Rede von
Hugo
Rasch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich damit abgefunden, daß wir es hätten ermöglichen können, auf eine Aussprache zu verzichten.
Aber verschiedene Dinge habe ich nun doch anzusprechen; ich muß auf einiges antworten, was hier von verschiedenen Rednern vorgetragen worden ist. In diesem Zusammenhang habe ich auch einige Fragen zu stellen.
Ich frage zuerst die Frau Kollegin Dr. Probst , warum denn, wenn schon 138 Unterschriften auf ihrem Antrag stehen, dieser Antrag nicht von der gesamten CDU-Fraktion eingebracht worden ist.
Das hätte für die weitere Behandlung dieser Dinge einen entscheidenden Faktor dargestellt.
Dann darf ich Ihnen als selbst Schwerbeschädigter einmal sagen: Ich habe jetzt, nachdem ich die Anträge studiert habe, den Eindruck, daß hier so etwas vorhanden ist, was man manchmal unter das Motto stellt: Wer bietet mehr?
Ich glaube, so sollte man die Dinge in der Kriegsopferversorgung nicht behandeln.
Ich darf Ihnen hier als Sprecher der Opposition einmal sagen: wir sind ja nun mit die Bescheidensten geblieben.
Wir konnten uns das gestatten, weil wir diese Dinge ja schon seit ungefähr zwei Jahren behandeln.
Verehrte Frau Dr. Probst, es ging hier auch im Bundestag bei der Haushaltsdebatte nicht um die Frage „Erhöhung der Grund- und Ausgleichsrente", sondern um die Frage: Erhalten wir die veranschlagten Mittel im ordentlichen Haushalt, damit wir nicht eventuell wieder diese häßlichen Haushaltsdebatten erleben, und behalten wir die Mittel, um, wenn es notwendig ist, sofort und schnell handeln zu können? Und daß Sie schnell handeln wollen, haben Sie ja hier alle bestätigt.
Ich habe nun, nachdem ich den Antrag der Kollegin Frau Dr. Probst und Genossen gelesen habe, nur den Wunsch, daß ich die Namen, die da zu lesen sind, in der zweiten und dritten Lesung wiederfinden werde, wenn es eventuell auch zu einer namentlichen Abstimmung kommt.
Meine verehrten Damen und Herren! Ich darf hier folgendes feststellen. Ich habe des öfteren Gelegenheit, an Veranstaltungen der Kriegsopfer teilzunehmen.
Da wird dann so oft von dem Dank des Vaterlandes gesprochen, von dem Opfer, und es wird so viel gesprochen von dem, was noch notwendig ist. Ich habe in einer Zeitschrift auch gelesen, daß der Herr bayerische Ministerpräsident gesagt hat: „Diesen Dank des Vaterlandes kann man nicht in Geld abstatten." Das bedeutet aber für die deutschen Kriegsopfer nun nicht, daß man überhaupt kein Geld zahlen soll. Ich glaube, bei manchen Herren in der Bundesrepublik herrscht der Eindruck vor, daß man hier andere Wege und andere Möglichkeiten suchen soll.
Meine verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist notwendig, auch — weil die Frage schon angesprochen wurde — auf die Frage der Onkelehen einzugehen. Ich persönlich bin der Auffassung: Das ist nicht ausschließlich eine materielle Sache, sondern es ist eine menschlich-sittliche Angelegenheit. Wir Kriegsopfer haben es bedauert, daß man dieses Problem immer wieder im Zusammenhang mit den Kriegerwitwen auftischt und dis-
kutiert. Ich möchte Sie bitten: Lesen Sie doch einmal am Sonnabend die Zeitung! Was steht denn da oft zu lesen? „Ältere Beamtenwitwe ..." oder „Pensionär in guter Situation sucht ..." usw. „zwecks gemeinsamer Haushaltsführung". Man sollte sich doch davor hüten, diese Dinge einseitig immer auf die abzustellen, die sich in dieser Angelegenheit am allerwenigsten wehren können.
Ich glaube, es ist auch notwendig, daß sich dieses Haus einmal dazu entschließt, den deutschen Kriegerwitwen Anerkennung auszusprechen, die in der Vergangenheit mit höchstens 150 DM es fertiggebracht haben, ihre zwei und drei Kinder immer noch anständig zu erziehen.
Wir sollten uns besinnen, damit hier keine Situation eintritt, die uns von diesen Dingen irgendwie abbringen könnte.
Dann eine Bitte, meine Damen und Herren, und als Schwerbeschädigter darf ich mir diese Bitte erlauben. Ich bitte Sie, in Ihren Ausführungen nicht immer wieder, wie es bei einigen immer wieder geschieht, „Interessenhaufen" zu sagen.
— Herr Kollege Arndgen, ich habe ja nicht gesagt: der und der hat das gesagt; ich spreche nur eine Bitte aus.
