Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Situation, die Kollege Dresbach eben gekennzeichnet hat, ist außerordentlich ernst. Denn was sich am letzten Freitag im Bundesrat zugetragen hat, ist wirklich ungewöhnlich. Es ist nicht abzutun, wie Herr Niederalt das bezeichnet, mit „Reibereien". So ernste Differenzen zwischen den beiden höchsten gesetzgebenden Körperschaften kann man nicht als Reibereien bezeichnen. Die Angelegenheit muß aber bald erledigt werden, denn vor Abschluß des Haushaltsplans 1955, in dessen erster Beratung wir heute stehen, müssen alle die Fragen geklärt werden, die durch das Finanzverfassungsgesetz, durch das Finanzanpassungsgesetz und durch das Länderfinanzausgleichsgesetz aufgeworfen sind und die sich alle in Zahlen im Bundeshaushalt ausdrücken. Es ist bemerkenswert, daß in der letzten Bundesratssitzung am Freitag selbst der Berichterstatter des Bundesrats, Dr. Nolting-Hauff, der uns sonst durch eine vornehme hanseatische Zurückhaltung bekannt ist, in'einem ungewöhnlichen Ausmaß als Berichterstatter von dem Mittel der Polemik Gebrauch gemacht hat. Er sagt z. B.:
Wenn der Abgeordnete Gülich dies im Bundestag als eine bedarfsgerechte Finanzausstattung der einzelnen Gebietskörperschaften bezeichnet hat, so ist dies nichts weiter als ein schönes Wort. Der Bedarf ist überhaupt keine Größe, die in einer Finanzausgleichsordnung einen entscheidenden Platz haben kann. Es handelt sich hier vielmehr um einen Faktor, der praktisch jede Ordnung zerstört. Finanzminister wissen, daß der Bedarf, wenn man ihn wirklich beim Wort nehmen will, überhaupt nur durch eine einzige Zahlengröße, nämlich die Zahl Unendlich, ausgedrückt werden kann.
Aber, meine Damen und Herren, das war doch unser Bemühen, unser vielmonatiges Bemühen im Finanzausschuß des Bundestages, das Wort „Bedarf" nicht so hinzuwerfen, sondern uns darunter etwas vorzustellen. Das haben wir doch gerade getan bei dem Gesetz, und wenn wir das getan haben, dann kann man zwar die Frage stellen, ob wir es richtig gemacht haben. Aber man kann mit solchen Redensarten nicht ernsthafte Bemühungen von uns Finanzmännern abtun. Auf diese Weise tut man ,der ganzen Sache den schlechtesten Dienst. Es ist auch so, daß z. B. zum Länderfinanzausgleichsgesetz — ich habe meine Unterlagen unten gelassen — um im Grunde kleine Dinge gefochten wird. Es wird polemisiert gegen die Erhöhung der Finanzmasse um 45 oder 46 Millionen, die wir ja im Interesse aller finanzschwachen Länder vorgenommen haben. Denn im Bundesrat, das wissen wir ja, wird nicht wohl ausgewogen, sondern nach den jeweiligen oder den jeweils erkennbaren Interessen abgestimmt. Herr Niederalt, ich kann Ihnen meine „Abstimmungstabelle" zur Verfügung stellen. Da steht für jede Steuerart und für jedes Problem für jedes Land drin, wie es im Bundesrat abstimmen wird: gerade nach seinem im Augenblick erkennbaren Vorteil. Zwar versuchen die finanzstarken Länder mal ein finanzschwaches Land durch die Gewährung dieser oder jener Annehmlichkeit zu der oder jener Zustimmung zu überreden. Ich möchte deshalb hier an die finanzschwachen Länder die Mahnung richten, doch um Gottes willen solchen Versuchungen nicht zu erliegen. Leider hört der Finanzminister meines finanzschwachen Landes nicht zu.
— Ich meine den anderen; der hört nicht zu.
Nur die Solidarität der finanzschwachen Länder kann bei der unglücklichen Konstruktion der Länder überhaupt noch zu vernünftigen Regelungen führen.
