Das Wort wird weiter nicht gewünscht.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 800. Wer für den Antrag des Ausschusses ist, die Immunität des Abgeordneten Schmidt-Wittmack aufzuheben, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf Punkt 3 der gestrigen Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Maßnahmen zur Milderung der Ernte- und Hochwasserschäden des Jahres 1954 -
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Wie ich hörte, soll der Abgeordnete Bauknecht diesen Antrag für alle antragstellenden Fraktionen begründen. Ich darf ihm das Wort erteilen.
Bauknecht , Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hohen Hause liegt ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen vor, in dem die Regierung ersucht wird, alsbald im Benehmen mit den Ländern Feststellungen zu treffen über Art und Umfang der durch die außerordentlichen Witterungsverhältnisse des Jahres 1954 verursachten Ernteschäden. Zweitens wird beantragt, wenn die Feststellungen getroffen sind, dafür zu sorgen, daß auf Grund der Ermittlungen die Schäden umgehend behoben werden. Wenn sich alle Fraktionen veranlaßt gesehen haben, diesen gemeinsamen Antrag einzubringen, so bringt das nach außen zum Ausdruck, daß es sich wirklich um außergewöhnliche Verhältnisse handelt, denn sonst wären wirklich nicht alle zu dieser einheitlichen Meinung gekommen.
Es liegt nun schon einige Tage zurück, daß Sie alle, vielleicht nicht allein deswegen, weil Ihr Urlaub verregnete, sondern wirklich aus ernster
Sorge um die Bergung der Ernte, Ihre Augen zu dem ewig bleigrauen Himmel emporgehoben und sich gefragt haben: Wann wird es wohl aufhören mit den ewigen Regengüssen?
In diesem Jahre sind drei Umstände zusammengekommen, die sich nie zuvor in den vergangenen Jahrzehnten kumuliert haben. Der erste ist die an und für sich um drei, vier Wochen verspätete Reife des Getreides. Zweitens gab es kaum einmal einheitlich im ganzen Bundesgebiet so viel Lagegetreide wie in diesem Sommer, verursacht durch Stürme und Regenfälle während des Reifens. Drittens ist es noch nie vorgekommen, daß es während der ganzen Ernteperiode unaufhörlich geregnet hat. Man kennt verschiedene Jahre, in denen zu Anfang der Ernte oder einmal einige Zeit während der Ernte oder etwa zum Schluß der Ernte schlechtes Wetter geherrscht hat; aber es ist doch nie vorgekommen, daß der Regen kontinuierlich während der ganzen Zeit gewesen ist. Das sind die drei Momente, die drei Faktoren, die in diesem unglücklichen Sommer durch ihr Zusammenwirken das Unheil verursacht haben.
Das Zusammentreffen dieser drei Faktoren hat über die eigentlichen Verluste während der Ernte hinaus auch für die Erntebergung einen ungeheuren Arbeits-, Zeit- und damit Geldaufwand erfordert, wie es nie zuvor der Fall gewesen ist. Praktisch sind davon alle Betriebe, ob sie nun ihr Getreide zum Teil besser oder weniger gut geerntet haben, betroffen. In sehr vielen Fällen kam es vor, daß man zur alten Sense zurückgreifen mußte, die man vor Jahrzehnten gebraucht und schon längst auf die Seite gelegt hatte. Ich kenne Fälle, in denen man Dutzende von Morgen buchstäblich von Hand abernten mußte, weil das Befahren des Feldes mit einer Erntemaschine unmöglich war. Obwohl man noch mit der Maschine hätte mähen können, konnte der Boden nicht befahren werden, weil er so aufgeweicht war, daß die Erntemaschinen trotz der Gummiräder versanken. Ich kenne Fälle, in denen der Wasserstand so hoch war, namentlich auch im Weser-Ems-Gebiet und in Teilen des übrigen Niedersachsens —, daß dort, wo anmoorige Böden sind, das Getreide nach der Handmand aus den Feldern buchstäblich mit der Hand auf trockenere, höhere Stellen herausgetragen werden mußte.
Unter günstigeren Verhältnissen konnte man mit der Maschine arbeiten. Man mußte aber zum Teil auf den Grasmäher zurückgreifen, weil die große Lagerung es nicht ermöglichte, den Bindemäher oder den Mähdrescher einzusetzen. Dadurch sind eminent hohe Kosten entstanden, die wir allein infolge des zusätzlichen Arbeitsaufwands, ganz gering gerechnet, mindestens auf das Drei- bis Vierfache einer normalen Bergung beziffern müssen.
