Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Sitzung ist eröffnet.
Bevor ich in die Tagesordnung eintrete, gebe ich dem Haus bekannt, daß ich zum Zwecke der Abhaltung von Fraktionssitzungen die Sitzung von 10 Uhr bis 10 Uhr 45 unterbrechen werde.
Ich möchte weiter noch folgendes sagen. Am letzten Sitzungstag wollten wir uns ein Urteil darüber bilden, welche von den Lautsprecheranlagen von den Damen und Herren des Hauses als die bessere angesehen wird. Das war damals nicht durchzuführen, weil vormittags die eine Anlage eingeschaltet war und nachmittags die andere Anlage eingeschaltet werden sollte. Aber da das ganze Programm der Sitzung sich vormittags abwickelte, konnte damals die technische Wirkung der anderen Anlage nicht ausprobiert werden. Deshalb wollen wir das heute durchführen. Heute morgen ist also die eine Anlage eingeschaltet, und heute nachmittag wird die andere Anlage eingeschaltet. Die Damen und Herren des Hauses werden gebeten, heute abend oder morgen im Laufe des Tages auf kleinen Zetteln, die das Büro einsammelt, ihr Urteil darüber abzugeben, welche der Übertragungsanlagen nach ihrer Meinung die bessere ist.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 30. April 1955 entsprechend einem Beschluß des Bundestages am 18. Juni 1954 über die Aufbauhilfe für die Stadt Kehl berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1371 vervielfältigt.
Nun trete ich in die Tagesordnung ein und fahre gemäß dem Beschluß des Hauses von gestern abend
mit der Abwicklung der gestern nicht erledigten Tagesordnungspunkte fort. Ich rufe Punkt 10 der gestrigen Tagesordnung auf:
Große Anfrage der Fraktion des GB/BHE und Genossen betreffend Anleihen der Lastenausgleichsbank zugunsten des Ausgleichsfonds .
Zur Begründung dieser Großen Anfrage gebe ich dem Abgeordneten Dr. Kather das Wort.
Dr. Kather , Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Große Anfrage geht auf einen Vorgang zurück, der sich während der dritten Lesung des Lastenausgleichsgesetzes, und zwar am 15. Mai 1952, in diesem Hause abgespielt hat. Damals ist eine Vereinbarung mit der Bundesregierung, den Koalitionsparteien und den Vertriebenenabgeordneten der Regierungskoalition einschließlich der Abgeordneten des BHE zustande gekommen. Es ging um die produktive Eingliederung der Geschädigten. Wir hatten damals die Forderung erhoben, daß zumindest für die ersten Jahre sichergestellt werde, daß pro Jahr eine Milliarde DM für Eingliederungszwecke zur Verfügung stehen sollte. Um dieser Forderung einigermaßen gerecht zu werden, kam man zu folgendem Kompromiß. Es sollten für die Jahre 1952, 1953 und 1954 je 350 Millionen DM vorfinanziert werden. Von dem Betrag sollten je 150 Millionen DM durch Erstreckung der Vergünstigungen des § 7 d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes auf Darlehen, welche dem Lastenausgleichsfonds gewährt werden, und je 200 Millionen DM durch Anleihen der Lastenausgleichsbank in diesen drei Jahren aufgebracht werden. Diese Anleihe sollte 5%ig sein und an der Steuerbegünstigung teilhaben. Das waren dreimal 350 Millionen DM, also zusammen 1050 Millionen für diese drei Jahre. Die Vereinbarung fand ihren Niederschlag in der Entschließung Drucksache 3373. Es wurden dann auch die Bedingungen, die ich eben erwähnt habe, in diese Entschließung aufgenommen. Die Bundesregierung gab durch den Mund des Herrn Vizekanzlers eine Erklärung ab, und welche Bedeutung man der Sache beimaß, ging daraus hervor, daß das Bedauern des Herrn Bundeskanzlers ausgedrückt wurde, daß er diese Erklärung nicht persönlich abgeben konnte. Herr Blücher sagte damals:
Daher erkläre ich im Namen der Bundesregierung, daß sie die ihr nach der Entschließung
zufallenden Maßnahmen mit aller Kraft durchführen und mit aller Beschleunigung notwendig werdende Vorlagen einbringen wird. Herr von Brentano gab die Erklärung für die Koalitionsparteien ab, und ich sprach für die Vertriebenenabgeordneten der Koalition.
