Rede von
Fritz
Ohlig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag nimmt zum ersten Male die wichtige Aufgabe
der Rechnungsprüfung und der Entlastung der Bundesregierung für die Jahre 1949 und 1950 wahr. Diese Aufgabe ist in der Reichshaushaltsordnung gesetzlich geregelt. Man spricht von einem Haushaltskreislauf, und dieser Kreislauf wickelt sich in vier Phasen ab: Haushaltsvorbereitung, der Vollzug des Haushalts, die Rechnungslegung und die Entlastung der Bundesregierung. Rechnungslegung und Entlastung, die eigentlich getrennt vorgenommen werden müßten, müssen diesmal in einem Arbeitsvorgang erledigt werden.
Die Bundesregierung legte bereits dem ersten Deutschen Bundestag die Haushaltsrechnungen für die Jahre 1949 und 1950 vor. Aber der erste Bundestag konnte diese Aufgabe nicht mehr erfüllen. Deshalb muß sich der zweite Bundestag dieser Verpflichtung unterziehen. Gleichzeitig erfolgte auch die Vorlegung des Prüfungsberichts und der Denkschrift des Präsidenten des Bundesrechnungshofs. Diese Unterlagen sind dem Hohen Hause bereits vor einigen Monaten in der Drucksache 396 zugegangen. Der Bundestag überwies beide Vorlagen dem Haushaltsausschuß. Der Haushaltsausschuß beauftragte den Rechnungsprüfungsausschuß mit der Prüfung beider Vorlagen. Das Ergebnis finden Sie im vorgelegten Bericht in der Drucksache 689. Wegen der Bedeutung dieser ersten Berichterstattung erschien es dem Haushaltsausschuß zweckmäßig, den vorgelegten Bericht im Plenum kurz zu ergänzen. Die beiden Berichterstatter haben sich dieser Aufgabe unterzogen. Aber wir versprechen Ihnen, Ihre Zeit nicht allzulange in Anspruch zu nehmen.
Der Rechnungsprüfungsausschuß des Bundestages hat sich an dem Rechnungsprüfungsausschuß des Reichstages der Weimarer Zeit ein Vorbild genommen. Dieser frühere Ausschuß gelangte unter dem Vorsitz des heute von allen geachteten Herrn Dr. Kurt Heinig zu großem Ansehen. Wir haben aber die Bitte an das Hohe Haus: messen Sie bitte nicht gleich beim ersten Bericht mit dem Maßstab des Meisters seine gelehrigen Schüler!
Der vorgelegte Bericht hätte bereits im Jahre 1952 behandelt werden müssen. Die Ursachen für die Verzögerung sind bekannt. Wir müssen uns aber das Ziel stecken, möglichst nahe an den Zeitpunkt der Haushaltsberatungen heranzukommen, um die Prüfungsergebnisse bei den kommenden Beratungen auswerten zu können. Auch die parlamentarische Kontrolle gewinnt dadurch ein stärkeres Gewicht.
Der Ihnen auf Drucksache 689 vorgelegte Bericht gliedert sich in Anträge, Entschließungen, Feststellungen und Bemerkungen. Im ersten Antrag handelt es sich um die vom Herrn Bundesfinanzminister zusammengestellten und begründeten über- und außerplanmäßigen Ausgaben aus den Jahren 1949 und 1950, die nachträglich zu genehmigen sind. Für 1949 handelt es sich um rund 85 Millionen DM über- und außerplanmäßige Ausgaben, denen eine Minderausgabe von 38 Millionen DM gegenübersteht. Im Jahre 1950 handelt es sich um rund 1015 Millionen DM über- und außerplanmäßige Ausgaben, denen Minderausgaben in der Höhe von rund 414 Millionen gegenüberstehen.
Der große Brocken des Jahres 1950 teilt sich wie folgt auf. Im Bundesarbeitsministerium wurden 250 Millionen DM über- und außerplanmäßig ausgegeben. Diese Summe ist in allererster Linie auf das Ansteigen der Arbeitslosenfürsorgeempfänger zurückzuführen. In den Einzelplänen XXIV und XXV geht es um Ausgaben, die mit den Besatzungskosten und den Auftragsangelegenheiten zusammenhängen. In diesen beiden Plänen sind fast 600 Millionen DM über- und außerplanmäßige Ausgaben entstanden. In den Einzelplänen XXVI und XXVII dreht es sich um die sozialen und sonstigen Kriegsfolgelasten. Hier wurden ungefähr 100 Millionen DM mehr an über- und außerplanmäßigen Ausgaben benötigt. Es handelt sich dabei vor allen Dingen um gesetzliche Regelungen, die der Bundestag beschlossen hat, u. a. um eine Erhöhung der individuellen Fürsorge und dann um die Entschädigungen für die Angehörigen der noch nicht entlassenen Kriegsgefangenen.
