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ID0203516700

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Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
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    2. Das: 1
    3. Wort: 1
    4. hat: 1
    5. Herr: 1
    6. Bundesminister: 1
    7. Justiz.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1954 1631 35. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1633 C, 1648 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Frau Wolff (Berlin) und Holla 1633 C Fragestunde (Drucksache 599): 1. Frage der Gleichberechtigung vom Malteserorden ausgestellter Ausweispapiere mit staatlichen Pässen: Zurückgestellt 1633 D 2. betr. Nachricht des „Daily Express" über Benutzung einer Denkschrift des Oberregierungsrats Dr. Sonnenhol als Grundlage für eine Diskussion im Außenpolitischen Ausschuß der FDP: Zurückgestellt 1633 D 3. betr. Vorhaltungen der Oberpostdirektion Bremen an einen Beschwerdeführer über Unterrichtung zweier Bundestagsabgeordneter und der Presse vor Abschluß der postalischen Ermittlungen: Hübner (FDP) 1633 D, 1634 B Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . 1633 D, 1634 B, C 4. betr. Herausgabe örtlicher Fernsprechverzeichnisse: Hübner (FDP) 1634 C, D Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 1634 C, D 5. betr. Äußerung des Bundesbahnrats Heinrich Schmücker in einer Beamtenversammlung in Alfeld über die Richter des Karlsruher Urteils: Dr. Greve (SPD) 1635 A, B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1635 A, C 6. betr. Planung und Bau von Bundesautobahnen: Dr. Leiske (CDU/CSU) 1635 C Dr. Seebohn, Bundesminister für Verkehr 1635 D 7. betr. Antrag der bundeseigenen Kurhessischen Bergbausiedlungsgenossenschaft in Sontra auf rückwirkende Mieterhöhung: Dr. Freidhof (SPD) . . . . 1636 A, 1637 A, B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1637 B 8. betr. Status der Bevölkerung der von schweizerischem Staatsgebiet umschlossenen Gemeinde Büsingen: Maier (Freiburg) (SPD) 1636 A, C Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1636 B, D 9. betr. Auslegung der Erklärung des Bundesministers der Finanzen in der 32. Sitzung über die Beteiligung von Organisationen an der Ausarbeitung der Rechtsverordnungen zum Bundesentschädigungsgesetz: Dr. Greve (SPD) 1636 D, 1637 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1637 C 10. betr. Zulassung nicht ausgelasteter Besatzungszüge für deutsche Reisende: Kühlthau (CDU/CSU) 1636 D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1637 A 11. betr. Pressemeldungen über Anerkennung madjarischer Emigranten als deutsche Heimatvertriebene, Lastenausgleichsberechtigte bzw. Angehörige des unter Art. 131 fallenden Personenkreises: Dr. Rinke (CDU/CSU) . . . 1638 A, 1639 A Dr. Dr. Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte . . . . 1638 B, 1639 A 12. betr. Verschandelung des deutschen Landschaftsbildes durch Errichtung von Funk- und Fernsehtürmen und -gerüsten: Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . 1639 B, C, D Dr. Schrader, Bundesminister des Innern 1639 B, C, D 13. betr. Wiederaufbau der Hindenburgbrücke zwischen Bingen und Rüdesheim: Josten (CDU/CSU) . . . . 1639 D, 1640 B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1640 A, B 14. betr. Anerkennung des Personalausweises für Mitglieder der Beratenden Versammlung des Europarates als Paß: Dr. Mommer (SPD) 1640 C Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1640 C 15. betr. Verkehrsschwierigkeiten durch Ausfüllung von Zählkarten an Grenzübergangsstellen: Dr. Mommer (SPD) 1640 C Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1640 D 16. betr. Gutachten des Bundesfinanzhofes über die Nichtberechtigung der pharmazeutischen Industrie zum Bezug steuerbegünstigten Alkohols und Frage der Herabsetzung der Steuer auf Weingeist für medizinische Zwecke: Frau Meyer (Dortmund) (SPD) . . 1640 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1641 A 17. betr. Zoll für Rohstoffe zur Herstellung von Rheumamedikamenten: Frau Meyer (Dortmund) (SPD) . . 1641 B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1641 B 18. betr. Wiederzulassung der Gewichtsbezeichnung „Pfund": Griem (CDU/CSU) 1641 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundes- minister für Wirtschaft 1642 A 19. betr. Gliedertriebzug der Deutschen Bundesbahn: Brück (CDU/CSU) 1642 D 20. betr. Ablehnung des Versorgungsantrags eines früher in der russisch besetzten Zone Inhaftierten durch das Versorgungsamt Düsseldorf: Dr. Menzel (SPD). 1643 A Storch, Bundesminister für Arbeit 1643 A 21. betr. Überbringung von Grüßen der Bundesregierung an den Dritten Deutschen Studententag: Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 1643 B, D Strauß, Bundesminister für besondere Aufgaben . 1643 B, 1644 A 22. betr. Überbringung von Grüßen der Bundesregierung in einem überwiegend mit den Farben Schwarz-Weiß-Rot drapierten Saal: Schmidt (Hamburg) (SPD) 1644 C Strauß, Bundesminister für besondere Aufgaben 1644 C 23. bis 27.: Wegen Fristablaufs der Fragestunde abgesetzt 1644 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Wahl der deutschen Mitglieder der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 634) 1644 C Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. „Vulkan"-Fall (Drucksache 315) 1645 A Dr. Greve (SPD), Anfragender 1645 A, 1653 A Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1648 D, 1656 C, 1663 D, 1666 B Präsident D. Dr. Ehlers 1653 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . . 1657 D Euler (FDP) 1659 B Dr. Mocker (GB/BHE) 1660 A Dr. Arndt (SPD) 1661 A Neumayer, Bundesminister der Justiz 1665 C Dr. Maier (Stuttgart) (FDP) 1665 D Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Volksernährung und zur Verbesserung der Produktivität in der Landwirtschaft (Drucksache 405) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Volksernährung und zur Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft (Drucksache 448) 1666 D Mauk (FDP), Antragsteller 1667 A Lücker (München) (CDU/CSU), Antragsteller 1670 C Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1674 B Kriedemann (SPD) 1676 B Kunz (Schwalbach) (GB/BHE) . . . 1681 B Fassbender (FDP) 1682 D Struve (CDU/CSU) 1684 C Dannemann (FDP) 1686 D Weiterberatung vertagt 1688 D Nächste Sitzung 1689 C Berichtigungen zum Stenographischen Be- richt der 28. Sitzung 1689 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung In der Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen ist zu lesen: Seite 1308 A Zeile 8 von unten: Dr. Leverkuehn Seite 1308 C Zeile 15: Schmidt-Wittmack: Abstimmung 1. I 2. entschuld. entschuld. Nein Nein
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    Rede von Dr. Gerhard Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Bedeutung der Sache rechtfertigt es, daß ich noch einmal das Wort nehme. Herr Kollege Dr. Arndt hat darauf verwiesen, daß seine Fraktion vier Fragen gestellt habe und wir hier eigentlich nur über die vier Fragen sprechen sollten. Eine Debatte wie diese — Herrn Dr. Greves Ausführungen belegen es ja — läßt sich nicht immer nur im Rahmen der strikt formellen Beantwortung halten.

