Mir ist sehr wohl bekannt, daß Sie dauernd versuchen, meiner Überzeugung nach aus propagandistischen Gründen, eine Gesamtsumme zu erfahren.
Es ist schon so: wenn Sie es einmal zu machen hätten, würden Sie es nicht billiger machen können.
— Auch wenn Sie noch so schreien, dadurch wird sich meine Ansicht nicht ändern, meine Herren, sondern ich werde ganz ruhig und sachlich die Dinge beim Namen nennen.
Wenn Sie die Wiederbewaffnung mal durchführen müßten, würde sie bei Ihnen in keiner Weise billiger sein, als sie jetzt ist. Darüber ist gar kein Zweifel. Sie können auch nicht irgendwie zaubern, sondern Sie können dann auch nur das tun, was
Ihre Pflicht ist, nämlich die Wiederaufrüstung gewissenhaft durchführen!
— Hier handelt es sich gar nicht um „Zauberlehrling", sondern es handelt sich darum, die Dinge klarzustellen und richtigzurücken, damit das deutsche Volk an den Lautsprechern weiß, was wirklich gespielt wird. Ich habe in keiner Weise Sorge, daß das mißverstanden wird.
Meine Damen und Herren, es ist wichtig, daß bei der Aufstellung, der Ausrüstung und der Bestandserhaltung der deutschen Truppen die deutsche Verantwortlichkeit gewahrt ist. Das ist — wir können sagen: leider — der Fall; denn wir waren ja für die supranationale Ordnung, und die ist uns ja leider von Frankreich zerschlagen worden. Aber nun wollen wir diesen Weg wenigstens so vernünftig wie möglich gehen und wollen das Positive auch aus der jetzigen Situation herausholen und in ihr suchen.
Die Gesetze, an denen Sie ja mit tätig sein werden, werden in deutscher Zuständigkeit gemacht. Wir hoffen, daß wir auch dadurch einen starken Einfluß auf den ganzen Aufbau erhalten. Sie wissen — genau wie ich —, daß das Beschaffungswesen und die Arbeitsmarktbetreuung deutsche Aufgaben sein werden. Man muß nur darauf achten, daß der rüstungswirtschaftliche Bedarf kein Fremdkörper innerhalb der deutschen Volkswirtschaft wird. Das ist, wenn es nicht überhitzt gemacht wird, sondern vernünftig, sehr wohl möglich. Wenn es aber so gemacht wird, d. h. vernünftig und ruhig, wie es auch von dem Herrn Kollegen Dr. Pferdmenges angedeutet war,
dann wird das Sinken des Lebensstandards vermieden. Das müssen wir verlangen. Dann wird auch vermieden, daß der soziale Fortschritt so belastet wird, daß er praktisch zum Erliegen käme. Das wäre untragbar. Wir sind uns klar, daß, wenn wir die Dinge ruhig und vernünftig ordnen, auch eine schwerwiegende Störung des Wirtschaftsablaufs vermieden werden kann.
Natürlich ist alles das, was ich Ihnen eben dargestellt habe, außerordentlich abhängig von der Art und Weise, wie unsere Bundesregierung gemeinsam mit uns die Sache steuert. Hier habe ich vor allem die dringende Bitte an den Herrn Bundeskanzler und an den Herrn Bundesfinanzminister, mit uns eifrigst darauf bedacht zu sein, daß unsere soziale Aufrüstung keinen Schaden nimmt, sondern vorwärtsgetragen wird, bis ,die immer noch in Deutschland und in der Bundesrepublik so weit verbreitete Not wirklich endgültig beseitigt ist.
Wir vom Gesamtdeutschen Block/BHE, die wir uns ja doch schon so einige Male als soziales Gewissen haben bezeichnen dürfen, werden gerade hier sehr wachsam sein. Es schadet nichts, wenn wir diese Aufgabe auch innerhalb der Regierungskoalition besonders intensiv übernehmen. Wir bitten besonders auch die Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, uns behilflich zu sein auf diesem Wege, für das gesamte deutsche Volk sozial tragbare Verhältnisse zu erreichen.
