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ID0205901200

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    2. Deutscher Bundestag — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Dezember 1954 3005 59. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Dezember 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . 3005 B, 3017 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 128 betr. kriminalpolizeiliche Durchsuchung der Wohnung des Senators a. D. Dr. Klein in Bonn (Drucksachen 968, 1065) 3005 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 (Haushaltsgesetz 1955) (Drucksache 1100) 3005 C Schoettle (SPD) 3005 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 3017 B Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . . 3028 D Dr. von Merkatz (DP) 3033 A Unterbrechung der Sitzung . 3038 B Dr. Eckhardt (GB/BHE) 3038 D Ritzel (SPD) 3043 D Niederalt (CDU/CSU) 3052 D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 3058 A Dr. Gülich (SPD) 3060 B, 3066 A Dr. Luchtenberg (FDP) . . 3064 A, 3066 A Krammig (CDU/CSU) 3067 B Bauknecht (CDU/CSU) 3069 C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3073 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 3075 D Nächste Sitzung 3076 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung bis um 15 Uhr.

    (Unterbrechung der Sitzung: 13 Uhr 12 Minuten.)

    Die Sitzung wird um 15 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger wieder eröffnet.


Rede von Dr. Richard Jaeger
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  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Eckhardt.

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    Rede von Dr. Walter Eckhardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Montag ist uns das neue Haushaltsbuch überreicht worden mit einer so außerordentlichen Sach- und Zahlenfülle, daß sicherlich niemand in diesem Hause in der Lage gewesen ist, es bisher auch nur einigermaßen zu studieren. Das gilt aber nicht nur für das Haushaltsgesetz, das wir bekommen haben, es gilt auch für die Einführung, die man uns mit auf den Weg gegeben hat, nämlich für die sogenannten Allgemeinen Vorbemerkungen, die allein schon 555 Seiten umfassen. Es ist natürlich unmöglich, bei einer so gewaltigen Arbeit von solcher Qualitat in wenigen Tagen damit zu Rande zu kommen. Wir werden uns dafür andere Zeiten zu Hilfe nehmen müssen.

