Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bejahen die Grundtendenzen dieses Entwurfs, wonach den Vertriebenen beweiskräftige Personenstandsurkunden verschafft werden sollen und eine Vereinheitlichung, Vereinfachung und größere Übersichtlichkeit im Personenstandsgesetz erreicht werden soll.
Die Teilung des bisherigen Familienbuches in ein Familien- und ein Heiratsbuch, wobei das erstere am jeweiligen Wohnort geführt wird, begrüßen wir ebenfalls. Daß hier das württembergische Beispiel zum Vorbild genommen wurde, freut mich besonders, aber nicht etwa nur aus Lokalpatriotismus! Ich hoffe, Ihnen das bald dadurch beweisen zu können, daß ich Sie bitten werde, eine andere württembergische Einrichtung, nämlich die Friedensgerichte, abzuschaffen.
Die Bedenken, die Herr Kollege Kühn gegen die Grundtendenz des Gesetzes geäußert hat, vermag ich nicht zu teilen. Er sagte, es bringe eine starke Belastung des Standesbeamten mit sich, und zitierte hier Seite 16 der Begründung. Der Hinweis in der Begründung bezieht sich aber nur darauf, daß es vorübergehend zwei Familienbuchsysteme geben werde, was eine Belastung bedeute. Nicht etwa das Familienbuch wird neu eingeführt, sondern das Heiratsbuch; anders ausgedrückt: das Familienbuch wird geteilt in ein Familienbuch und ein Heiratsbuch.
Daß die „Familienzusammenhänge klargelegt" werden sollen, ist freilich ein Ausdruck, der sich schon in einer nationalsozialistischen Begründung findet. Wie der Herr Bundesinnenminister bereits ausgeführt hat, geht dieser Ausdruck und dieses Anliegen, siehe Beispiel Württemberg und Schweiz, auf eine frühere Zeit zurück. Außerdem ist eine gewisse Sicherheit gegen Einsicht Unbefugter dadurch geschaffen, daß Erlaubnis zur Einsicht und Abschrift von Urkunden nur noch bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses gewährt werden sollen. — Soweit sind wir also mit dem Gesetz durchaus einverstanden.
Nun zu den, wie Herr Kollege Kühn es ausdrückte, Arabesken, die sich um das Gesetz ranken: Angabe des religiösen Bekenntnisses und § 67. Diese zwei Punkte haben mit der eben von mir erwähnten Grundtendenz des Gesetzes nichts zu tun.
Zur Angabe des religiösen Bekenntnisses kann man sagen, hier werde gar nichts Neues geschaffen, sondern die Regelung von 1937 werde weitergeführt. Aber bei dieser Weiterführung ist mir nicht so ganz wohl; denn 1937 waren sicher ganz andere Gründe dafür maßgebend, daß der Staat von seinen Untertanen damals verlangte, sie sollten das religiöse Bekenntnis angeben. Ich jedenfalls habe damals immer mit grimmiger Genugtuung in solche Formulare so deutlich wie möglich „römisch-katholisch" hineingesetzt. Heute freut man sich nach der Richtung nicht über solche Formulare.
Selbst wenn man von den verfassungsrechtlichen Bedenken absieht, die Kollege Kühn erwähnt hat, muß man die Sache auch einmal vom Standpunkt der Kirchen betrachten. Wenn sich nämlich die Kirchen ihren geistigen und geistlichen Besitzstand — ich betone: ihren geistigen u n d geistlichen Besitzstand — durch den Staat garantieren lassen wollen, begeben sie sich in Abhängigkeit.
Die Bürokratie ist doch — —
— Aber nicht durch Gesetz!
— Die Bürokratie ist doch nie unerfreulicher, als wenn sie sich in Bereiche des Geistigen, des Sittlichen, des Religiösen einmischt. Hier aber wird, worauf schon hingewiesen wurde, mit geradezu treudeutschem Augenaufschlag gesagt: Uns interessiert nur die rechtliche Zugehörigkeit, nicht die gewissensmäßige Zugehörigkeit! — Damit gibt man ja zu, daß es einfach unmöglich ist, von Staats wegen auf die Gesinnung des einzelnen einzuwirken. Auf die Gesinnung kann nicht eingewirkt werden, aber Heuchelei kann großgezogen werden. Und wenn man als Gesetzgeber noch so guten Willen hat, weiß man ja nicht, was nachher bei der Durchführung des Gesetzes unten herauskommt.
Ich sehe diese Bemühungen in einem gewissen Zusammenhang mit anderen Bestrebungen der letzten Zeit, z. B. der Bestrebung, den Religionsunterricht zum zählenden Pflichtfach zu machen.
— Ich halte es nicht für richtig, weil es nur einen Antrieb zur Heuchelei geben wird. Genau so die Bestrebung, die Lehrerbildung zu konfessionalisieren.
Auch hier wird der junge Mann, der Lehrer werden will, gezwungen, sich — wenn er es auch nur äußerlich tut, „rechtlich", wie es hier so schön steht — zu einer Religionsgemeinschaft zu bekennen. Was er innerlich ist, danach kann man nicht fragen, denn man sieht ja nicht ins Herz.
Oder ich denke an die Bewerbungsbogen, die vom Amt Blank herausgegeben wurden und die dahin glossiert wurden, man wolle evangelische und katholische Bataillone schaffen.