— Jawohl, wenn man bittet und den Weg nicht verschüttet, sondern vernünftig geht, ist es besser, als wenn man schreit und nichts erreicht.
Die Beschaffungsorganisation gerade für die Aufrüstung muß zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Verteidigungsressort besonders gut ausgebildet sein. Hier wünschen wir, daß der Bundeswirtschaftsminister entscheidend mitzusprechen hat. Das ist eine der Voraussetzungen, daß die Dinge nicht einseitig gesehen werden und daß die Beschaffungsorganisation für die Streitkräfte eben auch als ein Teil der gesamten Wirtschaft betrachtet wird.
— Das hatte ich ja gerade gesagt; passen Sie doch bitte auf!
Die Arbeitsmarktentwicklung ist bereits dargestellt worden. Ich glaube, es ist nicht mehr sehr viel Neues hierzu zu sagen, so bedeutungsvoll und wichtig sie ist. Es muß vorausschauend geregelt werden. Ich meine - vielleicht ist das noch nicht genügend zum Ausdruck gekommen —, daß auch die Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten für Facharbeiter rechtzeitig verstärkt werden sollten. Die Wirtschaft sollte rechtzeitig zu einer Expansion solcher Einrichtungen angeregt werden. Man könnte im Einzelfall auch von Staats wegen sogar bis zur Vollfinanzierung entsprechender Einrichtungen gehen.
Neben der Personenfrage ist die sachliche auch von großer Bedeutung. Natürlich ist die Förderung der sinnvollen Rationalisierung in jedem dafür geeigneten Betrieb zweckmäßig. Hierfür dürften zuerst der Betrieb selbst, aber auch die Organisationen der Wirtschaftszweige, die Industrie- und Handelskammern und schließlich anregend und kontrollierend das Bundeswirtschaftsministerium in Frage kommen.
Über die Finanzierungspolitik ist heute schon ausführlich gesprochen, und ich habe mir ja erlaubt, schon zu Anfang eine Frage an den Herrn Kollegen Dr. Gülich zu richten.
Das Entscheidende ist doch, daß zwei Voraussetzungen gegeben sind, die uns grundsätzlich beruhigen. Man ist in London und Paris einmütig der Überzeugung gewesen, daß die gesunde Wirtschaftslage der NATO-Staaten keinesfalls durch militärische Verpflichtungen gestört werden dürfe. Es liegt also in der Hand der Regierung und des Parlaments jedes Mitgliedstaates von NATO, Störungen zu vermeiden. Und das zweite ist das, was ich vorhin schon mit an den Anfang gestellt habe, daß die Finanzierung im Rahmen des Haushalts der Bundesrepublik vorgenommen wird, so daß wir uns jeweils jährlich rechtzeitig ein genaues Bild über die Forderungen von NATO machen können.
Nun hat vorhin ein Redner der Opposition - ich glaube, es war Herr Kollege Dr. Gülich - gemeint: Da sitzt also in NATO ein deutscher Vertreter, ein Militär. — Wer sagt denn, daß es ein Militär sein muß? Warum plötzlich so militärfromm auf der Linken? Ich könnte mir sehr wohl denken,
daß da ein Vertreter genau so aus der Wirtschaft oder Bürokratie stammen könnte.
Aber es ist gar nicht nötig, daß in reinen Finanzoder technischen Dingen irgendein Mann zu bestimmen oder uns zu vertreten hat, der davon nichts versteht.
