Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
— Von beamteten Ärzten habe ich doch in Wirklichkeit kein Wort gesagt. Wir haben heute in der Sozialversicherung die sogenannten Vertrauensärzte. Ich glaube aber, Herr Kollege, das ist ein Kapitel, das wir in diesem Hause in diesem Zusammenhang nicht zu diskutieren brauchen.
Herr Kollege Odenthal, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir einen einzigen Fall nennen würden, in dem ein Mann, der als Flüchtling zu uns herübergekommen ist, eine Sperrfrist in der Arbeitslosenversicherung auferlegt bekommen hat. Das gibt es einfach nicht, und dafür gibt es auch gar keine gesetzliche Handhabe; es sei denn, daß es sich um diejenigen Leute handelt, die zwischen dem Osten und dem Westen pendeln. Ich war in der vergangenen Woche selbst in Berlin und habe mir wegen des größeren Zustroms der Flüchtlinge nach West-Berlin einmal draußen in Mariendorf in Gemeinschaft mit den verantwortlichen Herren vom Berliner Senat und auch den Beamten, die von der Bundesanstalt dort tätig sind, die Verhältnisse angesehen. Mir ist von einer Ärztin draußen mit allem Ernste gesagt worden: Wir haben bei den jüngeren Leuten heute eine ganze Reihe, die bereits das vierte Mal durch unser Lager gehen, die dreimal auf Kosten des Bundes in die Bundesrepublik geflogen worden sind, dann auf irgendeine Art zurückgehen und sich später wieder in West-Berlin melden und genau dieselben Dinge vortragen. Das sind auch die Kräfte, die leider, sage ich, bei einem Teil unseres Volkes die Meinung aufkommen lassen, daß die Menschen, die heute aus dem Osten zu uns kommen, nicht immer arbeitswillig wären. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, daß der größte Teil dieser Leute, wenn man ihn richtig behandelt, gerne bereit ist, eine ihm zumutbare Arbeit bei uns zu übernehmen.
Herr Kollege Odenthal, ich habe noch eine Frage: Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß, wenn man eine Arbeitslosenversicherung hat, man immer noch das Grundprinzip aufstellen muß, daß nur derjenige Unterstützung beziehen kann, der arbeitsfähig und arbeitswillig ist?
Sie sind doch lange genug in der Arbeitsverwaltung tätig gewesen, um zu wissen, daß leider Gottes die Menschen nicht alle so sind, wie wir sie gerne haben möchten. Wenn die Menschen bei uns alle Engel wären, dann könnten wir vieles von dem, was Sie hier gewünscht haben, in die
Wirklichkeit umsetzen. Wir haben aber die Gesetze so zu machen, wie sie für die Menschen passen, die wir nun einmal vor uns haben.
Ich glaube, Herr Kollege Odenthal, auf dem Wege, wie gewisse Dinge von Ihnen gesehen werden, können sie nicht geordnet werden, wenn wir zu wirklich guten Verhältnissen kommen wollen!