Der Bundesrat hat es abgelehnt, den Vermittlungsausschuß anzurufen. Das ist in der Tat eine Brüskierung, die ich nicht für möglich gehalten
hätte. Zumindest hätte doch der Versuch gemacht werden müssen, im Vermittlungsausschuß eine Lösung zu finden. Gewisse Lösungsmöglichkeiten waren ja vorhanden. Wir waren während der Beratung — und wir haben uns wiederholt mit den Finanzministern der Länder zusammengesetzt —viel weiter. An dem sehr fruchtbaren Abend, den wir im Hause Hellwege hatten, zeichneten sich doch gewisse gute Ergebnisse ab. Wir haben dann im Finanzausschuß des Bundestages gewartet, was uns die Länder endgültig zu sagen hätten. Und was hatten sie uns nach all diesen Bemühungen zu sagen? Daß es alles beim alten bleiben sollte und sie mit nichts, was wir vorgesehen hatten, einverstanden wären. Natürlich hätte sich darüber reden lassen, ob die Vermögensteuer und die Erbschaftsteuer bei den Ländern bleiben. Es läßt sich meines Erachtens nicht darüber reden, daß die Kraftfahrzeugsteuer bei den Ländern bleibt, denn dann würde uns ja die Neuordnung des Kraftverkehrswesens außerordentlich erschwert werden, weil dann sofort das Kraftfahrzeugsteuerproblem auch zu einem Finanzausgleichsproblem wird; und das sollte man vermeiden. Über die kleinen Steuern haben wir uns oft ausgesprochen und klargelegt, daß diese Steuern regional nicht radizierbar sind und es einfach unsinnig ist, wenn solche Steuern, die früher auch Reichssteuern waren, bei den Ländern bleiben.
Ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß sich die Länder, die es angeht, doch noch einmal überlegen, ob sie nicht am nächsten Dienstag im Vermittlungsausschuß wirklich nach einer Vermittlung suchen. Der Bundesrat hat sich meines Erachtens am letzten Freitag selber einen schlechten Dienst erwiesen, und dem Gedanken des Föderalismus den allerschlechtesten, und er hat dem Gedanken der Demokratie schweren Schaden zugefügt. Was soll denn die Bevölkerung überhaupt noch glauben, wenn sich die Länder untereinander und mit dem Bund um Dinge raufen, wofür der Mann auf der Straße einfach kein Verständnis aufbringen kann! Wir sollten uns zusammentun — wir haben ja neulich schon einmal den Anfang gemacht — und sollten dem Steuerzahler klarmachen, daß es wirklich um seine Interessen geht und daß wir durch eine Rationalisierung der öffentlichen Finanzwirtschaft sehr erheblich an Steuern sparen könnten.
Herr Kollege Niederalt hat eine Reihe weiterer Bemerkungen gemacht, zu denen ich noch ein paar Worte sagen möchte. Ich glaube, es hat keinen Sinn, und ich habe deshalb nicht sehr große Lust, die heutige Haushaltsdebatte durch neue Probleme zu erweitern; denn wir sind hier im Plenum j a fast unter uns wie im Haushaltsausschuß,
und unsere Auffassungen sind uns ja im wesentlichen bekannt.
— Wir würden uns sehr freuen, wenn sie kämen, Herr Kollege Lücke. — Ich will deshalb nur einige Dinge mit behandeln, die hier aufgeworfen worden sind und auf die man in diesem Zusammenhang nicht verzichten sollte.
Es ist eine falsche Rechnung, Herr Kollege Niederalt, wenn Sie sagen, das Parlament sei zu groß, das Parlament sei zu teuer und hier müsse gespart werden. Staatssekretär Hartmann hat in seiner
gestrigen Rede gesagt, daß im Jahre 1955 der Aufwand, pro Kopf der Bevölkerung für den öffentlichen Gesamthaushalt 970 DM beträgt. Wenn wir uns nun überlegen, daß für die wichtigste Stelle in dem gesamten öffentlichen Haushalt, für das Parlament, weniger als 50 Pfennige pro Kopf der Bevölkerung ausgegeben werden, dann sollte man nicht gerade beim Parlament anfangen, sparen zu wollen.