- Nun, ich bin überzeugt, daß es, wenn Sie es zu machen hätten, doch nicht der Fall wäre. Sie würden doch sicher keinen Militär hinschicken. Warum sagt denn Herr Dr. Gülich gerade das Gegenteil? Weil er es nicht verstanden hat! Ich glaube, wir sollten uns nicht von irgendwelchen Psychosen beeinflussen lassen, sondern wir sollten die Dinge so nehmen, wie sie wirklich sind. Ich persönlich bin überzeugt, daß ein vernünftiger Vertreter dort schon unsere Interessen, auch entsprechend den Anweisungen, die er von der Bundesregierung hat und die er aus dem entsprechenden Ausschuß, dem Haushaltsausschuß, von uns mit auf den Weg bekommen wird, wahrnehmen und die Sache ordnungsmäßig behandeln wird. Schließlich genügt sein Veto, um die ganze Sache dort zu Fall zu bringen. Also wird man sich vernünftig verständigen müssen. Man muß nur die Dinge richtig kennen.
Ich glaube, daß wir damit auch einmal vor dem deutschen Volk richtig geklärt haben, wie es wirklich läuft, damit nicht diese furchtbare Sorge besteht, daß man immer diese Riesensummen sieht, anstatt klar zu erkennen, daß eine Aufrüstung über viele Jahre hingeht, daß sie sich, auch wenn sie in drei Jahren erst mal im Kleinen abgeschlossen wird, durchaus entwickelt und weiterläuft und daß man nicht immer den Butzemann einer Riesenmillionenzahl an die Wand malen soll.
— Es sind schon so viele falsche Zahlen genannt worden. Ich werde mich hüten, Ihnen eine falsche Zahl zu nennen. Die Zahlen, die von Ihnen genannt worden sind, sind genau so aus dem Kaffeesatz gezogen wie die anderen.
— Ja, meine Damen und Herren, mich können Sie so nicht behandeln. Ich werde dann schon mit Ihnen fertig, wenn Sie es wollen.
Ich darf nun zum Truppenvertrag kommen.
Es ist natürlich mißlich, daß dieser Vertrag in der alten Fassung übernommen worden ist. Hoffentlich wird er recht bald erneuert. Aber eines wissen wir — und darauf haben wir ja auch wieder einen Einfluß —, daß der neue Truppenvertrag, den wir bekommen werden, auf der unteilbaren Grundlage der Gleichberechtigung und Gleichverpflichtung für alle NATO-Staaten stehen wird, so daß wir also nicht mehr irgendwelche Diskriminierungen haben werden. Vielmehr werden wir genau so behandelt werden müssen wie bisher schon
alle anderen Teilnehmer von NATO. Das ist für uns einfach selbstverständlich. Es wäre ja unerträglich, wenn wir Bundesgenossen werden sollten und es dann so zwei Klassen, eine erste und eine zweite Klasse, gäbe. Das wäre ja undenkbar.
Es ist sicher auch gut, daß man sich in dem deutschen Volk darüber ein Bild machen kann, daß die Streitkräfte auf die deutschen öffentlichen und privaten Interessen gebührend Rücksicht zu nehmen haben und daß die Sicherstellung des deutschen zivilen Bedarfs — also der Verbrauchsgüter — unter allen Umständen gewährleistet sein muß. Es ist auch dafür gesorgt, daß in irgendwelchen Streitfällen ein gemeinsamer Versorgungsausschuß diese Dinge so ordnet, daß kein Schaden entstehen kann.
Der Wirtschaftspolitische Ausschuß hat sich auch von der wirtschaftspolitischen Seite aus mit den an uns herankommenden Anforderungen befaßt. Wir sind der Überzeugung, daß das Gesamtvolumen der nach dem Truppenvertrag aufzubringenden Leistungen nicht so groß ist, daß es im Verhältnis zum Sozialprodukt und dessen Steigerung untragbar ist.
Zu der Frage des Überleitungsvertrags hat ja mein Kollege Scheel ausführlich gesprochen. Ich möchte deshalb nur einige kurze Ergänzungen anbringen. Vor allem möchte ich, soweit die Dekartellisierung und das Kartellrecht in Frage kommen, darauf hinweisen, daß unser Berichterstatter, Herr Dr. Pohle, ganz richtig festgestellt hat, daß keinerlei Bindung des Parlaments vorliegt, sondern lediglich eine Bindung der Bundesregierung,
so daß also unser Start in die Regelung der Frage der Kartellordnung von seiten des Parlaments unbelastet ist. Wir werden uns auf dieser Basis noch über die Frage der Kartellordnung zu unterhalten haben.
