Ist das Haus einverstanden? Ich nehme an, daß dieser Antrag nicht so zu verstehen ist, daß ein besonderer Tagesordnungspunkt angesetzt werden soll.
Das Problem wird im Rahmen der anderen Probleme bei der Vertragsdebatte besprochen. Dann ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf den Punkt 2:
Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Tarifvertrag für die bei den Besatzungsmächten beschäftigten deutschen Arbeitnehmer .
Das Wort hat der Abgeordnete Eschmann zur Begründung der Großen Anfrage.
Eschmann , Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage meiner Fraktion datiert bereits vom 1. Dezember 1954. Am 19. Februar 1954 teilte die Bundesregierung mit, daß grundsätzliche Hindernisse gegen den Abschluß eines Tarifvertrages für die bei den Dienststellen, Unternehmen und sonstigen Einrichtungen der alliierten Behörden und der alliierten Streitkräfte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer — wie der Vertrag nunmehr heißt — nicht mehr bestünden. Die Unterzeichnung durch die Tarifvertragsparteien sowie die Genehmigung des Vertragswerkes durch die Alliierte Hohe Kommission — so hieß es damals — würden in kürzester Frist möglich sein.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat nun mit Datum vom 31. Januar 1955 den Herren Finanzministern und Herren Finanzsenatoren der Länder und einigen anderen beteiligten Stellen mitgeteilt, daß am 28. Januar 1955 in Bonn der Tarifvertrag unterzeichnet wurde und daß die Alliierte Hohe Kommission am gleichen Tage ihre Zustimmung erteilt habe. Damit liegt jetzt fest, daß der Tarifvertrag am 1. Februar 1955 in Kraft getreten ist und daß von diesem Tage an für die bei den alliierten Dienststellen in den drei Besatzungszonen beschäftigten Arbeitnehmer das deutsche Arbeitsrecht anzuwenden ist.
Damit aber nun der Vertrag und seine Nebenvereinbarungen einheitlich angewandt werden können, müssen noch die notwendigen Ausführungsvorschriften erlassen und Übergangsregelungen getroffen werden. Nach einem Schreiben des Herrn Bundesfinanzministers sollen diese Vorschriften ebenfalls so bald wie möglich bekanntgegeben werden. Meine Fraktion hegt hierbei die stille Hoffnung, daß diese Bekanntgabe doch etwas beschleunigter vor sich gehen möge als das Zustandekommen des Vertragswerkes selbst.
Wenn man schon die Zeit von Mitte November 1954 oder, besser gesagt, vom 1. Dezember 1954 — das ist der Zeitpunkt der Einbringung unserer Großen Anfrage — bis 1. Februar 1955, dem Termin des Inkrafttretens des Vertrags, gewiß nicht als kürzeste Frist bezeichnen kann, so ganz sicher nicht die Zeit vom 19. Februar 1954, als diese genannte „kürzeste Frist" angekündigt wurde, bis zum Februar 1955, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens. Anscheinend hat es doch erst des Anstoßes durch die Große Anfrage meiner Fraktion bedurft,
um den Abschluß des Vertrages im Interesse der Betroffenen endlich herbeizuführen.
Der erste Punkt unserer Großen Anfrage hat damit im großen und ganzen seine Erledigung gefunden.
Ich komme nun zu den Punkten 2 bis 5 unserer Großen Anfrage. Da möchte ich zunächst auf § 1 Abs. 3, der den Geltungsbereich des Vertrags betrifft, hinweisen. Hier heißt es: „Die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer der deutschen Dienstgruppen und ihre Entlohnung werden in einem Sonderabkommen geregelt." Das bedeutet also praktisch, daß die Dienstgruppen nicht in das Vertragswerk einbezogen sind.
In Punkt 2 unserer Anfrage hat meine Fraktion zum Ausdruck gebracht, sie möchte gern wissen, wie weit die Verhandlungen über die Einbeziehung der deutschen Dienstgruppen in diesen Tarifvertrag gediehen sind. So wie es jetzt vorgesehen ist, interessiert meine Fraktion, wie weit die Vorbereitungen zu Verhandlungen über das zu treffende Sonderabkommen, das ja die Dienstgruppen betrifft, gediehen sind. Man hört und spricht davon, daß noch in diesem Monat Tagungen der Tarifpartner, also der Bundesregierung und der Gewerkschaften, unter Hinzuziehung der Dienstgruppenvertretungen — gewissermaßen als Sachverständige — stattfinden sollen. Dabei scheint es mir von Bedeutung zu sein, daran zu denken, daß die Dienstgruppen ihren zivilen Charakter haben und auch behalten sollten und daß diese Merkmale auch Inhalt des Sonderabkommens werden. Es müßte gewährleistet sein, daß sie genau so wie alle übrigen Zivilbeschäftigten der Besatzungsbehörden behandelt werden mit allen Rechten in bezug auf ihre Arbeitsbedingungen, sozialen Vergünstigungen und was es sonst noch an Rechten gibt. Ebenso wäre es gut, wenn man den Interessenvertretungen der Dienstgruppen, den Gewerkschaften und wer sonst noch dazugehört, anstatt ihnen, wie es seitens gewisser Vorgesetzter in den Dienstgruppen und wie es leider auch von einigen Besatzungsdienststellen geschieht, Hemmnisse in den Weg zu legen, ihr Betätigungsfeld voll und ganz freigäbe.