Diese Formulierung „Interessenhaufen" ist bei uns in den Kriegsopferverbänden angekommen; das kann ich Ihnen sagen! Gewiß sind starke Kriegsopferverbände vorhanden. Aber ich frage Sie einmal: Wie wäre es denn um die Lebensinteressen der beschädigten Männer und Frauen bestellt, wie wären sie denn mit der komplizierten Gesetzgebung in Deutschland zurechtgekommen, wenn es galt, ihre Interessen zu vertreten? Es ist nun einmal eine bedauerliche Tatsache, daß wir diese Organisationen notwendig haben. Ich möchte jedoch auch von dieser Stelle aus einmal sagen, daß es mit die Kriegsopferverbände gewesen sind, die in der Vergangenheit dafür gesorgt haben, daß gerade dieser Personenkreis im deutschen Volke, der in erheblicher Notlage gelebt hat und noch lebt, nicht infiziert worden ist von Kreisen und Kräften, die wir in diesem Hause alle nicht wünschen.
Ich glaube, daß ich da richtig verstanden worden bin.
Was mich nun noch persönlich sehr interessiert, ist die von uns beantragte Änderung des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes. Dabei geht es um die immer 'wiederkehrende Anrechnung von Leistungen. In Tausenden und aber Tausenden von Fällen kann der noch beschäftigte Schwerbeschädigte eine Ausgleichsrente, wenn auch nur eine Teilrente, erhalten. Wenn er dann aber auf Grund seines schweren Leidens gezwungen wird, früher invalide zu sein, ergibt sich die Tatsache, daß er sein Arbeitseinkommen verliert und daß er keine Freigrenze mehr hat. Die Anrechnungsbestimmungen treten in Kraft, und der kranke Mann muß es sich dann gefallen lassen, daß er weniger Kriegsopferrente erhält als zu dem Zeitpunkt, zu dem er im Erwerbsleben gestanden hat. Ich glaube, es muß unsere gemeinsame Verpflichtung sein, diese Dinge im Interesse einer gerechten sozialen Ordnung zu bereinigen.
Nun darf ich dem Herrn Bundesminister eines sagen. In seinem Hohen Hause ist ein Beirat für Versorgungsrecht, und dieser setzt sich bestimmt aus anerkannten Versorgungsfachleuten zusammen; ich weiß nicht, wie es anders sein könnte. Dieser Beirat für Versorgungsrecht hat schon im Februar dieses Jahres darauf hingewiesen, daß es unbedingt notwendig ist, die Grundrenten in angemessenem Rahmen zu erhöhen. Wir sind auch hier in diesem Hause immer wieder damit zurückgedrängt worden, daß man uns gesagt hat, die Berechnungsunterlagen seien nicht eindeutig und nicht klar. Der verehrte Kollege Dr. Stammberger hat diese Angelegenheit ebenfalls angesprochen. Nun habe ich vorhin von dem Herrn Bundesarbeitsminister gehört, daß im Rahmen dieses Haushaltsjahrs wahrscheinlich 80 Millionen DM mehr aufgewendet werden müßten. Ich möchte den Herrn Bundesarbeitsminister fragen, auf Grund welcher Unterlagen er zu diesem Ergebnis gekommen ist, gerade auch weil man in der Vergangenheit nicht wußte, wenn wir im Beirat und im Kriegsopferausschuß fragten, welche genauen Unterlagen man uns überhaupt zur Einsicht geben könnte. Ich bitte doch höflichst darum, diese Unterlagen — ich weiß, es kann heute nicht sein — zumindest dem Ausschuß für Kriegsopferfragen zur Verfügung zu stellen.
Und noch eine Angelegenheit, und hier möchte ich eingehen auf das, was der Herr Kollege Schneider gesagt hat. Kollege Schneider, ich war nicht Mitglied des 1. Deutschen Bundestages. Ich weiß aber, daß er das Schwerbeschädigtenschutzgesetz in voller Einmütigkeit verabschiedet hat, und ich bin nicht der Überzeugung, daß es notwendig war, jetzt schon diese verschiedenen Rechtsverordnungen zu erlassen, gerade deshalb nicht, weil es in der Bundesrepublik immerhin noch 40 000 arbeitslose Schwerbeschädigte gibt.
Abschließend möchte ich auf Ihre Bemerkungen eingehen, die Kriegsopfer redeten draußen im Lande, daß man ja das eingesparte Geld aus der Nichtdurchführung ides EVG-Vertrages für diesen Zweck verbrauchen könne. Mir ist von dieser Forderung nichts bekannt. Ich habe das niemals gehört, und ich glaube, die einsichtigen Kriegsopfer werden diese Forderung auch nicht stellen. Aber ich habe andere Unterlagen.
Mit Genehmigung ides Herrn Präsidenten darf ich hier kurz zitieren — —Vizepräsident Dr. Jaeger: Einen Augenblick! Das Wort zu einer Frage hat der Abgeordnete Schneider.