Bei dem Kohlenbergbau, der Stahl- und Eisenindustrie erscheint es mir besonders wichtig, daß keine Verpflichtung vorliegt, innerhalb bestimmter Zeitgrenzen irgendwelche Veräußerungen ins Ausland vornehmen zu müssen, so daß die Überfremdungsgefahr ausgeschlossen ist. Daß dies klar gesagt wird, erscheint mir wichtig.
Die Entscheidung über die Frage der vor allem von den Amerikanern in übersteigertem Maße gegebenen Gewerbefreiheit wird im Zuge der allgemeinen innerpolitischen Gesetzgebung schon erfolgen. Dabei wird sehr pfleglich gehandelt werden müssen, und so, wie ich eigentlich alle Kollegen aus dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß, auch meine Kollegen von der SPD, kenne, wird da schon der richtige und für alle gute Weg gefunden werden können.
Zur Frage des Auslandsvermögens möchte ich nur noch einmal feststellen, daß wir es bedauern, daß Privatvermögen überhaupt im Zuge von Kriegen angetastet wurde. Ich begreife gar nicht, daß auf der einen Seite von privatwirtschaftlicher Einstellung, von den ganzen Zielsetzungen des privaten Eigentums gesprochen wird und daß man, wenn die Sache nun wirklich mal zur Entscheidung kommen soll, dann aus Staatsgründen auf dieses private Eigentum zurückgreift. Da ist irgendwie ein Fehler in der Logik. Ich muß nur dringend bitten, daß diese Dinge doch insgesamt in der Welt in Ordnung gebracht werden; denn wenn wir den Standpunkt vertreten, daß der Einzelne Privatbesitz haben soll, dann ist das eine Grundlage, die wie eine Magna
Charta sein muß, und dann darf nicht daran gerührt werden, ganz besonders nicht von Staaten, die, selbst hochkapitalisiert, auf dem Privateigentum beruhen.
— Das ist ganz relativ, wer der größte Räuber ist. Aber darauf gehe ich jetzt gar nicht ein, denn es ist für mich eine außerordentlich ernste Feststellung, die ich soeben hier getroffen habe.
Ich komme zum Schluß. Meine Damen und Herren, es ist auch auf das Militärische Sicherheitsamt in Koblenz hingewiesen worden. Wir erwarten, daß nun, nachdem die Dinge wohl heute und morgen zu Ende reifen und die Pariser Verträge angenommen werden, hier nicht weiter formal gehandelt wird, da ja dieser gemeinsame Viermächteausschuß nach der ganzen Art, wie die Verträge nun praktisch zustande kommen, kaum noch in Erscheinung treten wird, sondern daß gleich damit begonnen wird, die Genehmigungspflicht, die Kontrollen leichter als bisher zu machen, und daß im übrigen irgendwelche Ketten oder Knebelungen für zivile industrielle Fertigungen und Forschungen möglichst unterbleiben. Wir wollen diese Einschränkungen nicht mehr, und wir glauben auch, daß sie unzweckmäßig sind, auch unzweckmäßig vom Standpunkt des gemeinsamen Bündnisses aus, das nun geschlossen werden soll.
Sicher sind Mängel in den wirtschaftlichen Bestimmungen der Verträge, ganz besonders auch in dem Saarvertrag, über den ich jetzt nicht mehr reden will, nachdem mein Kollege Feller gestern I hier einige Andeutungen darüber gemacht hat.
Aber eines: Im Grunde ist es der Geist, der die Welt aufbaut! Meine Damen und Herren, wir erhoffen nach der Ratifikation der Verträge eine Atmosphäre des Vertrauens und auch entsprechende Handlungen von unseren Partnern. Wir hoffen, daß damit der Welt ein Dienst des Friedens getan wird. Wir wollen Mitverbündete der freien Welt sein, und wir wollen dementsprechend auch vollgültig Rechte und Pflichten übernehmen.