Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf einiges von dem eingehen, was Herr Kollege Schmid ausgeführt hat. Herr Kollege Schmid, ich habe erklärt — und ich hoffe, daß ich dafür doch die Zustimmung des Hauses finden werde —, dies sei ein so empfindlicher Gegenstand, daß im allgemeinen Interesse — wirklich im Interesse von uns allen — jeder, der sich kritisch, wie es sein gutes Recht ist, damit beschäftigt, dies in einer maßvollen und abgewogenen Kritik tun sollte. Das sollte man an und für sich immer tun, aber dieser Gegenstand verlangt es ganz besonders.
Herr Kollege Schmid, Sie haben hier gesagt, es sei das gute Recht dieses Hauses, Kritik zu üben. Darin stimme ich mit Ihnen überein. Aber würdigen Sie doch bitte einmal, daß es die Bundesregierung gewesen ist, die von sich aus trotz aller Bedenken hinsichtlich eines so heiklen Gegenstandes den Weg vor dieses Haus gefunden hat.
Es ist die Initiative der Bundesregierung gewesen,
daß heute hier diese Debatte stattfindet, nicht die Initiative von irgend jemand anderem.
Das dürfte uns wahrscheinlich auch viel näher bringen in der Bereitwilligkeit, dieses Thema offen und freimütig zu diskutieren.
Ich gehe auf einen Punkt ein, der sich auf sehr Konkretes bezieht, nämlich auf das, was Sie über die Stellung der Verwaltungsgerichte gesagt haben. Eine Auskunft als solche ist noch nicht ein Verwaltungsakt, der angefochten werden könnte. Ich stimme aber mit Ihnen darin überein, daß dort, wo irgendeine Behörde von einer Auskunft Gebrauch macht und etwas versagt, der Weg vor das Verwaltungsgericht gegeben ist. Ich habe mich nachdrücklich dafür eingesetzt, daß jeder Rechtsweg, sowohl der ordentliche wie der vor dem Verwaltungsgericht, gewählt werden soll, um in diesen Dingen aber auch wirklich letzte Klarheit zu schaffen. Ich darf noch einmal unterstreichen, daß mir auch gerade der Weg über die Dienstaufsichtsbeschwerde — die zwei Fälle, die hier erwähnt worden sind, sind Fälle, die im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde behandelt werden — der geeignete und jedermann zugängliche Weg zu sein scheint, um Klarheit über Vorwürfe zu schaffen, die ihm vielleicht unberechtigt gemacht worden sind.
Dann sind Sie noch einmal auf die Sache „Vulkan" zurückgekommen, die wir kürzlich in diesem Hause diskutiert haben. Ich bedaure es sehr, meine Damen und Herren — das sage ich ganz offen —, daß man das, was ich damals sehr detailliert und nach sehr sorgfältiger Abwägung vorgetragen habe, sich nicht doch noch einmal genau angesehen hat. Herr Kollege Schmid, wenn Sie mit mir noch einmal in jeden einzelnen Fall einstiegen, — ich habe ja damals gezeigt, daß allein 21 von diesen 38 Leuten von vornherein in eine bestimmte Nomenklatur gehören. Ich habe den ganzen Tatbestand entwickelt, der hier vorlag. Da wird man doch schwerlich einen Ausdruck aufrechterhalten können, den Sie, Herr Kollege Schmid, wohl nicht gerade hier, aber, wenn ich nicht irre, gestern abend in Ihrem Rundfunkvortrag gebraucht haben, nämlich daß es einen „Vulkan"-Skandal gebe. Das geht für jemanden, der meine Erklärung gelesen hat, über das hinaus, was ich als gerechtfertigt ansehen kann. Aber auf gar keinen Fall ist die Sache „Vulkan" ein Fall falscher Auswertung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das Material, das es dort gab, ist a tempo den Strafverfolgungsbehörden, den ordentlichen, angesichts der ganzen Öffentlichkeit arbeitenden Stellen wie Oberbundesanwalt und Bundesgerichtshof zur Verfügung gestellt worden. Ich muß das Bundesverfassungsschutzamt unbedingt dagegen in Schutz nehmen, daß es hier irgend etwas getan hätte, was unter das Stichwort „falsche Auswertung" fallen könnte.
Sie haben dann einen Gedanken wiederholt, den Sie offenbar gestern abend entwickelt haben, nämlich den einer parlamentarischen Kontrolle in den verschiedenen Ebenen. Sie haben das für das Bundesamt und die Länderämter vorgeschlagen. Sie werfen damit — dessen sind Sie sich bestimmt bewußt — ein Problem auf, das eben in jenem Grenzbereich zwischen den Rechten des Parlaments und den Rechten und vor allen Dingen Pflichten der Regierung liegt. Ich stehe dem Vorschlag nicht
sonderlich positiv gegenüber, das muß ich um der Klarheit willen vor dem Hohen Hause sofort sagen. Ich bin der Meinung, daß Arbeit und Organisation nach den Prinzipien, wie ich sie selber vorhin entwickelt habe, im Grunde nur unter der Verantwortlichkeit des Ministers stehen können. Schaffen Sie ein Gremium dieser Art, so bringen Sie einen ganz neuen, wie soll ich sagen, „Verantwortungs-Puffer" in die Sache hinein, also etwas, was sich nach meiner Auffassung mit der verfassungsmäßigen Stellung und der Verantwortung des Ministers und der Bundesregierung nicht verträgt. Ich bin aber gern bereit, das erkläre ich ganz freimütig, diese Frage mit aller Gründlichkeit und nach allen Seiten hin abwägend mit dem Ausschuß zum Schutze der Verfassung zu diskutieren. Ich habe die Hoffnung, daß wir uns dabei wenigstens in dem Prinzipiellen doch irgendwie finden können.
Ich nehme dankbar zur Kenntnis, daß, wenn ich nicht irre, von allen Sprechern dieser Debatte die Grundsätze, die ich entwickelt habe, voll gebilligt worden sind. Es sind Sätze zitiert worden wie der: „Wo gehobelt wird, fallen Späne" — zitiert aus einer anderen Zeit —, und ein anderer Satz, den Sie angegriffen haben und der auch nicht von mir stammt: „Lieber einen zuviel verhaften als einen zuwenig". Ich bin überzeugt, daß diese Sätze, wenn sie so stehenblieben, mißverstanden werden könnten. Ich darf deswegen noch einmal wiederholen, was ich in der Sache „Vulkan" gesagt habe. Jemand, der sich mit einem bekannten und sicher ermittelten Staatsfeind einläßt oder einzulassen scheint — wenn es durch äußere Umstände belegt ist —, gerät damit in den untersuchungsbedürftigen Verdacht, an einer staatsfeindlichen Handlung beteiligt zu sein. Das ist der untersuchungsbedürftige Verdacht, über den letztlich die Staatsanwaltschaft und die ordentlichen Gerichte zu befinden haben. Ich glaube, wenn man sich auf diesen Satz verständigen kann, kann vieles von dem, was an Unruhe da ist, verschwinden.
Ich möchte aus der Debatte für meine künftige Arbeit auf diesem Sektor den Eindruck mitnehmen, daß das Hohe Haus bereit ist, diese Arbeit in allem Grundsätzlichen zu unterstützen. Die Wünsche, die hier vorgetragen worden sind, können in dem Ausschuß zum Schutze der Verfassung weiter untersucht werden.