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    2. Deutscher Bundestag — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. März 1955 4161 76. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. März 1955. Geschäftliche Mitteilungen 4163 A, 4172 C Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . . . 4222 B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) (Drucksachen 1254, 480 Anlage I, 960 Anlage I, 1042, 1043) 4163 A Dr. Frank, Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Berichterstatter 4163 A Dr. Hellwig (CDU/CSU) 4163 C Dr. Gülich (SPD) 4165 D Beschlußfassung 4166 C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Anpassung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern an die Finanzverfassung (Finanzanpassungsgesetz) (Drucksachen 1255, 480 Anlage II, 960 Anlage II, 1047) 4166 C Dr. Troeger, Finanzminister des Landes Hessen, Berichterstatter . . 4166 D Dr. Stammberger (FDP) (Schriftliche Erklärung zur Abstimmung, Anlage 3) 4223 A Beschlußfassung 4169 B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über die Beiträge des Bundes zu den Steuerverwaltungskosten der Länder (Drucksachen 1256, 1058, 1085, 1099) 4169 C Dr. Hellwig (CDU/CSU), Berichterstatter 4169 C Beschlußfassung 4170 A Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über den Finanzausgleich unter den Ländern (Länderfinanzausgleichsgesetz) (Drucksachen 1257, 480 Anlage III, 960 Anlage III, 990, 1044) 4170 B Dr. Frank, Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Berichterstatter 4170 B Beschlußfassung . . . 4171 C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu idem Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (Drucksachen 1258, 68, zu 68, 1128, 1191) 4171 C Arndgen (CDU/CSU), Berichterstatter 4171 C Dr. Stammberger (FDP) (Schriftliche Erklärung zur Abstimmung, Anlage 3) 4223 A Beschlußfassung 4172 C Erste Beratung des von den Abg. Rademacher, Rümmele, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande (Drucksache 1166) 4172 C Ausschußüberweisungen 4172 C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen gemäß § 47 der Reichshaushaltsordnung betr. Verschmelzung der Deutsche Werke Kiel AG und der Kieler Howaldtswerke AG unter gleichzeitiger Erhöhung des Kapitals der Kieler Howaldtswerke AG (Drucksachen 1295, 1079) 4172 D Wacker (Buchen) (CDU/CSU), Berichterstatter 4172 D Samwer (GB/BHE) (Schriftliche Erklärung zur Abstimmung, Anlage 4) 4224 A Beschlußfassung 4174 A Beratung des Antrags der Abg. Brese, Frau Korspeter, Dannemann, Elsner, Matthes u. Gen. betr. Truppenübungsplatz Munster-Nord (Raubkammer) (Drucksache 1280) 4174 A Beschlußfassung 4174 A Beratung des Antrags der Fraktion des GB/BHE betr. Spende für den Aufbau des Reichstagsgebäudes (Drucksache 807) . . 4174 A Seiboth (GB/BHE), Antragsteller 4174 A, 4177 B Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . . 4174 C Mattick (SPD) 4175 B Hübner (FDP) 4176 D Überweisung an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen . . . 4177 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP betr. § 96 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Drucksache 1048) 4177 D Gengler (CDU/CSU), Antragsteller 4177 D, 4190 A Ritzel (SPD) 4180 A Dr. Mocker (GB/BHE) 4184 D Hoogen (CDU/CSU) 4186B Dr. Starke (FDP) 4187 D Schoettle (SPD) 4188 D, 4190 B Überweisung an den Geschäftsordnungsausschuß und an den Rechtsausschuß . 4190 C Unterbrechung der Sitzung . . . 4190 D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Steigerungsbeträge für Zeiten der Arbeitslosigkeit (Drucksachen 1162, 973, Umdruck 292) . 4190 D, 4223 A Voß (CDU/CSU), Berichterstatter . 4190 D Wagner (Deggenau) (SPD) 4191 D Jahn (Stuttgart) (CDU/CSU) . . . 4193 D Dr. Hammer (FDP) 4194 B Dr. Schellenberg (SPD) 4194 C Storch, Bundesminister für Arbeit 4195 D Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 4196 B Arndgen (CDU/CSU) 4196 C Richter (SPD) 4197 A Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 4198 B Abstimmung vertagt 4198 A, B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Tuberkulosenhilfe (Drucksache 1208) 4198 B Frau Bennemann (SPD), Antragstellerin 4198 C Dr. Hammer (FDP) (zur Abstimmung) 4199 C Beschlußfassung 4199 C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bericht zum Kartellgesetzentwurf (Drucksache 906) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksache 1158), der Ersten Beratung des von den Abg. Höcherl, Stücklen, Seidl (Dorfen), Dr. Dollinger u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksache 1253) und mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Böhm (Frankfurt), Dr. Dresbach, Ruf u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetze; gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksache 1269) 4199 D Zur Geschäftsordnung: Naegel (CDU/CSU) 4199 B, 4206 C Dr. Köhler (CDU/CSU) . . 4206 A, 4219 C, D Dr. Elbrächter (DP) 4221 B Raestrup (CDU/CSU) 4221 C Illerhaus (CDU/CSU) 4221 D Schoettle (SPD) 4221 D Zur Sache: Dr. Königswarter (SPD), Antragsteller 4200 A, 4206 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft . . 4203 B, 4205 D, 4207 A Dr. Arndt (SPD) 4204 B, D, 4205 A Dr. Köhler (CDU/CSU) . . . 4204 D, 4205 A Höcherl (CDU/CSU), Antragsteller . 