zur Frage der Umschulung gesagt werden. Von der Umschulung sollte man gerade in den Gebieten, in denen Arbeitslose in überreichem Maße vorhanden sind, in ganz besonderer Weise Gebrauch machen. Allerdings müssen die Bedingungen der Umschulung, die Voraussetzungen und Begleitumstände der Umschulung von seiten der Bundesanstalt noch weit mehr verbessert werden. Es wird vor allem darauf Bedacht genommen werden müssen, daß die Ausbildung und der Unterhalt während der Zeit der Umschulung besser gewährleistet werden, als das im gegenwärtigen Zeitpunkt möglich ist.
    Die Arbeitslosenhilfe in der Novelle bedeutet für Bayern und, ich glaube, auch für Baden-Württemberg eine Verbesserung; denn der Kreis derer, denen Arbeitslosenhilfe zuteil wird, wird erheblich vergrößert. Dadurch wird zu Lasten des Bundes den Gemeinden und damit unserer öffentlichen Fürsorge eine spürbare Entlastung zuteil werden. Wir haben uns erst vor ganz kurzer Zeit mit dieser Frage hier im Bundestag beschäftigt. Herr Odenthal, hier haben wir wieder einen Antrag, der ja auch nur Flickwerk gewesen ist und den Sie seinerzeit eingebracht haben, daß nämlich die Arbeitslosenfürsorge in ,diesen Ländern dem übrigen Bundesgebiet angepaßt werden soll.

    (Abg. Odenthal: Bayern scheint nachzuhinken!)

    — Bayern scheint nachzuhinken, weil es auf Grund des Besatzungsrechts eben diese Hindernisse hatte und hintangesetzt wurde. Wir freuen uns deshalb, daß die Arbeitslosenhilfe in diesen Ländern, die, wie Herr Odenthal sagte, nachhinken, angeglichen wird und daß ihnen das zuteil wird, was den anderen schon seit längerer Zeit zuteil geworden ist.
    Alle Gesetze, insbesondere dieses Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, sind nur Menschenwerk. Alle diese Gesetze können uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß wir gerade in der Ausbildung unserer Jugend und gerade in der charakterlichen Erziehung unserer arbeitenden Menschen alles tun müssen, um zu bewirken, daß die Arbeit als solche den Menschen wieder Freude macht und der Allgemeinheit Nutzen und damit dem deutschen Volk eine Befriedung und Beruhigung bringt.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Bleyler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hildegard Bleyler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der Frauenberufsarbeit ist hier schon mehrfach angesprochen worden. Es hat mich aufrichtig


    (Frau Dr. Bleyler [Freiburg])

    gefreut, daß doch offensichtlich von allen Seiten ihre Bedeutung eindeutig betont und damit auch der Vorschlag des Bundesrates zurückgewiesen wurde. Sie wissen, daß der Bundesrat vorgeschlagen hat, den Paragraphen, der festlegt, daß die Berufsberatung, die Lehrstellenvermittlung und die Arbeitsvermittlung für Frauen grundsätzlich nur von Frauen durchgeführt und daß nach Möglichkeit auch eigene Abteilungen unter weiblicher Leitung geschaffen werden sollen, zu streichen. Der Bundesrat hat sich dahin ausgesprochen, daß hier eine rein organisatorische Frage vorliege. Ich bin nicht der Ansicht, daß es hier nur um eine organisatorische Frage geht. Es handelt sich hier um eine Frage, die aus dem inneren Gefüge des Aufgabengebiets heraus gewachsen ist.

    (Frau Dr. h. c. Weber [Aachen] : Sehr richtig!)

