Rede von
Matthias
Hoogen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir — diesmal nicht als Berichterstatter, sondern als Sprecher meiner Fraktion, der CDU/CSU — einige wenige Sätze in Erwiderung auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Lange.
Mit Herrn Kollegen Lange bin ich der Meinung, daß die Wucherbestimmungen des allgemeinen Strafgesetzes, also § 302 e StGB, nicht ausreichen, die von uns zugestandenen Mißhelligkeiten auf dem Gebiet des Preisrechts zu unterbinden. Wenn wir aber vorschlagen, § 3 des Gesetzentwurfs zu streichen, dann schlagen wir doch nicht gleichzeitig vor, die §§ 1 und 2 zu streichen. Im Gegenteil, ich habe als Berichterstatter vorgetragen und darf das hier auch als Sprecher meiner Fraktion wiederholen: im Rechtsausschuß bestand Einmütigkeit darüber, daß die §§ 1 und 2 bestehenbleiben sollen. Mit dem § 2 kann man die Unebenheiten auf den hier beanstandeten Gebieten beseitigen, und ich darf hinzufügen: sie werden auch beseitigt. Ich bitte Sie, den Bundesanzeiger vom 18. Dezember 1953 zur Hand zu nehmen. Dort finden Sie die Verordnung 30 aus 1953 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen. Sie kennen den Komplex, der damals geregelt worden ist. Die Bundesregierung hat also durchaus die Möglichkeit, auf den Gebieten, auf denen sich Mißstände zeigen sollten, mit solchen Verordnungen einzugreifen. Dann genießen diese Verordnungen den Schutz des § 2; und mehr, meine Damen und Herren, wollen wir nicht. Warum wir das nicht wollen, haben wir — und insoweit kann ich mich auf meinen eigenen Bericht hier berufen — bereits ausgeführt. Ich will die Gründe nicht wiederholen.
Der sicherlich in manchen Punkten verbesserte Vorschlag der SPD-Fraktion ist für uns deswegen nicht annehmbar, weil er — die SPD kommt nicht darum herum — den Begriff des unangemessenen Preises enthält. Wer einigermaßen, insbesondere aus der Praxis, mit der Materie vertraut ist, weiß, daß der Begriff des unangemessenen Preises von den Gerichten nicht definiert werden kann. Man kann ruhig sagen: soviel obere Gerichte, soviel Arten von Entscheidungen.
Ich habe eben schon darauf hingewiesen, daß man die Gerichte überfordert und sich der Gefahr aus-
setzt, daß die wirtschaftspolitische Konzeption des einzelnen Richters — und wir alle wissen, daß unsere Richter überhaupt keine wirtschaftspolitische, wirtschaftsrechtliche und wirtschaftliche Ausbildung haben — zum Inhalt des Urteils gemacht wird; was das aber mit Rechtssicherheit zu tun hat, weiß ich wirklich nicht. Ich darf Sie daran erinnern, daß die Väter dieses Gesetzes im Wirtschaftsrat, insbesondere auch auf seiten der sozialdemokratischen Fraktion, gerade dieses Wirtschaftsstrafgesetz damals, 1948, und 1947 das Preistreibereigesetz mit erlassen haben, um der Rechtssicherheit zu dienen, die im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit weitgehend abhanden gekommen war. Mit solchen Vorschriften wie der des § 3 dienen wir aber nicht der Rechtssicherheit, sondern der Rechtsunsicherheit.
Zu den teilweise abweichenden Vorstellungen der Herren Minister, die im Ausschuß gehört worden sind, habe ich bereits in großen Zügen Stellung genommen. Wir sind nicht der Meinung, daß es der Generalklausel — wie Herr Scheel sie mit Recht bezeichnet hat — des § 3 bedürfe. Wir sind weiterhin mit allen in diesem Hause der Meinung, daß man ungerechtfertigten Preisen beikommen sollte, aber nicht mit Hilfe von subalternen Beamten und Behörden
und Gerichten, sondern mit Hilfe der §§ 1 und 2.
Ich darf noch einen Satz anfügen. Wer in der Praxis steht und sich mit der Praxis der Preisbehörden und der Gerichte zu befassen hat, wird den Eindruck nicht los, daß man von interessierter Seite bemüht ist, unter allen Umständen hier Behörden das Leben zu erhalten, die unserer Meinung nach abgeschafft werden sollten.
Wenn das aber so ist — und wer in der Praxis steht, weiß, daß es so ist —, sollte man sich dazu entschließen, der ersatzlosen Streichung des § 3 zuzustimmen, ohne daß man sich damit etwa der Gefahr aussetzte, daß dadurch weite Käuferschichten schutzlos gemacht würden.