    ( 27,5 Milliarden DM. Das ist eine ungeheure Zahl. Aber diese eine Zahl genügt noch nicht einmal, wenn man sich die Bedeutung unseres Gesamthaushalts vor Augen führen will. Man muß die Zahlen der Länder und der Gemeinden hinzufügen. Wir werden dann auf eine Summe von 48,5 Milliarden DM, rund gesprochen, kommen. Das bedeutet, daß ein außerordentlich großer Anteil des Volkseinkommens, des Sozialprodukts durch die öffentliche Finanzwirtschaft in Anspruch genommen wird. Die Ausgaben, der Aufwand der öffentlichen Hand im Gebiet unserer Bundesrepublik haben sich gegenüber dem Zustand des Reichs vom Jahre 1928 verdreifacht. Es ist selbstverständlich, daß die Fülle der Aufgaben, die Fülle der Probleme auch im Zahlenbild zum Ausdruck kommt. Wenn man sich die brillante Rede ansieht, die der Herr Staatssekretär im Bundesfinanzministerium gestern hier gehalten hat, dann wird man einmal feststellen können, daß sie von allen Seiten her die Tätigkeit des Staates, die Aufgaben der Finanzwirtschaft, die Probleme politischer und wirtschaftlicher Art, wie sie uns bedrängen, ausgezeichnet beleuchtet. Diese Rede des Herrn Staatssekretärs zeigt uns aber auch, welch starke Stellung der Bundesminister der Finanzen in unserem Gemeinwesen gewonnen hat. Er hat tatsächlich über die besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse hinaus, die er besitzt, mit Hilfe der Qualität des ihm zur Verfügung stehenden Apparates auch unabhängig von den weitgehenden Rechten haushalts und verfassungsrechtlicher Natur, die ihm zustehen, eine Stellung gewonnen und bewahrt, wie sie wahrscheinlich nur wenigen Finanzministern der Vergangenheit zuteil geworden ist. Er ist wirklich wieder mal so etwas geworden, wie es zu Olims Zeiten der sogenannte Schatzmeister der Götter gewesen ist, d. h. der wirklich maßgebende Mann in den innen-, wirtschaftsund finanzpolitischen Fragen des Staatswesens. Wie stark er sie beeinflußt, wird man, glaube ich, aus den Zahlenangaben in der Rede des Herrn Staatssekretärs und in den Allgemeinen Vorbemerkungen zum Haushalt sehr deutlich erkennen können. In dieser Haushaltsrede ist nicht ganz der Pessimismus zum Ausdruck gekommen, der in den letzten Jahren vom Bundesfinanzministerium her an dieser Stelle immer wieder geäußert worden ist. Es heißt dann allerdings an einer Stelle der Rede, daß jetzt der volle Ernst, also der Ernst des Lebens beginne, und ich lese an einer anderen Stelle: Wir Finanzmänner — also offenbar die Referenten des Ministeriums — sehen den kommenden Zeiten mit großer Beklemmung entgegen. Aber ich habe so den Eindruck, als ob die Sorgenfalten hier gewissermaßen zu dem notwendig gestellten Bild eines Finanzmannes oder Finanzpolitikers gehören, denn es ist wohl sehr selten, daß ein Finanzmann ein heiteres Lächeln oder ein heiteres Gesicht zeigt, wenn es um die Bewältigung von Zahlen geht. Wenn ich mir nun die im Sinne des Finanzministeriums vielleicht sogar wichtigste Seite des öffentlichen Haushalts, nämlich die Einnahmen, ansehe, bemerke ich, wie ich der Rede des Staatssekretärs Hartmann weiter entnehme, daß die Befürchtungen, die er gegenüber der Steuerreform gehegt hat, noch weit übertroffen worden seien. Ich lese weiterhin, daß diese Steuerreform ganz bestimmt keine halbe Maßnahme gewesen sei Einen gewissen Widerspruch dazu muß ich allerdings auf einer andern Seite feststellen, wenn von Scherben der Steuerreform, die da noch herumliegen, gesprochen wird. Sicherlich: die Steuerreform ist nicht ganz so ausgefallen, wie wir sie vielleicht alle gewünscht haben. Ich darf auf diese Frage der Einnahmenseite einmal gerade deswegen eingehen, weil der Finanzminister mit Hilfe der Einnahmenund Steuerschätzungen ja doch ein ganz besonders starkes Machtmittel gegenüber den anderen Ressorts in der Hand hat. Von diesem Machtmittel, davon bin ich überzeugt, hat er Gebrauch gemacht und wird er sicherlich auch künftig Gebrauch zu machen verstehen. Die Steuerreform, die wir hinter uns haben, ist ganz sicherlich keine Vereinfachung gewesen. In der Rede von Herrn Staatssekretär Hartmann heißt es, man könne fast nicht mehr von einer Vereinfachung reden. Ich glaube, man kann sagen: man kann wirklich nicht mehr davon reden, sondern das Steuerrecht ist noch wesentlich komplizierter geworden, und es -sind sicher auch eine Reihe von Bestimmungen hineingekommen, die mindestens systematisch nicht ganz gut aussehen und diese oder jene Bedenken erregen. Aber man kann, glaube ich, auch einiges Gute über die Steuerreform sagen. Sie bringt zwar dem Steuerzahler nicht ,das, was er gehofft hat, aber doch vieles. Sie bringt ihm zunächst einmal im Tarif eine ganz wesentliche Ermäßigung. Diese kommt in erster Linie dem Mittelstand zugute. Im Steuertarif ist also wirklich Mittelstandspolitik gemacht worden. Es gibt dann einige andere Fragen, in denen wir doch endlich einmal einen Schritt weiter gekommen sind. Ich rechne zu den bedeutsamen Fortschritten der Steuerreform insbesondere den Beginn einer neuen Regelung der getrennten oder gemeinsamen Besteuerung von Ehegatten. Hier ist gerade auch im Sinne der Begünstigung des echten Arbeitseinkommens der Ehefrau ein Erfolg erzielt worden, und wir sollten nicht zuviel Befürchtungen haben, was draußen daraus gemacht werden könnte. Ich glaube, der Steuerzahler hat hier einen Vorteil errungen, der, im ganzen gesehen, auch einen Fortschritt für das Verhältnis von Verwaltung und Steuerzahler darstellen wird. Unabhängig von der Frage der Besteuerung der Ehegatten sind auf dem Gebiete der Werbungskosten, schließlich auch der Sonderausgaben trotz aller Einschränkungen gewisse Maßnahmen durchgeführt worden, die sich sicherlich im Sinne einer Beruhigung der aufgeregten Gemüter im Verhältnis zwischen Steuerzahler und Finanzamt auswirken werden. Das betrachte ich alles als sehr positiv. Auf der andern Seite: Mit den wachsenden Komplikationen des Steuerrechts sind manche Ungleichmäßigkeiten innerhalb der Besteuerung ja nicht abgeschwächt worden, sondern sie treten viel stärker hervor. Ich denke z. B. an die Ungleichmäßigkeit, auf die unser verehrter Kollege Raestrup immer mit vollem Recht hinweist, nämlich die Tatsache, daß nach ,der wirtschaftlich an sich begrüßenswerten Begünstigung der Kapitalgesellschaften nun die Personenfirmen sicherlich in einem steuerlich recht ungünstigen Verhältnis dastehen müssen. Aus solchen Ungleichmäßigkeiten, die auch an anderer Stelle zu bemerken sind, ergibt sich zwingend, daß wir natürlich auf dem angefangenen Wege weiter fortgehen müssen. Das Endziel kann nur sein, das Steuerrecht allmählich wieder zu einem Rechtsgebiet zu machen, das unter dem Rechtsgedanken steht und das vor allen Dingen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, soweit menschenmöglich, verwirklicht. Naturgemäß haben die hohen Sätze der Steuer seit Morgenthau diese Gleichmäßigkeit in besonderem Maße angegriffen. Bei hohen Steuersätzen treten nun einmal die gesellschaftlichen, die sozialen Unterschiede krasser hervor, und manche Berufsgruppe — ich denke etwa an die ungesicherte Lage vieler Angehöriger der freien Berufe — ist einer wesentlich härteren Besteuerung unterworfen als andere Berufsgruppen, die mit größeren Sicherungen rechnen können, seien es nun Sicherungen für das Alter oder vermögensmäßige Fundierungen. Wir werden also den begonnenen Weg sicherlich fortsetzen müssen. Ich glaube aber, sagen zu sollen, daß wir auf dem Gebiet der Steuerpolitik doch ein wenig Vorsicht walten lassen müssen. Es sollten nicht mehr so viele Einzelwünsche vorgetragen werden, sondern man sollte darauf sehen, daß das Ganze einen Schritt nach vorn macht und eine echte Vereinfachung erfährt. Das gilt auch für das Gebiet der größten Einnahme des Bundes, für das der Bundestag in den letzten Wochen eine Entschließung gefaßt hat, nämlich für das Gebiet der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer ist im neuen Haushalt, wenn ich mich recht erinnere, mit rund 10,6 Milliarden DM veranschlagt. Das ist eine gewaltige Summe, aus der die ungeheure Bedeutung und das starke Eingreifen der Umsatzsteuer in alle wirtschaftlichen Verhältnisse hervorgeht. Seit längerer Zeit wird gerade auf dem Gebiet der Umsatzsteuer gefordert, das Rad herumzuwerfen und die alten Ideen des Herrn von Siemens aus der ersten Nachkriegszeit wieder aufzuwärmen. Diese alten Ideen haben zweifellos wirtschaftlich manches für sich; aber sie dürfen doch nur mit ' großer Vorsicht in unsere Zeit sozusagen übersetzt werden, und zwar deshalb mit großer Vorsicht, weil die hohen Umsatzsteuersätze bei einer völligen Umstellung des Systems Belastungsverschiebungen von, sagen wir, 15, manchmal auch 20 oder vielleicht noch mehr Prozent bei den einzelnen Industriezweigen und Preisgruppen bringen würden. Das aber ist in dieser Zeit und wahrscheinlich noch in den nächsten Jahren ein sehr großes Wagnis, dem wir uns nicht unterziehen sollten. (Abg. Dr. Dresbach: Herr Eckhardt, nach Popitz ist die beste Umsatzsteuerreform die Senkung des Satzes!)