    (Abg. Dr. Friedensburg: Sehr richtig!)

    Ich hatte eingangs meiner Ausführungen gesagt, daß diese ganze Angelegenheit, die nun den Namen „Vulkan" trägt, doch so wichtig ist, daß die ganze deutsche Öffentlichkeit und in erster Linie das Hohe Haus einen Anspruch darauf haben, darüber so umfassend wie möglich aufgeklärt zu werden. Niemand wird das, glaube ich, zum Anlaß eines Vorwurfs nehmen. Soviel zu Punkt 1.
    Zum Punkt 2 darf ich folgendes feststellen. Es ist gesagt worden, die Namensverwechslung hätte nicht dazu führen dürfen, den Betreffenden etwa 14 Tage in Haft zu halten. Dies ist keineswegs der Fall gewesen.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    — Nein, Sie irren sich! Herr Becker ist nicht 14 Tage in Haft gewesen, sondern er ist nur von der Polizei mit diesem Haftbefehl besucht worden. Nach seiner Erklärung: „Ich bin das überhaupt nicht" wurde ihm gesagt: „Halten Sie sich bitte


    (Bundesminister Dr. Schröder)

    zur Verfügung". Dann ist schließlich der richtige Becker verhaftet worden.
    Was die Ehrenerklärung angeht, haben Sie, Herr Kollege Dr. Arndt, bedauert, daß die Bundesregierung ihre Absicht erst heute, wie das unter Ziffer 3 erörtert worden ist, dargelegt habe. Ich darf Ihnen sagen, daß wir intern den Beteiligten gegenüber längst ähnliche schriftliche Erklärungen abgegeben haben. Warum wir es hier im Hohen Hause nicht eher tun konnten, habe ich schon eingangs an Hand der etwas schwierigen Vorgeschichte der Behandlung dieser Großen Anfrage dargelegt.