Von einer Verpflichtung der ganzen Bundesregierung wird ohne weiteres auch das Bundesfinanzministerium betroffen und umschlossen. Immerhin möchte ich feststellen, daß der Herr Bundesfinanzminister selber an diesen Verhandlungen teilgenommen hat und daß ich auch im Plenum noch einmal diese ausdrückliche Zustimmung des Herrn Bundesfinanzministers in seiner Gegenwart — und ohne bei ihm Widerspruch zu finden — vorgetragen habe. Wir hatten also die Zustimmung der Bundesregierung einschließlich des Bundesfinanzministers, der Regierungsparteien und des Bundestages selbst, dessen Mehrheit dieser Entschließung zugestimmt hat, also alle Garantien, die eigentlich nur denkbar sind.
Wir als die Vertreter der Vertriebenen haben eine große Gegenleistung erbracht. Wir haben damals, wenn auch mit schweren Bedenken, der Regelung des Lastenausgleichsgesetzes mit diesem und anderen Kompromissen zugestimmt. Wir haben damit, wie gerade auch der Herr Bundeskanzler wiederholt anerkannt hat, einen sehr wesentlichen Beitrag zum inneren Frieden geleistet. Viele werden sich noch der Angriffe erinnern, die aus diesem Anlaß gegen mich gerichtet wurden. Ich will dahingestellt sein lassen, ob sie richtig und begründet waren oder nicht, aber eines möchte ich doch herausheben: daß es uns, die wir damals diesem Kompromiß zustimmten, absolut ernst war mit dieser Vereinbarung und daß es uns auch heute noch ernst damit ist. Ich glaube, daß ich mit dieser Erklärung bei meinen damaligen Mitstreitern keinen Widerspruch finden werde.
Der Sinn der heutigen Anfrage ist, von der Regierung Auskunft zu erbitten, weshalb diese Zusagen bis heute nicht in vollem Umfange erfüllt worden sind; und die zweite Frage: wann und auf welche Weise die Bundesregierung ihren Verpflichtungen nachzukommen gedenkt. Es handelt sich
insgesamt 1 Milliarde und 50 Millionen, die bis zum 31. Dezember 1954 vorfinanziert werden sollten. Heute haben wir den 5. Mai 1955, und es sind bisher insgesamt 565 Millionen DM vorfinanziert. An der vereinbarten Summe fehlen mithin noch 485 Millionen DM. Mit Bedauern stelle ich fest, daß die Bundesregierung eine so feierlich gegebene Zusage zum großen Teil verspätet und zu fast 50 °/o noch gar nicht erfüllt hat. Das ist ein sehr betrüblicher Tatbestand. Die versprochene Entfaltung „aller Kraft" und die zugesagte „Beschleunigung" sind ausgeblieben.
Man kann sich nicht auf Unvermögen berufen und der sozialen Aufrüstung diese Beträge entziehen in einem Zeitpunkt, in dem man entschlossen und längst bereit ist, ganz andere Beträge in die militärische Aufrüstung zu stecken. Der Verzug besteht nicht erst seit Ende 1954. Die erste Anleihe war vereinbarungsgemäß 1952 aufzulegen; sie ist erst im Jahre 1954 gekommen. Über 7 f — diese Ziffer bekam diese Steuervergünstigung — sind statt 450 nur 363 Millionen DM aufgekommen, weil alle Vorlagen verspätet eingebracht worden sind. Es fehlen also an diesem Teil 87 Millionen DM. Diese Summe ist für uns deshalb besonders interessant, weil damit keine Unkosten verbunden sind. Ich frage die Bundesregierung, ob sie bereit ist, diesen Betrag dem Fonds auf andere Weise zuzuführen. Ihre Verpflichtung ist insoweit unbestreitbar.
Wie gesagt, ist bisher nur eine Anleihe aufgelegt worden. Weshalb nicht die beiden Anleihen für 1953 und 1954? Man hat sich berufen und vermutlich wird man sich auch heute berufen auf die Flüssigkeit des Fonds. Diese Berufung geht deshalb fehl, weil die Flüssigkeit, die zeitweise bestanden hat, von der Regierung selbst zu vertreten ist. Sie ging zum erheblichen Teil darauf zurück, daß die Leistungen nicht in entsprechender Weise abgeflossen sind. Hier rächte sich der jahrelange Widerstand, den gerade das Bundesfinanzministerium, auch in diesem Hause, dem Feststellungsgesetz entgegengesetzt hat.