Ich darf Ihnen ein Beispiel aus dem eigenen Betrieb nennen, um zu zeigen, wie kompliziert die Ernte war. Für ein Stück Roggen, das normalerweise in fünf bis sechs Stunden mit dem Bindemäher und zwei menschlichen Arbeitskräften erledigt werden konnte, mußte ich in diesem Jahr fünf Tage lang die Maschine und vier Arbeitskräfte einsetzen, weil die Störungen am laufenden Band nicht abzustellen waren. Das Getreide wurde niemals so trocken, daß man richtig mähen konnte. Ein weiteres Beispiel: Die Bindertücher — das sind Maschinenteile — waren einem solchen Verschleiß unterworfen, daß ich auf meinem Betrieb direkt einen Handwerksmann, einen Sattler ansetzen mußte, der tagelang gar nichts anderes tat, als die zerrissenen Bindertücher zu flicken. Dort, wo die Maschine eingesetzt werden konnte, konnte sie nur im kleinsten Gang, manchmal nur im Kriechgang arbeiten. Überall konnte das Getreide nur von einer Seite gemäht werden, nicht wie normal rundum. Diese Umstände haben bewirkt, daß der Brennstoffverbrauch bei den Traktoren etwa auf das Dreifache des Normalverbrauchs stieg. Wer sein Getreide, wenn er auf die Handmand verzichten mußte, weil er die Arbeitskräfte nicht hatte, nur mit dem Grasmäher mähen konnte, mußte es meist lose liegenlassen. Wer das Getreide aufgestellt hatte, der mußte die Puppen trotz des dauernden Regens umstellen, was aber eine fruchtlose Arbeit war, weil ja jeden Tag wieder neuer Regen kam. Wer es aber nicht aufstellen konnte, weil es zu stark Lagegetreide war, mußte es auf dem Boden mehrmals umkehren, manchmal so oft, bis praktisch keine Körner mehr in den Ähren saßen, der Ausfall also nahezu total war.
So sahen sich sehr viele Bauern aus Angst, daß es überhaupt nicht mehr besser werde, genötigt, das Getreide mit dem doppelten Feuchtigkeitsgehalt einzufahren. Man rechnet normalerweise mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 14 bis 16 %. Jetzt kam es sehr oft vor, nicht nur manchmal, daß das Getreide beim Drusch einen Feuchtigkeitsgehalt von 30 bis 35 % aufwies. Dieses Getreide mußte, um es vor einem totalen Verderb zu schützen, künstlich nachgetrocknet werden. Allein die Kosten für diese künstliche Nachtrocknung gehen in die Dutzende von Millionen. Überdies wurden dem Bauern infolge der Überfeuchtigkeit Abzüge gemacht, die in einzelnen Fällen acht bis zehn DM je Doppelzentner betrugen.
Es darf an dieser Stelle dem Bundesernährungsminister insofern Dank ausgesprochen werden, als er zur rechten Zeit diese Dinge erkannt und die Einfuhr- und Vorratsstelle entsprechend dem Marktgesetz für Getreide beauftragt hat, alles ihr angebotene Getreide von Genossenschaften und Handel sofort aufzunehmen und dafür zu sorgen, daß es getrocknet wird, damit es vor dem totalen Verderb bewahrt wird.
Ich darf dann noch auf einen weiteren Umstand hinweisen. Infolge der Auswinterung im vergangenen Winter wurden in der Bundesrepublik 25 % der Winterweizenbestände und 67 % der Wintergerstebestände umgepflügt und mußten aufs neue bestellt werden.
Was ich bisher geschildert habe, sind die erschwerenden Umstände für die Bergung der Ernte. Nun zu den Schäden selber. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als bekämen wir heuer, namentlich bei Roggen, eine sehr gute Ernte. Aber die Regenfälle im Juli verhinderten, daß sich das Korn normal entwickeln konnte, und damit war diese Hoffnung bereits zerstört. Durch die eigentlichen Verluste während der Ernte ist der Schaden dann schließlich so groß geworden. Ich will es mir ersparen, auf Einzelheiten genauestens einzugehen, weil die Erhebungen nicht völlig abgeschlossen sind, wenn sie auch ein ungefähres Bild geben, das sich vielleicht etwas verbessern, wahrscheinlicher aber noch verschlechtern kann.