    (Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Ich darf Sie aber auch an etwas erinnern, was ich ebenfalls eingangs gesagt habe. Ich bin in der Tat der Meinung, daß man bei Vorfällen dieser Art, bei einem solchen Komplex, der nun schon seit eineinviertel Jahren in der Welt ist, früher zu dem Mittel der Regierungserklärung greifen sollte. Was mich angeht, werde ich das ohne Zweifel tun, weil ich es dem Hohen Hause gegenüber eigentlich auch für das praktikablere Verfahren halte, als daß wir uns mühselig an Große Anfragen anhängen, die manchmal in der Tat in ihrer einzelnen Formulierung überholt sind, bis sie hier zur Erörterung kommen. Wir haben das ja in der letzten Zeit häufig gemeinsam erlebt.
    Meine Damen und Herren, was Herr Kollege Dr. Arndt gesagt hat, läuft doch darauf hinaus, daß er etwas zugespitzt formuliert hat, man habe hier aus einem Kriminalfall Politik machen wollen. Ich kann nicht anerkennen, daß das so ist. Ich will nicht noch einmal im einzelnen darlegen, was ich bereits ausgeführt habe. Ich darf Sie aber doch darum bitten, diese Ausführungen und ihre Argumentation im einzelnen noch einmal daraufhin zu prüfen. Es kann Situationen geben — und dabei bleibe ich —, in denen es die staatspolitische Verantwortung — das ist weitgehend eine Frage pflichtgemäßen Ermessens — der Bundesregierung
    — oder es kann sich auch um eine andere Stelle handeln — unbedingt nahelegt, eine umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit vorzunehmen. Daß das mit aller menschenmöglichen Vorsicht und Zurückhaltung geschehen soll, darüber sind wir uns, glaube ich, alle einig. Das ist ein Prinzip, das wir nicht weiter zu diskutieren brauchen.

    (Abg. Dr. Arndt: Es ist nur leider nicht so geschehen!)

    — Ich sage, ich bin der Meinung, Herr Kollege Arndt — das ergibt sich aus meiner Antwort zu den beiden ersten Ziffern —, daß hier in der Tat ein Fall vorlag, der so behandelt werden mußte. Das habe ich dargelegt.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Unsere Meinungen darüber mögen auseinandergehen. Mir ist es schon sehr viel wert, wenn wir uns bei vier Punkten wenigstens auf zwei definitiv einigen können. Das ist schon eine ganze Menge.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Sie werden im Ernst auch gar nicht abstreiten wollen, daß das doch erfreulich ist. Herr Kollege Arndt hat es doch geradezu herausgestellt, wie erfreulich es ist, wenn es Punkte gibt, über die man sich in einer solchen Sache, die öffentliches Aufsehen erregt hat, verständigen kann. Warum wollen Sie das hinterher wieder verkleinern? Ich bleibe dabei, daß ich das für erfreulich halte, und Herr Dr. Arndt hat es ja auch als erfreulich bezeichnet.
    Die Kontroverse zwischen Dr. Greve und mir haben Sie, Herr Dr. Arndt, nach meiner Meinung wenigstens, nicht richtig aufgefaßt. Ich will mich bemühen, klarzumachen, was ich in dieser Sache meine. Zunächst will ich einmal für das Hohe Haus, das diesen Fall nicht so genau kennt, klarstellen, daß die Sache Weis — das ist der Fall mit Haftbefehl usw., über den Herr Greve gesprochen hat — völlig getrennt von dieser Geschichte „Vulkan" ist. Wenn man sich darüber einig ist, dann wird man das, was ich jetzt sage, sehr viel besser verstehen. Das hat mit dieser Großen Anfrage also gar nichts zu tun, sondern es sind allgemeine kritische Bemerkungen gegenüber dem Oberbundesanwalt, gegenüber dem Bundesgericht usw.
    Dazu sage ich folgendes. Ich will das ganz deutlich machen. Diese Landesverratsverfahren sind Verfahren unter Ausschluß der Öffentlichkeit, und zwar in allen Ländern der Welt. Das ist ja nichts Besonderes, es sei denn da, wo Schauprozesse veranstaltet werden, und damit will ja keiner von uns etwas zu tun haben. An diesen Verfahren sind beteiligt die Anklagebehörde — hier also der Oberbundesanwalt —, ein Senat, bestehend aus mehreren Richtern, der Angeklagte — den ich nicht weiter zu erwähnen brauche — und sein Verteidiger oder seine Verteidiger. Das ist der Kreis von Menschen, auf den sich ein solches Verfahren beschränkt, ein Verfahren, das unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindet.