Im zweiten Antrag geht es um die vom Bundesrechnungshof bei der Prüfung festgestellten über- und außerplanmäßigen Ausgaben, die ebenfalls nachträglich zu genehmigen sind. Diese Ausgaben beruhen vorwiegend auf Buchungen an unrichtiger Stelle. Es handelt sich im Jahre 1949 um 89 Millionen DM und im Jahre 1950 um rund 52 Millionen DM. Der Haushaltsausschuß empfiehlt, die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes bis auf die Vorbehalte als erledigt zu erklären. Die Vorbehalte bedürfen einer weiteren Klärung; über die Erledigung wird dem Hause zu gegebener Zeit berichtet werden.
Der Fehlbetrag aus dem Jahre 1949 setzt sich zusammen aus rund 244 Millionen DM, zu denen noch Ausgabenreste von no Millionen DM kommen, so daß der gesamte Fehlbetrag rund 374 Millionen DM beträgt. Die Länder haben aber nach § 11 des Haushaltsgesetzes 1949 nur 244 Millionen DM gedeckt. Die Ausgabenreste von 130 Millionen DM erscheinen im Rechnungsjahr 1951. Deshalb ist im Rechnungsjahr 1949 kein Fehlbetrag mehr vorhanden. Der Fehlbetrag aus dem Jahre 1950 betrug im ordentlichen Haushalt rund 232 Millionen DM, im außerordentlichen Haushalt rund 294 Millionen DM. Im außerordentlichen Haushalt ist ein Fehlbetrag aber überhaupt nicht denkbar; deshalb mußten auch diese 294 Millionen DM aus dem außerordentlichen Haushalt zum Fehlbetrag des ordentlichen Haushalts hinzugerechnet werden, so daß sich für 1950 ein Gesamtfehlbetrag von rund 527 Millionen DM ergab. Im Haushaltsjahr 1952 wurden von diesem Fehlbetrag rund 338 Millionen eingesetzt, so daß noch ein ungedeckter Fehlbetrag von rund 188 Millionen DM vorhanden ist. Dieser Fehlbetrag wurde 1952 nicht mehr eingesetzt, weil § 75 der Reichshaushaltsordnung durch die Haushaltsgesetze außer Kraft gesetzt wurde. Um diesen Betrag hat sich also die Bundesschuld vermehrt.
Eine Übersicht über Bundesvermögen und Bundesschuld konnte für die Jahre 1949 und 1950 noch nicht gegeben werden, weil die ersten Überleitungsgesetze zum allergrößten Teil erst im Jahre 1950 geschaffen wurden, durch die das Vermögen, das bis dahin teilweise von den Ländern treuhänderisch verwaltet wurde, auf den Bund übergeführt worden ist. Diese Übersicht wird aber in den folgenden Jahren gegeben.
Im dritten Antrag wird die Entlastung der Bundesregierung für die Jahre 1949 und 1950 beantragt. Der vierte Antrag bittet um die Genehmigung, daß Überschreitungen bei einem Titel bis zur Höhe von 100 DM nicht mehr besonders dargestellt zu werden brauchen, sondern in einer Gesamtsumme vermerkt werden können. Diese Regelung schlagen wir aus Gründen der Ersparnis und
der Vereinfachung vor. Der fünfte Antrag bittet, von der Denkschrift des Präsidenten des Bundesrechnungshofs Kenntnis zu nehmen. Der Haushaltsausschuß empfiehlt die Annahme aller gestellten Anträge.
Den Entschließungen liegen Tatbestände der Rechnungsprüfung zugrunde. Die ersten drei Entschließungen ersuchen die Bundesregierung und den Herrn Bundesfinanzminister, die Feststellungen und Bemerkungen des Haushaltsausschusses bei der Aufstellung und der Durchführung künftiger Haushaltspläne zu beachten. Dadurch wird es möglich werden, die in der Denkschrift des Präsidenten des Bundesrechnungshofs ausgesprochenen Mängel zu bereinigen. Gleichzeitig wird die Bundesregierung ersucht, die Prüfungserinnerungen und die Prüfungsmitteilungen des Bundesrechnungshofs rascher und eingehender zu behandeln. Die gleiche Bitte, die allerdings in den Entschließungen nicht enthalten ist, richten wir an den Präsidenten des Bundestages, damit auch das Parlament in dieser Frage mit gutem Beispiel vorangeht.
Die letzten beiden Entschließungen ersuchen die Bundesregierung, ,die Verhandlungen über einen Vergleichsvorschlag zur Bereinigung der Streitfragen aus der Verwaltung des Branntweinmonopols zu beschleunigen, damit am 31. Dezember 1954 dem Hohen Hause Bericht erstattet werden kann. Ferner sollen die Untersuchungen auf dem Gebiet der Besatzungsbauten beschleunigt durchgeführt werden. Hier soll um Bericht bis zum 31. März 1955 gebeten werden. Dabei ist auch über die zivilrechtliche Inanspruchnahme von Angestellten und Beamten und die notwendigen disziplinarrechtlichen Maßnahmen zu berichten. Diese Fristsetzung erschien dem Haushaltsausschuß notwendig, um einige Fälle, die jahrelang zurückliegen, endlich zum Abschluß zu bringen.
Über Feststellungen und Bemerkungen des Haushaltsausschusses wird Herr Kollege Graf Henckel berichten.
Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten möchte ich gleich zu Punkt 13 b kurz berichten.