Wir haben vor einigen Monaten hier die Große Anfrage über das verzögerte Feststellungsverfahren behandelt. Das bisherige Ergebnis war nach der einmütigen Meinung des Hauses als geradezu
katastrophal anzusprechen. Es hat sich heute nicht viel daran geändert. Die Ursache wurde damals klai durch die Erklärung des Herrn Staatssekretärs Dr. Hartmann, der uns sagte, man könne doch nicht für ein einzelnes Gesetz nun noch einen besonderen Referenten einstellen, von dem man nachher nicht wisse, wohin man mit ihm solle. Das sagte man uns bei einer Angelegenheit, in der immerhin 71/2 Millionen Antragsteller aufgetreten sind und von der man also ohne Irrtum sagen kann, daß etwa 20 Millionen Menschen dahinterstehen.
Die Flüssigkeit des Fonds besteht aber schon geraume Zeit nicht mehr. Schon im Sommer 1954, Ende Juni, hat der Herr Präsident des Bundesausgleichsamts das festgestellt, und die Bundesregierung hat seitdem kostbare Zeit verstreichen lassen, ohne irgendwelche Maßnahmen zu treffen. Das Bundesausgleichsamt hatte schon für 1954 beide Anleihen voll verplant, meines Wissens mit Zustimmung des Herrn Bundesfinanzministers. Sie sind trotzdem nicht aufgelegt worden.
Wenn es trotzdem zu keiner Katastrophe in der Lage des Fonds gekommen ist, dann waren zwei Gründe dafür ausschlaggebend: erstens ein großer Kassenbestand am Anfang des Jahres und zweitens ein schlechter Abfluß der Mittel wegen verzögerter Durchführung. Beide Voraussetzungen fehlen entweder ganz oder zum erheblichen Teil für das Jahr 1955. Ein Kassenbestand ist nicht da, sondern ein Minus, und wir hoffen doch, daß inzwischen die Leistungen etwas stärker abfließen werden.
Der liquide Kassenbestand betrug am 31. März 1954 885 Millionen DM. Die gleiche Zahl für den 31. März 1955 heißt minus 173 Millionen DM, — also eine Differenz von über 1 Milliarde. Die an sich schon gegebenen Schwierigkeiten konnten nur durch die Inanspruchnahme des Kreditplafonds überwunden werden.
Bei gleichbleibenden Leistungen fehlt also für das laufende Jahr etwa 1 Milliarde DM. Die Leistungen werden etwa gleichbleiben. Was beim Währungsausgleich entfällt, wird hoffentlich bei der Kriegsschadenrente wieder verbraucht werden. Der Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt hat vor drei Tagen eine Vorfinanzierung von 400 Millionen DM — das sind diese beiden Anleihen — plus 500 Millionen DM gefordert. Das sind zusammen 900 Millionen DM. Das ist fraglos eine finanzpolitisch und politisch schwierige Situation. Vor dieser schwierigen Situation würden wir nicht stehen, wenn diese beiden Anleihen termingemäß in den Jahren 1953 und 1954 aufgelegt worden wären. Dann brauchten wir einen entsprechend geringeren Betrag. Die 900 Millionen DM reichen aber nicht aus. Es fehlen 200 Millionen DM. Es muß also eine Vorfinanzierung in Höhe von 400 plus 700 Millionen DM erfolgen.
Diese von mir genannten Zahlen gelten aber nur, wenn die Mehraufwendungen für die von uns verabschiedete Lastenausgleichsnovelle in Höhe von schätzungsweise 450 Millionen DM durch neues Aufkommen gedeckt und nicht etwa dem Fonds aufgebürdet werden. Die Situation des Fonds wird verzweifelt, wenn im Vermittlungsausschuß erhebliche Abstriche gemacht werden. Wir verfolgen diese Entwicklung mit großer Besorgnis.