    (Dr. Eckhardt)

    — Da haben Sie vollkommen recht. Popitz ist ja der Vater der Umsatzsteuer, bzw. er war insofern ein schlechter Vater, als er sein eigenes Kind bei mehreren Gelegenheiten als mißlungen bezeichnet hat.

    (Abg. Dr. Vogel: Auch das soll vorkommen!)

    Immerhin, es geht bei Steuern so: wenn sie einmal zur Gewohnheit geworden sind — alte Steuern, gute Steuern —, dann kann man nur noch sehr schwer an ihre Aufhebung oder an ihre Senkung herangehen.

    (Abg. Dr. Vogel: Siehe die Salzsteuer!)

    Aber es ist ohne Zweifel so — da haben Sie recht —, daß auf dem ganzen Gebiet der Steuern eine Fülle von Verwicklungen, von Ärger und von Streitigkeiten überhaupt nicht entstanden wären


    (Dr. Eckhardt)

    und entständen, wenn wir heute bereits wieder mit niedrigeren Steuersätzen rechnen könnten. Wollen wir hoffen, daß auf dem Wege der Normalisierung, den ja auch dieser Haushalt begehen will, hier auf die Dauer eine echte Senkung und damit auch die Möglichkeit einer wirklichen Vereinfachung der Einnahmeseite, also in erster Linie des Steuerwesens, gegeben ist.
    In der schon öfters zitierten Rede heißt es, daß die Einnahmen zwar ein sehr harter Zugriff seien, andererseits aber doch diese Einnahmen auf dem Umwege über den Haushalt wieder in die Privat-. sphäre zurückflössen. Das ist gewiß im großen und ganzen richtig. Aber es ist doch manches Bedenken dagegen anzumelden, daß hier in ganz gelenkter Form und unter großen Reibungsverlusten der Staat in Erfüllung vieler Aufgaben, die ihm früher sicherlich nicht zugestanden haben, nun dieses „Schleusenamt" versieht.
    Ich möchte auch annehmen, daß dabei doch eine ganze Reihe von Steuern, also von Kosten im Sinne der Wirtschaft, also von Kaufkraftentzug, Zielen und Zwecken zugeführt wird, die vielleicht doch nicht im Sinne des Erfinders liegen. Und wenn man dann weiter hört, daß das größte Geschenk, das der Staat nunmehr gemacht habe, das Geschenk an die Wirtschaft durch Senkung der Steuern sei, dann muß man doch auch einmal an die andere Seite erinnern und sich vielleicht fragen: „Wer schenkt wem?", nicht wahr?

    (Heiterkeit.)