4211 B Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU), Antragsteller 4213 D Dr. Reif (FDP) 4219 D Ablehnung des Antrags Drucksache 906 4206 D Weiterberatung vertagt 4222 A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Schaffung eines Bundesministeriums für Fragen des Mittelstandes (Drucksache 735) 4222 A Eickhoff (DP): als Antragsteller 4222 A Schriftliche Begründung 4224 B Überweisung an den Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes 4222 C Nächste Sitzung 4222 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 4222 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zum Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Steigerungsbeträge für Zeiten der Arbeitslosigkeit (Umdruck 292) 4223 A Anlage 3: Schriftliche Erklärung des Abg Dr. Stammberger zur Abstimmung über das Gesetz zur Regelung finanzieller Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern und über das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (Drucksachen 1255 und 1258) 4223 A Anlage 4: Schriftliche Erklärung des Abg. Samwer zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses betr. Verschmelzung der Deutsche Werke AG und der Kieler Howaldtswerke AG (Drucksache 1295) 4224 A Anlage 5: Schriftliche Begründung des Abg. Eickhoff zum Antrag der Fraktion der DP betr. Schaffung eines Bundesministeriums für Fragen des Mittelstandes (Drucksache 735) 4224 B Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    s) Siehe Anlage 5. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Wahl 14. Mai Stingl 14. Mai Feller 7. Mai Dr. Bucher 7. Mai Dr. Furler 7. Mai Dr. Rinke 7. Mai Neumann 7. Mai Heiland 7. Mai Dr. Lenz (Bad Godesberg) 7. Mai Peters 23. April Pelster 23. April Kunze (Bethel) 23. April Dr. Maier (Stuttgart) 16. April Kühlthau 9. April Mißmahl 9. April Frau Lockmann 9. April Bazille 2. April Frau Kettig 2. April Dr. Pfleiderer 2. April Morgenthaler 2. April Dr. Kather 2. April Gedat 2. April Bauknecht 2. April Schuler 2. April Dr. Seffrin 2. April Frau Beyer (Frankfurt) 2. April Rademacher 2. April Dr. Jentzsch 2. April Euler 2. April Dr. Hesberg 2. April Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 1. April Fürst von Bismarck 26. März Frühwald 26. März Voß 26. März Bauereisen 26. März Srock 26. März D. Dr. Gerstenmaier 26. März Meyer (Oppertshofen) 25. März Dr. Graf Henekel 24. März Dr. Bartram 24. März Dr. Kopf 24. März Frau Dr. Schwarzhaupt 24. März Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 24. März Kortmann 24. März Hufnagel 24. März Frau Dr. Probst 24. März Lahr 24. März Lemmer 24. März Hahn 24. März Wullenhaupt 24. März Keuning 24. März Dr. Bucerius 24. März Dr. von Brentano 24. März Kunz (Schwalbach) 24. März Frau Dr. Bleyler (Freiburg) 24. März Dr. Atzenroth 24. März Dr. Pohle (Düsseldorf) 24. März Holla 24. März Etzenbach 24. März Gockeln 24. März Wagner (Ludwigshafen) 24. März Dr. Leverkuehn 24. März Caspers 24. März Dr. Eckhardt 24. März Gefeller 24. März Ehren 24. März Brandt (Berlin) 24. März b) Urlaubsanträge Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Kemmer (Bamberg) vom 17. April bis 28. Mai Dr. Friedensburg vom 13. April bis 8. Mai Hepp 31. März Anlage 2 Umdruck 292 (Vgl. S. 4193 D, 4198 C) Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD (Drucksachen 1162, 973) betreffend Steigerungsbeträge für Zeiten der Arbeitslosigkeit: Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, bei den Vorarbeiten zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherungen zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen Personengruppen für Zeiten der Arbeitslosigkeit oder aus anderen hier noch in Frage kommenden Gründen Steigerungsbeträge in der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden können. Bonn, den 16. Februar 1955 Stücklen und Fraktion Anlage 3 (Vgl. S. 4169 C, 4172 C) Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Stammberger zur Abstimmung über das Gesetz zur Regelung finanzieller Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern und über das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (Drucksachen 1255 und 1258) Das Gesetz zur Regelung finanzieller Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern (Viertes Überleitungsgesetz) und das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung habe ich abgelehnt, weil das erste durch die Bestimmung des § 3, das letztere durch die vom Vermittlungsausschuß vorgeschlagene Streichung des § 2, letzter Satz, und des § 47 nach meiner Ansicht eine Verschlechterung der Kriegsopferversorgung mit sich bringen und Hindernisse auf dem Wege zu einer einheitlichen Bundesverwaltung in der Kriegsopferversorgung sind. Bonn, den 24. März 1955 Dr. Stammberger Anlage 4 (Vgl. S. 4174 A) Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Samwer zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses betreffend Verschmelzung der Deutsche Werke AG und der Kieler Howaldtswerke AG unter gleichzeitiger Erhöhung des Kapitals der Kieler Howaldtswerke AG (Drucksache 1295) Ich habe dem Antrag des Ausschusses zugestimmt, nachdem feststeht, daß die Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder der Deutschen Werke Kiel AG an den hohen Verlusten dieser Werke durch eine Treuhandgesellschaft überprüft und der Prüfungsbericht u. a. dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik und dem Unterausschuß Bundesbeteiligungen vorgelegt werden wird. Dadurch ist eine sachliche Stellungnahme zu diesem Teilproblem der Verschmelzung der Deutschen Werke Kiel AG und der Kieler Howaldtswerke AG zur gegebenen Zeit gesichert. Bonn, den 24. März 1955 Samwer Anlage 5 (Val. S. 4222 C) Schriftliche Begründung des Abgeordneten Eickhoff zu dem Antrag der Fraktion der DP betreffend Schaffung eines Bundesministeriums für Fragen des Mittelstandes (Drucksache 735) Der Antrag der Fraktion der DP, einen der Herren Bundesminister für Sonderaufgaben mit der