    Nicht nur die Tatsache, daß die Frauenarbeit heute eine wachsende Bedeutung hat und daß die weiblichen Beschäftigten heute ungefähr ein Drittel aller Berufstätigen ausmachen, also nicht allein der Umfang der Frauenarbeit ist das Entscheidende, sondern die Eigenart der Frauenarbeit. Gerade um dieser Eigenart willen brauchen wir auch die eigene weibliche Vermittlung und Berufsberatung, besonders aber auch die weiblichen Führungskräfte.
    Ich darf vielleicht aus der Statistik von 1950 eine Zahl herausgreifen, die Ihnen schlagartig beleuchtet, was es heißt, daß die Frauenarbeit ihre eigenen Wege geht. Nach der Statistik von 1950 sind 42 % aller Arbeitnehmerinnen bis zu 25 Jahren, weitere 42 % sind 25 bis 45 Jahre alt, und nur noch 16 % sind im Alter von über 45 Jahren berufstätig, davon sogar nur 6 %, die verheiratet sind. In einem Alter von 45 Jahren, in dem der Mann oft genug die beste Leistung seines Berufslebens zeigt, sind 84 % aller Frauen schon aus dem Berufsleben ausgeschieden.
    Das persönliche Lebensschicksal der Frauen beeinflußt eben den Berufsweg grundlegend. Ob die Frauen verheiratet sind, wie sie verheiratet sind, ob sie Kinder haben, wie lange die Ehe dauert, das alles ist entscheidend für den Berufsweg der Frau. Daher ist die Aufgabe der Berufsberaterin eine ganz andere als die des Berufsberaters, die Aufgabe der Vermittlerin eine ganz andere als die des Vermittlers. Sie hat mit anderen Problemen und Schwierigkeiten zu rechnen. Die Berufsberaterin hat das Mädchen vor sich, das sich auf einen doppelten Beruf vorbereiten muß, das einmal Ehefrau und Mutter werden will, auf der anderen Seite aber gleichzeitig einen außerhäuslichen Beruf sucht. Daher sind auch die Berufswünsche der Jugendlichen schwankend, die Berufsziele oft unsicher. Es ist nun die Aufgabe, hier eine gewisse Festigung, eine Hinführung zum Beruf zu erzielen, im jungen Menschen den Aufstiegswillen zu stärken, dafür zu sorgen, daß das Mädchen auch wirklich eine Berufsausbildung durchmacht, die seinen Fähigkeiten entspricht, manchmal auch dafür, das Unverständnis der Eltern, die nicht bereit sind, Geld für eine Berufsausbildung auszugeben, zu besiegen.
    Sie wissen, daß der Berufsraum der Frau wesentlich eingeengter ist als der des Mannes. Wir haben eine große Streuung von Lehrstellen für männliche Jugendliche und eigentlich nur relativ wenige Möglichkeiten für die Frauen. Wenn sie an die spezifischen Frauenberufe, wie wir sie manchmal nennen, denken, so spüren Sie sofort, welche Schwierigkeiten dahinterstecken, hier eine gute Vermittlung durchzuführen. Die Frauenberufe in der Land_ und Hauswirtschaft, die spezifischen Frauenberufe im Krankenhaus, im Kindergarten, im Heim erfordern ja ein ganz anderes Einfühlen, verlangen ein Eingehen auf persönliche Verhältnisse, charakterliche Eigenart und Kontaktfähigkeit mit anderen Menschen. Darum muß die Arbeitsvermittlung für die Frauen auch besonders individuell ausgerichtet sein. Sie erfordert fast in jedem Fall besonderes Verständnis für die persönlichen, familiären Verhältnisse und setzt häufig genug eine ausgesprochene Arbeitsberatung voraus. Denken Sie an die vielen berufsungewohnten und berufsentwöhnten Frauen, die Witwen oder die geschiedenen oder in Scheidung lebenden Frauen, die zum Arbeitsamt kommen und nun eine Hilfe, einen Rat brauchen, wo und wie sie ihre Arbeitskraft am besten einsetzen können. Neben dem großen Heer der ungelernten Frauen gibt es viel zu wenig Facharbeiterinnen und voll ausgebildete Kräfte der gehobenen Berufe, viel zu wenig Aufstiegsmöglichkeiten, aber auch Aufstiegswillen. Überlegen Sie auch einmal, was gerade die verheirateten Frauen der Vermittlerin an Sonderaufgaben stellen!
    Das ganze Problem der Halbtagsarbeit für die verheirateten Frauen taucht hier auf, die Aufgabe, in einem 'erhöhten Maße Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, ohne den Bestand der Familie anzutasten und die körperliche und seelische Leistungsfähigkeit der Frau zu überfordern.
    Oder denken Sie an das Problem der arbeitslosen Frau. Die arbeitslose Frau hat sich vielleicht leichter daran gewöhnt, sich dem Beruf zu entziehen,
    wenn sie ihr Arbeitslosengeld oder ihre Arbeitslosenunterstützung erhält. Welche Arbeiten kann man ihr zumuten? Wie soll man ihren Arbeitswillen prüfen? Wann kann man eine Sperrfrist androhen? Es ist für eine Vermittlerin gar nicht immer so einfach, sich dazu durchzuringen, eine Sperrfrist, die sie für gerechtfertigt und nötig hält, zu verhängen. Dann kann es passieren, daß die Frau zu ihrem Vorgesetzten geht und die Vermittlerin feststellen muß: Tränen einer Frau rühren das Männerherz sehr viel mehr als ein Frauenherz. Auch in der sachlichen Welt der Arbeit spielt nämlich das Individuelle der Frau eine besondere Rolle. Es kommt gar nicht immer entscheidend darauf an, ob eine weibliche Arbeitskraft besonders tüchtig ist und sehr viele Berufskenntnisse hat, sondern manchmal sehr viel mehr darauf, wie sie dem Mann gefällt. Wir können das ganz offen sagen: es kann so weit gehen, daß in Einzelfällen daraus sogar eine Gefährdung des jungen Mädchens erwächst. Es ist auch eine Aufgabe der Berufsberaterin, der Jugendlichenvermittlerin, zu verhüten, daß ein Mädchen in eine solche Lehrstelle oder auf einen solchen Arbeitsplatz vermittelt wird, wo ihm diese Gefahren drohen können.
    Es ist darum eine Selbstverständlichkeit, die gar nicht bestritten werden kann, daß die weiblichen Jugendlichen, auch die Schulabgängerinnen der höheren Schulen, die Abiturientinnen, in erster Linie von Frauen beraten werden und daß Frauen, die Arbeit suchen, von Frauen vermittelt werden müssen.
    Es geht nicht allein darum, daß wir weibliche Fachkräfte haben, sondern es geht auch darum,