    Ich könnte mir also vorstellen, daß die hier gemeinte Volkswirtschaft, nämlich die Gemeinschaft aller schaffenden, aller arbeitenden Kräfte in der Wirtschaft, zunächst einmal diese Gelder aufbringt, daß sie dem arbeitenden Menschen entzogen werden, um — das ist sicherlich richtig — zu einem großen Teil Aufgaben der Allgemeinheit und bedeutsamen Aufgaben zugeführt zu werden.
    Diese Aufgaben spiegeln sich in den Ausgaben der Haushalte. Nun kann ich zu meiner Freude konstatieren, daß der pessimistische Zug mit der Beklemmung der Finanzmänner und dem bitteren Ernst des Lebens etwas nachläßt bei der Betrachtung der Einzelhaushalte. Denn der Bundesfinanzminister weist ja immer wieder, offensichtlich doch mit einer gewissen Gehobenheit, auf das hin, was er alles wieder fertiggebracht hat und was die Bundesregierung auch im kommenden Jahr fertigzubringen gedenkt.
    Ich erinnere dabei nur an die Bemerkungen über die Erweiterung des Volumens des Agrarhaushalts. Dabei hätte ich es allerdings sehr gern gesehen, wenn für die Siedlung etwas mehr getan worden wäre und nicht gerade auf diesem Gebiet die Mittel verknappt worden wären.
    Ich erinnere weiter an den Verkehrshaushalt, bei dem ja der Bundesfinanzminister die Erwartung ausspricht, er werde im Rahmen der Neuordnung der Verkehrsfinanzgesetze vielleicht der Bundesbahn die Summe von — wenn ich die Zahl recht im Kopf habe — sogar 730 Millionen DM zuführen können und damit einen ganz wesentlichen Beitrag zu der von uns allen gewünschten Gesundung der Bundesbahn liefern. Möge er dabei insbesondere auch den Straßenbau nicht vergessen. Auch darauf ist in der Rede des Herrn Staatssekretärs Hartmann hingewiesen worden.
    Aber noch andere Haushalte zeugen doch von einem gewissen Optimismus in der Beurteilung der finanziellen Situation, wenn er auch bei einem Haushalts- und Finanzpolitiker nach außen nicht zum Ausdruck gelangen darf. Ich denke z. B. an die Frage der Kriegsgefangenenentschädigung, an die Wiedergutmachungsfragen, an die hoffentlich baldige Erhöhung der Kriegsopferrenten, an die Leistungen an Heimatvertriebene und an vieles andere, das unter dem sozialpolitischen Gesichtspunkt gewertet werden muß. Ganz offensichtlich hat die Bundesregierung, hat insbesondere der Bundesfinanzminister gesehen und eingesehen, daß eine Wirtschaft nur dann voll gesund ist — um auf gewisse Fragen von heute morgen zurückzukommen —, wenn ihr soziales Fundament in Ordnung ist. Und so stark und so sehr unsere deutsche Wirtschaft aufgeblüht ist — das dürfen wir wohl sagen; wir werden ganz sicherlich nicht behaupten dürfen, sie sei etwa krank —, so sehr muß auf der anderen Seite verlangt werden, daß diese Gesundheit durch ein stabiles soziales Fundament gestützt wird.
    Der Haushalt trägt, wie sich bei seiner Betrachtung zeigt, sicherlich ein im ganzen soziales Gepräge. Die sozialen Leistungen und Notwendigkeiten fallen bei einer Betrachtung des Haushalts besonders auf. Wir müssen das insbesondere begrüßen, auch wenn es noch ein Zeichen einer nicht genügenden Sicherheit ist, auch wenn es ein Zeichen dafür ist, daß auf diesem Gebiet noch viel getan werden muß. Es wäre niemandem lieber als uns und sicherlich auch dem ganzen Hause lieb, wenn diese Sozialleistungen auf ein Maß zurückgesetzt werden könnten, das einer gesunden und völlig normalen Wirtschaft entspricht. Hoffentlich wird das wieder einmal der Fall sein können, und bis dahin werden wir uns auf diesem Gebiet ganz gewiß besondere Anstrengungen auferlegen müssen.
    Es ist ja von mancher Seite gefordert worden, das Bundesvermögen zur Verbesserung der sozialen Leistungen mit einzusetzen; auch davon ist heute morgen bereits gesprochen worden. Ich möchte hier nicht die Schlagworte von Sozialisierung und Privatisierung gebrauchen. Ich möchte hier vielmehr darauf hinweisen, daß die Fragen des Erwerbsvermögens — und nur um das Erwerbsvermögen kann es sich. handeln, um die Beteiligungen insbesondere des Bundes, die Beteiligungen in Höhe von 1,5 Milliarden nominal und vielleicht über 3 Milliarden nach ihrem inneren Wert, immerhin eine sehr beträchtliche Zahl — in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen.
    Ich möchte also meinen, daß man das Problem nur richtig sieht, wenn man es vom Gesichtspunkt der Aufgabenverteilung von Staat und Wirtschaft betrachtet; und wenn man die Frage beantworten sollte, wo die Aufgaben des Staates liegen, dann wird man doch wohl sagen müssen: nicht eigentlich in den Betrieben der zur Viag oder Veba usw. gehörenden Gesellschaften. Das ist nicht Aufgabe des Staates, mag auch dieses oder jenes Unternehmen historisch gewachsen sein. Als Aufgabe eines Gemeinwesens kann man vielleicht den Betrieb von Versorgungsunternehmungen betrachten, nicht aber eigentlich eine Beteiligung an der Industrie,' also der privaten Wirtschaft im engsten Sinne. Nun wird eine solche echte Aufgabenverteilung auch nicht von einem auf den anderen Tag erfolgen können, sondern es ist selbstverständlich, daß hier die Gesetze betriebswirtschaftlicher Vernunft gelten müssen. Nur in diesem Sinne kann das Problem aufgefaßt werden: im Sinne einer rechten Verteilung von Staatsaufgaben und Aufgaben der privaten Wirtschaft.


