Nun, dann haben Sie es im Schrank oder haben es in einer Aktenmappe Ihrem Ressortchef gegeben. Jedenfalls liegt es irgendwo im Bundesinnenministerium.
Weshalb wir um den Arbeitsmarkt besorgt sind und uns um die Probleme gekümmert haben? Eben deshalb, weil wir die Befürchtung haben, daß vielleicht doch wieder die Arbeiter ein Verbot des Wechsels von Arbeitsplätzen und ähnliche Dinge bekommen könnten. Denn wenn Sie sich ansehen, was alles im Bundesleistungsgesetz der Wirtschaft wieder für den Fall eines Notstandes oder ernster Fälle zugemutet wird, dann können Sie allerdings so etwas wie eine Gänsehaut bekommen. Aber die FDP darf versichert sein, die Herren Kollegen
Wenn und Atzenroth: Wenn Sie im Ausschuß immer tapfer und wacker mitarbeiten, werden Sie an uns gute Bundesgenossen finden, damit wir verhindern, daß in Gesetze etwa auch Vollmachten hineinkommen, die sich nachher sehr, sehr böse und schädlich für die Bevölkerung auswirken könnten.
Ich muß dann noch auf zwei Dinge eingehen, damit das Bild abgerundet wird. Herr Professor Erhard, der Bundeswirtschaftsminister, hat erklärt, mehrfach erklärt, an vielen Stellen erklärt, er werde dafür sorgen, daß die Rüstung kein gutes Geschäft werde, und er hat weiter erklärt, er werde Rüstungsspekulationen unterbinden. Von Herrn Professor Erhard kennen wir mancherlei und viele Aussagen. Die Kollegen, die schon im Wirtschaftsrat mit uns zusammengesessen haben, können sich entsinnen, daß damals, in einer ähnlich kritischen Situation — als nämlich die Markumstellung kam, die neue Währung, die einen ähnlichen Einschnitt für unsere Wirtschaftsentwicklung bedeutete, wie es jetzt mit der Rüstungswirtschaft der Fall sein kann —, Herr Professor Erhard erklärt hat, er werde dafür sorgen, daß die Hortungsgewinnler herangenommen würden und daß niemand von ihnen auf seinem Hortungsgewinn sitzenbleiben werde. Alle noch so gründlichen und ausgiebigen Untersuchungen und Anfragen haben zu der Feststellung geführt, daß nicht einem einzigen von denen, die da enorme Hortungsgewinne gemacht haben, auch nur ein Härlein gekrümmt worden ist!
Wenn wir also Versprechungen und ihre Wirkungen und Erfahrungen aus der Vergangenheit abwägen, dann müssen wir schon sagen: eine solche Erklärung ist ein sehr schwacher Trost, zumal wenn man sieht, daß die Aktienkurse die Rüstungskonjunktur, das gute Geschäft, schon vorwegnehmen, — daß jetzt schon Preisspekulationen bei einer Reihe von Rohstoffen festzustellen sind. Wir hatten schon wieder Aufkäufe zu dem Zweck, aus Preissteigerungen Gewinne zu machen. Wir haben Preisauftrieb, Luftaufträge und vieles mehr. Die Kollegen aus dem Ruhrgebiet und aus den Industrien wissen das viel besser als wir. Schließlich haben wir auch einen Brief — vom Anfang dieses Monats, glaube ich aus dem Bundeskanzleramt an Herrn Professor Erhard, einen sehr sorgenvollen Brief, voller Sorge darüber, daß die Preisunruhe, die in der Bundesrepublik vorhanden sei, das Klima für die Akzeptierung dieser Verträge und die Meinung der Öffentlichkeit verschlechtern könne.
Der Herr Bundeskanzler hat erklärt: Ich garantiere, daß die Währung erhalten bleibt! — Jeder ernsthafte Mensch, der sich die Dinge anschaut, weiß doch, daß im Zusammenhang mit der Rüstung und als ihre Folge immer der Trend zur Verstärkung des Geldvolumens vorhanden war. Der Trend nach der Inflationsseite hin und die Entwertung der Währungen im Laufe der Jahre, die Tatsache, daß der Dollar drüben heute nicht mehr wert ist als eine Mark hier, das sind deutliche Beweise dafür, daß Rüstung ohne Steigerung des Geldvolumens kaum möglich ist, und niemand wird bestreiten können, daß jede Rüstung die Tendenz zur Inflation in sich trägt. Es hat also keinen Sinn, daß wir hier auf beschwörende Worte und Versprechungen achten. Es wäre wahrscheinlich besser, wenn man sich an das hielte, was kürzlich z. B. Professor Alfred Weber gesagt hat: daß diese Befürchtungen vorhanden sind.
