Ich bin davon überzeugt, Herr Kollege, daß die amerikanische und die britische Luftwaffe außerhalb Deutschlands sehr viel geeignetere Bombenziele finden könnten.
Aber diese Ziele müßten ja immer in erreichbarer Nähe der jetzigen Standorte liegen. Wir können doch wohl kaum erwarten, daß eine amerikanische Luftflotte, um ihre Routineübungen abzuhalten, nach Alabama oder Oklahoma zurückfliegt.
Nun, ich war dabei, zu sagen: Unser jetziges Ziel bei der Behandlung dieser Dinge sollte sein, Mißbräuche abzustellen und die Benutzung des Bombenziels in einer Weise zu regeln, die den wenigsten Schaden verursacht. In der Debatte ist heute schon manches angeklungen, es ist aber vielleicht doch nicht alles gesagt. Es ist nicht nur die Tatsache der Bombenabwürfe allein, die hindernd wirkt. Es sind beinahe in dem gleichen Maße die Belästigung der Bevölkerung durch die Anflüge und die über Gebühr ausgedehnten Sperrstunden sowie die damit verbundenen Behinderungen der Fischerei. Ich sagte, es sind auch die Anflüge, die stören. Jeder, der einmal erlebt hat, in welcher Weise Ohren und Gebäude reagieren, wenn ständig Düsenjäger oder andere schwere Flugzeuge dicht über die Köpfe, dicht über die Giebel der Städte hinwegrasen, wird begreifen, daß dieses Problem nicht leicht zu nehmen ist. Diese Anflüge, die quer zum Bombenziel erfolgen, die also weitgehend über Dörfer und Städte des Küstengebietes hinwegführen, sind nach unserer Meinung unnötig. Man könnte die Anflüge so einrichten, daß sie parallel zur Küste gehen. Damit würden die schwersten Belästigungen der Krankenhäuser und der Bürger, besonders in Nachtzeiten, vermieden werden.
Es ist hier weiter schon gesagt worden, daß man die Übungen konzentrieren könnte. Das scheint sehr nötig, denn das Verstreuen der Übungen über den ganzen Monat hat dazu geführt, daß praktisch kaum an einem einzigen Tage — im September war es ganz besonders schlimm — die Bevölkerung davon ausgehen kann, daß sie Ruhe haben wird. Auch bei noch so weitgehender Berücksichtigung angeblicher militärischer Erfordernisse muß sich eine Zusammenfassung der Übungen erreichen lassen. Monatelang ist das auch geschehen. Aber in den Herbstmonaten war das nicht mehr der Fall. So sind — um Ihnen nur einige Zahlen zu nennen — allein in der Zeit vom 1. bis 24. September dieses Jahres 23 Tages- und 16 Nachtübungen angesagt worden. Das sind insgesamt rund 40 Übungen gegenüber nur 19 Tagesübungen und einer Nachtübung, d. h. also 20, im Monat Juli. Damals war es somit nur die Hälfte, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß die letzten Zahlen für den Monat September, nämlich für die Zeit ab 25., fehlen. Im Juli waren es also — genau gesagt — noch weniger als halb soviel Übungen.
Die größere Zahl der Übungen im September ist nicht unbedingt nur darauf zurückzuführen, daß mehr Flugzeuge beteiligt worden sind, sondern das kann — der Eindruck besteht zum Teil — auch daran liegen, daß man die Übungen verzettelt, daß man Übungen für wenige Flugzeuge ansetzt und am nächsten oder übernächsten Tag dann den anderen Teil des Geschwaders oder der Einheit nachschickt. Das sind Dinge, deren Abstellung sicherlich möglich ist, auch ohne daß gegen den Geist des Abkommens verstoßen wird, auch ohne daß unbillige oder mit angeblich militärischen Notwendigkeiten nicht zu vereinbarende Forderungen angemeldet werden.
Um weiter darauf zu sprechen zu kommen, daß das Knechtsand-Abkommen bezüglich der Fischer auch eine Erwerbsseite hat, lassen Sie mich hier wenigstens einen Hinweis geben. Obwohl die Nachtübungen nur gelegentlich durchgeführt werden, besteht ein uneingeschränktes Nachtfangverbot für die Fischer. Das ist absolut unnötig. Wir haben heute gehört, daß in Zukunft die Ankündigungen der Übungen früher erfolgen werden. Es ist von Terminen von 36 und 24 Stunden die Rede gewesen. Wenn das eingehalten wird, wird sich eine Aufhebung des Nachtfangverbots durchsetzen lassen.
— Wird aufgehoben!
Dann ist vielleicht die nächstschwere Sorge der Bevölkerung die, daß in zunehmendem Maße Bomben schweren Kalibers abgeworfen werden. Ich kann mir vorstellen, daß, wenn unsererseits verlangt wird, man möge nicht mehr 1000-Pfund-, man möge 500-Pfund-Bomben abwerfen, man möge überhaupt den Abwurf schwerer Bomben einstellen, dann seitens der Militärs die Einwendungen kommen werden, dabei seien nicht genau die gleichen Übungsbedingungen zu schaffen und es sei eben im Interesse der Durchführung von Übungen, die möglichst an den Ernstfall heranreichen, nötig, weiterhin schwere Bomben abzuwerfen. Wir meinen aber, daß sich solche Übungen auf wenige Tage konzentrieren könnten und daß man hierfür sehr wohl das geltend machen kann, was Sie, lieber Herr Kollege Hermsdorf, vorhin geltend gemacht haben: für solche Abwürfe solle man nach Möglichkeit Übungsplätze außerhalb Deutschlands auswählen, Übungsplätze, die nicht in einer so dicht bevölkerten Gegend liegen, die nicht so nahe an Schiffahrtslinien und an Fischereigebiete grenzen. Sicherlich werden sich im Bereich der
1 Britischen Inseln solche Plätze finden lassen. Vielleicht ist es durchaus zumutbar — insofern gebe ich Ihnen recht, verehrter Herr Kollege —, wenn wir darauf hinwirkten, daß wenigstens für den Abwurf schwerster Bomben diese Ziele dann benutzt werden.
Mit Freuden haben wir zur Kenntnis genommen, daß jetzt britischerseits Befehle an die Luftwaffe gegeben worden sind, in der Mauserzeit des Wasserwildes die Übungen nicht durchzuführen bzw. sehr zu beschränken. Wir hoffen — es wird nicht möglich sein, hier alle Einzelheiten aufzuzählen, soweit sie sich auf Beanstandungen beziehen —, daß die Bundesregierung die Beschwerden und Klagen, die aus dem Knechtsandgebiet kommen, mit allergrößter Aufmerksamkeit behandelt, daß sie sich bemüht, die Ursachen der Klagen abzustellen, und daß sie in ihren Verhandlungen mit den Besatzungsmächten nicht allzu schüchtern ist.