    (Abg. Dr. Greve: Nein, das hat nicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattgefunden!)

    — Nun gut, Herr Greve, wenn da noch ein Punkt sein sollte, so können wir uns darüber ja noch einmal außerhalb unterhalten; das ist für das Hohe Haus, für das, was ich prinzipiell meine, jetzt vielleicht nicht wichtig genug. Also ich spreche von einem solchen Verfahren, und Sie haben einen Haftbefehl aus einem solchen Verfahren vorgezeigt. Herr Kollege Arndt sagte, Sie hätten nur von Haftbefehl und Eröffnungsbeschluß gesprochen. Das ist nicht richtig. Sie haben von mehr, von Quittungen und dergleichen gesprochen usw. Sie sind also ohne Zweifel in ein Stück der Beweisaufnahme des Verfahrens hineingegangen. Daß das etwas ist, was der Bundesregierung im einzelnen Anlaß zu einer sehr sorgfältigen Prüfung geben wird, wird niemand bestreiten. Denn ein Verfahren, das an sich als ein unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindendes rechtsstaatlich geordnetes Verfahren in dieser Weise bekannt wird, gibt einem Anlaß, zu prüfen, ob alle Geheimhaltungsvorschriften und dergleichen richtig gewahrt sind.

    (Abg. Dr. Greve: Sehen Sie, das ist es eben!)

    — Nein, nein! Das ist etwas ganz Korrektes! Es handelt sich hierbei nicht um Abgeordnete, sondern es geht um die Anklagebehörde, um die Gerichte.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir sind nun einmal mit Ihnen gemeinsam dafür verantwortlich, daß im Staat auch dort nach Recht und Gesetz gehandelt wird. Wenn ein Verfahren unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindet, ist die Öffentlichkeit eben ausgeschlossen.


    (Bundesminister Dr. Schröder)

    Ich sagte auch bereits, die Ausführungen des Herrn Kollegen Greve würden uns möglicherweise Anlaß zu Maßnahmen geben. Herr Kollege Arndt hat — ich weiß nicht, ob Sie, Herr Kollege Greve, es selber auch getan haben — dieses Wort „Maßnahmen", wie aus seinem Vortrag hervorgeht, nicht richtig aufgefaßt. Es hätte keines Hinweises auf Art. 46 des Grundgesetzes, der bei dieser Gelegenheit dem Hohen Hause noch einmal vorgetragen worden ist, bedurft. Es ist völlig selbstverständlich — ich will das noch einmal wiederholen, nicht etwa als meine Meinung, sondern das steht da, das ist Verfassungsrecht —, daß ein Abgeordneter zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden darf. Das ist völlig selbstverständlich.
    Aber was Sie, Herr Kollege Greve, gesagt haben, gibt sicherlich Anlaß zu gewissen Maßnahmen. Ich mache mir z. B. Gedanken darüber, ob der Haftbefehl — ich habe ihn nicht in der Hand gehabt, Sie hatten ja den Vorzug, Sie hatten ihn in der Hand — tatsächlich in jeder Nuance strafprozessual richtig ist. Sollte sich herausstellen, daß er das nicht ist — das mag schon einmal vorkommen —, dann werden wir halt dafür sorgen. Das ist eigentlich nicht meine Sorge, das geht mehr meinen Kollegen der Justiz an.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Aber ich spreche hier etwas aus, was ohne Zweifel die Meinung der ganzen Bundesregierung ist; hängen Sie uns nicht an den Einzelheiten der Ressorts auf und verlangen Sie nicht, daß wir alle zu den Einzelheiten getrennt Stellung nehmen. Sie werden alle mit mir darin übereinstimmen, daß, wenn sich herausstellt, daß ein Haftbefehl nicht richtig oder unvollständig ausgestellt ist und etwas anderes als ein Versehen vorliegt, wie es Ihnen, mir und allen andern unterlaufen kann, eingegriffen werden muß. Im Grunde handelt es sich dabei nach meiner Meinung um Kenntnisse, die man spätestens bis zum Assessor-Examen erworben haben muß. Aber man kann manches vergessen und man kann sich selbst mit erworbenen guten Kenntnissen einmal irren. Daß wir hier unter Umständen Maßnahmen ergreifen könnten und müßten, ist ganz selbstverständlich. Außerdem ist es unseres Amtes, das zu tun, und niemand von Ihnen wird das bestreiten wollen.

