Rede von
Arno
Behrisch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Bundesminister, besser gesagt, Sonderminister Strauß hat gestern hier eine Rede gehalten, in der er mich reichlich zitiert hat. Ich habe nur den Schluß dieser Rede gehört, aber auch das hat mir genügt. Herr Strauß hat nun die Behauptung aufgestellt, ich hätte ihn und den Herrn Sonderminister Kraft als „schäbige Gesellschaft" bezeichnet.
— In der Zeitung. — Ich stelle fest, daß das nicht wahr ist.
— Er hat es nicht vorgelesen. — Wahr ist vielmehr folgendes. In der Zeitung heißt es:
Die CDU versucht, die Hofer davon abzuhalten, das „Deutsche Manifest" aus der Paulskirche zu unterschreiben. Das ist ihr gutes
Recht. W i e sie es macht, hat allerdings mit
Anstand und Demokratie nichts zu tun.
Und nun lassen Sie mich erklären, was damit gemeint war. Es wurde per Postwurfsendung ein Flugblatt verteilt, in dem Gleichheitszeichen gesetzt wurden zwischen Sozialdemokratie und Kommunistischer Partei, und Herr Sonderminister Strauß ließ sich ansagen zu einer Kundgebung unter dem Titel „Auf dem Wege zur Volksdemokratie — Was steckt dahinter?" Nun, wer hinter der Sache in der Paulskirche steckt, das wissen Sie
I alle; denn die haben sich nicht versteckt. Aber die Bemerkung „schäbige Gesellschaft" bezog sich auf die Verfasser des Flugblatts, die sich, wie gesagt, zu der verleumderischen Bemerkung hinreißen ließen, SPD sei gleich Kommunismus, und die unterschrieben haben als „Generalsekretariat der CSU".
Nun weiß ich nicht, ob Herr Strauß Mitglied dieses Generalsekretariats ist. Wenn er es ist, muß er allerdings diese Bemerkung der Schäbigkeit auf sich beziehen.
Aber ich glaube, Herr Sonderminister Kraft ist nicht Mitglied des Generalsekretariats der CSU.
— Noch nicht!
Das zweite, was Herr Sonderminister Strauß mir hier gestern ans Bein geheftet hat, das war der Ton, und Herr Kollege Kiesinger war heute nett genug, Herrn Strauß' Tonart mit Zorn
— besser, Herr Kiesinger, hätten Sie gesagt: mit bajuwarischem Zorn — zu entschuldigen.
Herr Kiesinger, Zorn ist nie eine Entschuldigung
für schlechtes Betragen, am wenigsten im Parlament.
Ich meine, wir haben Herrn Wyschinskis Tiraden vor der UNO auch nicht mit seinem Zorn entschuldigt. Sie haben, Herr Kiesinger, das Wort geprägt: Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus. Wir haben hier im Bundestag eine höchste Richtlinie für politisches Verhalten bekommen. Sie stammt vom Herrn Bundeskanzler selbst. Der Herr Bundeskanzler hat uns bei der Affäre SchrothScharley erklärt: „Lernen Sie bei uns!" Wir sind dieser freundlichen Aufforderung bisher nicht gefolgt.
Aber, Herr Kiesinger, wenn Sie mit dem Finger auf die SPD zeigen und Herr Strauß mit dem Finger auf die SPD zeigt und uns quasi vorwerfen, daß wir Sie gebissen hätten, darm darf auch ich ein französisches Sprichwort ins Feld führen.
— Es ist ein gutes Sprichwort, hören Sie bitte zu, Frau Dr. Weber! Ich bringe es auf gut deutsch: „Welch böses Tier! Es beißt, wenn man es schlägt!"
Sehen Sie, es beißt, wenn man es schlägt, und wir richten uns in Hof immer sozusagen auf die geistige Wellenlänge der Besucher ein.
Wenn der Herr Spruchkammervorsitzende Strauß, der die kleinen Pgs gepiesackt
und von Nazismus und Militarismus gereinigt hat, in Hof als Propagandaredner für Aufrüstung auftritt, dann möchte ich Ihnen eines sagen.
Sie machen uns den Vorwurf, wir seien vom Parlament auf die Straße gegangen. Herr Strauß ging von der Straße in die Gosse!