ausdrücklichen Betreuung des Mittelstandes, und zwar des Mittelstandes im breitesten Sinne zu beauftragen, gründet sich auf den weit verbreiteten öffentlichen Wunsch mittelständischer Kreise, durch einen Minister im Kabinett vertreten zu sein. Die letzte größere und eindrucksvolle Kontroverse in dieser gesellschaftspolitisch nicht unwichtigen Frage hat im Frühjahr 1954 stattgefunden, wo der inzwischen verstorbene Präsident des Deutschen Handwerks, Uhlemeyer, in aller Öffentlichkeit den Wunsch nach einem Mittelstandsminister bekanntgegeben hat, und zwar als eine politisch zeitgemäße Erwartung, hinter der das gesamte Handwerk steht. Auch im ersten Bundestag sind von Abgeordneten und Fraktionen dieses Hohen Hauses vielfach Erörterungen über die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit eines Mittelstandsministeriums oder zumindest eines Staatssekretärs für den Mittel- stand gepflogen worden. Ich erinnere an die Anträge, die nach dieser Richtung hin von der ehemaligen Zentrumsfraktion und nicht zuletzt auch von der FDP dem Hohen Hause unterbreitet worden sind. Bereits in der Weimarer Demokratie hat der deutsche Mittelstand in den verschiedenen Schichten und Berufsständen von Reichstagswahl zu Reichstagswahl und bei jeder Regierungsbildung mit steigender Intensität einen Staatssekretär gefordert. Die politische Führung zur Aufrollung und Durchsetzung dieses Problems lag wohl bei den handwerklichen Organisationen. Aber auch der Einzelhandel, die freien Berufe, der Hausbesitz und andere mittelständische gewerbliche Schichten trugen zu dieser politischen Zielsetzung in öffentlichen Erklärungen bei. Die Nichterfüllung dieses Wunsches durch die damaligen Regierungsparteien, gleich welcher Konstellation und Koalition, brachte dann die Reichspartei des Deutschen Mittelstandes (Eickhoff) auf den Plan, die Wirtschaftspartei. Erst seit Existenz der Wirtschaftspartei hat die damalige Reichsregierung eine gewisse Abschlagzahlung auf diese mittelstandspolitische Forderung geleistet, indem sie einen Reichskommissar für Handwerk und gewerblichen Mittelstand bei der Reichsregierung ernannte. Dieser Reichskommissar hatte im Rahmen der Reichsverwaltung Querschnittsaufgaben zu lösen und war nach den ihm obliegenden Geschäftsbefugnissen berechtigt, die besonderen mittelständischen Belange, Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen bei allen Ressorts zur Sprache zu bringen und sich von vornherein bei gesetzgeberischen Maßnahmen der einzelnen Ressorts einzuschalten. Diese mit besonderen Befugnissen und Vollmachten ausgestattete Dienststelle der damaligen Reichsregierung ist auch vom nationalsozialistischen Regime übernommen und erst im Jahre 1938/39 aufgelöst worden. Es darf und kann nicht bestritten werden, daß diejenigen Männer, die als Reichskommissar für Handwerk und gewerblichen Mittelstand in der damaligen Zeit gewirkt haben, manche positiven Erfolge für eine zeitgemäße, zukunftsträchtige Mittelstandspolitik verbuchen konnten, sich im Mittelstand einen guten Ruf erobert haben und das Vertrauen breitester mittelständischer Kreise zur Politik schlechthin untermauert haben. Wir haben es vor einiger Zeit begrüßt, daß Herr Bundesminister Dr. Schäfer von der Bundesregierung beauftragt wurde, sich der Sorgen und Nöte des unselbständigen Mittelstandes anzunehmen. Man spricht heute gern vom „neuen Mittelstand". Gemeint sind besonders die Beamten, die höheren Angestellten und nicht zuletzt die Facharbeiter. Wir können den sozialen Aufstiegswillen dieser Gruppen nur begrüßen. Das betrifft zumal die Angestelltenschaft, die unter den ,Großgruppen der abhängig Schaffenden über die geringste soziale Sicherheit verfügen. Aber es geht doch nicht an, über dem verständlichen und erfreulichen Interesse am sogenannten neuen Mittelstand nun ,den alten, d. h. den eigentlichen, weil selbständigen Mittelstand zu übersehen oder geringer zu achten. Denn die Kennzeichen des sogenannten neuen Mittelstandes sind doch dem Bild des alt e n Mittelstandes weithin entnommen. Im Grunde genommen handelt es sich hier doch um abgeleitete Züge vom Typ des beruflich Selbständigen. Wenn aber diese Werte — selbständiges Arbeiten, geprägtes Berufsbild, persönliches Eigentum, Mitbesitz — als so erstrebenswerte Ziele für einen gehobenen oder wirtschaftlich zu hebenden Teil ,der Arbeitnehmerschaft gelten, dann ist doch der Schluß unabweislich, daß diese Werte erst recht dort gepflegt werden müssen, wo sie ihren gesellschaftlichen Ursprung haben, nämlich im selbständigen Mittelstand. Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen und sagen: Eine möglichst breite und im vollen Sinn des Worts selbständige Mittelschicht ist ein Lebenserfordernis für unser Volk, wenn dies eine gesunde soziale Verfassung haben soll. Ja, heute weisen viele Männer der Gesellschaftslehre und auch der sozialen Erziehung — ich brauche nur das Werk Kolpings zu nennen — auf die so notwendige ausgleichende Kraft eines selbständigen Mittelstands zwischen den beiden großen Flügelgruppen der Gesellschaft hin. Hier — und nicht in der Verwaltung — könnte der echte dritte Sozialpartner zwischen Kapital und Arbeit herangebildet werden. Es ist deshalb kein Wunder, daß seit Existenz der Bundesrepublik, seit dem Jahre 1949, in vielen mittelständischen Kreisen der Wunsch nach einer ausdrücklichen Vertretung in der Bundesregierung nach wie vor lebendig ist und immer wieder in der Öffentlichkeit erwogen wird. Es läßt sich nun einmal nicht bestreiten, daß die organisierten Gesellschaftsschichten unseres Volkes einen