— Auf die Zahl 400 oder 500 Abgeordnete möchte ich gar nicht eingehen. Ich habe das Parlament nicht von 402 auf 484 Abgeordnete vergrößert,
sondern der Antrag ist ja von der größten Regierungspartei oder von allen Regierungsparteien —das weiß ich nicht mehr genau — gekommen. Nachdem es damals beschlossen worden ist, können Sie sich durchaus Gedanken darüber machen, ob es für den dritten Bundestag so bleiben soll; da gibt es diese und jene Argumente, die man anführen kann. Ich halte es aber nicht für richtig, jetzt bei der Haushaltsberatung zu sagen, um der öffentlichen Sparsamkeit willen wollten wir das Parlament reduzieren.
Eine 'andere Frage aber, bei der es wirklich um die Sparsamkeit geht, sollten wir uns genauer überlegen. Ich habe sie schon angeschnitten. Das ist die Frage der Rationalisierung der gesamten öffentlichen Verwaltung, und das ist ferner die Frage der fortgesetzten Mehranforderungen von Beamtenstellen und die überall erkennbare Tendenz, möglichst viele ohnehin qualifizierte Beamtenstellen zu heben.
Ich will kein Wort sagen gegen die wirklich qualifizierten Beamten, von denen die Bundesregierung ja eine große Zahl hat.
Ich kenne aus meiner Tätigkeit genauer die Qualität der leitenden Beamten des Bundesfinanzministeriums, und ich habe davor immer meine Hochachtung gehabt.
Sie brechen unter der Last der Arbeit schier zusammen, und man sieht auch hier, daß die Vermehrung von Beamtenstellen keineswegs die Last auf ihren Schultern erleichtert. — Übrigens: Wie tüchtig diese Beamten sind, will ich Ihnen an einem kleinen Beispiel klarmachen. Die Mitglieder des Haushaltsausschusses bekamen am 9. November den Haushaltsplan vorgelegt. In mehreren Einzelplänen lagen Deckblätter. Diese Deckblätter, die z. B. die Erhöhung des Notopfers Berlin, die Ergänzungsabgabe und anderes mehr darlegten, trugen das Datum vom 12. November, und sie nahmen bereits das Ergebnis der Kabinettssitzung vom 10. November voraus.
Ich meine, das ist eine Tüchtigkeit, eine Vorausschau der Beamten, die doch wirklich alle Anerkennung verdient
und die auch hier ausdrücklich anerkennend festgehalten werden soll.
Von 1954 auf 1955 soll, das ist schon gesagt worden, die Zahl der planmäßigen Beamten um annähernd 300 erhöht werden, die der Angestellten um 800. Dann sind hier ganz interessante Stellenhebungen. Allein in der A 1a-Gruppe sollen 23 Stellen gehoben werden.
Das Ganze ist eigentlich doch recht bedenklich. Denn je mehr Personal eingestellt wird, um so mehr steigt auch die Papierflut, die die Beamtenschaft zu bewältigen hat; sie wird nicht etwa geringer. Wir können die Ausgaben in der Verwaltung überhaupt nur durch eine Änderung der Zuständigkeiten einschränken — ich habe das früher schon gesagt —, dadurch, daß wir den Behördenchefs und ihren Abteilungsleitern mehr Eigenverantwortung geben und sie hinterher um so stärker kontrollieren. Nehmen Sie aber irgendein normales Aktenstück aus irgendeinem Ministerium, dann ist eine Kolonne zur Mitzeichnung oder sind zwei Kolonnen untereinander quer über das ganze Aktenstück zur Mitzeichnung keine Seltenheit. Darin sehe ich eine der großen Schwierigkeiten. Jeder braucht zu seiner Entlastung die Mitzeichnung von jedem. Jedes einfache Aktenstück geht durch mehrere Ministerien und durch mehrere Abteilungen eines Ministeriums, und darin liegt eine solche Vergeudung öffentlicher Mittel — wenn die Privatwirtschaft sich das erlauben wollte, dann wäre das schier unmöglich —, daß man hier anmerken soll: weniger Mitbeteiligung, aber mehr Eigenverantwortung der Behördenchefs und ihrer leitenden Mitarbeiter, im ganzen aber Erhöhung nicht der Quantität, sondern der Qualität der Beamten. Wenn das geschieht, wird in den öffentlichen Verwaltungen alles einfacher werden.