Wir haben uns neulich damit einverstanden erklärt, die Lastenausgleichsnovelle in zweiter und dritter Lesung ohne Debatte zu verabschieden. Ich glaube, es ging hier um eine Absprache, wenn nicht mit dem ganzen Haus, so doch ganz bestimmt unter den Regierungsparteien. Es wäre wenig erwünscht, ja, völlig untragbar, wenn von denselben Parteien, die mit uns diese Abrede getroffen haben, das gemeinsam erzielte Kompromiß im Vermittlungsausschuß zu Fall gebracht würde. Dabei ist es gleichgültig, ob das nun von der Länderebene — man denke an die Haltung von Nordrhein-Westfalen — herkommt oder nicht. Aber es wäre natürlich noch schlimmer, wenn es etwa von den Vertretern des Bundestages selbst kommen sollte. Eine solche Entwicklung würde derartige Vereinbarungen in Zukunft natürlich völlig unmöglich machen. Ich habe hier mit allem Nachdruck den ernsten Wunsch vorzutragen, daß sich alle Beteiligten im Vermittlungsausschuß mit aller Kraft dafür einsetzen, daß die Regelung, die wir hier beschlossen haben, auch dort zum Kompromiß erhoben wird.
Für beide Anleihen war damals, im Jahre 1952 — es ist auch in der Drucksache nachzulesen —, vom Herrn Bundesfinanzminister persönlich Steuerbegünstigung zugesagt. Diese Steuerbegünstigung war bis zum Ende des Jahres 1954 möglich. Heute und für die Zukunft ist sie nicht mehr möglich. Wir werden also höhere Zinsen als 5 % geben müssen, 6 1/2 % oder mehr. Für diese Mehrkosten haftet die Bundesregierung, wenn ich mich dieses Ausdrucks bedienen darf, der eigentlich nicht ganz paßt, aus ihrem Verzuge. Ich frage die Bundesregierung, ob sie bereit ist, diese Mehrkosten auf den Haushalt zu übernehmen. Ich kann darauf hinweisen, daß der Beirat und der Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt bereits eine entsprechende Stellungnahme abgegeben haben.
Niemand kann leugnen, daß die von mir aufgezeigte Entwicklung als höchst unerfreulich zu bezeichnen ist und daß sie sich auf einem innenpolitisch ungewöhnlich wichtigen Gebiet abgespielt hat. Das geht wesentlich darauf zurück, daß weitere wichtige Voraussetzungen aus der damaligen Absprache unbeachtet geblieben sind. Ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren, was ich am 15. Mai 1952 von dieser Stelle aus gesagt habe, und zwar die Schlußsätze der Erklärung, die ich damals für die Vertriebenen-Abgeordneten der Koalition und des BHE abgab:
Wir geben der Hoffnung Ausdruck, daß das Gesetz trotz aller Mängel in der neuen Fassung der Sicherung des sozialen Friedens dienen wird. Die Erreichung dieses Erfolges wird wesentlich auch davon abhängen, wie und in welchem Geiste das Gesetz durchgeführt wird.
Hier, meine Damen und Herren, ist die Quelle aller Fehlleistungen zu suchen. Über dem Lastenausgleich und seiner Durchführung, auch auf der Verteilerseite, schwebt der Geist des Herrn Steuerministers und seines Hauses. Wenn man die Durchführung des Feststellungsgesetzes ausgerechnet dem Hause überträgt, das dem Gesetz den größten Widerstand entgegengestellt hat, dann ist damit die erste und sicherste Voraussetzung für den Mißerfolg geschaffen worden. Die Ausgabeseite ist maßgeblich für die produktive Eingliederung aller Geschädigten, und ich kann nicht oft genug sagen: Das ist keine Aufgabe für das Finanz- oder Steuerministerium. Es würde selbst bei gutem Willen aus seiner Struktur heraus mit dieser Aufgabe überfordert.
Aber wir haben nicht nur den Tatbestand, daß die Zuständigkeit trotz aller entgegenstehenden Abreden immer noch bei dem Herrn Bundesfinanzminister liegt. Wir brauchen nur einen Blick auf das Bundesausgleichsamt und seine personelle Besetzung zu werfen, um zu sehen, daß hier die ursprüngliche Selbstverständlichkeit, daß der Erste und Zweite Präsident des Hauptamtes für Soforthilfe aus der Reihe der Vertriebenen genommen wurden, längst aufgegeben ist und man dort Persönlichkeiten, denen diese Dinge besonders am Herzen liegen aus ihrem Schicksal heraus, eben nicht mehr zu finden vermag.
