Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der • Herr Kollege Ruhnke hat den in Drucksache 561 vorliegenden Antrag eingehend begründet. Ich freue mich, feststellen zu können, daß wir dem Hohen Hause damit einen Antrag vorlegen können, der von allen Fraktionengetragen ist. Der Antrag hat nicht weniger als 47 Unterschriften. Es sind dies die Unterschriften der Mitglieder der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirtschaft, die sich zur Aufgabe gestellt haben, die grundsätzlichen allgemeinen Probleme, soweit sie die Wirtschaft und die Lebensbedingungen des Menschen betreffen, zu bearbeiten und das Hohe Haus mit diesen grundsätzlichen Fragen bekanntzumachen. Ich darf aber zu den einzelnen Punkten, die Herr Kollege Ruhnke bereits berührt hat, noch etwas sagen.
Zunächst möchte ich ausdrücklich den Wunsch unterstreichen, den Herr Kollege Ruhnke vorgetragen hat, diesen Antrag unmittelbar der Bundesregierung zuzuleiten, ihn also nicht erst wiederum in die Ausschüsse zu verweisen. Die Angelegenheit ist bekanntlich bereits im Bundesrat eingehend behandelt worden, und verschiedene Ausschüsse des Hohen Hauses haben sich in der vergangenen Legislaturperiode mit dieser Materie beschäftigt. Aile sind zu dem Ergebnis gekommen, man sollte die Bundesregierung zur Vorlage der zu erwartenden Rahmengesetze auffordern. Der nun vorliegende Antrag ist daher fast eine Selbstverständlichkeit. Er faßt nur alle diese Wünsche zusammen, über die wir hier nicht mehr zu diskutieren brauchen. Ich kann im Namen meiner Fraktion, der CDU/CSU, sagen, daß wir dem Antrag des Herrn Kollegen Ruhnke, die Drucksache 561 unmittelbar der Bundesregierung zuzuleiten, zustimmen werden.
Ich möchte aber doch noch — und dazu veranlassen mich auch die Ausführungen von Herrn Minister Kraft — zu der grundsätzlichen Frage etwas sagen, die Herr Kollege Ruhnke mir zur Erörterung überlassen hat. Das ist die Frage, wie weit eigentlich dieses Rahmengesetz in die Materie eindringen soll. Ich muß mich da einmal auf das Grundgesetz zurückziehen. Im Grundgesetz finden Sie unter Art. 75 — —
— Das Grundgesetz können Sie im Augenblick nicht ändern, heute nicht!
— Eben! Ich muß mich jedenfalls auf das Grundgesetz zurückziehen, so wie es heute gültig ist. Und so, wie es heute gültig ist, steht in Art. 75, daß der Bund das Recht hat, unter den Voraussetzungen des Art. 72 Rahmenvorschriften zu erlassen über dieses und jenes, und darunter ist auch der Wasserhaushalt erwähnt. Es ist hier also nicht von Rahmenbestimmungen über das Wasserrecht, sondern von Rahmenbestimmungen über den Wasserhaushalt die Rede. Bei Durchsicht der Drucksachen des Parlamentarischen Rates komme ich zunächst einmal zu folgendem Ergebnis: Der Begriff „Wasserhaushalt" ist an und für sich 'kein juristischer Begriff. Er ist — wie will ich sagen? — ein natürlich-technischer Begriff, er ist ein geophysikalischer Begriff, ein biologischer Begriff, aber er ist noch nicht zu einem juristischen Begriff geworden. In den Beratungen über diesen Punkt des Grundgesetztes ist die Begriffsbestimmung auch nicht näher erläutert worden. Aber beim Durchsehen der Arbeiten des Zuständigkeitsausschusses und des Redaktionsausschusses sowie ides Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates komme ich zu dem Ergebnis, daß die Mitglieder des Parlamentarischen Rates den „Wasserhaushalt" als einen Teil des gesamten Wasserrechts aufgefaßt haben und aufgefaßt wissen wollten. Somit ist der Sachverhalt völlig klar. Die Bundesregierung wird aus der konkurrierenden Gesetzgebung nicht das Recht herleiten können, das Wasserrecht für das gesamte Bundesgebiet zu regeln, sondern sie kann nur die Fragen des Wasserhaushalts, und zwar in einem Rahmengesetz, regeln. Bei den damaligen Beratungen im Parlamentarischen Rat ist auch mit vollem Bedacht berücksichtigt worden, daß es sich