Vor allen Dingen aber möchte ich in Erinnerung bringen, was der für diese Fragen zuständige Mann gelegentlich der Beratung des EVG-Vertrages vor zweieinhalb Jahren gesagt hat. Wir haben diesmal in keinem Ausschuß, glaube ich, ernsthaft die Frage geprüft, wieweit die Währung durch die Rüstung in Gefahr kommen könnte oder beeinflußt wird. Vor zweieinhalb Jahren haben wir mehr Zeit gehabt. Damals war es nicht nötig, so im Galopp zu traben, obwohl auch da gedrängt wurde. Es ist uns damals nicht gelungen, zu einer Einvernahme des Präsidenten des Zentralbankrats der Bank deutscher Länder in einem Ausschuß zu kommen. Diesmal war es schon ganz unmöglich, und der Wirtschaftsausschuß konnte es nicht
machen, weil er dafür nicht zuständig war. Wir haben also damals — das war vor zweieinhalb Jahren — nach Frankfurt geschrieben. In diesen zweieinhalb Jahren ist eine Wirtschaftsentwicklung vor sich gegangen, die zweifellos in der expansiven Tendenz, die sie hatte, mehr Gefahren in sich schließt als vor zweieinhalb Jahren. Der Präsident des Zentralbankrats der Bank deutscher Länder, Herr Bernard, hat damals geantwortet:
Bei einer Feststellung zu den finanziellen Teilen des EVG-Vertrages
— lesen oder hören Sie bitte jetzt: der Pariser Verträge —
kann die Notenbank im Hinblick auf zahlreiche unbekannte Größenordnungen
— zahlreiche unbekannte Größenordnungen! —
und im Hinblick auf die ungewissen, weitgehend von der Weltkonjunktur abhängigen Entwicklungstendenzen der Zukunft nicht mit voller Sicherheit erklären, ob die dem EVG-
- Pariser —
Vertrag entspringenden Verpflichtungen in jeder konkreten Situation immer und unter allen Umständen mit dem Erfordernis der inneren finanziellen Stabilität und mit der Aufrechterhaltung des Zahlungsbilanzgleichgewichts vereinbar sein werden.
Das scheint mir eine wichtigere und ernster zu
nehmende Feststellung zu sein als das vage Versprechen: „Solange ich da bin, wird der. Währung nichts geschehen". Der Herr Bundeskanzler wird ziemlich machtlos sein, weil nämlich hier möglicherweise ganz andere Kräfte zum Tragen kommen und dann das Bild sich wesentlich verändert und verschiebt.
Nun soll der schöne Kapitalmarkt — von dem Herr Schäffer so rühmend gesprochen hat, daß er ihn wiederhergestellt habe — dazu benutzt werden, die Fehlbeträge zu decken, d. h. die ersten 1,8 Milliarden sollen jetzt aus dem Kapitalmarkt genommen werden, um 9 Milliarden für die Rüstung aufzubringen. Das ist doch nur ein Balancieren, in welchen Etat man das setzt! Wahrscheinlich hat Herr Bundesminister Schäffer in dem Augenblick nicht das Gesicht gesehen, das Herr Pferdmenges machte — mir ist es aus der Sekunde in lebhafter Erinnerung geblieben —, dazu nämlich, daß hier schon der erste Schritt zu jener Tendenz angekündigt wird, die ich vorhin aufgezeigt habe und mit der wir rechnen müssen.
Meine Damen und Herren, es ist vielleicht kein Zufall oder es ist, so ,will mir beinahe scheinen, eine glückliche Fügung, daß der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium gerade jetzt ein Gutachten veröffentlicht hat, in dem er sich dafür einsetzt, daß endlich auch in der Bundesrepublik etwas getan wird, was wir aus anderen Ländern als eine sehr nützliche und wichtige Einrichtung kennen, nämlich die Aufstellung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Ich sage sogar: das ist bestimmt kein Zufall, weil nämlich die unabhängigen und selbständig denkenden Mitglieder dieses Wissenschaftlichen Beirats sich ebenfalls sehr erhebliche Sorgen gemacht und die Überlegung angestellt haben, was denn nun aus der Rüstungsepoche, die da anbricht, auf uns zukommt. Es wird festgestellt, daß nur eine solche Aufstellung den Überblick gibt, den man haben muß, um ein so großes Geschäft zu beginnen, und weiter, daß nur aus einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Erfolg oder Mißerfolg bestimmter Maßnahmen überhaupt erkennbar gemacht werden kann. Da die Bundesregierung offenbar gerade das nicht will — sonst hätte sie uns Zahlengrößen sagen müssen —, können wir nur schlußfolgern, daß die Größe der Belastung, die auf uns zukommt, offenbar so gefährlich werden kann, daß die Bundesregierung nicht den Mut hat, vor dem Parlament und vor dem Volk klar zu sagen, wie groß sie ist. Es wäre nämlich verbrecherisch, wenn etwa nicht die Überlegungen angestellt worden wären, wohin uns dieser Beginn von heute in drei oder vier oder fünf Jahren führt.
So bleibt uns nichts anderes übrig — ich glaube nicht, daß wir noch eine befriedigende Antwort bekommen, nachdem bisher alle Antworten, die wir zu all diesen Problemen bekommen haben, unbefriedigend waren —, als festzustellen: Die Bundesregierung verlangt die Zustimmung zu Verträgen, über deren Auswirkung und Weiterwirkung über die nächsten Jahre hinaus sie dem Parlament und dem deutschen Volk die Auskunft verweigert.