    (Dr. Eckhardt)

    Heute morgen ist von bestimmter Seite eingewendet worden, man müsse, wenn man die Ausgaben herabsetzen wolle, die Aufgaben aus dem Haushalt oder dem öffentlichen Gemeinwesen wegschaffen. Jeder Kenner der Dinge weiß, wie außerordentlich schwer das ist. Aber hier liegt ein Zusammenhang vor, und ich kann gerade bei der Frage der privaten Beteiligungen des Staates doch wohl konstatieren, daß man einen allmählichen Abbau von Staatsaufgaben und infolgedessen von Staatsausgaben, von Staatsaufwendungen im Interesse einer Verringerung des Haushaltsvolumens sehr wohl würde vornehmen können.
    Im Zusammenhang mit der sehr begrüßenswerten Darstellung der Beteiligungen und des Erwerbsvermögens des Bundes ergeben sich einige allgemeine Fragen. Auch sie sind heute morgen behandelt worden. Meine verehrten Vorredner haben teilweise so viel und Gründliches darüber gesagt, daß ich mich auf einige prinzipielle Bemerkungen beschränken möchte. Da ist zunächst der Verwaltungsaufwand. Es wird immer wieder behauptet, der Verwaltungsaufwand sei im Verhältnis zu anderen Aufwendungen so klein, daß sich eine Einsparung nicht lohne. Diese Einwendung ist, wenn man die Frage rein rechnerisch betrachtet, beim Bund vielleicht richtig, bei den Ländern und Gemeinden möchte ich aber dazu ein Fragezeichen machen. Sie ist auch nur richtig bei einer rein rechnerischen Betrachtung, denn der persönliche und sachliche Verwaltungsaufwand ist eben das, was der Staatsbürger, was der Steuerzahler sieht, wenn er dem Staat gegenübertritt, und hier sollte jene altbekannte, vielfach „preußisch" genannte Sparsamkeit wirklich einsetzen, weil diese Sparsamkeit ja auch ein Politikum ist, nämlich ein Zeichen für den Staatsbürger, daß er von verantwortungsbewußten Männern regiert wird, daß verantwortungsbewußte Beamte sich um das Wohl des Bürgers Sorge machen. Verantwortungsbewußte Beamte, verantwortungsbewußte Behörden, d. h. eben solche, die den Sinn echter Sparsamkeit in der Herstellung des Vertrauensverhältnisses zwischen Staat und Bürger sehen.
    Ich begrüße es sehr, daß wir demnächst mit einem neuen Besoldungsgesetz zu rechnen haben. Auf dem Gebiet des Besoldungsrechts ist ein Wirrwarr eingetreten, der dieses Gebiet nur noch für wenige Fachleute übersehbar macht. Hier kann man also ein Weiteres zur echten Verwaltungsvereinfachung tun. Die Einsetzung von Kommissionen, wie sie heute morgen vorgeschlagen worden ist, würde auch ich durchaus gutheißen. Der Herr Staatssekretär hat selbst in seiner Rede auf das Übermaß der Statistik hingewiesen. Er hätte sehr gut in diesem Zusammenhang den „Narrenspiegel der Statistik" nach dem bekannten Wort von Wagemann zitieren können, denn mit diesen vielen Statistiken kann man ja nichts mehr anfangen, oder es ist nur noch ein sehr kleiner Kreis von Sachkennern, für die diese ungeheuere, umfassende und vielfach entsagungsvolle Arbeit der Behörden draußen geleistet werden muß. Von solcher Arbeit sollten die Behörden entlastet werden.
    Das ist die eine Gruppe der großen öffentlichen Ausgaben. Wenn ich nun an die Investitionsaufwendungen denke, so stellt sich wiederum das Problem, das ich schon vorhin angeführt habe, nämlich das Problem der Aufgabenverteilung. Eine ganze Reihe von Aufgaben — auch das ist schon gesagt worden — können und konnten in diesen
    Jahren nur durch den Staat ausgeführt werden. Aber man darf nicht einfach blind annehmen wollen, daß das in aller Zukunft auch so geschehen müsse, sondern es wird hoffentlich wieder einmal so sein, daß das, was nun der einzelne, die private Wirtschaft durchführen kann, auch eben vom einzelnen und von der privaten Wirtschaft draußen durchgeführt werden muß. Wenn man dann die Investitionsaufwendungen nach diesem Gesichtspunkt langsam abbaut, natürlich auch im Sinne der Pflege des Kapitalmarktes und der Eigenständigkeit der Finanzierung innerhalb der Wirtschaft, dann kommt man auch hier vielleicht wieder einmal zu einer gewissen Verringerung des Ausgabenvolumens. Herr Kollege Vogel hat heute morgen in einem ähnlichen Zusammenhang von dem Silberstreifen gesprochen, der sich da am Horizont abzeichne. Nun, es sind ich bin zu sehr Skeptiker auf diesem Gebiet — leider sehr schmale Silberstreifen, aber wir wollen sie nicht aus dem Auge verlieren, und wir wollen hoffen, daß bei der Qualität der gerade auch in diesem Haushaltsplan wieder geleisteten Arbeit sich doch manches in die Tat umsetzen läßt, an das wir jetzt vielleicht noch gar nicht zu denken vermögen.
    Auch auf dem Gebiet der Verteidigungsausgaben wird die Bundesregierung, wird der Bundesfinanzminister mit großer Vorsicht und Umsicht zu Werke gehen müssen. Alles, was an Zahlen jetzt darüber genannt wird, betrachte ich doch als mehr oder weniger unverbindlich. Es kann noch nicht sehr viel darüber gesagt werden. Es muß erst einmal begonnen werden, ehe man sich auch finanzwirtschaftlich und betriebswirtschaftlich ein bestimmtes Bild machen kann. Aber gerade weil die vom Kollegen Schoettle geschilderte große Gefahr besteht, daß Aufwendungen ins Uferlose wachsen, gerade deshalb muß der Finanzminister von dem Gewicht Gebrauch machen, das er sich nicht nur nach der Verfassung, sondern auch nach seiner Person und nach der Qualität seines Apparates errungen hat. Ich glaube, sehr viel mehr wird man im Augenblick zu den Verteidigungsausgaben gar nicht sagen können.
    Ich möchte aber doch einiges zu gewissen allgemeinen Grundsätzen des Haushalts sagen, was im Einzelfall von unmittelbarer Bedeutung sein kann. Unser Haushaltsrecht ist sehr genau, es folgt dem Grundsatz der Spezialisierung. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was das ist. Es dringt in jede Einzelheit ein und versucht, jede Einzelheit mit mehr oder minder großer Klarheit darzustellen. Es folgt damit auch einer Eigenschaft, über die ich vor ganz kurzem bei Henri Beyle-Stendhal ein bezeichnendes Wort gelesen habe. Beyle-Stendhal bemerkt nämlich in seiner Betrachtung der Deutschen, daß die deutsche Regierungsart dem deutschen Volke einen gewissen Geist der Umständlichkeit aufgenötigt habe, der sich immer wieder bemerkbar mache. Von diesem Geist muß man sich in diesen Dingen möglichst zu befreien trachten, damit man auch mit den großen Aufgaben und den großen Fragen fertig wird. Diese großen Aufgaben und großen Fragen auch auf dem Gebiet des Finanz- und Haushaltsrechts stehen jetzt unmittelbar vor uns.
    Daß das Verhältnis von Bund und Ländern auf finanzrechtlichem Gebiet eine unerwünschte Entwicklung genommen hat, das scheint eindeutig. Es ergibt sich auch aus den letzten Beschlüssen und