Diese Entwicklung ist jetzt — und, meine Damen und Herren, dazu haben Sie wesentlich beigetragen — auch auf ,die Lastenausgleichsbank übertragen worden. Wir stehen heute vor der Tatsache, daß das Präsidium des Verwaltungsrats ausschließlich mit Bürokraten besetzt ist. Es ist so weit gegangen, daß „notwendigerweise" sogar ein Ministerialdirigent aus ,dem Innenministerium stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats sein muß. Was das Innenministerium ,da nun unbedingt für sachliche Notwendigkeiten zu vertreten hat, das ist mir nicht klargeworden. Man ist aber darüber hinweggegangen, daß zum mindesten die Geschädigtenverbände mit Persönlichkeiten an dieser Stelle vertreten sein müßten. Man ist den Weg der hundertprozentigen Bürokratisierung gegangen. Das ist eine Angelegenheit, der wir uns über alle Parteischranken hinweg entgegenstellen sollten.
Für unser Ja, das wir damals gesagt haben, war auch Voraussetzung, daß die Geschädigtenverbände weitgehend in die Mitarbeit und in die Mitverantwortung eingeschaltet werden sollten. Schon meine bisherigen Ausführungen haben Ihnen gezeigt, daß man genau den entgegengesetzten Weg gegangen ist. Die Bürokratie ist auf allen Seiten im Vormarsch.
Vor drei Tagen hat sich im Kontrollausschuß etwas abgespielt, was in diesem Zusammenhang auch noch angesprochen werden muß. Es wurden im Kontrollausschuß drei Mitglieder des Aufsichtsrats der Deutschen Pfandbriefanstalt gewählt. Vereinbarungsgemäß war Voraussetzung, daß sie Mitglieder des Kontrollausschusses oder des Beirates, außerdem aber Vertreter der Geschädigtenorganisationen sein sollten. Ich stelle fest: Die Wahl hat zu dem Erfolg geführt, daß in diesem Dreimänner-Kollegium nicht nur nicht die größte Vertriebenenorganisation, der BvD, sondern daß überhaupt keine einzige überparteiliche Vertriebenenorganisation vertreten ist. Meine Damen und Herren, das ist eine Entwicklung, die gegen die demokratischen Grundsätze geht! Vielleicht wird man sich zurückziehen und sagen: Es genügt, wenn der Betreffende Mitglied ist. Aber ich glaube, ich brauche diesem Hause doch nicht klarzumachen, daß man eine Mitwirkung der Geschädigtenverbände nicht in der Weise herbeiführen kann, daß man den Herrn Meier oder den Herrn Müller, der irgendwo mal Mitglied geworden ist, ohne Wissen der Organisation hier in diese Verantwortung einbaut.
Diese Entwicklung ist innenpolitisch in hohem Maße unerwünscht, sie kann nur zu unheilvollen Folgen führen. Der kommunistischen Infiltration, die in immer steigendem Maße und auch mit immer steigendem Kostenaufwand betrieben wird, haben sich gerade diese Verbände entgegengesetzt, und es ist in hohem Maße politisch unklug, wenn die Regierung oder Stellen ähnlicher Art alles tun, um Einfluß und Bedeutung dieser Verbände zu verkleinern und zurückzudrängen.
Man mag die Dinge nach der rein sachlichen Seite, hinsichtlich der Lage des Fonds oder hinsichtlich der Behandlung der Geschädigten und ihrer Verbände, betrachten, wie man will: es ist in jedem Falle festzustellen, daß der Weg in eine unglückliche Richtung geht und daß er zu unheilvollen Folgen führt. Man liebt es ja, Leute, die die Dinge einmal etwas ansprechen und bei Namen nennen, mit irgendwelchen schmückenden Beiworten zu bezeichnen. Sie sind links eingestellt — wobei man sich nicht schämt, diesen veralteten Begriff zu gebrauchen —, oder sie sind radikal oder sie sind ungemäßigt oder sonst etwas. Meine Damen und Herren, damit wird man allen diesen Dingen nicht gerecht. Ist es heute wirklich so weit, daß man in der Bundesrepublik als radikal verschrien wird, wenn man die Dinge beim Namen nennt und wenn man die Entwicklung nicht in eine Richtung gehen lassen will, die wirklich auf die Dauer den inneren Frieden gefährden muß?