Rede von
Dr.
Gerhard
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ihre Frage geht von mehreren unrichtigen Voraussetzungen aus. Ihre Beantwortung wird sich im Laufe meiner weiteren Ausführungen ergeben.
Es ist gesagt worden — ich befasse mich jetzt nur mit dem, was Herr Kollege Dr. Menzel ausgeführt hat —, daß Erkundigungen über Personen eingezogen worden seien, die völlig unverdächtig seien. Ich kann nur sagen: Erkundigungen über solche Personen sind nicht und zu keiner Zeit eingezogen worden. Ich darf gleich, um nur mal einen von Ihnen erwähnten Namen zu nennen — ich habe mir das unter e) notiert —, auf Herrn Heinemann kommen. Es hat nie einen Auftrag dazu gegeben und es ist nie etwas geschehen, um Herrn Heinemann zu beobachten.
Das erkläre ich hier mit allem Nachdruck.
Sie haben dann drei oder vier Fälle genannt, zu denen ich nun im einzelnen etwas sagen möchte. Das eine ist der Fall eines Rechtsanwalts. Sie haben mir darüber vor einiger Zeit geschrieben,
und Sie hätten dem Hohen Hause gleich mitteilen können
— ja, bitte, nun hören Sie doch! —, daß diese besondere Sache, nachdem ich mich in der Sache informiert oder, ich will sagen, recherchiert habe, morgen nachmittag in dem unter Ihrem Vorsitz tagenden Ausschuß zum Schutze der Verfassung behandelt werden soll.
— Warten Sie doch nur! Ich kann in einer solchen Sache, in der Beanstandungen erhoben werden — ich sage kein Wort dazu, ob diese Beanstandungen gerechtfertigt sind —, nicht mehr tun, als mich selbst in eine Prüfung einlassen. Ich habe hier gesagt: Jeder hat im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde die Möglichkeit, eine solche Prüfung zu veranlassen. Da Sie den Wunsch haben, daß das Ergebnis in dem Ausschuß erörtert werden soll, werden wir es dort morgen erörtern. Ich bin der Meinung, daß dieser Fall nichts an sich hat, was irgendwie als inkriminierend angesehen werden könnte. Aber vielleicht ist das Hohe Haus damit einverstanden, da ich diese Unterlage hier jetzt nicht zur Verfügung habe, daß das morgen in aller Ruhe in dem Ausschuß dargelegt wird. Ich bin gerne bereit — ich erkläre das ausdrücklich —, alle Fälle, die Sie hier genannt haben, auch noch durch eine schriftliche Mitteilung gegenüber allen Mitgliedern des Hohen Hauses einwandfrei klarzustellen. Mir liegt daran, daß nicht aus einigen vermuteten Ungenauigkeiten, so will ich einmal sagen, Schlüsse gezogen werden, die allen abträglich wären. Sie müssen sich dessen bewußt sein, daß ich sozusagen ex officio nur für das Bundesamt für Verfassungsschutz sprechen kann. Wir haben aber die neunfache Anzahl von Landesverfassungsschutzämtern, und wenn Sie bedenken, wem diese Landesverfassungsschutzämter seit Jahren unterstehen, dann glaube ich, daß jeder Anlaß besteht, mir darin zuzustimmen, wenn ich sage, daß man
gut daran tut, diese Dinge mit einem äußersten Maß von Abgewogenheit hier zur Sprache zu bringen.
Ich möchte nicht gerne die Grenzen überschreiten, die mir durch mein derzeitiges Amt gezogen sind.
Ich komme zu dem zweiten Fall. Wenn ich recht verstanden habe, handelt es sich um einen Ministerialrat im Wirtschaftsministerium. Auch dieser Fall steht auf der morgigen Tagesordnung des von Herrn Kollegen Dr. Menzel geleiteten Ausschusses zum Schutze der Verfassung. Ich habe noch nie eine Notiz über diese Sache gesehen und kann also nur das sagen, was mir dazu von meinen Mitarbeitern soeben mitgeteilt worden ist, daß eine Klage des Betreffenden — wenn ich richtig verstanden habe — vor dem ordentlichen Gericht läuft. Gerade in einer solchen Sache geschieht also das, was ich als in allen derartigen Fällen möglich bezeichnet habe, nämlich letztlich im ordentlichen Rechtsweg zu klären, ob eine tragfähige Beschuldigung vorliegt oder nicht. Also gerade dieser Fall wird in der Tat so ausgeräumt und in einem ordentlichen Verfahren erledigt werden, wie ich das als möglich und wünschenswert bezeichnet habe.