    (Dr. Eckhardt)

    Maßnahmen des Bundesrates. Ich halte das, was der Bundesrat zur Finanzreform beschlossen hat, für ausgesprochen bundesunfreundlich. Ich meine, daß der Bundesrat damit einer Tendenz folgt, die keineswegs im Sinne der Verfassung liegt. Nach dem Grundgesetz ist der Bundesrat ein Organ des Bundes. Nach der Art, in der er heute auftritt, scheint er mir viel eher eine Vertretung nur der Länder zu sein, und das ist eine bedenkliche Entwicklung auch im Sinne des Bundesrates und der Länder selbst.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wenn nämlich immer nur der Bundesrat als Vertretung der Länder von seinem Recht Gebrauch
    machen will, den Haushalt des Bundes zu kritisieren, daran auch oft in einer Weise zu mäkeln,
    die ganz sicherlich etwas zu weit geht und nur von
    dem Bestreben erfüllt ist, den Satz von 40 oder 38
    oder 36 % zu limitieren oder noch herabzusetzen,
    dann, muß ich sagen, bleibt eigentlich nur eine
    entscheidende verfassungsrechtliche Folgerung,
    nämlich daß auch der Bund — meinetwegen auf
    dem Wege über eine Verfassungsänderung — entsprechenden Einfluß auf den Haushalt der Länder
    und damit auch der Gemeinden zu nehmen versucht.

    (Abg. Dr. Gülich: Das geht ja nicht, Herr Eckhardt! Dazu ist ja die Zustimmung des Bundesrates erforderlich!)

    Wir haben uns sicher mit dem Grundgesetz und mit der Ordnung des finanziellen Verhältnisses zwischen Bund und Ländern ein wenig verfahren. Aber ich glaube, wenn man in aller Öffentlichkeit auf die besonderen Schwierigkeiten gerade dieses Verhältnisses hinweist und auf die Schwierigkeiten im Zusammenhang damit, daß wichtige Maßnahmen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, könnte man vielleicht doch zu einem Ergebnis kommen.

    (Abg. Dr. Gülich: Das macht auf den Bundesrat keinen Eindruck!)

    — Sie wissen, Herr Kollege Gülich, daß der Bundesrat ja auch der Steuerreform zugestimmt hat. Ich bin überzeugt, daß ihm auch die Steuerreform in vielerlei Hinsicht nicht gepaßt hat. Er hat es ja zum Ausdruck gebracht, und diese oder jene Kritik mag berechtigt gewesen sein. Aber er hat die Steuerreform nicht angegriffen, weil er es hier mit dem Steuerzahler zu tun hat.