politischen Einfluß ausüben, politische Meinungen von sich geben, Ideen und Gedanken als Zustände- oder Gesinnungsreform verkünden und je nach ihrer politischen Ansicht und ihren politischen Lebenserfahrungen bestimmte politische Maßnahmen vorschlagen, die sie für richtig halten. Im Jahre 1951 hat sich der Deutsche Mittelstandsblock in der Bundesrepublik gebildet, gewissermaßen der zahlenmäßig stärkste der drei großen Sozialpartner im politischen Raume, der aber ganz offenbar die schwächste Durchschlagskraft besitzt. Die Gründe hierfür mögen zunächst einmal unerörtert bleiben. Man sollte aber eines nicht übersehen: die Geschichte der Bauern, der Handwerker, der Kaufleute und der freien Berufe ist uralt. Ihre ständischen Lebensformen, ihr ständisches Gemeinschaftsbewußtsein, ihre fast sprichwörtliche Obrigkeitsgläubigkeit sind bekannt, und man rechnet mit dieser konservativen Einstellung und Haltung auch bei allen Parteien. Was echter Mittelstand ist, hat sich auch durch Kriege und Staatsumwälzungen nicht auslöschen lassen. Unsere zeitgemäßen parteipolitischen Gebilde sind, gemessen an den mittelständisch-berufsständischen Traditionen, noch flüchtige Erscheinungen. Gerade das sollte zu ,der Überlegung führen, ob bei den politischen Gewalten, wozu auch in erster Linie das Kabinett gehört, nicht ein profilierter Repräsentant des Mittelstandes hinzuzuziehen wäre. Wir können nicht dabei stehenbleiben, daß wir den Mittelstand von den einzelnen Parteien aus ansprechen, daß wir Mittelstandsgruppen innerhalb der einzelnen Parteien bilden, daß wir Arbeitsgemeinschaften der selbständig Schaffenden innerhalb der einzelnen Parteien als sachverständige Organe für wichtig und wert halten. Wir können nicht dabei stehenbleiben, daß wir in Parteiprogrammen und Wahlparolen um die Stimme des Mittelstandes werben. Wir können nicht dabei stehenbleiben, daß die einzelnen Parteien mittelständische Abgeordnete in die Parlamente entsenden, sondern der wichtigste und gewissermaßen letzte Schritt für die Echtheit, Glaubwürdigkeit und Überzeugungsfähigkeit einer zeitgemäßen Mittelstandspolitik ist die konsequente Fortsetzung der bisher von den einzelnen Parteien getragenen Maßnahmen, die ihren äußeren Ausdruck in der Beauftragung eines Kabinettsministers findet: die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen Belange des gesamten Mittelstandes von hoher Warte aus im Kabinett und gegenüber allen beteiligten Ressorts zu vertreten. Meine politischen Freunde sind überzeugt, daß dieser Auffassung, diesem politischen Ziel aus manchen Kreisen heftiger Widerstand entgegengesetzt wird. Besonders der Bundeswirtschaftsminister Erhard hat sich bereits frühzeitig in der Öffentlichkeit gegen die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit eines Ministers für den Mittelstand geäußert. Er hat wiederholt erklärt, daß er sich selbst für den geeignetsten und besten Vertreter des Mittelstandes in der Bundesregierung betrachte. (Eickhoff) Noch auf der Oktobertagung des Handwerks im Jahre 1954 rief er dem Präsidenten Uhlemeyer, der nach wie vor bei seiner Auffassung verharrte, zu: „Was der Mittelstandsminister können muß, das kann ich auch." Mit dieser mehr oder weniger lapidaren Grundhaltung ist aber das Problem keineswegs gelöst. Meine Fraktion wünscht, daß durch die Aufrollung dieser Frage nunmehr ein Teil der innenpolitischen Hauptprobleme in den Vordergrund gerückt wird. Notgedrungen haben wir uns in den letzten Monaten, zumindest seit Sommer 1954, in diesem Hohen Hause im wesentlichen mit den außenpolitischen Problemen und mit den Fragen der sozialen Notzustände, der Rentenaufbesserungen, der zeitgemäßen Regelung der Versorgungsansprüche, der Familienausgleichskassen und anderen sozialen Fragen befassen müssen. Die Probleme unserer Gesellschaftsordnung, einer echten Gesellschaftsharmonie der Schichten, Klassen und Stände untereinander sind noch weitestgehend ungelöst. Die Wirklichkeit unserer gesellschaftlichen und politischen Verfassung hat ungeschriebene Gesetze entwickelt, Spielregeln geschaffen, die von allen überzeugten Demokraten eingehalten werden. Zu diesen Spielregeln und ungeschriebenen politischen Stilformen unserer Demokratie gehört die Tatsache, daß bestimmte Schichten unseres Volkes kontinuierlich an der Machtpolitik beteiligt sind bis zur Kabinettsvertretung. Die Schicht der Arbeiter und Angestellten ist seit der Schaffung eines Arbeitsministeriums durch eine Persönlichkeit aus ihren Reihen beteiligt worden, und ich glaube nicht, daß es jemals einen Arbeitsminister gegeben hat, der nicht aus der Arbeiter- oder Angestelltenbewegung gestammt, dort seine Lebens- und Berufserfahrungen gesammelt hat und die notwendigen politischen Kenntnisse und Auffassungen von dort her mitgebracht hat. Ich glaube, daß alle Arbeitsminister, aus ihrer Schicht stammend, auch die innere Legitimation für ihr politisches Wirken als Minister daher abgeleitet haben. Bei den Ernährungsministern sieht es kaum anders aus. Ernährungsminister, die nicht von der Schicht der Bauernschaft anerkannt und getragen werden, sind im allgemeinen unmögliche Erscheinungen. Es gehört einfach dazu, daß die Bauernschaft aus ihren Reihen heraus Männer zur Verfügung stellt, die das Amt des Ernährungsministers nicht nur aus ihrer Sach- und Fachkenntnis heraus, sondern auch aus dem Autoritätsbewußtsein gegenüber der Bauernschicht ausüben. Daß die große Schicht der Staatsbeamten und Staatsbediensteten aus der Natur der Sache heraus, als Sachkenner der Verwaltung, in jedem Kabinett durch Minister