hier, nicht um die eigentlichen rechtlichen Fragen, sondern um die materiellen Fragen, um die Sorge einer Wassernot, handelt. Wir müssen unsere Be-völkerurig rechtzeitig davor schützen, daß sie eines Tages nicht mehrausreichend mit Trink- und Brauchwasser versorgt ist. Die Kurve des Verbrauchs an Trink- und Brauchwasser steigt in einem solchen Maße an, daß wir voraussagen können, wann die Knappheit und die Ratlosigkeit eintreten werden, wenn wir nicht rechtzeitig von Bundes wegen innerhalb eines Rahmengesetzes die nötigen Voraussetzungen schaffen, um dem drohenden Unheil zu steuern.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, daß es sich hier nur um rahmengesetzliche Bestimmungen handeln kann. Es wäre völlig verkehrt, wenn die neue Stelle, mit der Herr Minister Kraft betraut worden ist und zu der ich Herrn Minister Kraft wirklich von Herzen recht viel Erfolg wünsche, sich ministeriumsähnlich entwickeln zu müssen glaubte. Das würde ich für einen großen Fehler halten. Mit diesem Antrag ist nicht die Absicht verbunden, womöglich ein Wasserministerium ins Leben zu rufen. Nein, wir wollen kein Geld für ein neues Wasserministerium ausgeben. Das Geld, das wir ausgeben, wollen wir für die Wasserwirtschaft ausgeben. In diesem Sinne bitte ich Herrn Minister Kraft, die Arbeiten in der Weise durchzuführen,
daß der Grundgedanke eines Rahmengesetzes auf dem Gebiete des Wasserhaushalts völlig beachtet wird. Wenn man zu sehr in die Einzelheiten hineingeht und alle Dinge bis in den letzten Winkel von Bonn aus regeln zu müssen glaubt, so ist erstens zu befürchten, daß es unendlich lange dauern wird — wie auch Herr Kollege Ruhnke zum Ausdruck gebracht hat —, bis wir wirklich zu einer praktischen Arbeit kommen, und zweitens, daß letzten Endes in vielen Gebieten unseres Vaterlandes die Dinge dann schlechter geregelt sein werden, als sie bisher geregelt sind.
Dieser Antrag ist vielleicht ein Antrag, der nicht nur das Bundesgebiet interessiert. Ich bin davon überzeugt, daß wir uns vielleicht schon verhältnismäßig bald auf einer internationalen Basis mit der Frage des Wasserhaushalts werden beschäftigen müssen. Ich sehe voraus, daß das Rahmengesetz, das wir nun für unser Bundesgebiet erwarten, sehr bald ein Teil eines internationalen, eines europäischen Gesetzes oder vielleicht eines Gesetzes sein wird, das auf den verschiedenen Stromgebieten Europas ,aufgebaut ist. Denn die Fragen des Wasserhaushalts sind heute geographisch nicht mehr rein lokal, sie sind weitgehend auf ein großes Gebiet ausgedehnt und werden immer größere und größere Flächen umfassen.
Es ist interessant, unser Nachbarland Schweiz anzusehen. Sie wissen, es ist bestimmt ein Land, das auf die föderale Gesetzgebung sehr achtgibt. In der Schweiz ist die Bundesregierung in Bern durch ein Volksbegehren aufgefordert worden, gleichfalls ein solches Rahmengesetz zu erlassen, um den einzelnen Kantonen die Möglichkeit zu geben, in der praktischen Bewältigung der Fragen des Wasserhaushalts zusammenzuwirken. So ist also in der Schweiz ein Parallelfall gegeben.
Ich darf jetzt noch — viielleicht ist das als Abschluß ganz interessant - eine kleine geschichtliche Reminiszenz erwähnen, die mir vor kurzer Zeitaufgefallen ist. Tim alten Ägypten vor Tausenden von Jahren bestanden ja gleichfalls schon die gro ßen Probleme der Wasserversorgung, der Wasserwirtschaft und des Wasserhaushalts. In einer Epoche dieser Zeit, so lese ich in einer geschichtlichen Darstellung, waren nicht weniger als neun Zehntel aller bekannten Gesetze reine Wassergesetze. Immerhin ganz interessant! Dieser kleine geschichtliche Rückblick in eine alte, alte Zeit sollte uns den Mut geben, uns heute ernstlich zu befleißigen, der Not zu steuern, die sich ergeben könnte, wenn wir dieses Problem heute nicht mit voller „Kraft" in Angriff nehmen.
Medial" bei der CDU/CSU.)