    (Abg. Dr. Dresbach: Jawohl, sehr richtig!)

    Auf der anderen Seite hat er es nur mit dem Bund zu tun, d. h. mit einem staatsrechtlichen Verhältnis, das in den Augen der Bevölkerung doch nicht diesen, sagen wir einmal: ersten Rang besitzt wie der Kaufkraftentzug durch Steuern und ähnliche Maßnahmen. Also hier muß sicherlich ein gewisser Wandel geschaffen werden.

    (Zuruf des Abg. Dr. GüLich. — Abg. Dr. Dresbach: Herr Gülich, wenn die Sozialdemokraten überall so wären wie Ihr hier! Aber es gibt eine Königlich Bayerische Sozialdemokratie! — Heiterkeit. — Zuruf des Abg. Mellies.)

    Ich glaube also, feststellen zu können, daß das Verhältnis von Bund und Ländern tatsächlich einer Änderung bedarf. Wenn sie nur langsam vollzogen werden kann, dann eben langsam; aber es muß entschieden etwas getan werden, auch im Interesse der vorhin zitierten und viel berufenen Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung. Man kann diesem
    Bundeshaushalt den Zug zur Sparsamkeit wirklich attestieren. Ob man das allen Haushalten und insbesondere gewissen Einzelhaushalten der Länder gegenüber zu tun berechtigt ist, wage ich in erhebliche Zweifel zu ziehen, und zwar aus eigener Erfahrung und Kenntnis der entsprechenden Verhältnisse.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Die Relation von Bund und Ländern wird also in Zukunft etwas häufiger kritisch betrachtet werden müssen, und zwar im Lichte der Öffentlichkeit.
    Noch etwas anderes ist letztlich auf dem Gebiet des Haushalts- und Finanzwesens nicht unwesentlich. Das ist das Verhältnis von Bundestag und Exekutive. Sie sehen ja auch jetzt wieder, daß die entscheidenden Unterlagen wie die allgemeinen Haushaltsvorbemerkungen mit ihrem großen sachlichen Gewicht in dieser Haushaltsdebatte noch nicht einmal recht behandelt werden können, weil einfach noch keine Zeit da war, sich mit diesen 557 Seiten zu beschäftigen. Ob in Zukunft sehr viel mehr Zeit da sein wird, ist fraglich. Hier haben die Spezialisten der Exekutive natürlich die Vorhand. Ich meine, auch wieder im Interesse beider Seiten — damit nämlich das Rad nicht umschlägt — sollte man doch dazu übergehen, vielleicht schon bei den Anfängen der Bearbeitung eines neuen Haushalts jenes System anzuwenden, das es früher einmal in den Vereinigten Staaten gegeben hat und das dann von einigen anderen Staaten übernommen worden ist und, soviel ich weiß, hier und da noch heute existiert, nämlich jenes System, von vornherein auch mit gemischten Kommissionen der Exekutive und des Bundestags an die Arbeit der Vorbereitung des Haushalts heranzugehen. Denn wenn einmal diese Vorbereitung abgeschlossen ist, dann ist nur noch verhältnismäßig wenig, wenigstens im Grundsätzlichen, zu tun.
    Ich möchte zum Schluß noch auf ein Politikum hinweisen, das mir immer noch nicht genügend beachtet zu sein scheint, obwohl überall darüber zu lesen ist und man immer wieder davon spricht. Das ist das Prinzip der Öffentlichkeit im Haushaltsund Finanzwesen. Vor etwa 100 Jahren hat es eine Preußische Kabinettsordre gegeben, in der der Grundsatz steht, daß Öffentlichkeit in Finanzsachen mit Verstand zu üben sei,

    (Heiterkeit)

    und unnötige Publizität sei allemal vom Übel. Das ist der Standpunkt des Obrigkeitsstaates. Ich glaube, hier liegt der kennzeichnende Gegensatz zwischen dem Obrigkeitsstaat und dem freien Staat der Demokratie. Gerade an diesem Grundsatz der Öffentlichkeit des Finanz- und Haushaltswesens kann man das Wachstum des demokratischen Staates im 19. Jahrhundert deutlich beobachten. Aber dieser Grundsatz der Öffentlichkeit steht leider heute in weitem Umfang auf dem Papier. Denn wer liest diese 557 Seiten der Allgemeinen Vorbemerkungen, und wer wagt es, in die Zahlen- und Sachfülle der Einzelhaushalte auch eben nur von außen einzugehen oder gar hineinzutauchen in diese ziemlich undurchsichtige und von manchem als trübe gefürchtete Flut?

    (Abg. Dr. Gülich: Wagen wir alle!)