vertreten ist, ist ein ungeschriebenes Gesetz, ein politisches Faktum. Nur die gewerbliche und freiberufliche Mittelschicht, die eine besonders große Gesellschaftsschicht und Wählermasse darstellt, hat bislang die letzte Stufe der Mitwirkung an der politischen Macht nicht erreicht. Es ist deshalb vom Standpunkt meiner Fraktion aus zu prüfen, ob man dieses Problem, welches seit vielen Jahren erörtert wird, nunmehr einer Verwirklichung zuführt oder nicht. Meine Fraktion glaubt, daß der gewerbliche und freiberufliche Mittelstand dasselbe Recht in Anspruch nehmen darf und muß, das auch anderen Schichten unserer Gesellschaft längst unausgesprochen im Rahmen unseres politisch-demokratischen Stils eingeräumt worden ist: politische Positionen, an denen so leicht niemand absichtlich vorbeigehen kann. Wir gehen mit unserer Forderung, einen der Herren Bundesminister für Sonderaufgaben mit der ausdrücklichen Betreuung des Mittelstandes zu beauftragen, nicht so weit, daß nun unbedingt ein profilierter Mittelständler damit beauftragt werden soll. Wir haben zu unseren Bundesministern für besondere Aufgaben das Vertrauen, daß jeder einzelne von ihnen ein objektiver Treuhänder seiner Mittelstandsklienten sein würde. Es wäre meines Erachtens eine begrüßenswerte Einrichtung, die oft entgegengesetzten Interessenlagen im Mittelstand schon vorher auszugleichen, bevor sie sich auf der politischen Bühne begegnen und gegebenenfalls aufeinanderprallen. Könnte nicht ein Bundesminister für besondere Fragen des selbständigen Mittelstandes auf erhöhter Plattform das vornehmen, was die großen Spitzenverbände der Wirtschaft ohnehin gegenüber den oft gegensätzlichen Meinungen und Interessenstandpunkten in ihrem eigenen Lager tun müssen, nämlich eine mittlere Linie herausfinden? Ich hoffe, daß die Debatte über den Antrag meiner Fraktion dazu führen wird, die mittelstandspolitischen Notwendigkeiten, die Grundzüge einer zeitgemäßen Mittelstandspolitik zu erörtern, weil sie zu einem wesentlichen Bestandteil unserer innenpolitischen Probleme überhaupt gehören. Ich nenne nur die Frage der Berufsordnungen, einer umfassenden beruflichen Ausbildung, die Forderung der selbständigen Existenzen in Handwerk, Einzelhandel, Gewerbe, freien Berufen, kleiner und mittlerer Industrie, die Frage der zukünftigen Bildung des Privateigentums nicht nur in der Arbeiterschaft, Angestelltenschaft und Beamtenschaft, sondern auch für die Kreise des Mittelstandes. Ich verweise auf die Probleme einer Wettbewerbsordnung, die den echten Leistungswettbewerb garantiert, die anständige und sittlich einwandfreie Geschäftsgesinnung und Geschäftsmoral fördert. Ich darf hinweisen auf die Regelung des öffentlichen Vergabewesens, auf die Einschränkung staatseigener Betriebe, die den Wettbewerb der Selbständigen in der sozialen Marktwirtschaft unnötig erschweren. Ich nenne die Altersversorgung der Mittelschichten, die nach zwei verlorenen Kriegen und nach den ungeheuren Vermögensverlusten entweder aus der Selbsthilfekraft der Mittelschichten gelöst werden muß oder, wo sie nicht ausreicht, vom Staat gefördert werden muß, und Sie wissen alle selbst, in welchem Ausmaß offene Fragen einer zeitgemäßen Mittelstandspolitik noch unerledigt geblieben sind. Meine Fraktion hält es für ein Gebot der Zeit, diese innenpolitischen, mittelstandspolitischen Anliegen nicht untergehen zu lassen und nicht ungelöst zu lassen in dieser Legislaturperiode dieses Hohen Hauses, und deshalb hoffe ich, daß unserem Antrag diejenige Aufgeschlossenheit entgegengebracht wird, die wir dem deutschen Mittelstand alle insgesamt schuldig sind. Bonn, den 24. März 1955 Eickhoff
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berichterstatter zu diesem durch eine sehr wechselnde Beurteilung gekennzeichneten Gegenstand ist in der glücklichen Lage, für die materielle Seite der Einigung in dem Streit um die Beteiligung des Bundes an den Steuerverwaltungskosten der Länder im wesentlichen auf den Bericht des Berichterstatters zum Finanzanpassungsgesetz zu verweisen. Dort ist bereits ausgeführt worden, daß das von Bundesregierung und Bundestag angestrebte Ziel des Wegfalls wechselseitiger Beteiligung von Bund und Ländern an den Steuerverwaltungskosten des anderen Teils mit Wirkung vom 1. April 1955 entsprechend dem früheren § 2 des Finanzanpassungsgesetzes nunmehr auch in der vom Vermittlungsausschuß beantragten, soeben vom Bundestag angenommenen Fassung des Finanzanpassungsgesetzes in § 1 verwirklicht wird.
    Der Bundesrat hatte bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses zu dem Steuerverwaltungskostengesetz gefordert, daß die Neufestsetzung der Beiträge des Bundes zu den Steuerverwaltungskosten der Länder, d. h. ihre Bemessung auf einen bestimmten Anteil an den tatsächlichen Verwaltungskosten, erst nach dem 31. März 1955 wirksam werden sollte. Insoweit hatte dieser Änderungswunsch des Bundesrats zu dem Steuerverwaltungskostengesetz materiell in den Inhalt des Finanzanpassungsgesetzes übergegriffen. Durch die nunmehr im Finanzanpassungsgesetz vorgesehene Regelung, die in dieser Hinsicht der Vorlage der Bundesregierung und den Beschlüssen des Bundestages folgt, ist dieser Teil der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat erledigt.
    Nun bedeutet aber der vom Bundesrat für eine Änderung im bisherigen Verfahren der Bundesbeiträge zu den Steuerverwaltungskosten der Länder verlangte Termin des Inkrafttretens auch eine Aussetzung der Neuberechnung für das laufende Haushaltsjahr 1954,

    (Abg. Dr. Gülich: Ein dunkler Punkt!)