Ich nenne zunächst die Totalverluste auf dem Felde durch ausgewachsenes Getreide. Getreide hat seinen Nährwert, wenn es stark ausgewachsen ist,
I völlig verloren und entfällt nicht nur als Brotgetreide, sondern kann zum Teil nicht einmal verfüttert werden. Wir werden damit rechnen können, daß dieser Totalverlust durch Auswuchs im Durchschnitt der Bundesrepublik etwa auf 10 bis 12 % zu veranschlagen ist. Wir sind uns darüber klar, daß die Unterschiede sehr groß sind. Es gibt Teile in der Bundesrepublik, wo man bei Roggen
beispielsweise im südlichen Schleswig-Holstein, in Teilen von Westfalen und Niedersachsen und im Alpenvorland — mit Auswuchsverlusten bis zu 40 und 50 % rechnen muß, während andere Gebiete wieder besser weggekommen sind.
Neben diesen Verlusten durch Auswuchs haben wir solche durch Körnerausfall. Ich habe vorhin bereits angedeutet, daß es viele Fälle gibt, wo die Körner, eben weil das Getreide total übereif war und weil es auf dem Feld mehrmals in die Hand genommen werden mußte, ausgefallen sind. Ein Beispiel aus meinem eigenen Betrieb! Mein sehr gut stehender Hafer hat vielleicht noch ein Drittel seiner Körner in den Rispen; alles andere liegt ausgefallen auf dem Boden. Ein anderes Beispiel aus Hessen! Mir ist eine Domäne mit 80 Morgen Roggenbau bekannt. Die Erträge beliefen sich in den vergangenen Jahren normalerweise auf 20 Zentner pro Morgen; das ist also nichts völlig Außergewöhnliches, sondern eine sehr gute Durchschnittsernte. Heuer hat dieser Betrieb durch Auswuchs und Körnerausfall so viel verloren, daß er beim Drusch wirklich nur 8 Zentner pro Morgen einheimsen konnte. Danach kann sich wohl jeder ausrechnen, wie groß die Verluste sind.
Ich nenne drittens die Verluste, die auch beim Futtergetreide, das schlecht eingebracht wurde, entstanden sind. Brotgetreide ist zum Teil wegen minderer Qualität nur noch zur Fütterung geeignet, und Futtergetreide erleidet zum Teil auch infolge verminderter Qualität eine Einbuße für die Fütterung.
Der Ernährungsausschuß hat sich in der letzten Woche bereits mit diesen Fragen befaßt und ist zu der Auffassung gekommen, daß man auf Grund der Berichte des Bundsernährungsministeriums sowie der zentralen Markt- und Berichtsstelle und auch der Erhebungen der bäuerlichen Berufsorganisation mit einem Verlust — Qualitätsminderung und völligem Ausfall — von insgesamt etwa einem Viertel des Erntewertes rechnen müßte. Wenn Sie bedenken, daß der Wert der deutschen Getreideernte in normalen Jahren bei einem Gesamtertrag an Futter- und Brotgetreide in Höhe von 12 Millionen Tonnen ungefähr 4,4 Milliarden DM beträgt, und dann 25 % Verluste berechnen, so kommen Sie auf eine Summe von etwa 1 Milliarde DM an unmittelbaren Verlusten und Wertminderungen, abgesehen von den gesteigerten Erntekosten, die ich eingangs vorgetragen habe.
Im heurigen Jahre sind weitere schädliche, den Betrieb erschwerende Momente durch den vielen Regen und die späte Ernte entstanden.
Ich darf als erstes darauf hinweisen, daß die Stoppeln nicht rechtzeitig geschält werden konnten und damit bereits eine Einbuße für die Ackerkultur entstanden ist. Die Gare wurde in Mitleidenschaft gezogen. Wer sich einen Acker angesehen hat, auf dem man mehrmals bei feuchtem Bodenzustand herumwirtschaften mußte, der weiß, wie fest er wurde, so daß eben die Gare weitgehend Verluste erlitten hat. Das ist bereits eine Hypothek auf die nächste Ernte.
Zweitens hat sich die Aussaat der Winterölfrüchte, die normalerweise Ende August vorgenommen werden muß, verzögert. In großen Teilen der Bundesrepublik fiel sie überhaupt aus; in anderen, wo noch bestellt werden konnte, kam sie viel zu spät.