    Eine Öffentlichkeit also in einem echten politischen Sinne ist nicht gegeben. Das Problem ist: Wie bringt man es fertig, die Publizität, die formal gewahrt ist, nun zu paaren mit einer entsprechenden


    (Dr. Eckhardt)

    Popularität des Haushalts. Auf diese Popularisierung scheint es mir nicht. unwesentlich deshalb anzukommen, weil sie allein nämlich dem Staatsbürger aufzuzeigen vermag, was der Staat an Aufgaben erfüllt. Und wenn Sie von einem erschütterten Vertrauensverhältnis zwischen Steuerzahler und Staatsbürger auf der einen und dem Staat auf der andern Seite reden, — wiederherstellen können Sie das Vertrauen nur durch eine rückhaltlose Offenheit, und zwar durch eine Offenheit nicht nur für Fachleute und Experten, sondern eine Offenheit, die wirklich populär ist. Ich bin überzeugt, daß auf diesem Gebiet etwas getan werden kann.
    Es gibt einige kleine Schriften, die sehr lesenswert und im guten Sinne populär sind. Ich denke etwa an die „Haushaltsfibel" von Kurt Heinig. Ich denke aber auch daran, daß der Bundesminister der Finanzen in den letzten Monaten und Wochen wiederholt eine sehr spitze und auch sehr wirksame Feder geführt hat, als es galt, die Angriffe gegen seine Finanz- und insbesondere seine Steuerpolitik abzuwehren. Da hat er in allen möglichen großen öffentlichen Organen gezeigt, daß man eben auch als Finanzminister und an der Spitze eines Verwaltungsapparats, dem man im allgemeinen nur Trockenheit nachsagt, doch publizistisch wirksam auftreten kann. Ich glaube, diese Hinweise haben doch — das beweisen die mehr oder minder erregten Entgegnungen — mindestens die Öffentlichkeit angerührt, sie haben gezeigt, wie wichtig diese Fragen sind. Wäre es nun nicht möglich, die gleiche spitze Feder auch auf dem Gebiete des Haushalts und der Popularisierung jener wichtigen Grundfragen unseres ganzen öffentlichen Lebens einmal anzusetzen? Ich glaube, hier könnte ein Fortschritt im Sinne eines wachsenden Staatsvertrauens vollzogen werden.
    Ich darf vielleicht eine kleine Erinnerung einfügen. Nicht nur das Militär, nicht nur ,die Diplomatie und nicht nur das Kulturleben haben ihre großen Namen und ihre großen Meister gehabt. Man vergißt sehr oft, daß auch die Finanzpolitik in ihrer Geschichte solche großen Namen aufzuführen hat. Man wird ja eigentlich auf Schritt und Tritt daran erinnert, auch wenn man sich diesen unseren gegenwärtigen Haushalt ansieht. Der von meinem verehrten Kollegen Dresbach so hoch geschätzte und auch von mir sehr geschätzte Alte Fritz, also König Friedrich ,der Große von Preußen, pflegte —er war daran sehr interessiert — den gesamten Haushalt seines Staates in Taschenformat auf seinen Reisen und Feldzügen in der Tasche mit sich zu führen. Wenn ich mir nun die Bücher, die wir am Montag in die Hand gedrückt bekommen haben, ansehe, dann glaube ich nicht, daß es irgend jemand von uns fertigbringt, sie ohne erhebliche Sachbeschädigung in eine seiner Rocktaschen hineinzuzwängen. Das kennzeichnet den Wandel der Zeiten.

    (Abg. Dr. Vogel: Ja, der Alte Fritz hatte es aber einfacher!)

    — Ja, er hatte es vielleicht einfacher. Aber Sie müssen bedenken, daß er allein verantwortlich war für die zahllosen Fragen des ganzen Staatswesens, die doch auch damals auftauchten, und daß er sozusagen sein eigener Finanzminister war.

    (Abg. Dr. Dresbach: Aber Herr Eckhardt, bei aller Verehrung: außen Fritz und innen Ephraim! Das wollen wir ja nicht wieder!)

    — Nein, das wollen wir natürlich nicht. Aber trotzdem werden Sie mir zugeben, daß der Zug der Einfachheit, der Sparsamkeit und der Beherrschung seines Haushalts ,ein sehr erfreulicher Zug für einen Regenten ist.
    Nun, auch Einfachheit ist zu allen Zeiten gefordert worden, und zwar von Männern, die etwas von dieser Sache verstanden. Ich erinnere z. B. an Colbert, an den Schöpfer der französischen Wirtschaft und langjährigen Leiter der französischen Finanzpolitik, der gesagt hat, man müsse das Finanzwesen eben so einfach machen, daß es für jeden verständlich ist. Ich glaube nun nicht an die Verwirklichung dieser Forderung; aber ich meine, daß man sich trotzdem ein solches Ideal setzen sollte, um nämlich überhaupt auf diesem Wege fortzuschreiten. Ich meine, daß eine echte Öffentlichkeit, eine wirkliche Popularität der großen Fragen allein die Verwurzelung dieser entscheidenden Fragen in der Bevölkerung zu bewirken vermag. Das, glaube ich, wird doch die Grundlage für unsere ganze politische Tätigkeit sein, die wir in den nächsten Jahren auszuführen haben. Gerade deshalb möchte ich am Schluß meiner Ausführungen noch einmal so betont die Forderung aufstellen, nun wirklich nicht nur öffentlich, sondern auch populär zu sein und die großen Fragen klarzumachen. Daß die Popularität des Haushalts und des Finanzwesens bisher sehr weit gedrungen ist, wird niemand sagen wollen, der sich heute die Regierungsbank, die Bank des Bundesrates oder die leeren Bänke des Hauses selbst betrachtet. Auch das scheint mir ein schlagender Beweis für einen gewissen notwendigen Wandel der Methoden zu sein, den ich hiermit empfehlen möchte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)