    für das es bei der bisherigen Form der Bundesbeteiligung in Prozentsätzen des Steuerauf kommens bleiben sollte. Der Vermittlungsausschuß kam
    zu dem Ergebnis, daß nach Verwirklichung des
    grundsätzlichen Ziels, nämlich des Wegfalls der
    Beteiligung an den Steuerverwaltungskosten der
    Länder ab 1. April 1955, die von vornherein nur als
    Übergangsregelung gedachte Berechnung nach dem
    Entwurf des Steuerverwaltungskostengesetzes nur
    noch sekundäre Bedeutung habe, und zwar vorwiegend hinsichtlich der Modalitäten dieser Übergangsregelung, weniger allerdings — das muß gesagt werden — im Hinblick auf die Mehrbelastung
    des Bundeshaushalts, die durch die Beibehaltung
    Vgl. Anlage 3.


    (Dr. Hellwig I des bisherigen Verfahrens gegenüber den Ansätzen im Haushalt für 1954/55 eintritt. Da die Festsetzung des Bundesanteils an dem Aufkommen an Einkommenund Körperschaftsteuer für das nunmehr zu Ende gehende Haushaltsjahr bedauerlicherweise immer noch aussteht, ist andererseits Gelegenheit gegeben, die durch das Ausbleiben der im Haushalt ursprünglich eingesetzten Neuregelung der Steuerverwaltungskosten entstandene Mehrbelastung im Verhältnis des Bundes zu den Ländern bei der Ermittlung des Bundesanteils an der Einkommenund Körperschaftsteuer zu berücksichtigen. Der Vermittlungsausschuß glaubte daher, in dieser Hinsicht dem Anrufungsbegehren des Bundesrats folgen zu können, und beantragte dementsprechend, daß gemäß dem Bericht auf Drucksache 1256 der Gesetzesbeschluß des Bundestages vom 16. Dezember 1954 aufgehoben und der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE und DP Drucksache 1058 abgelehnt wird. Ich habe die Ehre, namens des Vermittlungsausschusses dem Hohen Hause die Annahme dieses Antrags zu empfehlen. Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir kommen zur Abstimmung über die Drucksache 1256. Wer dem eben begründeten Vorschlag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen einige Stimmen auf der linken Seite des Hauses — ohne Enthaltungen — angenommen. Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes Das Wort als Berichterstatter hat Herr Staatsminister Dr. Frank. Dr. Frank, Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat in seiner Sitzung vom 19. November 1954 das Gesetz über den Finanzausgleich unter den Ländern verabschiedet. Der Bundesrat hat hiergegen den Vermittlungsausschuß angerufen mit dem Ziele, dem Gesetz die vom Bundesrat am 3. Dezember 1954 beschlossene Fassung zu geben. Diese Fassung unterscheidet sich vom Beschluß des Bundestages im wesentlichen in solchen Punkten, die die Bemessung der Ausgleichsleistungen und damit die Höhe der Ausgleichsmasse berühren. Nach dem Beschluß des Bundestages ergibt sich, vom zahlenmäßigen Ergebnis her gesehen, eine Ausgleichsmasse von 456,8 Millionen DM, berechnet nach den Zahlenunterlagen der Bundestagsdrucksache 480. Demgegenüber führt die Fassung des Bundesrats, wenn man von den gleichen Zahlenunterlagen ausgeht, zu einer Ausgleichsmasse von 405,4 Millionen DM, die sich auf 421 Millionen DM erhöht, wenn man die vom Bundesrat vorgesehenen Ergänzungszuweisungen des Bundes für Schleswig-Holstein hinzurechnet. Beide Berechnungen differieren also hinsichtlich der Intensität des Finanzausgleichs um 51,4 Millionen DM bzw. um 35,8 Millionen DM. Dieses Ergebnis — das darf ich mit besonderem Nachdruck betonen — beruht auf geschätzten Zahlenunterlagen. Ob es sich mit der Wirklichkeit decken wird, kann endgültig erst gesagt werden, wenn das Ausgleichsjahr 1955, für das dieses Gesetz erstmals anzuwenden ist, abgelaufen ist. Die Bemühungen des Vermittlungsausschusses und seines Unterausschusses gingen dahin, die zahlenmäßige Differenz zwischen den beiden horizontalen Finanzausgleichsplänen auf einer mittleren Basis zu überbrücken. Der Vermittlungsausschuß hat den Gesetzesbeschluß des Bundestags zur Grundlage seines Vermittlungsvorschlags gemacht, jedoch mit folgenden wesentlichen Abweichungen. Zunächst: § 6 Abs. 2, der auf einen Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Starke zurückgeht, soll gestrichen werden. Dieser Abs. 2 sieht vor, daß die ermittelten Grundbeträge der Gewerbesteuer der Gemeinden im Ortsrandgebiet und in den anerkannten Notstandsgebieten um 20 °/o gekürzt werden. Mit dieser Kürzung sollen die Sonderbelastungen, die den Ländern Bayern, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein im Ostrandgebiet und in den anerkannten Notstandsgebieten erwachsen, abgegolten werden. Der Vermittlungsausschuß ist der Meinung, daß aus systematischen Gründen, aber auch wegen der Auswirkungen auf sonstige Gebiete der finanziellen Beziehungen unter den Ländern und zwischen dem Bund und den Ländern davon abgesehen werden soll, das Ostrandgebiet und die anerkannten Notstandsgebiete im Länderfinanzausgleich besonders zu berücksichtigen. Es handelt sich bei diesem Tatbestand, wie sich aus den Erläuterungen zu Kap. 6002 Tit. 530 des Entwurfs des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 ergibt — ich zitiere hier wörtlich —, um „echte Bundesaufgaben". Nach Auffassung des Ausschusses besteht auch wegen Art. 109 keine Garantie, daß der Betrag, um den sich die Ausgleichsmasse durch diese Vorschrift erhöht und der in seiner Größenordnung bis heute noch gar nicht feststeht, dem Ostrandgebiet und den anerkannten Notstandsgebieten wirklich