Drittens kann jeder erkennen, daß die Untersaaten des Getreides keinen Schnitt mehr zulassen, wie es in normalen Jahren der Fall ist. Das bedeutet für sehr viele Betriebe einen großen Futterausfall.
Viertens ein sehr erschwerendes Moment: In den klimatisch günstigeren Gegenden bestellt man nach Roggen, Weizen und Wintergerste normalerweise noch Sommerzwischenfrüchte. Manche Betriebe sind für ihre Viehhaltung direkt auf diese Erträge angewiesen, die in vielen Fällen unter Umständen ein Viertel ihres Gesamtbedarfs an Futter ausmachen. Sie müssen heuer mit einem Totalausfall ihrer Sommerzwischenfrüchte rechnen.
Auf die weiteren Punkte, die ich mir notiert habe, will ich jetzt gar nicht eingehen. Sie betreffen die Schädigungen für die Hackfrüchte. Daß der Futtergehalt infolge des Mangels an Sonnenschein wesentlich niedriger ist, ist genau so klar wie die Gefahr — und sie scheint mir sehr groß zu sein —, daß die Kartoffeln, wenn sie auch noch normale Erträge abwerfen werden, durch das Regenwetter in ihrer Haltbarkeit schwerstens beeinträchtigt sind.
Die Preisentwicklung zeigt, daß das Gemüse wegen des schlechten Wetters rar geworden ist, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in ganz Mitteleuropa. Von Obst will ich nicht reden, von dem Weinherbst auch nicht. Beim Weinherbst ist es noch
möglich, daß ein Altweibersommer den vorher entstandenen Schaden wiedergutmacht.
— Darauf komme ich gerade.
Die Heuernte war in Norddeutschland infolge der Trockenheit des Vorsommers so klein, daß sie etwa mit einem Viertel bis einem Drittel einer normalen beziffert werden kann. Anschließend ist die magere Ernte so verregnet, daß schwerste Verluste entstanden sind. Auch in anderen Gebieten, wo der Ertrag gut war, wie in weiten Teilen von Süddeutschland, hat sich die Ernte so lange hinausgezögert, daß in dem Heu praktisch keine Nährstoffe mehr enthalten waren, sondern nur noch Stroh geerntet werden konnte. Und dieses strohige Heu war dann auch noch verregnet. Ich habe immerhin eine praktische Erfahrung von mehr als 40 Jahren in meinem Betrieb hinter mir. In diesen 40 Jahren war die Heuernte noch nie so spät. In jedem, selbst dem schlechtesten Jahr war die Öhmd 14 Tage früher als in diesem Jahr.
Kürzlich wurde der Einwand erhoben: Was ist das schon, da die Getreideerlöse in manchen Fällen ja nur einen Bruchteil des Gesamterlöses des Betriebes betragen! Das stimmt; es gibt Betriebe, bei denen die Einnahmen aus Getreide nur 10 bis 15 % betragen. Aber es gibt in anderen Gebieten Betriebe, wo der Anteil mit etwa 50 % beziffert werden muß. Da komme mir aber nun keiner und sage: Die können ja Schweine und Vieh verkaufen! Die Schweine und das Vieh leben ja nicht von der
Erde, sondern die fressen eben das Getreide und das Heu. Die Verluste, die hier hingenommen werden mußten, drücken sich auch in den Verkaufserlösen von Milch, Rindfleisch und Schweinefleisch aus.
Die Landwirtschaft erwartet nicht, daß ihr jemand ihr letztes Risiko abnimmt. Sie ist darauf abgestellt, daß sie bei ihrer Naturabhängigkeit im Laufe der Jahre Ernteschwankungen hinnehmen muß. Aber Sie haben meinen Schilderungen entnehmen können, daß es sich bei diesen einmaligen Verhältnissen wirklich um ein Unglück handelt, das nicht allein auf den Schultern der Erzeuger belassen werden darf. Zu jener Zeit, als der Verkehr und die weltwirtschaftliche Verbindung noch nicht so entwickelt waren, war es so, daß eine Mißernte das ganze Volk durch eine Teuerung oder gar Hungersnot zu spüren bekam. Die letzte sogenannte Teuerung hatten wir im Jahre 1896, als eine totale Mißernte die Preise in die Höhe trieb. Die letzte Hungersnot in Mitteleuropa war im Jahre 1846. Wir freuen uns, daß es dank unserer Marktgesetze nun zu keiner Brotverteuerung kommt. Aber man darf, wie ich vorhin ausgeführt habe, nun nicht zu dem Schluß kommen, daß diese einmaligen Verluste in diesem Jahre allein vom Bauern getragen werden müssen. Es ist eine erfreuliche Sache, daß sich das ganze Haus in dem gemeinsamen Antrag dieser Meinung angeschlossen hat.