Nach Punkt 3 unserer Anfrage würde es meine Fraktion interessieren, wieweit und in welchen Punkten das zu treffende Sonderabkommen von dem jetzt geltenden allgemeinen Tarifvertrag abweichen wird und ob, wie in den Punkten 4 und 5 unserer Anfrage gefragt ist, vorgesehen ist, die Frage des Weihnachtsgeldes für die Angehörigen der Dienstgruppen für die Zukunft nach den Regeln des öffentlichen Dienstes zu ordnen, und wieweit daran gedacht ist, die Angehörigen der Dienstgruppen in den Genuß der im Kindergeldgesetz vorgesehenen Kinderbeihilfe zu bringen.
Das gleiche wäre über die Berücksichtigung der Dienstgruppen bei Gewährung der sogenannten Treuegelder, von denen sie zunächst ausgeschlossen sind, zu sagen. Die Dienstgruppen erheben nach meiner Auffassung mit Recht An-
spruch auf Zahlung dieses Geldes. Im übrigen ist von den Mitgliedern meiner Fraktion im Sozialpolitischen Ausschuß die Forderung nach Lösung der eben von mir angeführten Probleme ja auch schon des öfteren bei den entsprechenden Beratungen erhoben worden.
Meine Fraktion hat den Wunsch und die dringende Bitte an das Bundesfinanzministerium, im Interesse der Angehörigen der Dienstgruppen diese Regelungen, die wohl unbedingt und dringend notwendig sind, so schnell als möglich herbeizuführen.
Abschließend möchte ich sagen, daß es mir von Bedeutung zu sein scheint, ob sich die Bundesregierung schon einmal Gedanken darüber gemacht hat, wie es um Personen bestellt ist, die von den Besatzungsbehörden zur Entlassung kommen. Ich meine das im besonderen in bezug auf die Möglichkeit, wieder eine Arbeit in der deutschen privaten Wirtschaft oder an anderen Arbeitsplätzen zu finden. Für viele dieser Entlassenen ist es ein großes Hemmnis, bei der Besatzungsmacht beschäftigt gewesen zu sein. Sie finden nur schwerlich eine erneute Anstellung oder Beschäftigung. Es interessiert uns, ob diese Frage im Tarifvertrag oder in dem Sonderabkommen für die Dienstgruppen, vielleicht durch besonderen Kündigungsschutz oder sonst irgendwie, die entsprechende Beachtung gefunden hat oder finden wird. Meine Damen und Herren, leider lehnen oft jene Personenkreise die Einstellung dieser Entlassenen ab, die immer sehr freundlich den Integrationsbestrebungen oder jetzt auch den zur Behandlung stehenden Verträgen das Wort reden und sich zustimmend dazu äußern. Diese Verhaltensweisen stehen doch wohl in einem seltsamen Gegensatz
zueinander. An einer Beantwortung auch dieser Fragen ist meiner Fraktion sehr gelegen.
Noch eine Frage zum Schluß., Meine Fraktion würde auch gerne einmal die Meinung der Bundesregierung darüber hören, wie die Planungen sind, wenn es einmal zur Auflösung der Dienstgruppen käme. Nach dem Truppenvertrag zum Beispiel wäre das zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Fall. Wenn sich auch, wie man hört, rund 20 000 Angehörige der Dienstgruppen inzwischen bei der Dienststelle Blank für die eventuelle Übernahme gemeldet haben sollen, so bleiben doch noch rund 40 000 übrig, für die es gälte, sie anderweitig unterzubringen. Frühzeitige Planungen und vielleicht auch Maßnahmen wären für die rund 360 000 Beschäftigten notwendig — das ist wohl kaum zu bestreiten — und sind sicherlich angebracht.
Für eine möglichst konkrete Beantwortung unserer Fragen wären wir dankbar.