Wir werden — und ich glaube, da sind wir uns erfreulicherweise eigentlich immer sehr hübsch einig — im Haushaltsausschuß in diesem Jahre unser besonderes Augenmerk wohl darauf richten müssen, daß die Zahl der Stellen nicht weiter vermehrt wird und daß die Stellen nicht immer wieder beliebig angehoben werden. Natürlich haben da besondere Minister auch besondere Wünsche. Es sind keineswegs immer die großen Ministerien mit ihren großen Arbeitsbereichen, die hier Sonderwünsche äußern, sondern es sind sehr oft die kleinen. Ich habe im Haushaltsausschuß wiederholt angeregt, daß man Querschnitte durch den Haushalt macht, und ich habe auch oft gefordert — Herr Dresbach, Sie taten es vorhin ja auch —, daß man die Länderhaushalte analysiert. Seit fünf Jahren erhebe ich diese Forderung immer wieder; aber das Grundgesetz gibt uns keine Möglichkeit, das zu tun. Zwar hätten wir die Möglichkeit, die Haushalte der Länder im Bundesfinanzministerium sehr genau zu erforschen und uns das Ergebnis zu den Beratungen vorlegen zu lassen.
— Natürlich, nur gehört dazu ja ein Apparat, den Sie und ich nicht haben.
Bei den Beamten noch eine kleine Anmerkung zu den Dienstreisen. Ich habe bisher leider versäumt, darum zu bitten, daß die Dienstreisetitel einmal quer durch alle Haushalte zusammengestellt werden. Man sollte sie dabei nach Behörden und Ministern, nach den Rängen der Beamten und — das ist sehr wichtig — auch nach der Zeit, in der sie ausgeführt werden, ordnen. Da ergibt sich nämlich folgendes. Im Februar und März eines jeden Jahres setzt, obgleich das nicht die guten Reisemonate sind, eine besonders intensive Reisetätigkeit ein, und zwar werden in diesen Monaten auch Leute auf Dienstreise geschickt, die man vorher nicht geschickt hat. Wenn nämlich noch Mittel in
den Reisekostenfonds vorhanden sind, müssen die Mittel ausgegeben werden, und dann werden die Leute auf die Achse gebracht.
Diese kritische Bemerkung gilt natürlich genau so gut für die Länder. Was da alles zusammengereist und zusammenkonferiert wird, das ist geradezu unheimlich. Die Konferenzen finden meist in Badeorten statt. Aber das hängt vielleicht mit der Überlastung der Beamten zusammen, die sich hier durch ein Sprudelbad etwas erfrischen können; so ähnlich wird man sich das wohl vorzustellen haben.
Dann gibt es viele Dienstreisen, bei denen die Beamten nicht mehr allein, sondern im Konvoi reisen.
Man weiß ja, daß sich das Tempo des gesamten Konvois nach dem langsamsten Fahrzeug richtet, und so ist das auch hier! Wahre Kolonnen von Beamten reisen, reisen überallhin. Ich wüßte ganz gern, ob es wahr ist — aber ich glaube, es ist so wahr; ich würde es sonst nicht sagen, wenn ich nicht wüßte, daß es so wahr ist —, daß z. B. in einem Falle nach Rom ein Mann, ein Referent, hätte hinreisen müssen und daß dieser auch fuhr, daß aber mit ihm der Beamte, der vor ihm Referent war, und der Beamte, der vielleicht nach ihm Referent werden sollte, reisten.
So fuhren sie denn zu dritt; es war sicher eine nette Reise. Ich bin überzeugt: wenn sie weniger reisen, schreiben sie auch weniger Briefe, füllen sie weniger Aktenstücke, und das wäre schon ein kleiner Beitrag zur Rationalisierung in der Verwaltung.
Verehrter Kollege Eckhardt, ich muß Ihnen nun ein unfreundliches Wort sagen — aber ich sage es freundlich —; denn das, was Sie über die Statistik gesagt haben, hat mich langsam hochgebracht!
Gott sei Dank — das erkenne ich dankbar an — haben Sie den einen banalen Satz, daß man mit der Statistik alles beweisen könne, nicht gebraucht. In einem hochorganisierten Staatswesen ist ohne Statistik nicht auszukommen. Wir haben in Deutschland eine hockentwickelte Statistik, doch mit den statistischen Quellenwerken allein können wir nichts anfangen. Es kommt auf die Auswertung der Stastistik an, und wenn 'die Auswertung von üblen Leuten übel gemacht wird, weil sie irgend etwas beweisen wollen, so beweist das nichts gegen die Statistik, genau sowenig wie es etwas gegen die Brotmesser beweist, weil gelegentlich mit ihnen einmal ein Mord passiert. Man sollte sich also hüten, die Statistik einfach so in Bausch und Bogen zu verdammen.