    (Abg. Dr. Greve: Das haben Sie gut hingekriegt!)

    — Nun, ich bin dafür da, die Dinge „gut hinzukriegen", Herr Kollege Greve. Dafür trägt die Regierung die Verantwortung in diesen Sachen. Unsere Aufgabe ist es — ich betone es immer wieder, daraus möchte ich Sie auch nicht einen Augenblick entlassen —, die Dinge gemeinsam „gut hinzukriegen"; der Ausdruck stammt von Ihnen, nicht von mir.
    Ich möchte schließen, indem ich folgendes sage. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Fall Vulkan rechtsstaatlich ordnungsgemäß behandelt worden, und er wird mit den Maßnahmen, die ich zu Ziffer 3 und 4 genannt habe, auch rechtsstaatlich abgeschlossen werden. Das ist alles. Den Fall Weis will ich aus der weiteren Behandlung herauslassen. Aber ich glaube, wir sollten doch positiv und als etwas Gemeinsames feststellen, daß die
    Unabhängigkeit der Gerichte, die hier so beiläufig in die Debatte geraten ist, ein Anliegen darstellt, das jeder in diesem Hause gleich hoch hält.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Neumayer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur die Ausführungen meines Kollegen Dr. Schröder, des Herrn Bundesinnenministers, ergänzen. Der Haftbefehl, den Herr Dr. Greve verlesen hat, war mir natürlich nicht bekannt. Nach dem, was ich den Ausführungen des Herrn Dr. Greve entnehmen kann, könnte es sich aber höchstens um ein formal-juristisches Versehen handeln, niemals um eine Gesetzwidrigkeit oder eine Verletzung der Rechtsstaatlichkeit. Ich werde die Sache selbstverständlich prüfen lassen. Bekannt war sie mir bisher noch nicht.
    Der Herr Kollege Dr. Arndt hat in seinen Ausführungen noch einmal besonders darauf hingewiesen — und das möchte ich hier unterstreichen —, daß es nicht angängig ist, Urteile der Gerichte zum Gegenstand einer parlamentarischen Auseinandersetzung zu machen. Die Rechtsprechung unterliegt nicht der parlamentarischen Kontrolle. Sie unterliegt auch nicht der Kontrolle des Bundesministers der Justiz. Infolgedessen halte ich es nicht für zulässig oder jedenfalls für sehr bedenklich, wenn hier richterliche Urteile, die bereits abgeschlossen sind,

    (Abg. Dr. Greve: Nicht Kontrolle, sondern Erörterung!)

    zum Gegenstand einer Auseinandersetzung gemacht werden. Es kann selbstverständlich Kritik an einem Urteil geübt werden;

    (Zurufe von der SPD: Na also!)

    dagegen wird niemand etwas sagen können. Aber hier vor dem Forum der Öffentlichkeit

    (Zuruf von der SPD: Wo denn sonst?)

    eine solche Aussprache über ein rechtskräftiges Urteil abzuhalten, dient nicht dem Gedanken der Rechtsstaatlichkeit. Im Gegenteil, ich fürchte, daß dadurch die Rechtsstaatlichkeit Schaden erleidet und daß der Begriff des Rechtsstaats in unserem Volk durch eine derartige Aussprache nichts weniger als gefördert wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und rechts.)