Ich darf noch auf einiges hinweisen. Es kommt jetzt darauf an, daß das schlecht eingebrachte Getreide nicht noch weiter verdirbt. Es ist Ihnen aus der Presse bekannt, daß bereits sechs Scheunen abgebrannt sind, weil sich das Getreide dort so erhitzt hat, daß es zu einer Selbstentzündung gekommen ist. Das sind schwere Fälle. Ob weitere nachfolgen, weiß man nicht. Ich kenne zahlreiche Fälle, bei denen die Feuerwehr eingreifen mußte und wo es nur deshalb zu keinem Brand kam, weil man den Garbenstock noch rechtzeitig auseinanderreißen konnte.
Weiter handelt es sich aber auch um das noch nicht eingebrachte Getreide. Solches gibt es noch genügend. Man gehe nur einmal in die höheren Lagen, in die Eifel oder auf die Schwäbische Alb und in den Schwarzwald. Ich war am Sonntag in der Eifel. Da stand noch über die Hälfte des Getreides draußen. Ich ließ mir von einem Kollegen aus dem Schwarzwald berichten, daß dort noch Weizen und Hafer draußen steht und noch nicht gemäht werden konnte, weil er heute — am 17. September — noch grün, noch nicht reif ist. Sie sehen also, die Dinge sind noch schwieriger, als sehr viele annehmen wollten. Es muß gerettet werden, was gerettet werden kann.
Ferner — und das ist eine große Sorge und ein Kernpunkt dieser Anträge — muß dafür gesorgt werden, daß keine Gefahren für die Erstellung der nächsten Ernte entstehen.
In dem Antrag ist auch die Rede davon, daß man nicht global entschädigen, also nun jedem etwas geben will, sondern daß genauestens geprüft wird, wo wirklich ernste Gefahren entstanden sind und zu befürchten ist, daß der Betrieb in Not kommt. Das ist leider sehr viel öfter der Fall, als angenommen wird. Ich will nun nicht davon sprechen, wie viele Düngemittel, die im Winter und Frühjahr bezogen wurden, noch nicht bezahlt sind. Wir wissen aber, daß die deutsche Landwirtschaft bei dem Bemühen um Fortschritt im vergangenen Jahr ein Fünftel mehr für Düngemittel aufgewendet hat als in den vorvergangenen Jahren. Die 200 Millionen DM, die dieses Fünftel gekostet hat, sind vollkommen pleite gegangen. Die Düngemittel sind zum Teil nicht bezahlt. Da die Gefahr besteht, daß für das kommende Jahr in diesem Punkt Einsparungen gemacht werden müssen, hat die Öffentlichkeit das allergrößte Interesse daran, daß diese Gefahr ausgeräumt wird. Es handelt sich in zahlreichen Fällen gerade um intensive Betriebe, die hohe Aufwendungen gemacht haben und infolge der Verluste nicht mehr imstande sind, aus eigener Kraft das Notwendige für das nächste Jahr aufzubringen. Ich darf noch auf die große Gefahr für sehr viele kleine Bauern, besonders aber für Siedler hinweisen, die neu auf ihren Stellen angesetzt worden sind oder zum Teil noch Pacht haben.
Das sind die Sorgen, die das ganze Volk bewegen. Ich hoffe, daß aus dem Antrag etwas Brauchbares herauskommt, was auch der Würde dieses Hauses angemessen ist, damit in diesem nationalen Unglück die Schäden behoben werden.
Namens sämtlicher Fraktionen beantrage ich, den Antrag dem Ernährungsausschuß federführend und dem Haushaltsausschuß mitberatend zu überweisen. Ich knüpfe daran die Hoffnung, daß es dem Bundesernährungsminister in Zusammenarbeit mit dem Ernährungsausschuß gelingt, umgehend entsprechende Richtlinien zu erlassen, damit die Schäden gemildert werden können. Die Erstellung der neuen Ernte hat bereits begonnen. Darum tut Eile not.