Nun noch eine ganz kurze Bemerkung. Ich habe bei der dritten Beratung des Haushaltsplans 1954 eine Reihe von konkreten Anregungen zur Gestaltung des Haushaltsplans gegeben und eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die man sich überlegen sollte. Im neuen Haushaltsplan sehe ich, daß man sich diese Überlegungen nicht zu eigen gemacht hat. Nun ist mir vollkommen klar, daß damit nicht Stellung genommen worden ist zu den Anregungen, die ich gegeben habe, sondern der Haushaltsplan hat es in sich, und das Gerippe wird eben weiter so verwandt. Ich habe damals nach der Beratung des Haushalts Herrn Schäffer gesagt, er möge doch bald einmal eine kleine Kommission von sachverständigen Männern zusammensetzen, die zunächst einmal einen Arbeitsplan aufstellen, welche Dinge zu beachten seien, um das Haushaltsrecht, die Haushaltsplangestaltung und die Rechnungslegung zu rationalisieren. Die Anregung gefiel ihm; leider ist nichts geschehen. Vielleicht ist doch etwas geschehen. Aber wenn nur Beamte in Ministerien den Auftrag haben, sich darum zu bemühen, und uns nachher ihr Ergebnis vortragen, dann sollten wir damit nicht einverstanden sein, sondern wir, die wir in der parlamentarischen Praxis stehen, sollten an der Gestaltung der künftigen Haushaltspläne Anteil nehmen.
Ich hatte mir an sich vorgenommen, auch über die Einnahmeseite und insbesondere den Einzelplan 60 noch einiges zu sagen. Tatsächlich wird aber weder von der Regierung ein größeres Interesse gezeigt noch vom Bundesrat, noch, was hier entscheidend ist, vom Bundestag selber. Ich glaube wirklich, es ist ein ernsthaftes Symptom für die Lage unserer Bundesrepublik, daß der Herr Bundeskanzler für finanzwirtschaftliche Fragen überhaupt kein Verständnis hat. Er hat gar keinen Zugang zu diesen Problemen, wie auch der Oberbürgermeister von Köln den Zugang zu diesen Problemen selbst als Oberbürgermeister nicht gehabt hat.
— Er war vorher Stadtkämmerer?
— Das wußte ich nicht; da bin ich aber voll und ganz erstaunt.
Die Bundesregierung darf nicht denken, daß es genüge, wenn nur die Ressortreferenten, die Haushaltsreferenten der Bundesministerien mit den Haushaltsreferenten des Finanzministeriums raufen. Wenn nun etwa auch noch — was viele wünschen
— die Rauferei in die Fachausschüsse des Bundestages gelegt würde, dann kämen wir ja mit den Haushaltsberatungen überhaupt nicht zu Rande. Ich warne also vor solchem Vorhaben. Es wäre sehr viel richtiger, alle Bundesminister wären hier, nähmen an der Beratung lebhaften Anteil, die Mitglieder der Fachausschüsse wären auch alle hier, nähmen auch Anteil an der Sache, dann würde an diesem Punkte unseres öffentlichen Lebens, wo wirklich alles zusammenkommt und wo sich auch alles in Geld ausdrückt, eine Zusammenschau möglich, und es würde eine Zusammenarbeit des Parlaments ermöglicht, die die Ausschußberatungen, die nachher kommen, sehr unterstützen würde. Hier wäre der Ort, und bei der ersten Beratung wäre die Zeit, alle die Probleme aufzuwerfen, und man sollte sich für eine solche Beratung mehr Tage vornehmen, als wir das tun, alle die Probleme aufzuwerfen, die dann vom Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages durchberaten werden könnten. Würden wir so verfahren, kämen wir zu einer ganz anderen, verständigeren und wirkungsvolleren Haushaltspolitik, als das bisher in diesem Parlament, welches kein Interesse für die Haushaltsfragen hat, möglich gewesen ist.