in vollem Umfang zugute kommt. Endlich haben die Beratungen ergeben, daß wegen der Höhe der Ausgleichsmasse ein Einigungsvorschlag auf dieser Basis nicht gefunden werden kann. Allein schon der Ansatz für das Ostrandgebiet und den Saargrenzgürtel, also ohne Berücksichtigung der anerkannten Notstandsgebiete im weiteren Sinne, erhöht die Ausgleichsmasse um rund 20 Millionen DM. Ohne Ansatz für die genannten Gebiete ergibt der Beschluß des Bundestags aber eine Finanzausgleichsmasse von 438 Millionen DM. Der Vermittlungsausschuß befindet sich mit seinem Streichungsvorschlag in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Finanzund Steuerausschusses des Bundestags. Dieser Ausschuß ist in seinem Schriftlichen Bericht zum Gesetzentwurf über den Finanzausgleich unter den Ländern der Auffassung, daß derartige Notstände wirksamer und zweckmäßiger durch un-, mittelbare Bundeshilfe behoben werden können. Die zweite Frage umfaßt folgenden Sachverhalt: Eine weitere Änderung bezieht sich auf die Wertung der Einwohnerzahl. In § 7 werden die Einwohnerzahlen mit einem Veredelungsfaktor vervielfacht, der mit der Gemeindegröße steigt. Der Vermittlungsausschuß schlägt vor, bei der Wertung der Einwohnerzahlen die Erhöhungswerte zugrunde zu legen, die der Beschluß des Bundesrates, also der vom Bundesrat vorgeschlagene Gesetzentwurf über den horizontalen Finanzausgleich, enthält. Die Veredelung der Einwohnerzahlen soll danach etwas eingeschränkt werden, und zwar weitergehend, als dies der Bundestag gegenüber der derzeit geltenden Finanzausgleichsregelung tut. Die vom Bundesrat vorgesehene Wertung hat nach zahlreichen Verhandlungen die Zustimmung aller Länder gefunden. Sie berücksichtigt mehr als die Skala des Bundestags den Finanzbedarf der kleineren Gemeinden als Folge der steigenden Anforderungen an Umfang und Qualität der Verwaltungsleistungen. Nun komme ich zur dritten Frage. Durch die Veränderung der Veredelung wird die Ausgleichsmasse insgesamt erhöht, weil die Finanzkraft der finanzschwachen Länder und auch des Landes Baden-Württemberg je tatsächlicher Einwohner künstlich nicht so stark gehoben wird wie nach der Skala des Bundestags. Andererseits wird die Finanzkraft des Landes Nordrhein-Westfalen und die der freien Hansestädte weniger stark gesenkt. Um nun wieder zu einer tragbaren Ausgleichsmasse zu kommen, ist es notwendig, die Ausgleichszuweisungen entsprechend zurückzuführen. Dies geschieht durch eine Änderung des § 8 Abs. 1 Ziffer 3 des vorliegenden Entwurfs in der Weise, daß der Betrag, der von 90 bis 95 vom Hundert der bundesdurchschnittlichen SteuerkraftMeßzahl fehlt, statt mit 50 nur mit 35 °/o aufgefüllt wird. Diese Veränderung in der letzten Stufe erscheint tragbar, da diese der bundesdurchschnittlichen Steuerkraft am nächsten kommt. Durch diese materiellen Änderungen ides Gesetzesbeschlusses ides Bundestags wird die Ausgleichsmasse nach der gleichen Modellberechnung, von der ich eingangs in meinem Bericht sprach, auf 434,2 Millionen DM gebracht. Sie liegt also um einige Millionen über dem Mittel der Differenz, die sich aus dem zahlenmäßigen Ergebnis ides Finanzausgleichsplans des Bundestags und des Bundesrats ergibt. Eine weitere Änderung des Bundestagsbeschlusses wird zu § 11 vorgeschlagen. Entsprechend der materiellen Rechtslage im Finanzverfassungsgesetz will der Bundesrat den Bundesanteil an der Einkommenund Körperschaftsteuer und die Ausgleichszahlungen im Zahlungsverkehr säuberlich getrennt halten. Der Bundestag möchte dagegen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung den vertikalen und den horizontalen Finanzausgleich im Zahlungsverkehr, aber auch nur im Zahlungsverkehr, miteinander verbinden. Der Vermittlungsausschuß stimmt insoweit mit dem Bundestag überein, schlägt jedoch, um das Gesetz von rein technischen Vorschriften zu entlasten, vor, die Absätze 2 und 4 in § 11 zu streichen. Das Nähere des Zahlungsverkehrs soll der Herr Bundesminister der Finanzen durch Rechtsverordnung bestimmen, durch eine Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrats bedarf. Die Änderung des § 4 ist redaktioneller Art. Sie ergibt sich zu Abs. 2 der Ihnen vorliegenden Fassung aus einer Änderung des Finanzanpassungsgesetzes, während Abs. 2 der Bundestagsfassung als überflüssig gestrichen worden ist. Damit komme ich nun zu dem letzten und besonders bedeutsamen Punkt: Der Länderfinanzausgleich soll mit den empfohlenen Änderungen der Bundestagsfassung ohne zeitliche Begrenzung gelten. Der Vermittlungsausschuß hat diese Änderungen in seiner Sitzung vom 11. März 1955 beschlossen. Ich habe die Ehre, Sie namens des Vermittlungsausschusses zu bitten, der Bundestag wolle die sich aus der Anlage zu Drucksache 1257 ergebende Fassung des Länderfinanzausgleichsgesetzes beschließen und gemäß dem Beschluß des Vermittlungsausschusses zu § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung über die Änderungen des vom Hohen Hause am 19. November 1954 beschlossenen Gesetzes gemeinsam abstimmen. Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Über den Bericht des Ausschusses ist gemeinsam abzustimmen. Wir kommen also zur Abstimmung über die Drucksache 1257. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Arndgen. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Sachen des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung hat der Bundesrat in zwei Grundsatzund in sechs Einzelfragen den Vermittlungsausschuß angerufen. In seiner Sitzung vom 11. März hat sich der Vermittlungsausschuß mit den Änderungsvorschlägen des Bundesrats, und zwar zunächst mit den Grundsatzfragen, beschäftigt. Dabei hatte der Bundesrat vorgeschlagen, in § 2 des Gesetzes den letzten Satz zu streichen. Dieser Satz hat folgenden Wortlaut: Entscheidungen über Versorgungsangelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung oder von erheblicher finanzieller Auswirkung für den Bund bedürfen der Zustimmung des Bundesministers für Arbeit. Der Bundesrat war der Meinung, daß diese Bestimmung in Widerspruch zu den Artikeln 30 und 83 des Grundgesetzes stehe, nach denen Bundesgesetze grundsätzlich von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt werden. Der Vermittlungsausschuß hat dieser Auffassung des Bundesrats zugestimmt und damit auch der Streichung dieses Satzes. In einem zweiten Vorschlag hat der Bundesrat beantragt, den § 47 des Gesetzes zu streichen. Die Streichung ist vom Bundesrat mit der Bemerkung begründet worden, daß auch dieser Paragraph in Widerspruch zum Grundgesetz stehe. Der Vermittlungsausschuß war der Meinung, daß, nachdem im Entwurf des Finanzanpassungsgesetzes eine allgemeine Regelung des Weisungsrechtes vorgesehen ist, wie eben vom Herrn Staatsminister Dr. Troeger erläutert wurde, dieser § 47 gestrichen werden könne. Bezüglich der Einzelfragen wurde vom Bundesrat vorgeschlagen, in § 3 Abs. 1, 2 und 5, in § 4 und in § 28 Abs. 3 die Worte „vorübergehenden Aufenthalt" durch die Worte „gewöhnlichen Aufent halt" zu ersetzen. Auch diesem Vorschlag hat der Vermittlungsausschuß zugestimmt. Der Bundesrat hat weiter vorgeschlagen, in § 11 den Abs. 2 zu streichen. Dieser Absatz hat folgenden Wortlaut: Soweit der Bund in einem Verfahren ein berechtigtes Interesse geltend macht, ist er auf Antrag zuzuziehen. Diesem Vorschlag des Bundesrats glaubte der Vermittlungsausschuß nicht folgen zu können. Er schlägt daher vor, es bei dem bisherigen Wortlaut dieses Absatzes zu belassen. Weiter schlug der Bundesrat vor, den § 23, der Bestimmungen über die Rechtsmittelbelehrung enthält, zu streichen. Entgegen der Auffassung des Bundesrats ist der Vermittlungsausschuß der Meinung gewesen, daß dieser Paragraph mit der Rechtsmittelbelehrung unter allen Umständen beibehalten werden müsse. Er hat es daher abgelehnt, diesem Änderungsvorschlag zuzustimmen, so daß es bei idem Wortlaut des § 23 bleiben wird. In einem weiteren Vorschlag des Bundesrats ist vorgesehen, in § 31 Abs. 2 Satz 2 das Wort „Bundesversorgungstarif" durch die Worte „ärztlichen und zahnärztlichen Bundestarif für das Versorgungswesen" zu ersetzen. Diesem Vorschlag hat der Vermittlungsausschuß zugestimmt. Der Bundesrat hat weiter vorgeschlagen, in § 42 Abs. 1 die Nr. 10 sowie den Abs. 3 zu streichen. Nach dieser Nr. 10 hat die Verwaltungsbehörde auf Antrag oder von Amts wegen erneut zu entscheiden, wenn das Bundessozialgericht in einer Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung nachträglich eine andere Rechtsauffassung vertritt, als der Entscheidung zugrunde gelegen hat. Da der Vermittlungsausschuß der Meinung war, daß im Falle einer Entscheidung des Bundessozialgerichts von grundsätzlicher Bedeutung nach der jetzigen Fassung des § 40 die zuständige Verwaltungsbehörde Bescheide, denen eine andere Rechtsauffassung zugrunde liegt, zwar ändern kann, aber nicht ändern muß, hat der Vermittlungsausschuß wohl der Streichung der Nr. 10 in § 42 Abs. 1 zugestimmt, er war aber der Meinung, daß im § 40 eine Ergänzung notwendig sei. Er schlägt vor, in § 40 einen neuen Abs. 2 mit folgendem Wortlaut anzufügen: Auf Antrag ides Berechtigten ist ein neuer Bescheid zu erteilen, wenn das Bundessozialgericht in einer Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung nachträglich eine andere Rechtsauffassung vertritt, als der früheren Entscheidung zugrunde gelegen hat. Schließlich hatte der Bundesrat vorgeschlagen, dem Abs. 2 des § 45 folgende neue Fassung zu geben: Wer unbefugt offenbart, was ihm durch seine dienstliche Tätigkeit bei der Verwaltungsbehörde über die gesundheitlichen, die wirtschaftlichen oder die Familienverhältnisse eines Beteiligten, in Hinterbliebenenangelegenheiten auch des Verstorbenen, bekanntgeworden ist, wird, soweit nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen eine härtere Strafe verwirkt ist, mit 'Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Versorgungsberechtigten oder der Dienstaufsichtsbehörde ein. Der Vermittlungsausschuß hat sich diesem Vorschlag angeschlossen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Vermittlungsvorschläge, die Ihnen der Ausschuß unterbreitet. Ich bitte, der Drucksache 1258 zuzustimmen, wobei ich darauf aufmerksam mache, daß der Vermittlungsausschuß gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen hat, dem Deutschen Bundestag zu empfehlen, über diese Vorschläge gemeinsam abzustimmen. Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Meine Damen und Herren, es ist über die Drucksache 1258 gemeinsam abzustimmen. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses, der soeben begründet wurde, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen 2 Stimmen ohne Enthaltungen angenommen.*)


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

(Finanzminister Dr. Frank)


(Beifall.)