Rede von
Dr.
Ernst
Müller-Hermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich kurz fassen. Wir sind uns in diesem Hause, glaube ich, alle darüber einig, daß wir den von der Requisition in Bremerhaven betroffenen Menschen helfen wollen, daß wir einen Weg finden wollen, auf dem ohne Zwangsmaßnahmen das Notwendige geschehen kann. Wir sind uns, soweit wir Einblick in die Dinge bekommen haben, auch alle darüber einig, daß psychologisch nicht sehr geschickt gearbeitet worden ist. Aber leider muß man feststellen, daß auch sehr oft der Versuch gemacht worden ist, an diesen Vorkommnissen in Bremerhaven das Feuer der Parteipolitik zu entfachen und mit ihnen politische Geschäfte zu machen. Damit können wir am allerwenigsten den unmittelbar Betroffenen helfen.
Zwei ganz nüchterne Fragen stehen nämlich zur Diskussion. Die erste ist eine mehr oder weniger bautechnische und finanzielle Frage, nämlich die, ob man die Häuser für die Besatzungsmächte am „Blink" errichtet oder an einer anderen Stelle. Diese Frage ist von den Bautechnikern sehr nüchtern geprüft worden. Es ist festgestellt worden, daß die Alternativlösung Aufschließungskosten in Höhe von mindestens 15 Millionen DM notwendig macht. Daher ist man zu dem Ergebnis gekommen: dieses Gelände am „Blink" muß benutzt werden. Auch darüber, daß diese Bauten überhaupt errichtet werden müssen, besteht Einmütigkeit; denn sie sollen ja dazu dienen, einen großen Teil seit Jahren beschlagnahmter Häuser frei zu machen.
Der zweite Fragenkomplex ist der: wie kann die amerikanische Armee bzw. wie können die deutschen Stellen, die dafür zuständig sind, dieses Ge-
lände zur Verfügung erhalten? In dieser Hinsicht ist in den letzten Wochen nicht gut gearbeitet worden, denn man hat, statt auf dem Verhandlungswege zu einem freiwilligen Verzicht bzw. zu einer Hergabe der Gelände und der Häuser zu kommen, den Weg der Requisition gewählt.
Obwohl wir uns über die Aussichten einer erneuten Besprechung sehr wenige Illusionen machen, sind wir der Meinung, daß das Haus dem Antrag der Deutschen Partei zustimmen sollte, in dem die Bundesregierung ersucht wird, unverzüglich Verhandlungen mit den zuständigen amerikanischen Stellen aufzunehmen. Ich muß allerdings hinzufügen, daß von den verschiedensten Seiten — auch ich persönlich bin daran beteiligt gewesen — Besprechungen mit den amerikanischen Stellen gepflogen worden sind und daß an dem Projekt wohl nicht mehr gerüttelt werden kann. Die Frage ist, ob wir einen anderen Weg finden, um zu einer Freigabe der Häuser zu kommen.
Was den Antrag der SPD-Fraktion betrifft, so bitte ich, die erste Ziffer abzulehnen. Die Frage, welches Gelände gewählt werden soll, ist von den sachlich dafür zuständigen Instanzen hinreichend geprüft worden. Eine Untersuchung darüber kann auch nicht Angelegenheit eines Ausschusses des Bundestags sein.
Ich bitte dagegen, die zweite Ziffer des Antrags der SPD-Fraktion anzunehmen, in der es heißt:
Die Bundesregierung wird ersucht, dahin zu
wirken, . . . .
2. daß bei allen Bauvorhaben der Besatzungsmächte die Requisition von bebauten Grund-
stücken nach Möglichkeit vermieden wird. Das wollen wir annehmen; den ersten Absatz bitten wir jedoch abzulehnen.
Meine Damen und Herren, gestern hat eine Besprechung zwischen Mitgliedern des Ausschusses für Besatzungsfolgen und Vertretern, der amerikanischen Armee und des Hochkommissariats stattgefunden. Bei dieser Besprechung, in der es in erster Linie um allgemeine Fragen des Besatzungsrechts ging, ist von amerikanischer Seite zugesagt worden, daß man sich für einen Aufschub der Bauaktion in Bremerhaven verwenden werde, um auf Grund neuer Verhandlungen einen Weg zu finden, der den Beteiligten gerecht wird und jedes politische Geplänkel für die Zukunft ausschließt. Diesen Weg neuer Verhandlungen sollten wir unter alen Umständen noch einmal beschreiten.
Sollte an der Durchführung des Projekts in Bremerhaven nichts zu ändern sein, so habe ich namens meiner politischen Freunde die ganz besondere Bitte an den Herrn Bundesfinanzminister zu richten, daß man bei allen Fragen, die mit einer Entschädigung zu tun haben, seitens der deutschen Stellen großzügig verfährt und keine Mißstimmigkeit bestehen läßt, die durch eine angemessene und großzügige Entschädigung ausgeräumt werden könnte.