    (Frau Dr. Bleyler [Freiburg])

    daß diese weiblichen Fachkräfte durch weibliche Abteilungsleiterinnen und weibliche Führungskräfte bis in die höchsten Stellen hinein gestützt und gefördert werden. Ich darf vielleicht hier eine Zahl anführen, um zu zeigen, wieviel hier noch zu tun ist. In der Bundesanstalt gibt es zur Zeit 2591 Beamte; davon sind 81 weibliche Beamte. Sie können sich selbst ausrechnen, was das bedeutet, wie schwer sich der kleine Prozentsatz der weiblichen Führungskräfte .durchsetzen kann. Im höheren Dienst sind es nur 13 Beamtinnen. Es ist also wirklich ein Anliegen von uns Frauen, daß die Aufstiegsmöglichkeiten der weiblichen Fachkräfte innerhalb der Arbeitsverwaltung wesentlich ausgebaut und daß die Führungskräfte der Frauen wesentlich verstärkt werden, und zwar nicht um dieser Arbeitskräfte willen, sondern weil es das Anliegen von Millionen Frauen ist, die hier Rat, Hilfe und Zuflucht suchen.
    Darüber hinaus darf ich noch ein Wort über die Frage sagen, wie die Fachkräfte innerhalb der Berufsberatung und -vermittlung von der Bundesanstalt betreut werden. Wir hoffen, daß diese immerhin doch junge und neu errichtete Anstalt in dieser Beziehung manches nachholt, was, wie mir scheint, noch nicht vollendet da ist. Wir brauchen einen Stamm von gut en Berufsberatern, männlichen und weiblichen. Wir brauchen einen Stamm von gut en Vermittlern.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen] : Sehr richtig!)

    Das Schicksal vieler Menschen ist ihnen anvertraut. Denken Sie daran, welche entscheidende Bedeutung heute die Berufsberatung vielleicht für das ganze Leben eines Menschen hat. Deshalb müssen wir fordern, daß sowohl die Berufsberatung wie die Arbeitsvermittlung möglichst gute Fachkräfte haben, daß eine möglichst gute Auswahl erfolgt, daß man ihnen aber .auch Raum läßt, richtig und gut zu arbeiten. Es wurde vorhin schon darauf hingewiesen, daß die Berufsberater Zeit haben müssen. Die Berufsberatung, die eine so entscheidende Bedeutung in der heutigen Zeit hat, muß doch die Fähigkeit, die Zeit und ,die Möglichkeit haben, den jungen Menschen in seinen Fähigkeiten, seinen Neigungen, seiner sozialen Lage kennenzulernen, um ihm gut raten zu können, um ihm helfen zu können. Es freut mich, daß ,der neue Entwurf nach dieser Richtung hin eine wertvolle Ausweitung der Aufgaben der Berufsberatung bringt, besagt doch der § 59, daß .auch die Förderung, die vorbereitende, begleitende und nachgehende Betreuung des beruflichen Nachwuchses ein Ziel ist. Die Berufsberatung ist zwar in dem ganzen Gesetz nur in vier Paragraphen erwähnt.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen]: Hört! Hört!)

    Ich möchte nicht annehmen, daß jemand daraus den Schluß zieht, ,daß sie nur eine geringe Bedeutung habe. Wir brauchen die Berufsberatung ja nicht nur für den jugendlichen Nachwuchs, der uns in den kommenden Jahren viel Sorge bereiten wird, sondern wir brauchen sie auch für alle Älteren, die umgeschult werden, für alle Beschädigten, die sich umstellen müssen, für alle Heimkehrer, die einen neuen Arbeitsplatz brauchen, auch für alle Frauen, die in späteren Jahren vielleicht an das Arbeitsamt kommen und erstmalig oder wieder einen Beruf suchen und einen guten Rat benötigen.
    Wir brauchen wahrscheinlich auch eine Verstärkung des Personals, eine besondere Auslese und Betreuung der Fachkräfte. Die Bundesanstalt, die die Sorge für die Arbeitskraft der deutschen Bevölkerung zur Aufgabe hat, müßte auch in vorbildlicher Weise dafür Sorge tragen, daß die Auswahl von Fachkräften vorhanden ist, der man sich wirklich anvertrauen kann, damit sie in den kommenden Jahren die großen Aufgaben, die ihr gestellt sind, auch gut erfüllen kann.

    (Beifall in der Mitte.)