— Ja, lieber Herr Kollege Arndt, ich kann nicht auf Fälle angesprochen werden, von denen ich noch nie auch nur eine Zeile gelesen habe. Ich kann nur die Erklärung abgeben: Mir liegt daran, daß das letztlich ausgeräumt wird, und ich bin dazu bereit, dem ganzen Hohen Hause — nicht nur dem Ausschuß zum Schutze der Verfassung — in all diesen Fällen eine klipp und klare Feststellung zuzuleiten, sobald ich Gelegenheit gehabt habe, sie zu treffen.
Herr Kollege Menzel hat dann einen dritten Fall genannt, der sich auf einen Vorgang in der freien Wirtschaft bezieht. Ich kann dazu nichts sagen, weil ich den Vorgang gar nicht kenne. Ich habe also nur die Bitte, man möge mir diesen Vorgang möglichst genau bezeichnen, damit ich prüfen kann, ob es sich um das Bundesverfassungsschutzamt oder um das Verfassungsschutzamt eines der Länder handelt. Ich werde auch hier in derselben Weise wie in den vorgenannten Fällen verfahren.
Schließlich ist noch der Name des Herrn Staatssekretärs Sonnemann bzw. in einem Verfahren der Name Hertslet genannt worden. Nach meiner Unterrichtung läuft auch dort ein ziviler Rechtsstreit —meine Damen und Herren, ein Rechtsstreit, ich bin über die Einzelheiten nicht unterrichtet —, der also auch die Möglichkeit zu einer völlig befriedigenden Klärung aller erhobenen Vorwürfe geben wird. Ich kann zusammenfassend nur sagen: Ich habe in meiner Erklärung ausdrücklich festgehalten, daß die letztliche Klärung von Schuld oder Nichtschuld, von Unrecht oder von falscher Beschuldigung halt in einem solchen öffentlichen Verfahren dieser Art geprüft werden muß.
Ich komme dann noch auf zwei weitere Punkte. Zu dem Personalüberprüfungsverfahren habe ich eingehend Stellung genommen. Im Eingang meiner Erklärung — ich habe diesen Passus gerade nicht vor mir; aber es war zu Beginn meiner Erklärung, aus dem Protokoll wird es ja sicher von allen Mitgliedern des Hauses sehr leicht zu entnehmen sein
— sagte ich, ich bin der Meinung, daß man hier wahrscheinlich nicht ganz ohne eine Einschaltung der Verfassungsschutzämter auskommen wird, wie diese Praxis übrigens seit vielen Jahren besteht, und zwar in Ländern, wo diese Arbeit, wenn ich so sagen darf, meine Damen und Herren, vor meiner Zeit durchgeführt wurde — ich lege doch Wert darauf, das zu unterstreichen — und lange bevor es ein Bundesamt für den Verfassungsschutz gab. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß ich diese Angelegenheit gerade deswegen mit aller Sorgfalt betrachtet haben möchte. Sie haben die Konferenz der Ministerpräsidenten von Anfang Februar dieses Jahres erwähnt. Das Referat auf dieser Konferenz hat der Ministerpräsident Dr. Zinn von Hessen gehalten. Ich habe das Referat mit großem Interesse gelesen und habe, wie Sie bei sorgfältigem Studium der Regierungserklärung sehen werden, in manchem mich durchaus in Übereinstimmung mit seinen Auffassungen erklärt. Aber ich glaube, gerade ein Mann wie der Ministerpräsident Dr. Zinn ist wohl in der Lage, die richtige Gewichtsverteilung, möchte ich einmal sagen, in den Vorwürfen zwischen Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesämtern für Verfassungsschutz seinerseits etwas abzuwägen. Dort in München ist nicht gesagt worden, daß man die Verfassungsschutzämter abschaffen sollte, sondern es ist erwogen worden — ein Gedanke, dem ich einstweilen nicht sehr positiv gegenüberstehe —, ob man die ganze Tätigkeit nicht etwa wie früher in die Kriminalpolizei zurückverlegen sollte. Ich bin — das ist jedenfalls mein derzeitiger Standpunkt
— nicht der Meinung, daß wir wieder zu dieser Verbindung kommen sollten, die man damals abgeschafft hat. Ich weiß aber, daß die Auffassungen darüber geteilt sind. Diese Fragen werden mit aller Gründlichkeit auf einer demnächst von mir einzuberufenden Konferenz mit den Herren Innenministern der Länder behandelt werden. Ich hoffe, daß wir zu einem guten Ergebnis und zu brauchbaren Vorschlägen kommen.
Sie haben vielleicht vermißt, daß ich den Fall eines Kollegen aus dem Hause, dessen Namen Sie genannt haben, meinerseits nicht behandelt habe. Der Herr Bundeskanzler selbst wird sich dazu noch äußern.